bodo mai 2011
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Die Mai-Ausgabe des Straßenmagazins.TRANSCRIPT
1
1.80 EuroMai 2011 | 90 Cent für den Verkäufer
08 | Sabine Brandi | Radio, Rückzüge, richtiges Atmen
16 | Blind Date beim BVB | Mit Sehbehinderten im Stadion
28 | Täter-Opfer-Ausgleich | Das schwerste Wort: Entschuldigung
21 | 18 Verlosungen | z.B. Arrested Development im Bahnhof Langendreer
Das Straßenmagazin
bodo
2
EDITORIAL
BODO E.V. – SO ERREICHEN SIE UNS
Herausgeber und Verleger:
bodo e.V.
Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
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Autoren:
Bianka Boyke (bb), Volker Dornemann (vd), Peter
Erik Hillenbach (perik), Wolfgang Kienast (wk),
Maike, Nina Mühlmann (nm), Marcus Preis
(mp), Bastian Pütter (bp), Rosi, Benedikt
von Randow (bvr), Dr. Birgit Rumpel (biru),
Barbara Underberg (bu)
Fotos: Claudia Siekarski (S.2,3,4,5,6,7,12,
18,19,28,29,31,32,38,39), Bastian Pütter (S.7),
Andre Noll (S.3,7,8,9,10,11), Standout (S.6),
Wolfgang Kienast (S.3,16,17,18), Barbara
Underberg (S.3,33), Jürgen Spiler (S.12)
Titelbild: Claudia Siekarski
Zeichnungen und Cartoon: Volker Dornemann
Druck: Gebr. Lensing GmbH & Co. KG.
Auflage | Erscheinungsweise:
11.000 Exemplare
Bochum, Dortmund und Umgebung
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für die Juni-Ausgabe 10.05.2011
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IMPRESSUM
02
Liebe bodo-Leserinnen und -Leser,
herzlich Willkommen zu unserer Mai-Ausgabe. Wir
freuen uns über ein Heft mit schönen, emotio-
nalen, skurrilen Geschichten und dem ein oder
anderen kritischen Zwischenruf. Wir waren mit
Journalistin und „Radiostimme“ Sabine Brandi
im Park spazieren, haben uns in unserer Reihe
„Straßenleben“ große Jungs und ihre noch größere
Carrera-Bahn angesehen und uns berichten lassen,
wie auf der Baustelle Dortmunder U überhaupt
Ausstellungen durchgeführt werden können.
Mit dem Sehbehinderten-Fanclub „Blind Date“ des
BvB hörten wir uns den Heimsieg gegen Hannover im
Stadion an und einen jungen Gewalttäter begleiten
wir bei seiner Entschuldigung im Rahmen eines Täter-
Opfer-Ausgleichs.
Und das Dauerthema Dortmunder Nordstadt?
Nach hektischen Monaten ist so etwas wie eine
Atempause eingetreten. Vielleicht ist es nur die
Wartezeit bis zur Entscheidung des Regierungsprä-
sidenten über den Straßenstrich, die zum Redakti-
onsschluss noch nicht vorlag, vielleicht wird aber
auch bald schon wieder die nächste Randgruppe
durchs Dorf gejagt. Vor den Arbeitsmigranten aus
Südosteuropa und der Behauptung, sie verschwän-
den wenn man ihnen die einzig legale Einnahme-
quelle Prostitution nähme, waren es „Trinker“ und
„Junkies“, die gemeinsam für das Elend im Norden
verantwortlich gemacht wurden. Für beide sollte
ein „Trinkraum“ her – Tür zu, Nordstadt schön.
Auch das wird wiederkommen, wir warten.
Die Dortmunder Medienkampagne zu „Ekelhäusern“
und „Bulgarenbanden“ ist bei bodo immer wieder The-
ma. Voller Begeistung wurde in der Tagespresse z.B.
ein privater Sicherheitsdienst präsentiert, mit dem
Hausverwaltungen sich ins Recht setzten, mietsäumi-
ge bulgarische Familien vor die Tür zu setzen. In die
Obdachlosigkeit – das stand nicht in der Tageszeitung.
Die von den Zeitungskollegen martialisch arran-
gierten Bomberjacken gehören zu einer Firma,
deren „Hobby“ es ist, immer wieder verbotene
sogenannte „Free Fights“ auszutragen, Kämpfe
fast ohne Regeln, bei denen es immer wieder zu
schweren Verletzungen und Todesfällen kommt.
Das stand auch nicht in der Tageszeitung.
Ebenfalls vermisst haben wir die Berichterstattung
darüber, wie die Sanierungsarbeitern vorangehen,
die der vorgeschobene Grund für die Räumungen
waren. Im längst vor dem Ankommen der Zuwande-
rer verwahrlosten Haus in der Mallinckrodtstraße
317 ist außer einer neuen Tür nichts verändert. Von
Renovierungsarbeiten keine Spur, auch das große
Wandgrafitti „Gypsies out“ – „Zigeuner raus“ hat
die Hausverwaltung nicht entfernt. Es lässt sich ja
auch übersetzen mit „Zigeuner draußen“. Ab Seite
32 zeigt Barbara Underberg, wo das eigentliche
Problem bei Nordstadthäusern liegt: Beim Umgang
der Besitzer mit ihren Immobilien.
Bilder von unserem Tag der Offenen Tür in Bochum
am 29. April und von unseren Aktionen zum Ersten
Mai in Dortmund finden Sie auf www.bodoev.de und
auf unserer Facebook-Seite.
Zum Schluss möchte ich mich bei Ihnen allen be-
danken, die sie uns mit Geld- und Sachspenden, mit
Fördermitgliedschaften oder -abos unterstützen.
Neben so großartigen Sammelspenden wie der der
Geierabendbesucher (S. 6) oder der Geburtstags-
spende von Frau Müller (S. 39) sind es die vielen
kleinen und gar nicht so kleinen Zuwendungen und
Unterstützungen, die unsere Arbeit für Menschen
ohne Perspektive sicherstellen.
Vielen Dank, gute Unterhaltung
und viele Grüße von bodo
Bastian Pütter – [email protected]
3
INHALT 03
02 Editorial | Impressum
04 Menschen Sabine Brandi von Dr. Birgit Rumpel
Sie gehört zu den Prominenten, die bodo 1995 ihr Gesicht für die Ein-
führungskampagne „Etwas bodo sind wir alle“ liehen. Damals war dieses
Gesicht noch aus dem Fernsehen bekannt, heute kennen die meisten nur
noch ihre warme, eindringliche Stimme aus dem Radio, beispielsweise aus
der WDR5-Sendung „Neugier genügt“.
06 Neues von bodo | Maikes Verkäufertagebuch
08 Straßenleben »Bei uns ist keiner dem andern sein Deibel!« von Wolfgang Kienast
Sie nennen ihren Sport Slotracing nach dem Schlitz in der Bahn, der die
Fahrzeuge in der Spur hält. Sie schrauben wochenlang an ihren NASCARs
oder GTs, trainieren hart und fahren um tausendstel Sekunden. bodo be-
sucht erwachsene Männer an der Carrera-Bahn.
12 Zum Haare raufen Mahlen nach Zahlen von Nina Mühlmann
12 Kultur Monate mit Milchstein von Wolfgang Kienast
Das Dortmunder U: Gefeierte Landmarke und Millionengrab, Dauerbaustelle
und Museum. Wie arbeitet sich da, haben wir uns gefragt und mit Anna-
Cathérine Koch gesprochen, die die Ausstellung „Bild für Bild” aus dem
Centre Pompidou betreut hat.
13 Wilde Kräuter Löwenzahn von Wolfgang Kienast
Die fünfte Ausgabe der wilden Kräuter über Maibowle, Bärlauch, den Indus-
trieverband Körperpflege- und Waschmittel e.V. (IKW), das schlechte Image
von Maulwurf und Löwenzahn und ein leckeres Salatrezept für letzteren.
14 Der Kommentar Hände hoch! von Bastian Pütter
„Mach meinen Kumpel nicht an!“ Nach 25 Jahren hat die „Gelbe Hand“ der
DGB-Kampagne Patina angesetzt, nötig ist sie mehr denn je. Denn die alte
„Ausländerfeindlichkeit“ wendet sich längst gegen Inländer.
14 News | Skotts Seitenhieb
16 Die Reportage Blind Date im Stadion von Wolfgang Kienast
Unter den unzähligen Fanclubs, die dem BvB die Daumen drücken, ist auch
„Blind Date“. bodo begleitete den Sehbehinderten-Fanclub zum Heimsieg
gegen Hannover 96, nahm Platz auf den Kopfhörerplätzen im Stadion und
feierte gemeinsam einen souveränen 4:1-Sieg.
18 Neues von Rosi | von bodo-Verkäuferin Rosi
19 Verkäufergeschichten Frank protokolliert von Bastian Pütter
Unser Wattenscheider Verkäufer Frank ist ein Vorbild, was Lebensmut,
Engagement, Zuversicht und den Umgang mit einer Behinderung angeht,
die für ihn fast gar keine ist.
20 Gebrauchsanweisung Joggen von Peter Erik Hillenbach
20 Kinotipp Benda Bilili! im endstation.kino
21 Veranstaltungskalender | Verlosungen | CD-Tipps | von Benedikt von Randow
28 Reportage Das schwierigste Wort: Entschuldigung von Marcus Preis
„Sorry seems to be the hardest word“, heißt es in einem Lied von Elton
John – Entschuldigung scheint das schwierigste Wort zu sein. Dass eine
ausgesprochene Entschuldigung viel mehr sein kann als nur ein Wort, dies
erleben die MitarbeiterInnen des Büros für Täter-Opfer-Ausgleich der
„Brücke Dortmund e.V.“
31 Das Interview »Das Ziel ist der soziale Frieden« von Bianka Boyke
Ein Gespräch mit Bernd Schulte-Eversum, Dortmunder Jugendrichter, zum
Täter-Opfer-Ausgleich.
32 Reportage Der Mut zu investieren von Barbara Underberg
Gepflegte Jugendstilhäuser, hochwertige Wohnungen und fröhlich krakee-
lende Kinder – im Dortmunder Norden. Ob Häuser im Müll versinken oder
ein lebenswertes Obdach bieten, liegt wesentlich an den Hauseigentümern.
35 Literatur Und woher kommst Du? gelesen von Bastian Pütter
Das „Manifest der Vielen“ ist das Gegengift zu einer vergifteten Debatte,
dem viele LeserInnen zu wünschen sind – und vielleicht eine Neuauflage
der erfolgreichen Kampgagnenarbeit von „Bild“, „Spiegel“ und öffentlich-
rechtlichem Fernsehen zu Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“.
36 Kreuzworträtsel | Sudoku
37 Eselsohr Roboter 2 von Volker Dornemann
38 bodo geht aus Schürmanns im Park besucht von Bastian Pütter
Der verblühte Charme des Buschmühlenteichs im Westfalenpark wird kräf-
tig aufpoliert. Restaurant, Club, Stranddeck – alles neu am Teich.
39 Leserbriefe | Cartoon
Unser Titelbild der Mai-Ausgabe:
Sabine Brandi im Rombergpark (siehe S.4).
Foto: Claudia Siekarski
04160819 32
4
Die Journalistin und Radiomoderatorin Sabine Brandi ist ein echtes Dortmunder Gewächs. An einem der ersten schönen Frühlingstage beglei-teten wir sie beim Spaziergang durch den Rom-bergpark, einen ihrer Lieblingsorte in der Stadt.
Sabine Brandi gehört zu den Prominenten, die
bodo 1995 ihr Gesicht für die Einführungskampa-
gne „Etwas bodo sind wir alle“ liehen. Damals war
dieses Gesicht noch aus dem Fernsehen bekannt,
heute kennen die meisten nur noch ihre warme,
eindringliche Stimme aus dem Radio, beispielswei-
se aus der WDR5-Sendung „Neugier genügt“.
Das ist so gewollt. Als sie vor 15 Jahren ihr zweites
Kind erwartete, hat sie sich bewusst für den Rück-
zug aus dem Fernsehen „in die wohlige Anonymi-
tät“ entschieden. „Ich habe eine Berufslinie ohne
Kinder und eine mit Kindern, der Radiobetrieb ist
besser mit Familie zu vereinbaren“, beschreibt sie
einen Grund für diese Entscheidung. Doch das war
nicht alles. Hinzu kam die Erkenntnis, dass ihre
Karriere in dem „Seelen fressenden Medium Fern-
sehen“ nicht mehr viel mit dem einstigen Ideal der
angehenden Journalistin zu tun hatte, mit ihrer
Arbeit die Welt zu verändern. „Journalismus ist
ein Geschäft mit Gefühlen, es geht gar nicht nur
um Informationen.“ Gleichzeitig merkte sie, wie
sich ihre eigene Rolle in diesem System verändert
hatte. „Es ging um mich, um mein Ego, meine Be-
stätigung und längst nicht mehr darum, etwas zu
bewirken.“ Diese Einsicht und Konsequenz wünscht
man sich von manch aktuellem Fernsehgesicht.
Sabine Brandi ist überzeugte Dortmunderin ohne
lokalpatriotische Anflüge (außer vielleicht beim
Fußball). Hier hat sie die meiste Zeit ihres Lebens
verbracht, hier lebt sie mit Mann und zwei fast er-
wachsenen Kindern. 1953 in Hörde geboren wuchs
sie als fünftes („das Übersehene“) von sechs Kin-
dern auf. Die gewünschte Aufmerksamkeit der Fa-
milie verschaffte sie sich mit Trotz und Witzigkeit,
auch wenn letztere nicht immer echt war. „Manch-
mal was das Lachen auch ein Ersatz für Weinen“,
beschreibt sie ihren schwierigen Stand als kleines
Mädchen. Wie glücklich, dass ihre Grundschulleh-
rerin besonderes Augenmerk auf sie richtete, die
Persönlichkeit des „schwierigen“ Kindes erkannte
und förderte. Von ihr stammt das Streichholz-Bild.
Sabine BrandiEin Streichholz, das man an
beiden Enden anzünden kann
MENSCHEN | von Dr. Birgit Rumpel | Fotos: Claudia Siekarski04
5
Widerstand gehört noch immer zu ihrem Leben,
aber heute geht sie anders damit um. Getreu dem
eigenen Motto „weniger Widerstand, mehr Hinga-
be“, spürt sie inneren Widerständen nach, will sie
aufklären und sucht die positiven Aspekte daran,
um sich nicht selbst zu blockieren und sich damit
die Zeit zu vermiesen. Dass das nicht immer leicht
ist, gibt sie zu. Und diese Strategie hilft nicht ge-
gen eine Zerrissenheit zwischen Verzweiflung und
Hoffnung, wenn es etwa um die jüngste Katastro-
phe in Japan geht. Dann gewinnt die Resignation
überhand. „Menschen, die einfach alles riskieren,
nur um billigen Strom zu produzieren, haben kei-
ne Verbindung zu gar nichts“, ist sie verbittert.
Dass die Ereignisse in Japan hierzulande mehr als
nur eine kurzzeitige Erregtheit bewirken, glaubt
sie nicht.
Als Öko-Aktivistin kann man Sabine Brandi wohl
nicht bezeichnen, auch wenn sie „damals“ schon
in Brokdorf mitmarschiert ist. Aber „etwas tun“
wollte sie, als ihre heranwachsende Tochter über
die weltweite Umweltzerstörung verzweifelt wein-
te. Tröstende Worte reichten da nicht, sie gab das
Versprechen, ab sofort das Auto so oft wie möglich
stehen zu lassen und auf Bus und Bahn umzustei-
05
gen. Zu unserem Gesprächstermin im Rombergpark
kommt sie denn auch mit dem Bus. Das Busfahren
hat noch einen schönen Nebeneffekt. „Ich liebe es,
die Menschen zu sehen und zu beobachten, dafür
ist Busfahren ideal“, schwärmt sie, die allerdings
nicht während des hektischen Berufsverkehrs un-
terwegs sein muss. Und sie entdeckt dabei ihre
Helden des Alltags, wie zum Beispiel den Busfah-
rer, der auf offener Strecke hielt, um einen farbi-
gen Mitbürger einsteigen zu lassen. Darüber kann
sie sich innig freuen.
Nicht nur Beobachtungen und Impulse aus der
Umwelt, wie gerade die friedliche Stimmung des
Parks mit den vielen frisch erblühenden Pflanzen
nimmt sie auf, auch die Innenschau ist für Sabi-
ne Brandi sehr wichtig. Schon lange horcht sie
durch regelmäßige Meditationen in sich hinein,
die „Schule des Erfahrbaren Atems“ nach Ilse
Middendorf ist für sie eine Offenbarung. Und der
Grundstein für eine weitere Berufskarriere: Gera-
de absolviert sie eine mehrjährige Ausbildung zur
Atemtherapeutin. Muss man atmen erst lernen?
Es geht um mehr. Sabine Brandi will vom „Machen
ins Lassen“ kommen, also eine neue Qualität von
Entspanntheit erreichen und dies auch anderen
vermitteln. Dazu passt, dass sie mit den Sträu-
chern im eigenen Garten und gern auch mit ihrer
Spülmaschine spricht. „Für mich sind so viele Din-
ge beseelt. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich
mal so eine komische Alte werde.“
Wichtiger als alle beruflichen Erfolge sind ihr
die Kinder. „Das ist das Beste, was ich bisher ge-
macht habe, und ich bin froh, dass ich sie zu-
sammen mit meinem Mann aufziehen konnte.“
In die Rückschau mischt sich durchaus Vorfreude
auf die Zeit, wenn der Nachwuchs aus dem Haus
sein wird. Vorfreude darauf, wieder an die Zwei-
samkeit von früher anzuknüpfen, dann allerdings
mit „einem ganzen Universum, das wir gemeinsam
durchschritten sind.“ (biru)
6
WERDEN SIEFÖRDERMITGLIED
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Sie, unsere Arbeit für Menschen in so-
zialen Notlagen finanziell abzusichern.
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bodo e.V.Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
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ten des Kontos von bodo e.V. ein.
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Ort, Datum
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In der vergangenen Session konnten die Zuschau-er des Ruhrpottkarnevals Geierabend wieder ihre übrig gebliebenen Verzehrwertmarken in eine Spendenbox werfen: Sagenhafte 5.555 Euro für bodo kamen in diesem Jahr zusammen.
Die Rekordsumme überreichte das FDP-Politikerpär-
chen „Udo und Moni“ – zwei Figuren aus dem letzten
Geierabend-Programm, gespielt von Martin Kaysh
und Sandra Schmitz. Udo hatte es mit der Spendier-
freudigkeit allerdings etwas übertrieben und gleich
noch zwei Säcke mit selbst gesammelten Pfandfla-
schen draufgelegt.
Zusätzlich wurden Vorsitzende Nicole Hölter, Ge-
schäftsführerin Tanja Walter, bodo-Verkäufer Harald
und die anwesenden Pressefotografen bestens unter-
halten: „Das ist ein guter Tag für die Nordstadt-FDP.
Das Prinzip Udo setzt sich durch. Wir müssen einfach
wieder näher ran an die Menschen“, verkündete Udo.
Mit dem Geld schaffen wir neue Taschen für die
Verkäufer an. Zusätzlich wird ein Teil der Spen-
densumme die Druckkosten einer Heftseite für ein
Jahr finanzieren. Wir bedanken uns herzlich bei al-
len Spendern, bei Horst Hanke-Lindemann und dem
Geierabend-Ensemble!
5.555 Euro und 2 Sack Leergut Neues aus dem Vertrieb
schafft Chancenbodo
Haushaltsauflösungen
Transporte und Umzugshilfen
[email protected] | 0231 – 88 22 825
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Wir sind beständig bemüht, den Verkauf des Stra-ßenmagazins attraktiver zu machen für Menschen die arm oder wohnungslos sind. Wir wissen, dass es einige Hürden gibt: Der Verkauf ist nicht für jeden das passende Angebot.
Der Verdienst ist gering. Menschen, die durch „teure“
Süchte oder weil sie z.B. als Touristen keine staat-
lichen Leistungen erhalten einen erhöhten Geldbe-
darf haben, reicht der bodo-Verkauf oft nicht. Der
ist zwar eine Arbeit, aber kein Auskommen.
Da ein Sozialticket wohl nicht kommen wird, sind
wir auf der Suche nach weiteren Ausgabestellen.
Bislang muss ein Verkäufer aus Lünen oder Witten
10 Zeitungen (!) verkaufen, um die Fahrtkosten zur
Ausgabestelle zu refinanzieren. Das ist viel mehr, als
die meisten unserer Verkäufer an einem Verkaufstag
an die Frau oder den Mann bringen können.
Wir freuen uns, wenn Inhaber von Geschäften oder
Praxen einem unserer Verkäufer erlauben, am An-
fang eines Monats ein Straßenmagazin ins Haus zu
bringen. Ein solches Verkäuferabo motiviert zur Ver-
lässlichkeit. Und da aller Anfang schwer ist: Unter-
stützen Sie unsere neuen VerkäuferInnen durch den
Kauf einer bodo. Vielen Dank.
7
07
Hallo treue bodo-Leser und -Leserinnen,
Hallo liebe Leser, die auch treue bodo-
LeserInnen werden möchten!
5. März
Heute war wieder Zeitungsverkauf an-
gesagt und das mit einem originalen
Musikverein. Da ging die Musik ab, wow!
8. März
Markttag ist Verkaufstag! Wer da ist,
egal ob Markthändler oder Zeitungsver-
käufer: alles muss raus!
13. März
Habe heute starke Kopfschmerzen ge-
habt. Da Sonntag ist, habe ich eine
Schmerztablette genommen und viel ge-
schlafen, da ging es mir schon besser.
15. März
Heute vormittag war der Zeitungsverkauf
sehr schleppend. Am Nachmittag habe
ich einen Spaziergang Richtung Tante
Amanda gemacht.
19. März
Heute hatte ich die Telefonitis. Hab sehr
nette Gespräche gehabt.
24. März
Hatte einen netten Spaziergang von
Kirchlinde nach Rahm gemacht. Denn ich
wollte herausfinden, wie ich es mit dem
Bus nach Huckarde schaffen sollte.
31. März
Mein Bekannter hatte mich gestern Abend
angerufen. Er dachte, er kann Maike was
berichten. Wahr wohl nix! Ich hatte den
Artikel in den Ruhr Nachrichten schon
gelesen, in dem es um die falsche Stra-
ßenzeitung Straßenträumer geht. Eine
Zeitung, die ehrliche Straßenmagazine
wie bodo in Verruf bringt. Denn sowas ist
nicht die feine englische Art!
Ich wünsche eine schöne Zeit.
Es grüßt Euch Eure bodo-Verkäuferin Maike
MAIKES VERKÄUFERTAGEBUCH
Inzwischen hat das Thema „Straßenträumer“ sei-nen Weg auch in andere Medien gefunden. In den Ruhr Nachrichten erschien ein Beitrag über das Straßenzeitungs-Imitat und die WAZ interviewte Bastian Pütter und Hubert Ostendorf von bodo und fiftyfifty.
Der „Straßenträumer“ ist ein im wesentlichen aus Co-
pyright-Verstößen bestehendes Blatt, das sich äußer-
lich an Zeitschriften wie bodo anlehnt. Es wird bun-
desweit über Drückerstrukturen vertrieben. Es besteht
keine Gemeinnützigkeit, Gewinne verschwinden in der
Tasche des einschlägig bekannten Herausgebers.
Wir geben uns große Mühe, Verwechslungen zu er-
schweren. Unsere VerkäuferInnen besitzen Verkaufs-
kleidung (bodo-Shirts, -Jacken und -Kappen), tragen
diese aber nicht immer. Aus diesem Grund haben wir
neue Verkaufsausweise gestaltet, die farbig, größer
und besser zu erkennen sind. Sie werden jährlich neu
ausgestellt und an unseren neuen Schlüsselbändern
getragen, die übrigens in Bochum und Dortmund für
nur 3 Euro zu erwerben sind. Hier gibt es auch But-
tons, Shirts, Postkarten, Lesezeichen usw.
Neue Verkaufsausweise
Unter dem Motto „Was tun“ zeigte das Internatio-nale Frauenfilmfestival Dortmund / Köln „Filme zur Situation“, darunter den bulgarischen Dokumentar-film „Hotel Rai“ über das Leben bulgarischer Roma, um die sich zur Zeit die Zuwanderungs- und Krimi-nalitätsdebatten in Dortmund drehen.
Als Filmpate war bodo nicht nur stolz, Teil des Veranstal-
tungsprogramms zu sein, sondern auch über die große
Resonanz im neu eröffneten Kino unterm U. Zum Film
organisierte Kuratorin Betty Schiel (2.v.r.) eine kom-
petente Diskussionsrunde von Fachfrauen, die ein Ge-
gengewicht zum aktuellen Mediendiskurs bildete: Tülin
Kabis-Staubach (r.) vom Planerladen e.V. erhellte die Ent-
stehungsgeschichte der sogenannten „Ekelhäuser“ in der
Nordstadt, die viel älter als die jüngste Zuwanderung ist.
Die Kober-Mitarbeiterinnen Kirsten Cordes (l.) und
Olja Krechar sprachen über die Erfolge ihrer Arbeit
mit bulgarischen Prostituierten, das zerschlagene
Porzellan durch wirkungslose Großrazzien und die
absurde Idee der Stadt, Straßenprostitution verbie-
ten zu können. Kurz: Ein beeindruckendes Filmerleb-
nis und eine erhellende Diskussion.
Roma unterm U
Nicht, dass wir unseren Verkäufern die Öffentlichkeit nicht gönnen, im Gegenteil. Aber für die meisten sind die
Personen auf dem Foto das einzig sichtbare Personal bei bodo. Wenn Sie bodos Buchladen und Vereinssitz in der
Mallinckrodtstraße 270 besuchen, können Sie diesen netten Menschen begegnen. Und 11.600 guten Büchern.
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Aufrechte Menschen und ihre flitzenden Kisten
„Wie spontan seid ihr denn?”, fragt Hans Bi-ckenbach am Telefon. Hans Bickenbach ist Inha-ber der Minister-Stein-Apotheke in Dortmund-Eving. Wir wollen ihn für bodo um ein Interview mit Fototermin bitten. Uns geht es dabei nicht um sein medizinisches Expertenwissen, uns in-teressiert der Apotheker, der bereits drei mal Deutscher Meister geworden ist. Beim Autoren-nen. Mit Modellautos, um das zu präzisieren.
Recht naiv schlossen wir aus den gesammelten
Meisterschaften auf eine ansehnliche Carrerabahn
im privaten Wohnzimmer. „Nein. Wer wie ich mehr
als 100 Rennen im Jahr fährt, der braucht keine ei-
gene Strecke. Wenn ihr solche Fotos machen wollt,
dann kommt am besten heute abend nach Schwer-
te. Gegen 20 Uhr findet bei uns ein vereinsinternes
Rennen statt. Hellpothstraße 12, Hinterhaus.”
1997 wurden die „Carrera Freunde Schwerte” von
fünf Anhängern des neudeutsch Slotracing ge-
nannten Sports gegründet. Anfangs trafen sie
sich in einem Kellerraum, der sich bald als zu
klein, zu dunkel und zu muffig erweisen sollte.
Die ehemalige Markisenfirma, die inzwischen als
Vereinsheim dient, konnte im Sommer 2002 be-
zogen werden. Allerdings musste zuvor noch ein
Haufen Arbeit ins neue Domizil gesteckt werden.
Neuer Boden, neue Fenster, Zwischenwände, De-
cke, Wärmeisolierung. Dafür sieht man dem Ge-
bäude heute nicht mehr an, dass vor neun Jahren
der Ausdruck Baracke noch geschmeichelt war.
Hellpothstraße 12. Am Tor zur Einfahrt hängt,
zwei schwarz-weiß karierte Flaggen als Logo, das
Schild der „Carrera Freunde Schwerte”. Im Innen-
hof parkt ein Auto mit belgischem Kennzeichnen.
»Bei uns ist keiner dem andern sein Deibel!«
Höchste Konzentration an der Strecke. Hans „Rennkugel“ Bickenbach (hinten rechts) und seine „Carrera Freunde Schwerte“ im ersten Durchgang.
08 STRASSENLEBEN | von Wolfgang Kienast | Fotos: Andre Noll
9
Aufrechte Menschen und ihre flitzenden Kisten
09
„Die Fahrer müssen nicht fotografiert werden”, wehrt Sebastian Nockemann (2.v.l.) ein Siegerfoto ab. „Wichtig sind hier nur die Autos.”
Die Tür zum Vereinsheim ist geöffnet. Andre Noll
und ich betreten ein uns unbekanntes Univer-
sum. An den Wänden hängen Kalender, Poster
und Plakate von Reifenherstellern und histori-
schen Autorennen, an der Decke mindestens zwei
Dutzend Fahnen. Michael Schumacher lehnt als
Pappkamerad in einer Ecke. Hinter einer Glas-
scheibe gibt es einen kleinen Tresenbereich, hier
stehen Vitrinen mit Modellen und den in jedem
Sportverein obligatorischen Pokalen.
Zentrum dieser Welt ist eine große, sechsspurige
Carrerabahn, drumherum herrscht lebhaftes Trei-
ben. Trotzdem erkennen wir Hans Bickenbach so-
fort. Er hat es prophezeit: In Internetforen der
Szene nenne er sich „Rennkugel”, wir hätten nur
auf die anwesenden Bäuche zu achten. Freundlich
begrüßt er uns und beginnt sofort und begeisternd
zu erzählen. Einen ambitionierteren Botschafter
für den Sport kann man sich kaum denken. Er stellt
klar, dass der Ton untereinander, wenn auch bis-
weilen etwas rauh, immer sehr herzlich wäre. Dass
die Kollegen niemanden hängen ließen. Nie. Dass
hier jeder Mann und jede Frau willkommen wären,
egal wie alt sie seinen, egal woher sie kämen. Und,
ganz wichtig, dass man miteinander und nicht ge-
geneinander fahre. Letzteres erwähnt er in gefühlt
jedem dritten Satz. Die folgenden Stunden bestä-
tigen, was er sagt.
Bickenbach selbst hatte schon als Kind mit einer
Rennbahn gespielt, welche allerdings eingemot-
tet wurde, als er 1971 sein Abitur am Helmholtz-
Gymnasium machte. Sein Vater, 1958 Gründer der
Minister-Stein-Apotheke, fotografierte in seiner
Freizeit ein wenig. Der Apfel fiel hier nicht weit
vom Stamm. Der Sohn tat es ihm nach, leiden-
schaftlicher noch als der Senior. Beim Deutschen
Verband für Fotografie e.V. (DVF) belegte er bald
einen der vorderen Plätze in der Rubrik Auslands-
veröffentlichungen. Angefixt durch einen Studi-
enkollegen baute er die Rennbahn wieder auf. Er
übernahm die Apotheke, als sein Vater früh starb.
Hans Bickenbach selbst hat drei Söhne, die sich
allerdings nie fürs Slotracing begeistern konnten.
Wenn er etwas macht, dann macht er das richtig.
Da sich die Kinder nicht für Modellautos, sondern
für Fußball interessierten, engagierte er sich in
den folgenden Jahren – und mit der für ihn ty-
pischen Energie – dort für die Junioren. Er freut
sich, dass er vom mittlerweile erwachsenen Nach-
wuchs hin und wieder eingeladen wird, gemeinsam
ein Spiel zu besuchen, bei den BVB-Amateuren zum
10
10
Beispiel. „Wenn einem das passiert”, sagt er, „dann
kann man als Vater nicht völlig versagt haben”.
Während er all das erzählt, laufen im Hintergrund
die Vorbereitungen für das Rennen. So locker es hier
auch zugeht, die Abnahme der Fahrzeuge vor dem
Start wird ernst genommen. Die Karosserie wird ge-
prüft und das Fahrwerk, das Gewicht, die Achsbreite
und die Bodenfreiheit. Das ist wie beim richtigen
Motorsport. Überhaupt wird, maßstabgerecht ver-
kleinert, auf Originalität großen Wert gelegt.
Hans Bickenbach zeigt uns das Modell eines rot
lackierten Amischlittens, eine weiße Nummer 67
prangt auf Türen, Dach und zwischen den mäch-
tigen Heckflossen. Die Karosserie ist mit Firmen-
logos beklebt. Über den Seitenfenstern kann man
den Namen des Fahrers lesen: David Pearson. Al-
les genau wie damals, als der echte Pearson in
der NASCAR, der National Association for Stock
Car Auto Racing, seine Rennen fuhr. Die Idee
mit den NASCAR-Fahrzeugen im Modellrennsport
wurde, zumindest im Ruhrgebiet, vom Duisburger
Slotcar-Enthusiasten Manni Stork angeschoben.
Bickenbach war sofort Feuer und Flamme. „Mir
gefallen diese Schlitten. So ein Auto in 1:1 wür-
de ich mir glatt kaufen, einen Ford Galaxy oder
Impala. Als Kind habe ich die noch manchmal auf
der Straße gesehen. V8 und sieben Liter Hubraum.
Das klingt anders als ein Golf. Mir fehlt nur leider
das nötige Kleingeld.”
Das nötige Kleingeld, einen Ford Galaxy zu be-
tanken, reicht eventuell aus, eines der Fahrzeu-
ge zu erwerben, die mittlerweile startklar sind.
Doch im Handel findet man die so nicht. Mehre-
re Wochen Arbeit gehören dazu, um aus Basis-
bausatz, Chassis, Motor und Achsen ein Unikat
zu fertigen, das den ästhetischen Ansprüchen
genügt. Nicht zu vergessen: die abschließen-
de Lackierung. Es kommt vor, dass Fahrzeuge
untereinander verliehen werden. Dann kann es
passieren, dass ein Fahrer vom eigenen Material
geschlagen wird.
„Heute Abend wird nicht NASCAR gefahren,
sondern die offene GT-Klasse. Ich weiß genau,
dass ich da nicht gewinnen werde. Das hat aber
andere Gründe. Das hier ist ja Maßstab 1:24.
Deutscher Meister bin ich in der H0-Klasse ge-
worden. Das ist meine Welt. 1:60. Was ganz an-
deres. Viel kleiner, schneller. Es gibt nur derzeit
in der Nähe keine Bahn für H0, auch deswegen
fahre ich hier. Und natürlich, weil es mir einfach
Spaß macht.” Hans Bickenbach zeigt auf einen
jungen Mann in Jeans und schwarzem T-Shirt.
„Ich könnte mir gut vorstellen, dass Sebastian
Nockemann das Rennen macht. Einige hier kön-
nen gut die Autos aufbauen, andere können gut
fahren. Der kann beides.” Sebastian Nockemann
studiert Physik an der TU Dortmund. Theorie
und Praxis scheint er beim Modellbau mit Erfolg
zusammenzubringen.
Gefahren wird in zwei Gruppen zu je sechs Star-
tern. Während die ersten Fahrer an den „Drü-
ckern” Aufstellung nehmen, wo sie mit „Gas ge-
Die Profiwerkstatt ist immer dabei. Vor dem Rennen und in den Pausen wird fleißig geschraubt. Beim Wettbewerb kommt es auf die tausendstel Sekunde an.
11
ben, Gas wegnehmen” ihre Autos kontrollieren,
verteilt sich die zweite Hälfte an der Bahn, um
im Fall des Falles ein aus einer Kurve gefloge-
nes Fahrzeug zurück in die Spur zu setzen. Der
Countdown läuft. Dann ist außer einem Surren
nichts mehr zu hören. Die Fahrer sind hoch kon-
zentriert. Ihre Autos flitzen über die Piste, vor-
bei an Fangzäunen, Buschwerk, rot-weißen Öl-
fässern und voll besetzten Zuschauertribühnen.
Exakt vier Minuten dauert ein Rennabschnitt,
dann werden die Spuren gewechselt, bis jeder
jede Spur gefahren ist.
Per Computer werden Runden und Sekunden
gezählt. Danach wird komplett getauscht, die
Einsetzer kommen an die Drücker und umge-
kehrt. Fünf Fahrer stehen, einer sitzt auf einem
Barhocker mit Armlehnen. Walter Schäfer heißt
er, kommt aus Belgien, extra für dieses Ren-
nen ist er angereist. Ihm gehört der Wagen im
Innenhof. Eine Muskelerkrankung zwingt ihn in
den Rollstuhl. Die „Carrera Freunde Schwerte”
kümmern sich um ihn. Ein eingespieltes Team,
er gehört dazu. Nach jeweils vier Minuten tra-
gen sie ihn mitsamt Hocker an die nächste Drü-
ckerposition.
Nachdem zwölf Fahrer auf sechs Bahnen je vier
Minuten unterwegs waren, ist die Konkurrenz
beendet. Der Computer spuckt das Endergebnis
aus. Sieger ist Sebastian Nockemann mit 6.470
Sekunden, Zweiter Ingo Vorberg (6.495 Sekun-
den), Dritter Walter Schäfer (6.686 Sekunden).
Hans Bickenbach ist Elfter mit 6.718 Sekunden.
„Beim Start habe ich mich verschätzt und dann
sind mir noch zwei weitere Fahrfehler passiert.
Das hat mindestens einen Platz gekostet. Ist
aber egal.”
„Die Fahrer müssen nicht fotografiert werden”,
wehrt Sebastian Nockemann ein Siegerfoto ab.
„Wichtig sind hier nur die Autos.” (wk)
INFOCarrera Freunde Schwerte
Hellpothstraße 12 | 58239 Schwerte
Trainings- und Rennzeiten
Di. ab 19.30 Uhr und Do. ab 19 Uhr
Kontakt: Ingo Vorberg
Telefon 02304 – 33 06 00
www. carrera-freunde-schwerte.de
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Bolide im Maßstab 1:24. Alles muss echt aussehen, wie bei den Großen.
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KULTUR | von Wolfgang Kienast | Foto: Jürgen Spiler
Im Dortmunder U endete am 25. April 2011 mit „Bild für Bild – Film und zeitgenössische Kunst” eine erste Wechselausstellung. Für Wechselaus-stellungen ist im ehemaligen Brauereigebäude die sechste Etage reserviert. Weder diese noch sonst eine Etage war fertiggestellt, als „Bild für Bild” konzipiert wurde.
„Die Ausstellung war eine Idee und sie wollte re-
alisiert werden. Im Grunde haben alle Beteiligten
mit etwas gearbeitet, was noch nicht da war. An
und in einem Raum, der nicht existierte. Nicht
einmal die Position der nächsten Steckdose war
bekannt”, teilt uns Anna-Cathérine Koch im In-
terview mit.
Ihr Aufgabengebiet wird im Ausstellungskatalog
„Kuratorische Assistenz” genannt. Klingt harmlos,
bedeutete in der Realität jedoch diverse schlaf-
lose Nächte. Auf der anderen Seite aber war die
junge Assistentin irgendwann mit den Bedingun-
gen im sechsten Stockwerk und den Objekten, die
dort von Dezember 2010 bis April 2011 präsentiert
wurden, vertraut wie niemand sonst.
„Bild für Bild“ basierte auf der Sammlung des
Centre Pompidou. Mit „Die Bewegung der Bilder”
lässt sich der Originaltitel einer Auswahl über-
setzen, die 2007 in Paris gezeigt wurde. Dahin-
ter lag die Idee, Film mit Fotografie, Malerei und
Plastik zu konfrontieren. Prof. Dr. Kurt Wettengl,
Direktor des Museum Ostwall, sah im Ansatz die
Möglichkeit, im damals erst geplanten Zentrum
für Kunst und Kreativität den Stellenwert von
Medienkunst zu reflektieren. Das Centre Pompi-
dou sagte ja. Vier Jahre später und im U konnte
das Publikum dann in fünfzehn Schritten, ange-
fangen bei Lichtstrahl und Projektionsfläche als
Grundlagen des Films, über Montage, Rahmen
und Animismus bis hin zum Noir, dem gefühlten
Gegenteil von Licht, nachvollziehen, wie der Film
seit seiner Erfindung die eher statischen, klassi-
schen Kunstformen beeinflusst hat.
Als besonders gelungen galt die Gegenüberstel-
lung von Nam June Paiks Arbeit „Zen for Film”
(1964) mit dem „Milchstein” von Wolfgang Laib
(1977). An der Wand die Projektion eines unbe-
lichteten Filmstreifens, auf dem die dauerhafte
Rotation im Projektor zunehmend Spuren in Form
von Staub und Kratzern hinterließ, parallel zum
und nah am Boden ein höchst sensibles Objekt,
bei dem mehrere Liter Milch, nur durch ihre Ober-
flächenspannung gehalten, einen weißen Film auf
Monate mit MilchsteinVon Objekten und von Tücken im Zentrum für Kunst und Kreativität
12 ZUM HAARE RAUFEN | von Nina Mühlmann
Die Bürokratie-Mühlen drehen dieses Jahr beson-
ders am Rad und machen keinen Halt vor einer
Mühlmann. Der Makrozensus steht ins Haus, ich
fange mal klein an und widme mich den Frage-
bögen, die mir im Rahmen des Mikrozensus, des
kleinen Bruder der großen Volkszählung, zuge-
stellt wurden.
Der Staat will Daten über meine Arbeitskraft und
meine Berufssituation. Ich zücke motiviert mei-
nen Kugelschreiber, denn Rätseln war schon im-
mer mein Hobby. Mein erster Berufswunsch war
„Erfinderin“. Den änderte ich in Rücksichtnahme
auf meine Eltern lieber zu „Rätsel-Erfinderin“, um
dann als Werbetexterin und Studentin so meine
Erfahrungen und einiges an Wissen zu sammeln,
um schließlich das zu arbeiten, was ich nun tue.
Ja, was eigentlich?
Ich komme dank des Mikrozensus der Sache auf
die Spur. Vorab galt es noch ein paar Fragen zur
persönlichen Lebenssituation zu beantworten:
„Sind in den letzten zwölf Monaten Mitglieder
Ihres Haushalts gestorben?“, steht da, und als
mögliche Antwort darunter: „Ja, Anzahl der
Verstorbenen.“ Ob hiermit nur Menschen oder
auch Haustiere gemeint sind? Ich denke an die
Insektenplage des vergangenen Sommers, kreu-
ze mutig 120 an und denke dabei an die vielen
toten Mücken, die ich von meiner Fensterablage
gekratzt habe. Bei: „Wieviele Personen haben am
Mittwoch der letzten Woche insgesamt zu Ihrem
Haushalt gehört?“, muss ich kurz nachrechnen,
wieviele meiner Freunde und Nachbarn denn an
dem Tag bei mir zum Essen am Tisch saßen? Ich
gebe wahrheitsgemäß zwölf Personen an.
So geht es immer weiter fort. Zur Belohnung für
mein schnelles Durchkommen trinke ich ein Bier
und dann noch eins, obwohl die Fragen lang-
sam ans Eingemachte gehen. Sie treiben mir den
Schweiß auf die Stirn, denn jetzt dreht es sich
rund um meine Berufssituation, die sich als Künst-
lerin, die ich bin, ja ständig verändert: „Tragen Sie
den Wirtschaftszweig, die Branche des Betriebs
(örtliche Einheit) ein, in dem Sie Ihre Tätigkeit
ausüben.“ Mir wird schwindelig. – Doch dann, die
Erkenntnis! Ich triumphiere und gebe an: „Fräu-
lein Nina“ – auch als „örtliche Einheit!“ Unter Aus-
übungsort notiere ich: „Zu Hause, auf der Bühne,
überall.“ Ein Hoch auf die Volkszählung! Dank ihr
weiß ich jetzt, warum es „freier Künstler“ heißt
und dass ich als Person nicht nur ein Betrieb, son-
dern noch dazu eine Branche bin! (nm)
Mahlen nach Zahlen
13
Monate mit MilchsteinVon Objekten und von Tücken im Zentrum für Kunst und Kreativität
einer quadratischen Marmorplatte bildeten. Anna-
Cathérine Koch: „Der ,Milchstein‘ musste auf den
Millimeter genau ausgerichtet werden. Aber das Ge-
bäude war ja Baustelle und der Boden alles andere
als wirklich ruhig. Jeden Tag habe ich auf den Anruf
gewartet, der Stein wäre ausgelaufen und natürlich
ist genau das auch passiert.”
Sie betont, dass es ohne ein engagiertes Team vor
Ort schwierig gewesen wäre, „Bild für Bild” zu einem
guten Ende zu bringen. Die Betreuung endete auch
bei anderen Objekten nicht mit dem Tag der Ver-
nissage. Ist nur der Film das Kunstwerk oder auch
die Technik, die ihn sichtbar werden lässt? Was ist
Restauration und was Reparatur? Darf man einen
wackligen Projektor mit Klebeband fixieren oder
verändert dieser Eingriff bereits das Werk? Immer
wieder mussten in Rücksprache mit Paris Fragen
geklärt werden, über die man schmunzeln könnte,
wären die jeweiligen Antworten nicht im eventuel-
len Schadensfall für die Zahlung enormer Versiche-
rungssummen maßgeblich gewesen.
Frau Koch bedauert, dass die Ausstellung, der eine
hohe Qualität attestiert wurde, hinter ihrem Besu-
cherpotential zurückgeblieben ist. Mag sein, dass
der Titel „Bild für Bild” nicht griffig genug war. Si-
cher ist, dass es Medienkunst per se nicht leicht hat,
da ihre Exponate selten selbsterklärend sind. Nicht
von der Hand zu weisen ist die Tatsache, dass das U
als permanente Baustelle auf viele mögliche Gäste
noch immer abschreckend wirkt.
Anna-Cathérine Koch lebt inzwischen in Süd-
deutschland. Sie arbeitet als Kuratorische Assistenz
für Lothringer_13, einem Kunstraum der Stadt Mün-
chen, freut sich, dass ihre aktuelle Tätigkeit weniger
nervenaufreibend ist, möchte jedoch die Erfahrun-
gen nicht missen, die sie im U gesammelt hat und in
Zukunft gern wieder an Projekten von vergleichbarer
Komplexität beteiligt sein. (wk)
13
„Jetzt geht s los!“ Dabei ist es nur we-
nige Wochen her, da musste man noch
überlegen, was von dem Bisschen, was
Wald und Wiese einem bieten konnten,
in der Küche zu verwenden sei. Und
plötzlich ähnelt die Situation da drau-
ßen in etwa der Euphorie beim Lokal-
derby, wenn die Heimmannschaft schon
vor der Pause ein 4:0 gegen den Erzri-
valen herausgespielt hat und mühelos
noch eine Schippe drauflegen kann.
Bei all den bestehenden Möglichkeiten,
auf Waldmeister zurückzugreifen, ist bei-
nahe banal. Obwohl eine echte Maibowle,
eine ohne dieses fiese, hellgrüne Synthe-
tikzeug, in jeder Hinsicht großartig ist.
Lassen Sie einfach ein Bund Waldmeister
(wichtig: vor der Blüte!) zwei bis drei Stun-
den bei kühler Temperatur in 1,5 Litern tro-
ckenem Weißwein ziehen und gießen Sie
anschließend eine Flasche Sekt nach. Mehr
ist nicht zu tun. Außer genießen.
Bärlauch wäre auch was. Vor zehn, fünf-
zehn Jahren noch als Geheimtipp gehan-
delt, verbreitete sich die Kunde von einem
Kraut, das zwar wie Knoblauch schme-
cken, man nach dem Essen jedoch nicht
riechen solle, wie ein Lauffeuer.
Den echten Knofifan ficht das naturgemäß
nicht an: Ähnliches ist nicht das Gleiche. In
einem Land aber, in dem trotz kontinuier-
lich schrumpfender Einwohnerzahl von Jahr
zu Jahr mehr Umsatz mit Deodorant ge-
macht wird, wo das entsprechende Marktvo-
lumen laut Industrieverband Körperpflege-
und Waschmittel e.V. (IKW) 2010 erstmals
die Marke von 700 Mio. Euro überschritten
hat, in dem jährlich auch mehr als 7 Mio.
Duftbäumchen verkauft werden, in dem also
viel, oft des Guten viel zuviel getan wird,
auf gar keinen Fall in die Na-
sen der Mitmenschen
zu müffeln, kam
das mehrheit-
lich an.
WILDE KRÄUTER | von Wolfgang Kienast
Weil es aber in jedem Frühjahr auch geübte
Sammler niederstreckt, die den leckeren
Bärlauch mit der hochgiftigen Herbstzeit-
losen verwechseln, möchte ich an dieser
Stelle lieber zum Gang in dem Supermarkt
raten, wo sich die Regalbretter inzwi-
schen unter der Last von Bärlauch-Pesto,
Bärlauch-Aufstrich, -Käse, -Soße, -Suppe,
-Öl und -Essig biegen.
Hier statt dessen, weniger riskant, immer
kontrovers, der Löwenzahn. Kontrovers?,
fragen Sie jetzt vielleicht und haben das
Bild eines lachenden Kindes mit runder
Pusteblume vor Augen. Oder die filigrane
Silhouette derselben, hübsch vor abend-
rotem Himmel. Zu kitschig fast um wahr
zu sein, dieses in den 70ern in Form von
Poster und Fototapete weit verbreitete
Motiv. Dann sind Sie vermutlich kein Gärt-
ner. So wie gegen den Löwenzahn zieht
der nur gegen den Maulwurf zu Felde. Kein
Gartenbuch, welches dem Thema nicht
Seiten widmen würde. Zu Unkrautver-
nichtern, Sprühgiften, Ausstechern, auch
Hausmitteln wie Salz und Essigessenz wird
geraten, oder, wenn der Befall so rich-
tig schlimm geworden ist, gleich einen
halben Meter Mutterboden abzutragen.
Hauptsache, das Zeug ist weg!
Wenn Sie sich für den Ausstecher ent-
scheiden könnten und Salz und Essig erst
in der Küche an die Blätter ließen, hätten
Sie beinahe schon einen guten Salat.
Besonders gut schmeckt eine warme Vari-
ante. 250 Gramm frische Löwenzahnpflan-
zen (Blätter und Wurzeln gewaschen und
kleingeschnitten) zehn Minuten in einem
Viertel Liter Gemüsebrühe dünsten, dann
abtropfen lassen und mit Salz, Pfeffer,
Olivenöl und Balsamico würzen. Kann so
gegessen werden oder besser noch mit
Kartoffelsalat.
Guten Appetit. (wk)
wildkraeuter.bodo/05_loewenzahn/
14
Hände hoch!
Wissen Sie, wer 25 wird? Die „gelbe Hand“.
Nein, das ist kein Anti-Raucher-Text. Im
Gegenteil: Ein Stück gegen Ausgrenzung.
„Mach meinen Kumpel nicht an!“ prangte
schon auf Schimanskis Parka: die Auffor-
derung, „Ausländerfeindlichkeit“ genann-
te rassistische Übergriffe zu unterlassen.
Die Welt ist anders heute. Seit elf Jahren
gibt es ein neues Staatsangehörigkeits-
recht. Die Selbstverständlichkeit, dass
Menschen, die hier geboren und aufge-
wachsen sind, auch Deutsche sind, war zu-
mindest im Apparat angekommen. Beinahe
genauso lang mischte sich Terror- und Is-
lamangst mit der Sorge um die kulturelle
Identität der Deutschen. Trotzdem: Plura-
lität war selbstverständlicher geworden.
Dann kam der „Shift“ der Sarrazin-Debatte.
Wenn mir vor fünf Jahren jemand erzählt hät-
te, dass ich einmal Menschen kennen würde,
die bei H&M den Geschäftsführer kommen
lassen, weil eine Verkäuferin mit Kopftuch
bedient – ich hätte es nicht geglaubt. Mit
anderen Bekannten spiele ich ungewollt das
Spiel, wieviele Ungeheuerlichkeiten in einen
Satz passen: Gebildete Menschen mutieren zu
Hobby-Genetikern, dozieren über Geburtenra-
ten und nutzlose Ausländer, über „Zigeuner,
die man als Land loswerden muss“ und immer
wieder über Religion, die ehemalige Privatsa-
che. Ein rassistischer Konsens ist tief in so-
zialdemokratische, bürgerliche, akademische
Milieus eingedrungen. Man möchte mit der
Verfassung winken, doch ausgerechnet das
Grundgesetz, unser Katalog der Schutz- und
Freiheitsrechte gegenüber dem Staat soll zum
Schwurbuch werden für Menschen, die ver-
dächtige „Migrationshintergründe“ haben.
Die rhetorischen Entgleisungen angesichts
der Roma-Zuwanderung nach Dortmund zei-
gen: Wir haben immer noch ein Problem mit
„Ausländerfeindlichkeit“. Was wir hier erle-
ben ist jedoch etwas völlig Neues: Der neue
Rassismus ist in erster Linie Inländerfeind-
lichkeit. Die durch Sarrazin unters Volk ge-
brachten Thesen zur türkisch- und arabisch-
stämmigen deutschen Bevölkerung grenzen
Menschen aus, die „von hier“ sind. Das ist
in seiner Falschheit und Gefährlichkeit eine
neue Qualität, gegen die eine Hand nicht
reichen wird. Auch keine gelbe. (bp)
NEWS | von Bastian Pütter14 DER KOMMENTAR | von Bastian Pütter
BILD kein journalistisches Produkt
Für die Otto-Brenner-Stiftung ha-
ben der frühere Chefredakteur der
Frankfurter Rundschau Wolfgang
Storz und der ehemalige DGB-Pres-
sesprecher Hans-Jürgen Arlt die
Boulevardzeitung untersucht und
festgestellt: „Bild“ ist „im Kern
kein journalistisches Medium“.
„An die Stelle des Journalismus,
der mit seiner Arbeit der Informa-
tion, der Orientierung und Kom-
mentierung von gesellschaftlich
Bedeutsamen sein Publikum errei-
chen will, setzt ,Bild‘ Methoden
der Werbung, der Unterhaltung, der
Kampagnenkommunikation und des
Marketings“, so die Studie.
„Bild“ behandele Themen allein als
eine Knetmasse für publizistische,
wirtschaftliche und politische
Zwecke und sei „eine Art außerpar-
lamentarische Opposition, die al-
lerdings kein Interesse daran hat,
dass das Volk selbst sich wehrt".
Damit unterscheide sich das Blatt
jedoch so grundsätzlich von jour-
nalistischen Medien und ihrer Auf-
gabe, dass es sich damit eigentlich
„selbst aus dem massenmedialen
System herausnimmt“.
SKOTTS SEITENHIEB
Abschiebesaison eröffnet
Seit Anfang April werden in NRW
wohnende Angehörige ethnischer
Minderheiten aus den Republi-
ken Serbien und Kosova wieder
abgeschoben. Am 1. Dezember
hatte das NRW-Innenministerium
die Abschiebungen ausgesetzt,
da nicht ausgeschlossen werden
konnte, dass sich die angespannte
wirtschaftliche und soziale Situa-
tion in der Winterzeit verschärfte,
hieß es in dem bundesweit einzi-
gen „Wintererlass“. Flüchtlingsor-
ganisationen protestieren gegen
die Abschiebung von Roma, Ash-
kali und Ägyptern, die zum Teil
seit 20 Jahren in Deutschland le-
ben. Trotz z.T. dramatischer Situ-
ationen in den Aufnahmeländern
bestehen seit 2010 Rücknahme-
abkommen der Bundesregierung
mit beiden Ländern. Insbesonde-
re die Abschiebungen ins Kosovo
hält auch die flüchtlingspolitische
Sprecherin der grünen Landtags-
fraktion, Monika Düker, für „völlig
verantwortungslos“. Die Lage der
Roma dort sei unerträglich, sie
hätten „faktisch keine Integrati-
onschance“.
Hartz-IV-Verschärfung
Insgesamt 51 Änderungen des So-
zialgesetzbuches II (SGB) in den
letzten Jahren verzeichnet die
Bochumer Arbeitsgemeinschaft
„Prekäre Lebenslagen“. Die Mehr-
heit der Änderungen wirkten sich
negativ auf die Betroffenen aus.
Im Mittelpunkt stünden vor allem
Sanktionen und Repressionen. Ziel
sei eine kontinuierliche Minderung
bei Hartz IV-Leistungen. Die Ar-
beitsgemeinschaft zählt insgesamt
17 anstehende Verschärfungen auf:
Sanktionen sollen erheblich er-
leichtert werden. Auch „schlechtes
Verhalten“ kann nun etwa von den
Jobcentern sanktioniert werden.
Wenn die Behörde ein zukünftiges
Einkommen des Leistungsberech-
tigten vermutet, soll die Zahlung
des Regelsatzes sofort eingestellt
werden können. Zu viel gezahlte
Leistungen können ab sofort mit
einer Kürzung des Regelbedarfs
zwischen 10 bis 30 Prozent „ge-
ahndet“ werden. Bislang musste
das erst nach Beendigung der Hil-
febedürftigkeit erstattet werden,
wenn kein schuldhaftes oder grob
fahrlässiges Verhalten vorlag.
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Blind Date im StadionEin Fanclub – zugegeben anders und doch herrlich normal
DIE REPORTAGE | von Wolfgang Kienast | Fotos: Wolfgang Kienast16
auf der rechten Seite bekommen wir auch was für
zwischen die Zähne.” Er ist hier zu Hause und be-
kannt wie ein bunter Hund. Auf der Straße wird er
gegrüßt, man erkundigt sich nach dem Befinden,
Daumen für das heutige Spiel werden gedrückt.
Etwas später, als wir in einem klassisch eingerich-
teten Kaffeehaus vor Kännchen, Brötchen, Ei und
O-Saft sitzen, warnt er, der Wirt sei ein Schalker,
gibt mir aber gleichzeitig zu verstehen, dass der
ansonsten ganz in Ordnung sei.
Stefan Wewer ist sehbehindert. Orte, die er nicht kennt, sind für ihn meist nur mit einer Begleitperson an seiner Seite zugänglich. Auf vertrautem Terrain kommt er gut allein zurecht. In der Hagener Innenstadt beispielsweise. Dort wohnt er und dort sind wir am Samstag, den 2. März, morgens um zehn zum Frühstück und für ein Interview verabredet. Thema: Fußball und Fankultur. Anschließend wollen wir nach Dort-mund fahren, ins Stadion. Am 28. Spieltag der Bundesliga-Saison 2010/2011 empfängt der BVB die Mannschaft von Hannover 96. Die Dortmun-der haben gute Chancen, zum siebten Mal in ihrer Vereinsgeschichte die Meisterschaft zu holen.
Das Café gegenüber der Johanniskirche, Stefan
Wewer war viele Jahre lang in der evangelischen
Gemeinde aktiv, ist geschlossen. Die Fenster ver-
hängt, die Tür versperrt, kein Licht. Eigentlich
wollten wir genau da unser Frühstück einnehmen.
„Macht nichts”, sagt Stefan. „Die Straße runter
Stefan, das ist der Grund unseres Treffens, ist
Vorsitzender bei Blind Date, einem BVB-Fanclub,
gegründet von und für Blinde und Sehbehinderte.
Wobei darauf hinzuweisen wäre, dass da niemand
diskriminiert wird, nur, weil er zufällig sehen
kann. Jeder ist willkommen.
Die Geschichte des Clubs begann Ende der 90er
Jahre mit dem festen Vorsatz der späteren Grün-
dungsmitglieder, öfters mal gemeinsam zum Fuß-
ball zu gehen. Zum BVB. Auf die Südtribühne.
Zwei Jahre danach und eher zufällig machte die
lockere Gruppe von sehbehinderten Stadionbesu-
chern Bekanntschaft mit den „Sonnenkönigen”,
einem Fanclub mit Rollifahrern in den Reihen.
Dass man es organisiert einfacher haben kann,
leuchtete schnell ein. Ein paar Monate gingen ins
Land, dann wurde Nägel mit Köpfen gemacht. Als
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konstituierendes Datum gilt der 01. April 2002.
„Ein Name war schnell gefunden. Samstag für
Samstag geht man zu einem Spiel und weiß doch
nie, was einen erwartet. Wenn das kein Blind Date
ist, was dann?”
Einem Schreiben an den BVB folgte vierzehn Tage
später die recht nüchtern gehaltene Antwort,
man sei von nun an bei der Borussia als Fan-
club registriert. Die Blind Dates standen längst
nicht mehr nur gemeinsam auf Süd, sie fuhren
zu etlichen Auswärtsspielen. DFB-Pokal, UEFA-
Cup, Champions-League, Bundesliga natürlich.
Vor einem Spiel in Wolfsburg, Saison 2004/2005,
wurde ihnen mitgeteilt, die Spielstätte der
Wölfe sei leider ausverkauft. Keine Chance auf
normale Sitzplätze. Aber in Wolfsburg gäbe es
einen speziell ausgestatteten Tribünenbereich
mit Kopfhörerplätzen für Sehbehinderte. „Was
wir uns darunter vorzustellen hatten, wussten
wir zwar nicht, aber wir fuhren hin. Wir saßen
dann da und bekamen Kopfhörer aufgesetzt.
Zwei Sprecher erzählten uns was. Ob das jetzt
gut war oder schlecht, lasse ich mal offen. Alle
Kinder fangen klein an. Aber uns war sofort klar,
dass das eine tolle Sache ist. Wir forschten nach
und bekamen heraus, dass in Leverkusen auch
schon so ein System installiert war.”
Vage war die Hoffnung, als sie beim BVB an-
fragten, ob eine Audiokommentierung auch für
Dortmund denkbar wäre, denn in jenen schwar-
zen Tagen ächzte die Borussia unter der Last der
größten Finanzkrise ihrer jüngeren Geschichte.
Hätte nicht am 14. März 2005 die Molsiris-Fonds-
gesellschaft dem eingereichten Sanierungskon-
zept zugestimmt, man hätte den Spielbetrieb in
Dortmund wohl einstellen müssen. „Haarscharf
war das damals”, sagt Stefan, der im schlimmst-
möglichen Fall eine ganze Region aussterben sah.
Blind Date aber hatte doppeltes Glück. Nicht nur,
dass die Schwarz-Gelben in letzter Minute die Insol-
venz hatten abwenden können, die Tatsache, dass
das Dortmunder Stadion bei der anstehenden WM als
Spielort gesetzt war, bedeutete, dass die offiziellen
„Qualitätsstandards für behinderte Besucher der WM-
Stadien 2006“ zu gelten hatten, inklusive Audiokom-
mentar für Blinde und Sehbehinderte. Mit Beginn der
Saison 2005/2006 wurde der Service im Block 5 der
Osttribüne eingerichtet. Mittlerweile ist er in nahezu
allen Stadien üblich, teils bis runter in die dritte Liga.
„Wird langsam Zeit, dass wir nach Dortmund kom-
men”, meint Stefan. Manchmal fährt er mit Bus
und Bahn, heute werden wir von Jans Vater im
Auto mitgenommen. Jan ist Mitglied bei Blind
Date, nicht sehbehindert, doch im Körper des
längst Erwachsenen steckt ein neugierig fragen-
des Kind. „Trotz seiner geistigen Behinderung ist
er bei uns voll integriert”, sagt Stefan. Unterwegs
steigt Andreas zu. Er wartet an der Straße, trägt
einen weißen Stock und erkennt sein „Taxi” be-
reits am Motorgeräusch.
Mit einem Passierschein können wir in unmit-
telbarer Stadionnähe parken. Treffpunkt vor
Heimspielen ist traditionell der Biergarten am
Stadion Rote Erde. Von den 35 Mitgliedern ist
mehr als die Hälfte anwesend. Daniela, die 2.
Vorsitzende, Michael, Gerd und die anderen.
Die Stimmung ist gut, ich werde als „der Bodo
von den Obdachlosen” vorgestellt, alle lachen,
der Sieg gegen Hannover ist beschlossene Sa-
che. Nur Gerd bleibt skeptisch. Gerd ist Schatz-
meister, Begleitperson und ältestes Mitglied in
Personalunion. Er hat einst unter Adi Preißler
trainiert und für Viktoria Dortmund als Mittel-
läufer auf Asche dem Fred Kelbassa vom BVB
17
Stefan Wewer in voller Fan-Ausstattung. Sein Taxi fährt ihn bis zum Sondereingang, während seine Freunde vom „Blind Date“-Fanclub schon mal die Kopfhörer aufsetzen.
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das Leben schwer gemacht. Er weiß, dass
beim Fußball alles möglich ist.
Gleich ist Anstoß. Durch einen Nebeneingang,
„Sonderausweise” steht über dem breiten Tor,
gelangen wir ins Stadion. Wir steuern die erste
Reihe in Block 5 an. Unsere Sitzplätze liegen,
auf Rasenhöhe, in unmittelbarer Nähe zur Süd-
tribühne. „Wenn die gleich ,You‘ll never walk
alone‘ anstimmen”, gesteht Stefan, „bekomme
ich eine Gänsehaut. Das ist immer wieder so.”
Volunteers nehmen Getränkebestellungen
entgegen. Die Empfangsgeräte für den Au-
diokommentar werden verteilt. Zigaretten-
schachtelgroß sind sie und haben Kopfhörer,
wie man sie vom Walkman kennt. Mit dem
Anpfiff gehen Martin Feye und Markus Blie-
metsrieder, das Moderatoren-Team, „auf Sen-
dung”. Ihr Arbeitsplatz ist die Pressetribüne.
Stefan sagt, sie würden ihren Job richtig gut
machen. „Du kannst ja gleich mal reinhören.
Das ist klasse. Die vermitteln uns das Gefühl,
mitten drin zu sein. Wenn ich schon nicht se-
hen kann, dann wünsche ich mir solche Spre-
cher, die mit ihrer Stimme die Stimmung im
Stadion rüberbringen können.” Der Kontakt
zwischen Fanclub und den Kommentatoren
ist freundschaftlich. Martin Feye ist sogar
Mitglied bei Blind Date, Markus Bliemetsrie-
der ziert sich noch. Er ist Bochum-Fan. „Kann
man nichts machen”, sagt Stefan und erklärt
gelassen, die beiden würden auch dort den
Audiokommentar sprechen.
Dass sie um Objektivität bemüht sind, wird
ihnen sogar von Gästefans attestiert. In
Hallo und guten Tag, liebe Leserinnen und
Leser der bodo,
nun haben wir Sommerzeit. Die Uhren sind
umgestellt und man durfte eine Stunde we-
niger schlafen. Doch wenn die Sonnenstrah-
len einen in der Nase kitzeln, steht man so-
wieso eher auf.
Ein wunderschönes Wetter und man hat Lust,
spazieren zu gehen. Am Sonntag waren es
über 20 Grad. Das finde ich sehr gut. So
macht es Spaß, am Tierpark zu verkaufen.
Nun ist unser Knut auch tot. Ich war sehr
traurig darüber. Es wurde gesagt, er hätte
einen Gehirnschlag gehabt. Vier Jahre ist er
nur alt geworden.
Alles hat mal ein Ende. Mein Spülautomat
gab auch den Geist auf. Der Türöffner war
abgebrochen. Sofort rief ich die Firma an,
die noch am gleichen Tag die Reparatur
durchführte. Ich hatte eine Versicherung ab-
geschlossen, das war mein Glück. So wurde
nicht nur der Griff gemacht, sondern auch
die Dichtung der Tür.
Am 13. März war ich das erste Mal wieder
im Zoo verkaufen. „Na wieder da?“, sagten
die Kunden. „Das freut uns. Da brauchen wir
bodo nicht in der Stadt zu kaufen.“ Das baut
einen doch wieder auf.
Was sagen Sie zu der Katastrophe in Japan?
Ist es nicht schlimm, wie die Menschen lei-
den? Jeden Tag verfolgen wir die Nachrich-
ten. Die Menschen sind alle verunsichert.
Unsere Kernkraftwerke sollen abgeschaltet
werden und der Strom wird immer teurer.
Wer soll das denn bezahlen? Das können wir
doch gar nicht. Eines Tages sitzen wir bei
Kerzenlicht. Ich hoffe das wird noch eine
Weile dauern.
Nun will ich schließen und sage bis zum
nächsten Mal Tschüss, Ihre Rosi.
NEUES VON ROSI | von bodo-Verkäuferin Rosi
Block 5, wie generell in Stadien, haben Gäs-
te Anspruch auf 10% des Kartenkontingents.
Es wird honoriert, dass beide stets bestens
informiert in die 90 Minuten gehen. Sie ken-
nen die Mannschaftsaufstellungen, die tak-
tischen Ausrichtungen, haben Anekdoten zu
den Akteuren parat. Sie sprechen im Wechsel,
sind auf Ballhöhe und beobachten neben dem
Spiel auch die Fans, ihre Aktionen, Fahnen
und Transparente, um ihr Publikum bei Un-
terbrechungen am Geschehen auf den Rängen
gleichermaßen teilhaben zu lassen. Stefan
reicht mir seinen Kopfhörer. Ich staune, wie
gut sie sind. Besser als Fußball im Radio.
Dass es zur Pause noch 0:0 steht, liegt nicht
an ihnen. „Ich wusste es”, schimpft Gerd.
„Hannover kauft uns den Schneid ab. Hanno-
ver spielt wie wir in der Hinrunde.”
Lähmendes Entsetzen, als Abdellaoue in der
57. Minute zum 0:1 für die Niedersachsen
trifft. Zwei Minuten später gleicht Götze nach
einem phantastischen Solo aus. Das Stadion
gleicht einem Tollhaus, Block 5 feiert Party.
Da geht noch was. Die Tore fallen jetzt im Mi-
nutentakt. Nach dem 3:1 durch Barrios erlaubt
mir Stefan, ihn mit Bier in der Hand zu foto-
grafieren. Vorher hatte er mich gebeten, das
lieber nicht zu machen. Aus Imagegründen.
Gern. Fußball habe ich selten so entspannt
gefeiert. Ich glaube nicht, dass ich es mir nur
einbilde, dass Euphorie hier einen Tick freund-
licher ausbricht als in anderen Blöcken.
Großkreuz, 4:1. Was den 14. Mai betrifft, sind
sich gerade alle einig: „Deutscher Meister wird
nur der BVB!” (wk)
19
Seit 15 Jahren gehören das Straßenmaga-
zin und seine Verkäufer zum Straßenbild in
Bochum, Dortmund und Umgebung. Viele
haben feste Verkaufsplätze und einen eige-
nen Kundenstamm. Manche sind schon seit
Jahren bei uns, andere nur auf der Durch-
reise. Für alle jedoch ist der Verkauf des
Straßenmagazins eine Arbeit, die Halt gibt
und Selbstbewusstsein schafft. bodo stellt
regelmäßig einen Verkäufer vor.
Frank, Wattenscheid
19
Ich werde jetzt 46. Ich bin geboren in Wanne-Eickel und lebe in Gelsenkirchen. Da arbeite ich auch in einem Altenheim. Ich mache Hausmeis-terarbeiten, Glühbirnen wechseln, Abflüsse, pflege die Grünanlagen, so etwas. Angefangen habe ich mit einer ABM, dann hatte ich einen 1,50-Euro-Job, jetzt einen Vertrag über zwei Jahre. Im Juni entscheidet sich, ob es eine Ver-längerung gibt.
Vor sechs oder sieben Jahren kam ich durch meine
Bekannte Petra zu bodo. Sie war Verkäuferin in
Wattenscheid, leider ist sie verstorben.
Vorher war ich arbeitslos und hab von der Hand
in den Mund gelebt. Ich hatte auch einen Hau-
fen Schulden, bei der Bank, beim Sozialamt oder
privat. Das Verkaufen der bodo hat mir da sehr
geholfen. Ich konnte Einiges in kleinen Raten
abbezahlen und hab mein Leben Stück für Stück
wieder in den Griff gekriegt. Ich habe früher ein
anderes Leben geführt. Nach dem Unfall habe ich
mein Leben umgekrempelt.
Meine Eltern sind nacheinander gestorben, als
ich 14 bzw. 15 war. Heute ist da das Jugendamt
da, es gibt Betreuung und Hilfen. Damals gab
für mich nur dieses: „Ihr seid schuld.“ Ich hab
versucht, das zu verkraften, bin dann aber abge-
stürzt: Alkohol, und bin schließlich auf der Stra-
ße gelandet.Und dann gab s diesen Unfall. Mir
mussten beide Unterschenkel amputiert werden,
VERKÄUFERGESCHICHTEN | protokolliert von Bastian Pütter | Fotos: Claudia Siekarski
ber festgeklebt, aber das ist ja keine Lösung. Das
muss richtig gemacht werden.
Warum ich immer noch bodo verkaufe? Wegen der
Leute, wegen der Unterhaltungen. Ich bin nicht
gern alleine. Und ich will was tun. Ich bin nicht
der Mensch dafür, zu Hause zu sitzen. In der Wo-
che habe ich ja Arbeit, nur Samstags mittags ver-
kaufe ich in Wattenscheid. Die Leute kennt man
all die Jahre.
Ach ja: Ich möchte mich ganz herzlich bei allen
Wattenscheider Käufern bedanken und sie grü-
ßen! (bp)
»Nach dem Unfall habe ich mein Leben umgekrempelt.«
ich lag lange im Koma. Wenn Leute fragen, sag´
ich immer: ich hatte einen Autounfall.
Als ich wieder wach wurde, war mit klar, Gott hat
mir eine letzte Chance gegeben: Entweder ich
beginne ganz neu oder es ist bald ganz vorbei.
Ich bin gar nicht besonders gläubig, aber mein
Vater ist an einem Ostermontag gestorben und
ich bin an einem Ostersonntag aus dem Koma
aufgewacht. Seit 15 Jahren bin ich jetzt trocken
und Nichtraucher.
Ich sag immer: Die Füße kommen nicht wieder.
Aber es gibt so viele Menschen, denen es schlech-
ter geht. Und es gibt so viel schlimmere Beein-
trächtigungen. Ich kann laufen, ich kann dies und
das machen. Ich verstehe auch nicht, warum ich
für den ersten Arbeitsmarkt nicht in Frage komme.
Für mich ist das keine Behinderung.
Mein Sachbearbeiter sagt, als Dachdecker könn-
te ich nie arbeiten. Ich finde, man muss einfach
ausprobieren, was man kann. Ich musste die im
Altenheim auch überzeugen. Von den 100 Prozent
Behinderung in meinem Ausweis spüre ich viel-
leicht fünf Prozent.
Das einzige wirkliche Problem, das ich habe zur
Zeit: Ich brauche eine neue Brücke. Ich spare
schon lange, aber der Kostenvoranschlag vom
Zahnarzt ist so hoch. Meine alte Brücke löst sich
immer wieder. Die hab ich schon mit Sekundenkle-
20
Ricky hat einen Traum: aus Staff Benda Bilili
die beste Band des Kongo zu machen! Roger,
ein hochbegabter Straßenjunge, möchte sich
unbedingt den Stars des Ghettos anschlie-
ßen, die auf skurrilen Dreirädern durch Kin-
shasa kutschieren. Gemeinsam schöpfen alle
Kraft und Hoffnung aus ihrer Musik...
Vor fünf Jahren trafen die Regisseure in Kin-
shasa auf „Papa“ Ricky Likabu, Coco Ngambali
und ihre polioversehrten Freunde und sahen
bei den ersten Proben im Park zu. Der in
Cannes umjubelte Musikfilm ist das Zeugnis
des unerschütterlichen Glaubens der Musiker
an die eigene Kraft. Eines Glaubens, der über
widrigste Umstände siegt und zeigt, dass Mu-
sik den Himmel aufschließt – eine „Lektion
fürs Leben“ (Le Monde).
Staff Benda Bilili ist einzigartig. Die Stra-
ßenmusiker haben einen hypnotisierenden
afrikanischen Soul erschaffen, der tief in der
kongolesischen Rumba verwurzelt ist und
Rhythm'n'Blues, Reggae und kubanische Non-
chalence anklingen lässt.
Dies ist kein typischer, glatter Musikfilm, der
in wohlwollender Anbetung seiner Stars ver-
harrt. Bei aller Zuneigung zu seinen Helden
wirkt der Film bescheiden und zurückhaltend.
Das liegt zum einen an den Musikern selbst,
die wenig von der fröhlichen Leichtigkeit ha-
ben, die allgemein von Künstlern erwartet
wird. Man wird in eine fremde Welt hinein-
geworfen und trifft auf Menschen, die vom
Glauben an sich selbst und an eine bessere
Zukunft angetrieben werden. Ein Lehrstück
über die Macht der Leidenschaft.
19.05. bis 24.05. um 19.30 Uhr
26. & 28.05. bis 01.06. um 21.15 Uhr
Endstation Kino im Bahnhof Langendreer
Wallbaumweg 108, 44894 Bochum
Telefon 0234 – 68 71 620
www.endstation-kino.de
endstation.kino & bodo präsentieren:Benda Bilili!
20 KINOTIPP | von endstation.kino
Seit wir nicht mehr untertage einfahren, son-
dern kreativ arbeiten und unsere Zeit ebenso
kreativ einteilen, ähneln die vielen grünen
Zonen in und neben unseren Städten dem
Rundweg um die Hamburger Außenalster am
Sonntag: alles voll. Als vermissten wir den
Stau auf dem Ruhrschnellweg, drängeln wir
uns nach Feierabend und an den Wochenen-
den auf Radwegen und Laufstrecken. Stau
am Baldeneysee, Stau am Kemnader See,
Stau auch in der Dortmunder Bolmke.
Die Bolmke ist der Rest der einstigen
Emscheraue, ein Naturschutzgebiet mit
Bruchwald und Brunnenkresse im Teich
– und der Laufparcours der Kreuzviertel-
Akademiker. Die beliebte Finnenbahn, also
ein eigens angelegter 800-Meter-Rundkurs
mit federndem Rindenbelag, erinnert mich
manchmal an den Nintendo-Klassiker Ma-
rio Kart, weil die Läufer alle so lustig hin-
tereinander her traben.
Wenn man die Bolmke vom Kreuzviertel her
anläuft, passiert man zunächst die ehr-
würdigen Westfalenhallen und dann das
Westfalenstadion, tschuldigung: den Signal
Iduna Park. Je nach Messe oder Großver-
anstaltung muss man sich seinen Weg oft
durch allerlei skurrile Gestalten bahnen.
Die besten Ergebnisse in diesem Sinne lie-
ferten zuletzt die „Jagd & Hund“ mit Lo-
denmännern und Lodenhunden, die größte
deutsche Indoor-Technoparty „Mayday“ mit
verpeilten Housemädchen und die 40.000
Zeugen Jehovas im Stadion mit ihren Alien-
Sonnenbrillen.
Gut gefallen haben mir auch die Besu-
cher der „Intermodellbau“, weil man beim
Laufen dauernd über irgendwelche fern-
gesteuerten Modellautos springen muss,
um deren Fernbedienung sich Väter und
Söhne regelmäßig streiten. Und der Klas-
siker sind die stolzen, wenn auch ob der
zunehmenden Bedeutungslosigkeit ihres
Sports oft gramgebeugten Teilnehmer der
„Brieftauben-Olympiade“. Das Szenario
ist deshalb klasse, weil jeder der älteren
Herren einen oder zwei Pappkartons unter
dem Arm trägt, aus denen es unentwegt
gurrt und ruckediguht.
Sollten Sie an einem Heimspiel-Samstag-
nachmittag mit mir laufen, werden wir zwi-
schen Stadion und Bolmke noch kurz einen
Abstecher in die dortigen Schrebergärten
machen. Dortmund ist schließlich die Stadt
mit der höchsten Dichte an Kleingärten pro
Einwohner. Kaum jemand hat ausschließlich
Blumen oder Rasen, fast überall wächst
der Porree, steht ein knorriger Apfelbaum,
sprießt der Dill. Gehisste BVB-Flaggen,
Grillduft, Gartenarbeit in der Sonne, und
dazu Stadionsprecher Norbert Dickel, der
Held von Berlin, live und direkt neben uns.
Und selbstverständlich sind die oralen
Emissionen der 80.000 Fans stimulierender
als die „Erwachet“-Predigten der Zeugen
Jehovas neulich.
Obwohl mir da der Gedanke kam, dass man
auf diese Weise auf den umstrittenen Vi-
deobeweis bei kniffligen Schiedsrichterent-
scheidungen verzichten könnte – 40.000
Zeugen im Stadion können sich schließlich
nicht irren… (perik)
INFO
Auszug aus der „Gebrauchsanweisung für
das Ruhrgebiet“ (Piper Verlag, 2009).
Peter Erik Hillenbach ist ein Dortmunder
Journalist und Autor, der lokale Restau-
rantführer („Dortmund geht aus!“, „Dort-
mund genießt“) verantwortet und gern im
Klinikviertel wohnt.
GEBRAUCHSANWEISUNG FÜR DAS RUHRGEBIET | von Peter Erik Hillenbach
Was wir tun, wenn wir nicht malochenWir Kreativen haben ja so viel freie Zeit, die wir gern fürs Joggen nutzen.
Laufen Sie doch mal mit mir!
21
Arrested Development»Strong Tour 2011«
am 31. Mai 2011im Bahnhof Langendreer, Bochum
bodo verlost 3 x 2 Karten
VERANSTALTUNGEN MAI 2011 | VERLOSUNGEN | CD-TIPPS | zusammengestellt von Benedikt von Randow 21
Auch diesmal gibt es wieder Bücher und Karten für tolle Veranstaltungen zu gewinnen.Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff „bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an:
[email protected] schicken Sie uns eine frankierte Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer an:
bodo e.V., Postfach 100 543, 44005 Dortmund
Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entscheidet das Losverfahren.
Alle Gewinner werden rechtzeitig telefonisch oder per Email benachrichtigt.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
19.05. | 13. Bochumer Newcomer Festival | Riff, Bochum | 3 x 2 Karten
23.05. | Novecento | Theater im Depot, Dortmund | 2 x 2 Karten
26.05. | Nicola Conte | domicil, Dortmund | 3 x 2 Karten
31.05 | Arrested Development | Bahnhof Langendreer, Bochum | 3 x 2 Karten
10. – 12.06. | Rock Hard Festival | Amphitheater, Gelsenkirchen | 3 x 2 Karten
19. – 28.05. | Benda Bilili! | endstation.kino, Bochum | 1 x 2 Karten
Manifest der Vielen. Deutschland erfindet sich neu. | 2 Exemplare | Hilal Sezgin (Hg.)
Schürmanns im Park | 1 Gutschein für einen Sonntags-Brunch für zwei Personen |
An der Buschmühle 100 | 44139 Dortmund
Viel Glück, wünscht Ihr bodo-Team!
22
DI 03 | 05 | 11
Lesung | Fräulein Nina und Monsignore
Dem Autor, Journalist, Kirchenkritiker, Sänger und
Schlagzeuger Nico Rauch a.k.a. „Monsignore“ be-
gegnen auf dem täglichen Weg zum Kiosk Hunde,
Dreck, Touristen und Nachbarn, darunter seit ei-
niger Zeit auch Fräulein Nina, die sich gern von
„Monsignores“ Kieztratsch fesseln lässt. Das geschieht
vorzugsweise bei selbstgebackenem Kuchen, denn in
brav-biederen Szenarien fühlt sich die von der Klein-
bürgerin zur Kleinkünstlerin mutierte junge Dame im-
mer noch am wohlsten. Altbacken und abtrünnig ka-
tholisch wie sie ist, redet sie mit dem Powerprediger
am Liebsten über Gott und die Welt – mitten aus dem
Herzen des pulsierenden Viertels, in dem der Wahnsinn,
der Monsignore und das Fräulein zu Hause sind.
Sissikingkong, Dortmund, 21 Uhr
Wissenschaft | 3. Science Slam
Wissenschaftler präsentieren ihre Ergebnisse in unter-
haltsamen Zehn-Minuten-Vorträgen. Science Slam ist
„Wissenschaft für das Volk“. Nach dem Vorbild von Po-
etry Slams treten hier aber Nachwuchswissenschaft-
ler zum Rede-Wettstreit an. Sie verlassen dabei die
heiligen Hallen der akademischen Wissenschaft und
stellen in ungewohnter Umgebung einer kritischen
Öffentlichkeit ihre Forschungsarbeiten vor.
domicil, Dortmund, 20 Uhr
DO 05 | 05 | 11
Musik | Locomondo
Locomondo, die griechische Reggae-Combo aus
Athen, kommt nach Deutschland und verbreitet mit
ihrer Musik viel gute Laune. Diese Band hat Sonne im
Gepäck – und das bei jedem Wetter. Locomondo kop-
peln ihre musikalischen Einflüsse aus der Karibik wie
Reggae und Ska mit traditioneller griechischer Musik
(wie z.B. Rembetiko oder Sirtaki); eine Mischung, die
sie einzigartig macht und das Publikum meist zum To-
ben bringt. An diesem Konzertabend, mitveranstaltet
von Radio El Zapote, präsentieren sie live ihr nagel-
neues Album „Best Of“.
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
FR 06 | 05 | 11
Kabarett | Fritz Eckenga
Der unvermeidliche Mitmensch nebenan nennt sich Nach-
bar. Er besitzt keine guten Manieren, dafür aber schwe-
res Gerät. Wenn er Nähe sucht, benutzt er nicht die Tür-
klingel, sondern die Trennflex. Zum Glück aber ist Fritz
Eckenga mit seinem Programm „Fremdenverkehr mit Ein-
heimischen“ zur Stelle. Er scheut sich nicht, auch dort zu
recherchieren, wo die Glühbirnen verboten, aber die Wes-
terwelles Außenminister werden; wo Menschenmassen
Joghurt zu Quark treten oder in die poröse Röhre einer
Stadtunterführung gucken: Der City-Tunnel Unna/Westfa-
len ist ihm einen Antrag zur Aufnahme in die UNESCO-
Liste des Welterbes der Menschheit wert. Statt immer nur
zu klagen und zu kritteln, denkt er sich lieber ein paar
begrüßenswerte Seuchen wie die Schweigegrippe aus.
Werkstadt, Witten, 20 Uhr
Kleinkunst | Simone Fleck
Im neuen Programm von Simone Fleck fletscht „Oma
Wally“ wieder ihre dritten Zähne, rappt mit Krückstock und
seziert gnadenlos und mundgerecht den deutschen Alltag:
Ecstasy-Disco Ü70, Burn-out bei Haustieren, und muss der
CO2-Abdruck in den neuen Ausweis? Wie viel Zuwendung
braucht unser Nachwuchs wirklich, wer versteht auf Mallor-
ca noch Spanisch und macht „Golfen“ tatsächlich sexy? Im
Fragen- und Antwortkatalog lauert die These: „Sportliche
Brüste steigern die Lebenserwartung und eine gesunde
Darmflora ist nicht nur was für Gartenfreunde“.
Fletch Bizzel, Dortmund, 20.30 Uhr (auch 07.05.)
Musik | Groove & Snoop Bluesband
Das Quintett Groove & Snoop aus Bochum liefert feins-
ten, live gespielten Blues und Boogie. Ob atemberau-
bend schnell und hart an der Grenze der Artistik oder
genüsslich und ruhig groovend mit „Publikum-Kopfwipp-
Garantie“, die Groove & Snoop Bluesband spielt einen
Blues, der sich gekonnt zwischen traditionell und mo-
dern bewegt, ohne dabei den Mississippi auch nur einen
Moment aus den Augen zu lassen. Gerade erst haben
sie auch eine neue Platte veröffentlicht. „Who's fooling
who?“ ist der Titel und sie groovt und bluesed wie die
Hölle. Der Eintritt zur Bochumer Blues Session ist frei.
KulturCafé der Ruhr-Uni, Bochum, 20 Uhr
Kabarett | Andrea Badey
„Die Badey“ verwandelt eine alltägliche Geschichte
in eine moderne Reise der Heldin auf der Suche nach
dem Schatz. Sie forscht danach, was wirklich glücklich
macht. Das ist alte Mythologie im neuen Gewand. Und
anstatt willkürlich Nummern aneinanderzureihen, finden
wir hier einen erkennbaren dramaturgischen Bogen, der
sich von Anfang bis zum Ende spannt. Und das Ende ist:
Gänsehaut pur. Wir sitzen im Kabarett. Wir sehen cineas-
tisches Kabarett. Und zwischendurch immer mal wieder
Comedy mit Substanz, Musik und etwas Poesie.
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
SA 07 | 05 | 11
Theater | Ass Karta
Auf der Suche nach Identität, Glück und Freiheit erzäh-
len acht Jugendliche von einem Trip ins Unbekannte
und den Hindernissen, die ihnen dabei begegnen. Sie
erzählen Geschichten über das Erwachsenwerden und
suchen Brüche in der eigenen Biografie. Jeder zieht sei-
ne ganz persönliche Arschkarte. Gemeinsam oder ein-
sam, Big Party oder Ass Karta. Im Mittelpunkt stehen
auch Fragen nach aktuellen Dingen, Duisburg, Stadt
03 | 05 | 11 Fräulein Nina und Monsignore
22 VERANSTALTUNGEN MAI 2011
MO‘ HORIZONS | and the Banana Soundsystem (Agogo / Indigo)Es war auf der Zielgeraden zum neuen Millennium, als die zwei DJs & Produzenten aus „Bosshannover“ mit ihrem Debüt „Come Touch The Sun“ ihren wohl geformten Stempel auf die Musikwelt drückten. Mit einer unge-heuren Leichtigkeit und einer hohen Maß an Groove verbanden Ralf Droesemeyer und Mark Wetzler die Welten südamerikanischer Musik und Rhythmen mit europäischem Club'n'Lounge-Gespür. Nun waren sie seit ihrem letzen Album „Sunshine Today“ vier Jahre lang in der Weltgeschichte unterwegs, sowohl als DJs, als auch mit Mo‘ Horizons live, „so dass wir fast durchgeknallt sind“. Deswegen sind auch diesmal noch mehr Musiker aller Couleur dabei: ein Percussionist aus Venezuela, ein Funkmeister mit Gypsyblut aus Australien, eine portugiesi-sche und eine brasilianische Bossa-Sängerin, zwei Flamenco-Punker aus Spanien, ein chilenischer Bassist, ein bulgarischer Boogaloo-Experte, ein italienscher Filmmusiker, einer Sängerin aus dem Senegal mit Wohnsitz in Holland und Wurzeln in Indonesien. Das ist ja wohl Multi-Kulti und musikalische Globalisierung at his best. Mo‘ Horizons and the Banana Soundsystem ist der ultimative Soundtrack für die fröhliche Sommerparty mit positiven Grooves aus aller Welt und einem klaren Schwerpunkt auf lateinamerikanische Musik. (BvR)
CD-TIPP
05 | 05 | 11 Locomondo
23
06 | 05 | 11 Fritz Eckenga06 | 05 | 11 Andrea Badey
ohne Geld, weg wollen oder hier bleiben, Baustelle –
die Reise hat schon begonnen. Eine Eigenproduktion
der „Theaterpartisanen“ unter Verwendung von Textzi-
taten aus Stücken von Gesine Danckwart.
Studio des Schauspiel Dortmund, DO, 20 Uhr (auch 8.5.)
Kleinkunst | Michael Steinke
Er ist charmant, komisch, ein wenig boshaft: und hat
ein neues Programm: „Funky! Sexy! Vierzig!“ Hatten Sie
eine schwere Kindheit? Ideal! Dann geht's Ihnen besser
als Michael Steinke – der Mann hat obendrein noch eine
schwere Gegenwart. Denn er fühlt sich funky, er fühlt
sich sexy, aber er fühlt auch den Körper eines Mittvierzi-
gers. Der Meister der Stand-Up-Tragedy will sein Publikum
auf einen Streifzug durch die 70er Jahre mitnehmen – in
eine Zeit, in der Telefone noch nicht in die Hosentasche
passten, Mustertapeten uns die Sinne vernebelten und
in der Küche Prilblumen blühten. Elegant verschmilzt er
Comedy und Kabarett, intelligent und mit gekonnt vorge-
tragenen Popsongs geht er auf die Lachmuskeln des Publi-
kums los. Kraftvoll, aber ohne Kraftausdrücke.
Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr
SO 08 | 05 | 11
Kindertheater | Julie und der kleine Juniorriese
Die kleine Julie ist als erste wach an diesem Sonntag-
morgen. Alle anderen schlafen. Was also unternehmen?
Im Zimmer spielen ist zu laut, draußen regnet es in
Strömen, also auch nicht raus oder doch: Eine dicke,
weiße Wolke hängt am Himmel und ruft. Leise packt
Julie ihren Koffer und macht sich auf die Reise. Auf
skurrile Weise trifft sie auf den Wolken den Juniorrie-
sen. Aber auch Juniorriese ist nur ein Winzling und hat,
wie Julie, auch einen großen nervigen Bruder. Eine
Geschichte über Groß und Klein, gemeine Brüder, heu-
lende Riesen und eine ganz besondere Freundschaft,
erzählt mit wenigen Objekten und vielen Geräuschen.
Werkstadt, Witten, 15 Uhr
MI 11 | 05 | 11
Musik | Anna Depenbusch
Nein – die Hamburger Sängerin Anna Depenbusch will
mit ihrem neuen Album keine verschlüsselten Nach-
richten an ihren alten Mathelehrer senden. Ihre „Ma-
thematik der Anna Depenbusch“ erzählt vielmehr von
Un-Berechenbarkeiten. Es geht um Liebe, um Bezie-
hungen. In ihren Songs begibt Anna sich auf die Suche
nach einer Formel und kombiniert dabei unterschiedli-
che Musikstile. Neben klassischen Balladen zeigt die
Künstlerin wie vielseitig ihre Musik und ihre Lieder
sind – sie mischt Disco-Beats und Polka-Rhythmen,
Country-Klänge, Chansons und Zirkusmusikelemente,
Streichquartett und großes Orchester.
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
DO 12 | 05 | 11
Musik | Long Distance Calling
„Aus unterschiedlichen Winkeln des härteren Musikkos-
mos kommend, jedoch mit gemeinsamen Vorlieben für
postrockistische Big Names wie Mogwai, Red Sparowes
und Godspeed You Black Emperor, treffen die fünf Mit-
glieder von Long Distance Calling Anfang 2006 aufei-
nander. Ihrer Vision, einen Sound zu schaffen, wie er
gerade in der deutschen Alternative-Szene weitgehend
ungespielt ist, verleiht die Münster-Dortmund-Mann-
heim-Connection bald mit der viel gefeierten Demo
,DMNSTRTN‘ Ausdruck. Rock Hard attestiert ,absolu-
te Professionalität‘, zugleich erklärt die Visions das
4-Track-Album kurzerhand zur Demo des Monats. ,Nichts,
das diese Welt schöner macht, dauert nur drei Minuten‘,
sagen sie selbstbewusst. Beinahe schon folgerichtig,
dass unter dieser Prämisse epische Instrumental-Hym-
nen entstehen – gewaltig, gewichtig, Strophen und Ref-
rains niederwalzend.“ (Quelle: laut.de)
FZW, Dortmund, 20 Uhr
FR 13 | 05 | 11
Musik | Orka feat. Oktopus
Wie klingt die Stadt? Orka kommen aus Innan Glyvur,
einem Ort mit 77 Einwohnern weit oben im Atlantik auf
den Färoer, den Schafsinseln – viel Gras und Schaf, viel
Nebel und viel Regen. Regen an fünf von sieben Tagen in
der Woche. Was also sollen vier aus 77 hier schon trei-
ben, um all die Zeit zu vertreiben? Viking Metal viel-
leicht? Oder Björk-gleichen Nebelgesang? Sie machen
Industrial Music. Sie machen etwas, das derart urban
klingt und nach großer Stadt, dass man denkt, die Ein-
stürzenden Neubauten seien bestenfalls kleinstädtisch
gewesen. Hätte man nie gedacht: dass die Färöer gar
nicht auf nördlicher Breite und westlicher Länge liegen,
sondern zwischen Yann Tiersen und Public Enemy. Mit-
bringen tun sie bei diesem Konzert der Reihe „urban ur-
typ“ Oktopus alias Mamin, den US-amerikanischen Hip-
Hop-Produzenten und Soundtüftler.
Christuskirche, Bochum, 19 Uhr
Party | Borussia Hearts Club
„Borussia Hearts Club“ ist das Motto, wenn der sonst nur
im Winter tätige DJ Suicide (Lonely Hearts Club) seinen
Geburtstag feiert. Doch das ist nicht der einzige Anlass,
06 | 05 | 11 Simone Fleck
schließlich fiebert man auch dem letzten Bundesliga-
Spieltag sowie der heiß ersehnten 7. Meisterschaft des
Heimatclubs entgegen. Und wie immer diese Spielzeit
auch ausgehen mag, das Herz des Plattendrehers schlägt
im „Nur-Der-BVB-Takt“. Zur Not kann er ja auf genügend
Repertoire aus dem Winter („Traurige Musik für eine trau-
rige Stadt“) zurückgreifen. Angedacht ist jedoch eine
Hommage an die neuen Champions: Boooorussiaaaaa!
Eine Symphonie in schwarz-gelb – Meistermusik für die
Meisterstadt – mit Special Guests. Der Eintritt ist frei.
Subrosa, Dortmund, 20 Uhr
SA 14 | 05 | 11
Mischmasch | Nerdcore – das Nerdfestival
„Ich habe vor, das Publikum in die Show einzubauen.
Dies soll in Form von einem Karaoke-Wettbewerb, den
‚Nerdovision Song Contest’, und den ‚Nerd Olympics’
(Eckenrechnen, Looping Louis etc.) stattfinden. Außer-
dem gibt es Slammer, die nerdige Texte vorlesen werden.
Des Weiteren konnte ich noch Alidaxo für dieses Event
gewinnen, die für ihre nerdigen, lustigen HipHop-Texte
bekannt sind. Moderiert soll das Ganze locker, flockig,
nerdig von Pierre (und mir, sofern ich darf) werden. Zum
Abschluss kann es dann noch eine kleine After Show Par-
ty geben, sofern sich noch ein DJ finden lässt. Es wäre
top, wenn der Musikstyle dabei einen Mix aus retro- und
modernen Sounds darstellt.“ So beschreibt Nerd Lupo
selber seine originell klingende Veranstaltung.
Flottmann-Hallen, Herne, 20 Uhr
Tanztheater | 732km
Das Tanzexperiment 732km auf der Bühne des Theaters
im Musischen Zentrums der RUB beschäftigt sich mit
dem Phänomen der Zeit und der Wechselbeziehung zur
Bewegung. Durch den Einsatz von Weckern, Eier- und
Stoppuhren, sowie der Projektion einer digitalen Uhr,
ist die Zeit allgegenwärtig. Es ist ein stetes Spiel, von
der Zeit beherrscht zu werden und sie gleichzeitig zu
beherrschen: Klingelt eine Eieruhr, wird konsequent die
gegenwärtige Szene abgebrochen und eine neue be-
gonnen; die Darsteller stellen die Uhren jedoch selbst.
Der Eintritt ist frei.
Ruhr-Universität, Bochum, 19.30 Uhr
Kleinkunst | Herrencreme
Es gibt sie noch: die echten Kavaliere, die sich mit einer
Rose im Mund über Balkonbrüstungen schwingen. Die
leidenschaftlichen Liebhaber, die stets bereit sind, mit
der Liebsten unter den Schönsten einen gemeinsamen
Putzplan aufzustellen. Die Jungs von Herrencreme klären
in ihrem „etwas anderen Galaabend“ u.a. die Fragen, ob
24
ANCIENT ASTRONAUTS | Into Bass And Time (ESL Music)
„Whether it's downtempo grooves, hard hip-hop, banging dub, or skillful scratching, Ancient Astronauts keep your
head nodding start to finish on their new joint.“ So beschreibt das Szenemagazin Waxpoetics aus Brooklyn den
Sound der „Antiken Astronauten“. Doch wie kommt es, dass ein New Yorker Journalist sich mit zwei Kölner DJs be-
schäftigt? Das liegt natürlich in erster Linie an dem coolen Sound, den Kabanjak und Dogu, die Ancient Astronauts,
produzieren: Eine Vision von HipHop & Rap, die sich inspirativ stark bei Funk, Reggae, Jazz, Dancehall, Dub, sowie
Beats und Samples aus der großen weiten Welt speist. Aber davon hätte in den Staaten bestimmt keiner etwas mit-
bekommen – schon hier in heimischen Gefilden sind die Ancient Astronauts eher ein Geheimtipp – wenn da nicht das
weltweit wohl geschätzte Produzenten-Duo Thievery Corporation den zwei Kölnern unter die Arme gegriffen bzw. sie
in ihre Arme geschlossen hätten. Für die Astronauts ist es definitiv ein Jackpot, dass deren Label Eighteenth Street
Lounge „Into Bass And Time“ veröffentlicht. Ihre Musik ist ähnlich weltoffen und groovig wie die von Thievery Cor-
poration, aber nicht so chillig, locker-flockig, sondern druckvoller, direkter und manchmal gar ein bisschen böse. Ein
Sound, der sowohl Street Credibility als auch Anerkennung im intellektuellen Szene-Club-Life ernten dürfte. (BvR)
CD-TIPP
eine heiße Fiesta Mexicana am Ende zum Highway
To Hell führt und was man machen sollte, wenn mal
wieder kein Schwein anruft. Rock, Pop und zu Recht
vergessene Schlager, gewürzt mit bissig-selbstiro-
nischen Moderationen, machen diesen Abend zu
einem merkwürdigen Ereignis. „Die Mischung aus
schräger Dramaturgie, halsbrecherischer Comedy
und der Freude am frech-frivolen Experimentieren
mit den Hits des 20. und 21. Jahrhunderts kam beim
Publikum bestens an.“ (Soester Anzeiger)
Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr
SO 15 | 05 | 11
Musik | Martin and James
Die Geschichte des Singer/Songwriter-Duos beginnt in
Glasgow. Mit zwölf Jahren stöpselt Martin zum ersten
Mal eine E-Gitarre ein, der ein Jahr jüngere James sitzt
zur gleichen Zeit in einem Kinderzimmer wenige Kilome-
ter entfernt und versucht sich ebenfalls im Akkordegrei-
fen. An der St. Patricks School kreuzen sich die Wege.
Beide engagieren sich weniger im Mathematikunterricht
als im Proberaum der Schule. Die beiden machen ihre
Akustikgitarren zu ihren engsten Begleitern, ersetzen
krachige Drumparts durch feine Percussion und ent-
decken, was später ihr Markenzeichen wird und ihnen
schließlich die Simon&Garfunkel-Referenz einbringt:
zwei Stimmen, die prächtig miteinander harmonieren. Es
folgen u.a. Auftritte bei Rock am Ring, bei MTV Home
und eine Konzertreise mit Milow durch Europa.
FZW, Dortmund, 20 Uhr
DI 17 | 05 | 11
Musik | Barn Owl
Wenn man die Dunkelheit mag, sollte man nicht in San
Francisco leben. Evan Caminiti und Jon Porras leben aber
in San Francisco und lieben die Dunkelheit. Insofern er-
klärt sich vielleicht, warum ihre Songs immerzu Titel tra-
gen wie „Visions in Dust“ und „Sundown“ und „Twilight“
und „Light from the Mesa“. „Musik wie ein Hauch von
nichts. Eine Stimmung zwischen Black-Metal-Ruhe vor
dem Sturm und Shoegaze im Stillstand. So klingen Barn
Owl“, schrieb Visions. Barn Owl – die Schleiereule – ist
ein Gitarren-Duo, das mit Effektgeräten und Stimmen
Klänge formt und sie mit einer hypnotischen Langsam-
keit zu einer Landschaft modelliert. Ob das nun Drone
ist oder Ambient, ist völlig egal: Wenn man die beiden
hört, wie sie ihre Landschaften schichten, könne man
sich gut vorstellen, „wie sie ihre entspannten Post-Rock-
Kompositionen in einer warmen Wüstennacht ausbrei-
ten“, meinte das Ox Fanzine.
Christuskirche, Bochum, 20 Uhr
MI 18 | 05 | 11
Theater | Türkisch Gold
Eine Liebes- und Dreiecksgeschichte zwischen drei Ju-
gendlichen aus Deutschland, die alle aus unterschied-
lichen Kulturkreisen stammen. Elena und Jonas spielen
verschiedene Varianten durch und verstricken sich heil-
los in sämtlichen Klischees über Deutsche, Türken und
Russen. „Gut sechzig Minuten Dauerpower in fliegendem
Wechsel der Rollen und Identitäten, so dass einem der
Atem auszugehen scheint. Holzpaletten, Mülltonne und
Ghettoblaster schaffen das Ambiente für ein tempo-
reiches, locker-flockiges, realsatirisch-pointiertes und
durchaus provokantes Vorurteils-Pingpong.“ (SN Herne)
Flottmann-Hallen, Herne, 10.30 & 13 Uhr (auch am 19.5.)
DO 19 | 05 | 11
BODO VERLOSUNG | 13. Bochumer Newcomer Festival
Das Finale des 13. Bochumer Newcomer Festivals versucht
die vorangegangenen Festivals in Sachen Stimmung,
musikalischer Überraschun-
gen und extravaganter Un-
terhaltung zu toppen. Eine
Gelegenheit, die potentiel-
len Stars von Morgen schon
jetzt mit fettem Sound auf
der Bühne, hautnah zu erleben. Nach der Qualifikation in
12 | 05 | 11 Long Distance Calling
24 VERANSTALTUNGEN MAI 2011
11 | 05 | 11 Anna Depenbusch
den Vorrunden (jeweils 04. und 05. Mai im Kulturcafé
der RUB ab 19 Uhr) entscheidet am Finalabend im Riff
eine fachkundige Jury über die Platzierung. Auch die
Vorjahressieger, die Gruppe Selectamood, werden sich
dem Publikum in reiferer Darbietung präsentieren und
zeigen, dass sie zu Recht Newcomer 2010 geworden
sind. Im Anschluss an insgesamt fünf Auftritte, die es
bestimmt nicht an Kreativität und musikalischer Viel-
falt fehlen lassen werden, wird abschließend verkün-
det, welche Band die Musikprofis überzeugt und sich in
die Herzen des Publikums gespielt hat.
riff, Bochum, 20 Uhr
bodo verlost 3 x 2 Karten.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
Kunst und Kultur | Die Aufbaugeneration der DDR
In den Jahren 1987/88, vor dem Fall der Mauer, hatte
eine Forschergruppe an der Fern-Universität Hagen um
Lutz Niethammer die einmalige Gelegenheit, Männer
und Frauen aus der Aufbaugeneration der DDR zu ihrer
Lebensgeschichte zu befragen. Die Interviews gaben au-
ßergewöhnliche Einblicke in die Erfahrungen von Men-
schen, die – ähnlich wie bei einem früheren Projekt im
Ruhrgebiet – meist aus der Arbeiterschaft kamen und in
der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geprägt worden
waren, dann aber zur maßgeblichen Generation der DDR-
Geschichte werden sollten. Die ostdeutsche Geschichte
ließ sich so aus einer überraschenden Perspektive erzäh-
len und die nahende Krise der DDR ahnen.
Museum für Kunst und Kulturgeschichte, DO, 19 Uhr
SA 21 | 05 | 11
Theater| Bluthochzeit
Ein Dorf in Andalusien in den dreißiger Jahren. Eine jun-
ge Braut möchte sich der Tradition nicht fügen und eine
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15 | 05 | 11 Martin & James14 | 05 | 11 Herrencreme 14 | 05 | 11 Nerdcore – das Nerdfestival
arrangierte Ehe eingehen. Sie liebt nicht den von den
Eltern vorgesehenen Mann, sondern den jungen Leonar-
do, ihre erste große Liebe. Der hat aber seinerseits schon
Frau und Kind. Unausweichlich kommt es zum Konflikt.
Er wird ganz besonders dadurch verschärft, dass die Fa-
milie des Bräutigams mit der von Leonardo durch Blutra-
che verfeindet ist. Noch während der Hochzeit entführt
Leonardo die Braut. Mit gezückten Messern nimmt die
Sippe des Bräutigams die Verfolgung auf. Ein tempera-
mentvolles Theater in Gebärdensprache, aufgeführt vom
Ensemble des Deutschen Gehörlosen-Theaters.
Theater im Depot, Dortmund, 18 Uhr
MO 23 | 05 | 11
BODO VERLOSUNG | Novecento
Im Jahr 1900 wird auf einem Ozeandampfer während der
Überfahrt nach Amerika ein Junge geboren. Die Eltern
sind arme Auswanderer und lassen ihr Kind zurück. Ein
schwarzer Heizer nimmt sich des Jungen an. Das Findel-
kind Novecento – nach seinem Geburtsjahr benannt – wird
auf magische Weise zum be-
gnadeten Pianisten, dessen
Musik jeden fasziniert. Er
spielt sie nur auf „seinem“
Schiff, das für ihn die Welt ist
und bleibt, ein Leben lang.
„Novecento“ ist eine großartige Erzählung über die Kraft
der Musik. Volker Hein und René Pretschner bringen die
Geschichte in ihrem „theatralen Konzert“ auf die Bühne:
plastisch und fesselnd erzählt, mitreißend und hinge-
bungsvoll vertont. „Eindrucksvolles Monologkonzert mit
einem fabelhaften und facettenreichen Schauspieler –
Pretschners Kompositionen lassen den nötigen Raum für
die Phantasie der Besucher“ (Kölner Stadtanzeiger)
Theater im Depot, Dortmund, 20 Uhr
bodo verlost 2 x 2 Karten.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
MI 25 | 05 | 11
Musik | Yellowman & The Sagittarius Band
Geboren 1957 in Kingston/Jamaica als Winston Foster
kam er als Albinokind sehr schnell zu seinem Spitzna-
men „Yellowman“. Unter diesem Namen wurde er in den
80ern ein erfolgreicher DJ, was ihm den Titel „The King
Of Dancehall“ einbrachte. Nach dem Tode Bob Marleys
war er einer der neuen Stars auf Jamaika. Doch statt
prophetischer Visionen brachte er seinen Slackness-
Style, bei dem er zuvor immer umgangene Themen wie
Sex und Geld und auch den in Jamaika recht starken Zu-
sammenhang zwischen diesen beiden ohne Umschweife
behandelte. Dass sein Ruf sich damit nicht verbesserte,
nahm er als Ansporn: „Dem gwaan like dem slack, but mi
slacker dan dem“. Auf Basslines, zu denen sich instinktiv
jede Hüfte bewegt, legt er seine alles durchdringende,
hypnotische Stimme. Mit mehr als 40 Jahren internati-
onaler Bühnenerfahrung gehört der King Of Dancehall
ANZEIGE
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inzwischen zu den letzten noch lebenden Reggae-
legenden aus Jamaika.
FZW, Dortmund, 20 Uhr
Theater | Mit brennender Geduld oder Nerudas Postmann
Mit seinem Stück „Mit brennender Geduld oder
Nerudas Postmann“ hat Antonio Skármeta dem
Schwung und der Stimmung des Jahres 1970 – kurz
vor der Wahl Allendes zum Präsidenten Chiles – ein
Denkmal gesetzt. „Es ist die schönste Liebesgeschichte
der Welt“, urteilt die SZ über den gleichnamigen Roman
des Autors. Es ist „eine Hommage an den berühmtesten
chilenischen Dichter, Pablo R. Neruda, und an das ein-
fache Volk Chiles, das auch unter schweren Bedingun-
gen ein sinnfrohes Leben zu führen vermag. Ein Stück
über Freundschaft und Liebe, über Poesie und Leiden-
schaft, über Freiheit und Politik.“
Fletch Bizzel, Dortmund, 20.30 Uhr (auch 26. – 28.5.)
Theater | Dead or Alive Slam
Poetry Slammer sind die Rampensäue der Gegenwartslite-
ratur. Aber hätten sie auch eine Chance gegen die Größen
der Literaturgeschichte? Das Schauspielhaus Bochum will
es herausfinden. Schauspieler des Ensembles schlüpfen
in die Rolle der toten Dichter, die Slammer Andy Strauß,
Julian Heun, Anke Fuchs und Moritz Kienemann halten
ihre eigenen, höchst vitalen Texte dagegen. Am Ende ent-
scheidet das Publikum, wer an diesem Abend die Trophäe
der Siegermannschaft mit in die WG oder auf den Friedhof
nehmen darf: Die Lebenden oder die Toten.
Schauspielhaus, Bochum, 20 Uhr
Musik | Synje Norland
Synje Norland liebt das Reisen. Sie fühlt sich in der
Weite der Welt zu Hause und ihre Musik spiegelt das
wider. Heute lebt die Künstlerin mal im hohen Norden
Deutschlands und mal im tiefen Süden Kanadas. Dort in
der Weite Nordamerikas hat sie nicht nur ihre Liebe zum
Songwriting entdeckt, sondern auch die zu einem ganz
besonderen irischen Einwanderer – der Anfang einer lan-
gen Reise. Sie bereist das Ferne und das Nahe, geht in
die Weite und in die Tiefe: mit offenen Armen, offenen
Ohren und einem offenen Herzen. Ihr neues Album „To
The Other Side“ präsentiert frischen Folk-Pop, der sich
wohltuend vom Mainstream-Pop abhebt.
Pauluskirche, Dortmund, 20 Uhr
DO 26 | 05 | 11
BODO VERLOSUNG | Nicola Conte
Seit über zehn Jahren nun ist Nicola Conte ein Botschaf-
ter für neue Sounds aus Italien. Neben den beeindrucken-
den Live-Auftritten in be-
rühmten Jazzclubs wie Blue
Note Mailand, New York oder
Japan untermauern weltwei-
te Sets von San Francisco bis
Bela Horizonte, von Tokyo
bis Moskau seinen Ruf als weitsichtiger DJ und seine
ausgefeilten Remixe seinen Ruf als Produzenten. Er gilt
längst als das italienische Pendant zu Großbritanniens
Gilles Peterson und Deutschlands Rainer Trüby oder Jaz-
zanova. Wie diese verfügt er über profunde Kenntnisse
der Jazzgeschichte und ein feines Näschen für zeitlose
Grooves. Begleitet wird er von den Musikern Pietro Lussu,
Pietro Ciancaglini, Fabrizio Bosso, Lorenzo Tucci und Da-
niele Scannapieco. Zu dieser Kernbesetzung gesellen sich
außerdem Freunde wie Teppo Mäkynen & Timo Lassy vom
Five Corners Quintet und die samtweichen Stimmen von
José James und Alice Ricciardi.
domicil, Dortmund, 20 Uhr
bodo verlost 3 x 2 Karten.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
Comedy | Marek Fis
Der ostpolnische Holzfällersohn Marek Fis ist ein ge-
borener Versager. Trotzdem begeistert er mit seinem
außergewöhnlichen Humor. Marek spielt mit dem Pu-
blikum, bezieht die Menschen in sein Realityprogramm
mit ein und plaudert aus seinem Leben mit Rosetta,
den Schwierigkeiten in Polen und dem neuen Leben in
Deutschland. Jeder bekommt sein Fett weg. Der Alltag
und das normale Leben stehen im Mittelpunkt, wobei
sich auch Prominente und Politiker nicht sicher vor sei-
nem Spott sein können. „Ein Pole legal in Deutschland“
heißt sein aktuelles Comedy-Programm. „Selbstiro-
nisch und ganz schön derb leuchtet der in Berlin leben-
de Fis darin seinen Alltag in Deutschland aus. Bei ihm
bekommt wirklich jeder sein Fett weg. Deutsche und
Polen.“ (Rundfunk Berlin-Brandenburg)
Werkstadt, Witten, 20 Uhr
Musik | Quadro Nuevo
Arabesken, Balkan-Swing, Balladen, waghalsige Impro-
visationen, Melodien aus dem alten Europa und mediter-
rane Leichtigkeit verdichten sich bei dem Quartett Qua-
dro Nuevo zu märchenhaften Klangfabeln. Quadro Nuevo
tourt seit 1996 durch die Länder der Welt und gab bereits
über 2000 Konzerte. In dieser Zeit hat das Instrumental-
Quartett abseits der gängigen Genre-Schubladen eine
ganz eigene Sprache der Tonpoesie entwickelt. Im Mai
2010 erhielt Quadro Nuevo den ECHO Jazz als bester Live
Act und wurde so mit dem höchsten Deutschen Musik-
preis von der Deutschen Phono-Akademie ausgezeich-
net. Tango, Swing, Flamenco, Balkan, Oriental, Valse
Musette im Akustik-Set erwartet die Konzertbesucher.
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
FR 27 | 05 | 11
Jugendtheater | Kein Wort zu niemandem!
Zehn junge Akteure vom Jungen Ensemble des Theater-
kohlenpott haben in den letzten Monaten improvisiert
und ein eigenes Stück entwickelt. Ein Stück über das, was
sie am meisten beschäftigt: Ein Stück über Freundschaft
und Verlust. Zu Hannas Clique möchten alle gehören, denn
sie ist eine glatte 10 auf der Skala von 1 bis 10. Nur: Han-
na geht für einige Monate ins Ausland. Lügen, Intrigen,
Eifersucht und Geheimnisse bestimmen von nun an den
26 VERANSTALTUNGEN MAI 2011
17 | 05 | 11 Barn Owl 18 | 05 | 11 Türkisch Gold
COMIC-TIPP
WILL EISNER | New York – Großstadtgeschichten (Carlsen Comics)
„Will Eisner ist der Mann, dem der Comic sein Hirn verdankt“, hat Alan Moore (u.a. „Watchmen“ & „V wie Vendetta“) mal
über einen der ganz Großen des Mediums Comic gesagt. In den 40er Jahren kreierte er mit „The Spirit“ eine Comicserie mit
einem einsamen Helden, die bis heute einzigartig und Vorbild für unzählige Comic-Künstler ist. Das vorliegende Buch, in
liebevoller Hardcover-Aufmachung und mit Lesezeichenbändsel (ich liebe es), beinhaltet die vier Graphic Novels aus den
80ern: „Big City Blues“, „The Building“, „City People Notebook“ und „Invisible People“. Natürlich spielen all diese Geschich-
ten und Beobachtungen in New York, der Stadt, in der Eisner (1917 – 2005) lebte. Aber in erster Linie ist dies ein Buch über
die Menschen allgemein und das Leben in einer Großstadt im Besonderen. Haarscharf beobachtet und mit einem klaren
schwarz-weißen Tusche-Strich skizziert zeigen die Storys ganz viel Gefühl ohne jemals sentimental oder gefühlsduselig zu
werden. Immer wieder fühlt man sich erinnert an eigene Erlebnisse und Beobachtungen, aber auch an Filme von Woody
Allen, Regiearbeiten von Clint Eastwood oder Filme mit Al Pacino. Nicht umsonst betitelte die New York Times Will Eisner
als den „Orson Welles der Comics“. (BvR)
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25 | 05 | 11 Mit brennender Geduld…25 | 05 | 11 Synje Norland
Alltag der Anderen und Hanna mischt via Skype aus Kana-
da kräftig mit. Bis nicht nur eine Party eskaliert.
Flottmann-Hallen, Herne, 19 Uhr (auch 28. & 29.05.)
SA 28 | 05 | 11
Theater | Findet mich das Glück?
Glück ist der Zustand der vollkommenen Zufriedenheit.
Jeder ist seines Glückes Schmied. Das Glück ist mit den
Dummen. Glücksklee, Glückskeks, Glückstee – Glück lauert
überall. Was kann ich tun, damit das Glück mich findet?
Sucht mich das Glück womöglich am falschen Ort? Die 13
Darstellerinnen des Jungen Ensembles der Theaterwerk-
statt haben sich auf die Suche nach dem Glück gemacht.
Heraus gekommen sind mal heitere, mal ernste Szenen
und Choreografien vom Glückslos bis zum Glückspilz, vom
Glück zu atmen bis zum Glück geliebt zu werden.
Theater im Depot, Dortmund, 20 Uhr (auch 29.5., 19 Uhr)
Theater | Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui
Aufhaltsam war er, der Aufstieg des Arturo Ui, und konnte
dennoch nicht verhindert werden. Ein kleiner Gangster in
schwierigen Zeiten, nicht mehr und nicht weniger ist er.
Die Konjunkturkrise ist groß und die Wirtschaft verunsi-
chert. Er nutzt die schlechten Zeiten, für sich. Korruption,
Mord und Terror sind die Mittel, mit denen er die Stadt
und die Händler in seine Hände bringt. Warum? Weil er
sie überzeugt? Ihnen aus der Seele spricht? Weil er die
Show beherrscht, am besten von allen? An wen denken wir
heute, wenn wir Brechts Parabelstück aus dem Jahr 1958
lesen? An Berlusconi-Superstar oder an Hitler? Es ist nicht
Hitler, der gewinnt, es sind die anderen in der Stadt und
in der Politik, die verlieren. Sie verlieren ihre Glaubwür-
digkeit und ihre Identität, ihre Ideen und Visionen. Es war
nicht seine Stärke, sondern ihre Schwäche, die Hitler nicht
aufhalten konnte. Der Regisseur und Schauspieler Ulrich
Greb, seit 2004 Intendant des Schlosstheater Moers, wird
diese berühmte Arbeit Brechts inszenieren.
Schauspielhaus, Bochum, 19.30 Uhr (auch 31.5.)
DI 31 | 05 | 11Theater | Glaube, Liebe, Hoffnung
Die Theatergruppe „Die Fremden“ gibt es seit 2005 als
Migrantenensemble am Theater Fletch Bizzel. Gegründet
und geleitet wird es von der Regisseurin Regina Nölke.
Das Stück von Ödön von Horvàth nun bietet sich an auf
Grund der Thematik – Arbeitslosigkeit, Armut, soziale
Ausgrenzung – und wegen der Besonderheit der Dich-
tung Horvàths. Jedes Wort ist bei ihm wichtig, „das
einzelne Wort zählt“, wie ein Literaturwissenschaftler es
formulierte. Insofern entspricht es dem Ansatz der Ar-
beit des Ensembles mit deutschsprachiger Literatur. „Das
seh‘ ich schon ein, dass es ungerecht zugehen muss, weil
halt die Menschen wilde Tiere sind – aber es könnt doch
auch ein bisschen weniger ungerecht zugehen.“
Auslandsgesellschaft, Dortmund, 19 Uhr
BODO VERLOSUNG | Arrested Development
Mit ihrer Fusion aus Soul, Blues, Rap, HipHop, Reggae
und Funk mit politisch motivierten Texten schufen sie in
den 90ern Hits, wie „People
Everyday“, „Mr. Wendal“ und
„Tennessee“, die bis heute
weder an Relevanz noch an
Tanzflächentauglichkeit ein-
gebüßt haben. Das neueste
Album „Strong“ bietet zu den beliebten Sounds span-
nende neue Groove-Experimente. „Neben The Roots
gibt es wohl keine HipHop-Band, die eine solch gran-
diose Live-Show abfährt.“ (blackoutz) „Arrested Deve-
lopment gehören seit Jahren zu den besten Black-Music-
Livebands überhaupt.“ (soulsender)
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
bodo verlost 3 x 2 Karten.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
FR 10 | 06 – SO 12 | 06 | 11
BODO VERLOSUNG | Rock Hard Festival 2011
Kaum steigen die Temperaturen, fiebern die Rockfans
den ersten Open-Air-Veranstaltungen entgegen. Das
neunte Rock Hard Festival
lockt wieder mit starken
Klängen quer durchs metalli-
sche Gemüsebeet. Nur 7.500
Besucher passen in das Am-
phitheater im Nordsternpark
Gelsenkirchen. „Das vergleichsweise ,intime‘ Ambiente
des Amphitheaters ist nach wie vor einer der Pluspunk-
te der Veranstaltung“, betont der Veranstalter den stets
familiären Charakter des Festivals, bei dem sich die Mu-
siker gerne unter das Publikum mischen. Als Top-Acts in
diesem Jahr sind unter den insgesamt 22 Bands mit da-
bei: Down, Iced Earth, Triptykon, Amorphis, Overkill und
Enslaved. Metal-Market, Disco und Karaoke runden das
Programm ab. Aktuelle Infos findet man auf der Festival-
Homepage: www.rockhardfestival.de.
Amphitheater, Gelsenkirchen, ab 10 Uhr
bodo verlost 3 x 2 Festival-Karten.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
26 | 05 | 11 Quadro Nuevo
Adressen | Bochum (0234)Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108, 687 16 10
Christuskirche, An der Christuskirche 1, 338 74 62
Endstation Kino, Wallbaumweg 108, 687 16 20
Eve Bar, Königsallee 15, 333 354 45
Freilichtbühne Wattenscheid, Parkstraße, 61 03-0
HalloDu-Theater, Lothringer Str. 36c, 87 65 6
Jahrhunderthalle, Gahlensche Str. 15, 369 31 00
Kulturhaus Oskar, Oskar-Hoffmann-Straße 25
Kulturrat Bochum, Lothringer Straße 36, 862 012
Museum, Kortumstraße 147, 51 60 00
Mus. Zentrum der RUB, Universitätsstr. 150, 322 28 36
Prinz-Regent-Theater, Prinz-Regent-Str. 50 – 60, 77 11 17
Riff, Konrad-Adenauer-Platz 3, 150 01
RuhrCongress, Stadionring 20, 610 30
Schauspielhaus, Königsallee 15, 333 30
Stadthalle Wattenscheid, Saarlandstraße 40, 610 30
Thealozzi, Pestalozzistraße 21, 175 90
Varieté et Cetera, Herner Straße 299, 130 03
Zauberkasten, Lothringer Straße 36c, 86 62 35
Zeche, Prinz-Regent-Straße 50-60, 977 23 17
Zeche Lothringen, Lothringer Straße 36c, 876 56
Zwischenfall, Alte Bahnhofstraße 214, 28 76 50
Adressen | Dortmund (0231)Auslandsgesellschaft, Steinstraße 48, 838 00 00
Cabaret Queue, Hermannstraße 74, 41 31 46
DASA, Friedrich-Henkel-Weg 1 – 25, 90 71 24 79
Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstr. 50 – 58, 502 51 45
domicil, Hansastraße 7 – 11, 862 90 30
Fletch Bizzel, Humboldtstraße 45, 14 25 25
F.-Henßler-Haus, Geschw.-Scholl-Str. 33 – 37, 502 34 72
FZW, Ritterstraße 20, 17 78 20
Galerie Torhaus, Haupteingang Rombergpark, 50 23 194
Konzerthaus, Brückstraße 21, 22 69 62 00
Museum f. Kunst u. Kulturgesch., Hansastr. 3, 502 55 22
Piano Musiktheater, Lütgendortmunder Str. 43, 604 206
Rasthaus Fink, Nordmarkt 8, 999 876 25
Reinoldikirche, Ostenhellweg 1, 52 37 33
Schauspielhaus, Hiltropwall, 502 55 47
Sissikingkong, Landwehrstraße 17, 728 25 78
Strobels, Strobelallee 50, 999 50 60
Subrosa, Gneisenaustraße 56, 82 08 07
SweetSixteen Kino im Depot, Immermannstr. 29, 910 66 23
Theater im Depot, Immermannstraße 29, 98 21 20
U, Leonie–Reygers-Terrasse, 50 247 23
Westfallenhallen, Rheinlanddamm 200, 120 40
Westfalenpark, An der Buschmühle 3, 35 02 61 00
Zeche Zollern, Grubenweg 5, 696 12 11
Adressen | Herne (02323)Flottmann-Hallen, Flottmannstr. 94, 16 29 52
Mondpalast, Wilhelmstraße 26, 58 89 99
Adressen | Witten (02302)Saalbau, Bergerstraße 25, 581 24 24
Werkstadt, Mannesmannstraße 2, 94 89 40
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28
28 SOZIALE REPORTAGE | von Marcus Preis | Fotos: Claudia Siekarski
Täter-Opfer-Ausgleich bei »Die Brücke Dortmund e.V.«
Das Angebot richtet sich an Täter sowie Geschä-
digte gleichermaßen. „Unser Hauptproblem ist,
dass kaum jemand über die Möglichkeiten und
die Chancen eines Ausgleichsverfahrens Bescheid
weiß“, sagt Franz Bergschneiter, Leiter des Büros
für Täter-Opfer-Ausgleich in der Adlerstraße.
An diesem Tag treffen sich Thorsten und Kevin
(Namen geändert) zum Täter-Opfer-Ausgleich.
Thorsten, der Geschädigte, ist junger Vater und hat
seine Freundin mitsamt frischem Nachwuchs mit-
gebracht. Seit dem Vorfall vor mehreren Monaten
sehen sich die beiden jungen Männer zum ersten
Mal und nehmen am großen Tisch Platz.
Die Atmosphäre ist angespannt, besonders Kevin,
der Beschuldigte, ist sichtlich nervös. Brücke-Mit-
arbeiterin Sabine Elsner fasst sie kurz zusammen,
was seit der Tat passiert ist und fragt beide Par-
teien, wie sie sich gegenseitig ansprechen wollen.
Gemäß des Alters einigen sich die Jugendlichen
darauf, sich zu duzen. Elsner verweist auf die Ge-
sprächsregeln, die an der Wand auf einem Schild
zu lesen sind – erstens: sich gegenseitig ausreden
lassen, zweitens: sich nicht beleidigen oder be-
schimpfen – und fragt, ob es noch weiterer Regeln
bedarf, bevor sie den Geschädigten bittet, aus sei-
ner Sicht zu erzählen.
Thorsten sei an jenem Abend mit seiner Freun-
din aus einer Kneipe gekommen, jedoch nicht
übermäßig alkoholisiert, betont er. Es habe eine
Meinungsverschiedenheit zwischen dem Paar ge-
geben, und als er sie laut beschimpfte, habe sich
ein anderer Jugendlicher, der zufällig in der Nähe
war, in den Streit eingemischt. „Es entstand ein
Geschubse und meine Freundin sagte noch zu dem
Fremden, er sei doch gar nicht gemeint gewesen
und der Streit sei längst geklärt“, erinnert sich
Thorsten. Dann sei plötzlich noch jemand dazu
gekommen und habe ihm eine Bierflasche ins Ge-
sicht geschlagen. Danach reißt die Erinnerung ab,
Thorsten erzählt von Gesichtsverletzungen nah am
Sehnerv und am Handgelenk, die im Krankenhaus
genäht werden mussten.
Sabine Elsner unterbricht mehrfach, fragt nach und
sortiert die Aussagen, bedankt sich anschließend
bei beiden. Kevin, der während der Schilderungen
angespannt auf dem Stuhl saß und sich an einem
Glas Wasser festgehalten hat, wirkt schüchtern. Er
sei am besagten Abend auf dem Weg von einem
Freund nach Hause gewesen. Er gibt zu, dass er ei-
niges getrunken hätte, Bier und Hochprozentiges.
Sabine Elsner will es genau wissen: „Wie macht
sich das bei ihnen bemerkbar, wenn sie angetrun-
ken sind?“ „Meine Stimme wird lauter, ich rede viel
und bin leicht reizbar und aggressiv“, gibt Kevin
leise zu und erzählt, wie er auf seinem Heimweg
auf das sich streitende Paar aufmerksam geworden
sei. Dann habe er beobachtet, wie sich jemand
anderes in den Streit einmischte und ein Gerangel
entstand. „Ich wollte nur dazwischen gehen, doch
plötzlich wurde ich von hinten geschubst, ich habe
mich bedroht gefühlt und da habe ich dem Thors-
ten einfach die Flasche ins Gesicht gehauen. Dann
wollte der andere auf mich losgehen und ich bin
Franz Bergschneiter, Leiter des Büros für Täter-
Opfer-Ausgleich bei „Die Brücke Dortmund e.V.“
Das schwierigste Wort:
„Sorry seems to be the hardest word“, heißt es in einem Lied von Elton John – Entschuldigung scheint das schwierigste Wort zu sein. Bei einem Strafverfahren übernimmt die Justiz die Klärung der Geschehnisse mitsamt der Konsequenzen: Es wird Recht gesprochen. Einen geschützten Raum, in dem Täter und Opfer miteinander sprechen, sich gegenseitig erklären können, gibt es im juristi-schen Rahmen nicht. Dass eine ausgesprochen Entschuldigung viel mehr sein kann als nur ein Wort, dies erleben die MitarbeiterInnen des Büros für Täter-Opfer-Ausgleich der „Brücke“.
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Täter-Opfer-Ausgleich bei »Die Brücke Dortmund e.V.«
»Entschuldigung«
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weggerannt. Im Krankenhaus wurde mein Finger
behandelt, aber da ich mich nicht getraut habe, die
Wunde nähen zu lassen, wurde sie nur verklebt.“
„Ich muss nochmal nachfragen, das ging mir jetzt
zu schnell“, unterbricht Sabine Elsner. Sie will wis-
sen, ob sich Thorsten und Kevin beim Schlag ge-
genüberstanden und ob Kevin mitbekommen habe,
wie stark er Thorsten mit der Flasche verletzt hat.
Kevin versucht sich zu erinnern. Er nimmt die
Trinkgläser, die auf dem Tisch stehen wie Spielfigu-
ren zu Hilfe, um die Situation zu beschreiben. „Ich
hab wohl gesehen, dass Thorsten verletzt war, aber
ich stand ja selbst unter Schock.“ Als die Polizei
ihn ausfindig macht, gesteht er sofort.
Sabine Elsner lässt eine Pause entstehen, bedankt
sich bei Thorsten und gibt ihm die Möglichkeit, die
Konsequenzen aus der erlittenen Verletzung zu be-
schreiben. Durch die Narben im Gesicht fühle er
sich entstellt, habe Probleme bei der Ausbildungs-
platzsuche. Neben den Zuzahlungen für Medika-
mente werde er sich einer 1.000 Euro teuren La-
serbehandlung unterziehen, die dafür sorgen soll,
dass die Narben noch besser verheilen.
Für Sabine Elsner ist es wichtig, diesen Schilde-
rungen Raum zu geben, bevor der Beschuldigte die
Möglichkeit bekommt, sich zu entschuldigen. „Ich
weiß auch nicht, warum ich das gemacht habe. Ich
würde es so gerne rückgängig machen, aber das
geht ja leider nicht. Ich kann verstehen wie du
dich fühlst und es tut mir leid.“ Kevin ringt nach
Worten. „Aber ich möchte alles tun, um das Ge-
schehene wieder gut zu machen.“
Er hat bereits mehr als 80 Sozialstunden abgeleis-
tet. 500 Euro Schmerzensgeld aus dem sogenann-
ten Täter-Opfer-Ausgleichsfond konnten an Thors-
ten überwiesen werden. Da Kevin und seine Eltern
kaum Einkommen haben, wird jetzt festgelegt, in
welchen Raten und wann das restliche Schmerzens-
geld gezahlt werden kann. Sabine Elsner wird so
lange mit dem Täter in Verbindung stehen, bis die
letzte Zahlung geleistet wurde.
„Wie wollt ihr miteinander umgehen, wenn ihr euch
zufällig auf der Straße begegnet?“ Für Sabine Els-
ner eine wesentliche, jetzt zu klärende Frage, um
einer Verunsicherung, die zu erneuter Gewalt füh-
ren könnte, vorzubeugen. Thorsten und Kevin äu-
ßern den Wunsch, sich zukünftig grüßen zu wollen.
Zum Schluss bedankt sich Thorsten bei Kevin und
zollt ihm Respekt, dass er bereit war, die Tat zuzu-
geben und an einem Täter-Opfer-Ausgleich teilzu-
nehmen. Das sei für ihn nicht selbstverständlich
gewesen.
Eine typische Geschichte unter Jugendlichen. In
diesem Fall hat der Jugendrichter angeregt, ei-
nen Täter-Opfer-Ausgleich durchzuführen. Während
des Gespräches war eine zunehmende Erleichterung
des Geschädigten deutlich spürbar. Dass ein Aus-
gleichsverfahren aufgrund von Streitigkeiten ab-
gebrochen werden muss, kommt äußerst selten vor,
berichten Elsner und Bergschneider.
Das Verfahren wird im Vorfeld sehr gewissenhaft
vorbereitet, einzeln werden die Parteien zu Vorge-
sprächen eingeladen, über den Ablauf informiert
und gefragt, ob sie zu einer Teilnahme bereit sind.
Es wird geprüft, wie ernst ist es dem Täter ist, sich
zu erklären, zu entschuldigen und ob es die Be-
reitschaft zur Wiedergutmachung gibt. Stellt man
im Vorfeld fest, dass auf der Seite des Beschuldig-
ten die Einsicht fehlt, ist das für den Geschädigten
nicht zumutbar und somit nicht sinnvoll.
Bergschneider hebt hervor: „Es ist absolut bedau-
erlich, dass aus finanziellen Gründen diese Maß-
nahme nicht viel öfter zum Zuge kommt. Ich halte,
aus Opfersicht, unser Verfahren vorgeschaltet zum
Gerichtsverfahren für wesentlich effektiver und
sinnvoller, als das reguläre Justizverfahren. Wenn
man Opfer eines Gewaltdeliktes wird, ist das oft
eine demütigende Situation. Es stellen sich Fra-
gen, gerade bei älteren Menschen, wie: ,Warum ist
mir das passiert, was habe ich dazu getan, Opfer
zu werden?‘ Es gibt nur einen, der das beantworten
kann, nämlich der Täter.“
Seit mehr als 20 Jahren macht er mit viel Freude
diese Arbeit: „Weil das Ergebnis immer ein Gutes ist,
etwas geheilt werden kann. Wenn es am Ende eines
Ausgleichverfahrens eine Win-Win-Situation gibt für
beide, dann haben wir gute Arbeit gemacht.“
Der Täter-Opfer-Ausgleich, sich gegenüber sitzen
und sich für die Geschehnisse verantworten, ist
nicht immer die leichtere Wahl. In Elton John s
Lied heißt es weiter: „It‘s sad, such a sad, sad si-
tuation.“ Die Auswirkungen einer Straftat sind oft
traurig. Tröstend, wenn es Möglichkeiten zur Hei-
lung wie diese gibt. (mp)
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In seiner Freizeit spielt Bernd Schulte-Eversum gerne Fußball und liest. Aber unter der Woche sitzt der 53jährige in seinem Büro oder einem der Dortmunder Gerichtssäle. Dort beschäf-tigt sich der Jugendrichter bereits seit zwölf Jahren mit jungen Straftätern. bodo-Redak-teurin Bianka Boyke sprach mit Bernd Schulte-Eversum über den so genannten Täter-Opfer-Ausgleich (TOA).
bodo Was halten Sie vom TOA?
BS Der TOA ist eines der besten Instrumente,
über die das Jugend- und allgemeine Strafrecht
verfügt.
bodo Wie kommt es zum TOA und wo findet er statt?
BS Auf freiwilliger Basis können Opfer und Täter
unter Leitung eines hierzu besonders ausgebilde-
ten „Mediators“ in einem professionell organi-
sierten Rahmen abseits eines Gerichtssaales die
Geschehnisse erörtern.
bodo Und welches Ziel haben solche Treffen?
BS Der TOA hat das Ziel, den Täter mit seiner Tat
und deren Folgen zu konfrontieren, ihm die Geltung
von Normen zu verdeutlichen und ihn zu motivie-
ren, sich durch aktive Beteiligung an der Wieder-
gutmachung seiner Verantwortung zu stellen.
bodo Und das Opfer?
BS Für das Opfer, das in unserem Strafverfahren
immer noch eine untergeordnete Rolle spielt,
bietet der TOA die Chance, Ängste und seelische
Belastungen abbauen zu können und eventuell
materiellen Schadensersatz oder ein Schmer-
zensgeld zu erhalten, vielleicht auch „nur“ eine
glaubhafte Entschuldigung.
bodo Und das ist vielen schon eine Menge Wert...
BS Ja. Und bestenfalls kann – und zwar besser
als durch Urteilsspruch - der Rechtsfrieden zwi-
schen zwei oder mehr Personen wieder hergestellt
werden, die sich im Alltag durch Nachbarschaft,
Schule oder Verein dauernd begegnen und diese
Begegnungen angstfrei erleben sollen.
bodo Kommt es den Opfern denn gar nicht auf
eine Bestrafung an?
BS Nein. Das haben zahlreiche Befragungen
ergeben. Opfer wollen vielmehr mit den eingetre-
tenen Verletzungen oder Schäden wahrgenommen
werden und Gehör finden.
bodo Dann verordnen Sie den TOA gerne?
Schulte-Eversum: Auf jeden Fall. Aufgrund der
obigen Erkenntnisse mache ich sogar häufig
Gebrauch vom TOA, weil er immer wieder zu be-
friedigenden Ergebnissen führt.
bodo Können Sie ein Beispiel nennen?
BS Ich habe regelmäßig Jugendliche vor Gericht,
die ihre Mitschüler mit dem Handy in ungewollten
Situationen – z.B. betrunken bei einer Party – fo-
tografieren oder filmen und das Material dann auf
dem Schulhof oder sogar im Internet verbreiten.
In solchen Fällen trauen sich die Opfer oft gar
nicht mehr vor die Tür.
bodo Wie kann der TOA da helfen?
BS Der Täter merkt oft erst in den intensiven
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DAS INTERVIEW | von Bianka Boyke | Foto: Claudia Siekarski 31
Bernd Schulte-Eversum, Dortmunder Jugendrichter, zum Täter-Opfer-Ausgleich:
»Das Ziel ist der soziale Frieden«
Gesprächen, was er dem Opfer eigentlich angetan
hat, entschuldigt sich natürlich und hilft dem
Opfer damit meistens schon sehr.
bodo Vielen Dank für das Gespräch. (bb)
INFO Die Geschichte des Täter-Opfer-Ausgleichs:
In Deutschland sind die ersten Ausgleichsprojekte
Mitte der 80er Jahre durch private Initiativen für
Jugendliche (beispielsweise in Köln) entstanden.
Aufgrund der guten Erfahrung mit solchen Projek-
ten ist im Jahr 1990 im Jugendgerichtsgesetz der
Täter-Opfer-Ausgleich bei Jugendlichen gesetzlich
verankert worden. 1994 folgte eine gesetzliche
Regelung im Strafgesetzbuch für den Erwachse-
nenbereich, Anfang 2000 eine Bestimmung in der
Strafprozessordnung.
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32 DIE REPORTAGE | von Barbara Underberg | Fotos: Claudia Siekarski · Barbara Underberg
Wohnen in der Dortmunder Nordstadt:
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Gepflegte Jugendstilhäuser, hochwertige Woh-nungen und fröhlich krakeelende Kinder – im Dortmunder Norden. Ob Häuser im Müll versin-ken oder ein lebenswertes Obdach bieten, liegt wesentlich an den Hauseigentümern.
Ein paar spielen Verstecken, sieben oder acht
Jungs kämpfen auf dem Fußballplatz um den
Ballbesitz, einige von den Kleineren johlen im
Sandkasten, eine Mutter sitzt mit ihrem Baby
auf der Schaukel, schwingt langsam hin und her
und schaut den Kindern zu. Sobald das Wetter
es zulässt, sind die Kinder aus dem Schüchter-
mannkarree draußen. Sie spielen in dem großen
Innenhof, der zu den Häusern ihres Karrees ge-
hört. Das Schüchtermannkarree, benannt nach
dem Dortmunder Industriellen Heinrich Schüch-
termann, umfasst etwa zweihundert Wohnungen
und erstreckt sich rund um die Ecke Bornstraße/
Mallinckrodtstraße. Es liegt mitten in der Dort-
munder Nordstadt, in der Nachbarschaft von
vermüllten Problemhäusern, Drogenhandel und
vom demnächst zu schließen versuchten Stra-
ßenstrich. Die Nordstadt gilt als Problembezirk.
Armut, Arbeitslosigkeit und Migration prägen das
Bild. Aber das ist nur eine der vielen Seiten.
Die verwinkelten und verschnörkelten Jugend-
stilhäuser sind über hundert Jahre alt, ihre
Stuckfassaden teilweise denkmalgeschützt. Das
Schüchtermannkarree gehört der einzigen priva-
ten Wohnungsgesellschaft im Dortmunder Nor-
den, der J. E. Schmitt Grundstücksgesellschaft,
und wird verwaltet von der Domizil GmbH, de-
ren Geschäftsführer Familienmitglied Christian
Schmitt ist. Schmitt selbst wohnt mittendrin,
unterm Dach über der Mallinckrodtstraße. Sie
gehört zu den Straßen, die man sich auch mit
sehr viel Schnaps nicht Schöntrinken kann. Aber
viele Menschen fühlen sich hier ausgesprochen
wohl. „Technik, Service und Ausstattung sind
sehr wichtig“, erzählt der Verwalter. Deshalb
haben die Wohnungen Holzböden, große Balko-
ne und Badewannen. Und wenn ein Wasserhahn
tropft, bringt der firmeneigene Techniker das
schnell in Ordnung. „Aber das Allerwichtigste
ist, dass die Menschen untereinander Kontakt
haben, Freundschaften schließen und sich auch
mal gegenseitig helfen“, so Schmitt. Das mache
die Lebensqualität aus.
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»Man muss den Mut haben zu investieren!«
Bis in die achtziger Jahre vernachlässigtMit der Errichtung von Hochöfen, Stahlwerken
und Hafen wurden die meisten Häuser in der
Nordstadt um die vorletzte Jahrhundertwende
gebaut. Ein Arbeiterviertel, heute Wohnraum für
über 50.000 Menschen und der größte zusam-
menhängende Altbaubestand des ganzen Ruhrge-
biets. „Früher musste man hier einmal am Tag den
Ruß vom Balkon fegen“, beschreibt Schmitt, und
dass es irgendwann attraktiver wurde, außerhalb
der zentrumsnahen Stadtviertel zu wohnen. Sein
Großvater und andere begannen, Siedlungen auf
der grünen Wiese zu bauen. „Hier in der Nordstadt
hat niemand mehr investiert, Private nicht und
die Stadt auch nicht. Bis in die achtziger Jah-
re hat sich keiner um den Stadtteil gekümmert.
Die Toilette auf halber Treppe war durchaus Stan-
dard.“ Mieten von zwei, drei Mark pro Quadratme-
ter seien normal gewesen.
In den 1980er und 1990er Jahren hat Christian
Schmitt seine Wohnungen komplett erneuert,
Bäder aus den Fluren in die Wohnungen geholt,
isolierverglaste Fenster eingebaut, die Kohle-
öfen durch moderne Heizungssysteme ersetzt.
„Wir haben für die Sanierung damals 1.300 Mark
pro Quadratmeter ausgegeben.“ Viel Geld, des-
sen Investition sich nicht kurzfristig rentiert.
Aber langfristig eben doch. Schmitt hat weder
Ω Bereits in der 80er und 90er Jahren hat
Christian Schmitt in die Renovierung der
Nordstadt-Wohnungen seiner Gesellschaft
investiert und damit bis heute die besten
Erfahrungen gemacht.
∆ Auch schön: Häuser am Borsigplatz
mit Wiese und Bäumen im Kreisverkehr.
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3234
Problemhäuser, noch Problemmieter, die Miet-
verhältnisse sind überwiegend sehr stabil. Auch
innerhalb seiner Firma musste er erst Überzeu-
gungsarbeit leisten, als es darum ging, den kah-
len Innenhof, einen Schotterplatz mit ein paar
Parkbuchten und Mülltonnen, zu begrünen und
dort Spielflächen zu schaffen. Er wurde gefragt,
warum er einen Spielplatz bauen wolle, wenn
dann sowieso wieder alles kaputt gemacht würde.
Die Erfahrung zeigte jedoch: „Als der Spielplatz
dann da war, mussten wir nicht mehr jede Woche
containerweise Müll vom Hof karren. Die Kinder
haben sich auch verändert und ihre Aggressionen
auf dem Fußballplatz ausgetobt, statt Scheiben
zu zerschlagen.“
Sanierung möglich machenDas Schüchtermannkarree gehört zu den Licht-
blicken in der Nordstadt und zeigt, dass es we-
sentlich an den Hausbesitzern liegt, ob Häuser
zu Problemhäusern werden oder nicht. „Man muss
den Mut haben zu investieren“, so Schmitt, „dann
verändert sich auch die Mieterstruktur.“ Mari-
ta Hetmeier, Eigentümerin von zehn Häusern in
der Nordstadt und Ratsmitglied, pflichtet ihm
bei: „Entscheidend ist, dass die Vermieter sich
um ihre Häuser kümmern.“ Sie macht es ähnlich
wie Schmitt: gut ausgestattete Wohnungen, Bal-
kone und Mietergärten mit Grillplätzen gehören
dazu. Sie will nicht im Billigsegment vermieten
und sucht die Mieter auch danach aus, ob sie in
einem Haus zueinander passen. „Das ist mit viel
Aufwand verbunden, lohnt sich auf lange Sicht
aber“, berichtet sie.
Als Lokalpolitikern setzt sich Marita Hetmeier
dafür ein, dass für die Nordstadt ein Hypothe-
kensicherungsfonds geschaffen wird. „Will man
ein Haus vernünftig sanieren, mit moderner
Energieversorgung, neuen Bädern und Dächern,
muss man heute etwa 800 Euro pro Quadratme-
ter investieren.“ Das übersteige in der Regel die
Summe, die die Eigentümer von der Bank be-
kämen, da sich die Kreditsumme nach der Jah-
resnettomiete richte und hier geringer ausfalle
als in anderen Dortmunder Stadtteilen, so die
Ratsfrau. Mit einem Hypothekensicherungsfonds
könnte die Stadt helfen, diese Finanzierungslü-
cke zu schließen und damit mehr Sanierungen
ermöglichen. Zwar gibt es einige große Woh-
nungsgesellschaften, die Bestände in der Nord-
stadt haben, aber achtzig Prozent der Häuser
gehören Einzeleigentümern, denen dies die Sa-
nierung erleichtern könnte.
Eins der gravierenden Probleme der Nordstadt ist,
dass junge Familien häufig wegziehen, wenn die
Kinder ins Kita-, spätestens ins Schulalter kom-
men. Hier eine Kehrtwende hinzukriegen, gehört
zu den Herausforderungen, vor denen die Stadt
steht. Die beiden Problemhäuser in der Mallinck-
rodtstraße 54 und 56 zum Beispiel haben eine
bewegte Geschichte hinter sich. Zwischen 1990
und 2001 dienten sie der Stadt Dortmund als an-
gemietete Flüchtlingsunterkunft. Im Januar 2011
wurden sie wegen unhaltbarer Zustände und mas-
siver Vermüllung geräumt. Die Vermieter, zwei
Architekten, haben augenscheinlich all die Jahre
mit den beiden Häusern ausgezeichnet verdient.
In den letzten Jahren, so hört man immer wieder
aus der Nachbarschaft, mit einer Matratzenver-
mietung an Roma, Armutsmigranten vor allem aus
Bulgarien. Es ist an der Zeit, den Stadtteil aufzu-
werten, unseriösen Vermietern das Handwerk zu
legen und seriöse Vermieter zu unterstützen.
Dass Kinder sich in der Nordstadt durchaus wohl
fühlen können, sieht man im schräg gegenüber-
liegenden Schüchtermannkarree. Sie freuen sich
schon auf das alljährliche große Sommerfest in
ihrem Innenhof. (bu)
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Das Neueste von der Straße
35
19
Unter dem programmatischen Unter-titel „Deutschland erfindet sich neu“ versammelt die Frankfurter Schrift-stellerin und Journalistin Hilal Sez-gin 30 Texte über Identität und Hei-mat, über „neue Deutsche“ und die Zumutungen einer Debatte, die vier Millionen Muslime in Deutschland zu einer Gruppe verschmilzt und ge-schlossen ausgrenzt.
Das „Manifest der Vielen“ ist ein mit-
reißendes Buch voller anrührender,
grimmig funkelnder und befreiend ko-
Und woher kommst Du? Von zu Hause!
Das „Manifest der Vielen“
mischer Momente, geschrieben von ei-
nigen der besten Leute, die wir haben.
Der Titel deutet es an: Hier spricht
kein Kommitee und keine „Minder-
heit“. Der Sammelband ist ein viel-
stimmiger Chor von Individuen. Es
schreiben Literatur-Stars wie Feridun
Zaimoglu, Ilja Trojanow oder Hatice
Akyün, Journalistinnen wie Mely Ki-
yak oder Wissenschaftlerinnen wie
Naika Foroutan. Zugewandert oder
hier geboren, mit oder ohne deut-
schen Pass, gläubig oder nicht. Ihre
LITERATUR | gelesen von Bastian Pütter
Texte sind wütend oder lakonisch,
wissenschaftlich präzise oder sehr
persönlich.
Was sie eint, ist die Erfahrung, dass
die Medienkampagne zu Thilo Sarra-
zins „Deutschland schafft sich ab“ das
Land geteilt hat in eine ablehnende
und ängstliche Mehrheitsbevölkerung
und in das „Ihr“ muslimischer Zuwan-
derer, ihrer Kinder und Enkel als einer
geschlossenen Gruppe. Sarrazins be-
leidigende Stereotype vom minder-
begabten, rückständigen, kriminellen
und fanatisch religiösen Moslem haben
eine ungeahnte Präsenz in der „öffent-
lichen Meinung“ erreicht und nehmen
Millionen Menschen, die Deutschland
als ihre Heimat sehen, in Sippenhaft.
Die AutorInnen beschreiben die Demü-
tigungen einer Debatte, die aus dem
Iran geflohenen Atheisten aufnötigt,
sich von islamistischen Attentätern zu
distanzieren; die hier geborenen Frauen
mit deutschen Hochschulabschlüssen
pseudo-feministischen Rettungsver-
suchen aus islamischer Unterdrückung
aussetzt; oder die den Kindern von an
Staublunge gestorbenen Gastarbeitern
die ökonomische Nutzlosigkeit „der
Moslems“ genetisch erklärt.
Die meisten der angeblichen „Gemü-
sehändler“ und Eltern von sich bis zur
Abschaffung Deutschlands vermeh-
renden „Kopftuchmädchen“ lesen Sar-
razins Thesen zurecht als rassistische
Ausfälle, mit denen einerseits eine
verdeckte Sozialdebatte geführt wird
und andererseits versucht wird abzu-
stecken, wieviel Homogenität, wieviel
Einheitlichkeit noch möglich ist.
Das Zwischenergebnis ist eindeutig:
Vor Sarrazin lag in Deutschland die
Bereitschaft zur kollektiven Abwer-
tung von Muslimen stabil bei 25 Pro-
zent. Heute liegt sie bei 55 Prozent.
Das „reinigende Gewitter“ und Sarra-
zins „Das wird man wohl noch sagen
dürfen“ haben verheerende Folgen.
Offen und sehr persönlich beschreiben
die AutorInnen ihre Enttäuschungen,
ihren eigenen Umgang mit den ständi-
gen Ressentiments und ihre Gedanken
zu Heimat und Deutschsein. Auch hier
sind die Vielen vielstimmig.
Die in Duisburg aufgewachsene Er-
folgsautorin Hatice Akyün (Einmal
Hans mit scharfer Soße, Ali zum
Dessert) schreibt: „Schon früher war
es nicht unbedingt schick, türkisch
zu sein. Heute aber fühle ich mich
ausgegrenzt und angefeindet. Was
mich dabei am meisten beängstigt,
ist nicht der Rassismus, den ich neu-
erdings täglich spüre – sondern das
Schweigen der Masse. Früher stand
unser deutscher Nachbar auf, wenn
ein anderer deutscher Nachbar et-
was gegen uns sagte. Heute scheint
er nicht nur zu schweigen, sondern
mitzumachen. […] Ich habe zum
ersten Mal den unbestimmten Gedan-
ken, dass ich nicht hierbleiben kann.
Dabei ist Deutschland meine Heimat,
ich kann gar nicht woanders leben.
Dies ist meine Sprache, dies ist mein
Land.“
Das „Manifest der Vielen“ ist das Ge-
gengift zu einer vergifteten Debatte,
dem viele LeserInnen zu wünschen
sind – und vielleicht eine Neuauflage
der erfolgreichen Kampgagnenarbeit
von „Bild“, „Spiegel“ und öffentlich-
rechtlichem Fernsehen zu „Deutsch-
land schafft sich ab“. (bp)
35
Hilal Sezgin (Hg.)
Manifest der Vielen.
Deutschland erfindet sich neu.
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Ein kleiner Außerirdischer und sein Roboter begeben sich mit ihrem Rauschiff auf die Suche nach bewohnten Planeten. Im rechten der beiden Bilder haben sich allerdings 10 Fehler eingeschlichen. Kannst Du sie alle finden?
ESELSOHR | von Volker Dornemann
Fehlersuchbild – Lösung:
1) Die Heckflosse des Raumschiffs
ist abgeschnitten, 2) das Dreieck
auf der Heckflosse ist lila statt
rot, 3) der Planet rechts oben hat
einen Ring, 4) dem kleinen Roboter
fehlt die Antenne, 5) die Sitzlehne
hinter dem Piloten fehlt, 6) bei den
Schriftzeichen auf dem Seitenan-
trieb fehlt ein Punkt, 7) der kleine
Planet rechts unten ist violett statt
hellblau, 8) der Seitenantrieb hat
eine hellgrüne Spitze, 9) auf der
„Motorhaube“ ist ein zusätzlicher
schwarzer Streifen und 10) rechts
über dem Cockpit ist ein neuer
Stern aufgegangen.
37
sehen. Und vor noch gar nicht langer
Zeit flimmerte Walt Disneys „WALL-E“
über die Kinoleinwand. Der kleine Ro-
boter wurde auf der Erde zurückgelas-
sen, um all den Müll wegzuräumen,
den die ins All ausgewanderten Men-
schen hinterlassen haben.
Sicherlich werden auch in Zukunft
noch viele Roboter Filme und Ge-
schichten mit ihrer Gegenwart be-
reichern. Und nicht zuletzt sind die
Roboter der Geschichten Vorlage für
den tatsächlichen Fortschritt unserer
Technologie. (vd)
In der letzten Ausgabe von bodo
haben wir darüber berichtet, wo
überall Roboter in unserem Alltag
gegenwärtig sind und welche Be-
deutung sie für unsere Gesellschaft
haben. Heute widmen wir uns den
Robotern der Science-Fiction-Ge-
schichten, von denen ihr sicherlich
das eine oder andere Beispiel aus
Kinofilmen oder Büchern kennt.
Zu den ersten Robotergeschichten ge-
hört Josef Capeks Roman „Rossums
Universal Robots“ (R.U.R.), in der es
um künstliche Arbeiter geht, die dem
Menschen das Leben erleichtern sollen
und der bereits 1921 erschien. Populär
wurden die „Blechkameraden“ dann
in den 40er Jahren durch den Autor
Isaac Asimov. Er schrieb eine ganze
Reihe von Roboterromanen, von denen
einige später auch verfilmt wurden.
Asimov erfand die berühmten drei Ro-
botergesetze, mit denen alle Roboter
seiner Geschichten programmiert waren:
1. Ein Roboter darf kein menschliches
Wesen verletzen oder durch Untätig-
keit zulassen, dass einem menschli-
chen Wesen Schaden zugefügt wird.
2. Ein Roboter muss den Befehlen ei-
nes Menschen gehorchen, es sei denn,
dass dadurch Regel 1 verletzt wird.
3. Ein Roboter soll seine eigene Existenz
schützen, sofern hierdurch nicht die ers-
ten beiden Regeln verletzt werden.
Diese drei Robotergesetze wurden später
von vielen anderen Autoren in ihren Ge-
schichten übernommen. So ist z. B. der
Android „Data“ aus der Serie „Star Trek“
nach diesen Gesetzen programmiert.
Android – dieses Wort bezeichnet
einen Roboter, der äußerlich einem
Menschen ähnelt. Oft verhält er sich
auch wie ein Mensch, die meisten An-
droiden sind jedoch unfähig, mensch-
liche Gefühle zu empfinden.
Berühmte Roboter – sicher kennt ihr
einige der Maschinenwesen, die im
Folgenden genannt werden. Der kin-
derfreundliche Roboter „Robbi“ ist
eine der beiden Hauptfiguren aus Boy
Lornsens Geschichte „Robbi, Tobbi
und das Fliewatüt“. Aus der Filmrei-
he „Star Wars“ kennt ihr sicher die
beiden Droiden „R2D2“ und „C3PO“,
die für eine Menge Komik sorgen – sie
sind quasi das Dick-und-Doof-Äquiva-
lent unter den Robotern.
Im Film „Bladerunner“ jagt ein Agent
Roboter, so genannte Replikanten,
die menschliches Bewusstsein erlangt
haben und ihren Besitzern entflohen
sind. In der Serie „Raumschiff Enter-
prise, das nächste Jahrhundert“ (Star
Trek, the next generation) ist der And-
roid „Data“ ein wichtiges Besatzungs-
mitglied des Raumschiffs. Er wird von
den anderen Besatzungsmitgliedern
als gleichwertige Lebensform ange-
38
Das sind schon dicke Bretter, die die Her-ren von muto heimatgastronomie da bohren. Die Dortmunder Philipp Winterkamp und Jan Möller sorgen seit Jahren als Veranstalter und innovative Gastronomen für Aufsehen, mit Yves Schürmann zusammen stemmen sie nun ihr bislang größtes Projekt.
die Seebühne hatten ihre besten Zeiten hinter
sich. Scheinbar.
Denn nun entsteht am Teich ein kleines Im-
perium: Yves Schürmanns Restaurant aus dem
Kreuzviertel ist in das renovierte Erdgeschoss
eingezogen. Im Ersten Geschoss toben sich die
erfahrenen Veranstalter (Großmarktschänke,
Balke) mit ihrem neuen Club Daddy Blatzheim
aus, und auch der Seepavillon ist zu mieten.
Am ehemaligen Grillplatz in der Nähe wird im
Mai ein bayrischer Biergarten eröffnen und ab
Juni verwandelt sich die Seebühne in einen
Palmenstrand – ein weiteres Stranddeck für
den Urlaub zu Hause.
Das „Schürmanns im Park“ ist bereits fertig. Mit
zurückgenommener Gestaltung und feinen De-
signideen betont es die bauhausartige Strenge
der Architektur und ist Café, Lounge und Res-
taurant in einem. Mit einem eindeutigen High-
light: die große Terrasse am Ufer des Teichs ist
wohl eine der besten Dortmunder Plätze für
einen Kaffee, ein Bier oder eine „Kleinigkeit“
im Freien. Auf breiten Sofaliegen, auf Bänken
oder Barhockern lässt man den Blick über den
Teich schweifen und beobachtet die Starts und
Landungen der Enten und winkt demnächst den
Strandgästen am anderen Ufer.
Kennern des „alten“ Schürmanns im Neuen Gra-
ben wird die Küche bekannt vorkommen: Ein-
fache aber gutgemachte, eher deutsche Küche
mit mediterranem Einschlag: Frisches Bauern-
brot und verschiedene Dips, tolle Salate, einen
„Strammen Max“ genauso wie ein Zanderfilet
mit Pernod-Zitronen-Soße. Eine Empfehlung:
Der Gartensalat „Spezial“ mit gebratenen Puten-
bruststreifen, Makkaroni, Champignons, Peperoni
und Hausdressing für 9,90 Euro. Die Küche ist bis
22 Uhr geöffnet. Samstags gibt es ein Frühstück-
buffet, Sonntags wird gebruncht.
Ab 18 Uhr ist der Eintritt in den Westfalenpark
übrigens auf 1,50 Euro reduziert. Diesen Betrag
erstattet das Schürmanns ab einem Verzehr von
15 Euro gegen Vorlage des Einzeltickets.
Noch ein Grund für einen unverbindlichen Be-
such im lange ausgesparten „hinteren“ Teil des
Westfalenparks. Wir werden jedenfalls häufiger
kommen. Oder wie die mutos sagen: Bis gleich
am Teich. (bp)
bodo verlost einen Gutschein für einen Sonn-tags-Brunch für zwei Personen (siehe S.21).
Alles neu am Buschmühlenteich
Schürmanns im Park | Dortmund
38 BODO GEHT AUS | von Bastian Pütter | Fotos: Claudia Siekarski
Schürmanns im ParkAn der Buschmühle 100 | 44139 Dortmund
Telefon 0231 – 950 970 90
www.schuermanns-im-park.de | [email protected]
Mo. – Do. 11 – 23 Uhr
Fr. 11 – 1 Uhr | Sa. 10 – 1 Uhr | So. 10 – 23 Uhr
Alles begann mit 100 Tonnen Sand auf dem Dach
des Dortmunder Kaufhof-Hochhauses am Wes-
tenhellweg. Ihr „Stranddeck“ war eine Zeit lang
die spannendste Location in Dortmund. Einen
Ableger fand es am Kemnader See, ein weiterer
entsteht auf der Seebühne am Buschmühlenteich,
denn die drei nehmen gleich das ganze Ensemble
dort in Beschlag.
Der Buschmühlenteich war in den letzten Jahren
ein wenig in Vergessenheit geraten. Die Gast-
ronomie im eigentlich schicken 60er-Jahre-Bau
war keinen Parkausflug wert, das hier „weit vom
Schuss“ untergebrachte Kochbuchmuseum soll
nun einen geeigneteren Platz in der Dortmunder
Innenstadt bekommen. Auch der auf dem Was-
ser liegende, rundum verglaste Seepavillon und
39
CARTOON | Idee und Zeichnung: Volker Dornemann
39LESERSEITE
„Leider war das Buch nicht mehr vorrätig und wurde irrtüm-
lich an mich ,verkauft‘. Allerdings wurde meine Email dies-
bezüglich sehr schnell bearbeitet und die Sache konnte nach
einem sehr freundlichen Telefonat zeitnahe geklärt werden
:-) Durfte das irrtümlich an mich versandte Buch (höher
wertig) sogar behalten und habe zusätzlich noch mein Geld
zurückbekommen – so sieht guter Service aus!!“ cleo0287
„Schneller Versand, Buch in tadellosem Zustand. Danke!“
MMünch
„Super Artikel, sehr schneller Versand, hat alles bestens ge-
klappt, ich bin sehr zufrieden, gerne wieder.“ Silke S.
LESERBRIEFE
Sehr geehrter Herr Pütter,
in meiner aktuellen bodo-Ausgabe habe ich den tollen Ar-
tikel zu meinem Krimi „Fliege machen“ entdeckt und mich
sehr darüber gefreut.
Als bodo-Leserin ist es für mich etwas ganz Besonderes,
selbst einmal darin aufzutauchen!
Ich hoffe, dass Sie mit bodo weiter viel bewegen können.
Ein schönes Wochenende, Lucie Flebbe
Für unsere stolzen Kollegen von bodos Bücher online: Ein aktu-
eller Ausschnitt aus unseren Bewertungen. Unsere Online-Shops
finden Sie auf www.bodoev.de.
„Super Zustand der Bücher * sehr zu empfehlender Verkäufer
(Selbstabholung).“ karstenhoch
„Problemlose, freundliche Abwicklung – danke!“ uh
„Das Buch kam pünktlich und in gutem Zustand an.“
herbstlaub
Schreiben Sie uns Ihre Meinung!
bodo e.V. | Postfach 100543 | 44005 Dortmund
oder eMail an: [email protected]
Mit einer riesigen Überraschung kam bodo-Leserin Renate Müller in unseren Buchladen. Zu ihrem runden Geburtstag hatte
sie ihre Gäste um Geldgeschenke für den guten Zweck gebeten. Die Hälfte des Geldes – sagenhafte 700 Euro – erhielt bodo.
Vorstandsmitglied Andre Noll nahm die Spende entgegen.
bodo dankt: Sparkasse Bochum
Dr. Josef Balzer, Alexander Barbian-Steinfort, Micha-
el Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings,
Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf
Geers, Matthias Grigo, Grünbau GmbH, Britta Rich-
ter, Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Hel-
ga Koester-Wais, Birgit Kuehn, Otfried Ladwig, Nicola
Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Ingeborg
Schumacher, Brigitte Sonntag, Gabriele Steinbrecher,
Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Christoph Ro-
eper, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler,
Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bonbardt,
Das Grafikhaus/O. Schäfer, Ralf Finke, Michael Stange,
Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Marlis Lange,
Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer,
Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Tho-
mas Terbeck, Linda Wotzlaw, Heinz Schildheuer, Thomas
Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina
Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Heike Pannitz, Frank
Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R.
Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo
Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, An-
nette Krtizler, Ursula Machatschek, Lieselotte Markgraf,
Thorsten Matern, Jutta Meklenborg, Marlies und Eber-
hard Piclum, Sandra Rettemeyer, Inge Schaub, Dorothea
Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link,
Annemarie Meiling, Christain Scheer, Roswitha Wolf, Ul-
rike Bornemann, Hans-Georg Schwinn, Isabell Bikowski-
Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel,
Annegret Malessa, Else Stockert, Christine Weber, Mo-
nika Bender, Petra Bender, Eberhard Garburg, Jutta Ha-
ring, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike Mär-
kel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan
Meyer, Carsten klink, Thomas Olschowny, Daniela Gerull,
Dieter Schibilski, Martin Scholz, Karl-Heinz Schwieger,
Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Annabell Preusler,
Birgitt Kuhlmann, Dieter Zawodniak, Elisabeth Hey-
mann-Roeder, Friederike Jansen, Dirk Schmiedeskamp,
Sebastian Poschadel, Gerd Schlitzer, Oliver Stiller, Dr.
Karl-Ulrich Winkler, Johannes Syre, Paul Höringklee,
Voler Schaika, Peter Schmitt-Wittrock, Erika Maletz, Pe-
ter Lasslop, Christina Kolivopoulos, Fam. Untersberger,
Jutta und Wido Wagner, Marianne Linnenbank, Klara
Lehmann, Barbara Cornelissen, Sabine Raddatz, Petra
Danielsen-Hardt, Silke Harborth, Doris Buderus, Dolf
Mehring, Hildegard Reinitz, Timo Zimmermann, Anne
Jentgens, Dorothee Pischke, Gerda Grundhoff, Ruth
Hanke, Ute Soth-Dykgers
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