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Post on 16-Oct-2019
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SCHWARZE LÖCHERWAS KOMMT HINTER DEM HORIZONT?
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ICK
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AGES
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TOCK
KOMPAKT
MasseAuf der Suche nach der
Mittelklasse
Event Horizon TelescopeBlick ins Herz
der Milchstraße
Hawking-StrahlungLaute Löcher
im Labor
Chefredakteure: Prof. Dr. Carsten Könneker (v.i.S.d.P.), Dr. Uwe Reichert
Redaktionsleiter: Dr. Hartwig Hanser, Dr. Daniel Lingenhöhl
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Liebe Leserin, lieber Leser,als Schwarzes Loch wäre unsere Erde mit all ihrer Masse kleiner als eine Cherrytomate. Theoretische Physiker wissen nicht, was passiert, wenn sich gigantische Materiemengen auf winzige Raumregionen zusammen-ziehen. Doch durch ihre geballte Anziehungskraft sind sie alles andere als unsichtbar. Sie krümmen Lichtstrahlen, zerreißen Sterne oder verschmelzen und setzen dabei unvorstellbare Energiemengen frei. Und wir können immer besser dabei zuschauen.
Erleuchtendes Eintauchen wünscht Ihnen
Mike BeckersE- Mail: beckers@spektrum.de
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EDITORIAL IMPRESSUM
Erscheinungsdatum dieser Ausgabe: 24.07.2017
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27 KOSMISCHE SUCHE
Schwarze Löcher in Größe M37 HERZ DER MILCHSTR ASSE
Schattenwurf des Schwarzen Lochs53 ASASSN-15LH
Vom Schwarzen Loch zerrissen?58 BL A Z ARE
Signale riesiger und uralter Schwarzer Löcher eingefangen
60 GAL A XIEN
Kosmische Keime für extrem massereiche Schwarze Löcher
63 ALLGEMEINE REL ATIVITÄTSTHEORIE
Schon wieder Gravitationswellen nachgewiesen
66 KOSMISCHES BALLE T T
Ein träger Tanz zweier Schwarzer Löcher69 PORTR AIT
Botschafter der Schwarzen Löcher74 INFORMATIONSPAR ADOXON
»Weiches Haar« auf Schwarzen Löchern84 KONTROVERSE
Vernichten Schwarze Löcher doch keine Information?
87 KÜNSTLICHE SCHWARZE LÖCHER
Laute Löcher im Labor
SEITE04
INHALT
REL ATIVITÄTSTHEORIE
Hinterm Horizont geht’s weiter?
STELL ARE K ATASTROPHEN
Beobachtung der Sternzerstörer
MASSE
Auf der Suche nach der Mittelklasse
EREIGNISHORIZONT
Sehen wir bald das erste Schwarze Loch?
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SEITE13
SEITE29
SEITE43
3
Schwarze Löcher sind extreme kosmische Gebilde: Nichts, was ihren Ereignishorizont überschritten
hat, kann ihnen wieder entkommen. Nun überlegen Forscher, wie man ihnen doch weitere
Geheimnisse entlocken könnte.
HINTERM HORIZONTgeht′s weiter?
von Dirk Eidemüller
RELATIVITÄTSTHEORIE
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4
Nichts kann ihrem gierigen
Schlund je wieder ent-
kommen: Schwarze Lö-
cher sind die ultimativen
kosmischen Staubsauger.
Sie entstehen, wenn ein schwerer Stern
am Ende seiner Lebensdauer kollabiert
und die Schwerkraft in seinem Zentrum
so groß wird, dass sie so etwas wie ein
»Loch« in die Raumzeit reißt. Mehrere
Sonnenmassen sind dann in ein Volumen
von wenigen Kilometern Durchmesser
zusammengequetscht. Bei diesen Gebil-
den wird die Krümmung der Raumzeit ab
einer bestimmten Entfernung so stark,
dass sich alles nur noch nach innen bewe-
gen kann. Diese Grenze ist der so genann-
te Ereignishorizont. Nicht einmal Licht
kann ihm entkommen – daher der Name
»Schwarzes« Loch.
Zahlreiche Objekte sind den Astrono-
men bekannt, bei denen es sich nach heuti-
gem Stand der Wissenschaft eigentlich nur
um Schwarze Löcher handeln kann. Die
einsteinsche Relativitätstheorie beschreibt
Raum und Zeit als miteinander verknüpfte
Raumzeit. Laut ihren Gleichungen sind ex-
treme Krümmungen in diesem Raumzeit-
Kontinuum ebenso möglich wie Schwin-
gungen. Die Schwingungen machen sich
als Gravitationswellen bemerkbar, die im
vergangenen Jahr erstmals – rund 100 Jah-
re nach Einsteins Publikation – nachgewie-
sen werden konnten.
Die Haltung Einsteins hierzu ist inter-
essant: Er hielt damals schon Gravitations-
wellen für möglich; nur dachte er, sie seien
so schwach, dass man sie niemals würde
messen können. Schwarze Löcher hinge-
gen hielt Einstein für absurd: Im Jahr 1939
veröffentlichte er sogar einen Artikel in
den »Annals of Mathematics«, in dem er
zu zeigen versuchte, dass es solche Löcher
unmöglich geben konnte. Aber auch Ein-
stein irrte hin und wieder. Und es gibt ja
durchaus einige Beispiele in der Geschich-
te der Physik dafür, dass nicht jede mathe-
matisch mögliche Lösung theoretischer
Gleichungen in der Natur realisiert ist. Es
hat sich allerdings meistens gelohnt, da-
nach zu suchen. Schwarze Löcher sind so
ein Fall.
Schwergewichte im SauseschrittSchwarze Löcher entstehen am Ende der
Lebensdauer sehr schwerer Sterne. Wenn
der Brennstoff im Innern aufgebraucht ist
und der Stern abkühlt, fällt dieser immer
weiter zusammen und wird dabei immer
dichter. Besitzt er zu diesem Zeitpunkt
noch mehr als die zweieinhalbfache Masse
unserer Sonne, so wird seine eigene
Schwerkraft so stark, dass die Widerstands-
kräfte der Materie versagen und das Zent-
rum des Sterns implodiert. Dabei wird
enorm viel Energie freigesetzt: Die äuße-
ren Hüllen explodieren in einer Superno-
va, sein ultradichtes Zentrum stürzt zum
Schwarzen Loch zusammen.
Wenn dieser Kollaps nicht ganz symme-
trisch passiert und etwa große Materie-
mengen in eine bestimmte Richtung aus-
gestoßen werden, dann erhält das Schwar-
ze Loch einen gehörigen Rückstoß und
fliegt in die entgegengesetzte Richtung da-
von. Ein besonderes Beispiel für einen sol-
chen Irrläufer fanden Astronomen im Jahr
2002. Das Objekt GRO J1655-40 ist in mehr-
facher Hinsicht besonders: Es jagt nicht
nur mit 400 000 Kilometern pro Stunde
quer durch unsere Milchstraße – mehr-
fach schneller als Sterne in seiner Umge-
bung. Er hat auch seinen Kompagnon im
Schlepptau: Einen weißen Zwergstern, mit
dem er vermutlich ein Doppelsternsystem
gebildet hatte und der die Supernova
»überlebt« hat.
5
Überraschenderweise können sehr viel
schwerere Schwarze Löcher noch sehr viel
schneller werden. Im Zentrum von Galaxi-
en sitzen so genannte »supermassereiche
Schwarze Löcher«. Sie können Millionen
bis Milliarden Sonnenmassen auf die Waa-
ge bringen und sind üblicherweise entspre-
chend träge. Wenn Galaxien sich vereini-
gen – ein auf den langen zeitlichen Maß-
stäben im Kosmos durchaus üblicher
Prozess –, dann kommen sich auch die ext-
rem massereichen Schwarzen Löcher im
Zentrum der Galaxien irgendwann näher.
Da hier enorme Massen auf engstem Raum
einander umkreisen, werden auch starke
Gravitationswellen freigesetzt.
Falls die beiden Schwarzen Löcher bei
dieser Annäherung nun in einer bestimm-
ten Weise rotieren, können bei der Vereini-
gung extrem starke Gravitationswellen in
eine bestimmte Richtung abgestrahlt wer-
COMPUTERSIMULATION EINES SUPERMASSSIVEN SCHWARZEN LOCHSIm Zentrum von Galaxien sitzen so genannte »supermassereiche Schwarze Löcher«. Sie können Millionen bis Milliarden Sonnenmas-sen auf die Waage bringen.
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den, so dass das frisch entstandene verei-
nigte Schwarze Loch einen richtigen »Tritt«
in die Gegenrichtung abbekommt – und
dadurch aus dem Zentrum seiner Galaxie
herauskatapultiert wird. »Man kann sich
diese Dynamik vorstellen wie einen Sprink-
ler auf einer Eisfläche«, sagt Luciano Rez-
zolla, der an der Universität Frankfurt zu
Schwarzen Löchern forscht. Wenn der
Sprinkler das Wasser nicht auf beiden Sei-
ten ganz gleichmäßig herausspritzt, dann
eiert er auf dem Eis herum. Dreht man das
Wasser erst stark auf und dann plötzlich
ganz ab, wird er in eine Richtung weiterrut-
schen.
Warum haben manche Galaxien riesige Schwarze Löcher, andere keine?»Unter den richtigen Bedingungen kann
das Schwarze Loch dann bis zu mehrere
Millionen Kilometer pro Stunde schnell
werden«, so Rezzolla. Das ist sogar schnell
genug, um aus dem Gravitationsfeld der
gesamten Galaxie hinaus in die Tiefen des
Alls davondüsen zu können. Allzu häufig
treten solche extremen Ereignisse aber
nicht auf. Überhaupt beginnt man heute
erst zu verstehen, warum manche Galaxi-
en ein vergleichsweise kleines zentrales
Schwarzes Loch von vielleicht einigen Mil-
lionen Sonnenmassen besitzen, andere an-
scheinend gar keines und andere Galaxien
wiederum wahre Massemonster mit etli-
chen Milliarden Sonnenmassen.
Ein internationales Team von Astrono-
men hat gerade kürzlich ein großes Beob-
achtungsprogramm mit dem Very Large
Telescope der Europäischen Südsternwarte
durchgeführt, um nach Schwarzen Löchern
zu suchen. »Wir haben in 30 nahen Galaxi-
en nach zentralen Schwarzen Löchern ge-
sucht und fast überall welche gefunden«,
sagt Ralf Bender vom Max-Planck-Institut
für Extraterrestrische Physik in Garching.
Dabei zeichnet sich ab: Massereiche ellipti-
sche oder kugelförmige Galaxien haben
schwere Schwarze Löcher, massearme oder
rein scheibenförmige Galaxien gar keines
oder nur ein vergleichsweise leichtes. Bei
der Verschmelzung von Galaxien und dem
folgenden Engtanz der beiden zentralen
Schwarzen Riesenlöcher können aber zahl-
reiche Sterne im Galaxienzentrum aus ih-
rer Bahn katapultiert werden. »Im Ergebnis
bedeutet das, dass die Dichte der Sterne in
den Zentren von Galaxien, die einen Ver-
schmelzungsprozess durchgemacht ha-
ben, abnimmt«, so Bender. Die Beobach-
»Man kann mathematisch beweisen, dass die Singularität in der Zukunft jedes Teilchens liegt, das sich innerhalb eines Schwarzen Lochs bewegt. Was auch immer du also tust, du wirst in der Singularität enden«[Luciano Rezzolla]
SPEK
TRUM
DER
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tungsdaten bestätigen diese Vermutung.
Nun gehen die Meinungen der Wissen-
schaftler bei kaum einem anderen kosmi-
schen Objekt so sehr auseinander wie bei
Schwarzen Löchern. Das liegt einerseits in
der Natur der Sache: Denn solch extreme
Gebilde wie Schwarze Löcher führen nicht
nur das menschliche Vorstellungsvermö-
gen, sondern auch die besten heutigen
Theorien an ihre Grenzen. Und genau das
lädt zu Spekulationen ein, die man natür-
lich wieder kritisieren kann. So funktio-
niert eben Wissenschaft, indem mutig
neue Theorien aufgestellt und wieder ein-
gedampft werden, bis sich schließlich die
brauchbarsten Ansätze herausschälen.
MASSEREICHES SCHWARZES LOCH SAGITTARIUS A*Auch im Zentrum unserer Galaxis befindet sich ein extrem massereiches Schwarzes Loch: Sagittarius A* ist rund 26 000 Lichtjah-re von der Erde entfernt, seine Masse beträgt rund vier Millionen Sonnenmassen. Wissen-schaftler gehen davon aus, dass sich in den Zentren der meisten Galaxien derartig masse-reiche Schwarze Löcher befinden. X-
RAY:
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8
Das Ende der normalen WeltBei Schwarzen Löchern kommt nun etwas
Entscheidendes hinzu: Sie sind Objekte an
der Grenzscheide zwischen Relativitätsthe-
orie und Quantenphysik – die beiden Theo-
rienblöcke der modernen Physik, die zu Be-
ginn des 20. Jahrhunderts die Naturwissen-
schaft revolutioniert haben. Denn am
Ereignishorizont scheidet sich nicht nur die
Welt in »innerhalb« oder »außerhalb« des
Schwarzen Lochs. Hier scheiden sich auch
die Geister der Wissenschaftler – denn der
Ereignishorizont ist im Prinzip nicht nur
das »Ende der normalen Welt«, sondern
auch ein hochinteressantes physikalisches
Testobjekt, um mögliche gemeinsame Ef-
fekte der einsteinschen Relativitätstheorie
und der Quantenphysik zu studieren.
Bis heute stehen die Relativitätstheorie
als Theorie von Raum und Zeit und die
Quantenphysik als Theorie der Materie ne-
beneinander, ohne zueinander zu passen.
Bis heute ist es den Wissenschaftlern nicht
gelungen, beide Theorienkomplexe in Ein-
klang zu bringen. Da am Ereignishorizont
extreme Bedingungen herrschen und auch
Quanteneffekte dort eine Rolle spielen soll-
ten, könnte also die Erforschung von
Schwarzen Löchern ganz neue Ideen für
künftige physikalische Theorien liefern. Ei-
nige Forscher vermuten, der Ereignishori-
zont könnte einer »Feuerwand« gleichen.
Laut der Relativitätstheorie sollte dort ei-
gentlich nichts weiter passieren, als dass die
Krümmung der Raumzeit den Wert über-
schreitet, bei der auch Licht nicht mehr ent-
kommen kann. Quanteneffekte könnten
aber dazu führen, dass dort eine Schicht
hochenergetischer Teilchen brodelt. Diese
These ist unter Experten stark umstritten –
denn sie löst zwar einige theoretische Prob-
leme, wirft aber wieder neue auf.
Genauso wenig ist klar, ob Schwarze Lö-
cher in ihrem Innern vielleicht eine unge-
wöhnliche geometrische Struktur besit-
zen. Eine solche Möglichkeit, die von Theo-
retikern diskutiert wird, ist das so genannte
»Geon«. Bei solch einer verwobenen, selt-
samen Struktur ist das Äußere und das In-
nere wie bei einer »kleinschen Flasche«
identisch. Außerhalb des Ereignishorizonts
würde ein solches Geon aber aussehen wie
ein gewöhnliches Schwarzes Loch.
Quantensonden belauschen die InnenseiteNun kann zwar nichts einem Schwarzen
Loch entkommen. Aber man könnte ver-
schränkte Quantenpaare erzeugen, von de-
nen man jeweils nur eines als Sonde hin-
einschickt. Auf dieses Teilchen hätte man
dann natürlich keinen Zugriff mehr – es
bliebe nach dem quantenphysikalischen
Prinzip der Verschränkung aber mit sei-
nem Partnerteilchen außerhalb verknüpft.
Indem man das Verhalten der zurückge-
bliebenen Teilchen beobachtet, könnte
man dann vielleicht doch einen »Blick hin-
ter den Vorhang« werfen. Robert Mann und
Alexander Smith von der Universität Wa-
terloo haben diese Möglichkeit untersucht.
»Ein Quantendetektor könnte im Prinzip
zwischen einem solchen Geon und einem
normalen Schwarzen Loch unterscheiden«,
sagt Mann. »Quanteneffekte würden ei-
nen Detektor in einem anderen Muster
klicken lassen als bei einem normalen
Schwarzen Loch.« Das würde vermutlich
nur funktionieren, wenn der Ereignishori-
zont nicht aus einer Feuerwand bestünde,
die solche Versuche unmöglich macht. An-
dere Forscher haben aber auch diese Mög-
lichkeit untersucht: Laut einem (noch sehr
einfachen) Modell könnten die Testquan-
ten den Schritt durch eine Feuerwand so-
gar überstehen, ohne dadurch untauglich
zu werden.
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Ob es nun so etwas wie Feuerwände
wirklich gibt, wird sich wohl nicht so bald
herausfinden lassen: In unserer galakti-
schen Umgebung gibt es glücklicherweise
kein Schwarzes Loch, das wir scharf genug
beobachten könnten, um nähere Informa-
tionen zu erhalten. Was aber würde mit ei-
nem Astronauten passieren, der einmal
hinter dem Ereignishorizont verschwun-
den ist? Der Weg zurück ist jedenfalls ver-
sperrt. Wie genau es ihm dabei ergeht,
hängt nun insbesondere von der Größe des
Schwarzen Loches ab. Hat man es mit ei-
nem jener riesigen Schwarzen Löcher zu
DER TUNNEL DES LHCKann man in so einem Tunnel Schwarze Löcher züchten? Als vor ein paar Jahren der neue Teilchenbeschleuniger am Europäischen Forschungszentrum CERN in Betrieb ging, war bei einigen die Sorge groß, dort könnten »Schwarze Minilöcher« entstehen. Die Ener-gie, bei der dort die Kollisionen im Large Hadron Collider stattfinden, ist so viel höher als bei früheren Experimenten, dass manch einer schon das Ende der Welt befürchtete. Bislang sind allerdings keine Spuren solcher Minilöcher gefunden worden.M
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