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QB „Medizin des Alterns und des alten Menschen“
--SeminarSeminar--
Multimorbiditätdie Herausforderung der
Altersmedizin
Medizin im AlterStichworte...
• Interdisziplinarität• Multimorbidität• Polypharmakologie• Stellenwert der Ernährung• Nachlassen von Sinneswahrnehmungen
Geriatrische Syndrome...• Intellektuelle Defizite• Immobilität• Inkontinenz• Instabilität und Stürze
Anamnesefehler bei älteren Menschen
• Schnelles Sprechen
• Zu leises Sprechen
• Keine Zeit haben
• Fixierung auf vordergründiges Ereignis (z.B. Fraktur)
• Keine Fremdanamnese
• Fehlinterpretation von Befunden als normale Alterserscheinungen: Dyspnoe, Vergesslichkeit
Pflichtbestandteile der Anamnese beim älteren Menschen
• Ernährungsgewohnheiten, Appetit, Gewicht, BMI
• Mobilität (Stand/Gang/Schwindel/Stürze)
• Kontinenz
• Schlaf
• Sinne (Sehen/Hören)
• Kognition/Gedächtnis
• Medikamente und Nebenwirkungen
• Ziele/Wertvorstellungen
• Versorgungssituation
• Fremdanamnese
Ist das Altern beeinflußbar?
Hormonelle Aspekte
Caenorhabditis elegans
Vermeidung intrinsischer SchädenBeispiel:: Kalorienrestriktion
Kalorienrestriktion auf 1800 kcal/die
• Absinken des Blutcholesterins von 200 mg/dl auf 120 mg/dl
• Abnahme der Triglyceride• Absinken des HB A1c• Abnahme des Nüchter-Glc• Abnahme der Insulinkonzentration• Absinken des RR
Physiologie I• Altern-von Geburt an werden wir älter• Manifestation erfolgt nach der Reifung• ab 25 LJ: Abnahme von 0.5-1.5% in
komplexen physiologischen Systemen/ Jahr
• in höheren Lebensalter oft rascherer Abbau
Cave: • Differentielles Altern verschiedener Organsysteme• Interindividuelle Unterschiede• Große Unterschiede zwischen Organsystemen
Physiologie IIBiologische Funktionen mit zunehmendem Alter (nach Strehler 1962)
Physiologie IIIBsp: Gehirn/Nervensystem
• Degeneration von Zellen des peripheren Nervensystem
• Degeneration von Zellen des zentralen Nervensystem
• Kompensatorische Proliferation von Gliazellen
• Abnahme der Zahl von Neuronen
• Abnahme der Zahl dendritischer Verzweigungen
• Abnahme des Gehalts an Transmittern/Rezeptoren
• Veränderte Pharmakokinetik/Pharmakodynamik
Medikamentöse Therapie bei älteren Menschen
Start Start lowlow, , gogo slowslowWeniger ist mehrWeniger ist mehrSyndromorientiertSyndromorientiert
• Ziel der Behandlung festlegen• Abklärung nichtpharmakologischer Möglichkeiten• Detaillierte Medikamentenanamnese (iatrogene
Problematik?)• Medikation möglichst oral• Auswahl nach Nebenwirkungsspektrum• einschleichende Gabe, zusätzlich Aufklärung von
Angehörigen und Patienten erforderlich• Regelmäßige Kontrolle des Therapieeffektes (Absetzen!)
Symptomwandel im Alter
•Akutes Geschehen seltener, weniger intensive Symptome
•Oft „Symptomwandel“•„schwächstes Glied der Kette reißt“•Chronische Beschwerden nehmen zu•Weniger organspezifische Symptome, eher
funktionelle Syndrome
Die vier I`s der Altersmedizinoder auch
„Giganten“ der Altersmedizin
Funktionelle Syndrome als gemeinsame Endstrecke vieler Erkrankungen
• Intellektueller Abbau • Immobilität• Inkontinenz• Instabilität: Beeinträchtigtes Gleichgewicht und
wiederholte Stürze
Syndrome in der Geriatrie
•Akute Verwirrtheit•Starke Gewichtsabnahme•Plötzliche Inkontinenz•Rezidivierende Stürze•Plötzliche Bettlägerigkeit•Zunehmende Immobilität
Kognitive Beeinträchtigung
• Delir?• Depression?• Alterassoziiert und „normal“?• Mild cognitive impairment?• Demenzerkrankung?
Immobilität
•• Relevant:Relevant: Beeinträchtigung der ATL´s• 40 % der berenteten Menschen betroffen• Zunahme mit zunehmenden Lebensalter• Bei >85LJ: 20 % nur wohnungsmobil, fast 30 %
kontinuierlich auf fremde Hilfe angewiesen • Oft multifaktorieller Genese • Physische, psychische und soziale Ursachen• Deg. Erkrankungen, Angst, Inkontinenzprobleme,
fehlende soz. Ansprechpartner• Teufelskreislauf
Inkontinenz
• Ursachen: medikamentös, Infektionen, Ca, traumatisch, neurogen, Retention, Immmobilität, Lähmungen
• Therapie kausal: z. B. Behandlung eines D.m., AB, Beckenbodentraining, Op
• Therapie symptomatisch: Vaginalkonus, Beckenbodentraining, Östrogene, Op, Anticholinergika, Katheter
Störungen des Gleichgewichtes
• Balance=Zusammenspiel von zentralen, okulären, vestibulären und propriozeptivenMechanismen
• Gestörtes Zusammenspiel=Fallneigung
Standsicherheit in verschiedenen Altersstufen
(nach Sheldon 1963)
Kompensation durch:•Training•Verhaltensmodifikation•Hilfsmittel•HilfspersonenAdaptation durch:•Verändern der Wohnumgebung z.B. Aufzüge
Gangbeurteilung
Kriterien zur Beurteilung des GangesKriterien zur Beurteilung des Ganges• Gehgeschwindigkeit, Schrittinitiierung, Schrittlänge,
Armpendelsynchronie, Wendebewegungen, WendeschritteAltersphysiologisch
• Geschwindigkeits- und Schrittlängenreduktion („protektiverGang“)
• Kontaktzeit von Fersen- und Zehenbereich, Dauer der Doppelstandphase verlängert
• Zunahme von Lateralschwankungen an Rumpf und Kopf• Stabilisation des Körperschwerpunktes• Cave: Mangelhafter Zehen-Boden-Abstand, unsicherer
Fersenaufsatz und Zehenabstoß, gestörte Fußabrollbewegung
„Sturzkrankheit“
• Von den über 80-jährigen stürzt jeder Zweite mindestens einmal im Jahr
• Jeder 20 Sturz führt zu einer Fraktur
Wichtigste Risikofaktoren: • durchgemachte Stürze in der
Vorgeschichte• Muskelschwäche
Weitere Risikofaktoren
• Gangstörung• Balancestörung• Sehstörung• Arthrose• Kognitive Defizite• Depression• Hilfsmittelgebrauch• Schlechte Alltagkompetenz • Alter
Interventionen
Wichtige Maßnahmen
• Wohnungsanpassung: z.B. WOPA-Projekt der Kieler Alzheimer-Gesellschaft
• Hausnotruf • Gehhilfen• Hüftprotektoren• Sicheres Schuhwerk• Toilettenstuhl am Bett• Körperliches Training• Änderung der Medikamente: weniger kann mehr sein• Brillen- und Hörgeräteanpassung
Sensorische DefiziteSensorische Defizite
Visusminderung
Problem: oft nicht als Defizit wahrgenommen, obwohl meist gut behandelbar
Ursachen: • Physiologische Veränderungen des alternden
Auges (Lider, Cornea, Linse, Retina, Macula)• Katarakt• Glaukom• senile Makuladegeneration• Diabetische Retinopathie
•• PresbyakusisPresbyakusisHörminderung im Hochfrequenzbereich durch Degeneration und Atrophie sensorischer Zellen und zentraler Verbindungen
•• TinnitusTinnitusBei mehr als 10 Prozent der >60yErhebliche soziale Konsequenzen: Verlust von Unabhängigkeit, soz. Isolation...
Hörminderung
Exkurs: Hören im Alter
•• SchalleitungsstSchalleitungsstöörungrungz. B. Cerumen, bis zu 30 dB Hörminderung
•• SchallempfindungsstSchallempfindungsstöörungrungz. B. bei Presbyakusis
Hauptsprachbereich: 0.5 kHz-4 kHzSchmerzschwelle: 120 dB
Presbyakusis
•• Bilateraler degenerativer Verlust der Bilateraler degenerativer Verlust der HHöörfrfäähigkeit, higkeit, v.av.a. im h. im hööheren heren FrequenzbereichFrequenzbereich
•• „„CocktailpartyeffektCocktailpartyeffekt““•• EingeschrEingeschräänkte rnkte rääumliche Lokalisation von umliche Lokalisation von
GerGerääuschquellenuschquellen•• Wichtigster Risikofaktor fWichtigster Risikofaktor füür organisch r organisch
wahnhafte Stwahnhafte Stöörungen mit Halluzinationen im rungen mit Halluzinationen im hhööheren Lebensalter heren Lebensalter
Umgang mit älteren schwerhörigen Menschen
• Rasch in das Gesichtsfeld treten• Langsam, deutlich, mit sichtbaren
Mundbewegungen sprechen• Nicht zu laut (mangelnde Modulation)!!!• Frühe bilaterale Hörgeräteversorgung
• 25-50 Prozent der älteren Menschen leiden an schweren chronischen Schmerzen
• Führend degenerativ-muskuloskeletäreErkrankungen (Prävalenz von 800/1000)
• Malignome bei Betagten zu 80 % mit Schmerzen vergesellschaftet
Andere Faktoren:• Diabetes und diabetische Polyneuropathie• pAVK, M. Horton, Traumafolgen• Herpes zoster: akut und postherpetische Neuralgie
Schmerzen im Alter I
Schmerzen im Alter II• Probleme der SchmerzerfassungSchmerzerfassung: Demenz,
Depressionen, sensorische Defizite• Patienten neigen zum Herunterspielen von
Schmerzen: „Schmerz gehört zum Alterungsprozeß“
• Angst, den Angehörigen zur Last zu fallen• Problem der Multimorbidität• Häufig hoher Grad an Chronifizierung• Angst, Schmerzen könnten bei Malignomen ein
schlechtes prognostisches Zeichen sein
Stufenplan zur (Tumor-) Schmerztherapie
1. Kausale Therapie2. Interventionelle Therapie, abhängig von
Ätiologie: nocizeptiv versus neuropathisch3. Nichtopioidanalgetika4. Nichtopioidanalgetika und niedrigpotente
Opioide5. Nichtopioidanalgetika und hochpotente Opioide6. Rückenmarksnahe Opioide oder parenterale
Opioide
Dekubitus• Inzidenz 1-5%, Prävalenz 3-14% bei hospitalisierten
geriatrischen Patienten• Pathogenese:
Druck an anatomisch exponierten Stellen mit konsekutiver Minderperfusion und nutritiven Defiziten
• Prädisponierend:Feuchtigkeit, schlechter Haut- und Ernährungszustand, Schmerzen, Gipsverbände, Bewußtlosigkeit, Übergewicht, Fieber, Inkontinenz, Lähmungen, pAVK, PNP
• Klinik:Stadium I-IV, von Rötung bis zum tiefem Hautdefekt
• Kosten/Patient:in GB geschätzt 30-35 000 Euro
• Bedeutung der Pflege• Juristische Konsequenzen, Dokumentation wichtig
Muskuloskeletale Erkrankungen•• Osteoporose:Osteoporose:
Problem v.a. bei postmenopausalen Frauen, höhere Gefahr der HüftfrakturenVerlust von Knochenmasse, f>m– Prädisponierend: Bewegungsmangel, Alter, Steroide, Heparin,
Alkohol, SD-Erkrankungen, weibliches Geschlecht•• Arthrose:Arthrose:
Zunehmende Inzidenz mit zunehmendem Alter, Frauen häufiger als Männer betroffenAm häufigsten Hüfte, Knie, Fuß- und Handgelenke betroffenSehr häufige Schmerzursache im Alter, Cave: Komplikationen
•• RheumatoideRheumatoide Arthritis:Arthritis:meist symmetrische inflammatorische Arthropathie, häufiger kleine Gelenke betroffen, schwere Deformierungen möglich
Kardiovaskuläre Erkrankungen• Epidemiologie: >50% der über 65jährigen betroffen• In den Industrienationen führende Todesursache•• Hypertonie:Hypertonie: 80% essentiell, wichtiger Risikofaktor für stroke,
KHK und HerzinsuffizienzWichtig: Von guter Einstellung profitieren auch Hochbetagte
•• HerzrhythmusstHerzrhythmusstöörungen:rungen: Brady- und tachykarde, ventrikuläreund supraventrikuläre HRSTs, Sturzgefahr!
•• Herzinsuffizienz:Herzinsuffizienz: Bis zu 10 Prozent der >80jährigen betroffenHäufige Ursache eingeschränkter Mobilität und Leistungsfähigkeit
•• KHK:KHK: Risikofaktoren wie beim Schlaganfall, Zivilisationserkrankung, bei älteren Patienten häufig schmerzlose Angina pectoris!!!
Diabetes mellitus
• Nüchternblutzuckerwerte >130 mg/dl
• Monitoring mittels Hb A1c
• Wichtiger Risikofaktor kardiovaskulärer Erkrankungen
• Alle Organsysteme betreffend, v.a. Auge, Herz, Nieren
• Mikro- und Makroangiopathie
• 50 Prozent der nichttraumatischen Amputationen sind Diabetesfolgen
• Bei der Behandlung Gefahr der Hypoglykämie
• Problem der Compliance, v.a. bei Insulinpflichtigkeit
Nierenerkrankungen
• Mit zunehmenden Alter zunehmende Reduktion der glomerulären Filtrationsrate
• Niere hat wichtige metabolische und endokrine Funktionen
• Einschränkung der Nierenfunktion wichtig für (Poly)-Pharmakotherapie
• Diabetes mellitus und Harnwegsinfekte (Frauen häufiger betroffen) als bedeutende Kofaktoren beim Hochbetagten
• Häufig nicht ausreichende Trinkmenge• Bei Männern Prostatahyperplasie wichtiger Kofaktor• Wichtig Zusammenhang zur Inkontinenz,
Urogenitalsystem
Krebserkrankungen bei Hochbetagten
• Frauen: Brustkrebs, Neoplasien von Cervix und Uterus, Lungenkrebs, GI-Tumoren, Hauttumoren
• Männer: Lunge, Prostata, Gastrointestinale (v.a. Colon) Tumoren, Hauttumoren
• Langsamere Progredienz im höherem Lebensalter?• Wenig Studien zu Chemotherapien im hohen Lebensalter• Komorbidität häufig therapielimitierend
Problemfelder: (Zerebrale) Metastasen, Schmerztherapie, Nebenwirkungen von Chemo-, Strahlentherapie und operativer Therapie
Geriatrisches Assessment
Definition von Assessment
Systematische Erhebung relevanter Daten mit dem Ziel, den Zustand des Patienten aus physischer, psychischer und sozialer Sicht zu beschreiben
–Multidimensional–Multidisziplinär
Geriatrisches Assessment
Inhalte:•Kognition•Beweglichkeit/Sturzgefahr•Alltagsbewältigung:
ADL/IADL•Emotionales Erleben: z.B.
Depression
Wie?•Auf Funktionsebene
ATL: Aktivitäten des täglichen Lebens, z.B. Bayer-ATL, Barthel...Sprache: Aachener-Aphasie Test...
•Auf medizinischer EbeneSturzgefährdung: Tinetti-Score, Timed up and go...Ernährung: MNA, BMI...
•Auf affektiv-emotionaler EbeneDepression: Hamilton-Skala, VAS, Geriatrische Depressionsskala...
•Auf sozialer EbeneLebensqualität von Angehörigen und Patienten: SF 36...
Screening-Tests: Demenz
• Uhrentest
• DemTect
• Mini-Mental State Exam (Folstein et al., 1974)
Orientierung, Sprachverständnis, Sprachproduktion, Rechnen, Schreiben, Merkfähigkeit, verzögerter Abruf,
Visuokonstruktion
ATL: Barthel
Barthel
Barthel
• Standardverfahren zur Beurteilung der ATL
• 10 Kriterien, mit 5, 10 oder 15 Punkten bewertet
• Bewertet wird, was der Patient real kann und nicht, was er potentiell könnte
Beurteilung der Mobilität
Timed up and go
• Durchführung: Aufstehen aus einem Stuhl mit Armlehnen, 3 Meter gehen, Umdrehen und wieder hinsetzen
• Es wird die Zeit in Sekunden gemessen
Timed up and go-Auswertung-
• <10 Sekunden: Mobilität völlig uneingeschränkt
• 11-19 Sekunden: weniger mobil, aber noch keine wesentlichen Beschränkungen in der Alltagsbewältigung
• 20-29 Sekunden: Eingeschränkte Mobilität mit funktionellen Auswirkungen
• >30 Sekunden: schwere Mobilitätsbeeinträchtigung, i.d.R. benötigen die Patienten Hilfsmittel und eine intensive Betreuung
Pflegestufe 1Erhebliche Pflegebedürftigkeit
DefDef::Täglich durchschnittlich mindestens 90 Minuten Hilfe; davon mindestens 46 Minuten auf mindestens zwei Verrichtungen der Grundpflege entfallen.
Pflegestufe 2Schwerpflegebedürftigkeit
Def:Täglich durchschnittlich mindestens drei Stunden Hilfe geleistet werden muss und davon mindestens zwei Stunden auf die Grundpflege entfallen. Die Grundpflege muss täglich zu mindestens drei verschiedenen Zeiten nötig sein. Es muss mehrmals in der Woche hauswirtschaftliche Hilfe nötig sein.
Pflegestufe 3Schwerstpflegebedürftigkeit
DefDef::Täglich durchschnittlich mindestens fünf Stunden Hilfe geleistet werden muss und davon mindestens vier Stunden auf die Grundpflege entfallen und der konkrete Hilfebedarf jederzeit, auch nachts gegeben ist (Rund-um-die-Uhr).
Im Alter...
• Sinkt die Kompensationsfähigkeit von Störungen
• Steigt das Risiko für Komplikationen und Multimorbidität
• „das schwächste Glied reist zuerst“
• Im Fokus stehen geriatrische Syndrome, nicht einzelne Symptome
Take home message
Alter rechtfertigt nicht medizinischen
Nihilismus
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