niveaubeschreibungen – deutsch als zweitsprache für die
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Deutsch als Zweitsprache für die Primarstufe
Niveaubeschreibungen
W i r B e W e g e n
B l d u n gB e w e g t u n s
Die Aktualisierung der vorliegenden Broschüre trägt formalen Charakter. Die Kapitel „Wissenschaft-liche Vorbetrachtungen” sowie „Beschreibungen der Niveaustufen” wurden nicht verändert.
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort Seite | 3
Wissenschaftliche Vorbetrachtungen Seite | 4
Zur Einführung in die „Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache für die Primarstufe“ Hans H. Reich Seite | 5
Das Instrument „Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache für die Primarstufe“ Marion Döll Seite | 11
Beschreibungen der Niveaustufen Seite | 16
A. Weite der sprachlichen Handlungs- und Verstehensfähigkeit im Deutschen als Zweitsprache Seite | 16Private Gespräche Seite | 16Unterrichtsgespräche Seite | 16Strategien zur Überwindung von Ausdrucksnot und Verstehensproblemen Seite | 17Freude und Interesse am Sprechen – Deutsch und Herkunftssprache Seite | 18
B. Wortschatz Seite | 19Verstehenswortschatz Seite | 19Mitteilungswortschatz Seite | 19
C. Aussprache Seite | 20Deutlichkeit Seite | 20Sprechflüssigkeit Seite | 20
D. Lesen Seite | 21Verstehen Seite | 21Techniken und Strategien der Texterschließung Seite | 21Vorlesen Seite | 22Strategien zur Überwindung von Verstehensproblemen Seite | 22Freude und Interesse am Lesen – deutsche und herkunftssprachliche Texte Seite | 23
E. Schreiben Seite | 24Textproduktion Seite | 24Strategien zur Überwindung von Ausdrucksnot beim Schreiben Seite | 24Orthografie Seite | 25Interpunktion Seite | 25
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F. Grammatik – mündlich und schriftlich Seite | 26Satzverbindungen Seite | 26Präpositionen Seite | 27Formen des Verbs Seite | 27Formen des Nomens Seite | 28
Beobachtungsbogen Seite | 29
Autorenverzeichnis Seite | 32
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Vorwort
Sehr geehrte Schulleiterinnen, sehr geehrte Schulleiter, sehr geehrte Fachlehrerinnen, sehr geehrte Fachlehrer,
sprachliche Bildung in allen Fächern setzt hohe Maßstäbe für alle Schularten. Sie entscheidet mit über Schul- und Bil-dungserfolg und damit über Lebenschancen. Die sprachliche Bildung von Schülerinnen und Schülern ist ein Kontinuum, das vom einfachen mündlichen Austausch über das Verstehen von Sach- und Erzähltexten und das Hervorbringen zu-sammenhängender mündlicher Darstellungen bis zur Aneignung von Textfähigkeiten im Schriftlichen und zu fach-licher Vortrags- und Argumentationsfähigkeit, d. h. bis zu ausgebildeter bildungssprachlicher Kompetenz, reicht. Die Kontinuität der Sprachbildung muss als bewusst zu bearbeitende professionelle Aufgabe in jeder Schulart gesehen wer-den, die u. a. eine differenzierte Kenntnis der Sprachentwicklung jeder einzelnen Schülerin/jedes einzelnen Schülers vor- aussetzt.
Der Freistaat Sachsen hat sich im Rahmen des Bundesmodellprogramms „Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Mi-grationshintergrund – FörMig“ diesen Themenbereichen intensiv gewidmet und u. a. ein Instrument zur prozessbegleitenden pädagogischen Diagnostik entwickelt – die Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache für die Primarstufe. Mit dieser innovativen Entwicklung wird der den sächsischen Lehrplänen innewohnende Anspruch „Sprachliche Bildung ist Aufgabe jedes Faches“ mit einem praxistauglichen und empirisch geprüften Beobachtungsinstrument unterstützt.
Die Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache für die Primarstufe wurden wie die Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache für die Sekundarstufe I auf Initiative des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus in Anlehnung an die Bildungsstandards Deutsch der Kultusministerkonferenz und den sächsischen Lehrplan Deutsch als Zweitsprache entwickelt.
Mit diesem Diagnoseinstrument ist es Ihnen möglich, systematisch und durch Kriterien geleitet, spezifische Informationen über den individuellen Sprachbildungsprozess aller Schülerinnen und Schüler, nicht nur für jene mit Migrationshintergrund zu erhalten. Sowohl gezielte sprachdidaktische Maßnahmen als auch die durchgängige Gestaltung eines bildungssprachför-derlichen Fachunterrichts können die sprachliche Entwicklung unterstützen.
Wir möchten Sie ermutigen, Ihre eigenen Erfahrungen mit den Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache zu machen und wünschen Ihnen viel Erfolg für eine gelingende professionelle sprachliche Bildung an Ihren Schulen.
Angela Bachmann Landesamt für Schule und Bildung Leiterin des Standortes Radebeul
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Wissenschaftliche Vorbetrachtungen
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Zur Einführung in die „Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache für die Primarstufe“Hans H. Reich
Die „Niveaubeschreibungen“ sind ein Instrument für die fortlaufende differenzierte Einschätzung des Sprachstandes von deutschlernenden Schülerinnen und Schülern, das ihrer individuellen sprachlichen Bildung dient. Die Fassung für die Pri-marstufe bezieht sich auf die Jahrgangsstufen 3 und 4. Die Zielniveaus orientieren sich an den Bildungsstandards im Fach Deutsch, betreffen aber gleichermaßen den Gebrauch der deutschen Sprache in allen anderen Fächern.
Zur differenzierten Einschätzung sprachlicher Entwicklungen
Dem unbefangenen Blick erscheint die Aneignung von Sprache zunächst wie die stetige Zunahme einer kompakten Kompe-tenz. Erst bei näherem Zusehen gibt sie sich als Geflecht von Aneignungsprozessen in unterschiedlichen Teilbereichen zu er-kennen. Diese Prozesse hängen zwar miteinander zusammen – daher der Eindruck eines kompakten Vorgangs – sie verlaufen aber nicht synchron und nicht nach den gleichen Kriterien.
Was für Teilbereiche sind das? In der Sprachwissenschaft wird gewöhnlich zwischen den Teilbereichen der Laute und Buchstaben (Phonematik, Graphematik) einerseits und den Teilbereichen der Wörter (Lexematik, Semantik) und deren Fügungen zu Wort-gruppen und Sätzen (Morphematik, Syntax) sowie dem Bereich der Texte unterschieden. Die Sprachdidaktik sieht eher nach den sprachlichen Tätigkeiten des Hörverstehens (einschließlich des Hör-Seh-Verstehens), des Sprechens, Leseverstehens und Schreibens. Die Sprachpsychologie fügt die Dimensionen der sprachbiographischen Entwicklung, der Verbindung von Sprache und Person (Emotionen, Kognitionen) und der Handlungsbedeutung sprachlicher Äußerungen (Sprachpragmatik) hinzu.
In jedem dieser Teilbereiche vollziehen sich spezifische Aneignungsprozesse (vgl. Ehlich/Bredel/Reich 2008): Die sprachlich-kommunikativen Fähigkeiten entfalten sich im Sinne zunehmender kognitiver und sozialer Kompetenz. So wird Lesen in den „Niveaubeschreibungen“ als Ausbildung von Verstehensfähigkeit verstanden, die zur Bewältigung zunehmend schwierigerer Texte führt – analog dazu Schreiben als Textproduktionsfähigkeit, die die Herstellung von Textzusammenhang und den Auf-bau textsortenspezifischer Strukturen zum Ziel hat. Die Aneignung von Wortschatz verläuft im Sinne einer Akkumulation von Elementen, die mit einer qualitativen Ausdifferenzierung von Bedeutungen einhergeht. Eng daran gekoppelt ist in den Anfangsphasen die Aneignung der lautlichen Erscheinungen einer Sprache. Die Flexion von Wörtern und die Fügung von Wörtern zu Sätzen werden in Prozessen der formalen und semantischen Regelbildung angeeignet, die sich über zunehmend größere sprachliche Einheiten erstrecken. Strategien des Umgangs mit Sprache entwickeln sich als Übernahme mehr und mehr bewusster Kontrollen bei der Bedeutungserschließung und der Ausdruckssuche. – Einen eigenen Status haben die Teilbereiche Sprech- und Lesefreude, die nicht als sich entwickelnde Kompetenzen, sondern als bedingende Persönlichkeits-faktoren zu verstehen sind.
Sprachdiagnostische Fragestellungen können sich grundsätzlich auf alle diese Aneignungsprozesse richten, wenn es aber um konkrete unterrichtliche Zwecke geht, ist eine zielbewusste Auswahl angesagt. In diesem Sinne richten die „Niveaubeschrei-bungen Deutsch als Zweitsprache“ ihr Augenmerk auf die Prozesse, die bei der Aneignung des Deutschen für die Zwecke schulischen Lernens im Vordergrund stehen, und bewerten sie im Hinblick auf die zu erreichenden Standards. Es geht um die Deutlichkeit der Aussprache und die Rechtschreibung, um den Reichtum des Wortschatzes, die Vielfalt der Formen von Verben, Nomen und Adjektiven, die Grundstrukturen des deutschen Satzes und ihre Erweiterungen durch Präpositionalgrup-pen und Satzverbindungen, um das gemeinsame Handeln in Gesprächen, um den erfolgreichen rezeptiven und produktiven Umgang mit der Schriftsprache, um die Sprechflüssigkeit, um die Beherrschung von Strategien zur Bewältigung von Sprach- und Sprachlernproblemen, um die Sprechfreude und die Freude und das Interesse am Lesen.
Die Schülerinnen und Schüler durchlaufen diese Prozesse in unterschiedlicher Geschwindigkeit und mit unterschiedlichen Erfol-gen und dabei können Geschwindigkeit und Erfolg auch noch von Teilbereich zu Teilbereich unterschiedlich sein. Ein Kind kann in einem bestimmten Zeitraum in einem Teilbereich rascher vorankommen, in einem anderen langsamer; es kann in einem Teilbereich
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eine persönliche Stärke ausbilden, in einem anderen sich schwer tun. Bei der Unterstützung der Sprachaneignungsprozesse ist es daher angeraten, individuell Schwerpunkte zu setzen (und wo möglich die Stärken zu nutzen, um die Schwächen zu überwinden).
Zur fortlaufenden Einschätzung von Sprachständen
Der Erwerb des Deutschen als Zweitsprache ist ein mehrjähriger Prozess. Der „Lehrplan Deutsch als Zweitsprache“ spricht von drei Etappen der sprachlichen Integration: (1) Vermittlung der sprachlichen Grundlage für die Fähigkeit zur Teilnahme am Regelunterricht und am sozialen Leben der unmittelbaren Umwelt durch vorbereitenden Deutschunterricht – (2) schrittweise Hinführung zur Sprache der Schule in allen Fächern, in der Kooperation von Regelunterricht und Vorbereitungsunterricht – (3) Arbeit an bildungssprachlichen Fähigkeiten, sprachliche Begleitung des Regelunterrichts (Sächsisches Staatsministerium für Kultus 2009, S. 5 – 7). Die Dauer ist offen. Wie schnell die Etappen von der einzelnen Schülerin/dem einzelnen Schüler durchlaufen werden, hängt von mehreren Faktoren ab: dem persönlichen Sprachlernpotenzial des Kindes, dem Umfang sei-ner Kontakte mit Deutschsprachigen, der Bildungsnähe seiner Familie, den zuvor (in der Herkunftssprache) durchlaufenen Bildungsprozessen und natürlich der Qualität der sprachlichen Bildung in der Schule.
Die „Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache für die Primarstufe“ sollen in diesem Prozess eine Orientierungshilfe sein, die immer wieder eingesetzt wird, um den gangbarsten Weg zu bestimmen. Sie verstehen sich nicht als punktuelle Feststellung einer Ausgangsposition, sondern als begleitende, formative Diagnose.
Dabei haben sie ein klares Ziel: Sie orientieren sich an den „Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Primarbereich (Jahr-gangsstufe 4)“ und gehen insoweit davon aus, dass alle Schülerinnen und Schüler gleiche und gemeinsame Sprachlernziele verfolgen. Zugleich aber verdeutlichen sie, dass diese Ziele je nach den Voraussetzungen der Lernenden auf unterschied-lichen Wegen erreicht werden. Die Bildungsstandards beschreiben ein mittleres Anforderungsniveau, sodass viele darüber oder darunter liegende Leistungen sich noch im Rahmen des Normalen bewegen. Sie dürfen nicht dazu missbraucht werden, didaktisch Unmögliches zu erwarten oder zu verlangen. Es wird selbstverständlich Schülerinnen und Schüler mit Deutsch als Zweitsprache geben, die am Ende von Klasse 4 nicht alle Standards erreicht haben. Ihren weiterbestehenden Sprachlernbe-darf zu decken ist Pflicht der aufnehmenden weiterführenden Schulen. Sich anhand der „Niveaubeschreibungen“ darüber zu verständigen ist eine sinnvolle Form schulartübergreifender Zusammenarbeit.
Die „Niveaubeschreibungen“ geben ausdrücklich keine Zeitnormen vor, sondern benennen Niveaustufen, an denen sich ab-lesen lässt, wie weit die betreffende Schülerin/der betreffende Schüler noch vom jeweiligen Standard-Niveau entfernt ist. Durch die Zuordnung zur Stufe I wird ein Stand charakterisiert, auf dem die unterrichtlichen Sprachanforderungen nur mit einfachen alltagssprachlichen Mitteln bearbeitet werden. Stufe II markiert einen fortgeschritteneren alltagssprachlichen Entwicklungsstand, der eine – sei es auch begrenzte – Teilhabe am Unterricht ermöglicht. Stufe III kann als Vorstufe zum Zielniveau verstanden werden. Deutschkenntnisse und sprachliche Fähigkeiten sind auf dieser Stufe so weit angeeignet, dass die Standards gezielt angestrebt werden können. Stufe IV benennt – in den gleichen Kategorien, wie sie auch für die Stufen I bis III verwendet werden – die sprachlichen Fähigkeiten, die erforderlich sind, wenn die von den Bildungsstandards erwarteten Leistungen erbracht werden sollen. Sie sind dementsprechend keine wörtlichen Übernahmen, sondern stellen Auslegungen der für alle gleichermaßen gültigen Standards im Blick auf die Erfahrungen und Kompetenzen derjenigen Schü-lerinnen und Schüler dar, die Deutsch als Zweitsprache erwerben.
Bei der Ausformulierung der Niveaustufen für die Aneignungsprozesse im Einzelnen wird auf die Ergebnisse der Erforschung des Deutschen als Zweitsprache und auf die Etappen des Lehrplans „Deutsch als Zweitsprache“ zurückgegriffen.
Zur Spezifik des Deutschen als Zweitsprache
Wie sich Kinder ihre erste Sprache aneignen, wird seit langem wissenschaftlich erforscht. Man hat erkannt, dass es neben vielen individuellen Unterschieden doch auch Regelmäßigkeiten und Gemeinsamkeiten gibt, aus denen man auf ein zu-grundeliegendes gleichartiges Erwerbsmuster schließen kann. Der Weg verläuft von der Verarbeitung kleiner einfacher Einheiten hin zu komplexen und umfänglichen Gestaltungen (von der frühesten Wahrnehmung einer charakteristischen Intonation bis zur Artikulation umständlicher Konsonantenkombinationen und Silbenfolgen, von Ein-Wort-Äußerungen
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bis zur Konstruktion komplizierter Satzgefüge, vom bloßen Zeigen auf etwas bis zu ausgefeilten Argumentationen). Dabei wird aber nicht einfach eine neue fertige Teilkompetenz zu einer zuvor erworbenen fertigen Teilkompetenz hinzugefügt, sondern es finden Annäherungen statt, die über vereinfachende Versuche allmählich zu richtigen Verwendungen führen. Das Kind sagt vielleicht zuerst „dedebt“ und später „gegebt“, zuerst „gegebt“ und später „gegebe(n)“, zuerst „Lina Schenkt gegebe“ und später „Lina hat mir ein Geschenk gegeben“ usw. Fehler sind notwendige Schritte bei der Sprachaneignung (vgl. Tracy 2007, S. 62 – 99).
Bei der Aneignung einer zweiten Sprache geschieht nichts grundsätzlich Anderes. Auch die zweite Sprache wird wie die erste in Stufen angeeignet und der Weg führt wie dort über vereinfachte Ausdrücke und vorläufige Formen. Es ist aber zu beachten, dass die zweite Sprache nicht isoliert, nicht als etwas völlig Neues erworben wird, sondern mit der ersten Sprache in Verbindung tritt und mit ihr interagiert. Es ist des Weiteren zu beachten, dass die zweite Sprache in aller Regel eine andere Rolle im Leben des Kindes spielt als die erste. So ist zwar die Reihenfolge, in der die einzelnen sprachlichen Erscheinungen angeeignet werden, im großen Ganzen, zumindest für die hier betrachtete Altersstufe, die gleiche wie beim einsprachigen Erstspracherwerb, Erst- und Zweitspracherwerb können sich aber hinsichtlich der Geschwindigkeit, der Sicherheit und des Umfangs der Aneignung voneinander unterscheiden. Diese Unterschiede hängen von den Umständen der Sprachaneignung ab: dem Lebensalter, in dem der Kontakt mit der Zweitsprache beginnt, der Häufigkeit, der Dauer und der Intensität dieser Sprachkontakte sowie ihrer Bewertung durch die nähere soziale Umwelt. Dort wo die Kontakte mit der Zweitsprache Deutsch eher selten sind, sich auf eher triviale oder uninteressante Themen beziehen und wenig oder keine Beachtung seitens der Bezugspersonen finden, kann die Entwicklung längere Zeit hinter der gleichaltriger, einsprachig deutscher Kinder zurückbleiben. Der deutsche Wortschatz wächst unter solchen Umständen langsamer, der Satzbau wird nicht gleich so komplex, Gespräche brechen früher ab, schriftliche Darstellungen geraten zunächst kürzer, Übergangsformen, also aus der Sicht der Erwachsenensprache falsche Verwendungsweisen des Deutschen, halten sich länger als bei Sprechern des Deutschen als erster Sprache (Tracy 2007, S. 125 – 152; Schramm/Schroeder 2009; Ahrenholz 2009). Es ist aber wesentlich, auch in diesen Fällen die Entwicklungsvorgänge zu sehen, die sprachlichen Fortschritte, die auch diese Kinder und Jugendlichen machen und die, wenn ihnen genügend sprachliche Aufmerksamkeit und Anregung zuteil wird, immer noch zu dem Grad der Deutschbeherrschung führen können, der ihren kognitiven und sozialen Poten-zialen gerecht wird.
Zur angeleiteten Beobachtung als Methode der Sprachstandsbestimmung
Weil die Aneignung einer Zweitsprache nicht bei allen in gleicher Weise und nicht einfach im Rhythmus der Lebensjahre verläuft, sind intuitive Bewertungen des jeweils erreichten Sprachstands mit Unsicherheiten behaftet. Die Gefahr besteht, dass zu wenige Teilbereiche berücksichtigt werden, dass die schon erworbenen Sprachkenntnisse und -fähigkeiten wegen der vorläufigen und noch unvollkommenen Äußerungen nicht wahrgenommen werden, dass die Urteile insgesamt zu pau-schal ausfallen, also keine oder zu wenig Zwischenstufen der Sprachaneignung in Rechnung gestellt werden. Als Grundlage individueller Förderung sind aber differenzierte Kenntnisse des Sprachstands erforderlich. Schon früh wurde daher gerade auch aus der Praxis heraus ein Bedarf an Instrumenten zur genaueren Bestimmung der Entwicklungsstände in Deutsch als Zweitsprache angemeldet (Reich 2005).
Die seither ausgearbeiteten Vorschläge lassen sich in vier Gruppen einteilen: Elizitationsverfahren (Tests), Profilanalysen, Beobachtungen und Schätzverfahren (Ratings) (vgl. Reich 2008, S. 423 f.):
❙❙ Elizitationsverfahren (Tests) sind theoriegeleitete Abfragen sprachlicher Handlungsfähigkeiten oder einzelner sprachlicher Kenntnisse, die standardisiert oder doch zumindest standardisierbar sind und einen hohen Grad an Objektivität erstreben. Tests und testartige Verfahren zur Ermittlung des Sprachstandes in Deutsch als Zweitsprache werden im schulischen und vorschulischen Bereich vor allem als punktuelle Screenings, d. h. zur Begründung von Zuweisungen an bestimmte Sprachförderangebote eingesetzt.
❙❙ Profilanalysen sind nachträgliche Auswertungen von Texten deutschlernender Schülerinnen und Schüler, die grundsätz-lich frei gesprochen oder geschrieben werden, allerdings oft einem bestimmten Impuls folgen. Sie erstreben vor allem eine gewisse Authentizität und dienen vornehmlich dazu, individuelle Schwerpunkte des sprachlichen Lernens zu bestimmen.
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❙❙ Beobachtungen sind Verfahren, die ein sprachliches Geschehen in bestimmten Situationen nach vorgegebenen Gesichts-punkten zwecks späterer Analyse festhalten. Sie können so angelegt sein, dass sie ein aktuelles sprachliches Geschehen ziemlich unmittelbar protokollieren, oder so, dass sie sprachliche Ereignisse, die sich wiederholen, begleitend oder im Nachhinein zusammenfassen. Beobachtungen sind dazu geeignet, breite Überblicke über sprachliche Kompetenzen in handlungsrelevanten Situationen zu generieren. Sie teilen mit den Profilanalysen den Anspruch auf Authentizität. Vergli-chen mit Tests und Profilanalysen sind sie jedoch in stärkerem Maße subjektiven Einflussfaktoren ausgesetzt.
❙❙ Schätzverfahren (Ratings) halten durch nachträgliche Einordnung in vorgegebene Skalen Eindrücke fest, die auf beiläu-figer Beobachtung beruhen und sich auf relativ breite Ausschnitte des sprachlichen Handelns beziehen. Sie haben daher stets zusammenfassenden und in der Regel auch von vornherein bewertenden Charakter. Im Vergleich zu den anderen Verfahrenstypen sind Schätzverfahren weniger zeitaufwändig, sie sind allerdings auch mit dem höchsten Grad an Sub-jektivität behaftet. Sie erstreben vor allem Praxisrelevanz und sind daher relativ eng mit den pädagogischen Handlungs-situationen verbunden.
Die „Niveaubeschreibungen“ sind als Beobachtungsverfahren konzipiert, weil sie den Integrationsprozess der zweisprachigen Schülerinnen und Schüler sprachdiagnostisch begleiten und die in diesem Prozess zu treffenden didaktischen Entschei-dungen absichern sollen. Bindung an das Handlungsfeld, eine genügende Breite der Beobachtungen, die das Setzen von Schwerpunkten ermöglicht, die Möglichkeit der Prozessbegleitung (ohne dass Parallelverfahren erforderlich werden) und die Möglichkeit, die diagnostische Arbeit dem Rhythmus der unterrichtlichen Arbeit anzupassen, sind wesentliche Argumente für diese methodische Entscheidung. Die Gefahr der Subjektivität wird dadurch gemindert, dass die Skalen für die Niveaustufen so konkret und differenziert wie möglich formuliert sind und das Verständnis dieser Formulierungen mit Lehrkräften unter-schiedlicher Fächer erprobt und diskutiert wurde.
Zur diagnosebasierten Förderung
Die „Niveaubeschreibungen“ verstehen sich als Formulierungsangebote, die dazu verwendet werden können, sich den Stand bewusst zu machen, den eine Schülerin/ein Schüler in den einzelnen Aneignungsprozessen erreicht hat, und damit eine Vorstellung zu verbinden, welche Ziele sie/er als nächstes erreichen kann. Die sprachdidaktischen Entscheidungen können einzelne Aneignungsprozesse oder Teilbereiche betreffen, sollten aber immer vor dem Hintergrund eines Gesamteindrucks von der „sprachlichen Persönlichkeit“ der Schülerin/des Schülers getroffen werden.
Bei der Auswertung kann man zunächst feststellen, ob über die Aneignungsprozesse und Teilbereiche hinweg jeweils die glei-chen Stufen erreicht werden oder ob deutlich unterschiedliche Einstufungen vorliegen. Bei gleichmäßiger Einstufung kann man auf ein augenblickliches „Gesamt-Niveau“ der Deutschkenntnisse schließen. Daran kann man festmachen, auf welchem Niveau sich die Lernaufgaben für die betreffende Schülerin/den betreffenden Schüler am besten bewegen; es sollte immer etwas oberhalb des schon erreichten „Gesamt-Niveaus“ liegen. Das relative Maß an Zuwendung und Unterstützung beim Lernen ist je nach dessen Abstand zum Zielniveau zu bestimmen.
Wenn sich die Niveaus voneinander unterscheiden, zeigen die niedrigeren Werte den vordringlichen Lernbedarf an. Dabei empfiehlt es sich, zwischen Aneignungsaufgaben, die die elementaren „Bausteine“ der Sprache zum Gegenstand haben, ei-nerseits und solchen, die sich auf die sprachlichen Tätigkeiten richten, andererseits zu unterscheiden. Strategien und Motiva-tionen sind dann noch einmal eigens zu betrachten. Die Aneignung der „Bausteine“ (Laute, Wörter, einschl. Rechtschreibung, Grammatik) kann durch sprachliche Hilfen und korrektives Feedback im Unterrichtsverlauf, allenfalls auch durch ergänzende Übungen unterstützt werden. Sprachliche Strategien sind durch bewusste Einführung, gute Vorbilder und gezieltes Üben leicht aufzubauen und weiterzuentwickeln. Bei den sehr viel komplexeren sprachlichen Tätigkeiten (Gespräche, Lesen und Schreiben) geht es eher darum, die Aneignungsschritte in einer Weise aufzuarbeiten und so zu bemessen, dass sie von der betreffenden Schülerin/dem betreffenden Schüler bewältigt werden können, der Blick auf das Ganze (den Gesprächszweck, die Leseabsicht, das Thema und der Aufbau des zu schreibenden Textes) dabei aber nicht verloren geht. Je nach Einstufung sind hier unterschiedlich eingehende Verfahren zu planen. Schwache Motivationen zum Sprechen und Lesen sind ein beson-ders sensibler Bereich. Thematisches Interesse und soziale Anerkennung sind hier wesentliche didaktische Faktoren.
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Wie sich die einzelnen Aneignungsprozesse gegenseitig beeinflussen, ist wenig erforscht; trotzdem lohnt es sich, das Verhält-nis der Einstufungen zueinander auch im Einzelnen zu betrachten. Es ist z. B. evident, dass gute Leistungen im Vorlesen nur erreicht werden können, wenn es beim Leseverstehen einerseits, bei der Aussprache andererseits keine hinderlichen Rück-stände gibt; je nach den Einstufungen kann es geboten sein, diese Aneignungsprozesse insgesamt oder zum Teil gemeinsam zu fördern. Ähnliches gilt z. B. für das Verhältnis von Wortschatz und Leseverstehen oder das Verhältnis von Aussprache, Orthographie und Grammatik.
Besondere Achtsamkeit verdienen ungleiche Einstufungen, wenn sie Möglichkeiten erkennen lassen, Stärken zu nutzen, um Schwächen auszugleichen. Die Vorstellung ist durchaus begründet, dass stärker entwickelte Teilbereiche als Motor für die Entwicklung von weniger entwickelten Teilbereichen wirken können. Wenn z. B. gute Fähigkeiten der Textproduktion festge-stellt werden, denen aber Schwächen in der Grammatik gegenüberstehen, dann kann es hilfreich sein, von einem Textentwurf auszugehen und beim Redigieren zu fragen, wie dessen Gliederung möglichst deutlich herausgearbeitet werden kann, und die Gliederungssignale bewusst zu machen. Ein Gefälle zwischen einem hohen Niveau im Gespräch bei gleichzeitig niedrigem Niveau im Schreiben kann in der Förderung dahingehend genutzt werden, dass der Übergang von der einen Modalität in die andere erst einmal erleichtert wird, etwa indem die Schülerin/der Schüler sich einen zusammenhängenden Text ausdenkt und diesen diktiert, oder sich in einen interaktiven Schreibprozess begibt, bei dem sie/er erzählt und ein Partner1 Formulierungs-vorschläge für eine schriftliche Fassung macht, oder bei dem sie/er erzählt, während ein Partner Stichworte notiert, die dann gemeinsam zu einem Textstück ausgearbeitet werden.
Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass solche hilfreichen Verhältnisse auch zwischen den Fähigkeiten in der Erstspra-che und im Deutschen als Zweitsprache bestehen können.
Zur fächerübergreifenden Funktion von Sprachdiagnostik
Die „Niveaubeschreibungen“ sind dem Konzept der durchgängigen Sprachbildung verpflichtet (vgl. dazu Gogolin/Lange 2010), welches die Vermittlung der Unterrichtssprache Deutsch als Auftrag an die Schule insgesamt versteht. So, wie sich die Alltagssprache nicht lernen lässt, ohne dass sie im Alltag verwendet wird, so erfordert das Lernen der Unterrichtssprache, dass der Unterricht selbst als Lerngelegenheit gesehen und genutzt wird.
Gewiss tragen der Unterricht in Deutsch als Zweitsprache und dann der Deutschunterricht in der Regelklasse einen Hauptteil der Verantwortung. Den dafür zuständigen Lehrkräften obliegt es, ihre sprachdiagnostischen Erkenntnisse im Integrations-prozess zur Geltung zu bringen. Das heißt, dass sie sich die sprachlichen Anforderungen in den andern Fächern bewusst machen, sich mit den anderen Lehrkräften austauschen und diesen ihre Beobachtungen erläutern. Es heißt umgekehrt, dass sie diese Lehrkräfte nach dem sprachlichen Handeln der Schülerinnen und Schüler in den anderen Fächern fragen und evtl. Unterschiede gemeinsam mit ihnen zu erklären versuchen. Auf diese Weise werden alle Lehrkräfte mit den „Niveaubeschrei-bungen“ bekannt und arbeiten sich in deren Begriffssprache ein, sodass sich insgesamt ein höherer Grad von Sprachbe-wusstheit unter den Kolleginnen und Kollegen einstellt. Solche Gewohnheiten entstehen nicht von allein, es bedarf dazu der Etablierung von Zusammenarbeit im Kollegium unter Verantwortung der Schulleitung.
Zur Sprachdiagnostik beim Übergang auf die Sekundarstufe
Durchgängige Sprachbildung hat auch eine bildungsbiographische Dimension, die u. a. durch eine schulartübergreifende Diag- nostik abgesichert werden soll. Für die Sekundarstufe I liegt eine Fassung der „Niveaubeschreibungen“ vor, die den gleichen Prinzipien folgt und einen ähnlichen Aufbau aufweist wie die vorliegende Fassung für die Primarstufe; ein Instrument für die Sekundarstufe II ist in Arbeit.2 Dies entspricht dem Grundsatz, dass Schulen aller Schularten verpflichtet sein sollen, auf die Beherrschung des Deutschen als Bildungssprache zu achten und die Schülerinnen und Schüler, soweit Bedarf besteht, bei deren Aneignung zu unterstützen.
1 Partner bezeichnet stets Personen beiderlei Geschlechts.2 Anmerkung des Herausgebers: Die Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache für die Sekundarstufe II stehen seit Oktober 2015 zur Verfügung.
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Die weitgehende Parallelität in der Anlage der Instrumente soll es erleichtern, sich über den Stand der einzelnen Schülerin/des einzelnen Schülers bei der Aneignung des Deutschen als Bildungssprache auch über die Schularten hinweg zu ver-ständigen. Sie soll die Kommunikation der Lehrkräfte über sprachdiagnostische Befunde und sprachdidaktische Konzepte anregen und unterstützen und insgesamt dazu beitragen, dass die Kontinuität der sprachlichen Bildung als gemeinsame Verantwortung der aufnehmenden und der abgebenden Schule begriffen wird. Die „Niveaubeschreibungen“ haben sich, wie im Abschlussbericht des Modellversuchsprogramms FörMig (Gogolin u. a. 2011, S. 32) festgestellt wird, in dieser Funk-tion bewährt.
Zitierte Literatur
Ahrenholz, Bernt (Hrsg.): Empirische Befunde zu DaZ-Erwerb und Sprachförderung, Freiburg im Breisgau: Fillibach 2009.
Döll, Marion: Beobachtung der Aneignung des Deutschen bei mehrsprachigen Kindern und Jugendlichen (= FörMig Edition Band 8), Münster u. a.: Waxmann 2012.
Ehlich, Konrad/Bredel, Ursula/Reich, Hans H. (Hrsg.): Referenzrahmen zur altersspezifischen Sprachaneignung (= Bildungs-forschung Band 29/I), Bonn und Berlin: BMBF 2008.
Gibbons, Pauline: Unterrichtsgespräche und das Erlernen neuer Register in der Zweitsprache, in: Mecheril, Paul/Quehl, Tho-mas (Hrsg.): Die Macht der Sprachen. Englische Perspektiven auf die mehrsprachige Schule, Münster u. a.: Waxmann 2006, S. 269 – 290.
Gogolin, Ingrid/Dirim, inci/Klinger, Thorsten/Lange, Imke/Lengyel, Drorit/Michel, Ute/Neumann, Ursula/Reich, Hans H./Roth, Hans-Joachim/Schwippert, Knut: Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund FörMig. Bilanz und Perspektiven eines Modellprogramms, Münster u. a.: Waxmann 2011.
Gogolin, Ingrid/Lange, Imke: Durchgängige Sprachbildung. Eine Handreichung, Münster u. a.: Waxmann 2010.
Klieme, Eckhard/Artelt, Cordula/Hartig, Johannes/Jude, Nina/Köller, Olaf/Prenzel, Manfred/Schneider, Wolfgang/Stanat, Pet-ra (Hrsg.): PISA 2009. Bilanz nach einem Jahrzehnt, Münster u. a.: Waxmann 2010.
Reich, Hans H.: Sprachstandserhebungen, ein- und mehrsprachig, in: Ahrenholz, Bernt/Oomen-Welke, Ingelore (Hrsg.): Deutsch als Zweitsprache, Baltmannsweiler: Schneider 2008, S. 420 – 429.
Reich, Hans H.: Auch die „Verfahren zur Sprachstandsanalyse bei Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund“ haben ihre Geschichte, in: Gogolin, Ingrid/Neumann, Ursula/Roth, Hans-Joachim (Hrsg.): Sprachdiagnostik bei Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, Münster u. a.: Waxmann 2005, S. 87 – 95.
Reich, Hans H./Roth, Hans-Joachim: HAVAS 5. Auswertungshinweise Katze und Vogel – Deutsch, Hamburg: Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung 2004.
Sächsisches Staatsministerium für Kultus (Hrsg.): Lehrplan Deutsch als Zweitsprache, Dresden 2009.3
Schramm, Karen/Schroeder, Christoph (Hrsg.): Empirische Zugänge zu Spracherwerb und Sprachförderung in Deutsch als Zweitsprache, Münster u. a.: Waxmann 2009.
Tracy, Rosemarie: Wie Kinder Sprachen lernen. Und wie wir sie dabei unterstützen können, Tübingen: francke 2007.
3 Anmerkung des Herausgebers: Am 01. 08. 2018 trat der Lehrplan Deutsch als Zweitsprache für allgemeinbildende Schulen in Kraft. Dies erfolgte in Überarbeitung des Lehrplanes Deutsch als Zweitsprache von 2000/2009. Die Inhalte der Lehrplanzitate und -bezüge in den „Wissenschaftlichen Vorbetrachtungen“ sind identisch mit der aktuellen Version des Lehrplans von 2018. Sächsisches Staatsministerium für Kultus (Hrsg.): Lehrplan Deutsch als Zweitsprache für allgemeinbildende Schulen, Dresden (2000/2009/2018)
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Das Instrument „Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache für die Primarstufe“Marion Döll
Aufbau und Handhabung
Die „Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache für die Primarstufe“ sind ein Instrument zur Einschätzung des sprachlichen Handelns von Schülerinnen und Schülern der Klassen 3 und 4 aufgrund unmittelbarer und teilnehmender Beobachtung. Die Be-obachtungsbereiche decken ein weites Spek trum an sprachlichen Teilqualifikationen, v. a. im Hinblick auf die Sprachproduktion, ab und ermöglichen die Erstellung breit gefächerter individueller Kompetenzprofile. Die Fassung für die Primarstufe beschreibt insgesamt 25 differenzierte Sprachaneignungsprozesse, die jeweils einem der folgenden sechs Teilbereiche zugeordnet sind:
❙❙ Weite der sprachlichen Handlungs- und Verstehensfähigkeit❙❙ Wortschatz❙❙ Aussprache❙❙ Lesen❙❙ Schreiben❙❙ Grammatik
Für jeden Aneignungsprozess werden in verbaler Form vier Niveaustufen beschrieben. Die dabei verwendeten Deskriptoren sollen es ermöglichen, den Stand der Deutschkenntnisse einer Schülerin/eines Schülers so weit objektiv zu formulieren, dass sie bei Gesprächen mit den Schülerinnen/Schülern selbst, mit Eltern, Kolleginnen/Kollegen, Vertreterinnen/Vertretern der Schulaufsicht und außerschulisch kooperierenden Partnern verwendet werden können, ohne Missverständnisse zu riskieren.
Es werden drei Arten von Deskriptoren verwendet: ❙❙ schätzende Deskriptoren❙❙ konkret beschreibende Deskriptoren❙❙ beschreibende Deskriptoren mit interpretativem Moment
Schätzende Deskriptoren kommen beispielsweise für die Feststellung der Deutlichkeit der Aussprache in Anwendung. Die Skala erstreckt sich von sehr undeutlich über undeutlich und hinreichend deutlich bis hin zu deutlich. Die Einstufung der Aussprache einer Schülerin/eines Schülers stellt eine Einschätzung durch die beobachtende Lehrkraft dar, wobei ein gewisser Grad an Subjektivität nicht ausgeschlossen werden kann. Durch den Austausch im Kollegium wird die Einschätzung jedoch zur Diskussion gestellt und dabei revidiert oder bestätigt.
Konkret beschreibende Deskriptoren werden unter anderem für den Beobachtungsbereich Verbstellung verwendet. Sie sind durch die genaue Benennung sprachlicher Phänomene oder Tätigkeiten als konkrete Kriterien gekennzeichnet. Zur Veran-schaulichung sind die Beschreibungen in der Regel um einige prägnante Beispiele ergänzt. Hierzu ein Beispiel: „Der Schüler produziert Äußerungen, in denen das Verb an zweiter Stelle hinter dem Subjekt steht („Der Vater kocht Essen.“)“. Erreicht wird so ein relativ hoher Grad an Objektivität.
Beim dritten Deskriptorentyp, der Beschreibung mit interpretativem Moment, handelt es sich um eine Zwischenform der bereits vorgestellten Typen in Form von Benennungen sprachlicher Phänomene, die ein gewisses Maß an Interpretation des Wahrgenommenen erfordern. Beispiele finden sich unter anderem im Beobachtungsbereich Formen des Nomens, in dem die Häufigkeit der korrekten Bildung verschiedener Formen als schätzendes Nebenkriterium herangezogen wird: „Der Schüler verwendet Akkusativ und Dativ differenziert und weitestgehend [Hervorheb. d. Verf.] korrekt.“
Prinzipiell können die „Niveaubeschreibungen“ beliebig oft eingesetzt werden und ermöglichen so eine diagnostische Be-gleitung des Deutscherwerbs der einzelnen Schülerinnen und Schüler. Sinnvoll ist eine Wiederholung der Beobachtungen im
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Abstand von etwa drei bis vier Monaten. Sollte dies von der Arbeitssituation her nicht möglich sein, ist wenigstens eine Be-obachtung jährlich anzustreben. Es geht darum, sich ein begründetes Urteil darüber zu bilden, ob, in welcher Größenordnung und in welchen Teilbereichen Fortschritte erzielt worden sind.
In der Regel wählt die Betreuungslehrerin/der Betreuungslehrer die zu einem bestimmten Zeitpunkt zu beobachtenden Schü-lerinnen und Schüler aus und trägt deren Werte in die individuellen Beobachtungsbogen ein. Sie/Er wird sich dabei auf verschiedene Quellen stützen, so z. B. für die Orthografie und die Textproduktion auf vorliegende schriftliche Arbeiten, für die Sprechflüssigkeit und die Sprechfreude auf einen allgemeinen Eindruck, für die Strategien zur Überwindung von Sprach-problemen auf gelegentliche Beobachtungen im Unterricht usw. Vollständigkeit ist wünschenswert, soll aber auch nicht als Dogma verstanden werden; Beratungen mit Kolleginnen und Kollegen können für Ergänzungen sorgen, ebenso später angestellte Beobachtungen.
Auf dem Beobachtungsbogen sind Zwischenstufen vorgesehen, die angekreuzt werden, wenn eine Schülerin/ein Schüler ein schwankendes Leistungsbild bietet oder über eine (niedrigere) Stufe zwar eindeutig hinausgekommen ist, die Forderun-gen einer höheren Stufe aber nur zum Teil erfüllt. Oft können damit aktuell relevante Lernprozesse erfasst werden. Bei den Strategie-Fragen ist auch die Möglichkeit gegeben, die einzelnen beobachteten Strategien anzukreuzen. Schließlich können in eigenen Kästchen ergänzende Hinweise, z. B. situative Bedingungen, Bemerkungen zum Lernfortschritt, Auskünfte von Kolleginnen/Kollegen oder Eltern eingetragen werden.
Die Zusammenschau der Eintragungen zeigt ein sprachliches Profil der Schülerin/des Schülers, aus dem das Niveau der Deutschkenntnisse im Ganzen und die – ggf. unterschiedlichen – Ausprägungen der einzelnen sprachlichen Fähigkeiten ersichtlich sind. Dieses Profil stellt eine wesentliche Grundlage für Entscheidungen über die nächsten Schritte im Integrati-onsprozess und die erforderlichen Angebote zur weiteren sprachlichen Bildung dar, über die sich der Betreuungslehrer/die Betreuungslehrerin mit den Lehrkräften des Regelunterrichts beraten. Es dient zugleich als Unterlage für Entwicklungsge-spräche mit der Schülerin/dem Schüler selbst, aber auch mit den Eltern und anderen an der sprachlichen Bildung beteiligten Personen.
Entwicklung, Erprobung und empirische Evaluation
Mit der Entwicklung der „Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache für die Primarstufe“ ist im Rahmen des Modell-programms FörMig (Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund) in den Länderprojekten Sachsen und Schleswig-Holstein im Schuljahr 2008/2009 begonnen worden. In beiden Ländern hatte sich gezeigt, dass für den Austausch zwischen Klassen-, Fach- und Betreuungs- bzw. DaZ-Lehrkräften über die Deutschkenntnisse und sprachlichen Fähigkeiten einzelner Schülerinnen und Schüler, wie er im Curriculum bzw. den curricularen Grundlagen vorgesehen ist, eine strukturierende Grundlage benötigt wird. Um die Praxistauglichkeit des Verfahrens sicherzustellen, waren in den gesam-ten Entwicklungsprozess Lehrkräfte aus Sachsen und Schleswig-Holstein involviert. Im Schuljahr 2009/2010 haben sie die „Niveaubeschreibungen“ in zwei Wellen praktisch erprobt. Durch Workshops wurden Lehrkräfte, die an ihren Institutionen Deutsch als Zweitsprache unterrichten, in Aufbau und Anliegen des Instruments eingeführt und gebeten, es in ihrem Kolle-gium bzw. an ihren Kooperationsschulen gemeinsam mit Lehrkräften anderer Fächer einzusetzen und positive wie negative Erfahrungen zu dokumentieren. Diese Erfahrungen sind in weiteren Workshops und durch schriftliche Befragungen gesam-melt und weiteren Schritten in der Instrumententwicklung zu Grunde gelegt worden.
Nach Abschluss der zweiten Erprobungswelle wurde im Jahr 2010 eine Erprobungs- bzw. Transferfassung vorgelegt, die im Jahr 2011 empirisch evaluiert worden ist. Geprüft wurden dabei Validität, interne Konsistenz, Interrater-Reliabilität und Beobachtungsgenauigkeit. Die Prüfung der Validität (Gültigkeit) dient dazu sicherzustellen, dass mit einem neuen Verfahren (hier den „Niveaubeschreibungen“) tatsächlich das gemessen oder beobachtet wird, was beobachtet oder gemessen werden soll. Die interne Konsistenz gibt an, inwieweit die einzelnen Mess- oder Beobachtungsbereiche dasselbe Merkmal (im Fall der „Niveaubeschreibungen“: Sprachkompetenz im Deutschen) erfassen. Die Interrater-Reliabilität gibt an, inwieweit verschie-dene Beobachter und Beobachterinnen zu übereinstimmenden Ergebnissen kommen. Die Beobachtergenauigkeit zeigt die Präzision von Beobachtungs- oder Messergebnissen an.
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Die Prüfung der internen Konsistenz erfolgte auf der Grundlage von Beobachtungsdaten, die an 72 sächsischen Schülerinnen und Schülern gewonnen wurden. Bei dieser Stichprobe handelt es sich um die Grundgesamtheit aller Kinder im Grundschulalter, die in der ersten Hälfte des Jahres 2011 in Sachsen von ihren Lehrerinnen und Lehrern mit dem zu prüfenden Instrument beobachtet worden sind. Auf Grundlage dieser Beobachtungsergebnisse ist eine interne Konsistenz im Ausmaß von α = .967 ermittelt worden. Bei Auslassung der auf Interessen und Vorlieben der beobachteten Schülerinnen und Schüler abzielenden Bereiche (z. B. Freude und Interesse am Sprechen) findet sich für die verbleibenden 20 Items sogar eine interne Konsistenz in Höhe von α = .974.
Zur Feststellung der Validität ist der Zusammenhang (Korrelation) zwischen „Niveaubeschreibungen“ (Beobachtungsergeb-nissen) und den Ergebnissen anderer ebenfalls Sprachkompetenz erfassender diagnostischer Verfahren geprüft worden (äu-ßere Kriteriumsvalidität). Die Prüfung erfolgte getrennt nach Altersgruppen, da kein sprachdiagnostisches Instrument zur Verfügung steht, das bei sechs- bis zehnjährigen Kindern eingesetzt werden kann. Für die Schülerinnen und Schüler des ersten und zweiten Schuljahres wurde die deutsche Version von HAVAS 5 (Reich/Roth 2004) eingesetzt, für die Kinder, die zum Zeitpunkt der Erhebung eine dritte oder vierte Klasse besuchten, wurde ein aus vier Texten bestehender altersgemä-ßer C-Test eingesetzt. Für das erste und zweite Schuljahr konnte keine Validität der „Niveaubeschreibungen“ nachgewiesen werden, weshalb von einer Verwendung des Verfahrens für diese Altersgruppe abgeraten wird. Von den bereits erwähnten 72 für die empirische Prüfung zur Verfügung stehenden Schülerinnen und Schülern wurde mit 34 Kindern in zeitlicher Nähe zur Beobachtung mit den „Niveaubeschreibungen“ (± 3 Wochen) der C-Test durchgeführt. Die Korrelationen (Pearsonscher Produkt-Moment-Korrelationskoeffizient) zwischen „Niveaubeschreibungen“ und C-Test-Ergebnissen sind für die einzelnen Beobachtungsfelder des zu validierenden Instruments im Ausmaß von r = .563 (p = .001) und r = .683 (p = .000) ermittelt worden. Für die gesamten „Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache für die Primarstufe“ beträgt die Korrelation (unter Ausschluss der nicht sprachliche Kompetenzen im engeren Sinne erfassenden Persönlichkeitsmerkmale wie z. B. Freu-de und Interesse am Lesen) r = .699 (bei p = .000). Zwischenbilanzierend kann daher festgehalten werden, dass mit den „Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache für die Primarstufe“ bei Beobachtung von Kindern des dritten und vierten Schuljahres valide und konsistent Sprachkompetenz im Deutschen erfasst wird.
Die Prüfung von Interrater-Reliabilität und Beobachtungsgenauigkeit ist mit Portraits von Schülerinnen und Schülern durch-geführt worden, die aus Video- und Textmaterial bestehen. Bei den portraitierten Kindern handelt es sich um zwei Mädchen und einen Jungen, die zum Zeitpunkt der Filmaufnahmen zwischen acht und zehn Jahren alt und zwischen sieben und 18 Monaten in Deutschland wohnhaft waren. Die Deutschkompetenzen der portraitierten Kinder sind heterogen und decken das gesamte Kompetenzspektrum der „Niveaubeschreibungen“ ab. Die Portraits der Kinder sind insgesamt 19 im Einsatz des Instruments erfahrenen sächsischen Lehrkräften in einem standardisierten Verfahren zur Beurteilung vorgelegt worden. Die Reliabilität der Ergebnisse dieser Lehrkräfte liegt im Mittel bei Krippendorffs α = .38, die Beobachtergenauigkeit liegt für die verschiedenen Beobachtungsbereiche zwischen 39,58 und 85,42 %. Diese Ergebnisse liegen deutlich unter den positiven Ergebnissen, die die empirische Evaluation der „Niveaubeschreibungen für die Sekundarstufe I“ ergeben hatte. Es ist davon auszugehen, dass diese besseren Ergebnisse für die Sekundarstufenfassung auf die intensivere Zusammenarbeit mit den Lehrkräften in der Erprobungsphase zurückzuführen sind und die in der empirischen Prüfung der „Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache für die Primarstufe“ in den Bereichen Beurteilungsgenauigkeit und Interrater-Reliabilität sichtbar gewordenen Mängel durch intensivierte Schulungen zu beheben sein werden.
Einführung der Lehrkräfte in die Anwendung des Instruments
Lernvorhaben bzw. sprachdidaktische Entscheidungen auf Beobachtungsergebnisse zu gründen bedeutet für die Lernenden, Einsicht in ihre sprachlichen Lernprozesse zu erlangen, für die Lehrenden, bei sich selbst Fähigkeiten flexiblen sprachlichen Handelns auszubilden. Beides wird gebraucht, um Routinen eines dialogischen Unterrichts zu entwickeln, der jene Achtsam-keit auf die sprachlichen Lernschritte möglich machen soll, die für das schulische Lernen gebraucht werden. Da solche Routi-nen noch nicht zum festen didaktischen Bestand aller Schulen gehören, verlangt dies auch eine darauf bezogene Fortbildung. Gefordert sind Entwicklungen auf der Ebene des persönlichen Wissens, auf der Ebene des unterrichtlichen Einsatzes und auf der institutionellen Ebene der Qualifizierungsangebote.
Auf der Ebene des persönlichen Wissens sind sprachdiagnostische Fähigkeiten der Lehrkräfte auf- und auszubauen. Dazu ge-hören grundlegende Kenntnisse der sprachwissenschaftlichen Terminologie und sprachanalytische Fähigkeiten sowie Kennt-nisse über Aufbau und Anwendungsmodalitäten des gewählten Verfahrens.
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In der Phase der Entwicklung der „Niveaubeschreibungen“ war deutlich geworden, dass der Umgang mit linguistischen Termini einem Großteil der Lehrkräfte, auch denen der sog. ‚sprachlichen Fächer’, Probleme bereitet. Für die Arbeit mit den „Niveaubeschreibungen“ relevante Fachtermini sind daher in einem Verzeichnis aufgeführt und werden dort knapp erläutert.1
Die Prüfung der Beobachtungsgenauigkeit hat darüber hinaus gezeigt, dass die Beseitigung terminologischer Unsicherheiten nicht genügt, um hinreichend exakte Beobachtungergebnisse zu erzielen. Erforderlich sind daher auch praktische sprach-analytische Übungen zur Feststellung der relevanten sprachlichen Erscheinungen in der gesprochenen und geschriebenen Sprache der Schülerinnen und Schüler.
Künftig zu konzipierende Fortbildungseinheiten zur Einführung in die „Niveaubeschreibungen“ sollten demgemäß folgende vier zentrale Themenbereiche abdecken:
1. Aufbau und theoretischer Hintergrund: Im Mittelpunkt des ersten Themenblocks steht die Vorstellung und Begründung der Beobachtungsbereiche, die Skizzierung des dahinterliegenden Sprachkompetenzstrukturmodells sowie die Darlegung des an Aneignungssequenzen orientierten Niveaustufenmodells. Darüber hinaus soll das Verhältnis zu den Bildungsstan-dards erläutert werden.
2. Anwendungsmöglichkeiten und -modalitäten: Im zweiten Themenbereich sollen die Zielgruppe des Verfahrens und mög-liche Vorgehensweisen bei Beobachtung und Verwertung der Ergebnisse vorgestellt werden. Anzusprechen sind hierbei günstige Zeitpunkte für die Beobachtung im Schuljahr und die Möglichkeiten der Verwendung der Beobachtungsergeb-nisse für die Auswahl von sprachdidaktischen Maßnahmen, kollegialen Austausch, Koordination von Sprachbildungsmaß-nahmen im Kollegium sowie Information von Eltern sowie Schülerinnen und Schülern. Erfahrungsgemäß ist auch eine intensive Thematisierung des einschließenden Charakters der Skalen ratsam (Döll 2012).
3. Terminologie: Der dritte Themenbereich dient der Einführung und Begründung der verwendeten Termini. Darüber hinaus sind analytische Übungen an Video- und Textmaterial durchzuführen.
4. Sprachanalytische Übungen: Beim vierten Themenbereich handelt es sich um die erste Verwendung der „Niveaube-schreibungen“ mithilfe von Video- und Textbeispielen und Diskussion der Ergebnisse in der Schulungsgruppe. Dabei kann einerseits der Umgang mit Zuordnungsschwierigkeiten besprochen werden, andererseits werden analytische Fähigkeiten durch die Arbeit mit dem Instrument geschult.
Nach den ersten Einsätzen in der Praxis empfiehlt sich eine Nachbereitung, bei der zwischenzeitlich aufgetauchte Fragen zum Instrument geklärt und Probleme des praktischen Einsatzes und der Kooperation besprochen werden. Der regelmäßige Einsatz führt zu einer routinierten Handhabung und damit zu einer Steigerung der Effizienz. Es besteht dabei jedoch immer die Gefahr, dass sich durch einschleichende Gewohnheiten beim Beobachten und/oder Dokumentieren unkorrekte Ergebnisse ergeben. Um diesem Phänomen (observer drift) vorzubeugen, ist die Durchführung nachfolgender Schulungen empfehlens-wert. In deren Rahmen haben die Lehrkräfte die Möglichkeit, ihre Beobachtungsgenauigkeit zu überprüfen und die Wirksam-keit des Instruments, insbesondere auch den Anschluss pädagogischer und didaktischer Maßnahmen, zu besprechen.
1 Das Verzeichnis ist unter http://daf.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/lehrstuhl_daf/MD/GlossarNBprim.pdf verfügbar. Ergänzend sei die Internetseite http://www.canoo.net/services/ Controller?dispatch=termDbIndexDummy&MenuId=Glossar0 empfohlen. Sie bietet ausführliche Erläuterungen und zahlreiche Beispiele zu linguistischen Termini.
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Zitierte Literatur
Ahrenholz, Bernt (Hrsg.): Empirische Befunde zu DaZ-Erwerb und Sprachförderung, Freiburg im Breisgau: Fillibach 2009.
Döll, Marion: Beobachtung der Aneignung des Deutschen bei mehrsprachigen Kindern und Jugendlichen (= FörMig Edition Band 8), Münster u. a.: Waxmann 2012.
Ehlich, Konrad/Bredel, Ursula/Reich, Hans H. (Hrsg.): Referenzrahmen zur altersspezifischen Sprachaneignung (= Bildungs-forschung Band 29/I), Bonn und Berlin: BMBF 2008.
Gibbons, Pauline: Unterrichtsgespräche und das Erlernen neuer Register in der Zweitsprache, in: Mecheril, Paul/Quehl, Thomas (Hrsg.): Die Macht der Sprachen. Englische Perspektiven auf die mehrsprachige Schule, Münster u. a.: Waxmann 2006, S. 269 – 290.
Gogolin, Ingrid/Dirim, inci/Klinger, Thorsten/Lange, Imke/Lengyel, Drorit/Michel, Ute/Neumann, Ursula/Reich, Hans H./Roth, Hans-Joachim/Schwippert, Knut: Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund FörMig. Bilanz und Perspektiven eines Modellprogramms, Münster u. a.: Waxmann 2011.
Gogolin, Ingrid/Lange, Imke: Durchgängige Sprachbildung. Eine Handreichung, Münster u. a.: Waxmann 2010.
Klieme, Eckhard/Artelt, Cordula/Hartig, Johannes/Jude, Nina/Köller, Olaf/Prenzel, Manfred/Schneider, Wolfgang/Stanat, Petra (Hrsg.): PISA 2009. Bilanz nach einem Jahrzehnt, Münster u. a.: Waxmann 2010.
Reich, Hans H.: Sprachstandserhebungen, ein- und mehrsprachig, in: Ahrenholz, Bernt/Oomen-Welke, Ingelore (Hrsg.): Deutsch als Zweitsprache, Baltmannsweiler: Schneider 2008, S. 420 – 429.
Reich, Hans H.: Auch die „Verfahren zur Sprachstandsanalyse bei Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund“ haben ihre Geschichte, in: Gogolin, Ingrid/Neumann, Ursula/Roth, Hans-Joachim (Hrsg.): Sprachdiagnostik bei Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, Münster u. a.: Waxmann 2005, S. 87 – 95.
Reich, Hans H./Roth, Hans-Joachim: HAVAS 5. Auswertungshinweise Katze und Vogel – Deutsch, Hamburg: Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung 2004.
Sächsisches Staatsministerium für Kultus (Hrsg.): Lehrplan Deutsch als Zweitsprache, Dresden 2009.2
Schramm, Karen/Schroeder, Christoph (Hrsg.): Empirische Zugänge zu Spracherwerb und Sprachförderung in Deutsch als Zweitsprache, Münster u. a.: Waxmann 2009.
Tracy, Rosemarie: Wie Kinder Sprachen lernen. Und wie wir sie dabei unterstützen können, Tübingen: francke 2007.
2 Anmerkung des Herausgebers: Am 01. 08. 2018 trat der Lehrplan Deutsch als Zweitsprache für allgemeinbildende Schulen in Kraft. Dies erfolgte in Überarbeitung des Lehrplanes Deutsch als Zweitsprache von 2000/2009. Die Inhalte der Lehrplanzitate und -bezüge in den „Wissenschaftlichen Vorbetr achtungen“ sind identisch mit der aktuellen Version des Lehrplans von 2018. Sächsisches Staatsministerium für Kultus (Hrsg.): Lehrplan Deutsch als Zweitsprache für allgemeinbildende Schulen, Dresden (2000/2009/2018)
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(Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache für die Primarstufe)
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beobachtender Lehrer:
Beobachtungszeitraum:
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* Bei Bedarf können Sie an dieser Stelle festhalten, welche Mittel der Schüler einsetzt, um Ausdrucksnot und Verstehenspro-bleme zu signalisieren und zu überwinden:
Private Gespräche
Unterrichtsgespräche
Strategien zur Überwindung von Ausdrucksnot und Verstehensproblemen*
Freude und Interesse am Sprechen (Deutsch im Unterricht)
Freude und Interesse am Sprechen (Deutsch in privaten Situationen)
Freude und Interesse am Sprechen (Herkunftssprache in privaten Situationen)
Verstehenswortschatz
Mitteilungswortschatz
Deutlichkeit
Sprechflüssigkeit
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❒❙❙Rückfragen
❒❙❙❙Anforderung sprachlicher Hilfe in Erst- oder Zweitsprachn
❒❙❙Umschreibungen
❒❙❙❙Verwendung von Joker- und Näherungsbegriffen
❒❙❙Verwendung von Nachschlagewerken
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A. Weite der sprachlichen Handlung- und Verstehensfähigkeit
B. Wortschatz
C. Aussprache
Ergänzende Hinweise (z. B. Differenzen zwischen mündlichem und schriftlichem Gebrauch):
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* Bei Bedarf können Sie an dieser Stelle festhalten, welche Mittel der Schüler einsetzt, um Verstehensprobleme zu signalisie-ren und zu überwinden:
Verstehen
Techniken und Strategien der Texterschließung
Vorlesen
Strategien zur Überwindung von Verstehensproblemen
Freude und Interesse am Lesen (deutsche Texte)
Freude und Interesse am Lesen (herkunftssprachliche Texte)
Textproduktion
Strategien zur Überwindung von Ausdrucksnot beim Schreiben*
Orthografie
Interpunktion
❒❙❙Mimik
❒❙❙Gestik
❒❙❙Rückfragen
❒❙❙❙Anforderung sprachlicher Hilfe in Erst- oder Zweitsprache
❒❙❙Verwendung von Nachschlagewerken
❒❙
D. Lesen
E. Schreiben
* Bei Bedarf können Sie an dieser Stelle festhalten, welche Mittel der Schüler einsetzt, um Ausdrucksnot zu signalisieren und zu überwinden:
❒❙❙Mimik
❒❙❙Gestik
❒❙❙Rückfragen
❒❙❙❙Anforderung sprachlicher Hilfe in Erst- oder Zweitsprache
❒❙❙Umschreibungen
❒❙❙❙Verwendung von Joker- und Näherungsbegriffen
❒❙❙Verwendung von Nachschlagewerken
❒❙❙
❒❙❙
Ergänzende Hinweise:
Ergänzende Hinweise:
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Verbstellung
Satzverbindungen
Präpositionen
Formen des Verbs
Formen des Nomens
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Ergänzende Hinweise:
Vorschläge für sprachdidaktische Maßnahmen/Entscheidungen:
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Autorenverzeichnis
Prof. Dr. Marion Döll studierte Pädagogik, Sozialpsychologie und Sonderpädagogik an der Gottfried Wilhelm Leibniz Univer-sität Hannover und war anschließend als wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Universitäten Hamburg, Paderborn und Wien tätig. Seit 2014 ist sie Hochschulprofessorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt sprachliche Bildung und migrationsbedingte Mehrsprachigkeit in der PädagogInnenbildung im Fachbereich Bildungswissenschaften der PH Ober-österreich. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Mehrsprachigkeit, Sprachdiagnose, Migration und Bildung sowie PädagogInnen-bildung in der Migrationsgesellschaft. Die Entwicklung, Weiterentwicklung und Dissemination der Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache begleitet Frau Prof. Döll seit dem Jahr 2006.
Prof. em. Dr. Hans H. Reich (†) arbeitete am Institut für Bildung im Kindes- und Jugendalter an der Universität Koblenz-Landau und war in der Lehreraus- und -fortbildung mit den Schwerpunkten Deutsch als Zweitsprache und Interkulturelle Pädagogik tätig. In seinen Forschungsprojekten setzte er sich mit der Bildungssituation von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund, der zweisprachigen Entwicklung von Kindern und der Didaktik der Zweisprachigkeit auseinander. Prof. Reich war Mitglied des Programmträgers des Modellprogramms FörMig und trug gemeinsam mit Prof. Döll die Haupt-verantwortung in den Projekten zur Entwicklung, Erprobung und empirischen Prüfung der Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache.
Herausgeber und Redaktion:Landesamt für Schule und Bildung, Standort RadebeulDresdner Straße 78 c01445 RadebeulTelefon: +49 351 8324-456E-Mail: poststelle-r@lasub.smk.sachsen.de www.lasub.smk.sachsen.de
Auflage:5.000 Exemplare (2., unveränderte Auflage)Satz und Druck: Stoba-Druck GmbHRedaktionsschluss:30. August 2019Bildnachweis: © André Forner
Verteilerhinweis Diese Informationsschrift wird vom Landesamt für Schule und Bildung im Rahmen der verfassungsmäßigen Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit herausgegeben. Sie darf weder von politischen Parteien noch von deren Kandidaten oder Helfern zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für alle Wahlen. Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahl-veranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zur Verwendung bei der Wahlwerbung.
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