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I
speziell die 30° Seitenlage
und die Rückenlage
bei schwer betroffenen Patienten
Weiterbildung für Intensivpflege und AnästhesieKurs 2006-2008: Abschlussarbeit1
Jacqueline Diefert
28. Januar 2008
Betreuender Dozent:Harry Wolpert
1 Leicht geänderte Fassung für die Bereitstellung der Website der LiN-Arbeitsgemeinschaft
II
Gliederung ................................................... Fehler! Textmarke nicht definiert.
1. Einleitung.........................................................................................................1
2. Grundlagen der Lagerung in Neutralstellung ....................................................2
2.1 Die Entstehung des muskulären Hypertonus ...............................................2
3. Lagerung eines Patienten in der konventionellen 30° Seitenlage.......................4
3.1 Analyse eines Patienten in der 30° Seitenlage .............................................6
3.2 Kontrollkriterien zur Überprüfung der 30° Seitenlage in LiN......................6
3.3 Indikationen der 30° Seitenlage ..................................................................9
3.3 Indikationen der 30° Seitenlage ..................................................................9
3.4 Kontraindikationen der 30° Seitenlage........................................................9
3.5 Anleitung zur 30° Seitenlage in LiN .........................................................10
4. Lagerung eines Patienten in Rückenlage.........................................................14
4.1 Kritische Betrachtung einer Rückenlage in LiN ........................................15
4.2. Kontrollkriterien zur Überprüfung der Rückenlage in LiN.......................16
4.3 Abweichungen von Neutral ......................................................................17
4.4 Indikationen der Rückenlage ....................................................................17
4.5 Kontraindikationen der Rückenlage..........................................................18
4.6 Durchführung der Rückenlage in LiN.......................................................18
5. Kritische Würdigung ......................................................................................20
6. Fazit ...............................................................................................................21
7. Anhang ..........................................................................................................22
8. Quellenangaben..............................................................................................25
1
1. Einleitung
Viele Patienten, die aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung einer Intensivpflege
bedürfen, liegen ca. 20 Stunden am Tag im Bett.1 Aus dieser Erkenntnis heraus ist eine
optimale und „bequeme“ Lagerung erforderlich, um Sekundärschäden zu vermeiden.
Unter dem Aspekt der notwendigen Bettlägerigkeit und einer baldigen Genesung steht
das Wohl der Patienten in jeder Hinsicht im Vordergrund.
Jeder war schon einmal krank und musste zu Hause das „Bett hüten“. Da ist es
selbstverständlich, dass es vor allem gemütlich und „bequem“ ist, um sich wohl zu
fühlen. Pflegende haben den gleichen Anspruch an eine Lagerung. Außerdem sollen
durch individuelles Umlagern die Dekubitusgefahr minimiert und
Pneumonieprophylaxe betrieben werden. Thrombosen und Kontrakturen gilt es
ebenfalls zu vermeiden. Weiterhin soll eine Lagerung den Muskeltonus regulieren und
ausreichend Haltungshintergrund geben, um darauf aufbauend die Voraussetzung für
spätere Mobilisation zu schaffen.
Thema dieser Facharbeit ist die Lagerung in Neutralstellung (LiN). Sie wurde von der
Physiotherapeutin und Bobathinstruktorin Heidrun Pickenbrock ursprünglich für
schwerstbetroffene Patienten mit Störungen des zentralen Nervensystems entwickelt.
Aus der Erfahrung heraus, dass die bisher üblichen konventionellen Lagerungen oder
die Mikrolagerung für die oben genannten Patienten nicht ausreichend sind. In dieser
Arbeit wird speziell die 30° Seitenlage sowie die Rückenlage in LiN thematisiert.
Ebenso können die 90° Seitenlage, der Stabile Sitz im Bett, das Sitzen im Rollstuhl, und
die 135° Lage und die Bauchlage nach LiN modifiziert werden.
Zu Beginn wird auf die allgemeinen Grundprinzipien von LiN eingegangen, um darauf
aufbauend mit der Analyse einer konventionellen 30° Seitenlagerung fortzufahren.
Anschließend wird eine Anleitung für die 30° Seitenlage in LiN gegeben sowie die
Rückenlage in LiN näher betrachtet. Zum Schluss sind die wichtigsten Kriterien im
Anhang für die „Kitteltasche“ zusammengefasst.
1 = eigene Schätzung
2
2. Grundlagen der Lagerung in Neutralstellung
Der Grundgedanke zu dieser Lagerung ist die so genannte Neutralstellung.
Physiotherapeuten verwenden diese zur Befundung von Gelenken, um
Bewegungsausmaße beurteilen zu können. Die Gelenke befinden sich in dieser Position
weder:
- gebeugt noch gestreckt
- nicht abgespreizt oder in Kreuzung zueinander
- nicht in Innen- oder Außenrotation
- Muskeln sind nicht überdehnt oder verkürzt.
Dies entspricht den Gelenkpositionen bei einem aufrecht stehenden Menschen. Das Ziel
von LiN ist es, alle Gelenke in physiologischer Stellung zu lagern, beziehungsweise so
weit wie möglich sich dieser anzunähren.
2.1 Die Entstehung des muskulären Hypertonus
Als muskulärer Hypertonus (früher als Spastik bezeichnet) wird der gesteigerte
Spannungszustand der Skelettmuskulatur bezeichnet. Aufgrund von traumatischen
Ereignissen wie zum Beispiel durch einen Apoplex, intracerebralen Blutungen, oder
Rückenmarksverletzungen kommt es zu einer Schädigung der motorischen Bahnen im
Gehirn.
Diese schwerstbetroffenen Patienten sind vital bedroht und benötigen diverse
intensivmedizinische Maßnahmen. Nicht selten ist eine mehrtägige Bettruhe
erforderlich.
Zu Beginn dieser Bettlägerigkeit stellt sich oftmals eine schlaffe Lähmung (Hypotonus)
ein, im weiteren Genesungsverlauf kommt es häufig zu einem erhöhten Muskeltonus.
3
Bereits 1943 wurde durch Berta Bobath festgestellt, dass sich ein muskulärer
Hypertonus in Abhängigkeit von der Lagerung und Stellung des Körpers verändert.
Lang anhaltende Verkürzung oder Dehnung von Muskeln haben ebenfalls eine Wirkung
auf den Tonus. Das lässt sich schnell im Eigenversuch feststellen, indem man sich über
die Dauer von einer Stunde ins Bett legt, ohne eine Lageveränderung vorzunehmen.
Verkürzte Muskeln weisen einen erhöhten Tonus (Hypertonus) auf, umgekehrt lässt
sich bei verlängerten Muskeln erschwert Spannung aufbauen. Ebenso resultiert ein
sekundärer Hypertonus als Folge einer proximalen Instabilität, d. h. durch fehlende
Stabilität am Rumpf. Dies wird so erklärt, dass bei Patienten mit Schädigung des
zentralen Nervensystems das Bestreben nach Halt beziehungsweise nicht umfallen
wollen nicht verloren gegangen ist.
Damit normalerweise Bewegung möglich ist, wird zunächst die Haltungsmuskulatur
aktiviert (posturale Muskeln), um Stabilität zu gewährleisten. Posturale Muskeln im
Rumpf sind tief liegende Muskelgruppen am Rücken (Mm. mutifidii) sowie Muskeln
im Bereich der vorderen Bauchwand (M. transversus abdominalis) und die
Beckenbodenmuskulatur. Sie sorgen für die so genannte Kernstabilität. Erst wenn sie
aktiviert wurden, ist Bewegung durch die so genannten phasischen, bewegenden
Muskeln möglich. Die Rumpfbewegung wird durch die oberflächlichen Muskeln wie
dem M. Errector spinae an der Wirbelsäule, dem M. Rectus abdominalis im Bereich der
mittleren und vorderen Bauchwand, sowie von der oberflächlichen Rückenmuskulatur
dem M. lattisimus dorsi gegeben.
Diese Feinregulation ist bei schwer betroffenen Patienten jedoch gestört. Sekundär
entwickeln sich unterschiedliche Tonusverhältnisse an den Extremitäten. Es kommt zu
einem Ungleichgewicht im Bewegungsmuster, in dessen Verlauf die Patienten oftmals
immer steifer werden und Bewegungen zunehmend schwieriger sind. Aus dieser
Erkenntnis heraus ist die eher Mikrolagerung kontraindiziert.
4
Von zentraler Bedeutung ist die Ischiocruralmuskulatur, welche sich vom Tuber
ischiadikus über die hinteren Oberschenkelmuskeln hin zum Caput fibulae ziehen. Sind
sie verkürzt, wird schon nach kurzer Zeit ein Sitzen schwierig.
Durch LiN lassen sich diese sekundären Probleme reduzieren. Es wird durch
individuelles anmodellieren von Decken, Kissen und Handtüchern ausreichend
Haltungshintergrund und somit Kernstabilität gegeben. Hypertonen Bewegungsmustern
wird entgegengewirkt und eine gute Ausgangsposition für pflegerisches und
therapeutisches Arbeiten geschaffen. Ein Fixieren über den Hypertonus wird dadurch
vermieden. Auf der Grundlage muskelphysiologischer Erkenntnisse ermöglicht diese
Lagerung ein besseres pflegerisches und therapeutisches Arbeiten.
3. Lagerung eines Patienten in der konventionellen 30°Seitenlage
Die Abbildungen A und B zeigen einen Patienten in der konventionellen 30° Seitenlage
mit 30° erhöhtem Oberkörper. Die Pfeile auf dem Foto symbolisieren die waagerechten
und senkrechten Ebenen. Anhand der Rotationspfeile wird die abweichende Innen -und
Außenrotation dargestellt.
5
Abb. A
Abb. Asenkrechte Ebene
waagerechte Ebene
zeigt Innen- oder Außenrotation an
Verhältnis oberer zu unterer Rumpf
Stelle des Hüftknicks
senkrechte Ebene
waagerechte Ebene
zeigt Innen- oder
Außenrotation an
Verhältnis oberer zu
unterer Rumpf
Abb. B
6
3.1 Analyse eines Patienten in der 30° Seitenlage
Die Analyse beginnt vom Kopf aus und betrachtet Richtung Fußende jeden einzelnen
Körperabschnitt.
- Der Kopf befindet sich in der Extension, das verursacht zunehmende
Nackensteifigkeit und kann das Schlucken erschweren.
- Wird der Oberkörper um 30° erhöht, ist auf den korrekten Hüftknick zu achten.
Auf beiden Abbildungen ist zu erkennen, dass sich der Knick im Bereich des
Abdomens befindet, dadurch liegen oberer und unterer Rumpf ungünstig
zueinander (siehe lilafarbene Pfeile).
- Besonders in Abbildung B zeigt sich, dass der Bauch mit seinem Gewicht zur
Matratze hin zieht - es ist keine Rumpfstabilität vorhanden.
- Die blauen Pfeile zeigen, dass der Schulter- und Beckengürtel nicht parallel
zueinander liegen, der Rumpf ist in sich rotiert. Die Körperachse ist verschoben.
- Die Oberarme sind nach innen rotiert und somit abduziert. Sie liegen nicht
rumpfnah an.
- Das linke Bein rotiert nach außen, es fällt zur Matratze hin. Das sorgt für eine
Überdehnung der Oberschenkelinnenmuskulatur.
- Das rechte Bein ist nach innen rotiert, es fehlt die Unterstützung der Adduktoren
an den Oberschenkeln.
- Die Füße befinden sich in Extension, es ist keine Unterstützung an den
Fußsohlen gegeben. Beim rechten Fuß liegt eine Innenrotation, beim linken Fuß eine
Außenrotation vor. Die Gefahr, dass sich ein Spitzfuß entwickelt, ist erhöht.
3.2 Kontrollkriterien zur Überprüfung der 30° Seitenlage inLiN
Anhand folgender Kontrollkriterien lässt sich überprüfen, ob die Lagerung in LiN
korrekt durchgeführt wurde.
7
Abb. Csenkrechte Ebene
waagerechte Ebene
Eigenkritik, Lagerung entspricht nicht LiN
zeigt Innen- oder Außenrotation an
Verhältnis oberer zu unterer Rumpf (gedachte Line von
der Nasenspitze zum Sternum bis hin zur Symphyse)
Abstand zwischen Becken, Knies und Sprunggelenken
8
- Die Nase, das Sternum und die Symphyse befinden sich auf einer senkrechten
Ebene. Dieses lässt sich am besten vom Fußende aus beurteilen.
- Der Kopf liegt gut unterstützt in der LiN Position, er ist weder überstreckt noch
gebeugt.
- Die Halswirbelsäule ist ausreichend unterpolstert, sie befindet sich weder in der
Extension noch Flexion, es darf ebenso keine links oder rechtsseitige Rotation
vorliegen. Das Kinn sollte bei korrekter Position leicht in Richtung Sternum zeigen.
- Wird mit der Hand unter die Halswirbelsäule gefahren, darf kein Hohlraum
bestehen.
- Das Sternum liegt parallel zur Unterstützungsfläche, die Rippen stehen nicht
hervor.
- Die Schultern und das Becken sind annährend im 30° Winkel gekippt.
- Die Überprüfung erfolgt mittels des so genannten Unterarmtests, indem die
Pflegekraft ihren einen Unterarm auf den Schulterbereich und den anderen auf den
Beckenbereich des Patienten legt. Die Arme der Pflegekraft sollen nun parallel
zueinander liegen.
- Die Lendenwirbelsäule ist gut gestützt, die physiologische Doppel-S-Form der
Wirbelsäule wird berücksichtigt. Es ist mit der Hand zu überprüfen, dass kein
Hohlraum im LWS-Bereich besteht.
- Die Oberarme sind rumpfnah am Körper angelagert. Das wird durch die Lage
der Ellenbogen kontrolliert, sie sollten am Oberkörper anliegen. Werden die
Unterarme eher in Richtung Streckung gebracht, so dass sie auf dem
Oberschenkel aufliegen, ist es wichtig, dass die Daumen nach oben zeigen.
- Der Bauch und der Busen sind mittels einer Bauchbinde und einer Decke,
welche vor dem Bauch anmodelliert wird, gut gestützt. So wird der Schwerkraft
entgegengewirkt und Stabilität im Rumpf gewährleistet.
- Das Anlegen der Bauchbinde erfolgt als Erstes bei der Lagerung in
Neutralstellung und wird besonders bei adipösen Menschen angewendet.
- Die Beine sind in Richtung Streckung gelagert, so dass sich eine Linie von den
Oberschenkeln zu den Unterschenkeln bildet. Sie liegen in Verlängerung des seitlichen
Rumpfes anzusehen.
9
- Besonderes Augenmerk ist auf die Unterstützung der Adduktoren im Bereich der
Oberschenkel zu richten. Es gilt eine Innenrotation zu vermeiden. Durch die
Verwendung einer Decke ist für ausreichend Stabilität gesorgt.
- Das Becken, die Knies sowie die Sprunggelenke stehen parallel zueinander. Sie
weisen den gleichen Abstand auf2.
- Die Füße stehen im 90° Winkel zum Unterschenkel. Kommt es dabei zu einer
Ausweichbewegung der Knies, so ist deren Lage zu korrigieren.
3.3 Indikationen der 30° Seitenlage
Die 30° Seitenlage in LiN bietet sich besonders bei dem Anbahnen der Doppel-S-Form
der Wirbelsäule an. Sie ermöglicht einen aufrechten Rumpf sowie die Streckung von
Hüft- und Kniegelenken. Weiterhin ist sie unterstützend bei der Mund- und
Körperpflege3.
Bei Schluckstörungen ist das Abfließen von Speichel möglich, wenn der Oberkörper
30° erhöht gelagert wird (abweichend von LiN). Die 30° Seitenlage ist zudem eine
häufig durchgeführte Lagerung im Alltag, zur Vermeidung von Folgeschäden.
Besonders zur Prophylaxe von Atelektasen bietet sich die 30° Seitenlage in LiN in der
Modifikation der Trendelenburg- beziehungsweise Anti-Trendelenburg-Lagerung an.
3.4 Kontraindikationen der 30° Seitenlage
Liegt ein Dekubitus im Hauptdruckbereich vor, ist die 30° Seitenlage nicht ratsam.
Kommt es zum passiven Rücklauf von Mageninhalt bei enteraler oder oraler
Nahrungszufuhr, ist eine sichere Lagerung für den Patienten vorzunehmen. Wird sich
für eine Modifikation mit 30° erhöhtem Oberkörper entschieden, so ist auf einen
korrekten Hüftknick zu achten.
3 siehe Titelbild
10
3.5 Anleitung zur 30° Seitenlage in LiN
Im Folgenden wird anhand einer Fotostrecke eine Anleitung für die 30° Seitenlage
gegeben. Die durchgeführten Arbeitsschritte haben sich in dieser Reihenfolge in der
Praxis bewährt. Es ist individuell zu prüfen, welche Unterstützung der Patient
tatsächlich benötigt. In diesem Beispiel wird eine Rechtsseitenlagerung vorgenommen.
Abb.1
Abb.2
Ausgehend von der Rückenlage wird die erste
Bettdecke vor dem Bauch angelegt und grob in
Position gebracht.
Bei adipösen Patienten empfiehlt es sich eine
Bauchbinde anzulegen.
Die Decke dient gleichzeitig als „Wegrutschbremse“
für die Füße. Zwei weitere Decken zur
Stabilisierung im Rücken werden am Fußende
bereitgelegt.
Die am Bauch anliegende Decke wird zwischen die
Oberschenkel gelegt, um die Adduktoren zu stützen.
Danach wird der Patient in diesem Beispiel auf die
rechte Seite gedreht.
Abb.3
11
Abb.4
Abb.5
Abb.6
Es ist wichtig darauf zu achten, dass Becken und
Schultern korrekt ausgerichtet werden. Der Rumpf
darf nicht in sich rotiert sein.
Der Patient liegt stabil und sicher auf der Seite, die
nächsten Arbeitsschritte können vorbereitet werden.
Die zwei Decken im Rücken werden stufenartig
gefaltet und der Doppel-S-Form der Wirbelsäule
entsprechend vorbereitet und angestopft.
12
Abb.7
Abb.8
Der Patient wird ohne dass eine Rotation im
Rumpfbereich stattfindet, unter Verwendung des V-
Griffs, zurückgedreht. Es empfiehlt sich, dass die
Pflegekraft mit einem Knie das Deckenmaterial im
LWS-Bereich stabilisiert, damit die Form des
Lagerungsmaterials beibehalten wird.
Schultergürtel, Rumpf und Becken liegen jetzt im
30° Winkel an den hinteren Decken an.
Zur Unterstützung der Lagerung ist es sinnvoll ein
Bettgitter an der Rückenseite anzubringen.
Nun wird die Decke vor dem Bauch mittels
Stopftechnik individuell angepasst, es ist darauf zu
achten, dass der unten liegende Arm frühzeitig
rumpfnah angelegt wird. Der Unterarm kommt
individuell an den Oberschenkel oder am Kopf zum
liegen. In diesem Fall muss der Oberarm nach außen
rotiert werden.
Die Beine des Patienten werden
zurückgenommen, um diese zum Lagern
vorzubereiten. In diesem Beispiel wird
das linke Bein mittels der am Rücken
befindlichen Decken unterlagert und
anmodelliert.
Abb. 9
13
Das rechte Bein wird mit der am Bauch
anliegenden Decke unterpolstert. Es wird
ein Teil der Decke zwischen die
Oberschenkel gezogen, um die Adduktoren
zu stützen. Der übrige Teil wird jeweils
von außen an den Beinen anmodelliert. Die
Füße werden im 90° Winkel zum
Unterschenkel gelagert.
Es kann sinnvoll sein, ein Quader als Platzfüller am Fußende zu platzieren, um
Deckenmaterial einzusparen.
Abschließend wird die Lagerung des
Kopfes vorgenommen. Eine ausreichende
Unterstützung der Halswirbelsäule ist
notwendig. Am besten eignet sich ein
großes Kissen, welches gerafft wird. Ein
Abweichen des Kopfes und des Hals zur
Matratze sollte vermieden werden, so dass
ein optimaler cerebralvenöser Abfluss
gewährleistet ist.
Vom Fußende aus wird sich abschließend ein Gesamtüberblick verschafft.
Theoretisch muss es möglich sein, dass der Mensch, so wie er dort liegt, aufrecht
stehen kann.
Nach 15 Minuten ist die Lagerung zu kontrollieren und eine nicht ausreichende
Unterpolsterung nachzubessern.
Abb. 11
Abb. 10
14
4. Lagerung eines Patienten in Rückenlage
Die in der Praxis wahrscheinlich am häufigsten durchgeführte Rückenlage4 ist in den
Abbildungen D und E in Neutralstellung vorgenommen worden. Sie zeigt einen
Patienten aus zwei verschiedenen Perspektiven. Der 30° erhöhte Oberkörper weicht von
LiN ab (Vorgabe der Station 3A im Klinikum Ludwigsburg).
senkrechte Ebene
waagerechte Ebene
Lagerung entspricht nicht LiN
zeigt (unbeabsichtigte) Innen-
oder Außenrotation an
4 = eigene Vermutung
Abb. D
15
Kopfposition
Verhältnis oberer zu
unterer Rumpf
senkrechte Ebene
waagerechte Ebene
Eigenkritik, Lagerung
entspricht nicht LiN
Stelle des Hüftknicks
Abb. E
4.1 Kritische Betrachtung einer Rückenlage in LiN
In dieser Reflexion werden bewusst Körperabschnitte betrachtet, die bei LiN,
abweichend von einer Gesamtkörper-Neutralstellung, individuell adaptiert werden.
Aus dem Aspekt, Sicherheit zu vermitteln, wurde der linke Unterarm auf dem Bauch
gelagert, wobei der Oberarm nach innen gedreht wurde.
Die Beine wurden gebeugt, da der Patient über X-Beine verfügt. In diesem Fall tritt
eine Ausnahmeregelung ein, damit sich weiterhin eine Linie von den Oberschenkeln zu
den Unterschenkeln ziehen kann.
Das rechte Bein neigt zu einer ungewollten Außenrotation, die äußere Stabilität ist nicht
ausreichend.
Die grünen Pfeile im Bild kennzeichnen eine nicht korrekte Fußlagerung, hier fehlt die
Unterstützung, um eine adäquate Spitzfußprophylaxe zu betreiben.
16
4.2. Kontrollkriterien zur Überprüfung der Rückenlage inLiN
Der Kopf ist gut unterstützt, so dass keine Flexion oder Extension vorliegt. Eine rechts-
oder linksseitige Rotation ist ausgeschlossen.
Durch das Unterfassen der Hand im Bereich der Halswirbelsäule wird sich
vergewissert, dass keine Hohlräume vorhanden sind.
Schulter- und der Beckengürtel befinden sich auf gleicher Höhe in der waagerechten
Ebene - parallel zur Unterlage. Die Überprüfung erfolgt durch den Unterarmtest.
Auch das Sternum liegt parallel zur Matratze auf. Die Rippen stehen nicht hervor.
Oberer und unterer Rumpf befinden sich auf einer Ebene.
Gegebenenfalls kann durch das Anlegen einer Bauchbinde eine zusätzliche
Unterstützung am Rumpf gegeben werden. Sie ermöglicht eine optimale
Körperwahrnehmung, proximale Stabilität, Atemunterstützung und vermittelt
Sicherheit.
Die Arme sind rumpfnah am Körper angelagert. Dies wird durch eine Adduktion der
Oberarme herbeigeführt, so dass die Ellenbogen rumpfnah anliegen.
Die Unterarme können dann auf dem Oberschenkel zum liegen kommen
Die Beine stehen senkrecht im Hüft- Knie- und Sprunggelenk.
Das Steißbein mit dem Becken ist leicht nach vorne (anterior) gekippt und drückt somit
nicht in die Unterlage (siehe Abb. D und E). Das lässt sich durch das Tasten der Spina
überprüfen. Eventuell ist dafür eine zusätzliche Unterstützung durch ein Handtuch am
Beckenkamm notwendig.
Becken, Knie und Sprunggelenke haben den gleichen Abstand zueinander.
Die Füße stehen optimaler Weise im 90° Winkel zum Unterschenkel.
Abschließend soll es möglich sein, dass eine Linie von der Nasenspitze aus am Kinn
entlang zum Sternum und der Symphyse zu ziehen ist.
Bei allen Analysen zeigt sich, dass es sinnvoll ist, nach einer Lagerung den Patienten
sowohl aus der Seitenansicht als auch vom Fußende aus zu betrachten, damit die
verschieden Ebenen beurteilt werden können.
17
4.3 Abweichungen von Neutral
X und O-Beine werden solange in Beugung gebracht, bis der Fuß neutral steht, so dass
Oberschenkel und Unterschenkel eine Linie bilden (siehe Abb. D und E). Ist es
schmerzbedingt, Kontraktur bedingt oder durch sonstige anatomische Gegebenheiten
vereinzelt nicht möglich, die Neutralstellung vorzunehmen, so darf diese nicht
erzwungen werden. Unter diesen Umständen ist eine Annäherung so weit wie möglich
an die Neutralstellung vorzunehmen.
4.4 Indikationen der Rückenlage
Bei den nachfolgenden Patienten beziehungsweise durchgeführten Maßnahmen bietet
sich die Rückenlage in LiN besonders an.
Vor allem ältere Menschen liegen gerne auf dem Rücken, weil eine Rotation im Alter
schlechter möglich ist und viele Leute eine Kyphose haben.
Ebenso findet die Befundaufnahme für die individuellen Abweichungen eines Patienten
aus Neutralstellung in dieser Position statt.
Patienten, die sich in der Akutphase mit einem Schädel-Hirn-Trauma unter
permanenter Hirndrucktherapie befinden, liegen oftmals tagelang im so genannten
„Minimal Handling“ in der erhöhten Oberkörperhochlagerung auf dem Rücken, da in
dieser Position ein optimaler venöser Rückfluss gewährleistet werden kann.
Auch zur besseren Orientierung im Raum ist die Rückenlage besonders geeignet.
Die Rückenlage ermöglicht eine Hüft- und Kniestreckung sowie einen aufrechten
Rumpf.
Ein zeitweise aufgerichteter Oberkörper bietet die Möglichkeit, ein Kreislauf- und
Schlucktraining durchzuführen, aber auch um mit seiner Umwelt besser in Kontakt
treten zu können.
Die Rückenlage wird im Alltag mehrfach angewendet als eine Möglichkeit der
Umlagerung.
18
5 = siehe Abb. E Seite 16 rechter Arm
4.5 Kontraindikationen der Rückenlage
Eine Rückenlage sollte unterlassen werden, wenn eine der nachfolgenden Umstände
vorliegt.
Beim Vorhandensein eines Dekubitus am Steißbereich und Hinterkopf sowie bei
entblockter Trachealkanüle durch die erhöhte Aspirationsgefahr.
4.6 Durchführung der Rückenlage in LiN
Mit dieser Anleitung wird eine Hilfestellung für die Rückenlagerung in LiN gegeben.
Eine Universallösung stellt diese Anleitung nicht dar. Es ist nach wie vor in der
Verantwortung der Pflegekraft zu entscheiden, was der Patient individuell benötigt.
Da die Vorgaben der lokalen Intensivstation eine Oberkörperhochlagerung fordern ist es
eine wichtige Voraussetzung, um trotzdem eine optimale Rückenlage in LiN
durchzuführen, den Patienten im Bett so weit wie möglich kopfwärts zu bewegen. Er
erhält zunächst ein „provisorisches“ Kopfkissen. Die Lage des Kopfes wird im Verlauf
optimiert. Bei adipösen Patienten ist es ratsam ein Bauchtuch anzulegen. Somit ist eine
bessere Rumpfstabilisierung und Körperwahrnehmung vorhanden. Alternativ kann ein
Handtuch, welches mit Pflaster festgezogen wird, verwendet werden. Hierbei empfiehlt
es sich, eine zweite Pflegekraft unterstützend hinzu zu ziehen.
Die nachfolgenden Schritte können problemlos alleine bewältigt werden. Auf dem
Rücken liegend wird begonnen, die erste Decke in Längsrichtung von der rechten
Körperseite ausgehend an den Patienten anzustopfen. Es ist darauf zu achten, dass die
Oberarme rumpfnah angelagert werden. Die Arme sind in Funktionsstellung zu
bringen5. Dabei neigen die Ellenbogen nach unten, die Daumen zeigen nach oben.
Ebenso ist die Doppel-S-Form der Form der Wirbelsäule beizubehalten, das bedeutet
vor allem im unteren Lendenwirbelbereich ausreichend Material zu verwenden, so dass
keine Hohlräume entstehen. Die Decke reicht bis zum rechten Bein, dieses wird
provisorisch auf der Decke gelagert. Die endgültige Lagerung der Beine erfolgt später.
Auf der linken Seite wird mit einer zweiten Decke genau die gleiche Maßnahme
durchgeführt. Im weiteren Vorgehen werden die Beine gelagert.
19
Oftmals ist eine dritte Decke notwendig. Diese wird in Längsrichtung unter die Beine
gelegt. Die Beine werden, soweit wie möglich eher in Richtung Streckung gelagert. Die
Streckung ist durch die Innenrotation am Oberschenkel herbeizuführen, wenn die Beine
zuvor außenrotiert sind.
Die dritte Decke sorgt für die nötige Stabilität der Adduktoren im Bereich der
Oberschenkel. Eine Innenrotation und hohe Spannung der Adduktoren werden somit
verhindert. Das übrige Deckenmaterial wird am linken und rechten Bein angestopft, so
dass keine Abduktion (Außenrotation) möglich ist.
Nachfolgend werden die Füße gelagert. Sie sollen im 90° Winkel zum Unterschenkel
stehen. Dafür eignet sich das vorhandene Deckenmaterial beziehungsweise ein großes
Kissen.
Abschließend wird der Kopf gelagert. Dazu ist bei beatmeten Patienten häufig die Hilfe
einer zweiten Pflegekraft nötig. Es bietet sich an ein großes Kopfkissen zu verwenden.
Wird es gerafft, lässt es sich gut unter der Halswirbelsäule platzieren. Oftmals wird ein
zweites kleines Kissen benötigt. Es ist penibel darauf zu achten, dass keine Hohlräume
entstehen. Weicht der Kopf zur Seite ab, kann ein zusammengerolltes Tuch dieses
verhindern.
Vom Fußende aus lässt sich gut beurteilen, ob diese Position einem aufrechtstehenden
Menschen entspricht.
Nach weiteren 15 Minuten lässt sich feststellen, ob die Lagerung korrekt durchgeführt
wurde oder ob sich „Schwachstellen“ aufzeigen.
20
5. Kritische Würdigung
Bisher wurden viele positive Aspekte zur Lagerung in Neutralstellung vorgebracht.
Neben den genannten Vorteilen für den Patienten und nicht zuletzt für Therapeuten und
Pflegepersonal, ist in diesem Abschnitt Raum für Kritik.
Angaben darüber, ob ein erhöhter Kostenfaktor besteht, lassen sich derzeit keine
machen, da Vergleichsrechnungen nicht vorliegen.
Bei der Lagerung in Neutralstellung werden für jeden Patienten durchschnittlich drei
Decken und Kissen benötigt. Deshalb ist es wichtig, im Vorfeld zu klären, wie die
Schaffung von ausreichend Lagerkapazität realisiert werden kann. Dies setzt großes
Engagement aller Beteiligten voraus.
Die ersten „Lagerungsversuche“ in LiN nehmen zu Anfang mehr Zeit in Anspruch als
bisher. Durch regelmäßiges Anwenden kann dieser Punkt nahezu unberücksichtigt
bleiben.
Kritiker merken an, dass die Patienten bei dieser Lagerung stark schwitzen würden.
Durch Aussagen von Patienten konnte dies nicht bestätigt werden. Im Gegenteil, in der
Praxis fiel auf, dass Patienten gut entspannen und einschlafen können.
„Wer immer das Gleiche tut, was er schon immer getan hat, wird immer das bekommen,
was er schon immer bekommen hat“6
6=R. Bandler; Mitbegründer der Neurolinguistischen
Programmierung (www.BaWIG-essen.de vom
06.01.2008
21
6. Fazit
Die Lagerung in Neutralstellung bietet eine gute Alternative zu den bisher üblichen
Lagerungen. Durch die großzügige Verwendung von Lagerungsmaterial erhöht sich die
Auflagefläche. Zum ersten Mal muss sich der Körper nicht mehr der Unterlage
anpassen, sondern das Lagerungsmaterial wird individuell an den Körper des Patienten
modelliert.
In dieser Facharbeit habe ich mich bewusst auf die 30° Seitenlage sowie der
Rückenlage in LiN konzentriert, da diese beiden Varianten im Alltag die häufigste
Anwendung finden. Es kann jeder für sich selbst entscheiden, ob er das ein oder andere
anwenden möchte. Im Eigenversuch lässt sich feststellen, dass diese Lagerung sehr
bequem ist.
Jede Station, die LiN konsequent einführen möchte, muss sich bewusst sein, dass die
Menge an Lagerungsmaterial nicht unerheblich ist. Einrichtungen, die nach diesem
Konzept arbeiten, verfügen über zusätzlichen Stauraum für jeden Patienten in dem das
Lagerungsmaterial untergebracht ist. Durch farblich unterschiedliche Bettwäsche ist die
Verwechselungsgefahr ausgeschlossen.
Die Lagerung in Neutralstellung bietet die Möglichkeit in der behandlungs- und
diagnostikfreien Zeit den Patienten sicher und bequem ausruhen zu lassen. Die
Körperabschnitte werden günstig zueinander gestellt, so dass der Patient vor
Komplikationen geschützt wird.
Abschließend ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass eine Lagerung niemals die
Mobilisation ersetzen kann. Aber sie kann im günstigsten Fall die Grundvoraussetzung
für den Transfer an die Bettkante und die Mobilisation aus dem Bett heraus sein.
22
7. Anhang
Anlagenverzeichnis
1. Handzettel - das Wichtigste in Kürze für KollegInnen……...….………...25
2. Glossar……………………………………………………………...……..26
23
1. Handzettel - das Wichtigste in Kürze für KollegInnen
24
2. Glossar
Abduktion:7 Wegführen von der Medianebene des Körpers
Adduktion:7 Heranführen eines Gliedes nach der Mittellinie des
Körpers
Anti – Trendelenburg: Kopfhochlagerung
Apoplex:7 Schlaganfall
Extension:7 Steckung; aktive oder passive Streckung einer
Extremität in einem Gelenk
Flexion:7 Beugung
Hypotonus:7 schlaffe Lähmung
Muskulärer Hypertonus:7 erhöhter Muskeltonus
Minimal handling: bedeutet, dass Patienten, die akut gefährdet sind,
einen Hirndruckanstieg zu bekommen, sich in
Rückenlage mit 30° erhöhtem Oberkörper befinden.
Nur das Notwendigste an pflegerischen Maßnahmen
ist zugelassen. Es dürfen keine Routinearbeiten am
Patienten vorgenommen werden. Unter tiefer
Sedierung wird der Patient von Außenreizen
abgeschirmt.
Proximale Instabilität: damit ist die Instabilität der Rumpfmuskulatur/
Kernmuskulatur gemeint
Trendelenburg-Lagerung:7 Kopftieflagerung
7 Pschyrembel 257 Auflage 1994
25
8. Quellenangaben
Abbildungen- Foto 1 – 14: LiN Modul 2; Therapiezentrum Burgau; Leitung H.
Pickenbrock (11/2007)
- Foto A – E: eigene Fotographien von der Intensivstation 3.A im Klinikum
Ludwigsburg
Literatur- Pschyrembel 257. Auflage; 1994 unter der Leitung von Helmut
Hildebrandt ISBN 3 – 933203 – 04 – X
- LiN 7 (Lagerung in Neutralstellung) Seminar vom 28.07. – 29.07.07
Seminarleitung S. Gries / S. Herrmann
- LiN Skript, erarbeitete Folien
- Skript „Grundlagen von Lagerung in Neutralstellung“
- Handzettel - das Wichtigste in Kürze für KollegInnen für Lagerung in
Neutralstellung erstellt von M. Woltering und C. Dieckmann
Internetquellen
- Botulinumtoxin-ambulanz.de vom 27.12.2007
- www.BaWIG-essen.de vom 06.01.2008
- www.lin-arge.de (Stand 2.12.07)
-
Fachzeitschriften
- Hartnik A., „Halt und Beweglichkeit für neurologische Patienten“ aus Die
Schwester Der Pfleger S 719 ff. Ausgabe 09/06
- Keller I.R. & Wolpert H.; intensiv Fachzeitschrift für Intensivpflege und
Anästhesie 14. Jahrgang 2006, Seite 230-233
Gesprächverzeichnis
- Wolpert, H. Trainer für Lagerung in Neutralstellung (10.01.2008)
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