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1 Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz Restaurierungsprojekte in Schlesien Restaurierung des Portals des Rybisch-Hauses in Breslau (Beginn: 1997 / Fertigstellung: 1997) Über das Projekt berichtet ein Aufsatz, der in: Orbis Linguarum, 7 (1997) S. 167‐196, erschienen ist. Zur Restaurierung des Portals des Rybisch Hauses in Breslau von Rudolf Lenz Fotografien aus dem Jahre 1986, dem Jahr unseres zweiten Aufenthaltes an der Universitätsbibliothek Breslau[1] [...] das Renaissance‐Portal des Rybisch‐ Hauses in der ehemaligen Junkernstraße, die heute ul. Ofiar Oswiecimskich heißt und die Schweidnitzer Straße (ul. Swidnicka) mit der Schloßstraße (ul. E. Gepperta) verbindet. Fehlinformationen aus der Vor‐ kriegszeit folgend, stellte uns der polnische Stadtfüh‐ rer das Rybisch‐Haus irrtümlich als Lessing‐Haus vor, da hier Gotthold Ephraim Lessing während seiner Zeit als Sekretär von General Friedrich Bogislaw von Tauentzien gewohnt habe. Unberührt von diesem his‐ torischen Irrtum schlug uns das ansehnliche und reich geschmückte Portal in seinen Bann, das ein sehr frühes Kunstwerk der Renaissance in Breslau, wenn nicht in tota Silesia gewesen sein dürfte, wie uns ne‐ ben dem Eingang die in der Konche hinter dem wap‐ penhaltenden Löwen eingemeißelte Jahreszahl 1530 verriet. Das Portal befand sich in einem beklagenswerten Zu‐ stand: Aufgrund der Umweltbelastungen war es voll‐ ständig mit einer falschen Patina aus Ruß, Schmutz und Staub überzogen. Erhabene Stücke der Kannelie‐ rung waren herausgebrochen, allenthalben konnten wir Kreideschmierereien feststellen, das Portraitme‐ daillon des Erbauers im linken Arkadenzwickel muß‐ te erst kurz zuvor abgeschlagen worden sein, wie die noch frische Bruchstelle bezeugte. Der rostende Ring im Maul des Löwens verfärbte durch die vom Regen ausgelösten Korrosionspartikel den unteren Teil des Körpers. Die kleine Öffnung rechts unten neben dem Portal, früher wohlverschlossen[2], war geöffnet und mit Unrat gefüllt. Kurzum: Das Portal erwies sich als Spiegelbild des desaströsen Zustandes, in dem sich die Stadt Breslau, ja die gesamte Region Niederschle‐ sien zu jener Zeit befand. Trotz der Fülle der Arbeit, die unser in der Universi‐ tätsbibliothek harrte, versuchten wir noch vor Ort erste Informationen zu dem Portal, dem Gebäude und seinem Erbauer zu erhalten. Rasch ermittelten wir, dass Heinrich Rybisch, Königlicher Rat und Rent‐ meister für Schlesien und die Lausitz, das Haus zwi‐ schen 1526 und 1531 hatte errichten lassen. Eine Lei‐ chenpredigt hingegen, die seinen Lebensweg nachge‐ zeichnet hätte, fanden wir weder in Breslau noch in anderen schlesischen Archiven und Bibliotheken. Während der folgenden Archiv‐ und Bibliotheksrei‐ sen nach Breslau und Schlesien von 1988 bis 1991 führte in der Regel der erste Weg nach der Ankunft in Breslau in die ehemalige Junkernstraße zum Haus von Heinrich Rybisch, zu dem und vor allem zu des‐ sen Portal sich in all diesen Jahren ein ganz besonde‐ res Verhältnis der Verantwortung zu entwickeln be‐ gann. Bedrückend war zu sehen, dass bei jedem Be‐ such das Portal weitere Beschädigungen aufwies, dass die das Portal flankierenden Pilaster als Fahr‐ radständer dienten, wodurch die filigranen Darstel‐ lungen an ihrem unteren Teil in Mitleidenschaft gezo‐ gen wurden, und dass Erosionsprozesse die oberen Schichten der Sockelteile abzulösen begannen, die auch noch zu Formenverlusten führten. Wenn nicht Abhilfe geschaffen würde, stand zu befürchten, dass dieses Bauwerk, das "zu den schönsten Portalen nicht nur Breslaus, sondern Deutschlands"[3] zählte und einst "ohne Frage an Reichthum und Schönheit unter allen gleichzeitigen bürgerlichen Privatbauten Deutschlands ohne Gleichen"[4] gewesen war, dem allmählichen Zerfall preisgegeben sein würde. 1989 fand ein erstes Gespräch mit der damaligen Lei‐ tung der Universität Breslau statt, während dem der Rektor, Herr Professor Mieczyslaw Klimowicz, und die Prorektorin für Internationale Zusammenarbeit, Frau Professor Bronislawa Morawiecka, ihr großes Interesse an einer Sicherung und Restaurierung des Portals äußerten, solche Arbeiten aber in die Zustän‐ digkeit der Stadt verwiesen, in deren Besitz sich das Gebäude zu jener Zeit befand. In der nun folgenden

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Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz ∙ Restaurierungsprojekte in Schlesien 

 Restaurierung des Portals des Rybisch-Hauses in Breslau

(Beginn: 1997 / Fertigstellung: 1997)

Über das Projekt berichtet  ein Aufsatz, der  in: Orbis Linguarum, 7 (1997) S. 167‐196, erschienen ist.

Zur  Restaurierung  des  Portals  des  Rybisch­

Hauses in Breslau von Rudolf Lenz  

Fotografien  aus  dem  Jahre  1986,  dem  Jahr  unseres zweiten  Aufenthaltes  an  der  Universitätsbibliothek Breslau[1]  [...]  das  Renaissance‐Portal  des  Rybisch‐Hauses  in  der  ehemaligen  Junkernstraße,  die  heute ul. Ofiar Oswiecimskich heißt und die Schweidnitzer Straße  (ul.  Swidnicka)  mit  der  Schloßstraße  (ul.  E. Gepperta) verbindet. Fehlinformationen aus der Vor‐kriegszeit folgend, stellte uns der polnische Stadtfüh‐rer das Rybisch‐Haus irrtümlich als Lessing‐Haus vor, da  hier  Gotthold  Ephraim  Lessing  während  seiner Zeit als Sekretär von General Friedrich Bogislaw von Tauentzien gewohnt habe. Unberührt von diesem his‐torischen  Irrtum  schlug  uns  das  ansehnliche  und reich geschmückte Portal in seinen Bann, das ein sehr frühes Kunstwerk der Renaissance  in Breslau, wenn nicht in tota Silesia gewesen sein dürfte, wie uns ne‐ben dem Eingang die in der Konche hinter dem wap‐penhaltenden Löwen eingemeißelte  Jahreszahl 1530 verriet. 

Das Portal befand sich in einem beklagenswerten Zu‐stand: Aufgrund der Umweltbelastungen war es voll‐ständig mit  einer  falschen  Patina  aus  Ruß,  Schmutz und Staub überzogen. Erhabene Stücke der Kannelie‐rung  waren  herausgebrochen,  allenthalben  konnten wir Kreideschmierereien  feststellen, das Portraitme‐daillon des Erbauers im linken Arkadenzwickel muß‐te erst kurz zuvor abgeschlagen worden sein, wie die noch frische Bruchstelle bezeugte. Der rostende Ring im Maul des Löwens verfärbte durch die vom Regen ausgelösten Korrosionspartikel den unteren Teil des Körpers. Die kleine Öffnung rechts unten neben dem Portal, früher wohlverschlossen[2], war geöffnet und mit Unrat gefüllt. Kurzum: Das Portal erwies sich als Spiegelbild  des  desaströsen  Zustandes,  in  dem  sich die Stadt Breslau, ja die gesamte Region Niederschle‐sien zu jener Zeit befand. 

Trotz der Fülle der Arbeit, die unser in der Universi‐tätsbibliothek  harrte,  versuchten  wir  noch  vor  Ort erste Informationen zu dem Portal, dem Gebäude und seinem  Erbauer  zu  erhalten.  Rasch  ermittelten  wir, dass  Heinrich  Rybisch,  Königlicher  Rat  und  Rent‐meister  für Schlesien und die Lausitz, das Haus zwi‐schen 1526 und 1531 hatte errichten lassen. Eine Lei‐chenpredigt hingegen, die seinen Lebensweg nachge‐zeichnet hätte,  fanden wir weder  in Breslau noch  in anderen schlesischen Archiven und Bibliotheken.

Während  der  folgenden  Archiv‐  und  Bibliotheksrei‐sen  nach  Breslau  und  Schlesien  von  1988  bis  1991 führte in der Regel der erste Weg nach der Ankunft in Breslau  in  die  ehemalige  Junkernstraße  zum  Haus von Heinrich Rybisch, zu dem und vor allem zu des‐sen Portal sich in all diesen Jahren ein ganz besonde‐res Verhältnis der Verantwortung zu  entwickeln be‐gann. Bedrückend war  zu  sehen,  dass bei  jedem Be‐such  das  Portal  weitere  Beschädigungen  aufwies, dass  die  das  Portal  flankierenden  Pilaster  als  Fahr‐radständer  dienten,  wodurch  die  filigranen  Darstel‐lungen an ihrem unteren Teil in Mitleidenschaft gezo‐gen  wurden,  und  dass  Erosionsprozesse  die  oberen Schichten  der  Sockelteile  abzulösen  begannen,  die auch  noch  zu  Formenverlusten  führten. Wenn  nicht Abhilfe  geschaffen würde,  stand  zu  befürchten,  dass dieses Bauwerk, das "zu den schönsten Portalen nicht nur  Breslaus,  sondern  Deutschlands"[3]  zählte  und einst "ohne Frage an Reichthum und Schönheit unter allen  gleichzeitigen  bürgerlichen  Privatbauten Deutschlands  ohne  Gleichen"[4]  gewesen  war,  dem allmählichen Zerfall preisgegeben sein würde. 

1989 fand ein erstes Gespräch mit der damaligen Lei‐tung der Universität Breslau statt, während dem der Rektor,  Herr  Professor  Mieczyslaw  Klimowicz,  und die  Prorektorin  für  Internationale  Zusammenarbeit, Frau  Professor  Bronislawa  Morawiecka,  ihr  großes Interesse  an  einer  Sicherung  und Restaurierung  des Portals äußerten, solche Arbeiten aber in die Zustän‐digkeit der Stadt verwiesen,  in deren Besitz sich das Gebäude  zu  jener  Zeit  befand.  In  der  nun  folgenden 

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Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz ∙ Restaurierungsprojekte in Schlesien 

Phase des demokratischen Umbruchs in Polen mit all seinen  Implikationen war  es  ‐  trotz  zahlreicher Ver‐suche  ‐  nicht möglich,  das  Stadtpräsidium  zu  einem Gespräch  über  die  Restaurierung  des  Portals  zu  ge‐winnen. Die Tagespolitik ‐ die hohe Inflationsrate, die beginnende Massenarbeitslosigkeit, die zu einer Ver‐armung weiter Schichten der Bevölkerung führte, so‐wie die ersten halbdemokratischen Wahlen ‐ überla‐gerte  1989  und  1990  alle  Anstrengungen,  das  in Breslau  noch  vorhandene  deutsche  kulturelle  Erbe den Stadtoberen nahezubringen. Erst die am 17. Juni 1991  bevorstehende  Unterzeichnung  des  Vertrages "über  gute  Nachbarschaft  und  freundschaftliche  Zu‐sammenarbeit"  durch den deutschen Bundeskanzler und den polnischen Ministerpräsidenten ebnete den Weg  zu  einem  Gespräch  mit  den  stellvertretenden Stadtpräsidenten Obremski am 6. Juni desselben Jah‐res. Auch der Vizepräsident anerkannte die dringend notwendige  Restaurierung  des  Portals,  dessen  Exis‐tenz und kulturhistorische Bedeutung  ihm durchaus bekannt waren. Jedoch konnte er aufgrund fehlender Mittel keine Unterstützung gewähren.  

Mit  der Wiedervereinigung Deutschlands  hatte  auch das  ehemalige  Generalkonsulat  der  DDR  in  Breslau einen neuen Hausherrn  erhalten: Als  erster  bundes‐deutscher  Generalkonsul  war  zum  Jahresende  1990 Bruno  Weber  nach  Breslau  entsandt  worden.  Auf‐grund  der  häufigen  Aufenthalte  in  Breslau,  die  sich mit  dem Beginn unseres umfangreichen  Sicherungs‐verfilmungs‐Projektes  an  der  Universitätsbibliothek im Oktober 1992 noch vermehrten,  entwickelte  sich sehr  bald  ein  freundschaftliches  Verhältnis  zu  ihm und  seinen  Mitarbeitern  im  Generalkonsulat.  Ge‐währte der Generalkonsul nicht nur  freundliche Hil‐festellung bei der Einrichtung des Verfilmungsprojek‐tes,  das  damals  in  seinem  finanziellen  Volumen  das größte vom Bundesministerium des Innern geförder‐te Einzelprojekt in den Ostblocknachfolgestaaten dar‐stellte, trug er durch einen Empfang im Konsulat und durch  ein  solennes Dinner  im Breslau benachbarten malerischen  Schlösschen  Wohnwitz  nachhaltig  zu seiner feierlichen Eröffnung im März 1993 bei. Diese Zugewandtheit des ersten Mannes  im deutschen Ge‐neralkonsulat für das kulturelle Erbe im historischen deutschen  Siedlungsgebiet  Schlesien  ermunterte  da‐zu, auch ihn mit dem Problem der Restaurierung des Rybisch‐Hauses ‐ vornehmlich seines Portals ‐ zu be‐

fassen. Es bedurfte nicht vieler Argumente, um Bruno Weber  von  der  kulturhistorischen  Bedeutung  des Portals  zu  überzeugen  und  ihn  für  dieses  Vorhaben zu  gewinnen.  Da  es  während  eines  Aufenthaltes  im Frühsommer 1993 ‐ wie so häufig ‐ in Breslau regne‐te, gab es keine rechte Gelegenheit,  ihn vor Ort ‐ vor dem Portal ‐ mit der Problematik vertraut zu machen. Während  einer  Regenpause  bei  einem  Abendessen auf der Terrasse seiner Residenz schlug er  trotz der hereinbrechenden Dunkelheit  vor,  das  Portal  zu  be‐sichtigen. Vor dem Rybisch‐Haus angekommen, stell‐te  er  seinen  Wagen  senkrecht  vor  das  Portal  und leuchtete es mit den Scheinwerfern aus. Nach einge‐hender  Besichtigung  war  auch  der  Diplomat  faszi‐niert  von  dem  Kunstwerk.  Trotz  aller  Bemühungen des  Generalkonsulates  war  jedoch  auch  1993  kein Fortschritt  in  der  Sache  zu  erzielen,  da  die  städti‐schen Behörden die Restaurierung des Portals dilato‐risch behandelten.  

1994  hielt  sich  der  Autor  zur  Wahrnehmung  einer Gastprofessur  für ein halbes  Jahr  in Breslau auf und las  neben  schlesischer  Landesgeschichte  auch  Bres‐lauer  Stadtgeschichte.  Auf  historischen  Stadtrund‐gängen wurden die Hörer der Vorlesung und die Teil‐nehmer  der  Seminare  mit  der  Geschichte  Breslaus vertraut  gemacht,  wozu  auch  unabdingbar  die  Be‐sichtigung  des  Portals  des  Rybisch‐Hauses  gehörte. Auf Einladung des Verfassers besuchte am Fronleich‐namstag  1994  der  Chef  des  Bundeskanzleramtes, Bundesminister  Friedrich  Bohl,  Breslau  zu  einem Vortrag.  Auch  ihm  und  seiner  Entourage wurde  auf einem  kurzen  Rundgang  die  Altstadt  und  natürlich auch  das  Rybisch‐Haus  vorgestellt.  Friedrich  Bohl war  ‐  ebenso wie  seine Begleiter  ‐  von  dem Renais‐sance‐Portal  in höchstem Maße angetan, obwohl die auf dem Gebäude lagernde Schicht aus Ruß, Schmutz und Staub stärker geworden war und die Zahl der Be‐schädigungen zugenommen hatte. Noch vor Ort ver‐sprach der Chef des Bundeskanzleramtes, seinen Ein‐fluss  für  die  Restaurierung  in  Bonn  geltend  zu  ma‐chen und jede Initiative in dieser Richtung nachhaltig zu unterstützen. Mit dem ministerialen Rückhalt und unmittelbar nach den politischen Gesprächen des Mi‐nisters  mit  dem  Stadtpräsidenten  und  dem Woiwo‐den war  einem  neuerlichen  Versuch  Erfolg  beschie‐den,  die  städtischen  Behörden  Breslaus  endlich  für eine Restaurierung zu gewinnen. 

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Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz ∙ Restaurierungsprojekte in Schlesien 

Bereits  im November 1994  lag dem Generalkonsulat in  Breslau  ein  neunzehnseitiges  Gutachten  vor.  Er‐stellt von dem Diplom‐Konservator Mgr. Marek Deli‐mat von der Breslauer Firma Artcons s.c.,  enthält  es zudem  15  Fotografien  des  Restaurierungsobjektes (Abb. 1).  Sowohl Gutachten als auch Aufnahmen do‐kumentieren die schlechte bauliche Substanz des Ry‐bisch‐Hauses,  die  den  sofortigen  Einsatz  erfahrener Restauratoren  notwendig  macht.  Delimat  geht  auch auf  die  kunsthistorische  Bedeutung  des  Portals  ein und bezeichnet es als "eines der ersten und gleichzei‐tig  bedeutendsten  Beispiele  der  reinen  italienischen Renaissance  in  Schlesien"[5].  In  seiner  Analyse  des Erhaltungszustandes  stellt  er  fest,  dass  nicht  zuletzt der  Zweite  Weltkrieg  große  Zerstörungen  an  Haus und  Portal  verursacht  habe.  Davon  seien  vor  allem bedeutende  Teile  der  Steinmetzarbeit  betroffen  ge‐wesen, die  in den fünfziger Jahren  jedoch wieder er‐setzt  worden wären.  Diese  Rekonstruktionen mach‐ten  heute  rund  30  Prozent  der  erhaltenen  Fassade des  Erdgeschosses  aus.  Unter  anderem  handelt  es sich dabei um die linke Türsäule, die Kapitelle, fast al‐le  Kragsteine,  beträchtliche  Schaftteile  des  äußeren Pilasterpaares und darüber hinaus um den Segment‐giebel[6], der allerdings bereits um die  Jahrhundert‐wende  entfernt  worden  war.  Bestätigt  werden  die Feststellungen des Konservators auch durch eine Fo‐tografie  von  Krystyna  Gorazdowska  aus  dem  Jahre 1945[7],  die  die  beschädigten  Gebäude  in  der  Jun‐kernstraße Richtung Alte Börse/Schloßstraße  (ul.  E. Gepperta)  zeigt.  Damit  ist  zugleich  erwiesen,  dass  ‐ entgegen  den  Ausführungen  von  Gerhard  Scheuer‐mann[8] ‐ das Rybisch‐Haus "während des Festungs‐krieges"  keineswegs  "in  einen  Trümmerhaufen  ver‐wandelt"  worden  ist.  Zumindest  muss  die  Fassade und  damit  auch  das  Portal  erhalten  geblieben  sein. Dies belegen nach Delimat wiederum "eine ganze Rei‐he  von  kleinen  Ergänzungen,  geflickte  und  gekittete Stellen, die oft sehr nachlässig und unter Außeracht‐lassung konservatorischer Anforderungen ausgeführt wurden"[9].  Bei  dieser  sicher  berechtigten Kritik  an den in den Jahren zwischen 1956 und 1958 durchge‐führten  ersten  Restaurierungsarbeiten  am  Portal sollte doch bedacht werden, dass zur damaligen Zeit Breslau  noch  immer  weitgehend  zerstört  war  und selbstverständlich  die  Schaffung  von Wohnraum  al‐lerhöchste Priorität genoss.  

Hatte der Krieg dem Portal Wunden geschlagen und 

war  ‐  wie  bereits  erwähnt  ‐  der  Segmentgiebel  be‐reits  früher  demontiert  worden[10],  sollte  das  Ry‐bisch‐Haus  in  den  der  ersten  Restaurierung  folgen‐den Jahrzehnten weiteren massiven Beeinträchtigun‐gen ausgesetzt sein, die es in höchstem Maße gefähr‐deten:  Auch  diese  Beeinträchtigungen  führt  Delimat im  einzelnen  auf,  wobei  hier  nur  auf  die  hohe  Um‐weltbelastung durch die bis 1993 festzustellende au‐ßergewöhnliche  Luftverschmutzung  hingewiesen werden soll, die nachhaltig zur Ausbildung schwarzer Schichten,  sogenannter  "falscher  Patina"[11],  vor‐nehmlich auf den noch erhaltenen Originalteilen des Portals  beigetragen  habe.  Delimat  macht  diese Schichten  für  die  Zerstörung  der  Steinstruktur  ver‐antwortlich,  die  sogar  zu  Formenverlusten  geführt habe.  Bedingt  wurde  die  Umweltverschmutzung durch  Qualm  und  Abgase,  die  infolge  der  Verbren‐nung  fester Brennstoffe (Kohle und Torf) und  flüssi‐ger Brennstoffe (Heizöl, Benzin und Erdöl) entstehen. Beschleunigt wurde der Prozess durch den Standort des Gebäudes  in der Nähe von drei Straßen. Das Ry‐bisch‐Haus  steht  fast  an  der  Kreuzung  ul.  Ofiar  Os‐wiecimskich  (Junkernstraße)  und  ul.  E.  Gepperta (Schloßstraße), dahinter verläuft heute eine der ver‐kehrsreichsten  Straßen  Breslaus,  die  ul.  Kazimierza Wielkiego,  die  aus  der  ehemaligen  Schlossohle  und der  Karlstraße  und  in  ihrer  Verlängerung  aus  der Karlstraße  und  der  Siebenradeohle  gebildet  wird. Aus 1993 durchgeführten Untersuchungen der staat‐lichen Hygiene‐Inspektion (Panstwowa Inspekcja Sa‐nitarna) geht hervor, dass die Emissionsnormen von SO2 und NO2 in der Nähe des Rybisch‐Hauses zur da‐maligen Zeit beträchtlich,  im Fall der Staube um das 50‐fache,  überschritten  wurden[12].  Diese  Ausfüh‐rungen  lassen  nur  allzu  deutlich  werden,  dass  eine durchgreifende  Sanierung  und  Restaurierung  des Portals zwingend notwendig war, sollte es nicht dem völligen  Verfall  preisgegeben  werden.  Beigegeben sind dem Gutachten zwei Sanierungs‐ bzw. Restaurie‐rungsvorschläge, deren umfassender eine vollständi‐ge  Sanierung  des  Portals mit  seiner  anschließenden Restaurierung  vorsieht.  Der  zweite  hingegen  sollte ohne  allzu  großen  restauratorischen  Aufwand  einer Bestandssicherung dienen. Die Kosten für die weiter‐gehende  Maßnahme  wurden  mit  rund  30.000,‐  DM beziffert,  von  denen  die  Denkmalspflege  der  Woi‐wodschaft Breslau ein Drittel zu tragen sich bereit er‐klärt hatte. Der deutsche Partner dagegen hatte über das Generalkonsulat mitteilen lassen, dass er willens 

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Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz ∙ Restaurierungsprojekte in Schlesien 

sei, den restlichen Betrag in Höhe von 20.000,‐ DM zu übernehmen. 

Alle  Personen  und  Institutionen,  die  auf  deutscher Seite mit  diesem  Sanierungsvorhaben  befasst  gewe‐sen  waren,  sei  es  der  Generalkonsul  in  Breslau  mit seiner  Dienststelle,  sei  es  das  Auswärtige  Amt  und das  Bundesministerium  des  Innern  sowie  das  Bun‐deskanzleramt  mit  seinem  Chef  Friedrich  Bohl  und letztlich auch der Autor, waren sich sicher, dass nun die  bisherigen  Hemmnisse  im  Stadtpräsidium  Bres‐laus  beseitigt  wären  und  die  Arbeiten  am  Portal  in nächster  Zukunft  beginnen  könnten,  zumal  von  den städtischen Behörden eine alsbaldige Ausschreibung der notwendigen Sanierungs‐ und Restaurierungsar‐beiten angekündigt worden war. Dennoch endete das Jahr 1994, ohne dass es irgendwelche Fortschritte ge‐geben hätte. Die Stadtverwaltung Breslaus hüllte sich in  Schweigen  und  auf  deutscher  Seite  war  es  zu‐nächst  nicht möglich,  den  zugesagten  Anteil  an  den Restaurierungsarbeiten  einzuwerben.  Nahezu  ähn‐lich verlief das nächste Jahr: In zahllosen Gesprächen im Generalkonsulat  in Breslau und  in verschiedenen Bundesministerien  sowie  in  einem  umfangreichen Schriftverkehr,  der  auch  die  Stiftung  für  Deutsch‐Polnische  Zusammenarbeit  und  die  Europäische Kommission  mit  ihrem  Programm  Raphael  ein‐schloss,  wurde  vergeblich  versucht,  die  Restaurie‐rungsmittel  zu  beschaffen.  Die  Denkmalpflege  der Woiwodschaft wie auch das Stadtpräsidium  in Bres‐lau  zeigten  keine  zielgerichtete  Gesprächsbereit‐schaft.  Allenthalben  verspürte  man  eine  gewisse "Rybisch‐Haus‐Müdigkeit",  wie  es  ein  Angehöriger des  Generalkonsulats  gegen  Ende  des  Jahres  formu‐lierte.  So  verwunderte  es  auch  nicht,  dass  nach  fast zweijährigem  Bemühen  um  das  Restaurierungsvor‐haben im November 1995, als der Wechsel in der Lei‐tung des Generalkonsulates  feststand, das Auswärti‐ge Amt einen Bericht über die Förderungswürdigkeit der Maßnahme anforderte, obzwar gerade dieses Mi‐nisterium  von  Anbeginn  mit  dem  Vorhaben  befasst gewesen war. 

Während  eines  Aufenthaltes  des  Autors  im  Januar 1996  in  Breslau  zeigten  sich  zusätzliche  Verfallser‐scheinungen am Portal: Weitere Kannelierungen wa‐ren  aus  den  Säulenschäften  herausgebrochen,  die Formenverluste  der  bildlichen  Darstellungen  hatten sich vermehrt, allenthalben war das Portal mit Krei‐

deschmierereien  verunziert  und  zu  allem  Überfluss sogar  mit  Flugblättern  beklebt.  Die  kleine  Öffnung unten rechts neben dem Portal war noch immer nicht mit  einem  Türchen  verschlossen  und  bis  zu  Rande mit  Unrat  gefüllt.  Ein  sofortiger  Besuch  im  General‐konsulat erbrachte einerseits die hinlänglich bekann‐te Information, dass es keine neuen Erkenntnisse gä‐be, das Stadtregiment hülle sich  in Schweigen, ande‐rerseits konnte aber für den im Mai anstehenden Auf‐enthalt  in Breslau  ein Gespräch mit  dem Nachfolger von Bruno Weber, Generalkonsul Dr. Roland Kliesow, vereinbart  werden.  In  diesem  Gespräch  zeigte  sich Dr.  Kliesow  ausgezeichnet  über  den  Sachverhalt  in‐formiert  und  sicherte  zu,  die  "Angelegenheit  nach‐drücklich  zu  verfolgen"[13].  Bereits  im  Mai  lag  ein Bericht  des  Generalkonsulats  vor,  in  dem mitgeteilt wurde,  dass  es  gelungen  sei,  die Verwaltungsorgane der Stadt Breslau zu einer Ausschreibung der Restau‐rierungsarbeiten  des  Portals  des  Rybisch‐Hauses  zu bewegen. Eine Kommission, in der sich auch ein Ver‐treter  des  Generalkonsulats  befinden  würde,  sollte die  bis  zum  22. Mai  eingegangenen  Restaurierungs‐ und  Kostenvoranschläge  begutachten.  Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass sich die Stadt entschlossen ha‐be, auch die Fassaden der dem Rybisch‐Haus benach‐barten  Gebäude  zu  renovieren[14].  Bereits  im  Juli war  dieser  euphorische  Bericht  durch  die  Realität überholt: Bei einem Besuch im Generalkonsulat wur‐de  der  Autor  informiert,  dass  die  Stadt  Breslau  die Ausschreibung  durchgeführt  und  den  Zuschlag  für die Restaurierungsarbeiten erteilt habe, den Zuschlag aber  habe  zurückziehen  müssen,  da  es  sich  um  ein fachfremdes  Unternehmen  gehandelt  habe,  das  sol‐che  Restaurierungen  nicht  durchführen  könne. Wel‐che  weiteren  Schritte  die  Stadt  plane,  sei  nicht  be‐kannt[15]. Bei den nachfolgenden Besuchen  im Sep‐tember und November wusste man im Generalkonsu‐lat  nur  zu  berichten,  dass  die  Vorbereitungen  zum Eucharistischen Weltkongress, der im Frühjahr 1997 in Breslau  stattfinden würde, die  städtischen Behör‐den vollständig absorbiere, so dass für das Restaurie‐rungsvorhaben  keine  Gesprächsbereitschaft  zu  we‐cken sei.  

Eine  überraschende  Wendung  zum  Positiven  nahm das  Restaurierungsvorhaben  während  eines  Ge‐sprächs am 3. Dezember 1996 zwischen dem stellver‐tretenden  Stadtpräsidenten  Grell,  Generalkonsul  Dr. Kliesow und dem Autor, in dessen Verlauf eine hinzu‐

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Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz ∙ Restaurierungsprojekte in Schlesien 

gebetene Mitarbeiterin des Amtes für Denkmalpflege ein neues ‐ im November erstelltes ‐ Baugutachten ei‐nes  Gleiwitzer  Unternehmens  nebst  fotografischer Dokumentation  und  koloriertem  Fassadenaufriss vorstellte.  Diese  Unterlagen  seien  zur  Genehmigung der  Restaurierungsmaßnahme  bereits  beim  Bauamt eingereicht  worden.  Des  weiteren  informierte  sie über die Absicht der Stadt, nicht nur das Portal und die Fassade des Rybisch‐Hauses zu restaurieren, son‐dern  das  gesamte  aus  drei  Häusern  bestehende,  an der Kreuzung der ul. E. Gepperta (Schlossstraße) und ul. Ofiar Oswiecimskich (Junkernstraße) gelegene En‐semble[16].  Der  diesem  Gespräch  folgende  Bericht des Generalkonsulats  löste  in der Vorweihnachtszeit des  Jahres  1996  eine  rege  Betriebsamkeit  zwischen dem  Bundeskanzleramt,  dem  Auswärtigen  Amt  und dem  Bundesministerium  des  Innern  aus,  da  unter den  damaligen  Umständen  lediglich  das  Bundesmi‐nisterium des Innern nach dem Bundesvertriebenen‐gesetz und seinem § 96 als Förderinstitution in Frage kommen konnte. Bereits am 11. Dezember  reagierte das  entsprechende  Referat  im  Bundesministerium des  Innern  und  teilte  lakonisch  mit,  dass  aufgrund des  geringen  Haushaltansatzes  nicht  abzusehen  sei, ob  die  Restaurierung  des  Rybisch‐Hauses mittelfris‐tig  in  die  Förderung  aufgenommen  werden  könne. Wieder einmal stockte das Vorhaben und es bedurfte intensiver  Einflussnahme  des  Bundeskanzleramtes, um  das  Bundesministerium  des  Innern  schließlich doch  für  das  Projekt  zu  gewinnen.  Eine  zusätzliche Behinderung  erfuhr  es  dadurch,  dass  die  Stadtver‐waltung Breslaus den angekündigten Kostenplan  für die Restaurierungsarbeiten kurzfristig nicht zur Ver‐fügung stellen konnte. Endete das Jahr 1996 noch, oh‐ne  dass  sich  weitere  Fortschritte  für  das  Vorhaben ergeben hätten, sollte es zu Beginn des folgenden Jah‐res durch den herannahenden Eucharistischen Welt‐kongress, aus dessen Anlass die Altstadt um den Ring und  den  Salzplatz  einer  durchgreifenden  Sanierung und Restaurierung unterzogen wurde, eine besonde‐re Dynamik erfahren. 

Zu  Beginn  des Monats März  leitete  das  Bauamt  der Stadt  Breslau  dem  Generalkonsulat  einen  Vertrags‐entwurf  zu, der die Restaurierung des gesamten Ge‐bäudekomplexes vorsah und nicht nur die des Portals des Rybisch‐Hauses. An den recht hohen Kosten soll‐te  sich  der  deutsche  Partner  ‐  den  bisherigen  Vor‐schlägen folgend ‐ mit zwei Dritteln beteiligen. In ei‐

nem  Gespräch  am  7.  März  erläuterte  Generalkonsul Dr. Kliesow dem städtischen Baudezernenten, dass  ‐ wie  in  den  vergangenen  Jahren  ‐  das  deutsche  Inte‐resse  ausschließlich  der  Restaurierung  des  Portals des Rybisch‐Hauses gelte, an deren Kosten man sich wie vereinbart beteiligen wolle.  Sollte  eine deutsche Beteiligung  an  den  Restaurierungskosten  in  Frage kommen, dürften die Arbeiten erst nach Erhalt einer Bewilligung  aufgenommen  werden,  die  wiederum nur  auf  der  Basis  eines  verbindlichen  Kostenplanes möglich sei. Der Baudezernent wiederum wies nach‐drücklich  darauf  hin,  dass  es  sehr  im  Interesse  der Stadt  läge, die Baumaßnahme und damit die Restau‐rierung des Portals bis Ende Mai, dem Beginn des Eu‐charistischen  Weltkongresses,  abzuschließen[17]. Nach einigen Gesprächen waren das Bundeskanzler‐amt  und  das  Bundesministerium  des  Innern  auf  die sich  anbahnende  positive  Entwicklung  des  Sanie‐rungsvorhabens  eingestimmt.  Am  21.  März  schließ‐lich erreichte den Verfasser ein Fax des Generalkon‐suls in Breslau, in dem Dr. Kliesow mitteilte, dass sich "die  Stadt  [Breslau]  sehr  kurzfristig  und wohl  nicht zuletzt aufgrund unseres Drängens zu der Restaurie‐rung  des  genannten  Gebäudekomplexes"  und  damit auch  zur  Restaurierung  des  Portals  des  Rybisch‐Hauses  entschlossen  habe.  "Die  Stadt  legt  größten und verständlichen Wert darauf, die Arbeiten bis zum eucharistischen  Weltkongress  abzuschließen.  Wir sollten daher um dieser  guten Sache Willen  alle An‐strengungen  unternehmen,  innerhalb  der  nächsten zwei Wochen eine Vereinbarung zustande zu bekom‐men",  schloss  er  seine  Ausführungen.  Beigefügt war dem  Schreiben  der  Kostenplan  für  die  ins  Auge  ge‐fasste Maßnahme.

"Alle Anstrengungen zu unternehmen" bedeutete für den Verfasser, der das Fax am Freitag, dem 21. März, um 12.24 Uhr erhalten hatte, dass er am gleichen Ta‐ge auf der Basis des Kostenplanes einen entsprechen‐den Antrag an das Bundesministerium des Innern zu richten hatte, da er am 22. März einen seit geraumer Zeit geplanten  längeren Auslandsaufenthalt antreten wollte.  Am  Montag,  dem  24.  März,  konnte  der  um‐fangreiche Antrag, der eine kultur‐ und kunsthistori‐sche Begründung  für  die Notwendigkeit  der Restau‐rierung des Portals nebst einem detaillierten Kosten‐plan  enthält,  an  das  Bundesministerium  des  Innern gerichtet  werden.  Zur  Unterrichtung  des  Bundes‐kanzleramtes,  das  diesen  Vorgang  bislang  nicht  nur 

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mit  Wohlwollen,  sondern  auch  mit  nachdrücklicher Unterstützung  begleitet  hatte,  wurde  auch  ihm  eine Kopie des Antrages zugeleitet. Nach einer ungewöhn‐lich  kurzen  Bearbeitungszeit  bewilligte  das  Bundes‐ministerium  des  Innern mit  Schreiben  vom  9.  April die  beantragten Mittel  und  stellte  sie  zur  Geschäfts‐vereinfachung direkt dem Auswärtigen Amt und da‐mit  dem  deutschen  Generalkonsulat  in  Breslau  zur selbständigen  Bewirtschaftung  zur  Verfügung,  so dass noch  im April die Restaurierungsarbeiten (Abb. 2) am Portal des Rybisch‐Hauses beginnen konnten. 

Wer  war  nun  dieser  Heinrich  Rybisch,  Dr.  iur.  ut. Heinrich Rybisch, Henrich Ribsche, Heinrich Ribisch oder  auch Heinrich  von Rybisch  ‐ wie  er  sich  selbst gelegentlich  nannte,  der  und  vornehmlich  dessen Hinterlassenschaft in Form des Portals seines Wohn‐hauses  in  Breslau  mehr  als  450  Jahre  nach  seinem Tode über  Jahre die Leitung der Universität Breslau, das Präsidium der Stadt Breslau, das Generalkonsulat in Breslau, das Auswärtige Amt, das Bundesministeri‐um des  Innern,  das Bundeskanzleramt und ganz be‐sonders die Forschungsstelle für Personalschriften an der Philipps‐Universität Marburg und zahlreiche wei‐tere Institutionen beschäftigt hatte? 

Geboren wurde Heinrich Rybisch wahrscheinlich am 24.  März  1485[18]  in  Büdingen,  der  kleinen  Resi‐denzstadt der Grafen von Ysenburg. Sein Vater, dem noch eine namentlich nicht bekannte Tochter und ein namentlich  nicht  bekannter  Sohn  geboren  wurden[19],  war  der  Bürger  Siegfried  Rybisch  (Sifret  Rib‐sche,  Syffert  Rebes,  Syffart  Ribsen),  ein  vielbeschäf‐tigter Steinmetz und Maurer in Büdingen und seinem Umland. An zahlreichen Büdinger Gebäuden, wie der Marienkirche,  der  Schlosskapelle,  dem  Rathaus  und dem Steinernen Haus, lassen sich seine Steinmetzzei‐chen nachweisen[20]. Ein Jahr vor der Geburt seines Sohnes  Heinrich  finden wir  ihn  bei  Arbeiten  an  der Kirche  des  nahe  Büdingens  gelegenen  Klosters  Ma‐rienborn.  Einen  Teil  seines  dort  verdienten  Lohnes stiftet  er  für  die  neuen  Altartafeln[21].  Zehn  Jahre später,  1494,  erhält  Syffert  Ribssen  17  Tournosen Vergütung  für  das  Verlegen  von  Platten  in  der  Ma‐rienkirche zu Büdingen[22]. In der um 1490 erlasse‐nen  Feuer‐  und Alarmordnung  seiner Vaterstadt  er‐scheint  Siegfried Rybisch  an  dritter  Stelle  unter  den Armbrustschützen[23], ein sicheres Indiz dafür, dass er  zu  den  wohlhabenderen  Bürgern  Büdingens  und 

wohl auch zu der dortigen Oberschicht zu zählen  ist[24].  Rybisch  war  offensichtlich  nicht  "armer  Leute Kind"[25], wie Foerster  im ersten Teil  seiner Unter‐suchung zu Kindheit und Jugend Rybisch festhielt, ein Lebensabschnitt,  für  den  1907  im  Büdinger  Archiv keine Quellen festzustellen waren[26]. In seiner 1509 erschienenen Schrift  "Disceptatio An uxor sit ducen‐da"[27] bezeichnet sich Rybisch selbst als "den glück‐lichen wenn auch armen Ribschius" ‐ "felicem me er‐go quamvis pauperem Ribischium estimo"[28] ‐  , ein Diktum, das wohl eher als ein gedankliches Spiel mit dem  Gegensatzpaar  "arm  und  glücklich"  und  "reich und unglücklich" zu werten ist, denn als ernstzuneh‐mende Aussage. Bestimmt war sie wohl auch von der Weltläufigkeit  und  dem  Reichtum  des  Handelszent‐rums  Leipzig,  seinem  Studienort  und  der  daran  ge‐messenen  Enge  und  Bescheidenheit  seiner  Vater‐stadt. In dieser Disceptatio benennt er aber auch den Freundeskreis seiner Jugendjahre, seinen Lehrer und seine gräflichen Gönner, denen er dankbar gedenkt. 

Zum Wintersemester 1501 bezieht Heinrich Rybisch gemeinsam mit Georgius Schemeler, der ebenfalls aus Büdingen  stammt,  die  Universität  Leipzig  und  wird unter  die  bayerische Nation  eingeschrieben[29]. Ry‐bisch wird Beflissener der artes  liberales, der bonae artes  und  widmet  sich  außerdem  dem  Studium  der Rechte.  Im  Sommersemester  1503  erreicht  er  das Baccalaureat[30],  um  bereits  am  25.  Januar  1507 zum Magister  artium  zu  promovieren[31].  Im  Früh‐sommer  1509  hält  sich Rybisch  "einige Wochen  zur Erholung"[32]  in Büdingen  auf  und  besucht  bei  die‐ser Gelegenheit  auch den Ysenburgischen Hofkaplan Johannes  Walter,  mit  dem  er  freundschaftlich  ver‐bunden  ist. Während  eines  gemeinsamen Essens,  an das  sich  ein  Spaziergang  im  Freundeskreis  an‐schließt, wird  die  Frage  diskutiert,  "ob  es weise  sei, eine  Frau  heimzuführen"  ‐  "an  uxor  sit  ducenda  sa‐pienti". Dieses Problem scheint den Vierundzwanzig‐jährigen so beschäftigt zu haben, dass er im Sommer des gleichen Jahres in Leipzig eine "öffentliche quod‐libetanische  Disputation"[33]  über  dieselbe  Frage führt. Deren Ergebnis wiederum publiziert er im Ok‐tober in Form der bereits erwähnten Disceptatio. Die Streitschrift kann von ihrem Inhalt nur bedingt unser Interesse wecken, ist sie doch in überwiegenden Tei‐len eine Kompilation anderer ‐ klassischer und christ‐licher  ‐  Autoren.  Selbst  eine  erst  1506  erschienene Schrift,  die  dasselbe  Thema  zum  Inhalt  hat,  scheut 

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Rybisch  sich  nicht,  abschnittsweise  in  Anspruch  zu nehmen[34]. 

Wesentlich informativer sind dagegen die Stellen der Untersuchung,  in  denen  Rybisch  sich  und  seine  Bü‐dinger  Freunde  erwähnt:  Humanistischer  Tradition folgend,  nennt  er  sich  hier  erstmals  im  Titel  und  in der Widmung des Werkes "Henricus Ribsch Philoca‐los  Budingius",  der  Beiname  "Freund  des  Schönen" wird ihn zeitlebens begleiten. Die Arbeit weist die en‐gen  freundschaftlichen  Beziehungen  zu  Büdingen aus: Sie  ist dem in würzburgischen Diensten stehen‐den Petrus Trach gewidmet, der wiederum in einem Schlusswort  dem  "beredeten  Manne"  Heinrich  Ry‐bisch, Magister  der  schönen Künste,  seine Ehrfurcht versichert. Namentlich nennt und grüßt Rybisch sei‐nen  Lehrer,  den  Schulmeister  Richard  Rüfflin,  einen Verwandten des Hofkaplans, Tilmann Winneker, den gräflichen Sekretär Andreas (Endres) Trach, den Bü‐dinger Amtmann Georg Reiprecht und dessen Bruder Johann,  Amtmann  im  benachbarten  Rödelheim,  den Ysenburgischen  Rat  Ludwig  Löw  aus  Steinfurt,  den Priester  und Notar Heinrich  (von) Bellersheim  "und weitere  Geistliche  wie  Johann  Faber  und  Johannes Rüfflin und unter den Söhnen des regierenden Grafen hebt er den ihm besonders verbundenen Johann her‐vor"[35].  Diese  freundschaftlichen  Beziehungen  zu seiner  Vaterstadt,  die  ihre  Ergänzung  in  den  ver‐wandtschaftlichen  finden,  wird  Rybisch  bis  an  sein Lebensende beibehalten, wie er bei anderer Gelegen‐heit und in seinem Testament bezeugt. 

Zwar bezeichnete sich Rybisch  in der Disceptatio als "bonarum  artium  professor"[36],  er  las  in  Sommer‐ und Wintersemester  1509  Grammatik,  doch  währte sein Dasein an der Universität Leipzig nicht mehr all‐zu lange. Am Ende des Jahres geriet er aus unbekann‐ten  Gründen  in  Gegensatz  zur  Fakultät,  die  ihn  aus‐schloss,  aber  im Februar 1510 wieder aufnahm. Der Streit schwelte weiter und wurde sogar Herzog Georg vorgetragen, der ihn schließlich 1511 durch die Exe‐kutoren der Universität beilegen ließ[37]. Diese Aus‐einandersetzung mit der Fakultät und vielleicht auch die  Einsicht  in  sein wissenschaftliches  Unvermögen, das die Disceptatio nur zu deutlich offengelegt hatte, mögen  den  sechsundzwanzigjährigen  Rybisch  1512 bewogen  haben,  als  Stadtschreiber  in  die  Dienste Bautzens,  der  führenden  Stadt  des  lausitzischen Sechstädtebundes,  zu  treten.  Rybischs  zweijähriges 

Wirken in Bautzen lässt sich nicht fassen, da die Quel‐len nicht fließen. Selbst die sonst so quellengesättigte Untersuchung  Foersters[38]  handelt  diesen  Rybisch sicherlich  qualifizierenden  Lebens‐  und  Berufsab‐schnitt mit drei wenig aussagenden Zeilen ab. Die Be‐stallungsurkunde Rybischs  lässt sich nicht ermitteln. Eine  aktenkundige  Überlieferung  seiner  Wahl  und Anstellung durch den Rat  ist nicht nachzuweisen, da die  Ratsprotokolle  erst  1573  bzw.  1623  einsetzen. Auch  die  Kämmereiakten müssen  schweigen,  da  sie erst  im  Jahre 1606 beginnen.  Ebenfalls  ist  sein Aus‐scheiden  im  Frühsommer  1514  nicht  dokumentiert. Hingegen findet sein späteres Wirken als Rentmeister für  Schlesien  und  die  Lausitz  im  Bautzener  Stadtar‐chiv  sowie  im  Domstiftsarchiv  reichen  Niederschlag[39]. 

1514,  am Montag  nach  Johanni,  am  26.  Juni,  finden wir Heinrich Rybisch im Alter von 29 Jahren als einen der damaligen drei Stadtschreiber, der höchsten Ver‐waltungsbeamten,  im Dienste der  Stadt Breslau[40], dem wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum Schle‐siens. Rybisch war aus der größeren Mittelstadt Baut‐zen mit  ihren rund 4.000 Einwohnern,  in der er sich offensichtlich  reiche  Anerkennung  erworben  haben muss,  die  ihn  für  sein Breslauer Amt prädestinierte, in  die  prosperierende  Großstadt  europäischen  Zu‐schnittes  gewechselt.  In  Breslaus  Mauern  lebten  zu dieser Zeit rund 20.000 Einwohner, "mehr als damals in Krakau und Wien,  Frankfurt  am Main  oder Basel, etwas weniger als in Nürnberg"[41]. Obwohl Breslau keine  freie  oder  gar  Reichsstadt  war,  sondern  als Hauptstadt  des  gleichnamigen  immediaten  Erbfürs‐tentums  unter  der  Oberherrschaft  des  Königs  von Böhmen stand, befand es sich doch "auf dem besten Wege,  eine  eigene  politische  Potenz  mit  beinahe reichsstädtischer Geltung zu werden"[42]. Diese poli‐tische  Macht,  an  deren  Vermehrung  Rybisch  in  den nächsten Jahren nachhaltig mitwirkte, resultierte aus den wirtschaftlichen Gegebenheiten der Stadt, die im Schnittpunkt  zweier  Fernhandelsstraßen  gelegen war:  der  Hohen  Straße,  die  das  Reich  über  Leipzig und Breslau mit Krakau und Südosteuropa  verband, und  der  Bernsteinstraße,  die  die  Transversale  zwi‐schen den Territorien der östlichen Ostsee über Po‐len und Breslau mit  dem Adriatischen Meer  ‐  Triest und Venedig ‐ bildete. Welche Bedeutung Breslau im internationalen Handel zukam, illuminiert zum einen das Faktum, dass  in der zweiten Hälfte des 15.  Jahr‐

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hunderts  zahlreiche  oberdeutsche  Handelshäuser Angehörige  nach  Breslau  entsandten,  die  hier  sehr bald  in  die  Führungselite,  in  die  Oberschicht,  integ‐riert wurden,  zum anderen,  dass  1487 die Augsbur‐ger  Fugger  in  Breslau  eine  Niederlassung  einrichte‐ten,  um  an  dem  Breslau  und  Schlesien  querenden Fernhandel  zu  partizipieren.  1517,  drei  Jahre  nach Dienstantritt Rybischs, erhoben die Fugger ihre Bres‐lauer  Niederlassung  in  den  Rang  eines  Kontors[43]. Möglicherweise war Rybisch hieran bereits beteiligt, denn  in  seinem Testament  hinterlässt  er  "einen Ru‐bin  so mir  der  Fugger  gegeben"[44].  In  jedem  Falle spricht  das  hochwertige  Geschenk  für  das  vorzügli‐che  Einvernehmen  zwischen  dem  Handelshaus  und Rybisch.  Wie  ausgebildet  und  selbstbewusst  das Breslauer  Stadtregiment,  das  aus  acht  Ratsherren, deren  Senior  Landeshauptmann  des  Fürstentums war,  und  elf  Schöffen  bestand,  zu  denen  sich  die Stadtschreiber als höchste Diener der Stadt gesellten, sich empfand, dokumentiert nur zu deutlich das 1504 fertiggestellte  prachtvolle  spätgotische  Rathaus,  der Dienstort  Heinrich  Rybischs.  Die  Stadt  befand  sich seit mehreren Jahrzehnten in einem wirtschaftlichen und politischen Aufschwung, den Petry als das golde‐ne  Zeitalter[45]  Breslaus  erklärte  und  Weiß  als "Blüteperiode  seiner  Geschichte"  benannte[46].  Fer‐dinand I. scheute sich nicht, im Jahre 1560 Breslau als die reichste Stadt seiner habsburgischen Erblande zu bezeichnen[47].  

Über  Breslau  als  Ort  und Hort  der  Renaissance  und des  Humanismus  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahr‐hunderts muss hier  nicht  gehandelt werden. Namen wie  Turzo,  Roth,  Rehdiger,  Heß  und  Moiban  kenn‐zeichnen  sie  genügend.  Heinrich  Rybisch  Philocalos wird  auch  diesen  Umstand  bei  der  Wahl  seines Dienstverhältnisses  bedacht  haben.  Neben  ihm  ver‐richteten noch der deutlich ältere  ‐ bereits 1518 ge‐storbene  ‐  Gregorius  Morenberg  und  Lorenz  Rabe, bekannt unter seinem Poetennamen Laurentius Cor‐vinus,  den  Dienst  als  Stadtschreiber.  Vertraut  man den  von  Foerster  präsentierten Quellen,  scheint  Ry‐bisch  alsbald  die  ihm  durch  das  Alter  Morenbergs und die  Poeterey  Corvinus'  zugewachsenen  Freiräu‐me  im  Dienste  voll  ausgefüllt  zu  haben,  sicherlich auch gestützt durch Jacob Rothe, den Ratssenior und zugleich Landeshauptmann des Fürstentums Breslau. Es  hat  in  den  folgenden  Jahren wohl  kaum  eine  be‐deutende  Verhandlung  der  Stadt  mit  anderen  Städ‐

ten,  Fürsten  oder  dem  König  von  Böhmen  gegeben, an  der  Rybisch  nicht  maßgeblich  und  zumeist  auch erfolgreich  teilgenommen  hat,  was  wiederum  seine Reputation  erhöhte.  Ist  sein  dienstliches  Tun  reich dokumentiert,  erfahren  wir  über  sein  Privatleben, das möglicherweise im Dienste aufging, bis zum Jahre 1518 nichts. Am 19. August 1518 überreicht er seiner Frau Anna[48], die aus der vermögenden Patrizierfa‐milie  Rindfleisch  stammt,  die  Morgengabe  in  Höhe von  1000  ungarischen  Gulden[49].  Dieses  Faktum gestattet  zwei  Schlüsse:  zum  einen  war  Rybisch  of‐fensichtlich wohlhabend geworden, und dies erlaubte dem  nunmehr  Dreiunddreißigjährigen  andererseits in das Breslauer Patriziat einzuheiraten. Wenige Tage vor der Eheschließung, am 2.  Juni 1518, hatte er auf das  Kanonikat  am  Breslauer  Dom  verzichtet,  das  er seit dem 31. Juli 1516 mit einer wohldotierten Pfrün‐de innegehabt hatte. Im selben Jahr kaufte er am Ring ein Haus, das er mehrere Jahre in seinem Besitz hatte[50]. Bereits ein Jahr später tritt Rybisch ein weiteres Mal als  Immobilienkäufer auf: Er erwirbt  in der  Jun‐kerngasse,  der  nachmaligen  Junkernstraße,  einer "bevorzugten  Wohngegend  der  Breslauer  Patrizier, Ratsherren  und  wohlhabenden  Kaufleute"[51]  ein Haus, das er 1525 auf dem Namen seiner Frau eintra‐gen  lässt[52],  aus  deren  Erbe  wahrscheinlich  auch der  Kaufpreis  entrichtet  worden  ist.  Rybisch  hatte seit seinem Weggang aus Büdingen im Jahre 1501 ei‐ne  glanzvolle  Karriere  erfahren,  deren  Höhepunkt noch nicht erreicht war, und diese mit dem sozialen Aufstieg in das Breslauer Patriziat, mit der Heirat der Rindfleisch‐Tochter, gekrönt, ein Vorgang, der in den oberdeutschen  Reichstädten  dieser  Zeit  nicht  denk‐bar  gewesen  wäre.  Foerster,  auf  dessen  Untersu‐chung  die  zu Rybisch  erschienene  Literatur  zumeist basiert[53],  charakterisiert  Rybisch  als  "einen Mann von viel wunderlichen Anschlegen",  ausgestattet mit "Klugheit,  Scharfblick  und  Rednergabe",  aber  auch mit "Eigenliebe"[54]. Seine Portraits zeigen ihn als ei‐nen "stattlichen Mann von vornehmen Äußeren" und ausgeprägtem Selbstbewusstsein, der sich sehr wohl auf Repräsentation verstand. Rybisch war ganz offen‐sichtlich  ein  homo  politicus,  der  im  Dienste  seiner Wahlheimat  Breslau  aufging,  hierbei  sein  eigenes Fortkommen nicht vergaß und sich neben Freunden wohl auch Neider und Feinde schuf.  

Welchen Anteil Rybisch an der Einführung der Refor‐mation  in Breslau hatte,  läßt  sich ebenso wenig ein‐

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deutig  bestimmen  wie  sein  Ausscheiden  aus  städti‐schen Diensten. Da er  für Breslau das Verfahren der Vertreibung der Bernhardiner 1523 zu einem positi‐ven Ende gebracht hatte und zu dem am 20. Mai 1523 vom  Rat  an  die  Kirche  Maria‐Magdalena  berufenen Johannes  Heß wie  auch  zu  Ambrosius Moiban,  dem nachmaligen Pfarrherrn der Elisabethkirche (9. April 1525),  ein  freundschaftliches  Verhältnis  unterhielt und beide  in  seinem Testament bedachte, wird man davon  ausgehen  dürfen,  dass Rybisch  von Anbeginn der lutherischen Lehre zugeneigt war. Verstärkt wird dieser  Eindruck  durch  den  Umstand,  dass  Rybisch der  Elisabethkirche,  dem  Ort  seines  Grabmals  und seines  Begräbnisses,  ebenfalls  testamentarisch  ein reiches  Legat  aussetzte[55].  Foerster  vermutet,  dass Rybisch nach dem 18. Oktober 1525 als Syndicus der Stadt  Breslau  resignierte[56],  nachdem er  ihr  etwas länger als elf Jahre gedient hatte. Welche Gründe ihn zu  diesem  Schritt  bewogen  haben mögen,  lässt  sich nicht  ermitteln.  Ebensowenig  läßt  sich  präzise  fest‐stellen, zu welchem Zeitpunkt Rybisch  in den Dienst Ferdinands von Österreich getreten ist, der nach dem Tod Ludwigs von Ungarn in der Schlacht von Mohács am  26.  August  1526  nicht  nur  die  Böhmische,  son‐dern auch die Ungarische Krone erlangen konnte. Die erste  belegte  Nachricht,  die  Rybisch  im  Dienste  des Königs  erwähnt,  datiert  aus  dem  Jahr  1527.  Am  14. Februar  dieses  Jahres  richtet  er  ein  Schreiben  aus Krakau an einen Bekannten, das er als "Rat und Die‐ner" Ferdinands unterzeichnet[57].  

Es  ist  müßig,  zu  mutmaßen  ‐  wie  von  Foerster  ge‐schehen ‐ , ob Rybisch unmittelbar nach seinem Aus‐scheiden aus dem Amt des Syndicus 1525 Königlicher Rat wurde oder ob er eine dienstliche Vakanz einleg‐te, um ein Projekt  in Angriff  zu nehmen, das damals wie  heute  den  Einsatz  und  die  Aufmerksamkeit  des Betreffenden erfordert. Rybisch hatte sich entschlos‐sen, sich und seiner Familie ein Haus zu errichten. Zu diesem Behufe  ließ er das 1518  in der  Junkerngasse erworbene  gotische  Haus  abbrechen  und  begann 1526 mit dem Neubau. Über den Bau, der bis  in das Jahr  1531 währte,  sind wir  ausführlich  unterrichtet, da  Rybisch  den  Beginn  wie  auch  den  Fortgang  des Baues dadurch dokumentierte, indem er datierte Ta‐feln  an  verschiedenen  Teilen  des  Baukörpers  bzw. der  Gebäude  anbringen  ließ,  deren  Originale  jedoch bis  auf  eines  verlorengegangen  sind.  Hingegen  exis‐tieren bzw. existierten Abschriften dieser Tafeln, die 

zum  größten Teil wohl  von Rybischs  Sohn  Siegfried angefertigt wurden[58]. Eine der Inschriften lautete:  

Anno domini MDXXVI  Romanorum Imperatore Carolo V  Interege Lud. II Ungar. Boh. rege  

Sigismundo Polonie Rege  Henricus Ribisch sibi et  liberis suis extruxit  

 Ist mit dieser Inschrift der Beginn des Baues auf die Zeit  vor  den  26.  August  1526  zu  datieren,  da  König Ludwig  in  der  Schlacht  von Mohács  fiel,  lassen  sich über  die  bauausführenden  Künstler  nur  Spekulatio‐nen und Vermutungen äußern,  da die Literatur kein einheitliches Bild, keine klaren Erkenntnisse vermit‐teln kann. Foerster, der  sich wie kein anderer Autor in  einer  ebenso  umfangreichen  wie  quellengesättig‐ten Untersuchung 1907, der hier weitgehend gefolgt wird[59], um Heinrich Rybisch und seinen Sohn Sieg‐fried bemühte und in einer weiteren Darstellung[60] das Haus  Rybischs,  sein  Portal  und  schließlich  auch Rybischs Grabmal  in der Elisabethkirche kunsthisto‐risch  untersucht,  kommt  zu  dem Schluss,  "  'welsche Mäurer',  wie  A.  Schultz  und  Ernst  Lübke  meinten, brauchen  es  nicht  gewesen  sein,  welche  das  Haus bauten. Aber italienischer Geschmack, 'mos italicus' ... ist  in  der  Dekoration  unverkennbar"[61].  Für  das Grabmal stellt er fest, dass "zwar der Aufbau und die Anordnung des Denkmals jenen 'mos italicus' bekun‐det,  die  Ausführung  aber  die  Feinheit  italienischer scarpellini  vermissen  und  die  Derbheit  nordischer Steinmetzen erkennen lässt". Hieraus folgert er, dass die Fassade, das Portal des Hauses und das Grabmal von der Hand desselben Künstlers stammen, nämlich von  dem Breslauer  Steinmetzen Michael  Fidler  dem Älteren[62], da  "welsche Männer" erst nach 1545  in Breslau nachzuweisen wären[63].  

Haupt[64]  argumentiert  1914  ähnlich:  "Die  sichere Meisterschaft der Komposition  [des Portals], die gut verteilten  und  fein  ausgeführten  Ornamente,  die reich variierten Kapitelle, namentlich das mit den Si‐renen,  die  Akanthusranke  im  Fries,  das  alles würde man fast für italienische Arbeit halten können, wenn nicht die ... dieser Richtung so nahestehenden Görlit‐zer Bauten uns eines Besseren belehrten"[65]. Haupt schließt  aus,  dass  Wendel  Roßkopf,  der  Görlitzer Stadtbaumeister (1518‐1555), als Steinmetz des Por‐tals in Betracht kommt, und deutet vorsichtig an, dass 

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ebenso wie für die Görlitzer Renaissancebauten auch für  das  Portal  der  Meister  Benedix  zu  Böhmen (Benedikt von Ried) in Anspruch genommen werden könne, um alsbald seine Aussage zu relativieren: "Es muß  abgewartet  werden,  ob  die  archivalische  For‐schung  nicht  noch  den Namen  des  richtigen  großen Künstlers  zutage  fördert,  der  auch  der  Schöpfer  des Rybisch‐ ... Grabmals, wie des Hauses in der Junkern‐gasse  zu  Breslau  sein  dürfte"[66].  Kurt  Bimler[67] wiederum  ordnet  1934  Portal  und  Grabmal  dem Breslauer  Künstler  Andreas  Walther  I.  zu,  der  mit dem  Prachtportal  am Haus  Zur  Goldenen  Krone  de‐bütiert habe. "Die hinreißende Schönheit und Wucht der neuen Ausdrucksformen Meister Walthers bewog[en] den kgl. Rentmeister und Freund südlicher Kunst und Sprache, den Breslauer Heinrich Rybisch, ihm die Fassadenausstattung  seines  neuen,  von  1526  bis  30 in einzelnen Abschnitten neu erbauten Hauses in der Junkernstraße zu übertragen"[68].  

In  seiner  Dissertation  aus  dem  Jahre  1935  verweist Heinz Günther Meinert[69] die Ergebnisse  von Bim‐ler in den Bereich der Phantasie[70]. Meinert konsta‐tiert, dass das Rybisch‐Haus, insbesondere seine Fas‐sade,  sich  "am meisten  dem  italienischen  Ideal"[71] annähere, aber auch Einflüsse mitteldeutscher Prove‐nienz enthalte, wie das aus "Sachsen stammende Mo‐tiv  der  Sitznische  vor  dem  abgeschrägten  Gewände des Portals".[72] Meinert schreibt das Portal des Ry‐bisch‐Hauses einem welschen "Wanderkünstler  [zu], der  trotz  der  Anpassung  an  deutsche  Verhältnisse sein  italienisches  Formgefühl  nicht  verbergen kann"[73]. In dem von Burgemeister und Grundmann 1933  herausgegebenen  Standardwerk  "Die  Kunst‐denkmäler  der  Stadt  Breslau"[74]  finden wir weder für das Portal des Rybisch‐Hauses noch für das Grab‐mal  den Künstler  genannt.  Lediglich  die  große Ähn‐lichkeit  in  der  Architektur  beider  Kunstwerke,  die dieselbe Hand vermuten ließe, wird angemerkt[75].  

Prüft man nun die neuere polnische Literatur[76], die sich  mit  dem  Zeitalter  der  Renaissance  in  Breslau auseinandersetzt,  überrascht  der  Befund  nicht,  dass in den angezogenen Werken nicht der Versuch unter‐nommen wird, das Portal ‐ die Fassade ‐ des Rybisch‐Hauses  einem oder mehreren Künstlern  zuzuschrei‐ben.  Vielmehr  will  es  scheinen,  als  seien  die  frühe und  mittlere  Phase  der  Renaissance  nahezu  aus‐schließlich  von  oberitalienischen  Bildhauern  und 

Steinmetzen  ‐  den  Comasken[77]‐  geprägt  gewesen. Stefan Kozakiewicz[78], der 1959 das Auftreten von Comasken, Tessinern und Graubündnern in Polen un‐tersucht, kommt zu dem Ergebnis, dass die erste Re‐gion, in der die Baumeister und Architekten aus dem Tessin  aufgetreten  seien,  Schlesien  gewesen  wäre[79]. Die ersten Namen italienischer Künstler in Bres‐lau seien in das Jahr 1518 zu datieren. Manche Bres‐lauer Portale seien zweifellos mit dem Auftreten der Tessiner  in  Zusammenhang  zu  bringen.  Als  ein  sol‐ches  nennt  Kozakiewicz  das  Portal  des  Hauses  Zur Goldenen  Krone  aus  dem  Jahre  1528[80],  nicht  je‐doch das zwei Jahre später entstandene des Rybisch‐Hauses.  In  dem  von  Tadeusz  Broniewski  und  Miec‐zyslaw  Zlat  herausgegebenen Werk  "Sztuka Wrocla‐wia"[81]  findet  man  neben  umfangreichen  Ausfüh‐rungen  zur  Renaissance  in  Breslau,  die  fast  aus‐schließlich bürgerlich geprägt sei, auch den Hinweis, dass  bereits  früh  im  16.  Jahrhundert  ‐  1518  ‐  die Breslauer Quellen den ersten  italienischen Baumeis‐ter  namens  Vincenzio  da  Parmatara  (Parmentaria) verzeichnen.  "Wären  in  den  Archivmaterialien  nicht so  große  Lücken  vorhanden  (vor  allem  im  ersten Viertel des Jahrhunderts und in den dreißiger Jahren des Jahrhunderts), hätten wir mit Sicherheit auch Na‐men anderer Meister  gefunden, die nicht wesentlich später, ihrem Landsmann folgend, hier angekommen sein müssten. Zeugnisse dafür  liefert eine ganze Rei‐he  von Werken,  die  in  Breslau  entstanden  sind, mit zahlreichen  italienischen  Spuren"[82].  Bedeutsam scheint die Erkenntnis, dass  zu beobachten  sei, dass sich die Comasken in Breslau assimilieren und später sogar niederländische Einflüsse aufnehmen. Auf drei Seiten  wird  die  Baugeschichte  des  Rybisch‐Hauses ausgebreitet,  verbunden  mit  Interpretationen  der bildlichen  Darstellungen  im  Portal[83].  Einen  Hin‐weis auf dessen Künstler sucht man vergebens. Auch der von Zygmunt Swiechowski[84] 1978 herausgege‐bene  Sammelband  enthält  im  Beitrag "Wohnarchitektur  vom  XVI.  bis  zur  Mitte  des  XVII. Jahrhunderts"  eine  ‐  wahrscheinlich  Broniewski  fol‐gende  ‐ Beschreibung des Rybisch‐Hauses[85] nebst einigen Abbildungen.  Indes  fehlen Hinweise  auf  den oder  die  Künstler.  Kwasniewski[86]  kommt  in  sei‐nem  1995  vorgelegten  Beitrag  zu  dem  Schluss,  "die zahlreich in Breslau tätigen norditalienischen Maurer und  Steinmetzen  beherrschten  in  der  Mitte  des  16. Jahrhunderts die wichtigsten Bauten in der Stadt und popularisierten  die  Ziermotive  und  Kompositions‐

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prinzipien  der  italienischen  Renaissance.  Die  ersten Renaissancebauten  Breslaus  und  gleichzeitig  Schle‐siens waren die Patrizierhäuser Zur Goldenen Krone (1521‐1528)  und das Rybisch‐Haus  (1526‐1531).  In kompositioneller Hinsicht und in der Fassadengestal‐tung  brachen  sie  mit  der  mittelalterlichen  Traditi‐on"[87]. Scheint die ältere deutsche Literatur ‐ bis auf wenige  Ausnahmen  ‐  den  Künstler  des  Rybisch‐Hauses vornehmlich unter deutschen Steinmetzen zu suchen, wobei Michael Fidler und Andreas Walther I. genannt werden, befleißigt sich die polnische Litera‐tur einer deutlichen Zurückhaltung und sieht für sei‐ne Erbauungszeit vornehmlich Comasken die bürger‐liche Bautätigkeit in Breslau beherrschen, so dass die Überlegung  naheliegt,  dass  die  Realisierung  des  rei‐nen mos  italicus am Portal des Rybisch‐Hauses eher einem namentlich nicht ‐ noch nicht ‐ bekannten Co‐masken zuzuordnen  ist  als  einem Steinmetzen einer deutschen Schule.  

Henricus  Philocalos,  wie  Rybisch  gelegentlich  ge‐nannt wird oder sich selbst nennt[88], Humanist, der Renaissance in ihrer reinen italienischen Ausformung verhaftet,  baute keine domus  im Sinne von Haus als dem ausschließlichen Sitz, der Wohnung der Familie, sondern  im  klassisch‐antiken  Sinne  von  domus  als Palast, Palais, Residenz, bestehend aus mehreren Ge‐bäuden. So ließ er  in der Junkerngasse ein schmales, 15 Ellen (9 Meter) breites, dreistöckiges Gebäude er‐richten  mit  je  drei  Fenstern  zur  Straßenfront.  Be‐krönt wurde es nicht durch einen hohen Giebel, son‐dern seinen Abschluss bildete ein Flachdach, im Ver‐ständnis  des  mos  italicus  ein  Belvedere,  umrahmt von einer Galerie. Inmitten des Belvedere erhob sich ein  Aussichtsturm,  den  eine Wetterfahne  zierte[89]. Dieses Gebäude, das die benachbarten weit überrag‐te,  bezeichnet  Rybisch  in  der  unter  dem  mittleren Fenster  des  ersten  Stockes  angebrachten  Inschrift selbstbewusst  als  monumentum,  indem  er  die  In‐schrift sagen lässt:  

Henricus Rybisch  Doct. Monumentum  hoc sibi posuit [90]  

Auch hier wird der Rückgriff auf die Antike durch den beabsichtigten  Anklang  auf  Horaz  Oden  III,  30,  1 "Exegi monument(um) aere perennius" deutlich. De‐tailgetreu abgebildet findet man das gesamte Rybisch‐Anwesen auf dem von Barthel Weyner 1562 gezeich‐

neten  und  kolorierten  Stadtplan[91],  der  als  eine "Draufsicht angelegt"[92] ist. Dem mos italicus eben‐so  folgend  wie  dem  klassischen  domus‐Verständnis schloss sich an das Vorderhaus ein Hof an, der von ei‐nem  zweiten  dreistöckigen  Gebäude  ‐  dem  Hinter‐haus ‐ begrenzt wurde, auf das ein zweiter Hof folgte, wiederum  abgeschlossen  durch  ein  drittes,  dreistö‐ckiges Gebäude ‐ das Sommerhaus ‐, das an das Ufer der  Ohle  grenzte,  die  hier  den  inneren  Stadtgraben bildete. Die Ohle überspannte ein Steg, der Zutritt zu einem  großen  "Obst‐  und  Blumengarten"[93]  ge‐währte, "welchen ich stugkweise zu mir gebracht und mit einer mauren umschrenkt habe"[94], wie Rybisch in seinem Testament festhielt.  

Rybisch  hatte  sich  unzweifelhaft  eine  standesgemä‐ße,  repräsentative  Residenz  geschaffen,  die  in  Bres‐lau ihresgleichen suchte. Standesgemäß auch deswe‐gen,  weil  er  im  zweiten  Jahr  seines  Hausbaues  als Doctor iuris signiert, wie eine Urkunde vom 14. Okto‐ber  1527  ausweist[95],  nachdem  er  ein  halbes  Jahr zuvor  noch  mit  Magister  gezeichnet  hatte.  Hieraus folgt auch, dass die oben genannte Inschrift "Henricus Rybisch  /  Doct.  Monumentum  /  hoc  sibi  posuit" wahrscheinlich  nach  dem  14.  Oktober  1527  ange‐bracht  worden  sein  dürfte.  Einen  weiteren  Höhe‐punkt  seiner  Karriere  erreichte  er  mit  seiner  am  1. August  1529  erfolgten  königlichen  Bestallung  zum Rentmeister  für Schlesien, der bereits zum 9.  Januar 1530  auch  die  Ernennung  zum  Rentmeister  für  die Lausitz  folgte.  Zu  diesem  gesellschaftlich  wie  finan‐ziell herausragenden Amt gesellte sich auch im priva‐ten  Bereich  weiterer  Wohlstand,  wie  das  seit  1525 durch  Erbschaft  aus  der  Familie  seiner  Frau  an  ihn gefallene "Schloß und Städtlein Freiwaldau nebst vier dazugehörigen Gütern" beweist, die Rybisch bis 1536 besaß[96]. Der mit seinem Haus so offen dargestellte Wohlstand musste natürlich auch Neider auf den Plan rufen:  Unmittelbar  nach  seinem  Dienstantritt  als Rentmeister  für Schlesien hielt  sich Rybisch  in Wien auf und erlebte vom 22. September bis zum 16. Okto‐ber 1529 die Belagerung der Stadt durch die Türken, vor deren Gefahr er bereits  früher  ‐ 1527  ‐  gewarnt hatte. Die hier gewonnenen Einsichten und Erlebnis‐se für Leib und Leben legte Rybisch in einem Bericht nieder, der 1530  in Leipzig gedruckt und  in mündli‐cher Form sicherlich auch dem Rat der Stadt Breslau noch im Oktober 1529 vorgetragen wurde. Hatte der Rat bereits am 14. Oktober angesichts der heraufzie‐

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henden Türkengefahr die Mönche des auf dem Elbing vor der Stadt gelegenen Vinzenzklosters gezwungen, in das  Jakobskloster  innerhalb der Stadtmauern um‐zusiedeln,  mag  Rybischs  eindringlicher  Bericht  den Ausschlag für den Abbruch des Klosters gegeben ha‐ben, das keinesfalls dem Feind als Stützpunkt dienen sollte.  Vox populi  brachte den Abbruch des Klosters in  Zusammenhang  mit  dem  Hausbau  Rybischs:  Ry‐bisch  habe  sein Haus mit Hilfe  der  Steine  des  abge‐brochenen Klosters errichtet. Foerster überliefert ei‐nen  Spottvers,  der  wahrscheinlich  zu  dieser  Zeit  in Breslau kursiert sein dürfte:  

Heinrich von Rybisch  wäre er nicht gewesen so diebisch  

und hätte Ihm der Kayser nicht getraut  so hätte er wol kein Haus gebaut  

Foerster  vermag  aber  diesen  Vorwurf  der  Bereiche‐rung zu entkräften: Am 5. Juli 1531 habe der Rat die klösterlichen  Trümmer  von  den  Prämonstratensern erworben  und  die  Steine  zur  Pflasterung  des  Neu‐marktes[97] verwendet. Zu dieser Zeit war das Haus bereits  fertiggestellt[98].  Dieser  Vorgang  mag  Ry‐bisch bewogen haben, unter dem dritten Fenster des ersten  Stockes  eine  weitere  Inschrift  ‐  die  einzige heute erhaltene ‐ anbringen zu lassen:  

Es kömmert sich mancher vmb diss  vnd vmb das: vnd weiss nit was:  Bistdu aber from ane neid vnd has:  

So baw ein besseres vnd las mir das[99]  

Deutet man die Jahreszahl 1530 in der Konche hinter der  Pranke  des  wappenhaltenden  Löwen  richtig, dürfte  in  diesem  Jahr  die  künstlerische  Gestaltung des Portals, der Fassade unterhalb des ersten Stock‐werkes, abgeschlossen worden sein. Der "Meister aus Norditalien",  wie  der  bislang  anonyme  Künstler  in der  polnischen  Literatur  genannt  wird[100],  hatte seine  prachtvolle  Schöpfung  im  reinen  mos  italicus beendet. Die domus des Rentmeisters jedoch scheint noch nicht fertiggestellt gewesen zu sein, denn im fol‐genden  Jahr  ‐ 1531  ‐  lässt Rybisch "ganz oben unter der Gallerie"[101] die Inschrift "Vanitas Vanitatum et omnia  Vanitas"  und  direkt  unter  ihr  die  Jahreszahl "MDXXXI"  anbringen.  Dieses  Datum  markiert  nach den bisherigen Erkenntnissen das Ende der Bautätig‐keit Rybischs in der Junkerngasse.  

In der fast fünfjährigen Bauzeit seiner Residenz hatte Rybisch die Obliegenheiten als Quaestor per Silesiam et per Lusatiam keineswegs vernachlässigt.  Foerster weiß ein facettenreiches Bild dieser Tätigkeiten über‐wiegend  aus  Quellen  des  ehemaligen  Staatsarchivs Breslau zu zeichnen.[102] Aber auch das Stadtarchiv Bautzen gibt beredt Zeugnis über sein Wirken als kö‐niglicher Steuereinnehmer:  In wenigstens 30 Urkun‐den  ist  sein  Name  zu  finden,  wie  die  Kurzregesten ausweisen. So am 10. September 1528: "Doctor Hein‐rich  Rybisch  quittiert  den  Sechstädten  über  3000 Mark einer Kaiserlichen Steuer", und am 5. Dezember desselben  Jahres  "quittiert er über 2000 Mark Hilfs‐gelder".  Ebenso  finden  wir  ihn  im  folgenden  Jahr zweimal den Sechsstädten Steuer quittierend. Am 15. Juni 1532 "bekennt Heinrich Rybisch, Generaleinneh‐mer der Königlichen Steuer ein Hilfsgeld oder Steuer zu Widerstand des Türken von den Städten Budissin und Camenz erhalten zu haben als Anteil an der Ge‐samtsteuer  der  Oberlausitz  von  10000  Mark"[103]. Aber  auch  in  seiner  Eigenschaft  als  Königlicher  Rat wurde er immer wieder in Anspruch genommen, wie in  den  religiösen  Streitigkeiten  in  Breslau  im  Jahr 1534, die zu untersuchen der König Rybisch aufgetra‐gen hatte. Oder er setzte in diesem und den folgenden Jahren die Rechte des Königs auf die Oberherrschaft des Klosters Leubus durch[104]. 

Hatte sich Rybisch mit seiner domus bereits ein mo‐numentum  erbaut,  begann  er  1534  im Alter  von  49 Jahren,  sich  ein  weiteres  Denkmal  zu  setzen,  ein Grabdenkmal  (Abb. 3), das ebenfalls  im mos  italicus gefertigt werden sollte und möglicherweise auch von der Hand desselben Meisters stammte, der vier Jahre zuvor das Portal  in der  Junkerngasse errichtet hatte. Als  Ort  seines  Grabmals  wählte  er  die  Elisabethkir‐che, zu deren Kirchspiel er und seine Familie gehör‐ten,  war  sie  doch  1525  das  Gotteshaus  der  lutheri‐schen Patrizier Breslaus geworden. 1539 war dieses Denkmal  fertiggestellt,  "vielleicht  das  vollendetste der  Renaissance  in  Schlesien", wie  Foerster  und  an‐dere Autoren[105] urteilen.  In seinem Zentrum ruht Rybisch als ganze Figur ausgebildet auf einem sarko‐phagähnlichen Aufbau, der in der Mitte sein Brustbild zeigt. Rybisch versäumte es nicht, in einem Medaillon noch einmal sein Portrait und in einem benachbarten das seiner Frau anbringen zu lassen. Kurze Zeit nach seiner Fertigstellung bestrich ein unbekannter Täter das  Epitaph mit Wagenschmiere[106].  Es  überstand 

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die Jahrhunderte, den Zweiten Weltkrieg ebenso wie die  Brandkatastrophe,  die  1976  die  Elisabethkirche zur Ruine werden ließ. Nach mehr als zwanzig Jahren des Wiederaufbaues  ist die Elisabethkirche seit dem Eucharistischen Weltkongress  zugänglich  und  damit auch das kunstvoll restaurierte Epitaph Heinrich Ry‐bischs[107].  

Zeigte sich Rybisch einerseits als feinsinniger Huma‐nist, wie  auch  die Ausstattung  seines Hauses  belegt, die  er  in  seinem  Testament  detailliert  aufführte, verstand  er  sich  als  General‐Steuereinnehmer (quaestor generalis), Königlicher Rat und Doctor bei‐der  Rechte  als  selbstbewußter  Realpolitiker,  der  im Interesse  der  Leobschützer  Gewürzkaufleute  ‐  die seit 1534 ihr Monopol im Gewürzhandel mit den dor‐tigen  Juden  teilen  mussten  ‐  auch  vor  der  Beihilfe zum  Justizmord  nicht  zurückschreckte.  Denn  1535 erstellte  er  im Prozeß gegen den Ältesten der Leob‐schützer  Judenschaft,  Abraham Hirsch,  der  der  Zau‐berei  verdächtigt  wurde,  ein  Rechtsgutachten,  das Hirsch  auf  den  Scheiterhaufen  brachte[108].  Viel‐leicht  ist  in  diesen  Jahren  der  Vater  Rybischs,  Sieg‐fried, in Büdingen gestorben. Sein Todesdatum ist un‐bekannt, möglicherweise  erinnerten die Arbeiten  an seinem eigenen Epitaph Rybisch an den verstorbenen Vater, der als angesehener Baumeister und Steinmetz in Büdingen, Hanau und der Wetterau gewirkt hatte.[109] 1536 lässt er seinem Vater in Büdingen ein Epi‐taph aus Sandstein errichten, das zum einen die ver‐wandtschaftlichen  Beziehungen  zwischen  dem  Bü‐dinger  Baumeister  und  dem  Breslauer  Humanisten eindeutig  klärt,  das  zum  anderen  nachdrücklich  vor Augen  führt,  dass  Heinrich  Rybisch  über  die  Jahre hinweg  die  Beziehungen  zu  seiner  Vaterstadt  nicht hat abreißen  lassen. Das Epitaph, das 1993[110] bei Kanalbauarbeiten  in  Büdingen  entdeckt  wurde,  in zwei Teile zerschlagen  ist und heute  in der dortigen Remigiuskirche  steht,  trägt  die  nicht  sonderlich kunstvoll gearbeitete Inschrift:  

EPITAPHIVM • HENRICI •  AB • RIBISCH • IVRISDOC  

TORIS • IN • LAVDEM • SIFRI  DI • RIBISCH • PATRIS • SVI DI  

L[E]CTI • ERECTVM  SIFRIDO • RIBISCH HENRICVS •  AB RIBISCH • IVRISCONSVLTVS •  

FERD[INA]NDI • REGIS • ROMANOR[VM]  

CONSI[LIARI]VS: OVESTOR • PER • S[ILE]  SIAM • P[ER L]VSACIAM • GENITORI •  

SVO CH[AR]ISSIMO IN MEMO  RIAM • HVNC • LAPIDEM • HVCVIVV  

STATVIT • ANNO • MDXXXVI 

Das Epitaph[111], das Rybisch zum Ruhm und zur Er‐innerung an seinen teuren Vater und sehr berühmten Erzeuger  zu  seinen  eigenen  Lebzeiten  hat  errichten lassen, birgt neben Fehlern in der Inschrift zwei Auf‐fälligkeiten: Den größeren Teil der Inschrift benötigt Rybisch, um sich, seine Titulaturen und Ämter vorzu‐stellen, darüber hinaus legt er sich das Adelsprädikat "von"  zu.  Attestierte  Foerster  Rybisch "Eigenliebe"[112], wurde davon gesprochen, dass Ry‐bisch  selbstbewusst  sei,  darf  man  sicherlich  anneh‐men, dass die glanzvolle Karriere, der offen zur Schau gestellte  Reichtum  Rybisch  haben  hochmütig  und selbstgefällig werden lassen. Darauf deuten die zahl‐reichen  Portraits,  die  er  von  sich  auf Medaillen,  Bil‐dern, am Portal des Hauses und auch auf seinem Epi‐taph  hat  anbringen  bzw.  fertigen  lassen.  Selbst  im Knopf der Wetterfahne auf dem Türmchen des Belve‐dere seines Palais fand man bei ihrem Abbruch im 17. Jahrhundert  sein  Portrait  in  Silberblech  gestochen. Darauf  deuten  aber  auch  die  Inschrift  auf  dem  Epi‐taph seines Vaters hin und das dort  in Anspruch ge‐nommene  Adelsprädikat,  das  er  vielleicht  aus  dem vorübergehenden  Besitz  des  Gutes  Striese,  das  er 1536 für zwei Jahre übernommen hatte, ableitete.  In dieser Zeit bezeichnete er sich als "dieses Guts Strisse freyer Pfandsherr"[113]. 

In den letzten Jahren seines Lebens scheint es etwas ruhiger um Heinrich Rybisch geworden zu sein, oder die Quellen fließen nicht mehr. Seinem Epitaph in der Elisabethkirche  kann  man  entnehmen,  dass  seine Frau  Anna,  eine  geborene  Rindfleisch,  1540  gestor‐ben ist. In der 22 Jahre währenden Ehe wurden ihnen fünf  Kinder[114]  geboren,  darunter  auch  Siegfried (Seyfried), genannt nach seinem Büdinger Großvater, später als Vater der neueren Ikonographie und Vater der  schlesischen  Altertumskunde  und  Geschichts‐schreibung[115]  bezeichnet.  Der  älteste  Sohn  Hein‐rich  scheint  seinem  Vater  große  Sorgen  bereitet  zu haben,  denn  in  seinem  Testament  gewährt  er  ihm "nicht  mehr  dann  seine  legitima"[116],  er  setzt  ihn auf  den Pflichtteil.  1542  geht Rybisch mit Katharina von Gelhorn eine zweite Ehe ein, der zwei Kinder ent‐

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springen[117]. Wohl unmittelbar nach der Eheschlie‐ßung muss die Familie die Stadt wegen der 1542 und 1543  grassierenden  Pest,  die  in  den  beiden  Jahren mehr als 10.000 Opfer forderte[118], verlassen. Zwei Jahre hielt  sich Familie Rybisch  in Görlitz auf. Kurze Zeit nach der Rückkehr nach Breslau stirbt Heinrich Rybisch  am  10.  November  1544[119],  nachdem  er am 7. November[120] sein Testament aufgesetzt hat‐te.  

Dieses Testament, das Foerster  in der von Klose ge‐fertigten  Abschrift  publizierte,  da  das  Original  nicht mehr  erhalten  ist[121],  erheischt  aus  dreifachem Grund unsere Aufmerksamkeit: Zum einen teilt es de‐tailliert das Interieur der Residenz des Patriziers Ry‐bisch mit, und zum anderen zeigt es die noch immer vorhandene Verbundenheit  zu  seiner Vaterstadt Bü‐dingen, zu seiner dort  lebenden Verwandtschaft und zum  dritten  vermacht  Rybisch  sein  "wohnhauß  auf der  Jungkherrn gasse  zusambt dem Garten uber der Olaw ... allen meinen Sohnen"[122]. Neben allerlei Le‐gaten  an  das  gemeine  Almosen,  an  die  Pfarrer  Heß und Moiban sowie an die Elisabethkirche[123], in der er bestattet sein möchte, vererbt er  seine Bibliothek seinen Söhnen "Seiffried und Gothfried ... so ferne sie Studieren werden"[124]. Sollten sie jedoch nicht stu‐dieren, vermacht er die Bücher "meines Brudern Soh‐nen", die später namentlich als Heinrich und Seifried genannt  werden.  "Meiner  Schwester  zu  Budingen", fährt er  fort,  "sollen meine Erben alle  Jar so  lang sie lebet  geben  zwelff  Gulden  Reinisch,  Ihrem  Sohne Hansen sol man geben nach meinem tode einmal ze‐hen Gulden reinisch".[125]  

Gedachte Rybisch seines Vaters 1536 mit der Errich‐tung  eines  Epitaphs,  bedenkt  er  seine  noch  lebende Schwester, ihren Sohn sowie die Söhne seines ‐ mög‐licherweise  bereits  verstorbenen  ‐  Bruders.  Ob  Ry‐bisch  in all den  Jahren Büdingen noch einmal aufge‐sucht hat, wissen wir nicht. Festhalten können wir je‐doch, dass er zumindest die verwandtschaftlichen Be‐ziehungen in der Familie gepflegt hat. 

Das "Haus" auf der Junkerngasse, dessen Bau Rybisch fünf Jahre beschäftigt hat, dessen Portal zu restaurie‐ren mehr  als  450  Jahre  später  fast  doppelt  so  viele Jahre benötigte,  fiel nach seinem Tode an seine Söh‐ne. Nach der brüderlichen Erbteilung ging  es  in den Besitz  des  Rybisch‐Sohnes  Gottfried  über,  der  es 1567  seinem  Bruder  Heinrich  verkaufte[126].  1573 

übergibt Heinrich das Haus mit allen Rechten an sei‐nen Bruder  Seyfried. Wie  lange dessen Erben es be‐sessen haben, ist unbekannt. 1699 ist es in den Besitz von Gottfried von Riemer und Riemberg übergegan‐gen, der es renovieren und das Belvedere beseitigen lässt.  1715  verkauft  Riemer  das  Gebäude  an  Otto Heinrich von Reichel, der es völlig umgestaltet, indem er  das  Hinterhaus  abbrechen  lässt  und  das  benach‐barte  Gebäude  in  der  Junkerngasse  in  das  Rybisch‐Haus  integriert.  1724  erwirbt  der  polnisch‐sächsische Feldmarschall Reichsgraf von Fleming das derart erweiterte Haus, das seine Erbin 1764 an den Gouverneur von Breslau, General Friedrich Bogislaw von  Tauentzien,  verkauft.  Um  die  Wende  des  Jahr‐hunderts  ‐  nach  1791,  dem Todesjahr Tauentziens  ‐ befindet  sich das Haus  im Eigentum des Kaufmanns August  Friedrich  Lübbert,  der  die  Fassaden der  bei‐den  Häuser  vereinheitlicht  ‐  jedoch  unter  Beibehal‐tung des Portals. "So ist von dem ursprünglichen Bau nur das Portal nebst dem zugehörigen rechts befind‐lichen aus drei Pilastern bestehenden Teile der Fas‐sade,  welches  heut  den  Eingang  zur  Konditorei  von vorm. Perini bildet, erhalten", beklagt Foerster 1907 den  Zustand  des  Gebäudes[127].  Die  Aufnahme  des Portals  (Abb.  4)  ‐  vor  1907  entstanden  ‐  zeigt  das Portal in seinem inneren oberen Teil und den inneren Seitenteilen  abgedeckt  durch  das  Firmenschild  und durch  Firmenmedaillons.  Beseitigt  ist  der  zwischen dem linken Fenster und dem Portal ehemals vorhan‐dene Segmentgiebel, in dessen Mitte sich das Wappen Rybischs befand. Ebenfalls entfernt sind die Portrait‐medaillons von Rybisch und seiner Frau Anna sowie die  Inschrifttafel unter dem rechten Fenster, Details, die während der ersten Restaurierung zwischen den Jahren  1956  und  1958  wieder  angebracht  worden sind. Die Aufnahme zeigt auch, dass die von Foerster beschriebene  Eingangstür  zwischen  den  rechten  Pi‐lastern noch nicht gebrochen war. Von Perini ging die Konditorei auf die Hofkonditorei S. Brunies, die spä‐tere Konditorei S. Brunies, über, die bis 1945 hier zu finden war. Das Gebäude gehörte zu dieser Zeit wohl der  Allianz‐Lebensversicherung  und  der  Stuttgarter Lebensversicherungs‐Bank AG, Berlin[128]. 

Während des Zweiten Weltkrieges nahm das Gebäu‐de, das schon  lange nicht mehr die domus des Hein‐rich Rybischs gewesen war, erheblichen Schaden. Das Portal  ‐  erfreulicherweise  nur  leicht  beschädigt  ‐ wurde restauriert, und die Fassade unterhalb des ers‐

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ten Stockwerkes wurde mit zum Teil unzulänglichen Mitteln wieder  annähernd  in  den Zustand  von 1530 versetzt.  Die  durchgreifende  Sanierung  und  Restau‐rierung  des  Jahres  1997  lassen  das  Portal  und  die Fassade  unterhalb  des  ersten  Stockes wieder  in  der Schönheit des mos italicus von Heinrich Rybisch Phi‐localos  und  seinem  anonymen  Meister  erstrahlen. Wieder  kann  trefflich  darüber  gemutmaßt  werden, warum Rybisch sein Portrait mehrfach am Portal hat anbringen lassen, ob die auf den Pilastern des Portals zu  sehende Geburtsszene  (Abb. 5) die Geburt  seines Lieblingssohnes  Seifried  darstellen  soll,  der  im  Jahr der Fertigstellung des Portals geboren wurde, und ob die Szene als Apotheose der Mutterschaft, als die na‐türliche Berufung der  Frau  verstanden werden  soll?[129] Oder ist sie schlicht eine Geburtsszene der Re‐naissance, wie sie auf italienischen Majoliken der Zeit durchaus  begegnet?[130]  Will  das  abgebildete  Füll‐horn auf den Segen Gottes aufmerksam machen, der auf dem Tun Rybischs lag, oder ist es ein Symbol für seinen  Wohlstand?  Bedeuten  die  abgebildeten  anti‐ken Waffen  dem  Eintretenden,  dass  hier  der  Schutz des  Hauses  über  die  Familie  beginnt,  oder  sind  sie nur  als  Rückgriff  auf  die  Antike  zu  verstehen  ‐  mit den  entsprechenden  italienischen  Vorbildern?  Fra‐gen,  denen  sich  die  Renaissance‐Forschung  anneh‐men bzw. nochmals annehmen sollte. Der Betrachter jedoch,  der  die  ehemalige  Junkerngasse  ‐  Jun‐kernstraße, die heutige ul. Ofiar Oswiecimskich, ent‐langgeht, wird von der Schönheit des vorzüglich res‐taurierten Portals (Abb. 6) angetan sein.  

Festakt am 15. Oktober 1998  

Am 15. Oktober 1998 wurde das Rybisch‐Haus in ei‐nem feierlichen Akt vom damaligen Chef des Bundes‐kanzleramtes, Bundesminister Friedrich Bohl,  in An‐wesenheit  des  Präsidenten  der  Philipps‐Universität Marburg, Prof. Dr. Dr.  h.c. Werner  Schaal,  des  Stadt‐präsidenten von Breslau, Bogdan Zdrojewski, und des Generalkonsuls  der  Bundesrepublik  Deutschland  in Breslau,  Dr.  Roland  Kliesow,  der  polnischen  Öffent‐lichkeit  übergeben.  Der  Autor  dieses  Aufsatzes  hielt die Festrede.  

 

 

 

Endnoten: 

[1] Vgl. dazu Rudolf Lenz, Schlesische  Impressionen, in: Orbis Linguarum, 5 (1996) S. 281‐292 sowie ders., Schlesische Impressionen ‐ Folge 2, in: ebd. 6 (1997) S. 289 ‐ 296.  

[2]  Richard  Foerster,  Heinrich  und  Seyfried  Ribisch und die Kunst  in Schlesien,  in:  Jahrbuch des Schlesi‐schen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer, 4 (1907) S. 88‐112, hier: Abbildung S. 89.  

[3] Ebd., S. 92. Vgl. Artur Kwasniewski, Dom mieszc‐zanski we Wroclawiu w okresie renesansu (Das Bür‐gerhaus  in  Breslau  in  der  Zeit  der  Renaissance), Wroclaw 1995, S. 110: "... fasada domu Rybischa zry‐wa  z  tradycja  gotyku,  zapoczatkowujac  na  Slasku nieznany dotychczas  typ artykulacji."  (... die Fassade des Rybisch‐Hauses durchbrach die gotische Traditi‐on und schuf einen  in Schlesien bisher unbekannten Typus  der  [baulichen]  Artikulation.),  S.  113:  "Takze belweder domu Rybischa byl we Wroclawiu dzielem odosobnionym."  (Auch  das  Belvedere  des  Rybisch‐Hauses stellte  in Breslau ein vereinzeltes Kunstwerk dar.)  

[4]  Wilhelm  Lübke,  Geschichte  der  Renaissance  in Deutschland, 2 Bde.,  Stuttgart 21882,  S. 166f.  (= Ge‐schichte der neueren Baukunst 2 u.  3). Vgl. Tadeusz Broniewski, Mieczyslaw Zlat,  Sztuka Wroclawia  (Die Kunst  Breslaus),  Wroclaw‐Warszawa‐Krakow  1967, S. 202: "Jeszcze i w nastepnych stuleciach podziwiano ten okazaly dom ..." (Man hat auch noch in den nach‐folgenden Jahrhunderten das prächtige Haus bewun‐dert ...).  

[5]  Marek  Delimat,  Zarys  problematyki  konserwa‐torskiej portalu  i elewacji pateru domu Henryka Ry‐bischa  we  Wroclawiu,  Wroclaw  1994;  zitiert  wird nach der deutschen Übersetzung, die dankenswerter‐weise Mgr. Krzysztof Ruchniewicz anfertigte, hier: S. 9. Vgl. Kwasniewski (wie Anm. 3), S. 109: "Druga pre‐kursorska  budowla  renesansowa  we Wroclawiu  byl dom Rybischa  ..." (Der zweite richtungsweisende Re‐naissancebau  in  Breslau  war  das  Rybisch‐Haus  ...), Broniewski/Zlat  (wie Anm.  4),  S.  201f.:  "Ten  zbudo‐wany w  latach 1526‐1531 dom, a wlasciwie palacyk miejski, nie mogl miec zadnych wzorow po tej stronie Alp."  (Das  in  den  Jahren  1526‐1531  erbaute  Haus, das eigentlich ein kleines Stadtpalais war, konnte auf 

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dieser Seite der Alpen kein Vorbild gehabt haben.)  

[6] Delimat (wie Anm. 5), S. 11.  

[7] Abgedruckt als Abb. 21  in: Marzena Smolak, Zer‐störung einer Stadt ‐ Breslau 1945, Wroclaw 1995.  

[8]  Gerhard  Scheuermann,  Das  Breslau‐Lexikon,  2 Bde., Dülmen 1994, hier: Bd. 2, S. 1414.  

[9] Delimat (wie Anm. 5), S. 11. 

[10]  Aufnahme  aus  der  Zeit  der  Jahrhundertwende, siehe Abb. 4.  

[11] Delimat (wie Anm. 5), S. 12.  

[12] Ebd.  

[13]  Gespräch  am  28.3.1996  im  Generalkonsulat  zu Breslau.  

[14] Bericht des Generalkonsulats vom 25.5.1996.  

[15]  Gespräch  am  12.7.1996  im  Generalkonsulat  zu Breslau.  

[16] Bericht des Generalkonsulats vom 3.12.1996.  

[17] Fax des Generalkonsulats vom 10.3.1997.  

[18] Das Geburtsdatum ist weder im Stadtarchiv Bü‐dingen noch im dortigen Fürstlichen Archiv zu ermit‐teln. Das hier angegebene stellte Foerster durch eine Rückrechnung  fest:  Auf  einem  Bildnis  Heinrich  Ry‐bischs  ist  sein  Todesdatum  mit  dem  10.  November 1544 und sein Sterbealter mit 59  Jahren, 7 Monaten und 17 Tagen  in der Bildumschrift angegeben,  siehe Foerster (wie Anm. 2), S. 106.  

[19]  Ders.,  Heinrich  und  Seyfried  Ribisch,  in:  Zeit‐schrift  des  Vereins  für  Geschichte  Schlesiens  41 (1907) S. 181‐240, hier: S. 237.  

[20] Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Klaus Pe‐ter  Decker,  Archivar  des  Fürsten  zu  Ysenburg  und Büdingen;  die  Steinmetzzeichen  ermittelte  dankens‐werterweise  der  Stadtarchivar  von  Büdingen,  Herr Hans‐Velten Heuson.  

[21] Archiv des Fürsten  zu Ysenburg und Büdingen: Klosterrechnungen  1484,  Ausgaben,  BüdA Rechnun‐gen Fasz. 1.  

[22] Archiv des Fürsten  zu Ysenburg und Büdingen: 

Kirchenbaurechnung  Marienkirche  1494  p.  5.  Vgl. auch Magnus Backes (Bearb.), Hessen, (=Georg Dehio ‐  Handbuch  der  Deutschen  Kunstdenkmäler),  Mün‐chen 21982, S. 114.  

[23] Archiv des Fürsten  zu Ysenburg und Büdingen: BüdA StuL 36/291, Feuer‐ und Alarmordnung für Bü‐dingen, um 1490, Stück I, p. 3 vo. Eine systematische Erforschung der Herkunft Heinrich Rybischs hat bis‐lang  noch  nicht  stattgefunden.  Die  hier  angeführten Daten sind Zufallsfunde aus dem Archiv des Fürsten zu  Ysenburg  und  Büdingen,  freundlicherweise  von Herrn Dr. Decker zur Verfügung gestellt.  

[24] Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Klaus Pe‐ter  Decker,  Archivar  des  Fürsten  zu  Ysenburg  und Büdingen.  

[25] Foerster (wie Anm. 19), S. 183.  

[26] Ebd., Anm. 20.  

[27]  Vorhanden  im Archiv  des  Fürsten  zu  Ysenburg und Büdingen, o. Sig.  

[28] Ebd., A II v.  

[29]  Georg  Erler  (Hg.),  Die  Matrikel  der  Universität Leipzig (Codex Diplomaticus Saxoniae Regiae), Bd. 1, S.  444:  Georgius  Schemeler  de  Budingen,  Hinricus Rippesch de Budingen.  

[30] Erler (wie Anm. 29), Bd. 2, S. 394.  

[31] Ebd., S. 427.  

[32] Klaus Peter Decker, Neue Erkenntnisse zur alten Büdinger Schloßkapelle, Vortrag (mit Dias), Büdinger Geschichtsverein,  18.  Januar  1994,  S.  16, (ungedrucktes  Manuskript).  Siehe  auch  Gustav Bauch, Beiträge zur Litteraturgeschichte des  schlesi‐schen Humanismus.  I.,  in: Zeitschrift des Vereins  für Geschichte  und  Alterthum  Schlesiens,  26  (1892)  S. 213‐248, hier: S. 239.  

[33] Foerster (wie Anm. 19), S. 184. Quodlibetanische Disputation  bezeichnet  ein  öffentliches  Streitge‐spräch  über  ein  beliebiges  Thema.  Vgl.  Broniewski/Zlat  (wie  Anm.  4),  S.  203:  "...  apoteoze [macierzynstwa]  przedstawil w  publicznym wyklad‐zie  na  uniwersytecie  w  Lipsku,  a  potem  opubliko‐wal." (... die Apotheose [der Mutterschaft] stellte er in einem  öffentlichen  Vortrag,  der  später  publiziert 

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Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz ∙ Restaurierungsprojekte in Schlesien 

wurde, an der Universität in Leipzig vor.)  

[34] Vgl. Foerster (wie Anm. 19), S. 186.  

[35] Decker (wie Anm. 32), S. 16.  

[36] Erler (wie Anm. 30), S. 445.  

[37] Ebd., S. 467.  

[38] Foerster (wie Anm. 19), S. 187.  

[39]  Freundliche  Mitteilungen  von  Frau  Grit  Laug‐witz,  Leiterin  des  Stadtarchivs  Bautzen,  vom 21.7.1997.  

[40]  Vgl.  Foerster  (wie  Anm.  19),  S.  187.  Vgl.  Bro‐niewski/Zalt  (wie Anm. 4), S. 188:  "Mecenat mieszc‐zanski  reprezentowaly  przede  wszystkim  wielkie rodziny kupieckie  ...,  zwlaszcza zas Henryk  i Seifried Rybischowie  ...  Henryk  Rybisch  (zm.  1544),  syndyk rady  miejskiej  i  radca  dworu  cesarskiego  ..."  (Das städtische  Mäzenatentum  wurde  vorwiegend  durch große  kaufmännische  Familien  repräsentiert  ...,  be‐sonders durch Heinrich und Seifried Rybisch ... Hein‐rich  Rybisch  (gest.  1544),  Syndikus  des  Stadtrates und  Rat  des  kaiserlichen  Hauses  ...).  Vgl.  Zygmunt Swiechowski  (Hg.),  Wroclaw.  Jego  dzieje  i  kultura (Breslau.  Seine  Geschichte  und  Kultur),  Warszawa 1978,  S.  209:  "...  mecenasi  sztuki  i  kolekcjonerzy: Henryk  i  Seyfried  Rybisch"  (...  Kunstmäzen  und Sammler: Heinrich und Seyfried Rybisch).  

[41] Norbert Conrads, Schlesiens frühe Neuzeit (1469‐1740),  in:  Ders.  (Hg.),  Schlesien  (=Deutsche  Ge‐schichte  im Osten Europas), Berlin 1994, S. 194. Die in der älteren Literatur für diese Zeit zu findende Ein‐wohnerzahl  von 30.000 wird  in neueren Darstellun‐gen nicht mehr angenommen.  

[42]  Ludwig  Petry,  Reformation  in  Schlesien,  in:  Ul‐rich Hutter, Hans‐Günther Paplies (Hgg.), Martin Lu‐ther und die Reformation in Ostdeutschland und Süd‐osteuropa  (=Beiheft  zum  Jahrbuch  für  schlesische Kirchengeschichte  8),  Sigmaringen  1991,  S.  59‐66, hier:  S.  59.  Vgl.  Swiechowski  (wie  Anm.  40),  S.  208: "W  wiek  XVI  wchodzil  Wroclaw  jako  jedna  z  glow‐nych  metropolii  Europy  Srodkowej,  zawdzieczajac swa pozycje posrednictwu handlowemu i tranzytowi towarow  miedzy  wschodnimi  i  zachodnimi  krajami kontynentu." (Breslau schritt in das XVI. Jahrhundert als eine der Hauptmetropolen  in Mitteleuropa. Diese 

Position  verdankt  es den Handelsvermittlungen und den  Transportstraßen  zwischen  den  östlichen  und westlichen Ländern des Kontinents.)  

[43] Conrads (wie Anm. 41), S. 196.  

[44] Foerster (wie Anm. 19), S. 237.  

[45]  Ludwig  Petry,  Breslau  in  der  frühen  Neuzeit  ‐ Metropole  des  Südostens,  in:  Zeitschrift  für  Ostfor‐schung 33 (1984), S. 162‐179, hier: S. 179.  

[46] Friedrich Gustav Adolf Weiß, Chronik der Stadt Breslau von der ältesten bis zur neuesten Zeit, Bres‐lau 1888‐1906, S. 779.  

[47] Ludwig Petry, Breslau  in der schlesischen Städ‐telandschaft des 16. Jahrhunderts,  in: Ders., Dem Os‐ten  zugewandt.  Gesammelte  Aufsätze  zur  schlesi‐schen Geschichte, Sigmaringen 1983, S. 315.  

[48] Foerster (wie Anm. 19), S. 210, bezeichnet Peter Rindfleisch  auf  Raßlawitz  als  ihren  Vater.  Oskar Pusch,  Die  Breslauer  Rats‐  und  Stadtgeschlechter  in der Zeit von 1241 bis 1741, (=Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ostmitteleuropa  an der Universität Dortmund B/38), Dortmund 1988, S. 389‐391, dage‐gen  sieht  dessen  Bruder  Christoph  als  ihren  Vater. Bestätigt  wird  dieser  Sachverhalt  durch  das  Testa‐ment Rybischs, in dem er von der "Großmutter Chris‐toph  Rindfleisch"  spricht  (Foerster,  S.  236).  Wie Pusch mitteilt, war die Familie Rindfleisch zwar sehr wohlhabend,  das  Geschlecht  gehörte  zu  den  bedeu‐tenden der Stadt und genoß großes Ansehen im Pat‐riziat, war aber in der Stadt höchst umstritten wegen Jahre  zurückliegender  ehrenrühriger  Händel.  So  ge‐hörte kein Rindfleisch dem Rat der Stadt an (S. 390).  

[49] Foerster (wie Anm. 19), S. 210, Anm. 3.  

[50] Ebd., S. 210.  

[51] Scheuermann (wie Anm. 8), Bd. 1, S. 713.  

[52] Foerster (wie Anm. 19), S. 211.  

[53] Bauch (wie Anm. 32), S. 238‐240. Ders., Beiträge zur Litteraturgeschichte des schles. Humanismus. III.  S.  162‐164. Wilhelm Hans Braun, Der Bildhauer von Düren  und  der  Steinmetz  Siffrit  Ribsche  von  Büdin‐gen,  in: Wetterauer Geschichtsblätter 3  (1954) S.63‐70. Wilhelm Dersch, Mainzer  und Wormser Kleriker als Breslauer Domherren im 14., 15. und 16. Jahrhun‐

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dert,  in:  Mainzer  Zeitschrift,  35  (1940)  S.  43‐49. Christian  Günder,  Rybisch  ‐  Vater  der  schlesischen Kunstgeschichte,  in:  Heimat  im  Osten  vom  5.  April 1961. Hans‐Velten Heuson, Die zwei Platten im Kanal gehörten  zum  Grabmal  des  Büdinger  Steinmetzen Seyfrit Ribisch, in: Heimat im Bild 23 (1996). Ein ver‐gessener  Büdinger  Gelehrter,  in:  Gießener  Anzeiger, 285 (1907). Ulrich Lampert, Ribisch, in: Hessische Fa‐milienkunde,  16  (1982)  S.10‐14.  Broniewski/Zlat, (wie Anm. 4), S. 183‐217.  

[54] Foerster (wie Anm. 19), S. 188.  

[55] Ebd., S. 240.  

[56] Ebd., S. 199f.  

[57] Ebd., S. 201.  

[58] Foerster (wie Anm. 2), S.110.  

[59] Foerster (wie Anm. 19).  

[60] Foerster (wie Anm. 2).  

[61] Ebd., S. 93.  

[62] Ebd., S. 98 und 102.  

[63]  Ebd.,  S.  93 Anm.  4.  Broniewski/Zlat,  (wie Anm. 4),  S.  190  und  206f.  Kwasniewski  (wie  Anm.  3),  S. 119.  Heinz  Günther  Meinert,  Das  Auftreten  der  Re‐naissance in Breslau, Diss. phil., Breslau 1935, S. 12.  

[64] Lübke (wie Anm. 4) Bd. 2, 3. Auflage, neu bear‐beitet von Albrecht Haupt, Eszlingen a.N. 1914, S. 145 u.179.  

[65] Ebd., S. 145.  

[66] Ebd., S. 178f.  

[67] Kurt Bimler, Die schlesische Renaissanceplastik, Breslau 1934.  

[68] Ebd., S. 46.  

[69] Meinert (wie Anm. 63).  

[70] Ebd., S. 86, Anm. 108.  

[71] Ebd.  

[72] Ebd., S. 71.  

[73] Ebd.  

[74]  Ludwig Burgemeister  und Günther Grundmann (Hgg.), Die Kunstdenkmäler der Stadt Breslau,  (=Die Kunstdenkmäler der Provinz Niederschlesien,  1: Die Stadt Breslau, T. 2), Breslau 1933.  

[75] Ebd., S.118.  

[76]  Vorhanden  im  Herder‐Institut  e.V.  und  in  der Universitätsbibliothek Marburg.  

[77] Comasken  ‐  Comacini  ‐ magistri  comacini: Bau‐meister,  Bildhauer  und  Steinmetzen  aus  den  Regio‐nen Como und Varese,  vornehmlich  im 16.  Jahrhun‐dert. Die Herkunftsbezeichnung weitet sich später auf das gesamte oberitalienische Seengebiet aus.  

[78]  Stefan  Kozakiewicz,  Poczatek  dzialalnosci  Ko‐maskow,  Tessynczykow  i  Gryzonczykow  w  Polsce. Okres Renesansu  (1520‐1580)  (Die Anfänge der Tä‐tigkeit  von Comasken,  Tessinern und Graubündnern in Polen in der Zeit der Renaissance (1520‐1580)), in: Biuletyn  Historii  Sztuki,  Jg.  XXI,  Nr.  1,  Warszawa 1959, S. 3‐29.  

[79] Ebd., S. 11.  

[80] Ebd.  

[81] Broniewski/Zlat (wie Anm. 4).  

[82] Ebd., S. 190.  

[83] Ebd., S. 201‐204.  

[84] Swiechowski (wie Anm. 40).  

[85] Broniewski/Zlat (wie Anm. 4), S. 202‐204.  

[86] Kwasniewski (wie Anm. 3), S. 136f.  

[87] Ebd., S. 136.  

[88] Foerster (wie Anm. 19), S. 188, Anm. 1.  

[89] Kwasniewski (wie Anm. 3), S. 110; Foerster (wie Anm. 2), S. 90ff.  

[90] Foerster (wie Anm. 2), S. 90.  

[91] Hans Vollmer (Hg.), Allgemeines Lexikon der bil‐denden  Künstler  von  der  Antike  bis  zur  Gegenwart, begründet  von  Ulrich  Thieme  und  Felix  Becker,  Bd. 35/36, München 1992, S. 484.  

[92] Scheuermann (wie Anm. 8), S. 1905.  

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[93]Foerster (wie Anm. 2), S. 90.  

[94] Foerster (wie Anm. 19), S. 234.  

[95] Ebd.,  S.  201. Der Ort  seiner Promotion  ist  nach Durchsicht einschlägiger Matrikelverzeichnisse nicht festzustellen. Foerster äußert die Vermutung, dass er bullatus war,  also die Doktorwürde vom Kaiser  ver‐liehen bekommen habe.  

[96] Ebd., S. 211.  

[97] Conrads (wie Anm. 41), S. 221.  

[98]  Ebd.,  S.  205.  Dieser  Vorwurf  findet  sich  auch noch in dem 1994 erschienenen Breslau‐Lexikon von Scheuermann (wie Anm. 8), S. 1414. Ob Rybisch das romanische Portal des 1529 abgebrochenen Vinzenz‐klosters  hat  retten  und  1546  ‐  zwei  Jahre  nach  sei‐nem  Tode  ‐  in  die  Südseite  der  Maria‐Magdalena‐Kirche einbauen  lassen, konnte nicht überprüft wer‐den.  

[99]  Autopsie  des  Verfassers.  Vgl.  Abschrift  bei Foerster (wie Anm. 2), S. 91.  

[100]  Janusz  Keblowski,  Renesansowa  rzezba  na Slasku 1500‐1560  (Die Renaissance‐Plastik  in Schle‐sien  1500‐1560),  Pozna(  1967,  S.  200.  Vgl.  Delimat (wie Anm. 5), S. 8.  

[101] Foerster (wie Anm. 2), S. 90.  

[102] Foerster (wie Anm. 19), S. 201‐210.  

[103] Freundliche Mitteilung von Frau Grit Laugwitz, Leiterin des Stadtarchivs Bautzen, vom 21.7.1997.  

[104] Foerster (wie Anm. 19), S. 207.  

[105]  Foerster  (wie  Anm.  2),  S.  96.  Werner  Güttel, Breslau,  Berlin  1929,  S.  65.  Janusz  Keblowski,  Mar‐murowe plyty nagrobne Stanislawa Sauera i Henryka Rybischa we Wroclawiu (Die Marmorgrabplatten von S.  Sauer  und  H.  Rybisch  in  Breslau),  in:  Biuletyn Historii Sztuki, Jg. XXI, Nr. 2, Warszawa 1959, S. 234‐236. Lübke (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 164f. Swiechowski (wie Anm. 40), S. 226f.  

[106] Foerster (wie Anm. 19), S. 214, Anm. 1.  

[107] Autopsie des Verfassers.  

[108] Conrads (wie Anm. 41), S. 231f.  

[109]  Friedhelm  Wilhelm  Fischer,  Die  spätgotische Kirchenbaukunst  am  Mittelrhein  1410‐1520, (=Heidelberger  Kunstgeschichtliche  Abhandlungen N.F. 7), Heidelberg 1962, S. 135,  sieht Siffrit Ribsche (Siegfried Rybisch) gar als Begründer einer Büdinger [Bau‐]Schule  und weist  ihm den Bau  der Marienkir‐che zu Büdingen als Baumeister und Steinmetzen zu, der  stil‐  und  schulbildend  für andere Kirchenbauten in  diesem  Raum  gewirkt  habe.  Klaus  Peter  Decker, Pfarrgeschichte und Kirchenpolitik.  Zum Kirchenwe‐sen zwischen Mittelalter und Reformation,  in: 1491‐1991.  500  Jahre  Marienkirche  Büdingen,  Büdingen 1991,  S.  14‐45,  bezeichnet  Rybisch  zurückhaltender als einen "begabten Künstler der Spätgotik" (S. 32).  

[110]  Der  Stein  ist  zwischen  173  cm  und  175  cm hoch, 100 cm breit und 23 cm tief. Er wurde fast ge‐nau  in  der  Mitte  gespalten.  Die  Beschädigungen  in der Inschrift wurden durch [ ] kenntlich gemacht. Der Verfasser  dankt  dem  Stadtarchivar  von  Büdingen, Herrn Hans‐Velten Heuson, für den freundlichen Hin‐weis  auf  das  Epitaph  des  Siegfried  Rybisch  und  für die  liebenswürdige  Überlassung  weiteren  Materials zu Vater und Sohn Rybisch.  

[111]  Über  der  Inschrift  hat  Rybisch  sein  Wappen und das seines Vaters anbringen lassen. Das Wappen seines  Vaters  zeigt  das  Werkzeug  des  Steinmetzen, das Winkeleisen und die Fläche und ist bis auf dieses Vorkommen nicht bekannt. Vielleicht hat es Heinrich Rybisch ebenso entworfen wie auch die Inschrift.  

[112] Foerster (wie Anm. 2), S. 88.  

[113] Foerster (wie Anm. 19), S. 212. Ein Adelsprädi‐kat  ist  für  Rybisch  nicht  belegt,  obzwar  Ernst  Hein‐rich  Kneschke  (Hg.),  Neues  allgemeines  Deutsches Adels‐Lexicon, 9 Bde., Leipzig 1859‐1870, die Familie fälschlich  als  altes,  schlesisches  Adelsgeschlecht  be‐zeichnet  (Bd.  7,  S.  496).  Auch  Christian  Gottlieb  Jö‐cher  (Hg.),  Algemeines  Gelehrten‐Lexicon,  11  Bde., Leipzig  1750‐1897,  sieht  ihn  bürgerlich  (Bd.  3,  Sp. 2331),  ebenso  Johann Heinrich  Zedler,  Grosses  voll‐ständiges  Universal‐Lexikon,  68  Bde.  Halle‐Leipzig 1732‐1754,  hier:  Bd.  32,  Sp.  2070,  und  Pusch  (wie Anm. 48), S. 419.  

[114] Ebd., S. 420f.  

[115] Foerster (wie Anm. 19), S. 227.  

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[116] Ebd., S. 239.  

[117]  Pusch  (wie  Anm.  48),  S.  422f.  Foerster  (wie Anm.  19),  S.  216,  bezeichnet  die  zweite Ehe  als  kin‐derlos,  obgleich  im  Testament  auf  die  Kinder  der zweiten Ehe hingewiesen wird.  

[118] Heinz Stoob, Peter Johanek (Hgg.), Schlesisches Städtebuch,  (=Deutsches  Städtebuch  1),  Stuttgart‐Berlin‐Köln 1995, S. 26.  

[119] Vgl. Anm. 18.  

[120] Foerster (wie Anm. 19), S. 231.  

[121] Ebd., S. 231‐240.  

[122] Ebd., S. 234.  

[123] Vielleicht schimmert hier noch der alte Glaube an  die  Kraft  der  guten  Werke  für  das  Seelenheil durch.  

[124] Foerster (wie Anm. 19), S. 236.  

[125]  Ebd.,  S.  237.  Die  folgenden  Angaben  zur  Ge‐schichte  des  Hauses  nach  Foerster  (wie  Anm.  2),  S. 91.  

[126] Die folgenden Angaben zur Geschichte des Hau‐ses, ebd., S. 91.  

[127] Ebd., S. 92.  

[128] Scheuermann (wie Anm. 8), S. 1414.  

[129] Broniewski/Zlat (wie Anm. 4), S. 203.  

[130] Foerster  (wie Anm. 2),  S.  93.  Für die Überset‐zung der polnischen Texte dankt der Verfasser seiner Mitarbeiterin Frau Katarzyna Jochemczyk.  

 

 

 

 

 

 

 

 

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  Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz   Philipps‐Universität Marburg / Universität Breslau   Bunsenstrasse 3   D‐35032 Marburg   Tel.: +49 ‐ (0)6421 ‐ 28‐24040 / ‐23800   E‐Mail: [email protected]‐marburg.de 

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Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz ∙ Restaurierungsprojekte in Schlesien 

Die Restaurierung des Rybisch‐Hauses in Breslau 

Das Portal des Rybisch-Hauses vor der

Restaurierung (Aufnahme Marek Delimat

1994).

Portal und Fassade während der Restau-rierungsarbeiten im Juli 1997 (Aufnahme des Verfassers).

Das Grabmal (1534-1539) Heinrich Rybischs in der Elisabethkirche nach ihrer Wiedereröff-

nung im Jahr 1997 (mit freundlicher Genehmi-gung des Bildarchivs des Herder-Instituts,

Marburg).

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Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz ∙ Restaurierungsprojekte in Schlesien 

Die Restaurierung des Rybisch‐Hauses in Breslau 

Portal und die Fassade des Rybisch-Hauses um die Jahrhundertwende (mit freundlicher Genehmigung des Bildar-chivs des Herder-Instituts, Marburg) .

Geburtsszene auf dem rechten äußeren Pi-laster nach der Restaurierung (Aufnahme Eva-Maria Dickhaut)

Portal und Fassade nach der Restaurie-rung im Oktober 1998 (Aufnahme des

Verfassers)

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Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz ∙ Restaurierungsprojekte in Schlesien 

Die Einweihung des restaurierten Rybisch‐Hauses am 15. Oktober 1998 in Breslau 

Friedrich Bohl, der Chef des Bundeskanz-leramtes, kommt auf dem Breslauer Flug-

platz an

Der Autor dieses Aufsatzes während seiner Rede anlässlich der Enthüllung der Ge-denktafel im Rybisch-Haus; rechts der Breslauer Oberbürgermeister Bogdan Zdrojewski

Friedrich Bohl während seiner Rede im Rybisch-Haus; links der damalige Generalkonsul Dr. Ro-

land Kliesow, rechts der damalige Präsident der Philipps-

Universität Marburg, Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Schaal

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Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz ∙ Restaurierungsprojekte in Schlesien 

Die Einweihung des restaurierten Rybisch‐Hauses am 15. Oktober 1998 in Breslau 

Besichtigung des in der Restaurierung befindlichen Rybisch-Epitaphs in der Elisabeth-Kirche zu Breslau; rechts der Beauftragte für Kultur des deutschen Generalkonsulats in Breslau, Rai-

ner Sachs, daneben die Restauratorin Mgr. Jolanta Marosik

Projektleiter Prof. Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz zeigt dem Chef des Bundeskanzleramtes Friedrich Bohl, den ehemaligen Blücher-

platz, den heutigen Salzplatz.