anwendung der schwebemethode zur bestimmung des spezifischen gewichts isolierter zellkerne

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ANWENDUNG DER SCHWEBEMETHODE ZUR BESTIMMUNG DES SPEZIFISCHEN GEWICHTS ISOLIERTER ZELLKERNE v0n HANS PFEIFFER (Bremen) Mit 1 Textfigur Eingegangen am 26. November 1934 Wohl in der gesamten Literatur gilt der Zellkern als spezifiseh schwerer uls das Cytoplasma. Das ist zwar aus der Lage des Kernes in der Zelle nieht zu erschlie•en, ,,da auch spezifisch sehwerere Teile im physikMiseh oberen Teile der Zelle festgehMten werden" kSnnen (K~STER 1924, S. 998). Wohl aber folgt jene Beurteilung aus den in gro~er Zahl ausgeffihrten Zentri- fugierversuchen yon F. H. HERRICK, D. M. MOTTIER, F.M. ANDREWS, I-I.MIEHE, 1 ?. 1~. LILLIE, C. VAN WISSELINGI{, B. NEMEC, E. W. SCHMIDT, S. PRinT, J. GRAY, P.F. MILOVIDOV, T. SHI1KAMURA, D. KOSTOFF, R. SCItAEDE, J.M. ORTIz-PIc61~, O. KOPETZKY-REc~TP~RG U. a., deren einschl/igige Arbeiten fast Mle schon von TISCgLER (1934, S. 107) angefiihrt werden. Freilich liegen quanti- tative Ermittlungen fiber den Diehteunterschied yon Kern und Cytoplasma einer Zelle anscheinend nicht vor. Die Mitteilung einiger experimenteller Er- gebnisse, die nach der kiirzlich empfohlenen Sehwebemethode (PFEIFFER 1934, S. 428) erhalten worden sind, ist daher nicht fiberflfissig. Das gilt um so mehr, als die ersten Messungen an einigen bei der Reife sieh verfliissigenden Beerenperikarpien keine oder nut eine sehr ungewisse Best~ttigung der ver- breiteten Annahme der grSi3eren Diehte des Kernes ergeben haben. Die Teehnik der Schwebemethode und ihrer versehiedenen Ausfiihrungsweisen ist bereits ausfiihrlich besproehen worden (PFEIFFE~ 1934, S. 429f.). Ffir die Ausfiihrung der neuen Versuche ist indessen eine Erweiterung der Reihe der frfiher vorgesehenen Di e h t e- Indikatoren erforderlich geworden, um auch noeh Werte fiber d = 1,08 erfassen zu kSnnen. Nun ist es nicht leieht, dafiir eine grSBere Zahl geeigneter, relativ ,,indifferenter" Medien zu finden, und so ist naeh einer Reihe yon Vorversuehen mit witsserigen LSsungen yon Aldol (fl-oxybutyrMdehyd) und ~thylenglykol vor Mlem mit verschieden konzentrierten w~isserigen L6sungen yon Glykolehlorhydrin (:4thyleuchlorhydrin, ChlorathylMkohol) CH2OH'CH~C1 gearbeitet worden. Eine fiir die erste Beurteilung geeignete Reihe Indikatoren erhalt m~n, wenn man das Reagens in zunehmender Menge (etwa steigend in Abst~inden yon 3 ~o) reinem, doppelt destilliertem Wasser zusetzt und die notwendigen Eiehungen vornimmt. Fiir ge- nauere Messungen, die naehfolgen miissen, ist dann eine enger abgestufte Reihe yon Sehweb- medien herzustellen. Natiirlich kSnnen aueh andere Reagenzien, soweit sie mit Wasser (oder anderm geeigneten Medium) gut misehbar und auch farblos und chemisch ffir die Objekte indifferent sind, benutzt werden. Protoplasma. XXII 38

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Page 1: Anwendung der Schwebemethode zur Bestimmung des spezifischen Gewichts isolierter Zellkerne

ANWENDUNG DER SCHWEBEMETHODE ZUR BESTIMMUNG DES SPEZIFISCHEN GEWICHTS ISOLIERTER ZELLKERNE

v0n HANS PFEIFFER (Bremen) Mit 1 Textfigur

Eingegangen am 26. November 1934

Wohl in der gesamten L i t e r a t u r gi l t der Z e l l k e r n a l s s p e z i f i s e h s c h w e r e r u l s d a s C y t o p l a s m a . Das is t zwar aus der Lage des Kernes in der Zelle n ieht zu erschlie•en, , ,da auch spezifisch sehwerere Teile im physikMiseh oberen Teile der Zelle festgehMten werden" kSnnen (K~STER 1924, S. 998). Wohl aber folgt jene Beur te i lung aus den in gro~er Zahl ausgeff ihr ten Z e n t r i - f u g i e r v e r s u c h e n yon F. H. HERRICK, D. M. MOTTIER, F . M . ANDREWS, I-I. MIEHE, 1 ?. 1~. LILLIE, C. VAN WISSELINGI{, B. NEMEC, E. W. SCHMIDT, S. PRinT, J. GRAY, P . F . MILOVIDOV, T. SHI1KAMURA, D. KOSTOFF, R. SCItAEDE, J . M . ORTIz-PIc61~, O. KOPETZKY-REc~TP~RG U. a., deren einschl/igige Arbe i t en fas t Mle schon von TISCgLER (1934, S. 107) angef i ihr t werden. Fre i l ich l iegen quant i - t a t ive E rmi t t l ungen fiber den Dieh teun te r sch ied yon K e r n und Cy top la sma einer Zelle anscheinend n icht vor. Die Mit te i lung einiger exper imente l l e r Er- gebnisse, die nach der ki i rzl ich empfohlenen S e h w e b e m e t h o d e (PFEIFFER 1934, S. 428) e rha l ten worden sind, is t daher n icht fiberflfissig. Das gi l t um so mehr, als die ers ten Messungen an einigen bei der Reife sieh verf l i iss igenden Beerenper ikarp ien keine oder nu t eine sehr ungewisse Best~ttigung der ver- b re i te ten A n n a h m e der grSi3eren Diehte des Kernes ergeben haben.

Die T e e h n i k der S c h w e b e m e t h o d e und ihrer versehiedenen Ausfiihrungsweisen ist bereits ausfiihrlich besproehen worden (PFEIFFE~ 1934, S. 429f.). Ffir die Ausfiihrung der neuen Versuche ist indessen eine Erweiterung der Reihe der frfiher vorgesehenen Di e h t e- I n d i k a t o r e n erforderlich geworden, um auch noeh Werte fiber d = 1,08 erfassen zu kSnnen. Nun ist es nicht leieht, dafiir eine grSBere Zahl geeigneter, relativ ,,indifferenter" Medien zu finden, und so ist naeh einer Reihe yon Vorversuehen mit witsserigen LSsungen yon Aldol (fl-oxybutyrMdehyd) und ~thylenglykol vor Mlem mit verschieden konzentrierten w~isserigen L6sungen yon Glykolehlorhydrin (:4thyleuchlorhydrin, ChlorathylMkohol) CH2OH'CH~C1 gearbeitet worden. Eine fiir die erste Beurteilung geeignete Reihe Indikatoren erhalt m~n, wenn man das Reagens in zunehmender Menge (etwa steigend in Abst~inden yon 3 ~o) reinem, doppelt destilliertem Wasser zusetzt und die notwendigen Eiehungen vornimmt. Fiir ge- nauere Messungen, die naehfolgen miissen, ist dann eine enger abgestufte Reihe yon Sehweb- medien herzustellen. Natiirlich kSnnen aueh andere Reagenzien, soweit sie mit Wasser (oder anderm geeigneten Medium) gut misehbar und auch farblos und chemisch ffir die Objekte indifferent sind, benutzt werden.

Protoplasma. XXII 38

Page 2: Anwendung der Schwebemethode zur Bestimmung des spezifischen Gewichts isolierter Zellkerne

59~ Pfe i f fe r

Nur schwer auszufiihren ist die G e w i n n u n g i s o l i e r t e r K e r n e (K~STEI~ 1924, S. 1014; TISCItLER 1934, S. 277f.). Auf alle Fs ist der Beweis, da~ der Zellkern vSllig sauber aus dem daran adh~rierenden Cytoplasma herauszuschs gelungen ist, nicht leicht zu erbringen.

Prakt isch am einfachsten scheint es noch, a u s p f l a n z l i c h e n B e e r e n spontan sich isolierende Kerne zu verwenden, auch wenn dabei ein Adhs letzter, optisch vielleicht nicht einmal feststellbarer Cytoplasmatei lchen nicht ausgeschlossen werden kann. Seit der En tdeckung durch K~STER (1927, S. 225) sind zur Darstel lung nackter Protoplasten, Vakuolenhii l len und Kerne hi~ufig die Beeren yon S o l a n a c e e n , V i t a c e e n , C a p r i f o l i a c e e n , P h y t o l a c c a c e e n , L i l i a c e e n und , D i o s c o r e a c e e n herangezogen worden. Die hier zu be- sprechenden Messungen des spezifischen Gewichts isolierter Kerne sind yon solchen aus Beeren yon Solanum capsicastrum, Physalis sp. und - - wie schon frfiher - - yon Solanum nigrum ausgegangen. Die dabei gehegte Erwar tung , in der verschiedenen Dichte der neben kernlosen PlasmatrSpfchen auf t re tenden Gebilde ein neues einfaches Unterscheidungsmerkmal der einzelnen Kategor ien zu finden, hat s i c h - wie schon erwi~hnt - - n icht erffillt. GrSfierer Kfirze wegen mag es genfigen, hier nur die Werte fiir das friiher schon untersuchte Solanum nigrum anzufiihren. Neben auffallend s t a r k e r S t r e u u n g der Dichte- werte erhal ten wir fiir die Objekte bei jener Pflanze eine v e r b l i i f f e n d e ( ~ b e r - e i n s t i m m u n g in d e r D i c h t e aller vo rkommenden Elemente. So hat sich (als Mittel aus je 8 Einzelmessungen jedes Formelements derselben Beere) ffir

die nackten Protoplasten ein spez. Gewicht von . . . . . 1,041 • 0,007 die Tonoplasten (Vakuolenhiillen) ein solches von . . . . 1,039 • 0,009 die ,,nackten" Kerne ein Dichtewert um . . . . . . . . 1,042-L 0,015 und kernlose Plasmatropfen ein solcher um . . . . . . . 1,036 • 0,010

ergeben.

Dadureh, dab bei den friiheren Versuchen nicht gleich sorgfgltig zwischen diesen vier Kategorien von Gebilden in den zerfliel~enden Beeren unterschieden worden ist, erkl~rt sich die Angabe (PFEIFFER 1934, S. 431) der r e l a t i v hohen Dich tewer t e (1,040--1,060) im Vergleich zu denen yon Protoplasten, die aus Epidermiszellen isoliert worden waren.

Der ebenfalls bereits (a. a. O.) nfitgeteilte Befund, dab Protoplasten bei der K u l t u r in v i t ro sehon nach kurzem Uberleben auf dera kfinstlichen Substrat (Ni~hragar) mehrfach ein anfangs langsames, dann sehnelleres Ansteigen der Dichtewerte gezeigt haben, l~Bt ebenso wie eine soeben bekannt gewordene Beobaehtung yon COWARD (1933, S. 95) als Grund ffir die weitgehende Ubereinstimmung von Kern und Cytoplasma im spezifischen Gewichte eine Bee in f lu s sung durch das Milieu der Objekte vermuten. Wenn CONARD an den aus Spirogyra-Zellen ausgepre$ten Kernen naeh Aufbewahrung in Wasser neben der dureh AufhOren des mechanischen Zuges bedingten Form~nderung eine bald einsetzende Verquel- lung und Volumzunahme der Kerne (yon beispielsweise 667 auf 1097 ~8) feststellt, so kbnnten vielleicht anfangs relativ sehwere Kerne durch Wasseraufnahme eine geringere Dichte an- nehmen. In ~hnlieher Weise kSnnten iiberhaupt Kerne und Protoplasten dureh das Medium schlieBlieh in der Dichte einander angegliehen werden, so dab das Material zur Nachprfifung der erwarteten grO[]eren Dichte des Kernes ungeeignet seill mfiBte.

Zur quan t i t a t i ven Ermi t t l ung yon Dichteunterschieden, die nach dem Aus- fall yon Zentr ifugierversuchen wohl zu erwarten sind, mui~ also ein besser ge-

Page 3: Anwendung der Schwebemethode zur Bestimmung des spezifischen Gewichts isolierter Zellkerne

Anwendung der Schwebemethode zur Bestimmung des spezifischen Gewichts usw. 595

T a b e l l e

Dich teunte rsch iede (d~0) isol ier ter K e r n e und C y t o p l a s m a t r o p f e n einer Spiro- gyra spec.

eben isolierte Kerne . . . . . . . . . . . . 1,094 ~= 0,007 Kerne, 4 Std. in Wasser . . . . . . . . . . 1,068 ~ 0,021 Kerne, 4 Std. in l0 % Glukose . . . . . . . 1,089 ~ 0,011 Kerne, 4 Std. in Paraffinbl . . . . . . . . . 1,091 ~ 0,009 Plasmatropfen mittlerer Gr56e . . . . . . . 1,071 ~= 0,016 ebenso, 4 Std. in Wasser . . . . . . . . . . 1,045 ~ 0,028 ebenso, 4 Std. in ParaffinS1 . . . . . . . . 1,069 ~= 0,008

eignetes Mater ia l gesucht werden. CONARD (1933) is t es nun jf ingst gelungen, aus Zellen yon Spirogyra majtescula K(+. die K e r n e herauszupressen (vgl. f iber wei tere MSgl ichkei ten TISCttLER 1934, S. 278). Ff i r die eigenen Versuche is t eine n icht kopul ierende, aber s brei tzel l ige F o r m wie die Sp. majuscula benu tz t worden (Zellen fiber 5 0 # bre i t , 21/2--10 real so lang, mi t 4 - - 9 ge r ad e n oder schwach gedreh ten Chlorophyl l - b/~ndern). J e naehdem ob wir nun die e b e n i s o l i e r t e n K e r n e oder dieselben naeh 1/~ngerer A u f b e w a h r u n g in W a s s e r oder sehliefilieh nach K u l t u r in l0 ~ G l u k o s e l S s u n g oder in P a r a f f i n 6 1 untersuchen, e rha l ten wir bei Anwendung der Schwebemethode rech t verschiedene Dieh tewer te (s. die Tabelle) , die wir aueh mi t jenen kle inerer oder gr6gerer P l a s m a - t r S p f e h e n nach '~hn]icher Behand lung vergleiehen k6nnen (zur He rabse t zung des Versuchsfehlers werden wiederum mehrere Kerne oder P l a sma t rop fen gemessen und da raus ein a r i thmet i sches Mi t te l errechnet) . Sehr bemerkenswer t is t besonders der Ein-

$o6o i

,1o5o

l, oso

~, o~/o I - - -

0 1 ~ 3 l; 5 6 7 8 10 ff 12 13 lq

Fig. 1. Ver~uderung des spez. Gewiehts herausgequetschter K e r n e (A. B) und mittelgro6er P l a s m a t r o p f e n (C) yon Spirogyr<t-Zellen im Laufe fortgesetzter

W~sserung.

flu6 der Wasse rku l t u r 1) von K e r n e n oder t ropfenf6rmigen P l a smu t r t imme rn (vgl. Fig. 1). Alle diese Ergebnisse lassen offenbar naehs t ehende F o l g e r u n g e n zu:

1. Der aus Zentrifugierversuchen gezogene Schlug der g r 5 g e r e n D i c h t e des K e r n e s im V e r g l e i c h zum C y t o p l a s m a besteht zu Recht;

2. durch die R e i f e p r o z e s s e in s a f t i g e n B e e r e n gleichen sich Kerne und Cyto- plasmatropfen im spez. Gewicht weitgehend an;

1) Dazu eignet sich in hervorragendem Mal]e ein schon yon J o ~ AF KLERCKEN eingefiihrtes Verfahren, bei dem sich die Objekte, mittels Glaswolle vor dem ~r geschtitzt, unter einem grol3en Deckglas zwischen einem Paar Lelnwandstreifen befinden, durch welche info]ge geeigneter Anbringung eines wasserspendenden und eines auffangenden Gef~Bes ein stetes Zu- bzw. AbstrSmen yon Wasser erreicht wird.

38*

Page 4: Anwendung der Schwebemethode zur Bestimmung des spezifischen Gewichts isolierter Zellkerne

596 P f e i f f e r , Anwendung d. Sehwobemethode z. Bestimmung d. spezifischen Gewiehts usw.

3. fiberhaupt h a t das Medium e inen b e d e u t e n d e n Einflul3 aufdas spez. Gewicht isolierter Kerne (Erfahrungen bei der Kultur in vitro, wie bei der Behandlung mit Wasser, mit w~sserigen GlukoselSsungen oder Liquidum paraffinum). Wenigstens beim Wasser folgt die Beeinflussung mit groter Ann~herung einer logarithmisehen Kurve.

L i t e r a t u r

COWARD, A., Sur l'association temporaire de la caryotine et de la substance nuel~olaire au cours des ph6nom~nes de division ehez Degagnya et les Spirogyras. Compt. rend. Soc. biol. 113, 93H96, 1933.

K i i s r ~ , E., Experimentelle Physiologie der Pflanzenzelle, in: E. ABDERI=IALDEN, Handb. d. biol. Arbeitsmeth. (XI), 1, 961--1058, 1924.

- - , Ober die Gewinnung naekter Protoplasten. Protoplasma 3, 223--233, 1927. PF~IFF~, H., Versuche zur Bestimmung des spezifischen Gewichts nackter Protoplasten.

Protoplasma 21, 427--432, 1934. TIS(JttLEfr G., Allgemeine Pflanzenkaryologie, I. Halfte, 2. Aufl., in- K. LINS~AVER, Handb.

d. Pflanzen-Anatomie (I/1), 1, Berlin (Gebr. Borntraeger) 1934.