besonderheiten beim handel mit biomethan - · pdf filequelle: agentur für erneuerbare...

3
Quelle: Agentur für Erneuerbare Energien energie | wasser-praxis 2/2009 22 TECHNIK Besonderheiten beim Handel mit Biomethan Es ist inzwischen kein Geheimnis mehr, dass die Aufbereitung von Biogas auf Erdgasqualität mit an- schließender Einspeisung in das Erdgasnetz häufig eine sowohl ökonomisch als auch ökologisch vor- teilhafte Alternative ist. Die räumlich und zeitlich von der Erzeugung entkoppelte Nutzung des Gases ermöglicht oftmals erst die effiziente Verstromung im KWK-Betrieb. Da für die Bewerkstelligung dieser Entkopplung neben Kenntnissen im Gashandel auch spezifisches und komplexes Biogas-Know-how erforderlich ist, hat die bmp greengas GmbH – zugleich Deutschlands erster Biomethanhändler – hier- zu das Geschäftsmodell einer bundesweiten Handelsplattform entworfen und umgesetzt. on der Abwicklung her unterscheidet sich der Biogashandel zunächst nicht wesentlich von dem Handel mit klassi- schem, fossilem Erdgas: Jede in ein öffent- liches Gasnetz einspeisende Biomethan- anlage ist ein physischer Einspeisepunkt, dessen Kapazität in einen Bilanzkreis ein- gebracht wird. Für den grundsätzlichen Gasnetzzugang muss die Biomethananla- ge einen Netzanschluss- und -nutzungs- vertrag mit dem Einspeisenetzbetreiber schließen, der die Modalitäten des Netzzu- gangs regelt. Um den Transport des Bio- methans von der Einspeisestelle in einen Bilanzkreis zu organisieren, schließt der Transportkunde mit dem Einspeisenetzbe- treiber einen Einspeisevertrag ab, in dem unter anderem auch die Auszahlung der vermiedenen Netzentgelte gemäß § 20a der Gasnetzentgeltverordnung geregelt wird. Für die Einspeisung gibt es zwei ver- schiedene Möglichkeiten: Die Einspeisung kann in einen normalen Erdgasbilanzkreis erfolgen oder in einen besonderen Biogas- Bilanzkreis gemäß § 41e der Gasnetz- zugangsverordnung. Dieser besondere Biogas-Bilanzkreis ermöglicht einen erwei- terten Bilanzierungszeitraum von zwölf Monaten und einen Flexibilitätsrahmen von 25 Prozent der im Jahresverlauf einge- speisten Biogasmenge. Anschließend kann das Biomethan am virtuellen Han- delspunkt gehandelt, marktgebietsüber- greifend transportiert oder an einer physi- schen Ausspeisestelle aus dem Gasnetz entnommen werden. Beim Handel mit Biomethan gibt es aller- dings auch zahlreiche Besonderheiten zu beachten. Entgegen der landläufigen Mei- nung und anders als das kontinuierlich aus Pipelines strömende Erdgas funktioniert die Einspeisung von Biomethan keineswegs als Band. Prozessbedingt, aber auch durch unvorhersehbare Störungen und planmäßi- ge Wartungen zeigt sich die Einspeisezeit- reihe in der Praxis eher als ein Flattern zwi- schen 0 und 120 Prozent des durchschnitt- lichen erwarteten Wertes. Da die genaue Einspeisemenge immer erst ex-post be- kannt ist, wären bei der Bilanzierung in ei- nem Erdgasbilanzkreis bereits hohe Auf- wendungen für Ausgleichsenergie notwen- dig. Durch die Einräumung des erweiterten Bilanzausgleichs im Biogas-Bilanzkreis V

Upload: phamthu

Post on 06-Feb-2018

214 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Besonderheiten beim Handel mit Biomethan - · PDF fileQuelle: Agentur für Erneuerbare Energien 22 energie | wasser-praxis 2/2009 TECHNIK Besonderheiten beim Handel mit Biomethan Es

Que

lle: A

gent

ur fü

r Ern

euer

bare

Ene

rgie

n

energie | wasser-praxis 2/200922

TECHNIK

Besonderheiten beim Handel mit Biomethan

Es ist inzwischen kein Geheimnis mehr, dass die Aufbereitung von Biogas auf Erdgasqualität mit an-

schließender Einspeisung in das Erdgasnetz häufig eine sowohl ökonomisch als auch ökologisch vor-

teilhafte Alternative ist. Die räumlich und zeitlich von der Erzeugung entkoppelte Nutzung des Gases

ermöglicht oftmals erst die effiziente Verstromung im KWK-Betrieb. Da für die Bewerkstelligung dieser

Entkopplung neben Kenntnissen im Gashandel auch spezifisches und komplexes Biogas-Know-how

erforderlich ist, hat die bmp greengas GmbH – zugleich Deutschlands erster Biomethanhändler – hier-

zu das Geschäftsmodell einer bundesweiten Handelsplattform entworfen und umgesetzt.

on der Abwicklung her unterscheidetsich der Biogashandel zunächst nicht

wesentlich von dem Handel mit klassi-schem, fossilem Erdgas: Jede in ein öffent-liches Gasnetz einspeisende Biomethan-anlage ist ein physischer Einspeisepunkt,dessen Kapazität in einen Bilanzkreis ein-gebracht wird. Für den grundsätzlichenGasnetzzugang muss die Biomethananla-ge einen Netzanschluss- und -nutzungs-vertrag mit dem Einspeisenetzbetreiberschließen, der die Modalitäten des Netzzu-gangs regelt. Um den Transport des Bio-methans von der Einspeisestelle in einenBilanzkreis zu organisieren, schließt derTransportkunde mit dem Einspeisenetzbe-treiber einen Einspeisevertrag ab, in demunter anderem auch die Auszahlung der

vermiedenen Netzentgelte gemäß § 20ader Gasnetzentgeltverordnung geregeltwird. Für die Einspeisung gibt es zwei ver-schiedene Möglichkeiten: Die Einspeisungkann in einen normalen Erdgasbilanzkreiserfolgen oder in einen besonderen Biogas-Bilanzkreis gemäß § 41e der Gasnetz-zugangsverordnung. Dieser besondereBiogas-Bilanzkreis ermöglicht einen erwei-terten Bilanzierungszeitraum von zwölfMonaten und einen Flexibilitätsrahmen von25 Prozent der im Jahresverlauf einge-speisten Biogasmenge. Anschließendkann das Biomethan am virtuellen Han-delspunkt gehandelt, marktgebietsüber-greifend transportiert oder an einer physi-schen Ausspeisestelle aus dem Gasnetzentnommen werden.

Beim Handel mit Biomethan gibt es aller-dings auch zahlreiche Besonderheiten zubeachten. Entgegen der landläufigen Mei-nung und anders als das kontinuierlich ausPipelines strömende Erdgas funktioniert dieEinspeisung von Biomethan keineswegsals Band. Prozessbedingt, aber auch durchunvorhersehbare Störungen und planmäßi-ge Wartungen zeigt sich die Einspeisezeit-reihe in der Praxis eher als ein Flattern zwi-schen 0 und 120 Prozent des durchschnitt-lichen erwarteten Wertes. Da die genaueEinspeisemenge immer erst ex-post be-kannt ist, wären bei der Bilanzierung in ei-nem Erdgasbilanzkreis bereits hohe Auf-wendungen für Ausgleichsenergie notwen-dig. Durch die Einräumung des erweitertenBilanzausgleichs im Biogas-Bilanzkreis

V

Page 2: Besonderheiten beim Handel mit Biomethan - · PDF fileQuelle: Agentur für Erneuerbare Energien 22 energie | wasser-praxis 2/2009 TECHNIK Besonderheiten beim Handel mit Biomethan Es

energie | wasser-praxis 2/2009 23

trägt der Gesetzgeber diesem UmstandRechnung. Eine Handelsplattform kann indiesem Fall durch das Gesetz der großenZahl Risiken minimieren (Abb. 1).

In der Praxis ist es nicht oft der Fall, dassEin- und Ausspeisung in ein und demselbenBilanzkreis abgebildet werden. Die meistenVerbraucher werden von einem Grundver-sorger beliefert, welcher selbst gar keineBiogasmengen produziert. In diesen Fällenwird das Biomethan am virtuellen Handels-punkt des jeweiligen Marktgebiets in denBilanzkreis des Versorgers übertragen.Auch hier gibt es die Möglichkeit, die Men-gen in einen Erdgas-Bilanzkreis oder in ei-nen Biogas-Bilanzkreis zu übertragen. Um-gekehrt allerdings ist die Übertragung auseinem Erdgas-Bilanzkreis in einen Biogas-Bilanzkreis nicht möglich. Die Regularienund Kosten des virtuellen Handelspunktesunterscheiden sich beim Biomethanhandelnicht vom Handel mit fossilem Erdgas.

Bedingt durch die nach wie vor sehr großeZahl an Marktgebieten in Deutschland sind

auch im Handel mit Biomethan marktge-bietsübergreifende Transporte unvermeid-bar. Biomethanhändler können hier von § 41d der Gasnetzzugangsverordnungprofitieren, der die Netzbetreiber verpflich-tet, Biogas vorrangig zu transportieren. Dieoftmals schon auf Jahre ausgebuchtenGrenzkopplungspunkte zwischen denMarktgebieten stellen für marktgebiets-übergreifende Biomethantransporte somitein geringeres Hindernis dar. Es ist jedochzu beachten, dass der Handel mit Biome-than bei Überschreiten mehrerer Marktge-biete unwirtschaftlich werden kann, da sichdie Gebühren, die sich jeweils aus demExit-Entgelt des zu verlassenden Marktge-biets und dem Entry-Entgelt des aufneh-menden Marktgebiets zusammensetzen,nicht von denen beim Transport mit Erdgasunterscheiden. Auch steht noch nicht fest,wie die Bilanzkreisnetzbetreiber bei markt-gebietsübergreifenden Transporten dieBiogas-Eigenschaft des übertragenen Ga-ses kontrollieren werden, da derzeit nochkein einheitlicher Standard zur Erkennungvon Biogas-Bilanzkreisen existiert.

Es liegt auf der Hand, dass, obwohl theore-tisch möglich, die beschriebenen Leistun-gen meist weder vom Betreiber der Biome-thananlage noch vom Letztverbraucher desBiomethans erbracht werden können. DieErfahrung zeigt aber auch, dass die klassi-schen Erdgashändler derzeit nicht oder nursporadisch auf dem Markt aktiv sind, da dieauf dem Markt frei gehandelten Biogasmen-gen, bezogen auf den Gesamtmarkt, (noch)extrem gering sind. Weiterhin fehlt diesen oftdie notwendige Fokussierung für die weite-ren im Biogashandel zu erbringenden Leis-tungen. Wenn der verstromende Letztver-braucher für die erzeugte Strommenge dieVergütung gemäß dem Erneuerbare-Ener-gien-Gesetz (EEG) erhalten will, ist daswichtigste Element der Herkunftsnachweis.

Obwohl das an der Ausspeisestelle ent-nommene Gas in den meisten Fällen phy-sisch Erdgas ist, erlaubt das EEG die Ver-stromung im so genannten Gasabtausch:„Aus einem Gasnetz entnommenes Gasgilt als Biomasse, soweit die Menge desentnommenen Gases im Wärmeäqui-

Monate01 1206

kWh

Monate01 1206

kWh

Monate01 1206

kWh

Monate01 1206

kWh

Monate01 1206

kWh

Monate01 1206

kWh

Monate01 1206

kWh

01 1206

kWh

01 06

kWh

Abb. 1: Risikomanagement

Que

lle: b

mp

gree

ngas

Gm

bH

ZFA • EDM • Software & Services

GeneSys GmbHMüller-Breslau-Str. 30 a • 45130 EssenTel.: 02 01/89 54 54-0 • Fax: 02 01/89 54 [email protected] • genesys-e.de

Probleme mit GABI-Gas ?

Wir regeln das für Sie.

ZFA & Energiedatenmanagement sind unsere Kernkompetenz. Deshalb sind wir seit Jahren ein anerkannter und zuverlässiger Partner der Energiewirtschaft.

Page 3: Besonderheiten beim Handel mit Biomethan - · PDF fileQuelle: Agentur für Erneuerbare Energien 22 energie | wasser-praxis 2/2009 TECHNIK Besonderheiten beim Handel mit Biomethan Es

energie | wasser-praxis 2/200924

TECHNIK

valent am Ende des Kalenderjahres derMenge von Gas aus Biomasse entspricht,das an anderer Stelle im Geltungsbereichdes Gesetzes in das Gasnetz eingespeistworden ist“ (§ 27 Abs. 2 EEG). DiesenNachweis muss der Letztverbraucher ge-genüber seinem Stromnetzbetreiber (§ 46EEG) und dieser wiederum gegenüber sei-nem Übertragungsnetzbetreiber (§ 47EEG) erbringen (Abb. 2). Für diesen Nach-weis ist die bloße Abrechnung des Biome-thanlieferanten nicht ausreichend, für ein-zelne Vergütungsstufen ist sogar das Tes-tat eines Umweltgutachters erforderlich.Für die Erbringung dieses Herkunftsnach-weises hat die bmp greengas GmbH einmehrstufiges Verfahren entwickelt, dasden Weg von der Erzeugung bis zur Nut-zung des Biogases abbildet. Am Ende ei-nes Kalenderjahres erhalten die Kundeneine von einem unabhängigen Sachver-ständigen testierte Bescheinigung, welchedie abgenommene Menge und die jeweilsvereinbarte Biogas-Qualität nach den ge-setzlichen Kriterien aus EEG und GasNZVzertifiziert.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied zumHandel mit Erdgas ist die Produktvielfalt,die sich beim Handel mit Biomethanzwangsläufig ergibt. Grundlage hierfür istwiederum das EEG, das unterschiedlicheBiogas-Qualitäten mit unterschiedlich ho-hen Vergütungssätzen fördert. Bekann-testes Beispiel hierfür ist der NawaRo-Bo-nus. Dieser beträgt je nach Größe derstromerzeugenden Einheit 0 bis 7ct/kWhel und fördert den Einsatz vonnachwachsenden Rohstoffen in der Bio-

gaserzeugungsanlage. Ein mittelgroßesBlockheizkraftwerk (BHKW), das zur Ver-stromung Biomethan aus nachwachsen-den Rohstoffen einsetzt, bekommt für je-de erzeugte Kilowattstunde also siebenCent mehr an Vergütung als ein ansonstenidentisches BHKW, das bei der Verstro-mung Biomethan aus biogenen Reststof-fen einsetzt. Der NawaRo-Bonus definiertfolglich eine mögliche Biomethan-Pro-duktqualität. Ähnlich verhält es sich mitdem Technologie-Bonus. Auch hier hängtder Vergütungssatz eines BHKWs von de-finierten Eigenschaften der Erzeugungs-anlage ab. Je nach Größe der Gasaufbe-reitungsanlage kann für Biomethan ent-weder ein Null-, Ein- oder Zwei-Cent-Technologie-Bonus beansprucht werden.

Ein weiteres Beispiel ist der Landschafts-pflege-Bonus, der gewährt wird, wenn inder Erzeugung überwiegend Pflanzen oderPflanzenbestandteile eingesetzt werden,die im Rahmen der Landschaftspflege an-fallen. Da die einzelnen Boni teilweise auchkombiniert werden können, ergibt sich füreinen Biomethanhändler, der Biomethanvon verschiedenen Quellen bezieht, eineVielzahl von unterschiedlichen Produkten.Die bmp greengas GmbH handelt heutebereits mit Biomethan in vier unterschied-lichen Qualitäten.

Im Bilanzkreis lassen sich die einzelnenQualitäten nicht unterscheiden, eine Kilo-wattstunde „NawaRo-Biomethan“ und ei-ne Kilowattstunde „Landschaftspflege-Biomethan“ beispielsweise erscheinen ein-fach als zwei Kilowattstunden Biomethan.

Auch wenn es derzeit noch keine derarti-gen Aufbereitungsanlagen in Deutschlandgibt, dürfte sogar Klärgas als Biogas in ei-nen Biogas-Bilanzkreis eingespeist wer-den. Der Bilanzkreis ist als Instrument fürAbrechnung und Controlling im Biome-thanhandel folglich nicht zu verwenden.Auch bestehende IT-Lösungen für denGashandel lassen sich im Biomethanhan-del nur sehr eingeschränkt verwenden.Neben der Produktvielfalt stellen vor allemdie neuen Regeln der Bilanzierung im Bio-gas-Bilanzkreis Softwarelösungen derzeitvor große Herausforderungen.

Der Handel mit Biomethan ist ein sich neuentwickelnder Markt. Seit Dezember 2006sind rund 15 Biogasanlagen mit Einspei-sung ins Erdgasnetz realisiert worden. An-gesichts der erwarteten Wachstumsratenim Biomethanhandel – Ziel der Bundesre-gierung ist es, bis zum Jahr 2020 sechsMilliarden Kilowattstunden Biomethan indas Erdgasnetz einzuspeisen (§41aGasNZV) – wird der Biomethanhandel sei-ne Nische jedoch zunehmend vergrößernund einen festen Platz in der Energiewirt-schaft erlangen.

Autor:Dipl.-Kfm. (Int.) Univ. Robin Geislerbmp greengas GmbHNymphenburger Str. 4880335 MünchenTel.: 089 3090587-210Fax: 089 3090587-888E-Mail: [email protected]: www.bmp-greengas.de ■

Verteilnetz-betreiber

Übertragungs-netzbetreiber

Abb. 2: Herkunftsnachweis

Que

lle: b

mp

gree

ngas

Gm

bH