kulturexpress 25 2014
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Je Woche 10. Jahrgang ISSN 1862 - 1996
Kulturexpress unabhängiges Magazin
Ausgabe 25
15. – 21. Juni 2014
.
Zeitschrift für Kunst, Kultur, Philosophie, Wissenschaft und Wirtschaft Kulturexpress verpflichtet sich unabhängig über wirtschaftliche, politische und kulturelle Ereignisse zu
berichten. Kulturexpress ist deshalb ein unabhängiges Magazin, das sich mit Themen zwischen den Welten
aus Wirtschaft und Kultur aber auch aus anderen Bereichen auseinandersetzt. Das Magazin bemüht sich
darin um eine aktive und aktuelle Berichterstattung, lehnt jedoch gleichzeitig jeden Anspruch auf
Vollständigkeit ab
Impressum
Herausgeber und Redaktion
Rolf E. Maass
Adresse
Postfach 90 06 08
60446 Frankfurt am Main
mobil +49 (0)179 8767690
Voice-Mail +49 (0)3221 134725
www.kulturexpress.de www.kulturexpress.info
www.svenska.kulturexpress.info
Kulturexpress in gedruckter Form
erscheint wöchentlich
ISSN 1862-1996
Finanzamt IV Frankfurt a/M
St-Nr.: 148404880
USt-idNr.: DE249774430
E-Mail: redaktion@kulturexpress.de
Inhalt
Wunderkammer im DAM Klotz Tapes - das Making-of der Postmoderne
Von der Grenze zur Mauer (2014) schildert in zwei Bänden aus dem Zeitgut Verlag dramatische Schicksale und spektakuläre Fluchten
Wohnwagenstandplatz Bonameser Straße. Die Vielfalt seiner Bewohner und die Aufarbeitung einer Entwicklungsgeschichte
Künstlerinnen gestalten Bauzaun des DomRömer-Quartiers
Greenpeace International schreibt Millionenverlust. Absicherung gegen schwankende Wechselkurse fehlgeschlagen
Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014
OMA (Zoe Zenghelis): The City of the Captive Globe, 1976 (Zeichnung, 32,9 x 46 cm)
Erworben 1982 von Rem Koolhaas für 5.000 DM
Martin Kippenberger: The Modern House of Believing or Not, 1986. Öl aufLeinwand, 255 x 180 cm; Deutsches Architekturmuseum Frankfurt.Dauerleihgabe im Museum für Moderne Kunst MMK
bis 19. Oktober 2014
Wunderkammer im DAM Klotz Tapes - das Making-of derPostmoderneAnlass für die Ausstellung im DAM ist dessen 30-jähriges Bestehen. Gezeigt werden
unter anderem tagebuchartige Tapes seines Gründungsdirektors Heinrich Klotz.
Entlang einer Wand unmittelbar nach der Eingangstür in den Ausstellungsraum im
ersten Stock des Museums laufen mehrere dieser projizierten Wandbilder
nebeneinander. Darauf zu sehen, überwiegend Gebäude die aus verschiedenen
Perspektiven kommentiert sind. Foto: © Kulturexpress
Ereignisreiche Zeiten sind das gewesen, weil
die Anfänge immer am schwersten sind. Die
politischen Auseinandersetzungen verliefen
zum Teil haarsträubend: "Nur keine
Experimente" war ein Slogan, den nicht nur die
Konservativen verbreiteten. Die Eröffnung eines
Architekturmuseums wie am Frankfurter
Museumsufer war der Versuch einer
Veränderung. Dennoch war die Angst vor allem
neuen groß und schreckte viele ab. Gelingen
und Misslingen standen sich wie zwei
unterschiedliche Gesichter frontal gegenüber. Die Mentalität derjenigen die etwas zu sagen
hatten, war noch viel stärker durch Gravitäten bestimmt als heutzutage. Da hat sich was
geändert. Damals waren allerdings die Finanzen der Museen um einiges besser bestellt. Die
vollen Kassen erlaubten zumindest gelegentlich gewagte Investitionen auch in Kultur und
Kulturgüter, so dass Sammlungsbestände wuchsen.
Die Architektur überschnitt sich in vielen Bereichen mit der Kunst. Der architektonische Entwurf
gewann an künstlerischer Intention. Viele Architekten werteten deshalb Entwurfszeichnungen
grafisch auf, um diese auf dem Kunstmarkt zu veräußern und auszustellen. Andere kritisierten:
die künstlerische Aufwertung von baulichen Entwurfszeichnungen sei eine berufsfremde Tätigkeit
und lenke nur von der eigentlichen Ausübung der Arbeit ab. Sicherlich bedingte die Entwicklung
der Postmoderne derartige Auswüchse künstlerischer Vielfalt. Sie hat es immer verstanden
dekorative Elemente, die längst als verstaubt und vergessen galten, wieder salonfähig zu
machen.
Die Bedeutung der Postmoderne wurde
schon Anfang der 1970er Jahre im
Band von Charles Jencks "Die Sprache
der Postmodernen Architektur"
erläuternd beschrieben, ein
Standardwerk in der
Architekturforschung. Die frühen 1970er
Jahre waren mit dafür verantwortlich,
dass eine Auseinandersetzung zum
Leitthema 'Sprache und Architektur' in
Gang gekommen war. Die Vielfalt der
Formen innerhalb der Postmoderne bot
viele Ansätze dafür. Eine Umdenkungswelle beherrschte die Architekturbüros. Wobei sich die
Postmoderne als Nachmoderne zur Klassischen Moderne verstand, die wiederum als gesättigt
galt und zum Teil nur durch ironische Überhöhung zu überwinden war.
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Auch in den Bildenden Künsten finden sich
ausgeprägte Beispiele, die mit Postmoderne in
Verbindung zu bringen sind. Der Altonaer
Künstler Andreas Slominski legte leichte,
gepflegt und zusammengefaltete Handtücher
auf einen Sockel, wie im MMK zu finden. Ein
anderer Künstler, der auch in der Ausstellung
im DAM mit ausgestellt ist, war Martin
Kippenberger und sein von Heinrich Klotz für
15.000 DM erworbenes Gemälde mit Motiv vom Guggenheim Museum in New York. Eine leicht
überdehnte und fast witzige Interpretation von Architektur, wie es aussieht.
Kurator der Ausstellung ist Oliver Elser. Der Katalog umfasst 244 Seiten mit zahlreichen
Abbildungen in s/w und in Farbe zum Durchblättern in kleingedruckter Schrift auf dünnem Papier
aus dem Zeitschriften Verlag Arch+. Mehrere Autoren waren beteiligt.
Siehe auch: DAM Gründungsgeschichte und Bau des Museums Siehe auch: Architekturkritik im Museum, geht das? Zwei Anläufe am Normalfall Siehe auch: Mission oder Passion - die Postmoderne überlebt sich selbst
Kulturexpress ISSN 1862-1996 vom 21. Juni 2014
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Von der Grenze zur Mauer (2014) schildert in zwei Bänden ausdem Zeitgut Verlag dramatische Schicksale und spektakuläreFluchtenMeldung: Zeitgut Verlag, Berlin, den 05. 06.. 2014
Schwarz über die grüne Grenze Als Flucht noch möglich war.
Von 1949 bis 1961 flüchteten 2,6 Millionen Menschen aus der DDR in
den Westen. Mit dem Zeitgut-Band 24 'Schwarz über die grüne Grenze'
wird an diese Zeit nach 1945 erinnert, als die Flucht über die deutsch-
deutsche Grenze noch möglich war, aber zunehmend gefährlich wurde.
Was geschah in jenen Nachkriegsjahren, als die willkürliche
Zonengrenze Familien, Freunde, Liebespaare auseinander riss,
tatsächlich? Was erlebten die Menschen bei dem Versuch, unkontrolliert
von Ost nach West zu gelangen? In 21 spannenden Geschichten
schildern Zeitzeugen, wie sie die frühen Jahre der deutschen Teilung an
der Grenze erlebten. Und sie erzählen, weshalb sie damals von Ost-
nach West-Deutschland flohen.
1952, drei Jahre nach der Gründung der beiden deutschen Staaten, riegelte die DDR die
innerdeut sche Grenze ab. Von da an verschärfte sich der illegale Grenzverkehr zwischen Ost-
und West-Deutschland dramatisch und war praktisch nur noch über Berlin möglich.
Einige Geschichten schildern, wie ungewöhnlich das Leben in Berlin vor dem Bau der Mauer
aussah, als die Menschen sich noch ziemlich frei zwischen dem Ostteil und den westlichen
Sektoren bewegen konnten. Von Schwarzhandel und Kontrollen lesen wir, von spontanen aber
auch von sehr sorgfältig geplanten Fluchten.
Das Buch beschreibt lebendig und authentisch ein Stück deutscher Nachkriegsgeschichte. In den
Texten wird die Dramatik jener Jahre deutlich.
Mauerzeit Als fliehen tödlich sein konnte. 1961 -1989
Band 25 der Reihe Zeitgut versammelt Zeitzeugen-Erinnerungen aus 28 Jahren Mauerzeit. Das
Buch erzählt, was Menschen in diesen Jahren um die Mauer herum erlebten und erlitten und
welche Anstrengungen unternommen wurden, um die Grenze zu überwinden. Einige der
geschilderten Ereignisse sind besonders tragisch, weil der Fall der Mauer 1989 so unerwartet
kam. Manche lebensgefährliche Flucht wäre wohl unterlassen worden.
In 34 Geschichten erzählen Autorinnen und Autoren aus Ost und West von persönlichen, zum
Teil dramatischen Erlebnissen während der Jahre 1961 bis 1989.
Welche Umstände trieben die einen aus dem Land und ließen andere bleiben? Wie lebten die
vielen Millionen, die in der DDR blieben? Es sind Geschichten von der Flucht durch einen
heimlich gegrabenen Tunnel wie in „Siebzig Meter Angst“ oder vom Versuch, die Elbe zu
durchqueren und „Mit Leiter und Badehose in den Westen“ zu gelangen. Von folgenreichen
Ausreiseanträgen, von Besuchen auf beiden Seiten und von Träumen, die vorerst im Gefängnis
endeten. Nicht zuletzt werden Eindrücke vom Fall der Mauer und der Zeit danach geschildert.
Der vielstimmige Ruf „Wahnsinn!“ war damals spontaner Ausdruck der immer noch staunenden
Glückseligkeit, und des unbeschreiblichen, befreienden Jubels. Wer das Buch aufmerksam liest,
wird dem Atem jener Jahre nachspüren können.
Von der Grenze zur Mauer
Schuber mit 2 Bänden der Reihe Zeitgut,
632 Seiten mit vielen Abbildungen, Ortsregister und Chronologie.
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014
Zeitgut Verlag, Berlin.
Taschenbücher
ISBN 978-3-86614-238-1
Kulturexpress ISSN 1862-1996 vom 18. Juni 2014
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Wohnwagenstandplatz Bonameser Straße. Die Vielfalt seinerBewohner und die Aufarbeitung einer EntwicklungsgeschichteMeldung: Historisches Museum, Frankfurt a/M, den 11. 06.. 2014
Das historische Museum Frankfurt nimmt das
aktuelle Forschungsprojekt zur Geschichte des
Wohnwagenstandplatzes Bonameser Straße
und seiner Bewohner und Bewohnerinnen zum
Anlass, um sie in die 'Bibliothek der Alten'
aufzunehmen.
Die 'Bibliothek der Alten' ist ein von der
Künstlerin Sigrid Sigurdsson initiiertes
Erinnerungsprojekt, welches als „offenes
Archiv" agiert, an dem viele verschiedene
Personen und Institutionen mitschreiben und das viele Stimmen und Perspektiven zu
Wort kommen lässt. Das Projekt ist Generationen übergreifend angelegt, damit soll
ein Zeitraum von über 300 Jahren erinnerter Geschichte umfasst werden.
Im Vordergrund des „Wohnwagenprojekts Bonameser Straße" steht die Aufarbeitung der
Lebensläufe unterschiedlicher Bewohner, was zugleich als Beitrag zur kulturellen Diversität der
Stadt Frankfurt verstanden werden will. Der zunächst in der Nachkriegszeit als Notlösung
eingerichtete Standplatz ist heute ein Ort alternativer Lebenswelten, was sich bei näherer
Betrachtung als überaus faszinierendes Projekt entpuppt, welches nach und nach erkundet
werden soll.
Die Kuratorin Dr. Angela Jannelli meint: „Das Projekt zum Wohnwagenstandplatz ist für die
Bibliothek der Alten ein Glücksfall". Sonja Keil, Mitarbeiterin der Diakonie, und Angela Jannelli
fanden im biographisch angelegten Forschungsprojekt schell zueinander, wobei die eine nicht
lange zögerte, der anderen eine Autorschaft für die 'Bibliothek der Alten' anzubieten.
Im Rahmen des Projekts erstellt der Fotograf Rolf Oeser eine Reportage, die einen behutsamen
Blick auf die Bewohner wirft und zeigt, welche individuellen Lebenswelten auf dem Platz an der
Bonameser Straße entstanden sind.
Frau Keil konnte ein Vertrauensverhältnis zu
den Bewohnerinnen und Bewohnern des
Platzes aufbauen, durch welches die
Biographiearbeit erst möglich wurde. Dieses
Vertrauen ist umso wichtiger, da viele
Bewohner aufgrund ihrer sozialen Situation
zum Teil traumatische Erfahrungen mit
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014
Behörden gemacht haben, die bis in die Zeit
des Nationalsozialismus und davor
zurückreichen.
Durch das Forschungsprojekt soll die einzigartige Geschichte des Platzes und seiner Bewohner
festgehalten werden. Einer Tradition die bisher überwiegend durch mündliche Weitergabe oder
durch die Berichterstattung von „außen" mitgeteilt wurde. Für die Bewohner selbst ist es
ungewohnt geblieben, schriftliche Selbstzeugnisse zu hinterlassen. „Mit dem Projekt geht es mir
darum, der Berichterstattung von Medien und Behörden erstmals die Eigensicht der Bewohner
zur Seite zu stellen", erklärt Sonja Keil. „Ich freue mich, dass dieses Forschungsprojekt von der
TU Darmstadt wissenschaftlich betreut wird".
In den Beitrag für die 'Bibliothek der Alten'
werden Interviews mit verschiedenen
Bewohnern einfließen. Private Dokumente und
Fotografien sowie persönliche
Erinnerungsstücke. Professionelle, seit den
1950er Jahren entstandene Fotoreportagen
ergänzen diese Sicht und dokumentieren den
sich verändernden Blick auf den Platz und
seine Bewohner.
Als die Stadt Frankfurt am Main im Januar
1953 die Ansiedlung der über das gesamte Stadtgebiet verteilten 220 Wohnwagenbewohner auf
einen einzigen Platz veranlasste, zielte sie zunächst auf deren Zentralisierung ab. Neben den so
genannten Reisenden fanden sich dort auch auf Trümmergrundstücken lebende Menschen ohne
Obdach ein. Der eigentlich als Provisorium eingerichtete Wohnwagenstandplatz wuchs in der Zeit
bis zum Jahre 1959 auf etwa 850 polizeilich gemeldete Personen an. Die Entstehung und der
stetige Wachstum des Wohnwagenstandplatzes war ein Symptom der Nachkriegszeit.
Am Stadtrand angesiedelte
Schausteller, Artisten, Flüchtlinge,
Landfahrer, Schrotthändler,
Obdachlose und auch Sinti und
Roma, wurden mit der Zeit selbst aktiv
und halfen sich größtenteils
gegenseitig.
Die Familie des heute 76-jährigen
Dieter Gärtner zählt zu einer der
ersten Familien, die sich zwangsweise
auf dem Platz einfinden mussten.
Dabei waren dort scheinbar
selbstverständliche
Lebensbedingungen wie Grundvoraussetzungen der täglichen Hygiene vorerst nicht gegeben, da
allein zwei Wasserhydranten zur Versorgung des gesamten Gebiets zur Verfügung standen. In
den 1960er Jahren begannen die Bewohner schließlich, gemeinsam eigene Wasseranschlüsse
zu legen. „Dazu haben wir unsere Bagger genutzt“, so Herr Gärtner, „denn unsere Frauen
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014
mussten im Sommer wie im Winter mit kaltem Wasser die Wäsche waschen“. Erst in den Jahren
realisierte sich endlich der Bau einer Kanalisation.
Auf kommunaler Ebene findet bis heute eine kontinuierliche
Auseinandersetzung mit Themen wie Wohnungsbau, Bildungsförderung
sowie der Selbstorganisation und Integration von Minderheiten statt. Wo
die Zusammenführung der Wohnwagen und die Unterbringung der
Obdachlosen auf Veranlassung der Kommune anfangs darauf abgezielt
hatte, die Menschen zwar unmittelbar zu beherbergen, jedoch auf lange
Sicht aus der Stadt zu entfernen, hat sich die Stadt Frankfurt
mittlerweile die Integration der Bewohner zum eigentlichen Ziel
gemacht. Sozialdezernentin Prof. Dr. Daniela Birkenfeld unterstützt das
Projekt mit 18.900 Euro aus Spendenmitteln. „Die Biografiearbeit und
deren Dokumentation stärken nicht nur das Selbstwertgefühl der
beteiligten Bewohnerinnen und Bewohner, sie fördern auch das Verständnis und die Akzeptanz
einer breiteren Öffentlichkeit für andere Wohn- und Lebensformen“, sagt die Stadträtin.
Eine zentrale Rolle im Rahmen dieses Erinnerungsprojekts nimmt das Diakonische Werk für
Frankfurt am Main des Evangelischen Regionalverbandes ein. Dort ist Sonja Keil seit Anfang
2012 zuständig für die Gemeinwesenarbeit auf dem Wohnwagenstandplatz. Ihre Tätigkeit ist
dabei so vielseitig wie die Bewohner, mit denen sie in Kontakt tritt. Auf verständigem Grund
gelingt so ein Dialog, in dem Biografien und Dokumente in Zusammenarbeit mit den Zeitzeugen
gewissenhaft gesammelt und archiviert werden können. „Lebensentwürfe von Menschen, die
nicht dem breiten Mainstream folgen, betrachten wir nicht als Problemstellung“, so Dr. Michael
Frase, Leiter des Diakonischen Werkes für Frankfurt am Main, „sondern als ein Zeichen von
Vielfalt.“
Für Herrn Gärtner bietet das Leben auf dem Platz eine Art der Freiheit: „Die Menschen hier
kennen sich schon jahrzehntelang“, sagt er, „hier stört sich niemand an dem Anderen.“ Trotz
seiner Blindheit hat sich Dieter Gärtner seinen Lebensunterhalt mit Schrotthandel und
Fahrzeugreparaturen stets selbst verdient.
Das Engagement des Diakonischen Werkes rund um den Wohnwagenstandplatz und seine
Bewohner steht in einer langen Tradition. Bereits seit Mitte der 1950er Jahre ist die Evangelische
Kirche in diesem Gebiet dauerhaft tätig. Im Jahre 1956 wurde die Betreuung der
Wohnwagenkolonie am Bonameser Weg einem Sozialdiakon übertragen. Dessen damalige
Arbeit gilt als Prämisse für die heutige Form und Prägung der Gemeinwesenarbeit in der
Bonameser Straße und auch ihrer sozialräumlichen Strategie, die sich ganzheitlich auf das
Quartier ausrichtet, um Methoden der Sozialen Arbeit, des politischen Handelns und der
empirischen Sozialforschung übergreifend miteinander zu vereinen.
Wissenschaftlich betreut wird das Projekt von zwei Professoren der Technischen Universität
Darmstadt, nämlich Herrn Prof. Dr. Rudi Schmiede im Bereich der Soziologie und Herrn Prof. Dr.
Dieter Schott im Bereich Neueste Geschichte und Zeitgeschichte. Im Projekt selbst kommen
Methoden der qualitativen Sozialforschung zum Tragen, die die Sinnkonstruktion von
Lebenswelten im kulturellen Kontext aus der Perspektive ihrer Akteure zu erfassen sucht.
Siehe auch: Die Eigenlogik der Städte - Neue Wege für die Stadtforschung (2008)
Herausgegeben von Helmuth Berking und Martina Löw im Campus Verlag
Kulturexpress ISSN 1862-1996 vom 18. Juni 2014
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014
Künstlerinnen gestalten Bauzaun des DomRömer-Quartiers Meldung: DomRömer GmbH, Frankfurt a/M, den 17 06.. 2014
Der Wiederaufbau der Frankfurter
Altstadt geht voran. Um
Anwohnern, Touristen und
Besuchern ein möglichst
großzügiges Umfeld zu bieten, hat
die DomRömer GmbH die
Künstlerinnen Ingrid Strohkark und
Nicole Wächtler mit der Gestaltung
eines Bauzaun-Abschnitts nahe der
U-Bahn-Haltestelle Dom/Römer
beauftragt. In Kooperation mit dem
gegenüber gelegenen Restaurant „Cucina Delle Grazie“ ist ein farbenfrohes
Kunstwerk entstanden, das die Besucher zum Verweilen einlädt.
Viele Motive zeigen Elemente der mediterranen Küche, die ähnlich wie das neue DomRömer-
Quartier ebenfalls Tradition und Moderne verbindet. „Bei der Arbeit im öffentlichen Raum fließen
immer Aspekte des Ortes und der Umgebung in die Gestaltung ein“, erklärt Ingrid Strohkark,
rechts auf dem Foto. So haben die Künstlerinnen zahlreiche Verweise auf die architektonischen
Formen der künftigen Gebäude verarbeitet. Die Abbildungen von Fensterformen der neuen
Stadthäuser und Fachwerkhäuser öffnen den Zaun und verweisen auf Vergangenes und
Zukünftiges. „In der Konzeption war uns sehr wichtig, dass die Leute den Ort spüren und er an
Attraktivität für Touristen, Passanten und Restaurantbesucher gewinnt“ erzählt Nicole Wächtler.
Dem Betrachter solle selbst überlassen bleiben, was er sieht. „Wir möchten, dass sich die
Passanten ihre eigenen Gedanken machen und geben mit unserem Konzept die Anregungen.
Man kann genau schauen, muss aber nicht.“ Der bunte Zaun erzählt Geschichten und
Entwicklungen – jeden Tag gibt es etwas Neues zu entdecken. So steht der Bauzaun auch für die
Beweglichkeit und tägliche Veränderung auf der Baustelle.
An die Zeit der Gestaltung des Zaunes und die Zusammenarbeit mit der DomRömer GmbH
denken Nicole Wächtler und Ingrid Strohkark manchmal zurück: „Die Arbeit im öffentlichen Raum
hält ganz andere Herausforderungen bereit als in einem Atelier“ erzählen sie. „Die Menschen, die
vorbeikamen, waren unmittelbar in die Entstehung eingebunden und haben jeden Tag den
Fortschritt des Kunstwerks betrachten können.“
Als Frankfurterin sieht Nicole Wächtler, die manchmal auf andere deutsche Städte mit einer
schönen Altstadt blickt, die Gestaltung des DomRömer-Quartiers positiv. Wichtig ist dem
Künstlerduo, dass die Altstadt auf moderne, zeitgemäße Weise wiederaufgebaut wird: „Die
Mischung aus Wiederaufbau und Neugestaltung spiegelt das sich permanent verändernde
Stadtleben wider und sorgt für frischen Wind in Frankfurt“.
Zusammengearbeitet haben die beiden Frauen bereits in anderen Projekten. Sie verbindet eine
ähnliche Grundauffassung von Kunst, der Aussagekraft von Farben und der Erzeugung von
Stimmungen. Weitere Informationen zu ihren Arbeiten finden Interessierte auf der Internetseite
www.2mal-malerei.de.
Siehe auch: Neuer U-Bahn-Ausgang zwischen Dom und Frankfurter Römer eröffnet
Kulturexpress ISSN 1862-1996 vom 17. Juni 2014
Seite 10
Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014
Greenpeace International schreibt Millionenverlust. Absicherunggegen schwankende Wechselkurse fehlgeschlagenEigenmächtige Devisenabsicherung soll künftig nicht mehr möglich sein, so heißt es.Meldung: Greenpeace Deutschland, Hamburg, den 15 06.. 2014
Greenpeace International hat im vergangenen Jahr beim Versuch sich gegen
Wechselkursschwankungen abzusichern, 3,8 Millionen Euro verloren. Ein Mitarbeiter der
Finanzabteilung von Greenpeace International hat den Kauf ausländischer Währungen für andere
Greenpeace Büros abgeschlossen, bevor der Kurs des Euro gegenüber den meisten Währungen
zu steigen begann. Weil Greenpeace International mit Euro arbeitet, viele kleinere Büros aber mit
anderen Währungen, steht GPI wie jede internationale Organisation vor der Herausforderung
schwankender Wechselkurse. Diese Wechselkursschwankungen können für kleinere Büros
existenziell werden, weshalb Greenpeace International das gesamte Risiko hierfür übernimmt.
„Greenpeace International ist hier ein gravierender Fehler unterlaufen, für den auch wir uns auch
bei unseren Förderern entschuldigen wollen. Es ist mir wichtig zu betonen, dass Greenpeace
International nicht mit Spendengeldern an der Börse spekuliert hat, sondern die Verträge zur
Währungsrisiko-Absicherung zu Verlusten geführt haben“, so Brigitte Behrens, Geschäftsführerin
von Greenpeace Deutschland.
Greenpeace International (GPI) mit Sitz in Amsterdam, regelt den Zahlungsverkehr zwischen den
40 nationalen und regionalen Büros der Umweltschutzorganisation. Länderbüros wie Deutschland
überweisen ihren Beitrag zur Finanzierung der Kampagnen anderer Greenpeace-Büros an GPI,
von wo aus die Mittel weiter an kleinere Büros fließen, um dort aktiven Umweltschutz zu
ermöglichen. Wechselkursschwankungen können dabei zu Überschüssen führen, oder zu
Verlusten. Beides ist in den vergangenen Jahren immer wieder vorgekommen. Dieses Risiko
trägt GPI.
Eigenmächtige Devisenabsicherung künftig nicht mehr möglich
Die Besonderheit des aktuellen Falls ist, dass ein Mitarbeiter der Finanzabteilung eigenmächtig
und unautorisiert Devisenabsicherung abschließen konnte. Gewöhnlich müssen solche
Transaktionen bei Greenpeace International von der Geschäftsführung genehmigt werden. „Es
darf nicht sein, dass ein einzelner Mitarbeiter ein derart großes und riskantes Geschäft
eigenmächtig abschließen konnte“, so Behrens.
Der Verlust stellt Greenpeace International vor eine große Herausforderung, schmälert aber
weder die Schlagkraft von Greenpeace insgesamt noch jene der Umweltorganisation in
Deutschland. Die Arbeit von Greenpeace Deutschland wurde im Jahr 2013 ermöglicht durch
knapp 592.000 Förderer und Spenden in Höhe von gut 53 Millionen Euro. Diese Gelder dürfen
rein steuerrechtlich nicht für den Ausgleich der Verluste von GPI eingesetzt werden. Greenpeace
Deutschland finanziert mit seinen Beiträgen an GPI ausschließlich internationale Kampagnen und
wird das Defizit von GPI weder ganz oder teilweise auffangen.. Sollten Spendengelder aus
Deutschland nicht für die vorgesehenen Kampagnen ausgegeben werden können, werden diese
an Greenpeace Deutschland zurücküberwiesen.
Kulturexpress ISSN 1862-1996 vom 15. Juni 2014
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014
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