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BEITRÄGE ZUR SOZIALEN SICHERHEIT Analyse der Vollkosten und der Finanzierung von Krippenplätzen in Deutschland, Frankreich und Österreich im Vergleich zur Schweiz Forschungsbericht Nr. 3/15 Eidgenössisches Departement des Innern EDI Département fédéral de l’intérieur DFI Bundesamt für Sozialversicherungen BSV Office fédéral des assurances sociales OFAS

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  • B E I T R G E Z U R S O Z I A L E N S I C H E R H E I T

    Analyse der Vollkosten und der Finanzierung von Krippenpltzen in

    Deutschland, Frankreich und sterreich im Vergleich zur Schweiz

    Forschungsbericht Nr. 3/15

    Eidgenssisches Departement des Innern EDI Dpartement fdral de lintrieur DFI Bundesamt fr Sozialversicherungen BSV Office fdral des assurances sociales OFAS

  • Das Bundesamt fr Sozialversicherungen verffentlicht in seiner Reihe "Beitrge zur Sozialen Sicherheit" konzeptionelle Arbeiten sowie Forschungs- und Evaluationsergebnisse zu aktuellen Themen im Bereich der Sozialen Sicherheit, die damit einem breiteren Publikum zugnglich gemacht und zur Diskussion gestellt werden sollen. Die prsentierten Folgerungen und Empfehlungen geben nicht notwendigerweise die Meinung des Bundes-amtes fr Sozialversicherungen wieder.

    Autoren/Autorinnen: Susanne Stern, Andrea Schultheiss, Juliane Fliedner, Rolf Iten, INFRAS Christina Felfe, Schweizerisches Institut fr Empirische Wirtschaftsforschung (SEW), Universitt St. Gallen INFRAS Binzstrasse 23 CH 8045 Zrich Tel. +41 (0) 44 205 95 95 E-mail: [email protected] Internet: http://www.infras.ch/

    Ausknfte: Bundesamt fr Sozialversicherungen Effingerstrasse 20, CH-3003 Bern Cornelia Louis, Geschftsfeld FGG Tel. +41 (0) 58 464 07 41 E-mail: [email protected] Olivier Brunner-Patthey, Geschftsfeld MAS Tel. +41 (0) 58 464 06 99 E-mail: [email protected]

    ISSN: 1663-4659 (eBericht) 1663-4640 (Druckversion)

    Copyright: Bundesamt fr Sozialversicherungen, CH-3003 Bern Auszugsweiser Abdruck ausser fr kommerzielle Nutzung unter Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplares an das Bundesamt fr Sozialversicherungen gestattet.

    Vertrieb: BBL, Verkauf Bundespublikationen, CH-3003 Bern www.bundespublikationen.admin.ch

    Bestellnummer: 318.010.3/15d

  • Bundesamt fr Sozialversicherungen

    Analyse der Vollkosten und der Finanzierung von Krippenpltzen in Deutschland, Frankreich und sterreich im Vergleich zur Schweiz Schlussbericht

    Zrich und St. Gallen, 18. Mai 2015

    Susanne Stern, Andrea Schultheiss, Juliane Fliedner, Rolf Iten, INFRAS

    Christina Felfe, Schweizerisches Institut fr Empirische Wirtschaftsforschung (SEW), Universitt

    St. Gallen

    Schweizerisches Institut fr Empirische Wirtschaftsforschung (SEW) INFRAS

    Universitt St. Gallen Forschung und Beratung Forschung und Beratung

    www.sew.unisg.ch www.infras.ch

  • Impressum

    Analyse der Vollkosten und der Finanzierung von Krippenpltzen in Deutschland, Frankreich und

    sterreich im Vergleich zur Schweiz

    Schlussbericht

    Zrich und St. Gallen, 18. Mai 2015

    Schlussbericht Krippenkosten_INFRAS SEW_def.docx

    Auftraggeber

    Bundesamt fr Sozialversicherungen

    Autorinnen und Autoren

    Susanne Stern, Andrea Schultheiss, Juliane Fliedner, Rolf Iten, INFRAS

    Christina Felfe, Schweizerisches Institut fr Empirische Wirtschaftsforschung (SEW), Universitt

    St. Gallen

    INFRAS, Binzstrasse 23, 8045 Zrich

    Tel. +41 44 205 95 95

  • Vorwort des Bundesamtes fr Sozialversicherungen

    Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein wichtiges Anliegen der Familienpolitik des Bundes. Eine hhere Beteiligung der Eltern von kleinen Kindern am Arbeitsmarkt ist aus volkswirtschaftlicher und gleichstellungspolitischer Sicht wnschenswert und trgt zur Minderung des Fachkrftemangels bei.

    Die Erhhung der Erwerbsbeteiligung scheitert jedoch teilweise immer noch am Mangel an familienergnzenden Betreuungspltzen. Aus diesem Grund hat das Parlament das Impulsprogramm des Bundes, mit dem die Schaffung von neuen Betreuungspltzen gefrdert wird, um vier Jahre bis Januar 2019 verlngert. Die Betreuungspltze sind zudem teuer. Falls die Eltern nicht von Subventionen profitieren knnen, sind ihre Kosten oft so hoch, dass der durch eine Erwerbsaufnahme oder Erhhung des Erwerbspensums erzielte Mehrverdienst fast vollstndig zur Deckung dieser Kosten aufgewendet werden muss. Die Erwerbsttigkeit lohnt sich in solchen Fllen kaum, was zu einem Abhalteeffekt fhrt.

    Immer wieder ist der Vorwurf zu hren, dass die Kosten fr Krippenpltze wegen der vielen Regulierungen und Normen so hoch seien. Die Betreuung sei in der Schweiz viel teurer als in den Nachbarlndern. Ein Postulat von Nationalrtin Christine Bulliard-Marbach verlangt daher eine Analyse der Faktoren, die die Krippenpltze in der Schweiz doppelt so teuer machten wie in den Nachbarlndern und gleichzeitig eine Analyse von Mglichkeiten zur Dynamisierung des Krippensektors.

    Wenn die Betreuung in Krippen durch die ffentliche Hand subventioniert wird, ist der Preis, den die Eltern fr die Betreuung bezahlen, tiefer als die effektiven Kosten der Betreuung. Es ist daher wichtig, zwischen den tatschlichen Kosten von Krippenpltzen (Vollkosten) und den Kosten, die den Eltern in Rechnung gestellt werden (Elterntarife), zu unterscheiden. Im vorliegenden Forschungsbericht werden einerseits die Vollkosten der Krippenpltze und andererseits die Finanzierungsmodalitten und die finanzielle Belastung der Eltern (Elterntarife unter Bercksichtigung mglicher Steuerabzge) in der Schweiz mit jenen in Deutschland, Frankreich und sterreich verglichen.

    Auch wenn aufgrund der Datenlage nur ein Vergleich von ausgewhlten Regionen und kein umfassender Lndervergleich mglich war, so kann doch festgehalten werden, dass die Vollkosten der Krippen in der Schweiz sich im Vergleich mit den Nachbarlndern im Mittelfeld befinden. Die Krippenkosten sind somit in der Schweiz nicht teurer als im Ausland.

    Hingegen ist die finanzielle Belastung der Eltern von kleinen Kindern in der Schweiz tatschlich zwei- bis dreimal so hoch wie in den andern Lndern. Zudem werden in den Nachbarlndern im Unterschied zur Schweiz fast alle Pltze mit Subventionen verbilligt, so dass auch Eltern mit hohen Einkommen nicht die Vollkosten bezahlen mssen.

    Aus dem Vergleich mit den Nachbarlndern ergeben sich keine Hinweise auf grosse Einsparmglichkeiten. Im Vergleich zu den Nachbarlndern sind in der Schweiz die tglichen ffnungszeiten der Krippen wegen der hohen Wochenarbeitszeiten hher und die Lhne des Betreuungspersonals sind auch nach Kaufkraftbereinigung hher, im Quervergleich mit

  • anderen Branchen in der Schweiz jedoch tief. Eine Einschrnkung der ffnungszeiten wrde die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verschlechtern und bei den Lhnen besteht kein wesentlicher Handlungsspielraum. Zudem wrde eine Lohnsenkung den bereits bestehenden Mangel an qualifiziertem Fachpersonal verschrfen.

    Aufgrund des internationalen Vergleichs stellt sich vor allem die Frage der Finanzierung des Angebots der familienergnzenden Kinderbetreuung. Wer soll sich zuknftig an den Kosten beteiligen und in welchem Umfang? Sollen wie in den Nachbarlndern alle Eltern finanziell entlastet werden? Sollen allenfalls auch die Arbeitgeber systematisch in die Finanzierung einbezogen werden, da diese ja an einer hheren Erwerbsbeteiligung interessiert sind? Diese Fragen muss die Politik beantworten.

    Ludwig Grtner Stellvertretender Direktor Leiter Geschftsfeld Familie, Generationen und Gesellschaft

  • Avant-propos de lOffice fdral des assurances sociales

    La conciliation entre vie familiale et vie professionnelle est un objectif central de la politique familiale de la Confdration. Une meilleure participation des parents de jeunes enfants au march du travail est souhaitable du point de vue de lconomie et de lgalit des sexes, et attnue la pnurie de personnel qualifi.

    Toutefois, le manque de places daccueil extrafamilial reste un frein laugmentation du taux dactivit. Cest pourquoi le Parlement a prolong de quatre ans soit jusquen janvier 2019 le programme dimpulsion de la Confdration, qui vise encourager la cration de places daccueil supplmentaires. En outre, les places daccueil cotent cher : pour les parents qui ne bnficient pas de subventions, les frais de garde sont souvent tellement levs que toute augmentation de leur revenu est presque entirement absorbe par les frais de crche. Cette charge financire les dissuade donc de reprendre une activit ou daugmenter leur taux doccupation.

    La densit rglementaire et normative est rgulirement pointe du doigt comme tant lorigine des cots levs des crches, prsents comme nettement plus importants que dans les pays voisins. Ainsi un postulat de la conseillre nationale Christine Bulliard-Marbach demande au Conseil fdral dtablir un rapport sur les raisons pour lesquelles les places de crche sont en Suisse deux fois plus chres que dans les pays voisins, et de proposer des pistes pour dynamiser lensemble du secteur des crches.

    Lorsque les pouvoirs publics octroient des subventions, le prix pay par les parents est infrieur au cot effectif de la prise en charge. Il est donc essentiel de distinguer le cot effectif des places de crche (cot complet) du cot factur aux parents (tarif). Le prsent rapport compare les cots complets des places de crche ainsi que les modalits de financement et la charge financire pesant sur les parents (tarifs demands aux parents compte tenu des dductions fiscales possibles) en Suisse, en Allemagne, en France et en Autriche.

    Mme si lanalyse porte uniquement sur des rgions slectionnes et non sur des pays entiers, en raison des donnes disponibles, elle montre que le cot complet dune place de crche en S