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WWW.BI-MAGAZINE.NET Ausgabe Schweiz Nr. 4 (Winter) 2009 | CHF 15.– BEST PRACTICE FÜR MANAGER Oswald Grübel CEO UBS Josef Ackermann CEO Deutsche Bank S.D. Prinz Max von und zu Liechtenstein CEO LGT Group BANKEN NACH DER KRISE DIE STARKEN Leader setzen Akzente 7 RAUMFAHRT: Innovatives Rezept für komplexe Projekte 15 BOSCH: Ausschuss um 40 Prozent gesenkt 42 CASHFLOW: Durchblick dank integriertem Reporting

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BUSINESS INTELLIGENCE MAGAZINE ist das Wirtschaftsmedium für effektive Unternehmensführung auf Basis analytischer Konzepte und Systeme. Es wird von Topentscheidern aller Branchen regelmäßig gelesen.

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Page 1: BUSINESS INTELLIGENCE MAGAZINE 4/09

www.bi-magazine.net

Ausgabe Schweiz Nr. 4 (Winter) 2009 | CHF 15.–

best Practice für manager

Oswald GrübelCEO UBS

Josef AckermannCEO Deutsche Bank

S.D. Prinz Max von und zu Liechtenstein CEO LGT Group

BANKEN NACH DER KRISE

DIE STARKENLeader setzen Akzente

7 RAUMfAHRT: Innovatives Rezept für komplexe Projekte

15 BOSCH: Ausschussum 40 Prozent gesenkt

42 CASHfLOw: Durchblick dank integriertem Reporting

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Editorial

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Die Tugenden der Sieger

ine ritterliche Tugend aus dem Hochmittelalter fei-ert ungeahnte Renaissance: «Staete», was im Neu-hochdeutschen soviel bedeutet wie persönliche Be-

ständigkeit und Festigkeit. Menschen und Organisationen, die sie verinnerlichten, kamen besser durch die vergange-nen zwei Krisenjahre als andere. Denn diese Tugend stärkt sowohl Selbstdisziplin als auch Führungskraft.

Derart universelle Werte, die wir in unserem fluiden Zeitalter fast ausgestorben wähnten, fehlen den Verlie-rern der Weltfinanzkrise: den Spekulanten und Hasar-deuren. Ihnen mangelte es an langfristigem Denken und maßvollem Handeln, das die alten Ritter «mâze» nannten. Leader wie Joseph Ackermann, CEO der Deutschen Bank, hingegen führen nach diesen Tugenden – jedenfalls im Ver-gleich zu den meisten anderen Bankleitern weltweit. Bei-de Prinzipien schützen Entscheider heute genauso wie im Mittelalter vor Zockereskapaden. Und vor hemmungsloser Gier, dem krassen Gegenteil einer weiteren Rittertugend: dem «werdetun», der Würde.

Für unsere Titelseite haben wir drei Bankleader in präch-tige Rüstungen gesteckt: Neben Ackermann auch Seine Durchlaucht Prinz Max von und zu Liechtenstein, Leiter der LGT, der die Steuerkritik aus Deutschland professio-nell annahm. Beide führen souverän. Ein wohl noch grö-ßeres Kaliber ist Oswald Grübel: Nachdem er vor Jahren Credit Suisse sanierte, wirft er jetzt seine ganze Erfahrung in die Waagschale, um die UBS zu retten. Grübel kehrte da-für aus dem Ruhestand zurück, was wiederum einem ritter-lichen Ideal entspricht: der «manheit» oder Tapferkeit.

Unsere Zeit braucht den Leadertyp des Herzogs, «heri-zogo», der wirklich voranmarschiert. Keine Topmanager, die sich vor allem um die interne Bürokratie oder, wie Ex-Merrill Lynch-Chef John Thain, gar akribisch um luxuriöse Insignien kümmern – während die Bank untergeht. Oswald

Seit der Weltwirtschaftskrise ist klar: Scheinbar altmodische Werte schützen Topmanager vor Fehlentscheidungen – und zwar nachhaltig.

Grübel hingegen strich sich selbst den teuren Chauffeurs-service: Er steuert sein Auto jeden Morgen selbst ins Büro. So etwas spornt auch Mittelmanager zu schonendem Um-gang mit betriebswirtschaftlichen Ressourcen an.

Derlei Impulse der Topentscheider in ihr Unternehmen müssen aber Hand in Hand gehen mit Investitionen in Ma-nagement- und Infrastruktursysteme: etwa für Risikoma-nagement oder integriertes Reporting, Ausschussanalyse oder Kundenbeziehungen. Alles Themen dieser Ausgabe.

Insofern ist unser Titelbild nicht witzig gemeint, son-dern – bei aller äußeren Pracht – ziemlich ernst: Diese Entscheidungsträger verkörpern Werte und Systeme, die plumpen Taylorismus und nimmersattes Shareholder Va-lue Management überwinden. Es gilt, alle Stakeholder und Faktoren eines Unternehmens einzubeziehen – auch Kun-den, die Umwelt und das Allgemeinwohl.

Mit diesem Aspekt befasst sich auch die neue Wirt-schaftsnobelpreisträgerin Elinor Ostrom. Sie untersucht den ökonomischen Wert nachhaltiger Kooperationen auf gemeinschaftlich genutztem Land, der «almeide» (All-mende). Angesichts zunehmend knapper Güter wie etwa Rohstoffen gewinnt dieser Aspekt weltweit an Bedeutung. Frau Ostroms Forschung gehört daher zweifellos ins Arse-nal starker Leader.

Ich wünsche Ihnen eine nutzbringende und zum Jahres-ausklang auch besinnliche Lektüre.

Wolf K. Müller [email protected]

ELiebe Leserinnen, liebe Leser

Wolf K. Müller Scholz Herausgeber

«Es gilt, alle Stakeholder eines Unternehmens einzubeziehen – auch Kunden, die Umwelt und das Allgemeinwohl.»

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Inhalt

3 EDITORIAL

BEST PRACTICE

6 News: Boom bei Business Intelligence / E-Mail Management / Beteiligungsmanagement

7 Raumfahrt: Wie die Bremer OHB Technology dem mächtigen Konkurrenten EADS die Zähne zeigt

8 Energieversorgung: Wie die Marketing Factory eines deutschen Stromversorgers funktioniert

10 Tourismus: Warum die Helmut Knaus KG nicht nur Controlling, sondern auch

Cash Management computerisiert

12 Jobvermittlung: Wie die deutsche Bundesagentur für Arbeit ihre Planungsprozesse analytisch steuert

14 Elektrohandel: Wie die Schweden mit Business Intelligence besseren Kundenservice erzielen

15 Bosch Thermotechnik: Wie der Hightech-Anbieter den Produktionsausschuss um 40 Prozent senkt

16 Börse: Wie sich der größte chinesische Handelsplatz Shenzhen für die internationale Expansion rüstet

TITEL

18 Dossier financial Services: Welche Pfeile die Gewinner der Weltfinanzkrise im Köcher haben

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INNOVATIV: Claus Logemann, OHB-Fi-nanzleiter, setzt auf ausgefeil-tes Projektcontrolling

24

MASSIV: Walter Berchtold, CEO Cre-dit Suisse Private Banking, will Business Intelligence

30

INTEGRATIV: Pascal Koradi, CFO Neue Aar-gauer Bank, macht Business Intelligence zur Chefsache

20 Operational Excellence: Wie Banken und Versiche-rungen ihre Wertschöpfungsprozesse verbessern

24 Private Banking: Wie sich Anbieter von Wealth Management für die neuen Zeiten rüsten müssen

29 Compliance: Warum ein kleiner Berliner Finanzdienstleister nachhaltige Benchmarks setzt

30 Strategie: Wie die Neue Aargauer Bank das Zusam-menspiel von IT und Fachabteilungen gestaltet

32 Kundenmanagement: Wie Raiffeisen Schweiz das Firmenkundengeschäft vorantreibt

37 Glosse: Patricia van den Secheren über betriebliche Märchenstunden und sensible Kundendaten

MANAGEMENT

38 Kostenkontrolle: Welche Analysen, Methoden und Strategien sich für erfolgreiche Initiativen eignen

42 Cashflowrechnung: Wie Unternehmen von integrier-tem und automatisiertem Reporting profitieren

50 Kolumne: Andrew Mountfield über die Einbindung des Mittelmanagements in die Unternehmensstrategie

RUBRIKEN

43 Unternehmensregister

44 Termine für Manager und Unternehmer

45 Impressum

48 Bücher

32

PRODUKTIV:Andreas Salcher, Chef Firmen-kunden bei Raiffeisen Schweiz, modernisiert mit CRM

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Der Baisse die Stirn geboten

Verkanntes Potential

Bei Beteiligungen bis 70 Prozent sparen

Während Unternehmen seit der Weltwirtschaftskrise fast überall sparen müssen, investieren sie kräftig in Business Intelligence Software: Nach Angaben der Marktfor-schungsfirma Gartner stieg der Absatz allein 2008 welt-weit um satte 22 Prozent auf 8,8 Milliarden US-Dollar – und damit fast doppelt so stark wie im Jahr zuvor. Und

E-Mails sind Kernelement moderner Unterneh-menskommunikation – mit entsprechend hohem betriebswirtschaftlichen Wert. Doch viele Unternehmen vernachlässigen sträflich die systematische Einbindung in Geschäftsprozesse.

Eine Umfrage der Forschungsinstitute Pentadoc und Barc zum Einsatz von E-Mail Management Software in über 300 Unternehmen deckt erheblichen Nachholbedarf auf: Nur 35 Prozent der Unternehmen setzen überhaupt eine Software-Lösung für den Bereich E-Mail Management ein. Und Firmen, die es bereits nutzen, beschränken sich meist auf die reine E-Mail-Archivierung. Bei Unternehmen, die künftig E-Mail-Management-Systeme einsetzen wollen, steht vor allem das reine Wiederfinden der elektronischen

Gut lachen: Ehrgeizige Manager – wie dieser uns leider unbekannte Leader an seinem Schreibtisch, ohne Sakko – setzen hohe Erwartungen in Business-Intelligence-Programme.

der Trend hält an. Hauptgrund dafür ist laut Gartner-Analyst Dan Sommer, dass Manager die Transparenz ih-rer Organisationen entscheidend steigern wollen, um die Kosten noch besser in den Griff zu bekommen. Gleichzei-tig wollen sie so die Strategie der Leitung enger mit der betriebswirtschaftlichen Umsetzung verknüpfen.

E-MAIL-MANAGEMENTwas die Avantgarde erwartet Antworten in Prozent auf die Frage: Was veranlasst Ihr Unternehmen zur Suche nach einem E-Mail-Management-System?

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Schnelles Wiederfinden 45

Erfüllung gesetzlicher Anforderungen 37

Schnellere Vorgangsbearbeitung 36

Mehr Kundenservice/Auskunftsfähigkeit 32

Schutz vor Datenverlust 31

Nachrichten sowie die Erfüllung der gesetzlichen Anforde-rungen im Vordergrund. Die schnellere Vorgangsbearbei-tung oder etwa die Verbesserung des Kundenservice durch eine schnellere Prozessverarbeitung werden gerade einmal von gut einem Drittel der Unternehmen priorisiert.

Steueroptimierung, Konsolidierungshierarchien, Stammda-tenharmonisierung – Beteiligungsinformationen werden in jedem Konzern benötigt. Standardisierung ist gefragt. Die Heidelberger Zetvisions AG, Marktführer für Beteiligungs-management-Software in Europa, befragte seine Kunden

nach dem Einsparpotential und war selbst überrascht: Im Schnitt sparen die Kunden etwa 23 Prozent an Aufwand ein. Einzelne Anwender realisieren sogar bis zu 70 Prozent Kosteneinsparungen. Entscheider können sich näher infor-mieren unter www.zetvisions.de/kompakt.

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RAUMfAHRT

Sicher landenWechselnde Projekte prägen die Raumfahrt. Vielerlei Firmen und Organisationen kooperieren und müssen extrem flexibel sein. Dabei hilft Business Intelligence.

enn die europäische Weltraumagentur ESA Ende des Jahres die ersten Aufträge für den Aufbau des europäischen Satellitennavigationssystems

Galileo vergibt, hat das Bremer Unternehmen OHB Tech-nology AG gute Chancen, den ersten Teilauftrag von 840 Millionen Euro zu erhalten. Die Firma ist gut in Schwung: Erst kürzlich schnappten die Hanseaten dem mächtigen Konkurrenten EADS einen lukrativen Auftrag für den Bau des deutschen Militärspionage-Satelliten SAR-Lupe vor der Nase weg. Im August übernahmen sie zudem den italienischen Konkurrenten Carlo Gavazzi Space.

Der Erfolg der OHB beruht zu einem guten Teil auf exzellentem Management, das intensiv mit Business Intel-ligence arbeitet. Besondere Anforderungen stellt es dabei an das Berichtswesen, das ein leistungsstarkes, dezidiertes Projektcontrolling enthalten muss. Mithilfe eines Cock-pits für Planung und Reporting von Cubeware bilden die Bremer auch die Personalplanung und die Kostenrech-nung flexibel ab. Konkrete Inhalte einzelner Datenwürfel sind unter anderem Personalstunden, Projektabrechnun-gen, Arbeitsaufträge einzelner Mitarbeiter oder Stunden-sätze.

Laut Claus Logemann, bei der OHB Technologiy AG für Finance und Controlling verantwortlich, fügt sich das neue System gut in die bestehende Organisation ein: «Durch Cubeware lassen sich die Daten aus den Vorsyste-men ideal zusammenführen.» Der betriebswirtschaftliche Nutzen ist evident. Denn vorher mussten beispielsweise die Kosten für Material, Fremdleistungen, Unterauftrag-nehmer und sonstige Einzelkosten von Hand in die Projek-tabrechnungen übertragen werden. Jetzt werden die Zah-len aus Datev mithilfe eines Importers automatisiert in die Projektabrechnung überführt.

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In der Unternehmenspraxis zeigen sich bereits die ersten positiven Wirkungen: Die Controller schätzen zum Beispiel die Erleichterungen bei der Datenerfassung und -aufberei-tung für Managementberichte. So erstellen sie Statusberich-te und Projektabrechnungen für verschiedene Auftraggeber in einem Projekt jederzeit problemlos auf Knopfdruck – auf Basis der hinterlegten Kennzahlenschemata.

Um für die künftigen Projekte und Bieterschlachten noch besser berüstet zu sein, wollen die Hanseaten das Repor-ting-System weiter ausbauen: Nächster Schritt ist die Ein-bindung der Rechnungsdatenbank, um beispielsweise die Kennzahlen der geplanten mit den tatsächlichen Projektver-läufen oder die Kosten mit den korrespondierenden Plan- und Ist-Zahlungsflüssen zu verknüpfen.

Umsichtiger Finanzlenker: Claus Logemann, bei der OHB Technology AG verantwortlich für Finance & Controlling.

Anspruchsvolles Projekt: Landefahrzeug Lunar Lander nach dem Absetzen eines Rovers auf der Mondoberfläche.

Profil: OHB Technology AG

Unternehmenssitz: BremenBranche: Luft- und RaumfahrtUmsatz: 232,5 Millionen EuroGewinn (Ebitda): 28,7 Millionen EuroMitarbeiter: rund 1’300IT-Lösung: Cubeware

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DOSSIER fINANCIAL SERVICES

Die Riege der TapferenDie weltweite Finanzmarktkrise trennt auf dem globalen Bankenmarkt die Spreu vom Weizen. Starke Leader gewinnen an Einfluss. Sie verstehen es, nicht nur die Kosten im Griff zu halten, sondern gleichzeitig produktiv zu investieren. Eine Auswahl.

ch, Joe! Wie viele Schlachten schlug der Chef der Deutschen Bank im Laufe seiner Karriere. Nach der Niederlage bei der Credit Suisse zog er nach

Frankfurt. Kaum hatte der Oberst der Schweizer Armee dort aufgeräumt, blies ihm mit dem Mannesmann-Skandal der kalte Wind ins Gesicht. Dann liebäugelte er mit einem Wechsel in die Schweizer Heimat, als CEO des Konkurren-ten UBS; dann schickte sich (vergeblich) die Citigroup an, die Deutsche Bank zu schlucken; und schließlich kam die Finanz-, dann die Weltwirtschaftskrise.

Der Musikliebhaber und Honorarprofessor Dr. Josef Ackermann (1) meisterte sie. Denn er versteht es, Potenti-ale und Zusammenhänge zu orchestrieren. Als Chairman des Institute of International Finance mangelt es ihm zu-dem nicht an Einfluss. So geht er klar als der große Gewin-ner aus der weltweiten Finanzmarktkrise hervor. Nach nur einem Quartal herber Verluste Ende 2008 präsentiert sein Institut satte Gewinne.

Und dies verdankt die Deutsche Bank Gruppe nicht allein seinem Instinkt, die gefährlich kontaminierten Im-mobilienwertschriften zu meiden. Ackermann rüstete das Geldhaus mit neuen Managementmethoden und moderner Infrastruktur – vor allem mit stabilem Risikomanagement.

Business Intelligence vom Feinsten. Dafür wurde die Bank vom Fachmagazin OpRisk & Compliance als «Outstan-ding Bank in Europe» ausgezeichnet.

Ackermann ist zudem ein begnadeter Jäger und Samm-ler: Geduldig wie die Katz vorm Mauseloch wartet er auf den Augenblick, da sich fette, geschwächte Beute zeigt – und schnappt zu: Bankhäuser mit verborgenem wirtschaft-lichen Wert, die er so zum Schnäppchenpreis erwirbt, sind die Privatbank Sal. Oppenheim oder Reste der niederlän-dischen ABN Amro.

Viel schwerer hat es da Oswald Grübel (4), im Frühjahr aus dem mediterranen Ruhestand zurückgekehrt, um als CEO bei der größten Schweizer Bank UBS wieder ins Ge-schirr zu gehen. Das Managementschwergewicht sanierte vor Jahren den Konkurrenten Credit Suisse beeindruckend. Doch das Defizit der UBS, die allein im zweiten Quartal einen Reinverlust von 1,4 Milliarden Franken verbuchte, ist eine deutlich größere Hypothek. Entsprechend hart geht Grübel ran: unter anderem mit einem Kompetenzzentrum für die Umsetzung von Strategien namens «UBS Business University» und einem Effizienzsteigerungsprogramm.

Grübels Nachfolger als Leiter der Credit Suisse, Brady w. Dougan (5), baut derweil mit ruhiger Hand auf geleg-

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ten Fundamenten: Er verringert den Risikoeinsatz, stärkt die Kundenorientierung und erhöht die Kapitaleffizienz. So fuhr er im dritten Quartal einen soliden Reingewinn von 2,4 Milliarden Franken ein – rund 50 Prozent mehr als im Vierteljahr zuvor.

Immer noch Sorgen hingegen hat M. f. Geoghegan (3), CEO der britisch-asiatischen Großbank HSBC (Assets: 2’420 Milliarden Dollar). Denn der Gewinn halbierte sich im ersten Semester 2009. Doch die Schwierigkeiten vor al-lem in den USA bekommt er so langsam in den Griff. Und die deutsche Privatbank-Tochter Trinkaus steigerte trotz eines schlechten Marktumfelds den operativen Gewinn um 4,4 Prozent bei nur leicht gesunkenem Umsatz. Ein dichtes Filialnetz mit weltweit 8’500 Geschäftsstellen, vermarktet mit dem Schlachtruf «The World’s Local Bank», liefert eine stabile Basis – und einen starken USP.

Ebenfalls sehr global orientiert, wenn auch in der Ziel-gruppe durchweg höher angesiedelt, ist die Liechtenstei-ner LGT Group. Seine Durchlaucht Prinz Max von und zu Liechtenstein (2) fährt als CEO eine klare Linie der geogra-phischen Diversifizierung und des internationalen Wachs-tums. So akquirierte er zum Beispiel die Dresdner Bank Schweiz und gewann mehr Kundschaft in Übersee. Damit konnte die fürstliche Bank 2009 ihre betreuten Vermögen sogar leicht steigern – trotz der Geldabflüsse infolge der Steuerdebatte in Deutschland.

Schwer zu kämpfen hat Martin Blessing (6), Vorstand-schef der Commerzbank. Der Spross einer traditionsrei-chen Frankfurter Bankiersfamilie (sein Großvater war deutscher Bundesbankpräsident) verdaut noch den Kauf der schwer angeschlagenen Dresdner Bank. Er kämpft mit hohen Verlusten. So muss er Tafelsilber verkaufen wie zum

Beispiel die Schweizer Tochtergesellschaft, welche sich Vontobel-Chef Herbert J. Scheidt zum Schnäppchenpreis sicherte. Doch Blessing verbucht erste Erfolge: So schlossen die Segmente Privatkunden und Mittelstandsbank das jüngste Quartal positiv ab – vor allem aufgrund strikter Kostenkontrolle und neuer Kunden. Und Blessing hat Zeit: Solange der deutsche Staat Großaktionär bleibt, ist das In-stitut im Bestand nicht gefährdet.

Ende der Gemütlichkeit

Auswirkungen der Finanzmarktkrise für das Private Banking in Europa

Wettbewerbsgrad Onshore EuropaProfitabilitätFokussierungsgrad des Geschäftsmodells

* Oktober

Quelle: Accenture

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2008/2009* 2010* 2012* Prognose

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financial Services Wealth Management

PRIVATE BANKING

Kunden hoch, Kosten runter Um mehr als 50 Prozent sanken in den vergangenen beiden Jahren die weltweiten Vermögen. Vor allem das Geschäft mit wohlhabenden Privatkunden brach ein. Die Marktplayer müssen reagieren – auf allen Ebenen, mit allen Mitteln.

ürich, 2. September 2009. Der Schock über die weltweite Finanzkrise sitzt immer noch tief. Doch die Teilnehmer des achten Europäischen Priva-

te Banking Summit schauen entschlossen nach vorn. Ei-ner der Topreferenten – Walter Berchtold, CEO Private Banking der Credit Suisse Group – tritt mit besonderem Selbstbewusstsein vor das internationale Auditorium: «Bis 2013 werden wir jährlich um acht Prozent wachsen.» Asien, gefolgt von Europa würden die Hauptgeschäftstrei-ber sein.

Auch aus Lateinamerika erwarte das Institut einen gu-ten Schub. Die globalen Bargeldreserven potentieller Kun-den seien in den vergangenen zwei Jahren um gut 20 Pro-zent gestiegen. «Das wird uns helfen», sagte Berchtold, der seiner Division ein «Client Centricity»-Programm ver-ordnet hat. Damit will er vor allem Raiffeisen- und Kan-tonalbanken – den Gewinnern der Weltfinanzkrise in der Schweiz – wieder Kunden abjagen. Ein spezielles Team für die besonders umworbene Klientengruppe der sogenann-ten High Net Worth Individuals (kurz HNWI, Finanzver-mögen ohne Eigenheim von mehr als einer Million Dollar) berichtet direkt an ihn.

Leicht indes wird es für Berchtold nicht, dieses hoch-gesteckte Ziel zu erreichen. Denn gerade die HNWI sind wählerischer bei der Mandatsvergabe geworden, zeigen sich risikoscheuer und gleichzeitig preisempfindlicher. Ei-nen Vorgeschmack darauf, wie schwer es wird, lieferte kurze Zeit nach dem Kongress, im Oktober, der Quartals-bericht der Credit Suisse Group: Er weist für das Private Banking beim Nettoertrag gegenüber dem Vorquartal im-mer noch ein Minus von vier Prozent aus, gegenüber dem Vergleichszeitraum 2008 sogar einen dicken Fehlbetrag von zehn Prozent – «hauptsächlich aufgrund des tieferen Zinserfolgs bei nahezu unveränderten Kosten.»

Also muss das Private Banking vor allem die Kosten senken. Bereits im September wies Berchtold auf zwei wichtige Maßnahmen hin: erstens die Einführung der Business-Intelligence-Methode Six Sigma, zweitens das

Outsourcing beispielsweise von Teilen der Funktionen im Bereich des Chief Operating Officers ins westpolnische Wroclaw (Breslau), wo die Kosten für Credit Suisse gegen-über dem Standort Zürich nur rund 25 Prozent betragen.

Reichen derartige Schritte, um das Private Banking fit für die größeren Herausforderungen zu machen? Wohl kaum. Das lässt sich jedenfalls aus einer brandneuen Stu-die der Unternehmensberatung Accenture * schließen. Sie schlägt eine Reihe weitergehender, struktureller Maßnah-men vor wie etwa den sogenannten «Banking Hub Ap-proach». Dieser beinhaltet auch für Privatbanken einen

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Harte Hand im Kostenmanagement: Walter Berchtold, CEO Private Banking der Credit Suisse Group.

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durchgehend industrialisierten Middle und Back Office. «Zusätzlich sind Shared-Service-Strukturen für Konzern-funktionen für große internationale Banken eine wertvol-le Option, um ihre Anstrengungen zu unterstützen, kos-tengünstiger zu arbeiten.»

Aber auch an der Kundenfront müssen sich die Markt-player laut Accenture anstrengen. Dazu zähle vor allem eine Kundensegmentierung auf Basis des wirtschaftlichen Werts der Klienten, der Demographie, der Meinungen so-wie des konkreten Verhaltens der Kunden. Parameter wie beispielsweise Banktreue oder der Grad der Selbststeue-rung des Kunden bei Kapitalanlagen liefern gemäß Stu-die eine solide Prognose für einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren. «Die Nutzung verschiedenartiger analy-tischer Dimensionen, um die Bedürfnisse und Präferenzen der Kunden abzuschätzen, ermöglicht es dem Manage-ment, für jedes Segment klare Geschäftsregeln aufzustel-len», resümiert die Studie.

Topleader im Private Banking wie Walter Berchtold von der Credit Suisse werden diese Klarheit entschlossen einsetzen müssen, um wieder Kunden zu gewinnen.

* The Accenture Private Banking Point of View 2009, Zürich October 2009.

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Reichhaltige Erfahrung im Wealth Management: Bankenhauptquartiere rund um den Paradeplatz in Zürich.

Harte Zeiten für Privatbanken

Mittelfristig drücken Preiskampf und kom-plexe Produkte - ehe beide Trends abschwä-chen. Die staatliche Regulation steigt stetig.

Regulation der ProdukteKomplexität der ProdukteSensitivität bei Preisen

* Oktober

Quelle: Accenture

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2008/2009* 2010* 2012* Prognose

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NEUE AARGAUER BANK

Mit weichen Faktoren zum Erfolg

Business Intelligence benötigt das perfekte Zusammenspiel von Fachabteilung und Informatik. Die Neue Aargauer Bank (NAB), Tochter der Credit Suisse Group, zeigt, wie es geht.

Von Heinz Steiner*

iele Unternehmen, auch Banken und Versiche-rungen, nutzen die Möglichkeiten der eingesetz-ten Business Intelligence Tools nicht optimal. Die

Unzufriedenheit bei der Fachabteilung äußert sich in Kri-tikpunkten wie schlechten Abfragezeiten, schlechter Da-tenqualität, unzuverlässiger Software und ungenügender Bedienerfreundlichkeit. Die Informatik bemängelt von ihrer Seite: Änderung der Anforderungen vor Projektab-schluss, mangelndes Interesse der Anwender, insbesondere auch bei der Datenqualität, die maßgeblich von den Fach-abteilungen zu verantworten sei.

Diese Probleme brachte eine Studie des Business Applica-tion Research Centers (BARC) an den Tag – was unsere Be-obachtungen als BI-Berater seit über 20 Jahren unterstreicht: Früher hießen die Instrumente für die Führungsunterstüt-zung noch Management-Informationssysteme (MIS). Es waren mehrheitlich Controller Tools. Diese isolierten Lö-sungen wurden vom Controller auf seinem PC betrieben,

hatten meist kaum Schnittstellen und funktionierten außer-halb der Informatik. Sobald die MIS-Lösungen «erwachse-ner», also in die lokalen Netzwerke eingebunden und die Daten der Vorsysteme importiert wurden, kamen diese au-tomatisch ins Hoheitsgebiet der Informatik.

Als sich dann die großen Software-Hersteller dieses Ge-biets annahmen, wurde Business Intelligence zu einem stra-tegischen IT-Thema. Die Folge davon war, dass nun die unternehmensweiten Daten als ein bedeutendes, immate-rielles Gut erkannt wurden. Dies führte zu aufwendigen, komplexen Datawarehouse-Projekten (DWH), die sich stark an den verfügbaren Daten und weniger an den Steue-rungsinformationen orientierten. Solche Projekte werden heute von IT-Fragestellungen dominiert; die Fachabteilung spielt bei der Konzeption und Umsetzung nur eine unter-geordnete Rolle als künftiger Anwender. Die Folge daraus sind die zitierten BI-Probleme.

Wie können diese Fehlentwicklungen vermieden oder behoben werden? Es braucht einen Brückenschlag, der die jeweiligen Hoheitsgebiete respektiert und einen Da-ten- und Informationsaustausch zwischen gleichberechtig-ten Partnern organisiert. Da es sich hier um kein primär technisches Problem, sondern um eine Frage der Werte-vorstellungen handelt, sind rasche Verbesserungen kaum durchsetzbar. Es geht eben um die «weichen» Faktoren, die schwer messbar und schwer veränderbar sind. Es gibt Aus-sagen von erfahrenen Managern, die für solche Verhaltens-änderungen eine Zeitspanne von neun Monaten pro Hier-archieebene einplanen. Die Verhaltensänderungen erfolgen nur dann nachhaltig, wenn sie vom Management vorgelebt und nicht nur angeordnet werden.

Das Schaubild zeigt deutlich die beiden Welten der In-formationslogistik. Die operativen Anwendungen generie-ren aus den Transaktionen die Daten, welche die wichtige Grundlage für einen Großteil der zur Steuerung notwen-digen Informationen bildet. Bei erfolgreichen BI-Lösun-gen wird darauf geachtet, dass der Verantwortungsbereich der Informatik bis ins Datawarehouse und die Metadaten reicht. Der Fachabteilung, hier das Controlling, obliegt die

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Informationslogistik im Unternehmen Die Linie markiert die Grenzen der Hoheitsgebiete.

grafische Analyse Dokumente

Alternative Strukturen Zusatzberechnung

Zentrale SteuerungFlexible AnbindungPlausibilisierung

operative Anwendungen externe Datenquellen

Metadaten

Anreicherung

Steuerung = Information

Transaktion = Daten

INFO-POINTfür Management und Controlling

OLAP-DBInformationspoolDWH ETL / ELT

Kommentare

Vertrieb

KostenkontrollePlan/Budget-EingabeDetaildaten

Simulation

Ad-hoc-Tabellen

Berichte

grafische Analyse Dokumente

Alternative Strukturen Zusatzberechnung

Zentrale SteuerungFlexible AnbindungPlausibilisierung

operative Anwendungen Externe Datenquellen

Metadaten

Anreicherung

Steuerung = Information

Transaktion = Daten

INFO-POINTfür Management und Controlling

OLAP-DBInformationspoolDWH ETL / ELT

Kommentare

Vertrieb

Kostenkontrolle

Plan/Budget-EingabeDetaildaten

Simulation

Ad-hoc-TabellenBerichte

financial Services Koradi

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Koradi financial Services

Ausgestaltung der Datamarts in Form mehrdimensionaler Datenwürfel (sogenannte OLAP-DB) wie auch die Infor-mationsaufbereitung und Weitergabe durch Berichte und Cockpits. Damit dies funktioniert, braucht es BI-Tools, die von der Fachabteilung auch gestaltet, verwaltet und be-dient werden können.

Nun bringen die Controller oft weder die konzeptionel-len Fertigkeiten noch das Verständnis für die komplexe In-formationslogistik mit. Bei größeren Unternehmen hat sich die organisatorische Lösung in Form eines BI-Kompetenz-centers bewährt. Wir stellen das erfolgreich am Beispiel der Neuen Aargauer Bank AG (NAB) dar, die wir als Berater schon lange begleiten: ausgezeichnete BI-Performance und strategisch positionierte BI-Durchdringung der relevanten Bankbereiche bis auf die Stufe der Kundenverantwortlichen. Die NAB hat eine Bilanzsumme von 18,6 Milliarden Fran-ken und ist damit die führende Bank in ihrem Marktgebiet. Das Institut beschäftigt rund 770 Mitarbeitende.

Das BI-Kompetenzcenter stellt hier folgende Aufgaben sicher: 1. das Datenmanagement mit Datenintegration, Metadatenmanagement, Sicherheit und Aufbereitung zur Prüfung der Datenqualität; 2. das Applikationsmanage-ment mit Konzeption der Datenmodelle, Entwicklung und Implementation, Entwicklung von Berichten und Cock-pits; 3. den BI-Betrieb inklusive Schulung und Support.

Ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg bei der Neuen Aar-gauer Bank war das persönliche Engagement des Chief Fi-nancial Officer (CFO) Pascal Koradi. Er machte die stra-tegische Mission bis hin zur operativen Zielerreichung bei Business Intelligence zur Chefsache. Damit dieses zentrale Steuerungsinstrument im Betrieb die notwendige Beachtung und Betreuung erfährt, wurden zahlreiche Maßnahmen um-gesetzt, um das Controlling noch stärker in die BI-Initiative einzubinden. Dazu gehören eine örtliche Nähe von BI-Kom-petenzcenter und Controlling, ein Kernteam Business Intelli-gence, welches Weiterentwicklungen und Prioritäten festlegt sowie ein strukturiertes Testing der aufbereiteten Monatser-gebnisse durch die Controlling-Abteilung vor der Freigabe und Veröffentlichung der Informationen.

Fazit: Das Zusammenspiel zwischen IT und Fachabtei-lung ist entscheidend für erfolgreiche BI-Lösungen. Entwe-der werden vom Fachbereich betriebene Tools eingesetzt oder ein spezielles Kompetenzcenter wird zur Drehscheibe für alle BI-Belange. Mit organisatorischen Maßnahmen stellt das Unternehmen sicher, dass diese Kompetenzcenter in der Fachabteilung verankert sind.

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*Der Autor

Heinz Steiner ist Geschäfts-führer der MIK AG für Man-agement-Kommunikation in Brugg, Schweiz, einem Unter-nehmen der Trivadis-Gruppe.

[email protected]

Strategische Mission: Pascal Koradi, Chief Financial Officer der Neuen Aargauer Bank.

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KOSTENMANAGEMENT

Spitz rechnen – aber bitte richtigViele Unternehmen verstärken seit der Krise ihre Kostensparprogramme. Doch oft wird am falschen Ende geknausert. Andererseits übersieht das Management so manches große Potential.

ei einem deutschen Produktionsunternehmen – nen-nen wir es hier aufgrund gebotener Vertraulichkeit «Hammerfest» – drohten 2008 die Lichter auszu-

gehen. Eine Vollkasko-Mentalität hatte die Kosten derart in die Höhe getrieben, dass selbst bei einem Überleben die Kostenführerschaft, über die der Betrieb im Markt verfüg-te, langfristig in Gefahr zu geraten drohte.

Was tun? Das Topmanagement beriet sich unter Ein-bezug der Mitarbeitervertretung in schweißtreibenden Sitzungen. Oft dauerten sie bis spät in die Nacht. Am Ende einigte sich die Runde auf den Vorschlag des CFO für ein weit-reichendes Vorgehen: Die operativen Kosten werden um 25 Prozent ge-senkt. Dabei geht das Unternehmen aber nicht den üblichen Weg der Ge-schäftsprozessoptimierung. Vielmehr prüft und hinterfragt es sämtliche be-triebswirtschaftlichen Leistungen ein-zig und allein als Ergebnis unterneh-merischen Handelns.

Diese ungewöhnliche Methode ist für die meisten Beteiligten neu. Denn jetzt werden sämtliche internen und auch die externen Leistungsportfolios radikal hinterfragt. Bezogen auf das Geschäftsmodell und die Unterneh-mensstratgie prüft das Management dabei Fragen wie:

Müssen wir die Leistungen grund-•sätzlich anbieten?

Sind die aktuellen Service-Level auch aus Sicht der Leis-•tungsempfänger angemessen?Ist der aktuelle Anteil des Unternehmens an der Wert-•schöpfung kostenoptimal?Sind Prozesse, Organisation und Ressourcenverteilung •beim Lieferanten der Leistung effizient gestaltet?

Mit diesen Generalfragen schickte der Finanzchef ein Pro-jektteam ins Feld – und löste damit im Betrieb eine riesige

B

Papierwust: In den Finanzabtei-lungen der Unternehmen haben Kostensparpläne Hochkonjunktur.

wenig innovative Suche

In welchem Ausmaß nutzen Sie Methoden, um Kosten-sparpotentiale in Ihrem Unternehmen aufzudecken?*

* 1 = Einsatz in vollem Maße 6 = kein Einsatz

Kostenstellenrechnung

Kostenträgerrechnung

Deckungsbeitragsrechnung (mehrstufig)

6 5 4 3 2 1

Prozesskostenrechnung

Target Costing

Zero Based Budgeting

Am wenigsten genutzt:

Am meisten genutzt:

Quelle: Deloitte & Touche

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Business Intelligence Magazine 4/09 39

Umwälzung aus. Letztlich war die Aktion erfolgreich und Hammerfest überlebt nicht nur. Das Unterneh-men bricht mit erhöhter Wirtschaft-lichkeit und neuen Produktinnova-tionen und Marktinitiativen gar zu neuen Ufern auf.

Nach Erfahrung von Jens Ekopf, Principal bei der Unternehmens-beratung Horváth & Partners in Frankfurt, der von diesem Praxis-beispiel berichtet, können viele Ent-scheidungsträger daraus lernen. «Pauschale Kostenreduktionen ent-sprechend eines Rasenmäher-Ansat-zes sind hier sicher nicht die richtige Antwort», sagt der Leiter des Competence Teams Restruc-turing, Cost Alignment & Post Merger Integration bei dem renommierte Consultinghaus.

Besser eignen sich nach seiner Beobachtung vielmehr tief greifende und kontrollierte Kostenoptimierung, wobei die Strukturen im Unternehmen redimensioniert werden müs-sen, ohne Wachstumstreiber des Unternehmens zu zerstö-ren. Dazu gehört aber auch, dass es Manager in fetten Jah-ren nicht zulassen, dass Leistungen der Zentralfunktionen unnötig aufgebläht werden – frei nach dem Motto «Das können wir uns ja leisten». Schon bei der Suche nach den Kostensenkungspotentialen sollten Unternehmen – darin sind sich alle Fachleute einig – nicht nur die klassischen betriebswirtschaftlichen Instrumente wie beispielsweise die Kostenstellenrechnung nutzen, die laut einer Marktbefra-gung von Deloitte & Touche von 93 Prozent der Unterneh-men eingesetzt wird. Auch die Kostenträgerrechnung (bei 80 Prozent im Einsatz), Benchmarking (77 Prozent) oder die Deckungsbeitragsrechnung (70 Prozent) sind Selbstverständlich-keiten – aber eben nicht unbedingt die ausreichenden Instrumente, um Ressourcenverschwendung im Be-trieb aufzudecken.

Entsprechend bemängeln die Deloitte & Touche-Experten Gerd Schwarz und Dieter Axer in der Studie: «Neuere Methoden wie die Prozesskostenrechnung (48 Pro-zent), EDV-gestützte Prognosemo-delle (46 Prozent) oder das Zero Base Budgeting (30 Prozent) wer-den wesentlich seltener eingesetzt.» Aufschlussreich ist in diesem Zu-sammenhang, dass selbst, wenn gut verbreitete Analysemethoden gene-rell eingesetzt werden, der Grad ih-rer Nutzung im Unternehmen meist relativ bescheiden ist. Beispielswei-se arbeiten zwar durchschnittlich 77 Prozent mit Benchmarking – also mehr als drei Viertel der Befragten.

Geschäftsprozesse im Blick

Welche Methoden nutzen Sie, um Kostenreduktionen in Ihrem Unternehmen zu realisieren?*

* in Prozent

0 20 40 60 80 100

Prozessoptimierung

Abbau von Arbeitskräften

Outsourcing von IT-Funktionen

Outsourcing von Verwaltung

Outsourcing von Vertriebs- oder Logistikfunktionen

Variantenreduzierung

Abbau von Überkapazitäten durch Schließung von Produktionseinheiten

Verlagerung der Produktion in Niedriglohnländer

Aufmerksam: Zwei Controllingmanagerinnen beim Prüfen der Kennzahlen.

Quelle: Deloitte & Touche

Beim Ausmaß der alltäglichen betrieblichen Nutzung aber deckt die Methode gerade mal die Hälfte ab.

Umdenken fordern die Experten auch bei der prakti-schen Realisierung der identifizierten Kostensenkungspo-tentiale: Hier erfreuen sich laut Studie die Optimierung der Geschäftsprozesse und der Abbau von Überkapazitä-ten und Arbeitskräften großer Beliebtheit. Besonders im Dienstleistungssektor und beim verarbeitenden Gewerbe spielen diese Methoden eine überragende Rolle. Es ver-wundert wenig, dass 61 Prozent der befragten produzie-renden Unternehmen ihre Fertigung in Niedriglohnländer verlagern. Die Zufriedenheit mit dieser Option indes ist recht unterschiedlich: Während produzierende Betriebe eine positive Bilanz ziehen, sehen Dienstleister und Han-delsunternehmen eher negative Auswirkungen.

Eine ähnliche Kluft zwischen Investitionen und Resul-taten bei kostensparenden Maßnahmen zeigt die Umfrage auf dem Feld des IT-Outsourcing: Während die Unternehmen