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„denkmal aktiv“-Projekt
der 88. Oberschule Dresden im Schuljahr 2017/18
Friedhof. Ein Ort des Gedenkens und ein Denkmal
Abschlussbericht
Das Erinnerungsprojekt der 88. Oberschule unter dem Motto „Friedhof. Ein Ort des
Gedenkens und ein Denkmal“ besteht seit 2013 in seiner jetzigen Form mit einem
stetigen Zuwachs an Objekten und Methoden. Einzig der Johannisfriedhof selbst ist
ein fester Bestandteil des Projektes. Durch die Gestaltung der Feierstunde zum 13.
Februar ist der Ehrenhain, an dem die meisten Opfer bestattet sind, ein wichtiges
Denkmal.
Einführung
Traditionell beginnt das Projekt für die Schüler mit einer feierlichen Übergabe des
Projektes durch die Klassen 9 an die Klassen 8. Kurz vor den Sommerferien lernen
die Schüler den Johannisfriedhof als Ort der Geschichte kennen. Ihnen wird aufge-
zeigt, dass der Johannisfriedhof viele Gedenkorte bietet und Geschichte für die
Schüler so greifbar macht. Die einzelnen Projekttage sind im Schuljahr verteilt, so
dass das Projekt die Schüler während des gesamten Schuljahres begleitet. Dabei
werden die Schüler sowohl vom Bildungsreferenten des Volksbundes Deutsche
Kriegsgräberfürsorge e. V., Carsten Riedel, als auch von der Verwalterin des Elias-,
Trinitatis- und Johannisfriedhofs Dresden, Beatrice Teichmann unterstützt und be-
treut. Letztgenannte öffnet die Tore des Friedhofs für die Schüler und sensibilisiert
sie mit viel Verständnis und Einfühlungsvermögen für den Gedenkort Friedhof.
1. Projekttag
Nach den Sommerferien sollten die Schüler gemeinsam einen praktischen Beitrag
zum Denkmalschutz leisten, indem sie Grabsteine säubern und Unkraut jäten. Leider
musste dieser erste Einsatz auf dem Friedhof aufgrund des schlechten Wetters ab-
gesagt werden.
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2. und 3. Projekttag
Die Auseinandersetzung mit der Geschichte von Krieg und Frieden ist für viele Schü-
ler in diesem Alter nicht einfach. Der Besuch von Museen sollte für die Jugendlichen
einen ersten Zugang zum schwierigen Thema „Krieg und Frieden“ ermöglichen. Auch
der Besuch der Dresdner Frauenkirche, die durch den Feuersturm der Bombardie-
rung Dresdens am 13./14. Februar 1945 nahezu vollständig zerstört wurde, ist ein
fester Bestandteil dieser Projekttage. Die Schüler lernen so eines der größten Denk-
mäler Dresdens kennen. In diesem Jahr fand am gewünschten Datum eine Andacht
mit dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier statt. Die Schüler bekamen die
Möglichkeit, an dieser Andacht teilzunehmen. Anschließend wurden sie durch die
Frauenkirche geführt und erhielten einen Einblick von diesem Denkmal und dem
Umgang der Kirche selbst mit ihrer Geschichte. Besonders eindrücklich ist für die
Schüler das Turmkreuz gewesen, welches als Mahnmal der Zerstörung in der Kirche
zu sehen ist.
Nach der Andacht hat uns der damalige Geschäftsführer der Dresdner Frauenkirche,
Frank Richter, angesprochen und vorgeschlagen, dass die Schüler ihr Projekt an ei-
nem Abend in der Unterkirche einem breiten Publikum präsentieren sollten.
Foto: Die Rechte am Foto liegen bei der Stiftung Frauenkirche Dresden; Fotograf ist Oliver Killig
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Drei weitere Gruppen besuchten an diesen Tagen das Hygienemuseum, das Militär-
historische Museum und die Gedenkstätte Münchner Platz.
Im Deutschen Hygienemuseum lernten die Schüler unterschiedliche Bestattungs-
rituale kennen. Hier standen vor allem ethische Fragen im Umgang mit dem Tod und
dem Sterben im Vordergrund. Auch Trauer- und Erinnerungsrituale waren zu bear-
beitende Themen.
Für die Gruppe, die die Gedenkstätte „Münchner Platz“ besuchte, ging es um erste
Recherchearbeiten für die zu erstellende Informationstafel zum Grab der 66 sowjeti-
schen Opfer auf dem Johannisfriedhof. Dieser Gedenkort auf dem Johannisfriedhof
ist in der Recherchearbeit sehr herausfordernd gewesen, weil hier mehrere Opfer-
gruppen bestattet worden sind, die bei der Planung einer Gedenktafel mit einbezo-
gen werden mussten. Auch konnten sich die Schüler anschauen, wie Gedenkstätten
mit ihrer Geschichte umgehen und wie sie diese einem breiten Publikum zugänglich
machen. Besonders die Arbeit am Fall Herbert Blockwitz hat die jungen Leute be-
wegt.
Im Militärhistorischen Museum setzten sich die Schüler mit Krieg im Allgemeinen und
seinen Folgen auseinander. Hier wurden die Kriegstechnik kritisch hinterfragt und die
Folgen des Luftkrieges für die Zivilbevölkerung erarbeitet.
5.Tag
Ein fester Bestandteil der Auseinandersetzung mit der Dresdner Geschichte im Zwei-
ten Weltkrieg ist die Ausstellung Dresden 1945 von Yadegar Asisi. In einer 360°
Rundumsicht wurde die Ansicht Dresdens nach der Bombardierung nachgestellt.
Hier bekommen die Schüler ein erstes Gefühl für die Folgen von Krieg und Zerstö-
rung. Ausgewählte Exponate werden als Quellen und Zeugen der Geschichte prä-
sentiert. Im Panometer wird deutlich, weshalb das Erinnern im Vordergrund stehen
muss und nicht das Vergessen.
6. und 7. Tag
An diesen Tagen begann die eigentliche Auseinandersetzung mit der Geschichte des
Johannisfriedhofs. In sieben Gruppen haben die Schüler zu unterschiedlichen The-
men gearbeitet und ihr eigenes Gedenken erschaffen.
Die Gruppen waren:
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1. Gedenkfeier 13.02.1945
2. Münchner Platz (Informationstafel)
3. Hörspiel
4. Friedhofsführung
5. Kunst
6. Einzelgräber/Kriegsgräber
7. Tontafeln/Schilder
8. Frauenkirche
In den einzelnen Gruppen fand eine intensive Auseinandersetzung mit den einzelnen
Themengebieten statt. Einige Gruppen waren auf dem Johannisfriedhof, andere blie-
ben in der Schule oder besuchten die Gedenkstätte Münchner Platz. Die Ergebnisse
dieser Arbeit konnten die Schüler am 28.06.2018 den 8. Klassen während der Über-
gabe des Projektes vorstellen.
Die Ergebnisse der Arbeit
Die Gruppe rund um die Gedenkfeier hat eine sehr eindrucksvolle Gedenkfeier mit
einem globalen Bezug organisiert. Durch das Anzünden von Kerzen sollte an die
Opfer von Krieg und Zerstörung auf der Welt gedacht werden. Eigene Texte und mu-
sikalische Einspielungen rundeten die gesamte Gedenkfeier ab. Unter anderem wa-
ren der sächsische Landtagspräsident, Herr Rößler und der sächsische Kultusminis-
ter, Herr Piwarz, anwesend.
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Die Gruppe rund um den Münchner Platz konnte die Gedenktafel für die 66 sowjeti-
schen Kriegsopfer auf dem Johannisfriedhof einweihen. Die Inhalte der Tafel wurden
in Zusammenarbeit mit der Leiterin der Gedenkstätte Münchner Platz, Frau Dr. Sack,
erarbeitet. Hier haben die Schüler einen ersten Einblick in die Tätigkeit von Histori-
kern bekommen. Der Umgang mit dem Gedenken stand bei dieser Arbeit immer im
Vordergrund. Dies setzte vor allem eine intensive Recherche durch Quellenarbeit
einzelner Schicksale voraus.
Die Gruppe „Hörspiel“ konnte ihr geplantes Interview fertigstellen
(https://soundcloud.com/hoerspielgruppe88ms/was-hat-das-eigentlich-mit-uns-zu-
tun-1945-und-wir). Das dabei entstandene Audiofeature untersucht die Ereignisse
des 13. Februar 1945 in Dresden anhand der Geschichte des Zeitzeugen Thomas
Schikora, der zum Zeitpunkt der Bombennacht 10 Jahre alt war und Tagebuch da-
rüber geschrieben hat.
Rund um die Friedhofsführung konnten einzelne Gräber und Besonderheiten des
Johannisfriedhofs genauer beschrieben werden. Die Schüler erkundeten den Fried-
hof und stellten diesen den Mitschülern auf eine eigene Art und Weise mit ganz indi-
viduellen Schwerpunkten vor. Die Informationen wurden digital festgehalten, um
nachfolgenden Klassen eine Grundlage für die Weiterführung und Ergänzung des
Rundgangs zu geben. Die Schüler haben sich hier auf vier Besonderheiten auf dem
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Friedhof konzentriert und diese intensiv erforscht und beschrieben. In den nächsten
Jahren sollen weitere Führungspunkte hinzukommen, sodass jeder Jahrgang einen
Teil der Gesamtführung erarbeitet.
Die Gruppe Tontafeln/Schild hat den 66 sowjetischen Opfern ihren Namen zurückge-
geben. Die in der Schule erstellten und gebrannten Namensziegel wurden in Zu-
sammenarbeit mit dem Berufsschulzentrum für Technik auf Metallstelen befestigt und
ergänzen so den Gedenkstein auf der Anlage.
Damit ist ein nachhaltiges Gedenken entstanden.
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Die Mitglieder der Kunstgruppe suchten sich ganz individuelle Impressionen auf dem
Johannisfriedhof und gestalteten diese in Bildern. Gemeinsam mit einer Kunst-
pädagogin haben die Schüler zunächst die unterschiedlichen Stilrichtungen auf dem
Friedhof erkundet und ihre Eindrücke anschließend verarbeitet.
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Die Gruppe rund um die Einzelgräber suchte anhand einer Liste die privaten Kriegs-
gräber auf dem Johannisfriedhof und kennzeichnete diese mit einem kleinen Schild
aus PVC, damit auch diese Gräber eine besondere Würdigung erfahren.
In der Frauenkirche konnten die Schüler das langjährige Projekt der 88. Oberschule
einem breiten Publikum vorstellen. Gerade die Dresdner Frauenkirche ist ein Symbol
für die Zerstörung der Stadt und ein Mahnmal für den Frieden. In dieser ehrfürchtigen
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Atmosphäre haben die Schüler die Arbeit von fünf Jahrgängen vorgestellt und die
Vergangenheit in die Gegenwart geholt.
Bewertung des Projekts
Als Lehrkraft bekommt man den Eindruck, dass die Schüler im Verlauf des Projekts
eine Wandlung durchlaufen. Sind die ersten Schritte auf dem Friedhof noch sehr un-
sicher und vorsichtig, bewegen sich die Schüler im Verlauf des Schuljahres immer
sicherer. Sie lernen die Geschichte der eigenen Stadt auf eine neue Art und Weise
kennen und erfahren Möglichkeiten des Gedenkens und des Denkmalschutzes. We-
der Zäune noch Vitrinen schützen das Denkmal Friedhof. Die Schüler entdecken, wie
Denkmalschutz durch sie praktiziert werden kann und leisten ihren Beitrag dazu.
Auch erfahren die Jugendlichen, dass solche Projekte nichts Starres sind und manch
eine Planung verworfen werden musste.
Vor allem fällt es den Schülern schwer, innerhalb der Gruppe Absprachen zu treffen
und Kompromisse zu finden. Am vorletzten Tag haben die jungen Leute Reflexions-
bögen erhalten und gaben mehrheitlich an, dass Meinungsverschiedenheiten inner-
halb der Gruppe die größten Probleme machten.
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Eine Gruppe beschrieb ihre Erfahrungen folgendermaßen: „Den Sinn, diese Gräber
zu pflegen, sehen wir darin, dass diese Menschen nicht vergessen werden und sich
noch Leute nach uns an sie erinnern werden. Außerdem ist es wichtig, dass man
etwas über die Vergangenheit seiner Stadt kennen lernt. Es hatte keinen großartigen
Einfluss auf unsere Wahrnehmung und über unser Nachdenken über Geschichte“.
Eine andere Gruppe schrieb: „Wir sehen den Sinn des Projektes darin, soziale Arbeit
zu leisten und die Leute, die auf dem Friedhof arbeiten, zu unterstützen. Zusätzlich
ist es eine gute Veranschaulichung der Folgen des Bombenangriffes und des großen
Leids der Stadt.“
Eine weitere Gruppe schrieb: „Wir haben uns mit der Geschichte unserer Stadt und
dem Vergangenem beschäftigt, da es für uns zur Allgemeinbildung gehört. Anhand
der Geschichte wird die Wichtigkeit der Werte von Demokratie, Frieden und Freiheit
deutlich. Für unsere Gruppe ist es von Bedeutung, dass diese Ereignisse nicht in
Vergessenheit geraten.“
Die Schüler scheinen für die Bedeutung des Denkmalschutzes sensibilisiert zu sein.
Sie kennen den Stellenwert für ihr eigenes Leben und haben unterschiedliche Mög-
lichkeiten kennengelernt, das Gedenken zu erhalten.
Das Projekt ist in seinem 6.Jahr. Immer wieder berichten uns ehemalige Schüler, wie
nachhaltig die im Projekt gesammelten Erfahrungen für sie waren. Sie fragen nach,
welche neuen Erkenntnisse die Schüler gesammelt haben und ermutigen uns, die
Arbeit auf dem Johannisfriedhof fortzusetzen.
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Johannisfriedhof Dresden
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