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Bachelorthesis
Fachhochschule Köln
Fakultät 01
Bachelor of Arts Soziale Arbeit
Storytelling im Fundraising
Wie bekommt eine Nonprofit- Organisation Aufmerksamkeit für ihr
Fundraising über das Storytelling?
Kerstin Schumacher
Aachenerstr. 1171
50858 Köln
Matrikelnummer: 11084984
Erstleser: Prof. Dr. Michael Urselmann
Zweitleser: Dr. Matthias Buntrock
Köln, 20.06.2014
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis 4
Abkürzungsverzeichnis 4
Kapitel 1: Einleitung 5
Kapitel 2: Definitionen 6
2.1 Fundraising 6
2.2 Storytelling 7
Kapitel 3: Die Wirkung von Storytelling 9
3.1 Geschichten wirken unbewusst 9
3.2 Geschichten sind emotional 10
3.3 Geschichten lösen Beteiligung aus 10
3.4 Geschichten wirken belohnend 11
3.5 Geschichten sind von Bedeutung 12
3.6 Geschichten bestehen aus Mustern 13
3.7 Geschichten bestehen aus Bildern 14
3.8 Zusammenfassung 15
Kapitel 4: Der Aufbau von Geschichten 16
4.1 Die Struktur und die Dramaturgie 16
4.2 Die Handlung und das Ziel 20
4.3 Das Setting 20
4.4 Die Charaktere 21
4.4.1 Der Held 21
4.4.2 Die Helfer 22
4.4.3 Der Gegner 22
Kapitel 5: Storytelling im Fundraising 23
5.1 Begriffliche Einbettung ins Marketing 23
5.1.1 Produktpolitik 23
5.1.2 Preispolitik 24
5.1.3 Vertriebspolitik 24
5.1.4 Kommunikationspolitik 25
2
5.2 Ziele der Kommunikationspolitik und Storytelling 26
5.2.1 Kognitiv-orientierte Kommunikationsziele 26
5.2.2 Affektiv-orientierte Kommunikationsziele 28
5.2.3 Konativ-orientierte Kommunikationsziele 29
5.3 Zusammenfassung 30
5.4 Beispiele zur Einsetzung von Storytelling im Fundraising 31
5.4.1 Storytelling in der Mediawerbung 31
5.4.1.1 Fernsehwerbung 31
5.4.1.2 Radiowerbung 32
5.4.1.3 Kinowerbung 32
5.4.1.4 Printwerbung 32
5.4.1.5 Außenwerbung 33
5.4.2 Storytelling in der Direktwerbung 33
5.4.2.1 Mailing 33
5.4.2.2 Hauswurfsendung 33
5.4.2.3 Newsletter 35
5.4.3 Storytelling in der Dialogwerbung 35
5.4.3.1 Dauer- und Großspender 37
5.4.3.2 Events 37
5.4.3.3 Telefon 38
5.4.4 Storytelling in der Onlinewerbung 39
5.4.4.1 Website 39
5.4.4.2 Blogg 41
5.4.4.3 Social Media Sites 43
5.4.4.4 Zusammenfassung von Storytelling in der Onlinewerbung 44
Kapitel 6: Fazit 44
Literaturverzeichnis 48
Eidesstattliche Erklärung 51
Anhang 52
3
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Das Motivsystem des Menschen
Abb. 2 Muster in Geschichten
Abb. 3 Funktionen von Geschichten
Abb. 4 Das klassische Drama in fünf Akten
Abb. 5 Erscheinungsformen der Kommunikation
Abb. 6 Storytelling im Informationsflyer
Abb. 7 Beispiel eines Newsletter
Abb. 8 Die Spenderpyramide
Abb. 9 Die Spendenbetreuung
Abb. 10 Storytelling auf einer Internetseite
Abb. 11 Einzelgeschichten Betroffener als Unterkategorie auf einerInternetseite
Abb. 12 Storytelling in Form von Videos auf einer Internetseite
Abb. 13 Beispiel eines Internetbloggs
Abb. 14 Storytelling auf Social Media Sites
Abkürzungsverzeichnis
bzw. - beziehungsweise
ca. - circa
DDV - Deutscher Dialogmarketing Verband
et al. - et alii
NPO - Nonprofit-Organisation
PR - Public Relation
u.a. - unter anderem
USP - Unique Selling Proposition
4
Kapitel 1: Einleitung
Aktuell nimmt auf allen Märkten der Konkurrenzkampf zu. Denn nicht nur die Märkte für
Konsumgüter, sondern auch auf den Märkten für Dienstleistungen und Investitionsgüter
gibt es ausreichend Anbieter.1 Sofern herrscht auch auf dem Spendenmarkt ein
wachsender Wettbewerb zwischen den Nonprofit- Organisationen (NPOs). Auf den
etablierten Kommunikationskanälen findet ein Wettbewerb um Aufmerksamkeit statt.
Deshalb wird es immer schwieriger die Aufmerksamkeit von (potentiellen) Spendern zu
gewinnen. Werbebotschaften werden als ein Grundrauschen wahrgenommen.2 Mit immer
neuen Innovationen wird um die Aufmerksamkeit der Spender gebuhlt. Dies führt zu
stetig steigenden Kosten im Fundraising. Der Verdrängungswettbewerb lässt insbesondere
die Kosten für die Neuspendergewinnung anwachsen.3 Darunter leiden vor allem kleinere
Organisationen, die weniger bekannt sind.
Der Mensch ist ein erzählendes Wesen. Geschichten werden vermutlich erzählt, seitdem
der Mensch sprechen kann. Geschichten besitzen die eindrucksvolle Macht, dass sie
weiter erzählt werden. Ein Beispiel für eine über Jahrtausende hinweg erzählte
Geschichte ist die Sage um Troja, in der mit Hilfe eines Holzpferdes die Stadt besiegt
werden konnte.
Das Erzählen von Geschichten und die Geschichten an sich drücken unsere Identität,
sowie unsere Beziehung zur Welt und zu den Mitmenschen aus. Ebenso ist die
Menschheit ein erzählendes Wesen. Seit Anbeginn der Zeit werden Mythen und
Legenden, sowie Alltagsgeschichten erzählt, um sich „die Welt zu vermitteln“ und
anzueignen, zu erklären und zu erweitern. Ohne das Erzählen von Geschichten wäre
unsere Welt unüberschaubar, chaotisch und unberechenbar. Geschichten helfen uns die
Welt zu ordnen, Zusammenhänge herzustellen und sie beständig zu machen. Werden
Geschichten erzählt, werden nicht nur Daten und Fakten vermittelt, sondern es wird
Wissen in konkrete Situationen und Kontexte eingebettet. Bezüge, Zusammenhänge und
Emotionen werden greifbar, indem der Zuhörer zum Mitdenken motiviert wird. Der
1 Vgl. Herbst, Dieter Georg: Storytelling. 3. Auflage, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2014, S. 712 Vgl. Serrano, Alexander M. Otto: Storytelling in der Unternehmenskommunikation. Cornelsen, Berlin
2012, S. 113 Vgl. Urselmann, Michael: Fundraising. Professionelle Mittelbeschaffung für steuerbegünstigte
Organisationen. 6. überarbeitete und aktualisierte Auflage, Springer Gabler, Wiesbaden 2014, S.398
5
Zuhörer wird aktiv involviert.4 Das Storytelling stellt somit keine neue Erfindung dar,
sondern ein Rückgriff auf ein uraltes, aber sehr wirkungsvolles Transportmittel für
Botschaften und Informationen.
Storytelling wird schon seit langem erfolgreich als Technik in Professionen wie dem
Journalismus oder in der Public Relation (PR) eingesetzt. Demnach ist der Weg nicht
weit, sich die Frage zu stellen, ob Storytelling nicht auch im Fundraising Anwendung
finden kann, um auf seine Organisation aufmerksam zu machen und sich auf dem
Spendenmarkt gegen konkurrierende Organisationen hervorzuheben.
Aufgrund dieser Idee wird in der folgenden Bachelorthesis Storytelling im Bezug auf die
Profession des Fundraisings genauer nachgegangen. Anhand der Frage: „Wie bekommt
eine Nonprofit-Organisation Aufmerksamkeit für ihr Fundraising über das
Storytelling?“ soll beantwortet werden, ob das Problem der Aufmerksamkeitsgewinnung
von NPOs mit Hilfe der Methode des Storytellings gelöst werden kann.
Hierzu wird im ersten Teil Storytelling definiert und dessen Wirkung auf den Menschen
beschrieben. Daraufhin wird der Aufbau und welche Elemente eine wirkungsvolle
Geschichte beinhalten sollte, erläutert. Im nächsten Schritt wird Fundraising in den
Marketingbegriff eingebettet und die Wirkmechanismen des Storytellings werden mit der
Kommunikationspolitik des Fundraisings in Verbindung gebracht, um deren Nutzen auf
die kommunikationspolitischen Ziele zu überprüfen. Daran anknüpfend wird anhand der
Einordnung des Fundraisings in die Kommunikationskanäle der Media-, Direkt- und
Dialogwerbung, sowie des Internets als Kommunikationskanal, beispielhaft beschrieben,
wie eine mögliche Umsetzung des Storytellings für das Fundraising aussehen könnte.
Kapitel 2: Definitionen
2.1 Fundraising
Der Begriff „Fundraising“ kommt ursprünglich aus den USA. Er wird aus dem Substantiv
„fund“, das soviel bedeutet wie „Geld“, und dem Verb „to raise“, das mit „etwas
aufbringen“ übersetzt werden kann, zusammengesetzt. Die Übersetzung von Fundraising
4 Vgl. Frenzel, Müller, Sottong: Storytelling. Das Harun-al-Raschid-Prinzip. Carl Hanser, München u.s 2004, S. 6-7, 9
6
ist demzufolge „Kapitalbeschaffung“.5
Die Profession des Fundraisings kann als die „systematische Analyse, Planung,
Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten einer steuerbegünstigten
Organisation, welche darauf abzielen, alle benötigten Ressourcen (Geld-, Sach- und
Dienstleistungen) durch eine konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen der
Ressourcenbereitsteller (Privatpersonen, Unternehmen, Stiftungen, öffentliche
Institutionen) zu möglichst geringen Kosten zu beschaffen“6, definiert werden. Hierbei ist
zu betonen, dass es nicht ausschließlich um die Beschaffung finanzieller Mittel geht. Non-
Cash-Assistance (zu deutsch: Überlassen geldwerter Vorteile) sind Sach- und
Dienstleistungen, die unmittelbar bereitgestellt werden können. Vor allem für
Unternehmen ist diese Art von Spende reizvoller, als den jeweiligen Wert in
Geldleistungen zu geben.7
Die Waren- und Dienstleistungsversorgung einer Gesellschaft wird in das Drei-Sektoren-
Modell unterteilt: in den Markt- (Erster Sektor), Staat- (Zweiter Sektor) und den
Nonprofit- Sektor (Dritter Sektor). Anfangs wurde das Fundraising dem dritten Sektor
zugeteilt, da diesem die Organisationen zugeteilt werden, „die formell strukturiert,
organisatorisch vom Staat unabhängig und nicht gewinnorientiert sind, die eigenständig
verwaltet sowie zu einem gewissen Grad von freiwilligen Beiträgen getragen werden und
keine Zwangsverbände darstellen“8. Diese werden Nonprofit-Organisation genannt.
Neuerdings betreiben jedoch auch immer mehr gemeinnützige staatliche Organisationen,
wie zum Beispiel Hochschulen, Fundraising.9
Nach Urselmann kann Fundraising „als eine Erscheinungsform des Marketings betrachtet
werden. Wie auch im Marketing, geht es im Fundraising um die systematische Gestaltung
von Austauschbeziehungen.“10 Aus diesem Grund wird in dieser Arbeit immer wieder der
Bezug zum Marketing hergestellt.
2.2 Storytelling
Der Begriff Storytelling setzt sich aus dem Substantiv „story“ (zu deutsch: Geschichte)
und dem Verb „to tell“ (zu deutsch: erzählen) zusammen und kann als „Geschichten
5 Vgl. Haibach, Marita: Handbuch Fundraising. Spenden, Sponsoring, Stiftungen in der Praxis. Campus, Frankfurt/ Main 2006, S. 19
6 Urselmann,a.a.O., S. 17 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 38 Haibach, a.a.O., S. 299 Vgl. Haibach, a.a.O., S. 2010 Urselmann, a.a.O., S. 8
7
erzählen“ oder „das Erzählen“ transferiert werden.
Das Erzählen von Geschichten stellt keine neue Erfindung dar, sondern ist eine der
ältesten Kulturtechniken. Bereits unsere Vorfahren erzählten sich Geschichten, um Wissen
und Erfahrungen weiterzugeben und auszutauschen.11 Das Geschichtenerzählen ist ein
uraltes Transportmittel für Botschaften und Informationen. „Storytelling ist keine
unverständliche Theorie, sondern ein uraltes Verhaltensmuster.“12
Bekannt ist Storytelling vor allem aus dem Journalismus. Hier stellt es eine Basistechnik
dar, die das Ziel verfolgt, die Aufmerksamkeit der Zielgruppe auf eine Geschichte zu
lenken und dafür sorgt, dass sie nicht abreißt.13
Schmieja definiert Storytelling als „ prozessuales Management von Geschichten
über das Unternehmen und seine internen sowie externen Bezugsgruppen, wobei Erzählen
und Zuhören untrennbar zusammengehören. Es kann einerseits strategisch als eine Art
Management-Disziplin zur Förderung der Qualität der Kommunikation in Unternehmen
betrieben werden oder andererseits operativ als Instrument respektive Methode in der
Unternehmenskommunikation sowohl intern als auch extern eingesetzt werden, um
komplexe Sachverhalte oder wichtige Botschaften besser verständlich zu machen.“14
Durch Storytelling wird der Kommunikation eine neue Qualität hinzugefügt, da
Informationen verständlicher transportiert werden, das Lernen und Mitdenken des
Publikums unterstützt wird und durch diese Involvierung die geistige Beteiligung
gesteigert wird. Heutzutage setzen Unternehmen Storytelling umfassend ein, zum
Beispiel bei tiefgreifenden Veränderungen und im Marketing.15
Im Marketing dient Storytelling zur Beeinflussung potenzieller Kunden, um das Produkt,
die Dienstleistung oder die Idee zu einem festgelegten Wert zu verkaufen.16
Das Instrument Storytelling hat vier Funktionen. Erstens weckt das Erzählen von
Geschichten Aufmerksamkeit und Anteilnahme. Darüber hinaus sind sie leichter zu
11 Vgl. Thier, Karin: Storytelling. Eine Methode für das Change-, Marken-, Qualitäts- und Wissensmanagement. Springer Medizin, Berlin u.a. 2012, S. 8
12 Fuchs, Werner T. (a): Wie hingerechte Marketing-Geschichten aussehen. In: Häusel, Hans-Georg (Hrsg.): Neuromarketing. Erkenntnisse der Hirnforschung für Markenführung, Werbung und Verkauf. 2. Auflage, Haufe, Planegg/München 2012, S. 144
13 Vgl. Lampert, M., Wespe, R.: Storytelling für Journalisten. 2. überarbeitete Auflage, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2012, S. 11
14 Schmieja, Philipp: Storytelling in der internen Unternehmenskommunikation. Eine Untersuchung zur organisationalen Wertevermittlung. Springer Gabler, Wiesbaden 2014, S. 39
15 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 1116 Vgl. Fuchs, Werner T. (b): Storytelling. Wer die beste Geschichte erzählt, hat gewonnen. In: Wendt,
G./da Rosa, H. (Hrsg.): Aktuelle Ansätze im Marketing. 11 Trends für die Praxis im Überblick, Cornelsen, Berlin 2012, S.21
8
merken als Daten und Fakten. Die dritte Funktion des Storytellings ist, dass bedeutsame
Gefühle ausgelöst werden und sie das Publikum faszinieren. Als letzte Funktion ist zu
nennen, dass Storytelling das Speichern und Abrufen der erzählten Informationen durch
Bilder und Motive aus dem Gedächtnis unterstützt.17
Kapitel 3: Die Wirkung von Storytelling
Nach der Definition des Begriffes Storytelling im vorherigen Kapitel, wird in diesem Teil
die Wirkung des Erzählens von Geschichten genauer erläutert. Es wird aufgezeigt, auf
welche Weise die Gewinnung von Aufmerksamkeit durch Storytelling gelingen kann.
„ Stories entertain , inform, refresh, and connect us – all good reasons to be present to
them“18
3.1 Geschichten wirken unbewusst
Studien zeigen, dass 95 Prozent der Informationen, die wir wahrnehmen, unbewusst
verarbeitet werden. Nur 5 Prozent gelangen ins Bewusstsein, da für das Bewusstsein viel
Energie aufgewendet werden muss. Aktive Denkprozesse benötigen bis zu 20 Prozent der
Körperenergie. Das Unterbewusstsein, oder auch implizite Bewusstsein, übernimmt die
meisten Prozesse im Gehirn, sodass das Denken vor allem ein unterbewusster Prozess ist.
Bei impliziten Prozessen hingegen werden nur 5 Prozent benötigt, da aus evolutionären
Gründen Energie gespart wird. Des Weiteren laufen unbewusste Reaktionen schneller ab
als bewusste. Die Analyse wahrgenommener Reize dauert länger, als die direkte
Realisierung in Handlungen. Darüber hinaus kann sich das implizite Bewusstsein auf
gespeicherte Erlebnisse berufen. Je mehr Erfahrungen gemacht werden, desto schneller
wird eine Entscheidung, trotz einer geringeren Anzahl von Informationen, getroffen. Es
wird nach Mustern gehandelt (Kapitel 3.6). Auf diese Weise wirken auch Geschichten.
Geschichten vermitteln Wissen in Form einer Moral, einer Schlüsselinformation. Mit
jeder abgespeicherten Schlüsselinformation werden Emotionen festgehalten, die bei einer
ersten unbewussten Beurteilung mit abgerufen werden. Von diesen Informationen wird
17 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 1118 Wortmann, Craig: What´s your story? Using stories to ignite performance and be more successful.
Chicago 2006, S. 30
9
dann auf weitere Charakteristika geschlossen. Beispielsweise schließen wir gleichzeitig
von den Eigenschaften Offenheit und Verantwortungsbewusst auf Gewissenhaftigkeit.
Der erste Eindruck kann sehr prägend sein und spätere Beurteilungen beeinflussen.19
Auch die folgenden Wirkmechanismen spielen sich überwiegend unbewusst ab.
3.2 Geschichten sind emotional
Entgegen aller Vorstellungen werden Entscheidungen nicht emotionslos gefällt. Im
limbischen System des Gehirnes befindet sich die emotionale Intelligenz, sowie auch
Wünsche, Motive und Emotionen. Es bewertet alle aufgenommenen Informationen
aufgrund ihrer emotionalen Bedeutsamkeit. Vor allem Geschichten, Bilder und
emotionale Wörter wie zum Beispiel „Tod“ bleiben im Gehirn haften. Gefühle
funktionieren als Warnsystem. Sie warnen vor Handlungen oder beeinflussen sie in eine
bestimmte Richtung. Emotionen sind nötig um rationale Entscheidungen zu treffen.
Herbst schreibt in seinem Buch: „Emotionen sind keine Störungen des vernünftigen
Denkens, sondern Überlebenshilfe“.20 Es ist nachgewiesen, dass der Verlust der
Emotionalität aufgrund von Hirnschädigungen dazu führt, dass rationale Entscheidungen
nicht mehr getroffen werden können. Denn je emotionaler etwas ist, desto stärker wirkt es
im Gedächtnis. Das Langzeitgedächtnis erreichen nur die Informationen, Erlebnisse und
Fakten, die im limbischen System einen hohen emotionalen Wert hervorgerufen haben.
Dies gilt auch für Geschichten. Sie lösen starke Gefühle aus. Aufgrund dessen kann man
sich gut an sie erinnern.21 Gerade wenn eigene Gefühle kanalisiert werden, das heißt
Gefühle anderer mit Hilfe eigener erregt werden, sind diese sehr stark.22 Dies leitet zu
dem folgendem Kapitel über, dass sich damit beschäftigt, wie bei einem Publikum
Beteiligung durch Emotionen ausgelöst werden kann.
3.3 Geschichten lösen Beteiligung aus
Das Erzählen einer Geschichte stellt für den Erzähler und den Zuhörer ein gemeinsames
Erlebnis dar, aufgrund der Tatsache, dass bei beiden die gleichen Gehirnareale
angesprochen werden. Spiegelneuronen, eine Form der Nervenzellen, veranlassen sich in
sein Gegenüber hineinversetzen zu können. Verhalten und Gefühle werden gespiegelt,
19 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 26-2820 Herbst, a.a.O., S. 3221 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 30-3322 Vgl. Gosch, Maike: Storytelling-Workshop. Deutscher Fundraising Kongress, Berlin 2014
10
sodass zum Beispiel Schmerz empfunden wird, wenn ein schmerzverzerrtes Gesicht
gesehen wird oder, dass man gespannt der Geschichte zuhört, die den Zuhörer so gut
involviert, dass er glaubt, er sei an der Stelle des Protagonisten. Die Spiegelneuronen
ermöglichen empathisch zu reagieren. Darüber hinaus wird versucht, das weitere
Verhalten vorherzusagen, indem das Geschehen nachvollzogen wird. Indem eigene
Handlungsneuronen angesprochen werden und es somit gewissermaßen zur eigenen
Durchführung der Handlung kommt, wird versucht den Zweck und das Ziel hinter den
Handlungen zu erkennen. Mehr noch, Spiegelneuronen erkennen die gesamte
Handlungssequenz (Kapitel 3.6), weswegen es ausreicht, nur einen Ausschnitt einer
Handlungssequenz wahrzunehmen, um das Ende der Geschichte vorauszusagen.
Aufgrund der Tatsache, dass die Geschichte in der Vorstellung des Publikums erzeugt
wird, wird sie als ein Teil seiner Identität zugeordnet. Es wird nicht wahrgenommen, dass
sie von außen gegeben wird. Somit ist das Publikum auf eine ganzheitliche Art und Weise
am Geschehen beteiligt, durchlebt auch die damit integrierten Gefühle und nimmt indirekt
daran teil.23
Denn wie im Kapitel 3.1 beschrieben, sind es vor allem die Prozesse, die unbewusst
ablaufen, die Empathie, Gemeinsamkeit und Übereinstimmung erzeugen. Dies setzt
voraus, dass Geschichten verbinden. Erzähler und Zuhörer fühlen sich zueinander näher,
da die Interaktion intensiviert wird.24 Wortman schreibt in seinem Buch dazu:
„A Story […] adds a layer to narrative by including elements that make people care about the action, suchas how someone in the story was affected, the emotions involved, and possibly even the „values“ of thepeople involved in the story.“25
3.4 Geschichten wirken belohnend
Der Mensch unterliegt zwei fundamentalen Systemen, dem Angst- und dem
Belohnungssystem. Das System der Angst hilft Gefahren zu vermeiden. Es arbeitet
schnell und unbewusst und ist darauf ausgelegt dem Ursprung der Angst zu entkommen.
Deswegen ist die Informationsverarbeitung eingeschränkt, wenn das Angstsystem aktiv
ist.
Das Belohnungssystem steuert das Handeln, indem es das Glückshormon Dopamin als
Belohnung ausschüttet, wenn das Wohlbefinden gesteigert wird. In Verbindung mit dem
System der Belohnung wird gelernt, was gut und wichtig ist. Ob eine Handlung gut getan23 Vgl. Schmieja, a.a.O., S. 4124 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 52-5725 Wortmann, a.a.O., S.27
11
hat oder nicht, wird als Erfahrung abgespeichert. Im Gegensatz zum Angstsystem ist die
Verarbeitung von Informationen in diesem Zustand nicht begrenzt. Dieses System ist für
die Entscheidung verantwortlich, wonach gesucht bzw. gestrebt wird. Demnach ist
glücklich sein eine Bedingung zum Lernen.26 Der Mensch versucht negative Emotionen
zu vermeiden und stattdessen ausschließlich positiven Emotionen ausgesetzt zu sein. Das
beste emotionale Gesamtergebnis wird angestrebt,27 um das Wohlbefinden zu
maximieren.
Beim Erzählen von Geschichten werden emotionale Erwartungen erzeugt, die, wenn sie
erfüllt oder übertroffen werden, wie eine Belohnung wirken.28 Hiermit in Verbindung
stehen die Grundmotive des Menschen, die im kommenden Kapitel beschrieben werden.
3.5 Geschichten sind von Bedeutung
Die Bewertung von Informationen, wird daran gemessen, welche Bedeutung diese für das
Wohlergehen inne haben. Der Mensch wird durch Motive gesteuert. Motive sind
emotionale Erwartungshaltungen und Wünsche.29 Sicherheit, Erregung und Autonomie
werden von Herbst als Grundmotive beschrieben, die universell das Leben begleiten.
Das Motiv der Sicherheit sorgt dafür, dass der Mensch das Bedürfnis nach Sicherheit,
Stabilität und somit auch nach Bindung und Traditionen hegt. Dennoch werden parallel
Spannung und Spaß durch neue Reizeinflüsse aufgrund des Motivs der Erregung gesucht.
Ebenso wird das Gefühl des Sieges und der Überlegenheit durch das Autonomiemotiv
begehrt.
Informationen werden auf der Basis dieser drei Grundmotive emotional bewertet. Sie
beeinflussen das menschliche Denken, Fühlen und Handeln. Jedoch werden gleiche
Informationen unterschiedlich beurteilt. Nicht nur verschiedene Zielgruppen schätzen
gleiche Informationen unterschiedlich ein, sondern auch innerhalb der einzelnen
Zielgruppen gibt es Differenzen. Demnach werden Geschichten unterschiedliche
Bedeutungen zugeschrieben.30 Eine gute Geschichte ist damit zu charakterisieren, dass
neue Welten entdeckt werden können. Menschen suchen nach dem Motiv der Erregung
neue Reize. Es wird nach neuen Erfahrungswelten gesucht. Dort wiederum wird nach
26 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 37-3927 Vgl. Häusel, Hans-Georg: Emotional Boosting. Die hohe Kunst der Kaufverführung. 2. Auflage, Haufe,
Freiburg 2012, S. 5828 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 4529 Vgl. Häusel, a.a.O., S. 5930 Vgl. Herbst, a.a.O., S.46-48
12
dem Motiv der Sicherheit, nach Erkennbarem Ausschau gehalten. Dennoch wird gewollt,
Neues zu erlernen. Von den neuen Erfahrungswelten wird erwartet, dass sie den Sinn des
Lebens, Orientierung, Rat oder neue Perspektiven vermitteln.31
Abbildung 1: Das Motivsystem des Menschen
Quelle: Herbst, Dieter Georg: Storytelling. 3. Auflage, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2014, S.47
3.6 Geschichten bestehen aus Mustern
Das Gehirn eignet sich neues Wissen nach Mustern an. Auf diese Art und Weise erspart es
sich Arbeit, denn Muster sind Standardisierungen, aufgrund derer nicht alles erneut erlernt
werden muss.32 Diese Standardisierungen beruhen vor allem auf Erfahrungen der frühen
Lebensjahre.33 Muster, auch Scripte genannt, und ihre Kerninformationen helfen
Erfahrungen zu prüfen und schnell und unbewusst Vergleiche zu ziehen, Assoziationen zu
knüpfen, damit gekoppelte Emotionen auszulösen und letztendlich Entscheidungen zu
treffen.34 Die dafür verantwortlichen Areale des Gehirns suchen auch in Geschichten nach
Mustern.35 So spielen unter anderem in Geschichten Archetypen, Mythen, symbolische
Handlungen und Rollen als Muster eine bedeutende Rolle.
Archetypen sind Schlüsselfiguren, denen man die menschlichen Grundmotive (Kapitel
3.5) zuordnen kann, wie zum Beispiel bei dem Helden.
Mythen stellen die typischen Urgeschichten dar. Als Beispiel sind „David gegen Goliath“
oder „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ zu nennen.
Rollen im Alltag helfen Ordnung und Struktur in zwischenmenschliche Beziehungen zu
bringen. An jede soziale Rolle wird eine rollengerechte Erwartung geknüpft. Auch in
31 Vgl. Gosch, Maike: Storytelling-Workshop. Deutscher Fundraising Kongress, Berlin 201432 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 57-5833 Vgl. Fuchs, Werner T (c).: Warum das Gehirn Geschichten liebt: Mit den Erkenntnissen der
Neurowissenschaften zu zielgruppenorientiertem Marketing. 2. Auflage, Haufe- Lexware, Freiburg 2013, S.37
34 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 57-5835 Vgl. Fuchs (c), a.a.O., S.37
13
Geschichten helfen Rollenerwartungen die Handlung zu strukturieren. Beispielsweise gibt
es den Freund, den Eroberer, die Mutter etc..
Symbolische Handlungen sind kulturell beeinflusst und geben Leitlinien an das Verhalten.
Hierunter fällt auch das Ritual, das als „ein Verhalten oder eine Handlung, die bestimmten
Gefühlen und Gedanken des Vollziehenden als Einzelner oder als Gruppe symbolischen
Ausdruck verleiht,“36 definiert werden kann. Beispiele sind das Zerschneiden eines
Bandes oder eine Grundsteinlegung.37
Abbildung 2: Muster in Geschichten
Quelle: Herbst, Dieter Georg : Storytelling. 3. Auflage, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2014, S. 60
3.7 Geschichten bestehen aus Bildern
Geschichten sind sehr bildhaft. Sie ermöglichen es, trockene und abstrakte Informationen
in anschauliche Bilder zu übersetzen.38 Geschichten lassen, ob durch Bilder, Texte oder
Erzählungen, Wahrnehmungen als innere Bilder bzw. Gedächtnisbilder entstehen. Diese
spielen eine große Rolle bei der Entstehung und Beeinflussung von Meinungen,
Überzeugungen und dem individuellen Verhalten. Die Wirkung von Bildern ist so stark,
da die Orientierung und Entscheidung anhand dieser Bildern erfolgt. Außerdem spielt sich
die Erinnerung in inneren Bildern ab. Des Weiteren sprechen innere Bilder stark an, weil
durch sie neue Erfahrungswelten entstehen, die faszinieren (Kapitel 3.5). Je
ansprechender und lebendiger innere Bilder sind, desto stärker wirken sie und desto
effektiver sind die Geschichten. Dabei ist zu beachten, dass bekannte Bilder das Gefühl
der Sicherheit und unbekannte Aufmerksamkeit auslösen.39
36 Herbst, a.a.O., S.6037 Vgl. Herbst, a.a.O., S.59-6038 Vgl. Schmieja, a.a.O, S. 4039 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 65-68
14
Abbildung 3: Funktionen von Geschichten
Quelle: Herbst, Dieter Georg : Storytelling. 3. Auflage, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2014, S. 70
3.8 Zusammenfassung
Zusammenfassend zeigen diese sieben Wirkmechanismen, dass Geschichten das
menschliche Gehirn ansprechen, da sie an seinen Grundprinzipien ansetzen. In einer
Geschichte wird der Handlungsverlauf beschrieben, wodurch die Kernaussagen leichter
behalten werden können. Frenzel et all schreiben dazu: „Geschichten verknüpfen
Wissensmengen, die in anderen Formen der Wissensspeicherung immer losgelöst
voneinander betrachtet und gesammelt werden.“40 Es kann nachvollzogen werden, wieso
etwas geschieht, da die Informationen in einen Kontext eingebettet sind und
Assoziationen hergestellt werden.41 Dass Auswendiglernen effektiver ist, wenn die zu
lernenden Aspekte in einer Geschichte integriert werden, ist ein alltägliches Beispiel
hierfür. Deshalb löst Storytelling Aufmerksamkeit aus, indem keine komplexen Daten und
Fakten, sondern bildhafte Schlüsselaussagen vermittelt werden. Diese Bilder werden im
Gehirn effizienter verarbeitet. Die essentiellen Informationen können leichter behalten
werden und aktivieren die gedankliche Präsenz.42 Darüber hinaus wird das Publikum
durch das Auslösen spezifischer Emotionen in das Geschehen miteinbezogen und
gleichzeitig ein Teil der Geschichte. Es kommt zur Identifikation mit den Charakteren,
wodurch die Verhaltensweisen der eigenen Identität zugeschrieben werden. Des Weiteren
kommt es zu einer engeren Verbindung zwischen Erzähler und Zuhörer.43 Darüber hinaus
werden durch das Erzählen von Geschichten neuronale Muster angesprochen, die
aufgrund von Erfahrungen Orientierung bieten. Da Storytelling eine Form der
Unterhaltung darstellt, hat es eine positive Bedeutung für das Wohlergehen eines40 Frenzel, a.a.O., S.2641 Vgl. Wortmann, a.a.O., S. 3242 Vgl. Herbst. a.a.O., S. 17343 Vgl. Wortmann, a.a.O., S. 30
15
Menschen. Demnach besitzt Storytelling den Effekt belohnend zu wirken.44 Aufgrund
dieser Wirkmechanismen wird durch Storytelling die Aufmerksamkeit des Publikums auf
sich gezogen. Herbst formuliert dazu: „Storytelling ist gehirngerechte Kommunikation.“45
Kapitel 4: Aufbau von Geschichten
Schmieja formuliert: „Es wird jedoch erst von einer Geschichte gesprochen, wenn (a) die
Ereignisse logisch, chronologisch zu Handlungsfolgen aneinandergereiht werden und (b)
die beteiligten Charaktere und Handlungen integriert werden“46.
Demnach ist nicht jede erzählte Anekdote eine Geschichte. Es zeigt sich, dass
Geschichten in verschiedenen Kulturen analoge Strukturen aufweisen und somit
anscheinend ungeschriebene und dennoch universale Regeln für den Aufbau von
Geschichten bestehen.47 Deswegen wird, nachdem im dritten Kapitel die Wirkung von
Geschichten erläutert wird, in diesem Abschnitt der Aufbau für eine gute Geschichte
dargestellt.
4.1 Die Struktur und die Dramaturgie
Die Basisstruktur einer Geschichte besteht aus Einleitung, Hauptteil und Schluss. Die
einzelnen Handlungsstränge müssen als Kausalkette angeordnet sein und eine direkte
Ordnung ergeben und stimmig sein. Damit das Publikum aktiv und aufmerksam der
Entwicklung der Geschichte zwischen Anfang und Schluss folgt, bedarf es der
Dramaturgie. Grundlegende Strukturen der Dramaturgie sind seit der Antike vorgegeben
und werden, wenn nur geringfügig verändert.
Das klassische Drama ist in fünf Akte unterteilt. Jeder der fünf Akte erfüllt einen
bestimmten Zweck für die Gesamthandlung:48
1. Akt: Exposition
Der erste Akt dient als Einleitung. Es wird in das Thema eingeführt und die Charaktere
vorgestellt. Wichtig ist, dass der Einstieg möglichst mit Emotionen ausgeschmückt ist,44 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 175- 17745 Herbst, a.a.O., S.6946 Schmieja, a.a.O., S. 3447 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 9148 Vgl. Serrano, a.a.O., S.24
16
damit Lust entfacht wird, die Geschichte weiter zu verfolgen. Die Aufmerksamkeit des
Publikums muss erst geweckt werden.49
2. Akt: Konflikt
Im zweiten Akt wird ein Konflikt erkennbar, der vom Helden (Kapitel 4.4.1) bekämpft
wird. Ein Konflikt aktiviert die Handlung, indem die Grundmotive (Kapitel 3.4)
angegriffen werden und eine Spannung aufgebaut wird.50 Damit ein Konflikt wirksam ist,
muss er für die Zuhörer verständlich und von Bedeutung sein. Sie müssen empathisch auf
ihn eingehen können, damit sie daran teilnehmen (Kapitel 3.3). Außerdem muss die
Lösung des Konflikts belohnend sein, d.h. die Gefahr muss abgewendet werden bzw. das
Wohlergehen gefördert werden können. Darüber hinaus muss der Protagonist versuchen,
den Konflikt zu lösen.51 Nach Fuchs gibt es ohne eine Störung keine Geschichte.52
3. Akt: Höhepunkt des Konflikts
In diesem Teil der Geschichte ist die Spannung am Größten, da der Konflikt seinen
Höhepunkt erreicht.
4. Akt: Der Wendepunkt/Peripetie
An dieser Stelle kommt es zu einem Wandel in der Geschichte. Beispielsweise wird der
Schüchterne zum Selbstbewussten, der Arme zum Reichen etc.. Diese Stelle bietet eine
gute Möglichkeit, den Zuhörer aktiv in das Geschehen miteinzubinden. Dient die
Geschichte zum Beispiel als Spendenkampagne, kann an dieser Stelle um Hilfe gebeten
werden. Das Ende der Geschichte wird am spannendsten Punkt offen gelassen, sodass der
Zuhörer sich selbst mögliche positive bzw. negative Schlüsse vorstellen kann und zum
Handeln/Spenden aktiviert wird.53 Dementsprechend fällt bei dieser Methode der fünfte
Akt weg.
5. Akt: Lösung des Konflikts
Im letzten Akt wird der Konflikt auf eine tragische bzw. komische Art und Weise gelöst.54
49 Vgl. Lampert; Wespe, a.a.O., S. 2050 Vgl. Serrano, a.a.O., S.2551 Vgl. Herbst, a.a.O., S.104,10652 Vgl. Fuchs (a), a.a.O., S. 14753 Vgl. Gosch, Maike: Storytelling-Workshop. Deutscher Fundraising Kongress, Berlin 201454 Vgl. Serrano, a.a.O., S. 25
17
Häufig kommt es zum „Happy End“. Der Schluss bestimmt über die „emotionale
Markierung“.55 Das bedeutet, dass die Schlussinformationen darüber entscheiden, welcher
emotionale Wert durch die Geschichte vermittelt wird.
Abbildung 4: Das klassische Drama in fünf Akten
Quelle: Serrano, Alexander M. Otto: Storytelling in der Unternehmenskommunikation. Cornelsen, Berlin
2012, S. 24
Es gibt sieben Arten von Geschichten, auf die sich jede zurückführen lässt. Diese
Dramaturgien können universell übertragen werden:
„1. Overcoming The Monster (Das Besiegen des Monster)
Bsp.: Das Land wird von einem Bösewicht bedroht und der Held macht sich daran, ihn zu
besiegen.
2. Rags To Riches (Vom Tellerwäscher zum Millionär)
Bsp.: Dunkle Mächte bedrohen und unterdrücken den Helden. Der Held reift an diesen
Herausforderungen und erlangt Reichtum, ein Königreich und natürlich die Prinzessin.
3. The Quest (Die Heldenreise)
Bsp.: Es gibt etwas, was der Held unbedingt haben will. Mit seinen Gefährten macht er
sich auf die Suche danach.
4. Voyage And Return (Die Reise und die Rückkehr)
55 Fuchs (a), a.a.O., S. 142
18
Bsp.: Der Held begibt sich auf eine Reise in ein fernen Land voller Wunder und
Bedrohungen. Letztendlich triumphiert er und kehrt als gereifte Persönlichkeit in seine
Heimat zurück.
5. Comedy (Die Komödie)
Der Held und die Heldin sind füreinander bestimmt, aber eine dunkle Macht hält sie von
ihrem Glück ab. Die Geschichte führt dazu, dass die dunkle Macht für ihr Handeln büßen
muss und die Helden endlich zusammen kommen. Am ende haben alle eine Lektion
gelernt und eine oder mehrere Beziehungen kommen zustande.
6. Tragedy (Die Tragödie)
Die Kehrseite von Plot 1. Der Hauptprotagonist ist der Bösewicht und die Geschichte
beschreibt seinen langsamen Niedergang in die Dunkelheit, bis er letztendlich besiegt und
das Land von seinen bösen Einfluss befreit ist.
7. Rebirth (Die Wiedergeburt)
Wie in der Tragödie, aber dem Hauptprotagonisten gelingt die Kehrtwende und er sieht
seinen Fehler ein, bevor er unweigerlich besiegt wird.“56
Das Publikum erkennt in diesen Arten von Geschichten bereits erlernte Muster (Kapitel
3.6) wieder. Sie können als Andockstelle dienen, um Bekanntes mit neuen Informationen
zu verbinden. Denn genau in dieser Mischung, in der Neues vermittelt, dabei aber an
Altes erinnert wird, liegt der Auslöser für die Aufmerksamkeit.57 Des Weiteren ist
Dramaturgie auch als Träger von Emotionalität entscheidend. Durch den
Spannungsaufbau werden Emotionen ideal übertragen und wirken auf die
Lebenswirklichkeit des Zuhörers.58 Somit liegt der Schlüssel für eine gute Geschichte
auch in der Dramaturgie. Die Handlung greift in die Dramaturgie ein und wird aufgrund
dessen im nächsten Kapitel genauer dargelegt.
56 Serrano, a.a.O., S.25-2657 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 6158 Vgl. Sturm, Simon: Digitales Storytelling. Eine Einführung in neue Formen des Qualitätsjournalismus.
Springer VS, Wiesbaden 2013, S. 18
19
4.2 Die Handlung und das Ziel
Die Handlung ist von der Dramaturgie untrennbar. Die Frage nach der Handlung, ist die
Frage: „Worum es geht?“. Die Handlung greift ein zu behandelndes Thema auf. Dabei
richtet sie sich an das übergeordnete Belohnungsversprechen (Kapitel 3.4). Aufgrund
neuronaler Muster fesseln uns Geschichten, die folgende Themen aufgreifen: Leben und
Tod, Ankunft und Abschied, Liebe und Hass, Gut und Böse, Geborgenheit und Furcht,
Wahrheit und Lüge, Stärke und Schwäche, Treue und Betrug, Weisheit und Dummheit,
Hoffnung und Verzweiflung.59 In der Handlung werden abstrakte Strategien
versinnbildlicht, indem die Figuren handeln und vor machen, was andere nachahmen
können. Dieses Vorleben vermittelt wirkungsvoll gewünschte Verhaltensweisen.60
Während jeder Handlung einer Geschichte wird ein Ziel verfolgt. Nach Gosch gibt es
positive und negative Ziele. Das positive Ziel ist konkret, erreichbar, ersichtlich und in
der Biographie des Protagonisten begründet. Hingegen streben negative Ziele Schutz vor
Gefahr, Bestandserhaltung und Abwehr einer Bedrohung an.61 Jedoch muss sowohl beim
positiven, als auch beim negativen Ziel die Wirkung belohnend sein.62
4.3 Das Setting
Das Setting ist von entscheidender Rolle für eine Geschichte. Die Beschreibung, wie es
am Ort des Geschehens aussieht, ermöglicht dem Publikum sich Vorstellungen vom
Milieu und dem Kontext der Handlung zu machen.63 Zum Setting gehören
Beschreibungen über die Epoche (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft), Zeitdauer (kurzer
Einblick oder eine ganze Entwicklung), den Schauplatz (Ort des Geschehens) und die
Konfliktebene (auf welcher gesellschaftlichen Dimension sich der Konflikt abspielt).64
Die Einbettung beeinflusst die Wahrnehmung und Interpretation des Publikums. Fehlende
Ausschmückungen werden durch Klischees gefüllt.65 „Die scheinbaren
Nebensächlichkeiten sind es nämlich, die dem Publikum eine Orientierung in Zeit und
Raum erleichtern.“66
59 Vgl. Fuchs (a), a.a.O., S. 14360 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 10261 Vgl. Gosch, Meike: Storytelling-Workshop. Deutscher Fundraising Kongress, Berlin 201462 Vgl. Herbst, a.a.O., S.104,10663 Vgl. Sturm, a.a.O., S. 3164 Vgl. Fuchs (c ),a.a.O., S. 72- 7365 Vgl. Fuchs (c) ,a.a.O., S. 7366 Fuchs (b), a.a.O., S. 30
20
4.4 Die Charaktere
Charaktere sind für eine Geschichte unerlässlich. Gibt es keine Handlungsdarsteller, ist es
nicht möglich eine Geschichte zu erzählen. Darüber hinaus ist die Stärke der Charaktere
für die Qualität der Geschichte von entscheidender Rolle. Eine Geschichte ist umso
ansprechender, je intensiver das Erleben und Empfinden der Handelnden beschrieben
wird.67 Deshalb werden im folgendem Teil starke Charaktere, auf die in einer Geschichte
nicht verzichtet werden soll, aufgeführt.
4.4.1 Der Held
Ein Held ist nach Lampert und Wespe „ein Mensch, der uns emotional in Verbindung
bringt mit dem Thema.“68 Der Charakter des Helden spielt oft weniger eine Rolle, als die
Vermittlerfunktion, die er einnimmt. Genau diese Funktion stellt eine tragende Rolle für
die Geschichte dar, denn der Held steht in möglichst emotional enger Verbindung mit dem
Thema.69 Der Held verfolgt aktiv das positive bzw. negative Ziel. Eine mögliche Lösung
des Konflikts könnte zum Beispiel der Sieg über den Bösewichten sein.
Die Rolle des Helden führt des Weiteren schnell zur Aufmerksamkeit des Publikums, da
Menschen interessanter als trockene Fakten sind. Darüber hinaus spricht die Heldenrolle
Spiegelneuronen an, die zum Mitfühlen aktivieren. Die Identifizierung mit dem Helden ist
nach Fuchs ein Grundsatz einer Geschichte.70 Der Held hat sowohl Stärken, die sich in
bestimmten Kräften oder Ressourcen äußern, als auch Schwächen wie zum Beispiel
Angst, Verlust etc., mit denen sich das Publikum identifizieren kann.71 Während der
Kindheit und der Pubertät erfolgt eine Prägung auf besondere Merkmale. Diese werden an
Bindungspersonen festgemacht.72 Diese Prägung, zum Beispiel auf einen Held, befriedigt
das Bedürfnis nach Sicherheit und gehört deshalb auch zum grundsätzlichen Bestand des
Erfahrungsschatzes. Die Eigenschaften des Helden sind jedoch nicht zu verwechseln mit
dem im Marketing Verwendung findenden Alleinstellungsmerkmal, oder auch Unique
Selling Proposition (USP) genannt (Kapitel 5.1.1). Die Einzigartigkeit des (Spenden-)
Produktes ist nicht zwingend identisch mit der Charakteristik des Helden. „Ein USP
appelliert stärker an unser Bewusstsein, weckt weniger Emotionen und ist austauschbarer
67 Vgl. Sturm, a.a.O., S. 3168 Lampert; Wespe, a.a.O., S.49 69 Vgl. Lampert; Wespe, a.a.O., S.49,5170 Vgl. Fuchs (a), a.a.O., S. 14771 Vgl. Lampert; Wespe, a.a.O., S.5272 Fuchs (c), a.a.O., S.44
21
als ein Held.“73
Da die Fokussierung auf eine Hauptfigur dem Publikum eine bessere Orientierung
ermöglicht, wird im Storytelling immer ein einziger Held bevorzugt. Der Held ist ein
wichtiges Instrument, da Geschichten Handlungsanweisungen geben sollen, die am besten
umgesetzt werden können, wenn eine Figur als Orientierung dient.74 Diese Figur muss
kein Mensch sein. Auch auf Tiere oder Gegenstände, wie zum Beispiel den Plüsch-
Teddy, kann empathisch reagiert werden.75
4.4.2 Die Helfer
In einer Geschichte gibt es neben dem Helden auch Helfer. Die Rolle der Helfer spielt
sich im Hintergrund ab. Diese sind jedoch eigen stehende Charaktere. Sie sind
unabkömmlich und geben Rat und Stichworte. Sowohl mildern Helfer die Schwächen des
Helden, als auch werden durch sie Alternativen zur Konfliktlösung, Argumente und
Vorteile eingebracht.76 Dadurch leisten sie dem Helden Beistand und lassen ihn glaubhaft
wirken.
4.4.3 Der Gegner
Wie bereits erläutert wird in jeder guten Geschichte Spannung aufgebaut um
Aufmerksamkeit zu erlangen, indem ein Konflikt entsteht.77 Dieser Konflikt wird durch
einen Antagonisten bzw. einem Gegner verkörpert.
Fuchs schreibt über den Gegner, dass „nur ein klares Feindbild die Identifikation mit dem
Helden und die Evaluation der richtigen Waffe ermöglicht.“78 Für eine Geschichte muss
der Grund erkennbar sein, warum dieser Charakter ein Feind ist und welche Stärken und
Schwächen er besitzt. Der Gegenspieler ist „ein Schatten des Helden“79. Werden die
gegnerischen Absichten deutlich, wird erkennbar, wie er besiegt werden kann und was
von ihm gelernt werden soll.80
73 Fuchs (b), a.a.O., S.2774 Vgl. Fuchs (b), a.a.O., S. 2675 Vgl. Fuchs (b),a.a.O., S. 2776 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 9377 Vgl. Fuchs (b), a.a.O., S. 2978 Fuchs (a), a.a.O., S. 2979 Gosch, Meike: Storytelling-Workshop. Deutscher Fundraising Kongress, Berlin 201480 Vgl. Gosch, Meike: Storytelling-Workshop. Deutscher Fundraising Kongress, Berlin 2014
22
Kapitel 5: Storytelling im Fundraising
5.1 Begriffliche Einbettung ins Marketing
Wie bereits im ersten Kapitel definiert, wird auf der Grundlage, dass im Fundraising
Austauschbeziehungen systematisch aufgebaut werden, in dieser Arbeit davon
ausgegangen, dass Fundraising eine Form des Marketings verkörpert. Fundraising kann
einerseits eine Art des Beschaffungsmarketings (Dienst- und Sachspenden), andererseits
auch eine Form des Absatzmarketings (Geldspenden) darstellen.81 Anhand dieser
Einordnung in den Marketingbereich, kann im Großen und Ganzen eine Systematisierung
der Instrumente des Marketings erfolgen. Marketinginstrumente stellen die konkreten
praktischen Aufgabengebiete dar, in welchen die angestrebten Ziele zu realisieren sind.
Die Kategorisierung kann anhand der „4 P´s“ durchgeführt werden. Die „4 P´s“ sind die
vier grundlegenden Mixbereiche:82
1. Produktpolitik (Product)
2. Preispolitik (Price)
3. Vertriebspolitik (Place)
4. Kommunikationspolitik (Promotion)
Anknüpfend hierzu werden die einzelnen Mixbereiche prägnant aufgeführt.
5.1.1 Produktpolitik
Die Produktpolitik wird nach Urselmann als die Gesamtheit aller Entscheidungen im
Hinblick auf die Produktgestaltung definiert. Demnach wird im Fundraising
Produktpolitik als die Gestaltung der Spende zum Produkt verstanden. Das
Spendenprodukt ist hierbei als immaterielle Gegenleistung für die Spendenzahlung zu
sehen. Wird dem Produkt ein Alleinstellungsmerkmal (USP) zugeordnet, wird dem
Rezipienten ein unverwechselbares Nutzenversprechen gegeben. Dadurch kann es zu
einem Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz kommen.83
81 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 8-982 Vgl. Bruhn, Manfred: Marketing für Nonprofit- Organisationen. Grundlagen- Konzepte- Instrumente.
Kohlhammer, Stuttgart 2005, S. 29283 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 112
23
5.1.2 Preispolitik
Im Rahmen des zweiten Marketinginstrumentes werden die Bedingungen, zu welchen
Leistungen bzw. Produkte mit dem Rezipienten getauscht werden, bestimmt.84
Übertragen auf das Fundraising, beschäftigt sich die Preispolitik mit der Frage, nach der
Höhe der Spende bzw. nach dem Preis eines Spendenproduktes.85 Die Bildung des Preises
wird nach folgenden drei Kategorien ermittelt:
Zunächst kann sich die Preisbildung an dem Kunden orientieren. Die kundenorientierte
Preisbildung richtet sich nach der Zahlungsbereitschaft der Spender. Diese Freiheit, die
Höhe der Spende selbstständig festlegen zu können, ruft jedoch häufig Unsicherheiten
beim Spender hervor.86
Des Weiteren existiert die kostenorientierte Preisbildung. Spender verursachen Kosten, in
Form einer Spendergewinnung, sowie der Spenderbindung. Erst das Upgrading, also das
Heraufsetzen der (Erst-) Spender in der Spenderpyramide zu Mehrfach-, Dauer-, Groß-
bzw. Testamentspendern, sorgt für die Deckung dieser Kosten.87
Die konkurrenzorientierte Preisbildung als dritte Möglichkeit, findet so gut, wie nie
Beachtung im Fundraising. Preise werden hierbei unter Berücksichtigung des
Wettbewerbs mit anderen Organisationen festgelegt.88
5.1.3 Vertriebspolitik
Nach Bruhn ist Vertriebspolitik die Gesamtheit der Entscheidungen und Handlungen, die
mit der Erbringung und dem Transfer einer Leistung an den Leistungsnehmer in
Zusammenhang stehen.89 Demnach unterstützt die Vertriebspolitik die Verfügbarkeit
einzelner Produkte anhand der Faktoren Ort, Menge und Zeit.90 Bezüglich dieses
Marketinginstruments wird zwischen akquisitorischen und logistischen Aufgaben
unterschieden. Von bedeutender Rolle für das Fundraising sind die akquisitorischen
Aufgaben.91 Hierunter werden Aufgaben der Information von Zielgruppen, zum Beispiel
Information der Spender, als auch kontrahierungswirksame Aufgaben, wie beispielsweise
Spendeneinzahlungen, verstanden. Logistische Aufgaben beinhalten transport- und
84 Vgl. Bruhn, a.a.O., S. 35685 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 14986 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 15087 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 16-1788 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 151-15289 Vgl. Bruhn, a.a.O., S. 37090 Vgl. Bruhn, a.a.O., S. 37091 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 167
24
lagerpolitische Entscheidungen, damit das Produkt den Rezipienten erreicht.92 Aufgrund
der Immaterialität des Spendenproduktes ist im Fundraising die logistische Aufgabe
zweitrangig.93
5.1.4 Kommunikationspolitik
Als Kommunikationspolitik wird im Fundraising „die systematische Planung,
Ausgestaltung, Abstimmung und Kontrolle aller Kommunikationsmaßnahmen einer
steuerbegünstigten Organisation im Hinblick auf alle relevanten Zielgruppen umfasst, um
die Kommunikationsziele und damit die nachgelagerten Fundraising- und
Organisationsziele zu erreichen.“94 Nach Bruhn wird bei der Kommunikationspolitik
zwischen drei Erscheinungsformen unterschieden. Wie in Abbildung 5 ersichtlich, gibt es
eine externe Kommunikation zwischen der gemeinnützigen Organisation (hier speziell als
NPO dargestellt) und den Zielgruppen. Ein Beispiel hierfür verkörpert unter anderem die
Anzeigenwerbung. Zwischen einer Organisation und seinen Mitarbeitern herrscht eine
interne Kommunikation, die beispielsweise durch eine Mitarbeiterzeitschrift erfolgt.
Dieser Bereich spielt speziell auf das Fundraising bezogen eine untergeordnetere Rolle.
Des Weiteren findet eine interaktive Kommunikation zwischen den Mitarbeitern der
gemeinnützigen Organisation und den Zielgruppen statt. Ein persönliches Gespräch im
Rahmen des Fundraisings zwischen Fundraiser und (potenziellem) Spender stellt ein
Beispiel hierfür dar.95
Fundraising-Kommunikation ist werbliche Kommunikation. Der Verkauf von
Spendenprodukten liegt im Fokus. Daher richtet die Vermarktung ihre Orientierung
speziell an (potenziellen) Spendern aus, um Ressourcen in Form von Geld-, Sach- oder
Zeitspenden für die Organisation einzuwerben.96
92 Vgl. Bruhn, a.a.O., S. 37293 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 16794 Urselmann, a.a.O., S. 20895 Vgl. Bruhn, a.a.O., S. 38496 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 209-210
25
Abbildung 5: Erscheinungsformen der Kommunikation97
Quelle: Bruhn, Manfred: Marketing für Nonprofit- Organisationen. Grundlagen- Konzepte- Instrumente.
Kohlhammer, Stuttgart 2005, S. 384
5.2 Storytelling und Kommunikationspolitik
Aufgrund der Tatsache, dass Storytelling eine Kommunikationsmethode ist, wird im
weiteren Teil dieser Arbeit die Wirkung des Storytellings auf die Ziele und Aufgaben der
Kommunikationspolitik von NPOs im Bezug auf das Fundraising transferiert. Die
Kommunikationspolitik verfolgt Ziele, die kognitiv, affektiv und konativ orientiert sind.
Diese Zielsetzungen der Kommunikationspolitik im Fundraising werden folglich genauer
betrachtet und auf die Wirkungen des Storytellings bezogen.
„Wenn ich etwas verkaufen möchte, muss ich dem Käufer eine Geschichte erzählen, die sein Verhalten sobeeinflusst, dass er dazu bereit ist, den von mir festgelegten Tauschwert für ein bestimmtes Gut zu
bezahlen.“98
5.2.1 Kognitiv-orientierte Kommunikationsziele
Die Kommunikationspolitik verfolgt als primäres Ziel den Erfolg in der Berührung und
der Kontaktaufnahme zu den Anspruchsgruppen. Eine Minimierung des Streuverlustes
wird daher angestrebt. Dieser entsteht, wenn Personen, die keiner Zielgruppe entsprechen,
kontaktiert werden. Eine möglichst geringe Anzahl der ausgesendeten Botschaften soll
demnach auf dem Weg zu den relevanten Zielgruppen verloren gehen.99 Dementsprechend
spielt die Entscheidung einer effektiven Methode für den Berührungs- und Kontakterfolg
97 Vgl. Bruhn, a.a.O., S. 38498 Vgl. Fuchs (c), a.a.O., S. 1899 Vgl. Bruhn, a.a.O., S. 388
26
eine bedeutende Rolle. Hier stellt Storytelling eine geeignete Kommunikationsmethode,
dar. Das Gehirn denkt in Geschichten und stellt bei Handlungen Beteiligung her, sodass
Storytelling für jede Maßnahme im Marketing und jede Zielgruppe in Frage kommen
kann.100
Ein kognitiv-orientiertes Ziel der Kommunikationspolitik ist die
Aufmerksamkeitswirkung. Bruhn schreibt: „Die Aufmerksamkeitswirkung einer
Kommunikationsbotschaft bezieht sich auf die Umgebung des Bewussten
Wahrnehmungsfilters des Rezipienten, sodass die Kommunikationsmaßnahmen im
Medienumfeld nicht „untergehen“.“101 Angesichts der Tatsache, dass Storytelling eine
„gehirngerechte“102 Kommunikationsmethode ist, stellt es einen großen
Aufmerksamkeitsmagneten dar. Aufgrund der Dramaturgie einer Geschichte und dem
damit beinhalteten Spannungsbogen, wird das Publikum gefesselt. Vor allem ein
interessanter Anfang ist von entscheidender Rolle, um die Rezipienten abzuholen und in
den Bann zu ziehen.103 Werden hierbei oder auch innerhalb der Geschichte bekannte
Muster oder Bilder mit neuen unerwarteten Informationen verknüpft, sorgt dies bewusst
für Beachtung und Interesse der Zielgruppen.104 Demnach kann mit Hilfe des Storytellings
eine hohe Aufmerksamkeitswirkung erzielt werden.
Als aufklärendes Ziel gilt die Informationsfunktion.105 Die dabei vermittelten Botschaften
sollen einprägsam sein, sodass eine Erinnerung an diese hoch ist. Hier lässt sich ein
weiteres Ziel der Erinnerungswirkung nennen. Es wird eine Abspeicherung der relevanten
Aussagen im Langzeitgedächtnis angestrebt. Aufgrund dessen, dass Schlüsselbotschaften
beim Storytelling in einem Kontext eingebettet sind und Verbindungen zwischen
abstrakten Informationen und Erfahrungen hergestellt werden, erfolgt eine effektive
Abspeicherung im Gedächtnis.106 Da dies beim Erzählen einer Geschichte einen
unbewussten Vorgang darstellt, findet die Verarbeitung nicht nur effizienter statt, sondern
ruft auch auf Erfahrungen basierende Emotionen hervor, die auf das Erleben und somit
100 Vgl. Fuchs (b), a.a.O., S. 35101 Bruhn, a.a.O., S. 388102 Herbst, a.a.O., S. 69103 Vgl. Lampert; Wespe, a.a.O., S.13-20104 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 68105 Vgl. Bruhn, a.a.O., S. 388106 Vgl. Wortmann, a.a.O., S. 32
27
auf das Gedächtnis einwirken können.107
5.2.2 Affektiv-orientierte Kommunikationsziele
Die Gefühlswirkung ist ein affektiv-orientiertes Kommunikationsziel. Die zu
vermittelnden Botschaften sollen auf die individuelle Wahrnehmung der Zielgruppen
wirken und bestimmte Emotionen ansprechen.108 Mit Hilfe von Geschichten kann dies
realisiert werden, indem durch die Charaktere die Spiegelneuronen im Gehirn aktiviert
werden. Folglich reagieren die Rezipienten empathisch auf die Handelnden der
Geschichte und spiegeln deren Gefühle. Storytelling kann gezielt durch die
Verhaltensweisen und Handlungen der Charaktere, auf die Emotionen der Zielgruppen
einwirken.109
Des Weiteren soll nach Bruhn vorwiegend durch die Konkretisierung unbewusster
Bedürfnisse eine positive Hinstimmung zu einer Leistung erreicht werden. Demnach ist
bei potenziellen Spendern Überzeugungsarbeit zu leisten, indem eine Spende für den
Empfänger mit Vorteilen bzw. Eigennutzen verbunden ist.110 Die Spende muss eine
Belohnung oder Bedeutung für das individuelle Wohlergehen darstellen. Botschaften der
Kommunikation werden auf dieser Basis emotional bewertet und beeinflussen das
Denken, Fühlen und Handeln.111 Im Zusammenhang mit dem grundsätzlichen
Motivsystem der Sicherheit, Erregung und Autonomie spielen auch die Spendermotive
Verbundenheit, Verantwortung und Einflussnahme, Moral, Ethik und Glaube,
Zugehörigkeit und Anerkennung eine wichtige Rolle.112 Storytelling kann unbewusst auf
Bedürfnisse der Anspruchsgruppen wirken und diese beeinflussen, sodass Spendermotive
angesprochen werden und eine positive Hinstimmung zu einer Spende erreicht wird.
Das eine erste Kontaktaufnahme erfolgt, setzt das Interesse seitens potenzieller Spender
voraus. Daher stellt das Erzeugen von Interesse ein wichtiges Ziel dar.113 Unter
Verwendung von Storytelling kann dies geschehen, da Geschichten zunächst
Aufmerksamkeit erzeugen und je nach Handlungsverlauf Interesse wecken können. Dies
107 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 25-37108 Vgl. Bruhn, a.a.O., S. 389109 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 52-57110 Vgl. Bruhn, a.a.O., S. 389111 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 37-52112 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 113-114113 Vgl. Bruhn, a.a.O., S. 389
28
kann beispielsweise erfolgen, indem die Geschichte mit einem offenen Ende schließt
(Kapitel 4.1). Das Publikum bleibt demzufolge im Ungewissen. Das Interesse der
Menschen wird durch eine störende Ungewissheit geweckt. Angestrebt wird eine aktive
Befriedigung der Gewissheit. Zur Überwindung der Ungewissheit, kann Kontakt
aufgenommen werden, um das Verlangen nach Informationen bzw. nach einem
geschlossenen Ende zu stillen.
5.2.3 Konativ-orientierte Kommunikationsziele
Als konativ-orientiertes Ziel der Kommunikationspolitik im Fundraising ist als erstes das
Auslösen von Handlungen zu nennen. Die Botschaften, die ausgesendet werden, sollen
bei den Zielgruppen bestimmte Handlungen auslösen. Auf das Fundraising bezogen heißt
dies, dass mögliche Spender zum Spenden angestiftet werden sollen.114 Storytelling ist
hierfür eine ausgezeichnete Methode, da Geschichten Beteiligung auslösen. Aufgrund der
gespiegelten Emotionen werden Spender in das Handlungsgeschehen hineingezogen. Die
Identifikation mit den Charakteren bewirkt eine Übernahme der Verhaltensweisen als Teil
der eigenen Identität, sodass der Spender zu einem Teil der Geschichte wird.115 Besonders
empathisch wird auf den Helden der Geschichte reagiert. Seine Verhaltensweisen werden
reflektiert, sodass Handlungen ausgelöst werden können.116 Darüber hinaus schreibt
Fuchs, dass die intrinsische Motivation, also eine von innen herrührende Motivation,
durch Storytelling aktiviert werden kann.117 Diese Reaktion veranlasst, dass die
Geschichte unbewusst mit dem eigenen Leben verglichen wird.118 Diese Beteiligung, die
durch das Storytelling erreicht wird, kann die Handlung des Spendens auslösen.
Eine positive Auswirkung auf die Weiterempfehlung an andere Interessenten ist ein
weiteres kommunikationspolitisches Ziel. Durch die Immaterialität und nicht bestehende
Greifbarkeit der Fundraising-Leistung ist für die Akquisition neuer Spender die Mund-zu-
Mund-Kommunikation ein wirksames Mittel. Weiterempfehlungen unterstützen neue
Interessenten zu gewinnen.119 Storytelling kann hierbei hilfreich sein, da es eine uralte
Kommunikationstechnik darstellt. Das Erzählen von Geschichten ist eine fundamentale
114 Vgl. Bruhn, a.a.O., S. 389115 Vgl. Herbst, a.a.O., S. 52-57116 Vgl. Fuchs (b), a.a.O., S. 26117 Vgl. Fuchs (c), a.a.O., S. 126118 Vgl. Wieser, Jürgen: Der limbische Turbo. In Fundraiser. Das Branchenmagazin für Spendenmarketing,
Stiftungen und Sponsoring. Heft 4 2011, S.57119 Vgl. Bruhn, a.a.O., S. 390
29
Methode für alle Nationen, Kulturen und Gesellschaften, um Werte und Erfahrungen
auszutauschen.120 Darüber hinaus bewirkt die Beteiligung, die beim Storytelling ausgelöst
wird, dass die Botschaft der Geschichte als eigene Erfahrung abgespeichert wird. Dies
führt dazu, dass die Geschichte auch effektiver verinnerlicht werden kann.121 Diese neue
Erfahrung wird darauf hin an neue potenzielle Interessenten weitergetragen und
beeinflusst auch das Weiterempfehlungsverhalten.
5.3 Zusammenfassung
Anhand der Kommunikationspolitik für das Fundraising lässt sich zeigen, dass in Bezug
auf die psychologischen Ziele Storytelling eine große und bedeutsame Rolle einnehmen
kann. Die Methode des Storytellings kann sowohl im Sinne der affektiv-orientierten
Kommunikationspolitik Gefühle ansprechen und Auswirkungen auf diese haben, als auch
Wissen und Informationen optimal vermitteln, wie es bei der kognitiv-orientierten
Kommunikation erzielt werden soll. Des Weiteren können mit Hilfe des Storytellings
Verhaltensweisen der (potenziellen) Spender beeinflusst werden, entsprechend der Ziele
der konativ-orientierten Kommunikationspolitik.
Angesichts davon, dass Storytelling einen positiven Effekt auf die
Kommunikationspolitik besitzt und somit ein idealer Aufbau einer Kommunikation
ermöglich wird, kann davon ausgegangen werden, dass eine Organisation für ihr
Fundraising mehr Aufmerksamkeit bekommen kann, wenn mit der
Kommunikationsmethode des Storytellings gearbeitet wird. Es verhilft dazu, die Ziele der
Kommunikationspolitik zu erreichen, indem die Implikation der psychologischen
Wirkmechanismen systematisch angewendet wird. Die Kommunikationsbotschaft sticht
auf dem Spendermarkt gegenüber anderen konkurrierenden Nachrichten heraus, da die
Wahrnehmung der Ressourcenbereitsteller gezielter angesprochen wird. Die
(potenziellen) Spender können effektiver erreicht werden. Folglich werden sie
aufmerksam auf das (Spenden-) Produkt. Denn je deutlicher die
Kommunikationsbotschaft zwischen anderen Werbebotschaften auf dem Spendermarkt
hervorsticht, desto größere Aufmerksamkeit wird sie von seitens der (potenziellen)
Spender erfahren.
120 Vgl. Schmieja, a.a.O., S. 33121 Vgl. Wortmann, a.a.O., S. 27-29
30
5.4 Beispiele zur Verwendung von Storytelling im Fundraising
In diesem Teil wird anhand von Beispielen verdeutlicht, an welcher Stelle es zur
Umsetzung von Storytelling im Fundraising kommen kann. Hierzu werden die
Kommunikationskanäle der Media-, Direkt- und Dialogwerbung, sowie das Internet als
Kommunikationskanal unterschieden.
5.4.1 Storytelling in der Mediawerbung
Bruhn definiert Mediawerbung folgendermaßen:
„Unter Mediawerbung wird der Transport und die Verbreitung von Informationen über die Belegung vonWerbeträgern mit Werbemitteln im Umfeld öffentlicher Kommunikation verstanden, um so eineRealisierung der spezifischen Kommunikationsziele zu erreichen.“122
Mediawerbung ist bekannt als die klassische Werbung. Sie stellt ein Massenmedium dar,
das nicht personalisiert eine große Anzahl von Menschen erreicht. Hierin liegen auch die
Nachteile der Verwendung von Mediawerbung. Die Kommunikation ist unpersönlich und
indirekt. Aufgrund der Massenansprache sind die Empfänger nicht individualisiert.123 Der
Streuverlust ist hier sehr hoch. Darüber hinaus verringert sich die Wirkung dieses
Kommunikationskanals zunehmend, aufgrund der Tatsache, dass Mediawerbung von
immer mehr Unternehmen und Organisationen eingesetzt wird. Die Rezipienten nehmen
die Werbebotschaften als ein Grundrauschen wahr. Sie entwickeln eine
Werbemüdigkeit.124 Jedoch ist es vorteilhaft, dass man mit Hilfe dieses Mediums eine
große Menschenmasse erreicht. Eine persönliche Ansprache kann dennoch teilweise
ausgelöst werden, indem gleichzeitig ein Angebot zum Dialog durch Nennung einer
Telefonnummer, einer Website oder eines Informationsflyers eröffnet wird.125
5.4.1.1 Fernsehwerbung
Das Fernsehen übermittelt, neben der reinen Kommunikationsbotschaft, visuelle und
auditive Reize. Dadurch wird verstärkt die emotionale Wahrnehmung aktiviert, die eine
positive Wirkung auf das Spenderverhalten zur Folge hat. Fundraising kann im
redaktionellen, wie auch im werblichen Teil möglich sein.126
Im werblichen Bereich des Fernsehens werden TV- Spots geschaltet. Diese belaufen sich
auf ca. 30 Sekunden. Diese kurze Zeitspanne ermöglicht kaum eine adäquate Umsetzung122 Bruhn, a.a.O., S. 405123 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 211124 Vgl. Serrano, a.a.O., S. 11125 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 211126 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 211
31
der Storytellingmethode. Allenfalls können Ansätze des Storytellings in die Spots
integriert werden. Im redaktionellen Bereich hingegen werden Spendenaufrufe in Fällen
von Katastrophen und im Rahmen von Fernsehgalas gesendet.127 Während einer
Benefizgala ist genug Zeit vorhanden, um mit Storytelling zu arbeiten. So ist es denkbar
Betroffene, Ehrenamtler, Förderer etc. einzuladen, damit diese ihre persönliche
Geschichte dem Publikum erzählen. Darüber hinaus können auch Trailer eingespielt
werden, die am Einsatzort des Hilfeprojektes gedreht werden. Demzufolge können die
Geschichten in Verbindung mit den örtlichen Gegebenheiten erzählt werden. Dadurch
wird dem Publikum ein genauerer Einblick geboten, der darüber hinaus verstärkt auf die
emotionale Wahrnehmung einwirkt. Häufig wird in Spendengalas bereits mit Hilfe des
Storytellings gearbeitet. Als Beispiele sind die TV-Gala „Ein Herz für Kinder“ oder die
„José Carreras Gala“ zu nennen.
5.4.1.2 Radiowerbung
Das Radio als Medium stellt für viele Menschen einen vertrauten Begleiter durch den Tag
dar. Das Radio lebt vom Geschichten erzählen.128 Auch bezüglich dieses Mediums ist ein
redaktioneller und ein werblicher Bereich vertreten. Ähnlich wie beim Fernsehen ist im
werblichen Teil kaum Zeit vorhanden, um Storytelling optimal durchzuführen. Jedoch
sind viele Sender bereit (vor allem in der Vorweihnachtszeit) im redaktionellem Teil
Spendenaufrufe zu senden.129 An dieser Stelle ist es machbar, Geschichten zu erzählen
oder erzählen zu lassen. Beispielsweise wirbt in der Vorweihnachtszeit die Aktion
Lichtblicke e.V, die unter anderem von mehreren regionalen Radiosendern Nordrhein-
Westfalens gegründet wurde, bei diesen Sendern um Spenden. Hier ist es denkbar, mit
persönlichen Einzelgeschichten auf Sendung zu gehen.
5.4.1.3 Kinowerbung
Ein weiterer Multiplikator ist die Kinowerbung.130 Kino- Spots stellen allerdings, ähnlich
wie TV- Spots, einen zu geringen zeitlichen Rahmen zur Verfügung, um Storytelling zu
realisieren.
127 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 211128 Vgl. Heuel, Ralf: „Radio lebt vom Storytelling“. In: werben&kaufen. Marketing. Media. Digitale
Kommunikation. Heft 20 2014, S.17129 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 215130 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 217
32
5.4.1.4 Printwerbung
Printmedien stellen eine weitere Möglichkeit zur Kommunizierung von
Spendenprodukten dar. Im werblichen Bereich können Spendenaufrufe in Form von
Anzeigen, Fülleranzeigen, Beilagen, Beiheftern und Beiklebern abgedruckt werden.131
Bedingt durch den geringen Raum, der zur Verfügung steht, stellt die Methode des
Storytellings auch hier keine Option dar. Werden dahingegen Spendenaufrufe im
redaktionellen Umfeld geschaltet, kann Storytelling optimal mit all seinen Techniken
angewendet werden. Ideal wäre es, wenn ein Journalist diesen Beitrag verfasst, da dieser
berufsbedingt Storytelling beherrscht.
5.4.1.5 Außenwerbung
Außenwerbung ist nach Urselmann „sämtliche Werbung, die im öffentlichen Raum
stattfindet.“132 Mögliche Erscheinungsbilder von Außenwerbung können
Schaufensterwerbung, Litfaßsäulen, Großflächenplakate, Werbung auf und in
Verkehrsmitteln, etc. sein.133 Mit Hilfe von Außenwerbung Storytelling umzusetzen, stellt
bedingt aufgrund des begrenzten Platzrahmens keine ausgezeichnete Möglichkeit dar.
5.4.2 Storytelling in der Direktwerbung
Die Direktkommunikation beinhaltet nach Bruhn „jene Kommunikationsinstrumente, mit
deren Hilfe eine individuelle, d.h. direkte Ansprache der verschiedenen
Anspruchsgruppen erreicht wird.“134 Demnach wird bei der Direktwerbung im
Fundraising der (potenzielle) Ressourcenbereitsteller persönlich angesprochen. Dadurch
wird nicht nur seine Aufmerksamkeit für eine Kommunikation gesteigert, sondern auch
eine persönliche Beziehung zu den (potenziellen) Spendern aufgebaut.135 Daher stellt die
Direktwerbung ein bedeutendes Kommunikationsmittel für das Fundraising dar.136
5.4.2.1 Mailing
Ein Mailing hat die Aufgabe (potenzielle) Spender auf dem Postweg zu akquirieren. Ein
Spendenmailing umfasst einen Briefumschlag, ein Anschreiben, einen Zahlungsträger,
131 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 217132 Urselmann, a.a.O., S. 219133 Vgl. Urselmann, a.a.O., S.219134 Bruhn,a.a.O., S. 413135 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 220136 Vgl. Bruhn, a.a.O., S. 413
33
sowie weitere Informationsbeilagen und eventuell ein Give- away.137
Das Mailing stellt eine geeignete Plattform dar, um Storytelling anzuwenden. Viele
Organisationen erzählen bereits Geschichten in ihren Spendenbriefen. So kann nicht nur
in den beigelegten Flyern oder Informationsbroschüren Storytelling zum Einsatz
kommen, sondern auch schon im Anschreiben. Denn die Empfänger des Briefes fällen
innerhalb einiger Sekunden eine Entscheidung darüber, ob es für sie von Bedeutung ist,
das ganze Anschreiben zu lesen.138 Aus diesem Grund ist es wichtig den Leser in den
Bann zu ziehen. Dies kann mit Hilfe von Storytelling gelingen. Die Spannung und die
Emotionalität, die durch eine spezielle Geschichte ausgelöst werden kann, entfacht die
Aufmerksamkeit des Lesers. Er nimmt sich Zeit, um das Mailing konzentriert zu lesen,
anstatt es ausschließlich zu überfliegen.
Abbildung 6: Storytelling im Informationsflyer
Quelle: Urselmann, Michael: Fundraising. Professionelle Mittelbeschaffung für steuerbegünstigte
Organisationen. 6. überarbeitete und aktualisierte Auflage, Springer Gabler, Wiesbaden 2014,
S. 240
137 Vgl. Haibach, a.a.O., S. 266-271138 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 221
34
5.4.2.2 Hauswurfsendung
Eine Hauswurfsendung ist nach Urselmann „eine unverlangte Massenmitteilung, die zu
werblichen Zwecken in die Briefkästen bestimmter Haushalte geworfen wird.“139 Eine
Hauswurfsendung ist im Gegensatz zu einem Mailing nicht bzw. nur teiladressiert.
Dadurch ist es bei der Zustellung durch die Deutsche Post kostengünstiger als ein
Mailing, jedoch auch unpersönlicher.140 Dennoch kann hier Storytelling optimal in die
Praxis umgesetzt werden. Aufgrund der unpersönlichen Ansprache einer
Hauswurfsendung ist die Aufmerksamkeitswirkung beim Empfänger gering.141 Um
dennoch einen Effekt zu erzielen, ist es von Bedeutung die Aufmerksamkeit des
Empfängers zu entfachen und Interesse auszulösen. Aufgrund dessen ist Storytelling die
geeignetere Methode, im Gegensatz zur Auflistung von abstrakten Tatsachen, um den
Empfänger zu faszinieren.
5.4.2.3 Newsletter
Ein Newsletter dient dazu, um Interessenten oder Spender auf dem Laufenden zu halten
bzw. ihnen neue Projekte vorzustellen. Auch können auf diesem Wege Erfolge älterer
Projekte kommuniziert werden. Sind Newsletter in ihrer äußeren Erscheinungsform
unattraktiv zu lesen und langweilen, kann es sein, dass Interessenten und (potenzielle)
Spender verloren gehen. Daher ist es wichtig, dass auch Newsletter die Aufmerksamkeit
und das Interesse entfachen. Daher empfiehlt es sich auch im Newsletter Storytelling zu
verwenden.
5.4.3 Storytelling in der Dialogwerbung
Der Deutsche Dialogmarketing Verband (DDV) definiert Dialogmarketing als
„Oberbegriff für alle Marketingaktivitäten, die denen Medien mit der Absicht eingesetzt
werden, eine interaktive Beziehung zu Individuen herzustellen. Ziel ist es dabei, den
Empfänger zu einer individuellen, messbaren Reaktion (Response) zu veranlassen.“142
Der Dialog als Kommunikationskanal ist im Gegensatz zur Media- und Dialogwerbung
wesentlich teurer. Daher wird der Dialog nicht als reiner Kommunikationskanal, sondern
mit den anderen Kanälen kombiniert umgesetzt.143 So wird beispielsweise innerhalb der
139 Urselmann, a.a.O., S. 227140 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 227141 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 227142 Www.ddv.de [Zugriff: 15.05.2014]143 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 228
35
Mediawerbung mit einem Dialog in Form einer Webseite oder einer Telefonnummer
geworben.
Abb. 6.: Beispiel eines Newsletters, indem mit Storytelling gearbeitet wird (Zugriff: 03.05.2014)
Quelle: http://www.mcdonalds-kinderhilfe.org/service/newsletter/ [Zugriff: 03.05.2014]
Nach Serrano müssen Geschichten mit menschlicher Stimme erzählt werden. Denn
Storytelling wirkt besonders stark, wenn eine emotionale Brücke zwischen Erzähler und
Zuhörer geschlagen wird, indem ein persönlicher Bezug aufgebaut wird.144 Demnach kann
Storytelling besonders effektiv in der Dialogwerbung eingesetzt werden.
144 Vgl. Serrano, a.a.O., S. 49
36
5.4.3.1 Dauer- und Großspender
Auf der Ebene der Dauer- und Großspender der Spenderpyramide kommt es zunehmend,
ausgehend von einer unpersönlichen Massenansprache, zu einer personifizierten
Einzelansprache des Spenders. Bei diesen Ansprachen kann es sich um Dankansprachen,
Spendenaufrufe, oder um Ansprachen zur Bindung von Spendern handeln. Es wird eine
persönliche Beziehung zwischen Spender und Fundraiser aufgebaut.145
In den Gesprächen mit Dauer- und Großspendern kann auch mit Hilfe des Storytellings
fasziniert werden, anstatt ausschließlich abstrakte Fakten zu vermitteln. Aufgrund der
Tatsache, dass das Erzählen einer Geschichte für Erzähler und Zuhörer ein gemeinsames
Erlebnis darstellt, wird eine persönliche Beziehung erarbeitet. Durch diese Beziehungen
können Dauer- und Großspender langfristiger an die Organisation gebunden werden und
unterstützen sie mit ihren Spenden.
Abbildung. 8: Die Spenderpyramide Abbildung. 9: Die Spenderbetreuung erfolgt
im unteren Teil in Form der
Massenansprache und in der Spitze als
individuelle Ansprache.
Quelle: Urselmann, Michael: Fundraising. Professionelle Mittelbeschaffung für steuerbegünstigte
Organisationen. 6. überarbeitete und aktualisierte Auflage, Springer Gabler, Wiesbaden 2014,
S. 16,18
5.4.3.2 Events
Events sind nach Haibach Ereignisse, die inszeniert werden, um Teilnehmer emotional zu
beeinflussen. Das Anliegen von Events zielt neben der Vermittlung von Informationen
auch auf einen Unterhaltungs- und Erlebniswert ab.146 Ein Event als Ereignis bleibt
145 Vgl. Urselmann, a.a.O., S.15-20146 Vgl. Haibach, a.a.O., S. 303
37
aufgrund einer positiven Emotionalisierung in den Köpfen des Zielpublikums haften. Das
Erlebnis vor Ort verkörpert Authentizität und Exklusivität. Hierdurch wird die
Emotionalität des Publikums verstärkt. Darüber hinaus wird der Wunsch nach
Kommunikation erfüllt. Ein Event stellt einen geeigneten Rahmen dar, um mit dem
Zielpublikum in den persönlichen Dialog zu kommen.147
Events stellen ein ausgezeichnetes Umfeld dar, um Storytelling zu betreiben. So kann das
Publikum leicht von den Geschichten der Betroffenen, Ehrenamtler, Förderer etc.
fasziniert werden. Die Geschichten sind besonders wirkungsvoll, wenn sie von ihnen
selbst erzählt werden. Denn Gefühle sind besonders stark, wenn eigene Gefühle
kanalisiert werden.148 Darüber hinaus wird nochmals das Gefühl der Authentizität und
Exklusivität unterstützt. Storytelling kann initiieren, dass ein Event als ein einmaliges
Erlebnis empfunden wird und die Aufmerksamkeit auf die Organisation und das Event
erhöht wird. Als Beispiel kann die McDonald´s Kinderhilfe genannt werden. Sie lassen
auf von ihnen organisierten Events betroffene Eltern, Ehrenamtler und Mitarbeiter ihre
Geschichte erzählen, um die Aufmerksamkeit des Publikums mit Hilfe der entstehenden
Emotionalität aus den Geschichten auf sich zu ziehen.
5.4.3.3 Telefon
Beim Telefon-Fundraising kann zwischen einer aktiven und passiven Form unterschieden
werden. Bei der aktiven Form des Telemarketings, werden (potenzielle) Spender von der
Organisation bzw. von der Organisation beauftragten Agenturen angerufen. Beim
passiven Telemarketing rufen Interessenten die Organisation selbst an und geben sich
somit als (potenzielle) Ressourcenbereitsteller zu erkennen.149
Es ist vorstellbar, dass Storytelling beim Telefon-Fundraising zum Einsatz kommen kann.
So kann bei der passiven Variante die Aufmerksamkeit der Empfänger gefangen werden,
indem eine Geschichte erzählt wird. Wichtig ist hierbei, dass die Geschichte spannend
und emotional beginnt, damit nicht vorschnell aufgelegt wird. Bei der aktiven Variante
kann das Interesse des Anrufers weiter geweckt und auf die Problemsituation, die das
Projekt versucht zu bekämpfen, aufmerksam gemacht werden. Es ist nicht
ausgeschlossen, Storytelling beim Telefon- Fundraising einzusetzen, um Aufmerksamkeit
zu erlangen und einen persönlichen Dialog zu führen.
147 Vgl. Bruhn, a.a.O., S. 404-405148 Vgl. Gosch, Meike: Storytelling-Workshop. Deutscher Fundraising Kongress, Berlin 2014149 Vgl. Haibach, a.a.O., S. 296
38
5.4.4 Storytelling in der Onlinewerbung
Online-Kommunikation ist eine Form der Multimediakommunikation. Nach Bruhn
umfasst diese:
„die zielgerichtete, systematische Analyse, Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle sämtlicherMaßnahmen, die dazu dienen, durch die Absendung von Botschaften mittels elektronischer Medien mit denrelevanten Anspruchsgruppen entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse in Interaktion zu treten, undKommunikationsziele einer Organisation zu realisieren.“150
Mit Hilfe von digitalen Geräten kann das Potenzial von Geschichten voll entfaltet werden.
Dieses Medium verknüpft die Hintergründigkeit der Printmedien, die Bildstärke des
Fernsehens und die Unmittelbarkeit des Radios miteinander, sodass die
Multimediakommunikation sowohl Informationen als auch Erlebnissituationen
transpotiert.151
Das Internet hat sich als Informations- und Kommunikationsmittel durchgesetzt und sich
als Massenmedium etabliert.152 Online Kommunikation erstreckt sich über eigene
Websiten, E-Mail, Banner Ads, bis hin zu Affiliate- und Suchmaschinen Marketing und
Social Media Sites.153
Das Internet bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten, um mit (potenziellen) Spendern in
Interaktion zu treten und dabei verschiedene Ziele zu erreichen. Der Spendenprozess im
Internet besteht aus den vier Phasen der Information, der Entscheidung, der Transaktion
und der Bindung.154 Storytelling kann hierbei vielfältig als Unterstützung eingesetzt
werden.
Einerseits kann Storytelling in Anlehnung zum Mailing und zum Newsletter in E-Mails
und E-Newsletters eingesetzt werden. Jedoch bietet das Internet darüber hinaus noch viele
weitere Möglichkeiten, um mit Hilfe des Storytellings Aufmerksamkeit zu erzeugen.
5.4.4.1 Website
Zum einen kann Storytelling eingesetzt werden, um die Gestaltung einer Website
anschaulicher und attraktiver wirken zu lassen. Werden dem Internet-User schon auf der
Startseite Geschichten angeboten, erregt dies seine Aufmerksamkeit. So kann, wie zum
Beispiel in Abbildung 10 gezeigt wird, auf einer Startseite der Blickfang auf die
Geschichte der Organisation, deren Erfolge und Geschichten einzelner Unterstützer gelegt
150 Bruhn, a.a.O., S. 410151 Vgl. Sturm, a.a.O., S. 37152 Vgl. Haibach, a.a.O., S. 142153 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 291154 Vgl. Haibach, a.a.O., S. 147
39
werden. Der User wird direkt aufmerksam und interessiert und schaut sich weiter auf der
Internetseite um.
Abbildung 10: Storytelling auf einer Internetseite
Quelle: http://www.salikenni.de/home/ [Zugriff am 02.05.2014]
Ebenso können Internetseiten als Plattform für Videos dienen. (Abbildung 12). Diese
Videos können die verschiedenen Geschichten von Betroffenen, Mitarbeitern, Förderern
etc. erzählen. Auf diese Weise kann beispielsweise vermittelt werden, welche Werte und
Normen, Aufgaben und Ziele eine Organisation oder ein bestimmtes Projekt vertritt
(Abbildung 12). Videos besitzen den Vorteil, dass sie aufgrund der visuellen und
auditiven Gegebenheiten mehrere Sinne ansprechen. Die Stimulierung mehrerer Sinne
fördert die Aufmerksamkeit und emotionale Erreichbarkeit enorm.155 Darüber hinaus sind
sie authentisch und glaubwürdig, da sie das Gefühl vermitteln, vor Ort live dabei zu
sein.156 So stellt die Anwendung von Storytelling in Videos eine weitere Möglichkeit dar,
155 Vgl. Sturm, a.a.O., S.42156 Vgl. Sturm, a.a.O., S.43
40
um im Internet die Aufmerksamkeit (potenzieller) Spender zu erhalten.
5.4.4.2 Internet- Blogg
Des Weiteren können Geschichten von Mitarbeitern, Förderern, Ehrenamtlichen in Form
eines Bloggs veröffentlicht werden. Ein Blogg bietet Raum, um Geschichten in aller
Ausführlichkeit zu erzählen bzw. erzählen zu lassen. In periodischen Zeitabständen
(täglich, wöchentlich oder monatlich) werden neue Geschichten als Postings
veröffentlicht. So können Follower, also ein Publikum, das den Blogg aktiv verfolgt,
regelmäßig neue Geschichten lesen. Aufgrund der Regelmäßigkeit wird das Gefühl der
Beteiligung, dass das Erzählen einer Geschichte auslöst, gefördert. Die dadurch
ausgelöste Aufmerksamkeit lenkt den Blick auf die Projekte der Organisation und regt
die Follower zum Spenden an. Abbildung 13 zeigt beispielhaft einen Blogg der
Organisation World Vision.
Abbildung 11: Einzelgeschichten Betroffener als Unterkategorie auf einer Internetseit
Quelle: http://www.charitywater.org/projects/stories/ [Zugriff:02.05.2014]
41
Abb. 12: Storytelling in Form von Videos auf einer Internetseite
Quelle: http://rescue.worldhelp.net/ [Zugriff: 15.05.2014]
Abbildung 13: Beispiel eines Internetbloggs
Quelle:http://blog.worldvision.de/2014/03/sister-fa-ich-musste-kaempfen-um-mich-durchzusetzen-2/
[Zugriff am 02.05.2014]
42
Abbildung 14: Storytelling auf Social Media Sites
Quelle: https://www.facebook.com/soskinderdoerfer?fref=ts [Zugriff: 13.05.2014]
5.4.4.3 Social Media Sites
Social Media Sites stellen einen Kommunikationskanal dar, in dem jeder seine
individuelle Meinung äußern kann (Abbildung 14). Dies stellt einen gewissen
Kontrollverlust dar.157 Jedoch ist es auch eine leichte, unkomplizierte Art und Weise, um
in Kommunikation zu treten. Auf Social Media Sites können NPOs mit Leichtigkeit auf
sich aufmerksam machen. Allerdings besteht die Vorraussetzung, dass die Seite einladend
und interessant gestaltet wird und regelmäßig neue Beiträge gepostet werden. Denn im
Social Media-Netzwerk gerät derjenige in Vergessenheit, der über längere Zeit keine
Aktualisierungen vornimmt. Werden wie zum Beispiel auf facebook Beiträge oder die
Seite selbst von anderen Usern „geliked“ oder geteilt, sehen das auch deren Freunde auf
der globalen „Wall“. Diese ist vergleichbar mit einem Newsticker über den Nachrichten,
Bilder, Links etc. veröffentlicht werden.158 So entsteht ohne Beeinflussung eine
Kommunikation und Vermarktung. Storytelling kann auch hier eingreifen, um die
Aufmerksamkeit auf die eigene Organisation zu erhöhen. Werden Geschichten erzählt,
157 Vgl. Urselmann, a.a.O., S. 280158 Vgl. Schiller, Remo: Faszination Facebook: So fern und doch so nah. Psycho-soziale Motivationen für
die aktive Partizipation bei Social Networking Sites. Diplomica, Hamburg 2010, S. 31-36
43
werden die User aufmerksam und bleiben auf der Seite hängen. Fasziniert die Geschichte,
wird sie häufig „geliked“ und sogar kommentiert. Oftmals werden Parallelen zum eigenen
Leben gezogen.159 Eine Vermittlung von Bewunderung, Entsetzen oder aber auch des
Nicht-Alleinseins kann einsetzen. Emotionale Bindung und Identifikation werden durch
interaktives Storytelling gestärkt.160 Diese Interaktivität zieht in dem Social Media-
Netzwerk Aufmerksamkeit auf sich zieht.
5.4.4.4 Zusammenfassung von Storytelling in der Onlinewerbung
Zusammenfassend stellt Storytelling eine gute Unterstützung dar, um den Spendenprozess
im Internet zu unterstützen. Denn „das Mitmachweb ist der ideale Ort, um spannende
Geschichten zu erzählen [...]“161.
Die Kommunikationsmethode kann vielfältig, sowohl in der Informationsphase, als auch
in der Entscheidungsphase und in der Phase der Bindung, unterstützend eingesetzt
werden. Meist behelfen sich bereits viele größere Organisationen mit Storytelling bei
ihren Webauftritten auf verschiedene Art und Weise. Eine Optimierung ist hier dennoch
nicht ausgeschlossen. Viele kleinere Organisationen jedoch, besitzen noch keine bzw.
keine professionelle Webseite.162 Hier besteht noch viel Potenzial in der Vermarktung.
Eine effiziente Hilfe kann dabei das Storytelling sein, um sich gezielt von der Konkurrenz
abzuheben.
Kapitel 6: Fazit
Zu Beginn dieser Arbeit wurde die Leitfrage „Wie bekommt eine Nonprofit-
Organisation Aufmerksamkeit für ihr Fundraising über das Storytelling?“
formuliert. Heutzutage ist niemand mehr dazu bereit, für Bedeutungsloses und
Langweiliges Zeit zu verschwenden. Aufgrund des gesättigten Marktes besteht die
individuelle Wahl, was angehört bzw. angeschaut wird. Die Wahl gewinnt immer, was die
meiste Spannung verspricht.163 Und dazu gehören auch Geschichten, wenn sie gut erzählt
159 Vgl. Gosch, Meike: Storytelling-Workshop. Deutscher Fundraising Kongress, Berlin160 Vgl. Belverderesi-Kochs, Rebecca: Erfolgreiche PR im Social Web. Das praktische Handbuch. Galileo
Press, Bonn 2013161 Belvederesi-Kochs, a.a.O., S. 44162 Vgl. Haibach a.a.O., S. 143163 Vgl. Karepin, a.a.O., S. 17
44
werden und deshalb Menschen fesseln.
Storytelling ist eine Kommunikationsmethode, die äußerst ansprechend auf die
Arbeitsweise des menschlichen Gehirns wirkt.164 Aufgrund der Wirkmechanismen der
Unbewusstheit, Beteiligung, Musterhaftigkeit, Emotionalität, Belohnung, Bildhaftigkeit
und Bedeutsamkeit wird stark auf Geschichten reagiert. Das Merken von Geschichten
fällt wesentlich leichter als das von Daten und Fakten. Auch das Speichern und Abrufen
der erzählten Kerninformationen durch Bilder und Motive aus dem Gedächtnis wird
durch Storytelling unterstützt. Wortman schreibt dazu:
„Because stories are a two-way form of communication, and because they can´t be captured in bullet pointform, they demand our attent. In a real way, they make us sit still for a minute. And when we give a storyour attention, we can question, clarify, and confirm what´s taking place so that we walk away with a solidunderstanding of what´s being communicated.“165
Aber vor allem erzeugt das Erzählen von Geschichten Aufmerksamkeit und Anteilnahme.
Bedeutsame Gefühle werden ausgelöst und Faszination wird entfacht.166 Ruft eine
Geschichte dies nicht hervor, ist es nicht der Geschichte selbst geschuldet, sondern der
Erzählweise. Denn eine Geschichte langweilt nicht, sondern nur die Art und Weise, wie
sie erzählt wird.167 Daher spielt der Aufbau einer Geschichte mit der Dramaturgie, der
Handlung, den Charakteren und dem Setting eine entscheidende Rolle. Der Aufbau kann
unterstützend eingesetzt werden, um die Effektivität zu steigern. Denn damit Storytelling
Wirkung zeigt, muss aus einer alltäglichen Anekdote eine Geschichte entstehen.
Wird dies bestmöglich umgesetzt, kann Storytelling in verschiedenen
Kommunikationskanälen hilfreich eingesetzt werden und auch förderlich für die
kommunikationspolitischen Ziele des Fundraisings sein.
Es zeigt sich, dass häufig (meist größere) Organisationen, die Fundraising betreiben,
bereits mit Storytelling arbeiten bzw. es in Ansätzen umsetzen. Demnach wird die
Storytellingmethode vor allem schon in der Direktwerbung in Form von Mailings und
Newslettern, aber auch in Flyern und Broschüren verwendet.
Die Dialogwerbung stellt einen ausgezeichneten Kommunikationskanal dar, um mit
Storytelling seine Wirkung im zwischenmenschlichen Dialog zu entwickeln. Denn aus der
Beziehung zwischen Erzähler und Zuhörer, indem ein persönlicher Bezug aufgebaut wird,
164 Vgl. Herbst, a.a.O., S.69165 Wortmann, a.a.O., S. 29166 Vgl. Wieser, a.a.O., S. 57167 Vgl. Karepin, Rolf: Faszinierende Erzählungen. In: werben&kaufen. Marketing. Media. Digitale
Kommunikation. Heft 20 2014, S.16
45
resultiert die Kraft des Storytellings.168 Insbesondere bei Events kann Storytelling effektiv
eingesetzt werden. Aber auch bei Gesprächen mit Dauer- und Großspendern ist es
vorstellbar, dass die Methode des Storytellings aufgenommen wird, um eine Beziehung
aufzubauen bzw. aufrecht zu erhalten. Storytelling ist demnach eine sinnvolle
Kommunikationsmethode in der Dialogwerbung. Jedoch ist bei diesem
Kommunikationskanal abzuwägen, inwieweit Storytelling im Hinblick auf die Effizienz
vertretbar ist, falls eine Erweiterung auf anderen Spenderebenen, zum Beispiel den
Erstspendern, in Betracht gezogen werden sollte.
Des Weiteren kann Storytelling aufgrund des geringen Zeitrahmens in der Mediawerbung
im werblichen Teil nicht bzw. nur in Ansätzen umgesetzt werden. Andererseits bietet der
redaktionelle Bereich ausreichend Kapazitäten für ein effektives Storytelling. Vor allem
fördern die dabei gezeigten Bilder die emotionale Aufmerksamkeit und erhöhen damit die
gedankliche Präsenz des Publikums.169
Verbesserungspotenzial hat an erster Stelle der Kommunikationskanal des Internets. Viele
Organisationen können, indem sie Storytelling verwenden, ihren Webauftritt verbessern
bzw. ansprechender gestalten. Gerade auf dem Spendenmarkt, der von einem immer
größer werdenden Konkurrenzwettbewerb zwischen den NPOs gekennzeichnet ist, sollte
dieses Potenzial ausgeschöpft werden. Eine große Anzahl von (potenziellen)
Ressourcenbereitstellern kann über das Internet erreicht werden, da es sich als neues
Massenmedium etabliert hat.170 Dabei stellt es diverse Möglichkeiten und Kapazitäten
bereit, die in der Arbeit mit Storytelling für die Aufmerksamkeitsgewinnung
miteinbezogen werden können.
Darüber hinaus sollte eine Verknüpfung aller Kommunikationskanäle erfolgen.
Storytelling sollte nicht nur auf einem Kommunikationskanal durchgeführt werden,
sondern auch auf andere Kanäle übergreifen.171 Das heißt, dass beispielsweise Botschaften
der Medienwerbung auf das Internet verweisen bzw. entgegengesetzt. Durch diese
Verbindung entsteht ein stimmiges Bild der Kommunikation der Organisation und die
Kommunikationsweitreiche dehnt sich aus.
Dennoch ist es kritisch zu betrachten, werden individuelle Einzelgeschichten von NPOs
missbraucht für ihr Fundraising. Die Menschen, die ihre Geschichte erzählen bzw. über
168 Vgl. Serrano, a.a.O., S.49169 Vgl. Herbst, a.a.O., S.63-65170 Vgl. Haibach, a.a.O., S.142171 Vgl. Heuel, a.a.O., S. 17
46
die eine erzählt wird, dürfen nicht unter negativen Aspekten leiden infolge der
Veröffentlichung ihrer Geschichte. Ein wichtiges Beispiel ist der Schutz ihrer
Privatsphäre. Hierzu sollte vor Veröffentlichung gemeinsam besprochen werden, welche
Elemente und Details erzählt werden dürfen.
Ein weiterer Punkt, der kritisch zu reflektieren ist, stellt die starke Emotionalität von
Geschichten dar. Bei der Verwendung des Storytellings ist darauf zu achten, dass
(potenzielle) Spender nicht aufgrund einer übertriebenen Emotionalität zum Spenden
genötigt werden.
Zusammenfassend kann der Konkurrenzkampf um die Aufmerksamkeit der Spender ein
Stück weit für sich gewonnen werden, indem Geschichten erzählt werden. Das uralte
Transportmittel für Botschaften und Informationen ist immer noch unschlagbar
erfolgreich und das obwohl Organisationen versuchen, mit ständig neuen Strategien und
Innovationen von den (potenziellen) Spendern wahrgenommen zu werden.172 Das
Reduzieren von Problemen bzw. Themen auf konkrete persönliche Einzelgeschichten
wird den (potenziellen) Spender in den Bann ziehen und er wird der Geschichte seine
Aufmerksamkeit schenken. Daher müssen sowohl die Geschichten der Betroffenen, als
auch der Ehrenamtler, Außendienstler, Förderer und Unterstützer und der Spender selbst
erzählt und gezeigt werden.173
So kann eine Nonprofit-Organisation Aufmerksamkeit für ihr Fundraising über das
Storytelling erlangen und sich im Wettbewerb auf dem Spendenmarkt gegenüber anderen
Organisationen hervorheben.
172 Vgl. Serrano, a.a.O., S.11173 Vgl. Ambrogetti, Francesco: Cry me a river! Warum Emotionen das Fundraising und die Welt retten
können. In: Fundraiser. Das Branchenmagazin für Spendenmarketing, Stiftungen und Sponsoring. Heft 1 2013, S.49
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Wieser, Jürgen: Der limbische Turbo. In: Fundraiser. Das Branchenmagazin für
Spendenmarketing, Stiftungen und Sponsoring. Heft 4 2011, S. 56- 57
Wortmann, Craig: What´s your story? Using stories to ignite performance and be more
successful. Chicago 2006
50
Eidesstattliche Erklärung
Ich versichere hiermit, dass ich die vorliegende Bachelorarbeit selbständig angefertigt,
keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel und Quellen benutzt und alle Gedanken
und Aussagen, die den Quellen entnommen wurden, als solche kenntlich gemacht habe.
----------------------------- ---------------------------
Ort, Datum Unterschrift
51