aufgaben für die ewigkeit - rag...nicht nur bis zum ende der förde-rung, sondern auch darüber...

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Grubenwasserhaltung, Poldermaßnahmen und Grundwassermanagement im Ruhrgebiet Aufgaben für die Ewigkeit

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Grubenwasserhaltung, Poldermaßnahmen und Grundwassermanagement im Ruhrgebiet

Aufgaben für die Ewigkeit

Die RAG gestaltet den Nachbergbau 3Die Ewigkeitsaufgaben im Ruhrgebiet 4

Wir übernehmen Verantwortung 5Das Grubenwasserkonzept der RAG 8Infobox: Stichwort Grubenwasseranstieg 12Das Boxmodell 13Grubenwasser wird kontinuierlich überwacht 14Nachbergbau als Forschungsfeld 15Gewässerqualität systematisch verbessern 16Ewigkeitsaufgaben des Steinkohlenbergbaus an der Ruhr 18Wasserhaltungsstandorte erhalten energiesparende Pumpen 20Wie aus Grubenwasser erneuerbare Energie wird 23Pumpen für die Ewigkeit 24Infobox: Die Geschichte der Pumpwerke 27Neuer Raum für Flora und Fauna 28Sanierung von Grundwasserverunreinigungen 30Infobox: Grundwasserreinigung durch Aktivkohle 33Impressum 34

Inhalt

INHALT

Um erfolgreich und zuverlässig Kohle zu fördern, wie es die RAG seit ihrer Gründung im Jahr 1968 tut, braucht es Know-how: das Fachwissen als Quintessenz aus rund 150 Jahren industriellem Steinkohlenbergbau in Deutschland. Dieses Wissen in den Köpfen ihrer Mitarbeiter ist für die RAG ein ebenso bedeutender „Rohstoff“ wie die Kohle selbst. Das Wissen um den Einsatz innovativer, effizienter und zuverlässiger Technologien unter und über Tage gilt es zu bewahren und weiterzugeben, auch wenn die Steinkohlenförderung nach 2018 beendet ist.

Zum langfristigen Denken und Planen gehört der Blick nach vorn, um für die Fragen und Herausforderungen von morgen schon heute Antworten und Lösungen zu entwi-ckeln. Diesen Blick richtete die RAG daher schon seit Jah-ren nach innen, wo sie interne Werkzeuge und Prozesse der Wissensweitergabe entwickelte, um dem Know-how-Verlust zu begegnen. Nicht nur bis zum Ende der Förde-rung, sondern auch darüber hinaus, um für die Aufgaben der Nachbergbau-Ära geeignete Strukturen und Fachleu-te vorzuhalten. Und sie richtet diesen Blick nach außen, indem sie als verantwortlicher Partner in den Revieren für die Bergbaufolgen geradesteht, ehemalige Standorte für neue Nutzungen entwickelt und so im Strukturwandel wichtige Impulse gibt.

Die RAG wird es auch nach dem Bergbau weiterhin geben. Sie wird das Wissen aus dem Bergbau nutzen, um die Nachbergbauzeit zu gestalten und das kulturelle Erbe in den Steinkohlenregionen zu erhalten. Dazu bezieht das Unternehmen auf vielen Ebenen Partner aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft sowie Bürger, Nachbarn und ehemalige wie aktive Mitarbeiter ein. Denn zum er-haltenswerten Bergbauwissen zählt neben dem Wissen um die Kohlenförderung oder den Nachbergbau auch der

reiche kulturelle Erfahrungsschatz, der über Jahrzehnte Menschen und Regionen geprägt hat und aus Sprache, Tradition und Selbstverständnis nicht wegzudenken ist.

Jahrzehnte industrieller Bergbau haben neben dem soliden Fundament des wirtschaftlichen Wohlstands auch eine kulturelle Identität geschaffen, die erhalten, erforscht und auch weiterhin gelebt werden will. Auch hierbei handelt es sich um eine wertvolle Ressource – den Rohstoff für Einfallsreichtum, Solidarität, Selbstbewusst-sein und Zuversicht. Was Bergbau ausmacht, technisch, wirtschaftlich, menschlich – dieses Vermächtnis trägt die RAG, tragen die Bergleute über das Ende der Förderung hinaus und geben es weiter an kommende Generationen.

Die RAG gestaltet den Nachbergbau

3EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

4EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Regenwasser, das entlang der Gesteinsschichten durch Klüfte versickert, reichert sich mit Salzen und anderen Mineralien an und sammelt sich in den untertägigen Strecken und Streben. Um überhaupt Steinkohle fördern zu können, muss es als Grubenwasser gehoben werden. Nach der Beendigung der Kohleproduktion kann das Grubenwasser bis zu einem gewissen Niveau mit ausreichend Abstand zu Trinkwasservorkommen ansteigen. Von dort wird es nach über Tage gepumpt, damit es sich nicht in höheren Schichten mit Grundwasser vermischt. Der Trinkwasserschutz hat bei der Grubenwasserhal-tung oberste Priorität.

Grubenwasserhaltung

Grundwassermanagement

Poldermaßnahmen

Die Poldermaßnahmen betreffen die Regulierung von Oberflächenwasser im Ruhrgebiet, dessen Topografie sich durch den Bergbau in den vergangenen 150 Jahren veränderte. Um Vernässungen von Flächen zu vermeiden, betreiben die Wasserverbände der Region und die RAG dazu übertägige Pumpanlagen.

Mit dem Grundwassermanagement kümmert sich die RAG um ehemalige Bergbauflächen, meist Kokereien, auf denen Verunreinigungen in den Boden und das Grundwasser gelangten. Mit einem speziellen Verfahren wird die-ses Grundwasser gereinigt. So sorgt das Unternehmen dafür, dass keine weitere Ausbreitung der Schadstoffe stattfindet. Das muss über einen nicht absehbaren Zeitraum geschehen, weshalb auch diese Arbeit zu den Ewigkeits-aufgaben gehört.

5EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Mehr als 150 Jahre lang hat der Steinkohlenbergbau das Ruhrgebiet geprägt. Er hat der Region vor allem wirtschaft-lich, aber auch sozial und kulturell zu großem Wohlstand verholfen. 1853 wurden im „Pott“ mehr als zwei Millionen Tonnen Kohle abgebaut. Die Blütezeit aber waren die Jahre des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg: Damals wurden 150 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr gefördert. Bis in die Gegenwart erlebte der Steinkohlenbergbau eine be-achtliche industrielle Entwicklung, die wegen des techno-logischen Fortschritts eine Kohlenförderung in immer grö-ßeren Tiefen möglich macht. Allein im Ruhrgebiet beläuft sich die Zahl der ehemaligen Zechen auf mehrere Tausend.

DAUERHAFTE REGULIERUNG DES WASSERHAUSHALTSWenn Ende 2018 die Steinkohlenförderung eingestellt wird, endet ein bedeutendes Kapitel deutscher Industrie-geschichte. Die Arbeit der RAG geht jedoch weiter. Auf das Unternehmen kommen dauerhaft wichtige Aufgaben zu. Die Bearbeitung der sogenannten Ewigkeitsaufgaben trägt dazu bei, den Wasserhaushalt in der Region unter und über

Tage zu regulieren. Oberstes Gebot sind dabei der Trinkwas-ser- und der Umweltschutz. Gleichzeitig entwickelt die RAG ehemalige Bergbauflächen weiter, so dass sie zukünftig Raum für Wohn- und Gewerbegebiete oder zur Strompro-duktion aus erneuerbaren Energien bieten.

Bei den Ewigkeitsaufgaben, die ab 2019 die RAG-Stif-tung finanziert, handelt es sich um Bergbaufolgen, die auf ewig Maßnahmen erfordern. Dazu zählen das Sam-meln und Pumpen des Grubenwassers, das Reinigen und Überwachen des Grundwassers im Bereich ehemali-ger bergbaulicher Betriebe sowie das Management des Oberflächenwassers in bergbaubedingten Senkungen (Polder).

Ausdrücklich nicht Teil der Ewigkeitsaufgaben sind die sogenannten Bergschäden, also Schäden an Gebäuden, Grundstücken oder Straßen, die auf bergbauliche Aktivitä-ten zurückzuführen sind. Die Regulierung von Bergschäden wird nicht durch die RAG-Stiftung finanziert, sondern wie bisher direkt von der RAG AG. Dies gilt auch über 2018 hin-aus. Daher hat die RAG dafür finanzielle Vorsorge getroffen.

Wir übernehmen VerantwortungBergwerk Walsum in Duisburg.

Ebenfalls zu den endlichen Aufgaben gehören Sanierungen alter Schächte, der Rückbau von Betriebsanlagen sowie Pensionsverpflichtungen.

TRINKWASSERSCHUTZ BESITZT OBERSTE PRIORITÄTUm tief unter der Erde Schächte und Strecken trocken zu halten und somit überhaupt Steinkohle fördern zu können, muss eindringendes Wasser permanent an die Oberfläche gepumpt werden. Auch nach dem Betriebsende der letzten Zeche 2018 wird das Grubenwasser gehoben, insbesondere um eine Vermischung mit dem Trinkwasser zu verhindern. Derzeit betreibt die RAG 13 Grubenwasserhaltungen im Ruhrgebiet. Davon sollen nach den Plänen des Grubenwas-serkonzepts langfristig sechs übrig bleiben.

Mit der Reduzierung der Grubenwasserhaltungen lässt sich ein weiteres Ziel der Nachbergbau-Ära realisieren: der Umbau zahlreicher Flüsse, Bäche und Teiche in naturnahe Gewässer. Denn die Einleitung von Grubenwasser beeinflusst die Ge-wässerqualität insbesondere kleinerer Flüsse und Bäche. Um das Grubenwasser nur noch an wenigen zentralen Wasserhal-tungsstandorten zu heben, bedarf es allerdings eines Anstiegs des Grubenwassers, um untertägige Verbindungswege zu nutzen. Eine Besonderheit begrenzt im Ruhrgebiet den Gru-benwasseranstieg: Die Halterner Sande stellen das wichtigste Trinkwasserreservoir der Region dar und somit das oberste Schutzziel für das Grubenwasserkonzept. Aus diesem Grund soll der Abstand des Grubenwassers zu den Trinkwasservor-kommen nie weniger als 150 Meter betragen.

Auch nach der letzten Schicht Ende 2018 bleibt die RAG ein verlässlicher Partner im Ruhrgebiet.

6EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Durch den Bergbau haben sich über die Jahrhunderte ganze Regionen abgesenkt, in extremen Fällen sogar über 20 Meter. An diesen Stellen muss das Oberflächenwasser auch zukünf-tig mit Poldermaßnahmen aktiv reguliert werden, um zu vermeiden, dass sich Oberflächenwasser in den Senken sam-melt. Spezielle Pumpwerke müssen betrieben und Gewässer vertieft werden, um den Abfluss zu garantieren.

Im Bereich einiger bergbaulicher Betriebe, insbeson-dere auf früheren Kokerei-Geländen, muss zudem verun-reinigtes Grundwasser gereinigt werden. Auf den Arealen gelangten, oft vor Jahrzehnten und teilweise durch Kriegs-einflüsse, Schadstoffe in den Boden und auch in das Grund-wasser. Dort wo sich Verunreinigungen zeigen, reagiert die RAG und ergreift Maßnahmen zur Eindämmung und Be-hebung der Einflüsse. Der Erfolg dieser Maßnahmen wird regelmäßig kontrolliert.

RAG BLEIBT AUCH NACH 2018 VERANTWORTLICHAuch nach 2018 bleibt die RAG für die Abwicklung der Ewig-keitsaufgaben verantwortlich. Die Kosten übernimmt dann die RAG-Stiftung. Ab 2019 muss sie für die Finanzierung der Ewigkeitsaufgaben geschätzte 220 Millionen Euro pro Jahr aufwenden. Allein die Grubenwasserhaltung beansprucht rund zwei Drittel dieser Summe. Knapp 30 Prozent entfal-

Das Grubenwasser der Zeche Robert Müser wird auch zum Beheizen umliegender Gebäude genutzt.

Ein Stück gelungener Strukturwandel: Das ehemalige Bergwerk Ewald ist heute ein Logistikstandort.

len auf Poldermaßnahmen, der Rest auf die Grundwasser-reinigung.

Die RAG bleibt auch nach dem Ende des Bergbaus nicht nur Ansprechpartner für die Bearbeitung der Ewigkeitsauf-gaben, sondern kümmert sich auch weiterhin um die Regulie-rung von Bergschäden. Denn für Schäden, die durch Bergbau und Nachbergbau verursacht werden, steht das Unterneh-men nach wie vor gerade.

7EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Das Grubenwasserkonzeptder RAGDie Grubenwasserhaltung in den ehemaligen Bergbaugebieten zählt zu den wichtigsten Zukunftsaufgaben der RAG. Dafür entwickelt das Unternehmen in enger Abstimmung mit Politik und Behörden ein Konzept für die langfristige Bearbeitung dieser Aufgabe. Das oberste Gebot dabei: der Trinkwasserschutz. Das Konzept ist darauf ausgelegt, die Ewigkeits-aufgabe Grubenwasserhaltung langfristig effizient und verantwortungsvoll zu gestalten.

Der Standort Heinrich an der Ruhr in Essen fördert langfristig Grubenwasser.

8EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Bei der Grubenwasserhaltung handelt es sich um das Was-sermanagement eines Bergwerks, also die Steuerung des Wasserhaushalts unter Tage. Grubenwasser ist Regenwas-ser, das entlang von Gesteinsschichten und Klüften in den Boden sickert. Auf dem Weg in das sogenannte Grubenge-bäude löst es im Gestein Sedimente und Mineralien wie zum Beispiel Salze. Deshalb muss zum Schutz des Trink-wassers der Kontakt mit trinkwasserführenden Schichten verhindert werden. Ohne regulierenden Eingriff macht das Wasser die Arbeit unter Tage unmöglich. Daher ist es im ak-tiven Bergbau unerlässlich, diese Wässer abzufangen und abzupumpen, nach über Tage zu fördern und dort schließ-lich über Flüsse und Bäche abzuleiten.

Grubenwasserhaltung wird aber nicht nur in aktiven Bergwerken betrieben. Nach der Stilllegung einer Zeche werden die notwendigen Maßnahmen der Wasserhebung nicht eingestellt, da weiterhin Regenwasser in die Gruben-räume fließt. Weil aktive und stillgelegte Bergwerke in der Regel durch Strecken miteinander verbunden sind, gilt es zu

verhindern, dass das Grubenwasser aus stillgelegten Berg-werken in benachbarte aktive Bergwerke fließt. Unter be-sonderen Voraussetzungen können aktive Bergwerke durch untertägige Hochdruckdämme hydraulisch von stillgeleg-ten Bergwerken abgetrennt werden. In der Regel werden jedoch zentrale Wasserhaltungen eingerichtet. Dazu wer-den die Pumpstandorte stillgelegter Bergwerke so zu soge-nannten Wasserprovinzen zusammengefasst, dass deren gesamtes Grubenwasser an einem zentralen Pumpstandort gehoben werden kann.

Die Entwässerungen auf den Bergwerken bestehen im aktiven Bergbau aus einer Vielzahl von Sammelbecken, Pumpen und Rohrleitungen. An einer zentralen Stelle des Bergwerks wird ein Sammelbecken (Pumpensumpf) ange-legt, in dem die Wässer aus allen Strecken, Abbauen und Schächten gesammelt werden. Am Rande des Pumpen-sumpfes liegt die Pumpenkammer. Hier stehen die Pum-pen, die das Grubenwasser im Ruhrgebiet aus derzeit bis zu 1.400 Metern Tiefe an die Tagesoberfläche fördern.

150 m

Grubenwasserhorizont

Grubenwasser

Grundwasser

Trinkwasservorkommen

Mindestens 150 MeterSicherheitsabstand

zwischen Grubenwasser und den Trinkwasser-

vorkommen der Halterner Sande

Grundwasserreinigungsanlageam ehemaligen

Kokerei-StandortPolderanlagen regulieren den

Grundwasserstand in Senkungsgebieten

Grubenwasserhaltungsstandortmit Brunnenpumpen

Regenwasser staut sich in einer wasserführenden Schicht, dem

sogenannten Aquifer

Der Sicherheitsabstand zwischen Gruben- wasserniveau und den Trinkwasservorkommen der Halterner Sande beträgt mindestens 150 Meter.

Regenwasser sickert von Süden durch

Schächte, Klüfte und Risse in das Gestein und sammelt sich

unter Tage als Grubenwasser

9EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Ruhrgebiet Übersichtskarte aktuelle und geplante Grubenwasserhaltungsstandorte

GRUBENWASSERHALTUNG IST EINE AUFGABE FÜR DIE EWIGKEITWenn die RAG nach 2018 im Ruhrgebiet keine Steinkohle mehr fördert, fällt die Notwendigkeit, untertägige Betriebs-bereiche trocken zu halten, weg. Damit eröffnen sich Mög-lichkeiten, die Grubenwasserhaltung langfristig mit Fokus auf die Entlastung der aufnehmenden Gewässer zu gestal-ten. Das Grubenwasserkonzept der RAG sieht langfristig eine Reduzierung der Wasserhaltungsstandorte, die Umrüs-tung auf Brunnenwasserhaltung und eine Anhebung des Pumpniveaus vor. Zahlreiche Flüsse und Bäche können vom Grubenwasser entlastet werden. Von den derzeit noch 13 Wasserhaltungen in den Steinkohlenrevieren an der Ruhr sollen langfristig nur sechs die Grubenwasserhaltung über-nehmen (siehe Karte).

Über 70 Millionen Kubikmeter Grubenwasser leitet die RAG derzeit pro Jahr in Lippe, Emscher, Ruhr und Rhein. Mit den langfristig geplanten sechs Wasserhaltungen wird die

Emscher komplett vom Grubenwasser befreit. Für die Lip-pe bedeutet das Konzept eine zusätzliche Entlastung auf 45 Flusskilometern. Dazu muss im Ruhrgebiet die durch-schnittliche Pumphöhe von 900 auf 600 Meter angehoben werden. Der wichtigste Aspekt dabei: Das Wasser steigt nur auf ein Niveau an, das mindestens 150 Meter unterhalb der wichtigen Trinkwasservorkommen der Halterner Sande liegt. Außerdem enthält das Grubenwasser zukünftig weniger Sal-ze, da es einen wesentlich kürzeren Weg durch das Gestein zurücklegt. Eine möglichst geringe Pumphöhe verringert zu-dem den Energieverbrauch der Wasserhaltungen.

Ein wichtiger Faktor im Grubenwasserkonzept ist die Umstellung der Standorte auf Brunnenwasserhaltung. Im Gegensatz zur Wasserhaltung in aktiven Bergwerken be-darf es dafür keiner untertägigen Infrastruktur mehr. In die Schächte werden Hüllrohre eingelassen, durch die Tauch-pumpen von über Tage bis in das wasserführende Niveau ge-bracht werden und das Wasser heben (siehe auch Seite 16).

Dortmund

Wesel

Lünen

Hattingen

Bottrop

Recklinghausen

GelsenkirchenUnna

MoersWitten

Essen

Duisburg

Bochum

Haltern

Dorsten

Walsum

Lohberg

Amalie

Walsum

Heinrich

Concordia

Zollverein

Prosper-Haniel

Carolinenglück

Fürst Leopold

Haus Aden

Robert MüserFriedlicher Nachbar

Auguste Victoria

GeplantezentraleWasserhaltung

Unter anderem als Sicherung vorgesehener Standort

10EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

In Einzelfällen sind geringe Erschütterungen durch den An-stieg des Grubenwassers nicht auszuschließen. Diese wür-den jedoch geringer als Erschütterungen durch den aktiven Steinkohlenabbau ausfallen. Auch Hebungen im Zentime-terbereich sind möglich. Wissenschaftliche Untersuchun-gen der Technischen Fachhochschule Georg Agricola zu Bo-chum (TFH) zeigen jedoch, dass mit diesen Auswirkungen nur in sehr geringem Maße zu rechnen ist und keine Schä-den zu erwarten sind. Sollten durch die Hebungen Schäden an Gebäuden auftreten, so sind dies Bergschäden, die ent-sprechend reguliert werden. Ein Monitoringsystem beglei-tet und überwacht zudem den Grubenwasseranstieg.

RENATURIERUNG VON FLÜSSEN UND BÄCHENDie im Wasserhaltungskonzept der RAG vorgesehene Redu-zierung der Pumpstandorte leistet insgesamt betrachtet ei-nen aktiven Beitrag zum Umweltschutz. Ein Vorteil für Natur und Umwelt besteht darin, dass die Einleitung von Gruben-wasser mit Salzen, Sedimenten und möglichen Schadstoffen in viele Flüsse, Bäche und Teiche entfällt. Dadurch wird sich nicht nur die Qualität des Wassers, sondern es werden sich auch die Lebensbedingungen von Pflanzen und Tieren am und im Gewässer enorm verbessern. Erst so werden die ge-planten Renaturierungen von Bach- und Flussläufen über-haupt möglich.

Langfristig soll kein Grubenwasser mehr in die Emscher und ihre Nebenläufe eingeleitet werden. Voraussetzung da-für ist die Reduzierung der Pumpstandorte. Beispielsweise

fließen derzeit noch die Grubenwässer der Standorte Pros-per-Haniel in Bottrop, Concordia in Oberhausen, Amalie und Zollverein in Essen sowie Carolinenglück in Bochum in die Emscher und ihre Nebenläufe. Das Konzept der RAG sieht vor, den Fluss komplett vom Grubenwasser zu entlasten.

Langfristig sollen die Grubenwässer im Ruhrgebiet an zentralen Standorten gehoben werden und in die größe-ren Flüsse Rhein, Ruhr und Lippe geleitet werden. Das bil-det die Grundlage dafür, dass sich Gewässer oberirdisch wieder zu naturnahen Bächen und Flüssen entwickeln können.

„�Der�Trinkwasserschutz�besitzt�für�uns�oberste�Priorität.��Er�ist�maßgeblich�für�das�gesamte�Grubenwasserkonzept.“

Dr. Michael Drobniewski, Leiter Grubenwasserhaltung bei der RAG

Die RAG hat den Anspruch, Verantwortung für einen nachhaltigen Umgang mit den Folgen des Bergbaus zu übernehmen. Dabei setzt das Unternehmen nicht nur auf die eigene Kompetenz, sondern auch auf eine wissenschaftliche Begleitung. So soll das Grubenwas-serkonzept von einem renommierten überregionalen Expertenkreis aus unabhängigen und erfahrenen Um-weltchemikern, Hydrogeologen und Hydrologen beglei-tet werden. Zugleich möchte die RAG auf diesem Weg in einen Dialog mit Unternehmen, Verbänden, der Politik und der Bevölkerung treten.

Wissenschaftliche Begleitung

11EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

ZURÜCK ZUR NATURDamit Grubenwasser nicht mehr, wie lange Zeit üblich, in kleinere Bäche geleitet werden muss, hat die RAG in den vergangenen Jahren immer mehr Grubenwasserleitungen gebaut. Diese leiten das Grubenwasser von den zentralen Wasserhaltungsstandorten zu den größeren Flüssen in der Region. Diese Entlastung der kleineren Nebengewässer trägt entscheidend zur Verbesserung ihrer Wasserqualität bei. Damit wird eine wichtige Voraussetzung zur natur-nahen Umgestaltung dieser Gewässer geschaffen. Insge-samt konnte die RAG bis heute rund 130 Kilometer Gewäs-serläufe vom Grubenwasser befreien. Nach den Planungen zur langfristigen Optimierung der Grubenwasserhaltung sollen es bis 2035 insgesamt 240 Flusskilometer sein. Auch wenn die Grubenwasserleitungen unterirdisch verlaufen und damit das Landschaftsbild nicht beeinträchtigen, so hält die RAG sie dennoch stets im Blick. Dazu werden sie, obwohl dies gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, mit Leckageüberwachungen ausgestattet. So lassen sich mögliche Störungen frühzeitig erkennen. Auch bei der Re-gulierung von Bächen, beispielsweise bei Veränderungen im Fließverhalten, setzt die RAG auf eine ökologische und naturnahe Gestaltung. Damit trägt sie zum nachhaltigen Management im Gewässersektor bei.

Das Grubenwasserkonzept der RAG sieht bis 2035 einen schrittweisen Anstieg des Grubenwassers vor. Dazu steht das Unternehmen in enger Ab-stimmung mit Politik und Behörden. Werden Genehmigungsverfahren und Umweltverträglichkeitsprüfungen be- standen, soll die durchschnittliche Pumphöhe von derzeit etwa 900 auf 600 Meter unter der Erdoberfläche steigen. Doch was bringt eigentlich der Anstieg? Kleinere Oberflächengewäs-

ser können vom Grubenwasser entlas-tet werden und so einen guten ökolo-gischen Zustand erreichen. Dazu muss die Zahl der Wasserhaltungsstandorte verringert werden. Dies wiederum ist jedoch nur mit einem Anstieg des Gru-benwassers möglich, damit das Wasser unter Tage den zentralen Grubenwas-serhaltungsstandorten zufließen kann.

Bei der Regulierung des Gruben-wasserniveaus hat der Schutz des Trinkwassers allerhöchste Priorität.

Daher wird ein Sicherheitsabstand zwischen Grubenwasser und Trinkwas-serreservoirs eingehalten. Die geringe-re Fördertiefe hat ganz unmittelbare Vorteile für die Umwelt: Je geringer die Fördertiefe, desto weniger Energie ver-brauchen die Pumpen. Der Einsatz mo-derner Tauchpumpen bringt zusätz-liche Energieeffizienz (siehe Seite 16). Außerdem führt auf höherem Niveau abgepumptes Grubenwasser weniger Salze und Mineralien mit sich.

Stichwort Grubenwasseranstieg

Das Grubenwasserkonzept ermöglicht die Entlastung und naturnahe Umgestaltung zahlreicher Nebengewässer.

130 kmRund 130 Kilometer Gewässerläufe konnte die RAG bis heute von Grubenwasser befreien.

12EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

DAS BOXMODELLBei der Umsetzung des Grubenwasserkonzepts der RAG, speziell bei der Planung der Reduzierung von Einleitstellen, kommt das sogenannte Boxmodell zum Einsatz. Die-ses teilt das Ruhrgebiet in Wasserprovinzen ein, die als einzelne „Boxen“ dargestellt werden und die un-tertägig verbunden sind. Alle wichtigen Daten aus aktuell betriebenen und stillgelegten Zechen wie etwa wasser-wegige Verbindungen, Förderraten, Pumpniveaus, Was-serspiegel oder flutbare Hohlraumvolumen sind in das Modell eingespeist.

Auf dieser Basis können Grubenwassermengen und -strömungen, Fließwege und Wasserqualitäten simuliert werden. So lässt sich mithilfe des Boxmodells unter an-derem analysieren, welche Auswirkungen die Anhebung eines Wasserhaltungsniveaus in einem Gebiet auf be-nachbarte Wasserhaltungen und Grubenfelder hätte. Im

Mit dem Grubenwasseranstieg ist eine temporäre Zunahme von Methangas-austritten möglich, die jedoch systema-tisch erfasst und überwacht werden. Da das Wasser das Gas in den über-stauten Bereichen einschließt, ist mit dem Anstieg davon auszugehen, dass die Gasmengen langfristig abnehmen. Auch von den im Zuge des Anstiegs möglichen Hebungen des Deckgebir-ges sind keine Schäden zu erwarten. Sollten dennoch hebungsbedingte

Schäden an Gebäuden eintreten, so sind dies Bergschäden, die entspre-chend reguliert werden. Erderschüt-terungen können in Einzelfällen nicht ausgeschlossen werden, sind jedoch in geringerem Umfang als im aktiven Abbau zu erwarten. Wissenschaftliche Untersuchungen der Technischen Fach-hochschule Georg Agricola zu Bochum (TFH) beschäftigten sich mit dem Gru-benwasseranstieg und zeigten, dass mit diesen Auswirkungen nur in sehr

geringem Maße zu rechnen ist und keine Schäden zu erwarten sind. Zur Abwägung aller Risiken soll neben der engen Abstimmung mit Politik und Be-hörden der Wasseranstieg auch von ei-nem überregionalen Expertenkreis aus unabhängigen und erfahrenen Um-weltchemikern, Hydrogeologen und Hydrologen wissenschaftlich begleitet werden (siehe Seite 7). Ein umfassen-des Monitoringsystem überwacht zu-dem den Grubenwasseranstieg.

aktiven Bergbau nutzt die RAG das Boxmodell schon lange für Berech-nungen. Damit gelingt es den Ingenieuren im Bergbau, die Abbaubetriebe frei von Gruben-wasser zu halten.

Aktive Bergwerke

Grubenwasserniveau

Dämme

Wasserwege

Bergwerke als Boxmodell

Das Ruhrgebiet als Boxmodell

NordenStand: Dezember 2015

13EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Grubenwasser wird kontinuierlich überwacht

Die Grubenwasserhaltung findet auf Grundlage wasser-rechtlicher Erlaubnisse statt, die die RAG bei der Bezirksre-gierung Arnsberg einholt. Die in der Regel befristeten Ge-nehmigungen beinhalten Vorgaben zur Menge und, falls behördlich erforderlich, zur Qualität. Eine Analyse des Gru-benwassers erfolgt vierteljährlich im Rahmen der Selbst-überwachung durch ein unabhängiges Labor. Die unter-schiedlichen Genehmigungen machen dabei verschiedene Vorgaben zu den zu untersuchenden Parametern. Deshalb prüft die RAG einen umfassenden Standardparameterkata-log, der zum Teil über den behördlich geforderten Umfang hinausgeht. Das Unternehmen informiert die Bergbehörde regelmäßig über die Ergebnisse der Untersuchungen.

BEHÖRDEN PRÜFEN ZAHLREICHE ANGABEN Einmal jährlich führt die Bezirksregierung Arnsberg eine Überprüfung der bergbaulichen Gewässerbenutzungen (Wasserschau) durch. Dabei erhält die Bergbehörde unter anderem Einblick in die Betriebstagebücher, in denen die Fachleute der RAG ihre Arbeit in der Wasserhaltung doku-mentieren. Die wasserrechtlichen Genehmigungen enthal-ten weitere Nebenbestimmungen, wie etwa die Meldung der eingeleiteten Wassermengen oder die Benennung ei-nes Betriebsbeauftragten für Gewässerschutz, die zusätz-lich zu den Untersuchungen des Grubenwassers durch die RAG zu erfüllen sind. Eine zusätzliche Überprüfung ergibt

sich außerdem aus den bergrechtlichen Betriebsplänen zur Grubenwasserhaltung. Dabei gilt es vor allem, die Stände des Grubenwassers zu überwachen. Darüber hinaus be-werten Experten die untertägige Situation des Grubenwas-sers, etwa wenn aufgrund der Stilllegung von Bergwerken das Grubenwasser anderen Standorten zufließt.

Ein weiteres Monitoring führt die RAG aufgrund der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) der Europäischen Union durch. Diese fordert in Abhängigkeit von der Einstufung eines Gewässers beispielsweise das Erreichen eines „gu-ten ökologischen Zustands“ für Oberflächengewässer, den mehrere Kriterien beschreiben. Durch die Umsetzung der Richtlinie haben sich die Anforderungen an die Wasserquali-tät weiter verschärft. Das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) stellte daher mit allen Beteiligten Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme auf, die in regelmäßigen Ab-ständen aktualisiert werden. Zur Überprüfung der Gruben-wasserqualität auf die Anforderungen der Wasserrahmen-richtlinie erarbeitete die RAG mit dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) in NRW einen so-genannten Parameterkatalog. Die Daten des Monitorings er-hebt die RAG bei der Selbstüberwachung. Das LANUV wertet die Daten aus, um den Einfluss von Grubenwasser auf den Zustand von Gewässern zu beurteilen. Das Grubenwasser-konzept der RAG zielt mit der Reduzierung der Einleitstellen unter anderem darauf ab, die Ziele der WRRL zu erreichen.

Die UCL Umwelt Control Labor GmbH analysiert als unabhängige Stelle

regelmäßig das Grubenwasser.

14EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Die Aufgaben des Nachbergbaus stellen ein weites Feld für Wissenschaft und Forschung dar. Die Technische Fachhoch-schule Georg Agricola zu Bochum (TFH) beschäftigt sich mit wissenschaftlichen Fragestellungen rund um Ewig-keitsaufgaben, ehemalige Bergbauflächen und Altbergbau. Die Untersuchungen beschränken sich jedoch nicht auf die Steinkohle, sondern nehmen jede Art der Rohstoffge-winnung unter die Lupe. 2012 haben RAG-Stiftung und TFH eine Kooperationsvereinbarung geschlossen mit dem Ziel, Lehre, Forschung und Weiterbildung in den Bereichen Geo-ingenieurwesen und Nachbergbau zu fördern. So konnte seit 2013 der Masterstudiengang Geoingenieurwesen und Nachbergbau etabliert werden, für den die RAG-Stiftung eine Stiftungsprofessur fördert. Der Studiengang bildet In-genieurinnen und Ingenieure dafür aus, in verantwortlicher Position die komplexen Vorgänge der Bergwerksschließung und der Nachsorge zu planen und durchzuführen.

WELTWEIT EINZIGARTIGE FORSCHUNGSEINRICHTUNG Im Oktober 2015 wurde außerdem das Forschungszentrum Nachbergbau an der TFH eröffnet. Mit dem in Deutschland einmaligen interdisziplinären Zentrum wollen die RAG-Stif-tung und die Hochschule Forschungs- und Entwicklungs-aktivitäten zum Umgang mit Bergbaufolgen vorantreiben. Die Themen, zu denen geforscht wird, reichen von Grund- und Grubenwassermanagement über Grubengas und Schachtsicherung bis hin zu Flächen und Halden. Dabei stehen nicht nur technische Aspekte, sondern auch soziale Themen des Bergbaus und die Begleitung des Wandels in ehemaligen Förderregionen im Fokus. Die wissenschaftli-che Expertise des Forschungszentrums wird auch in der Praxis geschätzt. So wird zum Beispiel untersucht, inwie-weit sich Erkenntnisse aus Grubenwasseranstiegsprozes-sen von Bergwerken im Revier Dresden-Gittersee auf ande-re Regionen übertragen lassen.

Teil des Forschungszentrums ist auch das bereits 2013 eröffnete Labor für Geotechnik und Nachbergbau. Ge-

forscht wird hier insbesondere zu Gas- und Wassermigra-tion, Grubenwasseranstieg, Urban Mining, innovativen Monitoringverfahren sowie klassischem Erd- und Grund-bau. Zudem bietet das Labor Studierenden des Master-studiengangs Geoingenieurwesen und Nachbergbau die Möglichkeit, forschungsnahe und anwendungsorientierte Projektarbeiten durchzuführen.

Nachbergbau als Forschungsfeld

„�Wir�sprechen�bewusst�von�Ewigkeits-aufgaben�und�nicht�von�-lasten.��Denn�für�Aufgaben�gibt�es�Lösungen.“

Prof. Dr. Christian Melchers, wissenschaftlicher Leiter des Forschungszentrums Nachbergbau an der TFH

15EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Der Steinkohlenbergbau beeinflusst die Qualität von Oberflächengewässern vorrangig durch Begleitstoffe des eingeleiteten Grubenwassers. Bei den Begleitstoffen handelt es sich vor allem um Salze, Metalle und Mine-ralien, die natürlichen Ursprungs sind, weil sie vom Re-genwasser auf dessen Weg unter Tage aus den Gesteins-schichten gelöst werden.

Um die Inhaltsstoffe immer im Blick zu haben, be-treibt die RAG ein Grubenwassermonitoring, bei dem das Wasser auf einen umfangreichen Katalog an Begleitstof-fen getestet wird (siehe auch Seite 10). Überprüft wer-den dabei auch Substanzen wie polychlorierte Biphenyle (PCB), die als vorgeschriebenes Brandschutzmittel bis Mitte der 1980er Jahre in Hydraulikölen enthalten waren. Das Konzept der RAG sieht vor, Grubenwasser zukünftig oberflächennäher – aber mit ausreichend Abstand zu Trinkwasserschichten – zu heben, damit das versickernde Wasser einen kürzeren Weg in den Untergrund zurückle-gen und dabei weniger Stoffe lösen kann.

GUTER ZUSTAND BIS SPÄTESTENS 2027Vom eingeleiteten Grubenwasser sind Rhein, Ruhr, Lippe, Emscher und zum Teil auch noch kleinere Nebenflüsse betroffen. Die genannten Begleitstoffe können sich auf die chemische und biologische Qualität der Fließgewäs-ser, insbesondere mit Blick auf die Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, auswirken. Diese schreibt vor, dass die Gewässer – egal ob natürlich oder künstlich ge-schaffen – bis spätestens 2027 einen guten ökologischen und chemischen Zustand bzw. ein gutes ökologisches Potenzial erreichen sollen. Im Abstand von sechs Jahren werden dazu Bestandsaufnahmen gemacht und in Be-wirtschaftungsplänen festgehalten.

Einen „guten ökologischen Zustand“ besitzen Ober-flächengewässer, wenn unter Berücksichtigung der an diesem Ort üblicherweise heimischen Arten die vorge-fundenen Fische, Kleinlebewesen und Pflanzen in etwa dem natürlichen Vorkommen entsprechen. Ein „guter chemischer Zustand“ bedeutet bei Oberflächengewäs-

Gewässerqualität systematisch verbessern

PCB steht für polychlorierte Biphenyle. Die chemischen Chlorverbindungen kamen vor allem in Hydraulikanlagen, Transformatoren und Getrieben zum Einsatz, weil sie nicht brennbar sind. Sie dienten somit dem Schutz der Bergleute und waren bergbehördlich vorgeschrieben. Ihre schädlichen Wir-kungen auf Gesundheit und Umwelt wurden erst spät erkannt. Im deut-schen Berg bau werden sie schon seit Mitte der 1980er Jahre nicht mehr ver-wendet. Während des Einsatzes unter

Tage kam es zu Flüssigkeitsverlusten durch Lecka gen, Defekte oder maschi-nelles Ab spritzen aus Sicherheitsgrün-den. Wie viel von den mehreren Tau-send Tonnen PCB-haltiger Flüssigkeiten unter Tage zurückblieb, ist heute kaum noch zu bestimmen. Deshalb lässt die RAG das Grubenwasser regelmäßig durch unabhängige Messinstitute un-tersuchen, denn es durchfließt bereits seit Jahrzehnten Bereiche, in denen PCB zum Einsatz kamen. Darüber hi-naus überprüft auch das Landesamt

für Natur, Umwelt und Verbraucher-schutz (LANUV) das Grubenwasser der RAG. Zudem werden von der RAG an den Wasserhaltungsstandorten Flächen vorgehalten, auf denen im Bedarfsfall Grubenwasseraufbereitungsanlagen installiert werden können. Mit dem geplanten Anstieg des Grubenwasser-niveaus wird der größte Teil des PCB voraussichtlich nicht an die Oberfläche gelangen können, da es sich an Fest-stoffen anlagert und somit in den tie-feren Schichten verbleibt.

Stichwort PCB

16EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

sern, dass für eine Reihe von EU-weit gelisteten Schad-stoffen die festgelegten Zielwerte (Umweltqualitätsnor-men) eingehalten werden.

Das „ökologische Potenzial“ kommt als Zielsetzung im-mer dann zur Anwendung, wenn für Gewässer aufgrund wichtiger Nutzungen die für das Erreichen des guten öko-logischen Zustands erforderlichen Maßnahmen nicht voll-ständig umgesetzt werden können. Dies betrifft beispiels-weise zahlreiche kommunale Gewässer oder Talsperren. Die EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) 2000/60/EG aus dem Jahr 2000 ersetzt eine Vielzahl von Einzelrichtlinien zum Gewässerschutz und ist mittlerweile von allen euro-päischen Mitgliedsstaaten in das eigene Landesrecht über-nommen worden.

Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Bezirksregie-rungen Arnsberg, Düsseldorf und Münster, des nord-

rhein-westfälischen Landesamtes für Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz (LANUV) und der RAG vergleicht seit einigen Jahren die Ergebnisse von Wasserqualitätsmes-sungen mit den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie. Um deren Ziele zu erreichen, sind national und international koordinierte Maßnahmenprogramme und Bewirtschaf-tungspläne vorgesehen. Ein in diesem Rahmen von der Ar-beitsgruppe erstelltes Hintergrundpapier dient als Grund-lage, um mit Ministerien und Behörden Maßnahmen zu entwickeln, die eine möglichst geringe Beeinflussung der Gewässer gewährleisten, und um das Erbe der jahrhun-dertelangen Industriegeschichte zu bewältigen. Zu diesen Maßnahmen gehört unter anderem die Reduzierung der Grubenwasserhaltungen. Dadurch wird die Wasserqualität verbessert, was einen Umbau zu naturnahen Gewässern erst möglich macht.

„�Das�Grubenwasser�haben�wir�ständig�im�Blick�und��unterziehen�es�kontinuierlichen�Überprüfungen.�Unser�Ziel�ist��ein�guter�ökologischer�Zustand�der�aufnehmenden�Gewässer.“

Joachim Löchte, Zentralbereichsleiter Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz bei der RAG

Zukünftig soll weniger Grubenwasser in die Lippe fließen.

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„�Über�150�Jahre�Montanindustrie�formten�aus�dem�Ruhrgebiet�einen�der�größten�Ballungsräume�Europas.�Auch�in�Zukunft�steht�die�RAG�im�Wort,�diese�Region�lebenswert�zu�gestalten.“

Bernd Tönjes, Vorsitzender des Vorstandes der RAG

• Die RAG-Stiftung übernimmt ab Januar 2019 die Finanzierung der sogenannten Ewigkeitsaufgaben: Grubenwasserhaltung, Poldermaßnahmen und Grundwasserreinigung.

• Im Ruhrgebiet sollen von derzeit 13 Wasserhaltungsstandorten langfristig sechs übrig bleiben. Geplant ist eine Umrüstung auf Brunnenwasserhaltung.

• Die Reduzierung der Standorte erfordert einen Anstieg des Grubenwassers. Um das Trinkwasser nicht zu gefährden, steigt das Grubenwasser nur bis zu einem unkritischen Niveau an.

• Durch die Reduzierung der Wasserhaltungen werden zahlreiche Gewässer vom Grubenwasser entlastet und können naturnah umgestaltet werden.

• Die Poldermaßnahmen sorgen in weiten Teilen des Ruhrgebiets für trockene Flächen. Pumpwerke heben dafür Grundwasser und halten viele Oberflächengewässer im Fluss.

• Mit dem Grundwassermanagement kümmert sich die RAG um ehemalige Bergbauflächen, meist Kokereien, auf denen Verunreinigungen in den Boden und so durch Auswaschungen in das Grundwasser gelangten.

Ewigkeitsaufgaben des Steinkohlenbergbaus an der Ruhr

Über Jahrhunderte hinweg prägte der Bergbau das Ruhrge-biet. Durch ihn entwickelte sich die Region von der Agrar- zur Industriegesellschaft, wuchs zu einem bedeutsamen Wirtschaftszentrum und formte sich zum fünftgrößten Bal-

lungsraum in Europa. Ende 2018 stellt das letzte Bergwerk im Revier die Kohlenförderung ein. Das bedeutet jedoch nicht, dass die RAG ihre Arbeit einstellt.

Die wichtigsten Fakten zu den Ewigkeitsaufgaben

Mindestens 150 Meter Abstand zwischen Grubenwasser und Trinkwasser-vorkommen der Halterner Sande

Grundwasser

Grundwasserreinigung

Grubenwasserhorizont

Grubenwasserhaltung

Trinkwasservorkommen

Poldermaßnahmen

BiotopKokerei

Grubenwasser

Grubenwasser

Grubenwasser ist Regenwasser, das sich in den Strecken und Streben unter Tage ansammelt. Auf dem Weg in den Untergrund löst es verschiedene Stoffe wie Mineralien und Salze im Gestein. Es ist nicht mit oberflächennahem Grund-wasser zu verwechseln, mit dem es sich nicht vermischen darf, da daraus an eini-gen Orten Trinkwasser gewonnen wird.

Grundwasser

Grundwasser entsteht ebenfalls aus Regenwasser, das im Boden versickert, oder es ist aus Seen und Flüssen in oberflächennahe Erdschichten einge-strömt. Es fließt durch Hohlräume im Untergrund und wird durch wasser-undurchlässige Gesteinsschichten im Erdreich gehalten.

Trinkwasser

Trinkwasser ist Süßwasser mit einem Reinheitsgrad, dass es zum Trinken und zur Nahrungsmittelzubereitung ge-eignet ist. Es ist das bestkontrollierte Lebensmittel in Deutschland. Die Gü-teanforderungen sind in der Norm DIN 2000, in der Trinkwasserverordnung sowie der Allgemeinen Verordnung für die Versorgung mit Wasser festgelegt.

19EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Ewigkeitsaufgaben des Steinkohlenbergbaus an der Ruhr

Das ehemalige Bergwerk Walsum ist der ersten Standort, der mit der neuen Pumpengeneration ausgestattet wurde.

Millimeterarbeit: Mitarbeiter lassen eine Tauchpumpe in den Schacht.

Wasserhaltungsstandorte erhalten energiesparende Pumpen

Rund 70 Millionen Kubikmeter Grubenwasser müssen jedes Jahr im Ruhrgebiet gehoben werden. In der Regel wird das Wasser über ein System von Pumpenstationen (Zwischenwasserhaltungen), die über ein Rohrleitungs-netz miteinander verbunden sind, zur Hauptwasserhal-tung und von dort über Tage gepumpt. Dafür sind unzäh-lige kleine und große Pumpen nötig, die sehr viel Strom verbrauchen. Wird kein aktiver Bergbau mehr betrieben, entfällt die Notwendigkeit, das Grubengebäude mit un-tertägigen Wasserhaltungen frei vom Grubenwasser zu halten. Somit kann die RAG die Wasserhaltungsstandorte sukzessive auf zentrale Brunnenwasserhaltungen umrüs-ten. Das bringt die Vorteile mit sich, dass die Anzahl der Einleitstellen reduziert werden kann, eine aufwändige un-tertägige Wartung und Unterhaltung einer untertägigen

Infrastruktur entfällt und auch weniger Strom verbraucht wird. Die erste neue Anlage im Ruhrgebiet ist bereits in der ehemaligen Zeche Walsum installiert. Mitarbeiter der RAG begannen dafür schon vor einigen Jahren mit der Pla-nung. Brunnenwasserhaltung war auf Walsum aber schon vorher bekannt – bereits in den 1990er Jahren kam am Schacht Wehofen eine kleinere Anlage zum Einsatz.

Drei sogenannte doppelflutige Tauchmotorkreisel-pumpen (siehe Grafik Seite 18), die das Grubenwasser ansaugen und mit einem Druck von rund 80 bar nach oben pumpen, sind in Walsum im Einsatz. Die Tauch-pumpe besteht aus Pumpen- sowie Motoreinheit, ist rund zwölf Meter lang und wiegt etwa 20 Tonnen. Zwei übereinander gegenläufig angeordnete Pum-pen bauen den Druck auf. Sie werden dazu von einem

20EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Rund zwölf Meter misst eine der modernen Tauchpumpen, die für die Grubenwasserhaltung zum Einsatz kommen.

70 Mio. m3Rund 70 Millionen Kubikmeter Grubenwasser müssen jedes Jahr im Ruhrgebiet gehoben werden.

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Motor über eine durchgehende Pumpenwelle angetrieben. Das senkt die Krafteinwirkung auf die Pumpe sowie die Strömungs- und Ansauggeschwindigkeit. So wird die War-tungsintensität verringert und ein reibungsloser Betrieb der Anlage gewährleistet.

EINSATZ MODERNSTER TECHNIKBeim Einbau der Pumpen kommt es vor allem auf Präzisi-on an. Besonders das Einpassen der Pumpen in spezielle Hüllrohre ist Millimeterarbeit. Damit die Pumpen und die Steigrohre, durch die das Grubenwasser aufsteigt, in den Schacht gelangen, ist ausgefeilte Logistik gefragt. Außer-dem müssen die Mitarbeiter die verschiedenen Aufgaben in eingespielter Teamarbeit durchführen – und das erfor-dert perfekte Kommunikation. Die Sicherheit der Mitar-beiter steht dabei immer an erster Stelle. Insbesondere Arbeiten direkt am Schacht werden nur mit Sicherungs-gurt ausgeführt.

Für die Installation und Wartung der Brunnenwasser-haltung wird das Schachtgerüst umgerüstet. Es erhält eine leistungsfähige Hebevorrichtung, die ein Gewicht von 250 Tonnen tragen kann, und im Schachtkeller erleich-tert ein sogenannter Verlagerungstisch die Arbeit. Als Ers-tes wird die Pumpe unter Tage gebracht. Stück für Stück setzen die Arbeiter die Steigrohre aus zwölf Meter langen Elementen mit einem eigens dafür entwickelten zugfes-ten Steckmuffensystem zusammen. Dabei verbinden zwei Rollketten jeweils zwei Rohre, nichts wird geschweißt oder verschraubt.

Für den Betrieb und die Überwachung der Pumpen wer-den über tausend Meter Kabel verlegt. Ein dickes Fünf-Ki-lovolt-Kabel versorgt den Motor mit Strom. Ein Druck-messer stellt sicher, dass jede Pumpe immer über den notwendigen Gegendruck zum Anlaufen verfügt. Sensoren aus Platin überwachen die Temperatur des Motors. Über Messschläuche in den Hüllrohren wird zudem die Gefahr durch Grubengas überwacht. Nimmt die Brunnenwasser-haltung ihren Betrieb auf, hebt zunächst eine Pumpe das Grubenwasser; bei Bedarf wird die zweite Pumpe zuge-schaltet. Die dritte Pumpe steht als Reserve bereit.

Die machen Druck

Moderne Hochleistungs-pumpen fördern das Grubenwasser an dieTagesoberfläche.

1. Das Rückschlagventil hält die Füllsäule oberhalb der Pumpe, wenn sie abgeschaltet wird.

2. Über die Saugbereiche am oberen und unteren Ende der Pumpeneinheit gelangt das Grubenwasser in die Pumpe.

3. Zwei gegenläufig überein-ander angeordnete Pumpen fördern den jeweils halben Strom zur Pumpenmitte.

4. Mehrere Hydraulikstufen bauen den nötigen Druck von rund 80 bar auf.

5. Die Umlenkstufe vereint bei-de Grubenwasserströme und leitet das Wasser über äußere Gehäusekanäle in Richtung Steigleitung.

6. Die Abwärme des Motors, der die Pumpe antreibt, nimmt ein interner Kühlkreislauf auf und führt sie nach außen ab.

7. Zusätzlich sorgt ein Wärmetauscher für weitere Kühlung des Motors.

1

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22EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Wie aus Grubenwasser erneuerbare Energie wird

Wo einst Kohle gefördert wurde, bietet sich nun Potenzial für eine andere Energieform: die Geothermie. Die Wärme des Grubenwassers, das an den ehemaligen Zechenstand-orten gehoben wird, kann zur Energieversorgung vor Ort beitragen – und zwar auch langfristig. Denn unter Tage ist es sehr warm. Diese Wärme überträgt sich vom Gestein auf das Grubenwasser, das so etwa eine Temperatur von bis zu 28° C erreichen kann. Die Wärme des Grubenwassers wird über einen Wärmetauscher auf einen separaten Frischwas-serkreislauf übertragen. Das Frischwasser erwärmt sich dadurch auf bis zu 24° C und erreicht über einen geschlos-senen Wasserkreislauf die Abnehmer. Das Grubenwasser gelangt völlig getrennt davon über den Hauptstrom in die Vorfluter. Der Vorteil liegt an den ehemaligen Zechenstand-orten vor allem darin, dass hier keine Bohrungen mehr vor-genommen werden müssen, um an das warme Wasser in der Tiefe zu gelangen. Das verursacht normalerweise die größten Kosten bei Geothermieprojekten. Im Ruhrgebiet können dagegen die vorhandenen Schächte als Zugang zum Wasser genutzt werden.

Ein Pilotprojekt stellt die Zeche Robert Müser in Bochum-Werne dar. Hier pumpt die RAG jedes Jahr zehn Millionen Kubikmeter Grubenwasser aus 570 Metern Tiefe ab – das entspricht dem dreifachen Volumen des

Hengsteysees bei Hagen. Die Bochumer Stadtwerke haben vor Ort seit Herbst 2011 Wärmetauscher und Leitungssyste-me installiert, um das Grubenwasser zur Beheizung umlie-gender Gebäude zu nutzen. Ein Jahr später konnte die re-guläre Wärmeversorgung der Willy-Brandt-Gesamtschule, der Von-Waldthausen-Grundschule und der angrenzenden Hauptwache der Bochumer Feuerwehr beginnen. Ein ande-res Beispiel ist das bekannte „Sanaa-Gebäude“ auf Schacht XII des UNESCO-Welterbes Zollverein, das ebenfalls mit warmem Frischwasser beheizt wird.

GROSSES POTENZIAL AN WEITEREN STANDORTEN Die Technik hat sich bei den Pilotprojekten bewährt und kann zukünftig auch an weiteren stillgelegten Bergwer-ken eingesetzt werden. Die RAG untersucht derzeit, welche Standorte hierfür in Frage kommen. Dabei konzentriert sich das Unternehmen im Ruhrgebiet auf die Standorte, an de-nen es langfristig das Grubenwasser hebt. In Arbeit ist zum Beispiel ein Konzept für das stillgelegte Bergwerk Lohberg in Dinslaken. Von Vorteil ist bei der Planung an allen Stand-orten, dass es mögliche Abnehmer in der unmittelbaren Umgebung gibt. Bei der konkreten Umsetzung der Projekte ist die RAG auf eine enge Zusammenarbeit mit den örtli-chen Energieversorgern angewiesen.

Robert Müser: In der Heizzentrale findet der kontrollierte Zu- und Rücklauf des durch

Grubenwasser erwärmten Frischwassers statt.

23EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Pumpen für die EwigkeitAbsenkungen der Tagesoberfläche durch den Steinkohlenbergbau sind im Ruhrgebiet weit verbreitet – sie gehören zur Region wie die Fördertürme und Halden. Bereits ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Bergsenkungen im Essener Raum beobachtet. Das Gebiet um die Zeche Zollverein etwa liegt heute rund 20 Meter tiefer als noch vor 100 Jahren.

Das Umfeld des Bergwerks Auguste Victoria von oben.

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Einige Bäche können dadurch nicht mehr im freien Gefälle abfließen. Die Senken – sogenannte Polderflächen – müs-sen heute und zukünftig künstlich entwässert werden, um zu vermeiden, dass sich das Oberflächenwasser darin sammelt. Im gesamten Ruhrgebiet werden deshalb mehr als eine Milliarde Kubikmeter Wasser pro Jahr gepumpt – das entspricht der Wassermenge, die in fünf Tagen durch den Rhein bei Duisburg fließt.

Die Senkungen haben verschiedene Auswirkungen. Ein klassisches Beispiel ist der Bach, der „rückwärts“ fließen müsste oder Mulden überschwemmt, weil sich sein Gefälle geändert hat. Hier sorgen Pumpen an der tiefsten Stelle des Gewässers für die ursprüngliche Fließrichtung des Wassers. Zudem kann an größeren Fließgewässern eine Erhöhung der Deiche zum Schutz vor Hochwasser erforderlich sein. Die Senkungen führen ohne regulierende Pumpen oft auch zu sogenannten Vernässungen. Sie entstehen, wenn sich der Abstand zwischen Oberfläche und Grundwasserniveau verringert und das Wasser nicht abfließen kann.

600 ANLAGEN IM GESAMTEN REVIERDas Regulieren des Wasserstands in Polderflächen wird als Poldern bezeichnet. Diese Praxis ist so alt wie der Bergbau im Ruhrgebiet. Gepoldert wird in vielen fla-chen Regionen, etwa den Niederlanden. Einige kleinere Pumpwerke betreibt die RAG selbst. Den größten Teil der Poldermaßnahmen bearbeiten die Wasserwirtschafts-verbände der Region, in denen die RAG Mitglied ist. Was-serwirtschaftlich betrachtet besteht das Ruhrgebiet aus einzelnen Regionen, begrenzt durch die Einzugsgebiete von Lippe, Emscher, Ruhr und Rhein. Die Wasserverbän-de wurden mit der Industrialisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur gemeinsamen kommunalen und industriellen Wasserbewirtschaftung gegründet. Sie betreiben zahlreiche Pumpwerke. Dazu gehören unter anderem kleinere Einheiten im „Stromkastenformat“. Es sind aber auch große Anlagen in Betrieb, für die von den Wasserwirtschaftsverbänden ganze Gebäude errich-tet wurden. Insgesamt verteilen sich rund 600 solcher Polder anlagen über das ganze Ruhrgebiet, die zum größ-

ten Teil von den Wasserwirtschaftsverbänden betrieben werden. Einige kleinere Anlagen betreibt die RAG selbst. Neben den Pumpwerken unterhalten die Wasserverbän-de noch Rückhaltebecken und Deiche. Als Mitglied der Verbände trägt die RAG die bergbaubedingten Kosten.

In einigen Gebieten bringen die Veränderungen der Topographie, wenn auch erst nach Jahren, positive Aus-wirkungen mit sich: Wassernahe Flächen sind in unserer Kulturlandschaft selten geworden. Sie bieten als natur-nahe Feuchtbiotope Pflanzen und Tieren Lebensraum und werden in Kooperation mit Behörden und Naturschutz-verbänden erhalten (siehe auch Seite 24). In Bergkamen beispielsweise lassen sich heute rund um den Beversee, der in einer Senke des Beverbachs entstanden ist, Libellen, Graureiher und Baumfalken beobachten. Und am Wien-bach in Dorsten hat sich eine über die Stadtgrenzen hin-aus bekannte Storchenfamilie angesiedelt. Beide Gewäs-ser sind heute Teil von Naturschutzgebieten.

Sieht aus wie ein Stromkasten, beinhaltet aber tatsächlich eine Pumpe: ein Abwasserpumpwerk in Bottrop.

1 Mrd.Über 1 Milliarde Kubikmeter Wasser werden jedes Jahr im Ruhrgebiet gepumpt.

25EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

HIGHTECH FÜR TROCKENE FLÄCHENDie Anfänge des Polderns im Ruhrgebiet reichen bis ins frü-he 20. Jahrhundert zurück. Starke hygienische Missstände führten zur Gründung der Wasserwirtschaftsverbände, die einen großen Teil der Pumpanlagen für die Wasserbewirt-schaftung der Polderflächen in der Region betreiben. Zu den Mitgliedern der Verbände zählen Städte, Gemeinden und zahlreiche Unternehmen, darunter auch die RAG. 1914 nahm das erste Pumpwerk Alte Emscher in Duisburg-Beeck den Betrieb auf. Von Beginn an hatte vor allem die Betriebs-sicherheit der Anlagen höchste Priorität. Selbst bei starken Niederschlägen müssen die Anlagen ohne Unterbrechung in der Lage sein, den auftretenden Abfluss zu bewältigen.

Besonders drei große Wasserwirtschaftsverbände teilen sich im Ruhrgebiet die Aufgabe: Emschergenossenschaft, Lippeverband und die Linksniederrheinische Entwässe-rungs-Genossenschaft (LINEG) betreiben viele große und kleine Pumpwerke dafür. Insgesamt wird ein über 4.600 Qua-dratkilometer großes Einzugsgebiet durch die Verbände ent-wässert. Daneben betreiben RAG und Städte auch einige klei-nere Pumpanlagen selbst. Die bergbaubedingten Anteile der Kosten für das Pumpen der Oberflächengewässer und des Grundwassers trägt die RAG und ab 2019 die RAG-Stiftung.

KLEINE UND GROSSE PUMPWERKEGroße Unterschiede gibt es bei der Leistungsfähigkeit der Pumpwerke. Zu welch enormen Leistungen die Pumpen fähig sind, macht ein Vergleich deutlich: Die Anlage in Gel-senkirchen-Horst fördert bei maximaler Leistung von ca. 900 Kilowatt in einer Sekunde 3.600 Liter, das entspricht dem Inhalt von 30 Badewannen. Das leistungsstärkste Pumpwerk des Lippeverbands in Marl entwässert ein rund 8.000 Hektar großes Gebiet. Mit 3.840 Kilowatt ist die An-lage so stark wie ein ICE-Triebwagen und schafft bei Stark-regen bis zu 20.000 Liter pro Sekunde. Übertroffen wird sie vom Pumpwerk Bottrop-Boye. Diese Anlage kann bei extre-men Regenfällen in jeder Sekunde 42.000 Liter Wasser in die Emscher pumpen.

Waren anfangs aus Sicherheitsgründen die Motoren möglichst hoch zu lagern und mit den darunter stehen-

den Pumpen über vertikale Wellen verbunden, so machte es die bessere Materialqualität der Gussteile möglich, die Motoren unmittelbar auf die Pumpen zu montieren. Auch wenn sich aus technologischer Sicht die Pumpwerke aus den Anfangstagen von den modernen Anlagen stark unter-scheiden, sind die Pumpwerksarten und ihre Funktion weit-gehend gleich geblieben. Unterschieden wird zwischen Bachpumpwerken, die den gesamten Abfluss eines Gewäs-sers an den Rand eines Senkungsgebiets fördern, und Ka-nalisationspumpwerken. Letztere pumpen einströmendes Abwasser aus einer Senke im Kanal in den nächsten höher-gelegenen Abwasserkanal oder Gewässerlauf. Außerdem gibt es auch Grundwasserpumpwerke, die den Grundwas-serstand in Gebieten regulieren, in denen der Grundwas-serspiegel zu nah an der Tagesoberfläche liegt.

ZENTRALE ÜBERWACHUNG IN BOTTROPStör- und Betriebsmeldungen fast aller Anlagen des Emscher- und des Lippeverbands laufen in der Betriebs-

Pumpwerk Gelsenkirchen-Horst.

26EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

führungszentrale in Bottrop zusammen. Hierhin werden auch die Pegelstände der Bachläufe übertragen. Alle Be-triebsanlagen, ob personell besetzt oder unbesetzt, wer-den rund um die Uhr auf ihre Funktionssicherheit hin zentral kontrolliert. Dabei macht das System besonders deutlich, wie das wasserwirtschaftliche Management vom Zusammenspiel einzelner Komponenten abhängt. Die Überwachung hat eine hierarchische Struktur: Von der übergeordneten Betriebsführungszentrale bis zur ein-zelnen Anlage gehen keine Betriebsdaten verloren; selbst kleinste Abweichungen vom Regelbetrieb werden regist-riert und ausgewertet.

Ganz nebenbei spiegeln die Gebäude der Pumpwerke auch die Architekturepochen der vergangenen 100 Jahre wider. Vom Gründerzeitstil bis zur Moderne ist fast alles vertre-ten. Eine der auffälligsten Pumpanlagen im Revier steht auf dem Gelände der Zeche Nordstern in Gelsenkirchen-Horst. Das anlässlich der Bundesgartenschau 1997 vom Künstler Jürgen Fischer mit einer blauen Glasfassade verkleidete Pumpwerk wurde 1958 zur Entwässerung von Polderflächen gebaut, die durch den Bergbau entstanden waren. Während die Anlage das Wasser früher in die Emscher pumpte, wird heute der größte Teil des Abflusses in den unterirdischen Abwasserkanal zur Kläranlage Bottrop geleitet.

„���Durch�bergbaubedingte�Absenkungen�müssen�heute�viele�Flächen�im�Ruhrgebiet�trocken�gehalten�werden.�Dafür��stehen�wir�langfristig�ein.“

Stefan Hager, Servicebereichsleiter Standort- und Geodienste bei der RAG

1914 geht das Pumpwerk Alte Emscher in Duisburg als erste Anlage in Betrieb. In den Folgejahren kommen weitere Pumpwerke in Bottrop, Gelsenkirchen und Dortmund hinzu. Längst sind aus Kostengründen die anfänglichen Schiffsdieselmotoren leistungsfähigen Elektromotoren gewichen. Bis 1930 betreibt die Emschergenossenschaft schon 13 Anlagen. 1933 nimmt der Lip-peverband sein erstes Pumpwerk in Bergkamen in Betrieb. In der Zeit bis 1943 werden 19 Pumpwerke neu er-

richtet. Die Palette reicht von Großan-lagen mit einer Pumpenleistung von 7.750 Liter pro Sekunde bis zu kleinen Pumpenhäusern mit einem Durchsatz unter 1.500 Liter pro Sekunde. In den Nachkriegsjahren wird Wirtschaftlich-keit zum zentralen Thema. Es entste-hen sehr große Pumpwerke mit Hilfe des Druckluft-Bauverfahrens, das sich als kostengünstig und zuverlässig er-weist. 1965 bestehen insgesamt 63 genossenschaftliche Pumpwerke mit einer Leistung von rund 258.000 Liter

pro Sekunde. Mitte der 1970er Jahre betreibt die Emschergenossenschaft 83 Pumpwerke; das künstlich entwäs-serte Gebiet ist auf 290 Quadratkilo-meter angewachsen. Die Blockbau-weise der Pumpen setzt sich fort, so dass neue Anlagen stark vereinfacht und normiert errichtet werden kön-nen. Zur größtmöglichen Automatisie-rung tragen sogenannte Einschaufel-radpumpen bei, die verstopfungsfrei arbeiten.

Die Geschichte der Pumpwerke

27EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Das Grabensystem „Im Loh“ nahe dem Bergwerk Auguste Victoria bietet zahlreichen Tier- und Pflanzenarten eine Heimat.

Neuer Raum für Flora und Fauna

Der Bergbau hat das Ruhrgebiet nicht zuletzt auch to-pografisch stark verändert. Ganze Regionen haben sich abgesenkt und mancherorts muss das Wasser an der Oberfläche durch Poldermaßnahmen reguliert werden (siehe auch ab Seite 20). Doch in einigen Gebieten ha-ben die Veränderungen der Topografie dazu geführt, dass neue wassernahe Flächen entstehen konnten, die in un-serer Kulturlandschaft ansonsten selten geworden sind: Bereiche, die aufgrund von Bergsenkungen vernässt sind, können als Feuchtbiotope einen sinnvollen Beitrag zur Verbesserung der Umweltbedingungen leisten. In diesen Gebieten finden verschiedene, teilweise vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten ideale Bedingungen, sich anzusiedeln.

An vielen Stellen im Ruhrgebiet entstanden Biotope, die von der RAG in Kooperation mit Behörden und Natur-

schutzverbänden gezielt erhalten werden. Eines davon ist der Hervester Bruch innerhalb des Naturschutzgebiets „Bachsystem des Wienbaches“ nordöstlich von Dorsten, der sich mit Ende des Steinkohlenabbaus dort entwickel-te. Feuchtgrünland und ein durch Bergsenkung entstan-dener See bieten hier neue Lebensräume unter anderem für Vögel wie den Rohrsänger und die Bekassine sowie Sumpfpflanzen wie Schilfröhricht und Rohrkolben. Zu-dem brütet im Hervester Bruch seit Jahren regelmäßig ein Weißstorchenpaar. Eine speziell für Besucher ange-legte Erlebnisroute ermöglicht es, Tiere und Pflanzen aus der Nähe zu beobachten, ohne sie zu beeinflussen. Um den offenen Landschaftscharakter gezielt zu erhalten, werden Heckrinder zur Beweidung eingesetzt und starke Gehölzaufkommen beseitigt, so dass kein größeres Waldgebiet entsteht. Auch in der Nähe des Bergwerks

28EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Biotop Wienbach-System.

200.000 m2Auguste Victoria in Marl ist mit Unterstützung der RAG ein wertvolles Biotop in einem Bergsenkungsgebiet ge-schaffen worden: Zwischen 2002 und 2006 wurde das Grabensystem „Im Loh“ entwickelt, geplant und gebaut. Auf einer Länge von etwa vier Kilometern und einer Flä-che von 200.000 Quadratmetern wurde hier ein nach modernsten ökologischen Gesichtspunkten gestaltetes Gewässernetz angelegt. Seitdem haben sich Flora und Fauna sehr positiv entwickelt: Eine artenreiche Vegetati-on mit mehreren Rote-Liste-Arten konnte sich ausbilden. Mit Dreistachligem und Neunstachligem Stichling sowie Groppe haben bereits drei Fischarten das System erobert. Zudem konnten 20 Libellenarten und der Gesang der Nachtigall nachgewiesen werden.

Bei der Planung und Gestaltung der Gewässer be-rücksichtigt die RAG zahlreiche Interessen, von Nut-

zungsansprüchen über Naturschutzvorgaben bis hin zu Bauverfahren. Hier gilt es, Technik, Ökologie und Wirt-schaftlichkeit in Einklang zu bringen. So können auf eini-gen Bergsenkungsflächen auch Chancen für ökologische Regeneration und Entwicklung entstehen.

Auf einer Fläche von 200.000 Quadrat-metern und auf einer Länge von etwa vier Kilometern wurde ein nach modernsten ökologischen Gesichtspunkten gestaltetes Gewässernetz angelegt.

29EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Sanierung von GrundwasserverunreinigungenDie Reinigung von Grundwasser und die systematische Analyse seiner Qualität im Bereich ehemaliger Bergbaustandorte gehören zu den Ewigkeitsaufgaben des Steinkohlenbergbaus. Mit dem Grundwassermanagement, das die langfristige Überwachung der Grundwasser-qualität an ehemaligen Zechen- und Kokerei-Standorten sowie die Reinigung des Grundwas-sers an einigen Standorten umfasst, übernimmt die RAG Verantwortung für das Erbe des Bergbaus.

Mitarbeiter wechseln die Aktivkohleadsorber von Grundwasserreinigungsanlagen regelmäßig aus.

30EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Auf ehemaligen Industrieflächen sind häufig Schadstoffe in den Boden gelangt, die das Erdreich verunreinigen. Vor allem von Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts so-wie durch Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg traten ins-besondere bei Kokereien und Nebengewinnungsanlagen Schadstoffe wie Teer oder aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK, Benzol, Toluol, Xylol, Phenol) aus. Diese Kontaminatio-nen führten über die Jahrzehnte zu einer Verunreinigung des Grundwassers an einigen Standorten. Diese sind zu überwachen und zu beheben. Das Ausmaß der Verunrei-nigungen sowie der Umfang der Monitoring- oder Sanie-rungsmaßnahmen werden nach Betriebsschließung im Ab-schlussbetriebsplan untersucht und mit der Bergbehörde abgestimmt. Neben dem Bundesberggesetz finden Boden-schutz-, Wasser-, Immissionsschutz- und Naturschutzrecht sowie das Subventionsrecht Beachtung.

RUND 2.100 MESSSTELLEN LIEFERN GRUNDWASSERDATENDie RAG-Tochtergesellschaft RAG Montan Immobilien führt auf Flächen, die eine nachweisliche Verunreinigung aufwei-sen sowie auf denen ein latentes Potenzial hierfür besteht, ein Grundwassermonitoring durch. An fast 100 Standorten von Ahlen bis Kamp-Lintfort liefern rund 2.100 Messstellen Daten über die Qualität des Grundwassers. Die Analysen zei-gen etwa, ob eine Verunreinigung des Grundwassers vorliegt, eine Grundwasserreinigung nötig oder Sanierungserfolg er-kennbar ist. In der Regel erfolgt eine kombinierte Boden- und Grundwassersanierung der verunreinigten Areale.

An einigen Standorten beinhaltet die Altlastensanierung unter Umständen auch die Errichtung eines Umlagerungs-bauwerks, das die verunreinigten Böden überdeckt und mit speziellen Kunststoffdichtungsbahnen sicher einschließt, die sich in der Deponietechnik bewährt haben. Das Umla-gerungsbauwerk wird dort angelegt, wo sich der größte Teil der Kontaminationen im Untergrund befindet (siehe Grafik Seite 29), und sorgt dafür, dass keine weiteren Schadstoffe in das Grundwasser gelangen. Das belastete Grundwasser fangen dann Drainagen oder Brunnen ab. Ein so erzeugter Absenktrichter verhindert, dass sich die bereits vorhande-nen Verunreinigungen weiter ausdehnen können. Pumpen fördern das Wasser in die Reinigungsanlage, wo Aktivkohle die Schadstoffe herausfiltert (siehe Infobox Seite 29). Das gereinigte Grundwasser wird danach in die Kanalisation geleitet. Die Anlage saniert das Grundwasser nach und

„�Grundwassermanagement�ist�ein�sensibles�Thema.��Hier�schauen�wir�ganz�genau�hin�und�kümmern�uns��um�die�Sanierung.“

Simone Konzelmann-Krause, Bereichsleiterin Grundwassermanagement bei RAG Montan Immobilien

Wasserproben vor und nach dem Reinigungsprozess.

31EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

nach. Sogenannte Überwachungspegel kontrollieren die Grundwasserqualität großräumig in den angrenzenden Ge-bieten. Die Oberfläche des Umlagerungsbauwerks wird in der Regel bepflanzt oder als Park gestaltet. Damit kann die Bezirksregierung als zuständige Ordnungsbehörde die Sa-nierungsfläche aus der Bergaufsicht entlassen und das Ge-lände für die Öffentlichkeit freigeben.

Mehr als 20 Sanierungs- und Pumpanlagen mit über 80 Förderbrunnen bzw. Drainagen sind derzeit in Betrieb. In den kommenden Jahren können an mehreren Standorten noch weitere Grundwasserreinigungsanlagen hinzukom-men. Die Anlagen sollten möglichst kontinuierlich laufen, um die dauerhafte Absenkung des Grundwassers und die Aufrechterhaltung der hydraulischen Barriere zu gewährleis-ten. Wartungsteams kontrollieren regelmäßig die Funktion

der Anlagen und führen Instandhaltungsarbeiten durch. Für den Fall einer Störung gibt es einen Bereitschaftsdienst.

Bis sich Erfolge bei der Grundwassersanierung einstel-len, braucht es unter Umständen viel Zeit – da die Schad-stoffe nur mit sehr großem Aufwand und letztendlich nie vollständig aus dem Untergrund geholt werden können, muss die Grundwasserreinigung als eine Ewigkeitsaufgabe durchgeführt werden, um Beeinträchtigungen der Umwelt dauerhaft zu minimieren. Grund genug, Technologie und Verfahren stetig zu optimieren. Derzeit werden zusätzliche biologische Reinigungsstufen sowie ein natürlicher Schad-stoffabbau im Grundwasser wissenschaftlich untersucht.

Grundwassermonitoringim Ruhrgebiet

Hamm/ Westfalen

Ahlen

Werne

LünenWaltrop

DattelnMarl

Dorsten

HertenRecklinghausen

Castrop-RauxelGelsenkirchenGladbeck

Moers

Rheinberg

Kamp-Linfort

Neukirchen-Vluyn

Oberhausen

Duisburg EssenBochum

Bergkamen

BönenKamen

Dortmund

2.100 Jährlich über 3.500 Analysen an rund 2.100 Grundwassermessstellen

Bottrop

32EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

Das belastete Grundwasser wird durch Aktivkohle in sogenannten Adsorbern gereinigt (siehe Foto). Teeröltropfen, die gegebenenfalls mit dem Grundwasser gefördert werden, werden zuvor in ei-nem Vorlagetank abgeschieden. Über Zulauf und Sammeltank wird das zu rei-nigende Grundwasser von unten durch den ersten Aktivkohleadsorber nach oben gepumpt. Dabei filtert die Kohle den Großteil der Schadstoffe heraus. Der nachfolgende zweite Adsorber stellt die vollständige Reinigung des Grundwas-sers sicher, ein dritter steht als Reserve bereit, wenn ein Filter getauscht werden muss. Die verwendeten Adsorber lassen sich generell untereinander austau-

schen, was eine verbesserte Kapazitäts-anpassung zwischen einzelnen Anlagen ermöglicht. Die gebrauchte Aktivkohle wird thermisch regeneriert und an-schließend wiederverwendet. Hat das Wasser den Weg durch die Aktivkohle-adsorber durchlaufen, entspricht es den behördlich vorgeschriebenen Einleit-werten und fließt in die Kanalisation. Im Abstand von zwei Wochen überprüft ein unabhängiges Institut die Qualität des gereinigten Wassers. Rund 680.000 Ku-bikmeter Grundwasser reinigt die RAG pro Jahr auf diese Weise. Dabei wer-den feste Bestandteile wie Teerpartikel abgeschieden, bevor das Wasser mit den gelösten Schadstoffen durch zwei

Filter elemente mit je 1,8 Tonnen Aktiv-kohle fließt. Die große innere Oberflä-che von bis zu 1.500 Quadratmetern pro Gramm Aktivkohle* absorbiert die kokereitypischen Schadstoffe. Derzeit befinden sich 21 Anlagen in Betrieb, de-ren Daten bei RAG Montan Immobilien in Essen zusammenlaufen. Neben einer System überwachung erfolgt hier auch die Abfrage und Kontrolle hydrogeolo-gischer Daten wie Grundwasserniveau und -fördermenge sowie eine Daten-speicherung zur Information der betei-ligten Behörden. Auf einigen Dächern der Grundwasserreinigungsanlagen ist inzwischen eine Photovoltaikanlage zur Stromversorgung installiert.

Grundwasserreinigung durch Aktivkohle

Umlagerungsbauwerk und Reinigungsanlage im Zusammenspiel

Aktivkohleadsorber.

* Vier Gramm Aktivkohle entsprechen einem Fußballfeld.

Unbeeinflusstes Grundwasser

Überwachungspegel

Absenktrichter

Grundwasserdrainagebzw. Förderbrunnen

Umgelagertes Bodenmaterial

Auffüllung

Mineralische Flächendrainage

Oberflächendichtungssystem

OberbodenGrundwasserreinigungsanlage

Umlagerungsbauwerk

33EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

ImpressumHerausgeber: RAG AktiengesellschaftShamrockring 144623 Herne

Vorstand: Bernd Tönjes, VorsitzenderPeter Schrimpf, stellv. VorsitzenderDr. Jürgen-Johann RuppVorsitzender des Aufsichtsrates: Dr. Werner Müller

VerantwortlichChristof Beike (V. i. S. d. P. ), Bereichsleiter ZentralbereichZV 2.1 Presse/Standortkommunikation/Public Affairs

RedaktionLea Fischer, ZV 2.1 Presse/Standortkommunikation/Public Affairs

Fotos: Dietmar Klingenburg, RAG-Archiv

Bildnachweis: Getty Images, Ulla Al-Hamad (Umschlag), Thomas Stachelhaus (S. 3), UCL Umwelt Control Labor GmbH (S. 10), Landschaftsagentur Plus GmbH (S. 13), Volker Wiciok (S. 19)

Illustrationen: Dieter Duneka

Konzeption und Umsetzung: crossrelations brandworks GmbHGrafenberger Alle 36840235 Düsseldorf

Gestaltung: crossrelations brandworks GmbHGrafenberger Alle 36840235 Düsseldorf

Mathias Hoffmann

Stand: Januar 2016

34EWIGKEITSAUFGABEN RUHRGEBIET

RAG AktiengesellschaftPresse/Standortkommunikation/ Public AffairsShamrockring 144623 Herne

Telefon: 02323 15-3106 Telefax: 02323 15-3759E-Mail: [email protected]

Internet: www.rag.de