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ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. CSR-Reporting Wie und was sollte/muss berichtet werden?

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ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.

CSR-Reporting Wie und was sollte/muss berichtet werden?

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1. Einführung Nachhaltigkeit im Wandel Bereits im Jahr 2011 hat der ZIA das Thema Nachhaltigkeit aufgegriffen und einen ersten

Nachhaltigkeitsleitfaden „Nachhaltigkeit – Kodex, Compliance und Berichte“ für die Immobi-

lienbranche veröffentlicht. Das Ziel des ZIA-Nachhaltigkeitsleitfadens ist es, einen Überblick

über die verschiedenen Aspekte des Themas Nachhaltigkeit zu geben und dabei u.a. einen

einfachen Einstieg in das Nachhaltigkeits-Reporting zu ermöglichen sowie möglichst viele

Unternehmen dafür zu motivieren. Um diesem Ziel gerecht zu werden, muss sich dieser Leit-

faden kontinuierlich neuen Entwicklungen anpassen. So wird der Dynamik des vielschichtigen

Themas Nachhaltigkeit Rechnung getragen, denn einerseits entwickeln sich die Rahmenbe-

dingungen und die Technik in den Bereichen Umwelt, Arbeitssicherheit und Gesundheit sowie

Governance ständig weiter, andererseits kommen auch immer wieder neue Themen hinzu, mit

denen Unternehmen sich beschäftigen sollten. In der Zukunft könnte es sich dabei z. B. um

Steuergerechtigkeit, Datenschutz 1 oder die monetäre Quantifizierung von Auswirkungen auf

die Gesellschaft bzw. erzielter gesellschaftlicher Wertschöpfung handeln. Unternehmen sollten

außerdem beachten, dass die Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens immer stärker in

den Fokus von Investoren rückt. Eine transparente und vergleichbare Darstellung von Manage-

mentansätzen, Risiken und Indikatoren im Bereich Nachhaltigkeit wird daher immer relevanter

für die Unternehmenskommunikation 2.

Neue Rahmenwerke für UnternehmenDer im Jahr 2017 bedeutendste Treiber für Nachhaltigkeit in Unternehmen ist auf europä-

ischer Ebene die CSR-Richtlinie (CSR-RL). Sie wurde am 12. April 2017 von Deutschland

mit dem „Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in

ihren Lage- und Konzernlageberichten (CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz - CSR-RUG)“ 3 in

nationales Recht übertragen und führt neue verpflichtende Berichterstattungsanforderungen

für bestimmte große 4 Unternehmen ein. Diese müssen zukünftig eine nichtfinanzielle Erklä-

rung erstellen und im Rahmen des Jahresabschlusses veröffentlichen. Darin sollen Angaben

zu Themen wie Umweltbelangen oder Menschenrechten erfolgen und dabei verschiedene

Informationen offenlegt werden, wie z. B. das jeweilige verfolgte Konzept oder die damit

verbundenen Risiken.

Im Bereich Nachhaltigkeit sind neben der verpflichtenden CSR-RL weitere aktuelle Entwick-

lungen für Unternehmen relevant, die auf freiwilliger Basis angewendet werden. Dazu gehören

z. B. die Sustainable Development Goals (SDGs) oder die Global Reporting Initiative (GRI).

Die SDGs 5 wurden im Herbst 2015 von den Vereinten Nationen (UN) verabschiedet und

sollen nachhaltige Entwicklung weltweit bis zum Jahr 2030 vorantreiben. Dabei werden auch

Unternehmen ausdrücklich in die Pflicht genommen, denn sie können laut UN ein maßgeblicher

Treiber für nachhaltige Entwicklung sein, wenn sie Beiträge zur Erreichung der SDGs leisten.

1 Siehe z. B. neue Anforderungen durch die Europäische Datenschutz-Grundverordnung: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?-qid=1462345886854&uri=OJ:JOL_2016_119_R_0001

2 Für eine Beschreibung aktueller Informationsbedürfnisse von Investoren siehe z. B. http://www.ey.com/Publication/vwLUAssets/EY_-_Nonfinancial_performance_may_influence_investors/$FILE/ey-nonfinancial-performance-may-influence-investors.pdf

3 Für eine Übersicht der Gesetzesentwürfe siehe http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/769/76955.html4 Große kapitalmarktorientierte Unternehmen, Banken und Versicherungen („Public Interest Companies“, PIEs) mit mehr als 500 Mitarbeitern 5 https://sustainabledevelopment.un.org/?menu=1300

CSR-Reporting 32 CSR-Reporting

1. Einführung1. Einführung

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Die Ziele umfassen Themen wie die Eindämmung des Klimawandels, die Entwicklung von

Infrastruktur oder den Schutz der Biodiversität. Erste Unternehmen haben bereits begon-

nen, ihre Aktivitäten hinsichtlich der Wirkung auf die SDGs zu überprüfen und richten ihre

(Nachhaltigkeits-)Strategie darauf aus 6. Die SDGs spielen dadurch im Nachhaltigkeitskontext

eine immer größere Rolle.

Das Rahmenwerk der GRI ist weltweit der renommierteste Leitfaden zur Nachhaltigkeitsbe-

richterstattung wie Treibhausgasemissionen, Arbeitssicherheit oder Produktverantwortung.

Ende 2016 hat die GRI ihre Richtlinien G4 in die „GRI Sustainability Reporting Standards“ 7

überführt. Diese sind inhaltlich im Wesentlichen unverändert, jedoch modular aufgebaut.

Dadurch soll es Unternehmen ermöglicht werden, die für sie wesentlichen Themen gezielter

auszuwählen. Die GRI-Leitlinien berücksichtigen alle Belange, die auch im Rahmen der CSR-

RL berichtet werden müssen.

Bislang hat der ZIA ausschließlich GRI als Reportingstandard empfohlen. Nunmehr wird

zusätzlich auch der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) als Leitfaden zur Nachhaltigkeits-

berichterstattung empfohlen. Für den Teilbereich „Wohnen“ der Immobilienwirtschaft besteht

bereits eine branchenspezifische Ergänzung des DNK 8. Zusätzlich können sich Unternehmen

der Branche beim DNK an allgemeinen Grundsätzen und Prinzipien der Nachhaltigkeitsbe-

richterstattung orientieren. Im Rahmen der Kooperation zwischen dem ZIA und dem DNK soll

darüber hinaus eine neue branchenspezifische Orientierungshilfe für die gesamte Immobili-

enwirtschaft entwickelt werden, um aktuelle Entwicklungen der Nachhaltigkeitsberichterstat-

tung aufzunehmen.

Orientierung zur NachhaltigkeitsberichterstattungDie neuen Berichterstattungsanforderungen der CSR-RL gelten für bestimmte große Unter-

nehmen. Ob ein Unternehmen von der Regulierung betroffen ist, hängt von dessen Status

als „Public Interest Entity“ (große kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Banken und

Versicherungen) ab. Darum hat der ZIA im Nachfolgenden einen Entscheidungsbaum für

Unternehmen entwickelt, der eine Empfehlung zur Ausgestaltung der Nachhaltigkeitsbericht-

erstattung gibt und dabei berücksichtigt, ob ein Unternehmen von der CSR-RL betroffen ist

und wie es intern mit dem Thema Nachhaltigkeit umgeht.

Kernelement des ZIA-Branchenkodexes ist die (Selbst-)Verpflichtung zur Erstellung eines

Nachhaltigkeitsberichts, der die Grundlage für eine nachprüfbare Messung der Unterneh-

6 Für eine Übersicht zu den SDGs und die mögliche Implementierung im Unternehmen siehe http://www.ey.com/Publication/vwLUAssets/EY-sustainable-development-goals/$FILE/EY-sustainable-development-goals.pdf

7 Für eine Einführung zu den Sustainability Reporting Standards siehe https://www.globalreporting.org/standards/ 8 http://www.deutscher-nachhaltigkeitskodex.de/fileadmin/user_upload/dnk/dok/kodex/GdW_Branchenergaenzung_DNK_digital.pdf

mensaktivitäten im Bereich der Nachhaltigkeit bildet. Der ZIA empfiehlt dabei die Übernahme

des bereits global angewandten Reportingansatzes der Global Reporting Initiative (GRI)

bzw. die Anwendung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK). Hierbei ist es mittlerweile

notwendig, sich mit den Anforderungen sowie der möglichen zusätzlichen Betroffenheit von

der EU-CSR-Richtlinie vertraut zu machen. Mit der Anwendung beider genannter Repor-

ting-Standards, kann (nur) bei Erfüllung bestimmter Kriterien 8 zugleich die Berichtsanforde-

rung der EU-CSR-Richtlinie erfüllt werden:

Für Große Unternehmen, welche vor allem auf dem Weltmarkt agieren, ist eine Orientie-

rung am umfangreichen Leitfaden der GRI sinnvoll und entspricht der Berichterstattungs-

praxis weltweit.

Vor allem für KMUs bietet der DNK eine Möglichkeit, mit überschaubarem Aufwand ihre

Nachhaltigkeitsleistung dokumentieren zu können.

CSR-Reporting 54 CSR-Reporting

1. Einführung1. Einführung

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2. Übersicht Rahmenwerke Umsetzung der CSR-RichtlineÜbersicht relevanter Rahmenwerke in Bezug auf die Anforderungen der CSR-Richtlinie

CSR-RichtlinieAnforderung

Inhalt Inhalt Inhalt Inhalt

Chancen und Risiken in Bezug auf Nachhaltigkeit

der wesentlichen Aktivitäten (Kriterium 1)

Kriterium 1 sowie Angaben zur Tiefe der Analyse

der Wertschöpfungskette (Kriterium 4)

Angaben zu Umwelt und Gesellschaft (Kriterium 11-20)

n/a

GRI 102-15(Wesentliche Auswirkungen,

Risiken und Chancen)

Indikatoren der einzelnen GRI-Kette

Sofern wesentlich: GRI 201-2 (finanzielle Auswirkungen des

Klimawandels)

Einfluss auf die Geschäfts-tätigkeit (Kriterium 2)

Auswirkungen auf Ökologie, Soziales oder Ökonommie; oder Stakeholder-Relevanz (GRI 101)

Wesentlicher Einfluss auf Fähigkeit, Wertschöpfung zu

generieren (Abschnitt 3D)

Ziele, Verantwortung, Regeln und Prozesse,

Kontrolle, Anreizsysteme (Kriterien 3, 5-8)

Maßnahmen zum Einklang mit wesentlichen und

anerkannten Standards (Kriterium 1)

Disclousures on Management Approach (GRI 103)

Strategische Ziele und deren Umsetzung sowie Ressour-cenaufteilung (Abschnitt 4E)

Beschreibung der Ziel-erreichung und der erzielten

Leistung (Abschnitt 4F)

Interne und externe Risiken in Bezug auf die Fähigkeit

zur Wertschöpfung (Abschnitt 4D)

Indikatoren mit Bezug zu den Zielen sowie den Chancen und Risiken (Abchnitt 4F)

Verknüpfung von finanzieller Leistung mit nichtfinanziellen

Indikatoren (Abschnitt 4F)

Wesentlichkeits- definition Geschäftsrelevanz und Auswirkungen auf Belange

Konzepte Beschreibung der verfolgten Konzepte

Due- Dilligence Beschreibung der angewendeten Due-Diligence Prozesse

Ergebnisse der Konzepte Ergebnisse der verfolgten Konzepte

Wesentliche Risiken (intern) Wesentliche Risiken in Bezug auf eigene Geschäftstätigkeit

Wesentliche Risiken (extern)

Wesentliche Risiken in Bezug auf Geschäftsbeziehungen, Produkte und Dienstleistungen

Bedeutsame Leistungsindikatoren Steuerrelevante nichtfinanzielle Leistungsindikatoren

Hinweis auf den Jahresabschluss Verweis auf im Jahresabschluss ausgewiesenen Beträge

Deutscher Nachhaltigkeitskodex 1

GRI Sustainability Reporting Standards 2 IIRC IR Framework 3

Zunehmende Komplexität der Berichterstattungsanforderungen

1 Für weitere Informationen siehe http://www.deutscher-nachhaltigkeitskodex.de/de/anwendung/fuer-anwender.html. 2 Die GRI Sustainability Reporting Standards sollen für Berichte angewendet werden, die ab Juli 2018 veröffentlicht werden.

Dementsprechend wurde auf eine Darstellung der dann nicht mehr gültigen GRI G4 Richtlinie verzichtet. Für weitere Informationen siehe https://www.globalreporting.org/standards.

3 Für weitere Informationen siehe http://integratedreporting.org/resource/international-ir-framework/.

CSR-Reporting 76 CSR-Reporting

2. Übersicht Rahmenwerke2. Übersicht Rahmenwerke

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3. PraxisratgeberDen Begriff Nachhaltigkeitsberichterstattung („Sustainability Reporting“) nur mit der Offen-

legung der Informationen über die ökonomische, ökologische und soziale Leistung sowie das

Führungsverhalten gleichzusetzen würde zu kurz greifen, denn bei der Offenlegung handelt

es sich eigentlich erst um den zweiten Schritt des Berichtsprozesses. Vor der Veröffentli-

chung müssen Unternehmen zuerst Informationen bestimmen, sammeln und messen (sog.

„Sustainability Auditing“). 9 In diesem Unterkapitel wird der Schwerpunkt auf genau diese

Phase gelegt und in systematische Schritte eingeteilt.

Wir haben Sie bis hierhin mit theoretischem Wissen ausgestattet. Dieser Leitfaden enthält

Informationen über die CSR-Richtlinie, unterschiedliche Wesentlichkeitsdefinitionen und

Rahmenwerke. Doch wie gehen Sie nun in der Praxis vor? Was sind die relevanten internen

Schritte in Ihrer Organisation, um zu einem fertigen Bericht zu gelangen, welcher Ihren

Ansprüchen und denen Ihrer Stakeholder gerecht wird? Und vor allem, an welche Stolper-

steine müssen Sie als Verantwortliche/r bei der Erarbeitung denken? Jedes Unternehmen hat

individuelle Rahmenbedingungen. Trotzdem wird an dieser Stelle der Versuch unternommen,

allgemeingültige Meilensteine in Form einer Checkliste zu skizzieren, um Hilfestellung zu

geben. Die Informationen zu den Meilensteinen erheben keinen Anspruch auf Vollständig-

keit, sondern sollen auf die wichtigsten To-dos vorbereiten. Der dargestellte chronologische

Aufbau ist als Vorschlag zu verstehen, der ggf. auf die jeweilige Organisationsform angepasst

werden kann.

Checkliste 1. Bilden Sie eine Projektgruppe und informieren Sie frühzeitig die Entscheider im Unternehmen. Der Einbezug von Vertretern relevanter Unternehmensbereiche in eine Projektgruppe wird

Ihnen helfen, dem Projekt größere Akzeptanz zu verleihen. Achten Sie außerdem darauf, die

Entscheider im Unternehmen frühzeitig mit den wesentlichen Informationen des Prozesses

zu versorgen. Die Arbeit an einem Nachhaltigkeitsbericht führt in der Regel zu Rückkopp-

lungseffekten auf das operative Kerngeschäft.

2. Prüfen Sie bzw. lassen Sie prüfen, ob Ihre Organisation von der CSR-Richtlinie betroffen ist.

9 Vgl. Fifka, M. (2014): S.4. und Schaltegger, S. / Burrit, R. (2006): S.293 ff.

Dies sollte eine Ihrer ersten Maßnahmen im Erstellungsprozess sein. Die Betroffenheit von

der CSR-Richtlinie hat Auswirkungen auf die Berichtsinhalte und z. B. auf das Datum der

Veröffentlichung (siehe Seite 3). Der Prüfungsablauf wird in diesem Leitfaden visuell durch

einen Entscheidungsbaum unterstützt (siehe Seite 30/31).

3. Klären Sie, welche Intention bei Ihrer Organisation hinter der Berichterstattung steckt. Hinterfragen Sie, welchen Zweck Ihr Unternehmen mit der Berichterstattung erfüllen

möchte. Sehen Sie Vorteile durch interne Mehrwertgenerierung in Bezug auf Ihr Nachhal-

tigkeitsmanagement? Ist Ihnen die Differenzierung zu anderen Marktteilnehmer wichtig

(Image)? Oder bestehen möglicherweise indirekte Verpflichtungen durch Anforderungen

von Geschäftskunden (Supplier Policies)? Sollten Sie mindestens eine dieser Fragen positiv

beantworten, wäre es sinnvoll, Informationen über die Anforderungen der CSR-Richtlinie

hinaus zu berichten (Seite 30/31). Dafür sind einschlägige Rahmenwerke (GRI, DNK, IIRC

usw.) zu empfehlen (siehe Seite 6/7).

4. Wählen Sie einen Berichtsstandard. Um die CSR-Richtlinie zu erfüllen, müssen Unternehmen keine Rahmenwerke nutzen. Sie

müssten lediglich erläutern, warum sie es nicht tun. Es hat jedoch Vorteile, sich an einem

etablierten Standard „entlang zu hangeln“. Setzen Sie sich mit der Frage auseinander,

welcher Berichtsstandard auf Ihre Organisation passt. Für ein global agierendes, großes

Unternehmen bzw. einen großen Konzern ergibt es Sinn, die Leitlinien der GRI zu verfolgen.

Für kleine und mittelständische Unternehmen kann die Entsprechenserklärung des DNK

eine effiziente Lösung sein. Jeder Fall ist jedoch individuell zu betrachten. Entscheidend sind

auch die Motive der Berichterstattung und die sich daraus ergebende Wesentlichkeitsdefini-

tion (siehe Seite 40).

5. Wählen Sie das für Sie entsprechende Format und binden Sie evtl. externe Experten ein. Das Format wird in gewissen Punkten durch Rahmenwerke bzw. die CSR-Richtlinie beein-

flusst. In vielen Aspekten sind Unternehmen jedoch frei in der Gestaltung. Folgende Fragen

sollten Sie klären: Erstellen Sie einen integrierten oder einen separaten Bericht? Stehen die

geforderten Daten im Fokus (Indikatoren, Managementansätze usw.) oder wird der Bericht

in eine Story eingebettet? Erstellen Sie einen Printbericht oder veröffentlichen Sie aus-

schließlich Online oder verzahnen Sie sogar beide Komponenten?

CSR-Reporting 98 CSR-Reporting

3. Praxisratgeber3. Praxisratgeber

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Die Beantwortung dieser Fragen hat Auswirkungen auf Ihre Planung der Budgets, der Res-

sourcen, des Zeitfensters und dem Aspekt der Einbindung von externen Experten (Agentu-

ren, Unternehmensberater usw.).

6. Planen Sie frühzeitig Budgets und Ressourcen ein. Angenommen Sie möchten im Jahr 2019 Ihren ersten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen,

so werden Sie die Wesentlichkeitsanalyse im Jahr 2018 durchführen. Je umfangreicher die

Analyse, z.B. Durchführung einer Stakeholderbefragung, desto mehr Budget ist notwendig

(siehe Seite 41). Das dazu notwendige Budget sollten Sie schon in 2017 einplanen.

Setzen Sie sich mit den oben genannten Fragen des Formates auseinander und auch,

inwiefern der Bericht einer externen Prüfung unterzogen werden soll. Eine externe Prüfung

bedeutet auch immer eine fachliche Begleitung, welche vor allem für Organisationen mit

weniger Erfahrung im Reporting viel Wert sein kann. Bei Unternehmen, welche von der

CSR-Richtlinie betroffen sind, steht die Frage der externen Prüfung auch im Zusammen-

hang mit der inhaltlichen Überprüfung durch den Aufsichtsrat (siehe Seite 27).

Weiterhin sollten Sie die Beanspruchung der jeweiligen Fachabteilungen im Blick haben und

diese vorab „warnen“. Bei GRI werden z. B. neben Daten zu Indikatoren, ausführliche Infor-

mationen zu den Managementansätzen wesentlicher Aspekten gefordert. Hier ist die Arbeit

von interdisziplinären Arbeitsgruppen notwendig und somit genügend Zeit einzuplanen.

Spätestens hier sind Sie an dem Punkt angelangt, an dem Sie sich z. B. bei GRI entscheiden

sollten, ob Sie die Stufe Core oder Comprehensive berichten. Für bisherige Non-Reporter

wäre es ratsam, im ersten Jahr mit der Stufe Core zu beginnen.

7. Lassen Sie die bisherige Planung vom höchsten Entscheidungsträger freigeben. Ist der grundsätzliche Rahmen abgesteckt, sollten Sie sich diesen bestätigen lassen, bevor

Sie an die Fachabteilungen Ihres Unternehmens und externe Stakeholder herantreten.

8. Führen Sie eine Wesentlichkeitsanalyse durch. Spätestens seit GRI G4 rückte der Aspekt der Wesentlichkeit in den Fokus von berichter-

stattenden Unternehmen. Für Stakeholder haben weniger, dafür aber wesentliche Angaben

einen deutlichen Mehrwert. Für Unternehmen bedeuten überflüssig zu berichtende Indika-

toren und daraus resultierende Datenwüsten sinnlose Verschwendung von Ressourcen. Die

Wesentlichkeitsanalyse ist eine der wichtigsten Prozessschritte und stellt die Basis für Ihren

Bericht und Ihr Nachhaltigkeitsmanagement dar. Im Kapitel auf Seite 40f. sind unterschiedli-

che Herangehensweisen beschrieben.

Nach der durchgeführten Wesentlichkeitsanalyse haben Sie einen Überblick über die we-

sentlichen Themen bzw. Aspekte. Durch die Bedeutung für Ihr Nachhaltigkeitsmanagement

sollten Sie diesen Zwischenschritt dem höchsten Entscheidungsträger Ihrer Organisation zur

Kenntnis legen. Bei von der CSR-RUG betroffenen Unternehmen ist zudem die Einbindung

des Aufsichtsrates durch den Vorstand geboten.

9. Indikatoren und Aspekte analysieren und vorbereiten. Insofern Sie ein Rahmenwerk ausgewählt haben, gleichen Sie die geforderten Parame-

ter mit Ihren wesentlichen Themen ab. Bei GRI sollten Sie also beispielsweise einsehen,

welche Anforderungen bei der Beschreibung von Managementansätzen 10 in Bezug auf Ihre

wesentlichen Themen bestehen. Weiterhin verschaffen Sie sich einen Überblick über die zu

berichtenden Indikatoren pro Aspekt (Stufen Core und Comprehensive beachten). Für die

nicht wesentlichen Themen brauchen Sie keine Daten im Unternehmen zu eruieren oder

Managementansätze zu beschreiben.

10 Mehrere Aspekte können bei GRI zu einem Managementansatz (DMA) geclustert werden; beim DNK heißen die spezifischen Themen Kriterien

CSR-Reporting 1110 CSR-Reporting

3. Praxisratgeber3. Praxisratgeber

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Beim DNK sind die zu berichtenden Indikatoren vorgegeben. Doch auch hier können Sie in

Bezug auf die Wesentlichkeit oder weil Sie schlicht noch keine entsprechenden Prozesse

implementiert haben, nach dem comply or explain-Ansatz verfahren. Beim Fließtext zur

Beantwortung der DNK-Kriterien sind Sie wiederum freier in der Beantwortung und können

Ihre Wesentlichkeitsanalyse gut nutzen, um zu priorisieren oder um zu erläutern, warum sie

über eine Anforderung nicht berichten.

Legen Sie Zuständigkeiten bezüglich der Datenlieferung innerhalb des Unternehmens fest.

Welche Abteilung/Person ist für welche Daten verantwortlich und bis wann werden diese

Daten geliefert? Planen Sie Korrekturschleifen und Abstimmungsrunden mit ein. Sie erleich-

tern sich die Arbeit und sorgen für Transparenz, indem Sie den Prozess mit vorgefertigten

Datenblättern (inkl. interne Definitionen der Indikatoren, Berechnungen von Kennzahlen

usw.) koordinieren. Perspektivisch wird der Aufbau eines integrierten Managementsystems

(inkl. der Nachhaltigkeitsindikatoren) den größten Effizienzeffekt erzielen.

10. Daten konsolidieren und in das Layout einbinden. Nachdem Sie alle Daten für den Bericht eruiert haben, sollten Sie diese mit vorangegangen

Publikationen (z. B. Konzernabschluss, Pressemitteilungen) abgleichen. Nicht selten finden

sich in Unternehmen unterschiedliche Daten zu denselben Themen vor, gerade wenn mehre-

re Abteilungen bzw. Standorte involviert sind. Auch bei diesem Prozessabschnitt sollten Sie

sich anschließend die Freigabe vom höchsten Entscheidungsträger einholen.

Spätestens jetzt können Sie mit der Einbettung in das Layout beginnen. Tun Sie dies zu

diesem eher späteren Zeitpunkt, sparen Sie sich unnötige Abstimmungsschleifen. Auf der

anderen Seite kann eine parallele Bearbeitung notwendig sein, um den Zeitplan einzuhalten.

Ein Glossar zu wesentlichen Definitionen und Hintergründen steigert die Transparenz Ihres

Nachhaltigkeitsberichtes.

11. Veröffentlichen Sie Ihren Nachhaltigkeitsbericht. Beachten Sie hier die Unterschiede von EU-Richtlinie und unterschiedlichen Rahmenwer-

ken in Bezug auf das Veröffentlichungsdatum. Betroffene Unternehmen der CSR-Richtlinie

müssen die Daten vier Monate nach dem Bilanzstichtag veröffentlichen. Bei Nutzung eines

Rahmenwerkes nehmen Sie direkt Kontakt mit der zuständigen Organisation auf und folgen

den Anweisungen. Zum Beispiel erläutert Ihnen das DNK-Projektbüro die Registrierung in

der DNK Datenbank. Nach erfolgter Prüfung und in Absprache mit Ihnen erfolgt dann die

Veröffentlichung in der Datenbank. Dies können Sie z. B. auf das Datum der Veröffentlichung

Ihres Printberichts koordinieren.

12. Erfasste Daten können Sie sinnvoll nutzen. Mit den eruierten Daten haben Sie einen Pool von validen Informationen, auf die sich das

Unternehmen bei externen Anfragen beziehen (z. B. Presseanfragen) und für interne Pro-

zesse nutzen kann (z. B. Weiterbildungen, Vorlagen für Vorträge von Bereichsleitern usw.).

Weiterhin profitiert Ihr Nachhaltigkeitsmanagement vom Verschriftlichen des Status Quo und

der Zielsetzungen für die Zukunft. Vor allem die Managementansätze von GRI eignen sich

dafür, spezifische Nachhaltigkeitsthemen im Unternehmen zu bearbeiten.

13. Nachbereitung: Evaluieren Sie den Berichtsprozess. Wie eingangs beschrieben, kann eine externe Prüfung sinnvollen Input geben. Dies gilt vor

allem für die Erarbeitung der nächsten Berichte. Falls Sie sich gegen eine externe Prüfung

entschieden haben, nehmen Sie sich trotzdem die Zeit für eine Evaluation des Prozesses

mit den Projektbeteiligten. Welche Teilprozesse liefen zufriedenstellend, bei welchen gibt

es Optimierungsbedarf? Konnten die Fachabteilungen etwas mit Ihren Anforderungen an-

fangen? Gab es zu viele Korrekturschleifen? Haben Sie das Gefühl, dass der Datentransfer

noch effizienter gestaltet werden kann, usw.? Der Aufbau einer Darstellung der einzelnen

Prozessabläufe und Datenflüsse kann hier helfen.

Diese Erkenntnisse können Sie sofort in den Ablauf integrieren. Denn nach dem Bericht, ist

vor dem Bericht.

11 KPMG (2012): Expect the Unexpected, S.56f.12 GRI, UN Global Compact, WBCSD (2015): SDG Compass, The guide for business action on the SDGs.

CSR-Reporting 1312 CSR-Reporting

3. Praxisratgeber3. Praxisratgeber

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4. Strategie und BerichtspflichtDie Erwartungen von Politik und Gesellschaft an die Nachhaltigkeitsleistung und Transparenz

von Unternehmen nehmen zu. Ein Hintergrund ist, dass die Auswirkungen unternehmerischer

Aktivitäten auf Umwelt und Gesellschaft transparenter geworden sind. So lässt sich beispiels-

weise quantifizieren, welche Kosten für die Umwelt aus Unternehmenstätigkeiten verursacht

werden. Eine KPMG-Studie über elf Industrien zeigt, dass von jedem US Dollar Gewinn im

Schnitt nur $0.59 übrig bleiben würden, würde man die Umweltkosten von den Gewinnen

abziehen. 11 Mit der steigenden Transparenz werden die Herausforderungen deutlich, vor denen

die Wirtschaft derzeit steht. Und auch von Seiten der Öffentlichkeit nehmen entsprechende

Forderungen zu. Unternehmen werden beispielsweise von den Vereinten Nationen aufgefordert,

einen aktiven Beitrag zur Lösung globaler Herausforderungen zu leisten. Die Sustainable De-

velopment Goals der UN richten sich daher an Regierungen, die Zivilgesellschaft und auch die

Wirtschaft. Diese 2015 formulierten Ziele sollen Bemühungen von allen Seiten anregen, eine

nachhaltige Entwicklung weltweit fördern. 12 Vor diesen Hintergründen kann es für Unternehmen

vorteilhaft sein, frühzeitig zukunftsfähige Strategien zu entwickeln und sich mit strategischen

Handlungsalternativen zu beschäftigen.

Unternehmen, die sich proaktiv mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftigen, kommt zu Gute, dass

das Thema Nachhaltigkeit bereits fest im Bewusstsein der Bevölkerung verankert ist. Deshalb

setzen auch immer mehr Unternehmen auf diesen Megatrend. 13 Aktuelle Studien legen zudem

nahe, dass diejenigen Unternehmen wirtschaftlich erfolgreicher sind, die frühzeitig reagiert

haben und in ihrer Berichterstattung eine positive Nachhaltigkeitsleistung offen legen können.

Die Implementierung von ESG (environmental, social, and governance) Kriterien im Unterneh-

men wirkt sich positiv auf finanzielle Ergebnisse aus, und dieses Verhältnis bleibt auch über Zeit

stabil, was eine große Mehrheit der Studien zu dem Thema zeigt. 14

Interdependenz von Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt In der Baubranche stehen bei den ökologischen Auswirkungen insbesondere die Treibhaus-

gas emissionen im Vordergrund, verursacht durch den Betrieb der fertigen Gebäude, aber auch

durch die Zementproduktion und den Transport von Materialien und Bauteilen. 15 Im sozialen

Bereich sind zum Beispiel ungesunde und unsichere Arbeitsbedingungen und Unfälle bei Bau-

arbeiten bekannt. 16 Für Unternehmen, die sich für das Thema Nachhaltigkeit stark machen, gilt

es, derartige Risiken und Auswirkungen zu reduzieren. Dies kann durch Veränderungen ihrer

Geschäftsaktivitäten erfolgen, wie beispielsweise durch die Verwendung von zertifiziertem Holz

oder durch das Engagement an branchenweiten Initiativen.

Die durch Wirtschaft und Gesellschaft verursachten Auswirkungen auf die Umwelt können zu

erheblichen Konsequenzen für die Weltwirtschaft führen. Insbesondere das Thema Klimawan-

del gibt Investoren weltweit zu denken. Nicht ohne Grund: Eine Studie der Economist Intelligen-

ce Unit schätzt den Value at Risk (VaR) für Aktien aus verwalteten Vermögen weltweit aufgrund

des Klimawandels auf 4,2 Billionen US Dollar bis 2100, was ungefähr dem japanischen BIP

entspricht. Diese Berechnung fällt für extremere Szenarien der Erderwärmung noch höher

aus, beispielsweise 13,8 Billionen US Dollar bei einer Erwärmung um 6°C, was etwa zehn %

des Gesamtwerts der Aktien aus verwaltetem Vermögen entspricht. 17 Laut der Studie werden

13 Vgl. KPMG International, The KPMG Survey of Corporate responsibility reporting 2017, S. 4.14 Friede, Busch, Bassen (2015) ESG and financial performance: aggregated evidence from more than 2000 empirical studies,Journal of

Sustainable Finance & Investment.15 KPMG (2014): CSR Sector Risk Assessment, S.176.16 KPMG (2014): CSR Sector Risk Assessment, S.73.17 Economist Intelligence Unit (2015): The cost of inaction: Recognising the value at risk from climate change, S.2.18 Economist Intelligence Unit (2015): The cost of inaction: Recognising the value at risk from climate change, S.4.19 Economist Intelligence Unit (2015): The cost of inaction: Recognising the value at risk from climate change, S.3.20 Rhodium Group (2014): American Climate Prospectus: Economic Risks in the United States, S. 88. https://gspp.berkeley.edu/assets/

uploads/research/pdf/American_Climate_Prospectus.pdf21 KPMG (2010): Advisor to global cities, S.8.

CSR-Reporting 1514 CSR-Reporting

4. Strategie und Berichtspflicht

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die Verluste durch direkte, materielle Schäden entstehen, sowie indirekt durch schwächeres

Wachstum und geringere Renditen. 18 Von den direkten Verlusten werden diejenigen Branchen

am stärksten betroffen sein, die von physischen Vermögensgegenständen und natürlichen

Ressourcen abhängen, wie zum Beispiel der Immobilien- und Landwirtschaftsbereich. 19

Diese sind dem Risiko einer direkten Zerstörung ihrer Vermögen ausgesetzt. Allein in den

USA besteht durch den Anstieg des Meeresspiegels die Gefahr, dass küstennahe Immobilien

im Wert von 238 bis 507 Milliarden US Dollar bis 2100 unterhalb des Meeresspiegels liegen

werden. 20 Diese Interdependenzen zwischen den Auswirkungen auf die Umwelt und den daraus

entstehenden Risiken für die Weltwirtschaft veranschaulichen die gegenseitige Abhängigkeit

und sind vermehrt eine Motivation für nachhaltiges Wirtschaften.

Herausforderung und Chance nachhaltige StadtentwicklungDie globalen Herausforderungen, vor denen die Welt steht, finden sich in konzentrierter Form

in Städten wieder. Mit der fortschreitenden Urbanisierung werden laut den Vereinten Natio-

nen bis 2050 voraussichtlich 70% aller Menschen in Städten leben 21 Zur gleichen Zeit wird

es 54 Ländern an ausreichender Versorgung mit sauberem Wasser mangeln. Insbesondere

für Megacities wird urbane Nachhaltigkeit in den kommenden Jahren daher eine zentrale

Herausforderung darstellen. Dabei wird es nicht nur um Wasserversorgung, sondern auch um

Energieversorgung, Abfallwirtschaft und ressourcen-effizientes Bauen gehen. 22 Für eine wach-

sende Bevölkerung und Industrie ist die Sicherstellung der Energieversorgung aus erneuerbaren

Energiequellen essentiell. Auch für die Wahl von Unternehmensstandorten sind Infrastruktur

und deren Qualität ausschlagegebende Kriterien. Investoren werden Städte deshalb genau

unter die Lupe nehmen. Um einen Vergleich von Städten zu ermöglichen, gibt es auch hierfür

Methoden, mit denen der Grad der Nachhaltigkeit gemessen werden kann. Ein Beispiel für so

eine Methode ist der Green City Index, bei dem sich 30 zu messende Indikatoren beispiels-

weise auf den Energieverbrauch von Wohnhäusern, energieeffiziente Standards und Initiativen

beziehen. 23

Die Vereinten Nationen haben in 2015 insgesamt 17 globale Ziele ausgerufen, die die Weltge-

meinschaft bis 2030 erreichen soll, die sogenannten Sustainable Development Goals (SDGs). 24

Das Ziel 11 – Nachhaltige Städte und Siedlungen ist hierbei eines der zentralen Handlungsfel-

der, neben weiteren Zielen, die durch die Immobilienwirtschaft mit beeinflusst werden können.

Laut einer Studie der Business & Sustainable Development Commission liegt das Geschäftspo-

tential zur Erreichung der Ziele bei mindestens zwölf Billionen USD bis 2030. 25

Durch Integration in die Unternehmensstrategie die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens sichernDie zuvor beschriebenen Herausforderungen stellen sowohl Chancen als auch Risiken für

die bestehenden Geschäftsmodelle vieler Unternehmen dar. Aus diesem Grund gehen erste

Unternehmen dazu über relevante Nachhaltigkeitsthemen in die Unternehmensstrategie einzube-

ziehen. Noch weit verbreitet ist die Reduktion des Themas auf die Optimierung des Energie- und

Ressourcenverbrauchs in den Geschäftsprozessen, wie zum Beispiel die Reduktion des Ener-

gieverbrauchs in Gebäuden, was mit einer Senkung der Betriebskosten einhergeht. Dies ist ein

notwendiger Schritt, aber noch keine richtige Integration in das bisherige Geschäftsmodel. Wer-

den Geschäftsmodelle grundsätzlich neu gedacht, kann dies die Zukunftsfähigkeit des Geschäfts

und die Ausweitung der Geschäftstätigkeit auf neue Märkte bedeuten. 26 Im Gebäudebereich

können beispielsweise neue Konzepte für Energiegewinnung oder innovative Materialien entwickelt

werden. Ein Beispiel hierfür ist die erneuerbare Dämmung von Baufritz, die nach dem Cradle to

Cradle®-Ansatz entwickelt wurde. 27 Die Verlängerung des Lebenszyklus von Materialien durch

22 KPMG (2010): Advisor to global cities, S.8.23 KPMG (2016): The future of cities: measuring sustainability, S. 10.24 https://sustainabledevelopment.un.org/25 Business & Sustainable Development Commission (2017): Better Business, Better World, S. 14.26 Viehöver, Fischer (2016): Zukunftsfähige Geschäftsmodelle, S.33ff. In: Thomaschewski, Völker (Hrsg.): Nachhaltige Unternehmensent-

wicklung, 2016.27 https://www.baufritz.com/de/kontakt-und-beratung/neuigkeiten/408-cradle-to-cradle-zertifizierung-fuer-baufritz-biodaemmung/#read.28 In Anlehnung an die von KPMG entwickelte True Value Methodik, s. A New Vision Of Value.

CSR-Reporting 1716 CSR-Reporting

4. Strategie und Berichtspflicht4. Strategie und Berichtspflicht

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Reparaturen und Recycling statt Entsorgung sind ökologisch vorteilhaft und können gleichzeitig

Kosten einsparen, wenn Abtransport- und Entsorgungskosten von Abfallstoffen verringert werden.

Ein noch radikalerer Wandel der Geschäftstätigkeiten geschieht jedoch, wenn die Art der Wert-

schöpfung grundlegend neu gedacht wird. Die Verbreitung der sharing economy ist hierfür ein

populäres Beispiel. Im Gebäudebereich werden Räumlichkeiten beispielsweise durch coworking

spaces oder pop-up stores geteilt oder mehrfach genutzt. Demnach sehen Geschäftsmodelle

dann eine Wertschöpfung über den bereitgestellten Service der temporären Nutzung einer Immo-

bilie vor, im Gegensatz zum physischen Besitz einer Immobilie.

Wie zukunftsfähig ein Geschäftsmodel ist, lässt sich mit einem Blick auf die gesellschaftlichen und

ökologischen Wertbeiträge der Unternehmung feststellen, und ob diese Beiträge langfristig überwie-

gend positiv ausfallen. Um dies zu ermitteln, werden neue Kennzahlen notwendig. Die True Earnings

Ratio stellt beispielsweise das Verhältnis von wahrem Gewinn zum Gewinn eines Unternehmens dar.

Beim wahren Gewinn werden zum klassischen Gewinn des Unternehmens die vom Unternehmen

verursachten positiven und negativen externen Effekte hinzugerechnet oder abgezogen. Positive

gesellschaftliche und ökologische Wertbeiträge sind also dann identifiziert, wenn die True Earnings

Ratio 28 größer eins ist, was wiederum die Zukunftsfähigkeit der Unternehmung indiziert.

Rechtfertigen lässt sich die Relevanz dieser wahren Gewinne mit der Aussicht, dass vor allem

negative Externalitäten über kurz oder lang internalisiert werden. Dies entspricht der einschlä-

gigen Expertenmeinung zu diesem Thema. 29 Marktdynamiken, Regulierungen und Handlungen

von Stakeholdern können eine Internalisierung nach und nach unausweichlich machen, da sie

sich direkt auf Kosten, Umsätze und damit künftige Gewinne auswirken. Wer also frühzeitig

Schäden vermeidet, beseitigt oder ausgleicht, kommt externen Forderungen zuvor und kann

somit seine Zukunftsfähigkeit sichern. Das zuvor genannte Marktpotential zur Erreichung der 17

Ziele der Vereinten Nationen könnte durch den Prozess einer Internalisierung externer Effekte

sogar um 40% gesteigert werden. 30

Strategie und Wesentlichkeitsanalyse: Die Motive beeinflussen die Wahl der für das Unternehmen relevanten Bewertungsdimensionen„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaf-

fen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht

29 Vgl. KPMG, A New Vision of Value, 2014, S. 10f.30 Business & Sustainable Development Commission (2017): Better Business, Better World, S. 3631 Antoine de Saint-Exupery in Die Stadt in der Wüste (1956).

nach dem weiten, endlosen Meer.“ 31 (Antoine de Saint-Exupery)

Auch für die Entwicklung und Implementierung einer Nachhaltigkeitsstrategie ist die Motivation

des Unternehmens entscheidend. Es kommen mehrere individuelle Motive in Frage, warum

sich ein Unternehmen mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftigt. Je nachdem, wie die Antwort

auf diese „Warum?“-Frage ausfällt, wird dann auch klar, welche Bewertungsdimensionen für

die Bestimmung von wesentlichen Themen für ein Unternehmen relevant sind. In den gängigen

Rahmenwerken (GRI, IIRC und DNK) stehen hierbei drei Bewertungsdimensionen zur Verfü-

gung, die in vielen Fällen auch interdependent sind:

1. Die Bewertung der Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Gesellschaft (GRI, DNK)

2. Die Bedeutung für Beurteilungen und Entscheidungen der Stakeholder (GRI) 3. Die Bedeutung für das Unternehmen, also für die kurz-, mittel- und langfris-tige Wertgenerierung bzw. wie im Gesetz formuliert für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses und der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens (DNK, IIRC sowie als selbstgewählte Erweiterung bei GRI).

Aufgrund der in vielen Fällen vorliegenden Interdependenz dieser Bewertungsdimensionen ist

es in den meisten Fällen sinnvoll alle drei Dimensionen im Rahmen einer Wesentlichkeitsanaly-

se zu bewerten (s. Kapitel 5). Damit kann betrachtet werden, welche Dimensionen das Unter-

nehmen in die Wesentlichkeitsdefinition einbeziehen möchte, bzw. welche Dimensions-Kombi-

nationen. Hierbei sind verschiedene Dimensions-Kombinationen, da die Dimensionen entweder

mit einer „und“- oder mit einer „oder“-Verknüpfung verbunden werden können. Welche

Dimensionen bzw. welche Dimensions-Kombinationen für die Unternehmensstrategie adäquat

sind, ist eine eigene Fragestellung. Bei zwei Bewertungsdimensionen ist bei der Findung einer

eigenen Wesentlichkeitsdefinition eine „und“- sowie eine „oder“-Verknüpfung denkbar. Bei drei

Dimensionen liegt eine „oder“-Verknüpfung nahe, eine „und“-Verknüpfung dürfte sehr schwer

vermittelbar sein (Näheres zu verschiedenen Verknüpfungsmöglichkeiten siehe Kapitel 5).

Wenn Themen dann für ein Unternehmen mittels einer selbst gewählten Wesentlichkeitsdefi-

nition als wesentlich definiert werden, hat die Erhebung von Informationen, das Management

dieser Themen und die Berichterstattung hierüber eine strategische Bedeutung im Gegensatz

zu einer Berichterstattung bzgl. einer Pflichtangabe z.B. im Sinne einer Anforderung eines

Rahmenwerkes. Wenn ein Unternehmen eine strategische Relevanz in der Nachhaltigkeitsbe-

richterstattung sieht, ist ein interner Meinungsbildungsprozess hierzu unabdingbar. Tabelle 1

gibt eine erste Übersicht, welche Gründe es bei den unterschiedlichen Motiven für die Wahl

CSR-Reporting 1918 CSR-Reporting

4. Strategie und Berichtspflicht4. Strategie und Berichtspflicht

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Tabelle 1: Übersicht möglicher Gründe für die strategische Berücksichtigung einer Bewertungsdimension

Motiv\Bewertungsdimension Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft

Motiv persönliche ÜberzeugungWenn Unternehmer und Vorstände aus persönlicher Überzeugung sich für das Thema Nachhaltigkeit engagieren, möchten Sie substanziell durch die Geschäftstätigkeit einen Beitrag leisten und etwas bewirken.

Beweggründe für eine Analyse: Da sich die Unternehmer selbst, bzw. ihr Unternehmen in der Verantwortung sehen, die negativen Auswirkungen ihrer Tätigkeiten zu minimieren und die positiven Auswirkungen zu steigern, sind insbesondere Informationen relevant, die die Auswirkungen auf Aspekte betreffen.

Beweggründe für eine Berücksichtigung:Themen, die auf dieser Bewertungsdimension als relevant eingestuft werden, dürften unab-hängig von der Bewertung in anderen Dimensi-onen als wesentlich eingestuft werden.

Motiv Stakeholder-OrientierungWenn Unternehmen in einem sehr intensiven Austausch mit Stakeholdern wie z.B. Kunden, Mitarbeitern, Gewerkschaften, Kapitalgebern, Nicht-Regierungs-Organisationen (NROs) oder lokalen Gemeinschaften stehen möchten sie die Beziehung zu diesen verbessern.

Beweggründe für eine Analyse: Die tatsächlichen oder antizipierten Auswir-kungen sind in vielen Fällen ein Auslöser für Stakeholder-Reaktionen. Diese können jedoch mit einem zeitlichen Verzug auftreten und länger anhalten als die tatsächlichen Auswir-kungen. Eine Bewertung der Auswirkungen kann die Diskussion mit den Stakeholdern versachlichen.

Beweggründe für eine Berücksichtigung:Es ist anzunehmen, dass eine Berücksich-tigung von interessierten Stakeholdern erwartet wird. Zwischen den Stakehol-der-Gruppen kann es hierbei zu unterschied-lichen Erwartungen bzgl. der Verknüpfung mit anderen Dimensionen kommen („und“- bzw. „oder“-Verknüpfung).

Stakeholder-Relevanz Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft

Beweggründe für eine Analyse:Wenn ausgewählte Stakeholder „Verbündete“ sein können, um den gewünschten Beitrag zu erreichen, z.B. Anpassung von Produktionspro-zessen bei Lieferanten oder Verhaltensweisen bei Nutzern, Anpassung von Rahmenbedin-gungen durch den Gesetzgeber, kann eine Einbindung in den Wesentlichkeitsprozess Sinn machen.

Beweggründe für eine Berücksichtigung: Eine strategische Fokussierung auf die Sta-keholder-Bewertung ist hier häufig eher von untergeordneter Bedeutung.

Beweggründe für eine Analyse:Wenn die Themen das Kerngeschäft betreffen, macht es durchaus Sinn, diese Dimension in der Analyse nicht außer Acht zu lassen. Beweggründe für eine Berücksichtigung: Die wirtschaftliche Profitabilität steht hierbei häufig nicht an erster Stelle. Dennoch dürften die meisten Unternehmen die Dimension z.B. durch eine „oder“-Verknüpfung berücksich-tigen und die Art der Aktivitäten auf die Höhe der Finanzrelevanz anpassen.

Beweggründe für eine Analyse:Für Unternehmen, bei denen Stakeholder eine wichtige Rolle für die sogenannte License-to-operate haben, liegt eine Analyse dieser Bewertungsdimension auf der Hand. Beweggründe für eine Berücksichtigung: Die Berücksichtigung dieser Dimension in der eigenen Wesentlichkeitsdefinition kann von dem Reifegrad des Nachhaltigkeitsma-nagements, der Berichterstattung und der Beziehung zu den Stakeholdern abhängen. Wenn die Kenntnis über und das Verständnis zu den Auswirkungen begrenzt ist, kann bei einer Berücksichtigung vermieden werden, dass potentiell relevante Themen aus Sicht der anderen beiden Dimensionen außer Acht gelassen werden.

Beweggründe für eine Analyse:Für bestimmte Stakeholder kann es eine relevante Kontext-Information sein, ob ein Thema auch aus wirtschaftlicher Sicht für ein Unternehmen von Bedeutung ist.Beweggründe für eine Berücksichtigung: Je nach Einstellung und Verständnis der Stakeholder kann die Erwartungshaltung bezüglich der Berücksichtigung dieser Dimension unterschiedlich ausfallen. Wäh-rend Stakeholder mit einem kurzfristigem finanziellen Interesse vermutlich eher an einer Berücksichtigung mit einer „und“-Verknüpfung interessiert sind, dürften andere Stakeholder eine „oder“-Verknüpfung oder sogar gar keine Berücksichtigung dieser Dimension erwarten.

CSR-Reporting 2120 CSR-Reporting

4. Strategie und Berichtspflicht4. Strategie und Berichtspflicht

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Motiv\Bewertungsdimension Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft

Motiv Business CaseEin häufiges Motiv für die Beschäftigung mit dem Thema ist der Einfluss ausgewählter Themen auf die Geschäftstätigkeit durch eine direkte oder indirekte Wirkung zum Beispiel auf den Gewinn oder die Risiko-Exposition.

Beweggründe für eine Analyse:Negative Auswirkungen können einen Hinweis geben auf Kosten und Risiken, die sich für ein Unternehmen materialisieren können. Positive Auswirkungen können dazu führen, dass sie von Kunden oder der Gesellschaft honoriert werden und die Bemühungen sich somit auch auszahlen.

Beweggründe für eine Berücksichtigung: Aus strategischer Sicht kann es aus mittel und langfristiger Sicht sehr viel Sinn machen diese Dimension in der eigenen Wesentlichkeits-definition zu berücksichtigen, weshalb eine Verknüpfung mit „oder“ in Betracht gezogen werden kann. Es gibt auch Bemühungen von Unternehmensseite, die finanzielle Honorie-rung von positiven Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft anzuregen. So hat die B20 Arbeitsgruppe „Responsible Business Conduct & Anti-Corruption“ die G20 dazu aufgefor-dert, bei öffentlichen Infrastrukturprojekten in Ausschreibung, Auswahl und Bewertung von Aufträgen Aspekte der Nachhaltigkeit einzubeziehen. 34

Tabelle 1 Fortsetzung

Stakeholder-Relevanz Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft

Beweggründe für eine Analyse:Diverse Stakeholder-Gruppen können einen direkten oder indirekten Einfluss auf den Business-Case haben. Beispielsweise gibt es Unternehmen, die das auslagerte Facility management für die Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsziele nutzen möchten oder Unternehmen, die eine Zertifizierung der Gebäude anstreben. 32 Mitarbeiter und NROs können auch einen merklichen Einfluss auf den Business-Case haben. 33

Beweggründe für eine Berücksichtigung:Üben Stakeholder potentiell einen derartigen Einfluss auf den Business-Case aus, kann es Sinn machen, die Stakeholder Dimension in der Wesentlichkeitsdefinition zu berücksich-tigen. So können negative Einflüsse auf die Geschäftstätigkeit abgewandt und positive Einflüsse strategisch genutzt werden.

Beweggründe für eine Analyse:Bemühungen um Umwelt- und Sozialverträg-lichkeit können zu Kosteneinsparungen führen, Wettbewerbsfähigkeit aufrechterhalten und den Markt auf neue Felder ausweiten. Das Verständnis über die Geschäftsrelevanz eines Sachverhalts ist beim Motiv Business-Case verständlicherweise entscheidend.

Beweggründe für eine Berücksichtigung: Hierbei stellt sich weniger die Frage „ob“, sondern mehr die Frage „wie“ diese Dimension in die eigene Wesentlichkeitsdefinition integ-riert wird. Kurzfristig orientierte Unternehmen werden diese Dimension entweder nicht oder mit einer „und“ Verknüpfung einbeziehen, wo-hingegen langfristig orientierte Unternehmen eine „oder“ Verknüpfung in Betracht ziehen können.

32 KPMG (2014): How to champion sustainability, reduce costs and consumption, and win friends in high places…without increasing your spend, S.1ff.

33 Vgl. Viehöver (2017): Transparenz durch Regulierung: die CSR Richtlinie, in Absolut|impact #01/2017, S. 44.34 B20 Germany (2017): Promoting Integrity by Creating Opportunities for Responsible Businesses.

CSR-Reporting 2322 CSR-Reporting

4. Strategie und Berichtspflicht4. Strategie und Berichtspflicht

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Motiv\Bewertungsdimension Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft

Motiv ComplianceAuch zunehmende Regulierung bzw. die explizite gesetzliche Berichtspflicht (CSR-RUG) sind ein Motiv, warum sich Unternehmen mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftigen.

Beweggründe für eine Analyse:Die Bewertung der Auswirkungen der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens auf nichtfinanzielle Sachverhalte ist eine implizite gesetzliche Anforderung im CSR-RUG.

Beweggründe für eine Berücksichtigung: Sachverhalte sind nur dann zu berücksich-tigen, wenn auch die Geschäftsrelevanz gegeben ist.

Stakeholder-Relevanz Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft

Beweggründe für eine Analyse:Beweggründe einer Analyse können bei einem Compliance-Motiv im besseren Verständnis von Anforderungen relevanter Stakeholder zur Identifikation von Chancen und Risiken liegen.

Beweggründe für eine Berücksichtigung: Die Stakeholder-Dimension ist in der Wesentlichkeitsdefinition des CSR-RUG nicht enthalten. Sollte die Einhaltung der Anforderungen zum Beispiel des GRI SRS eine selbstgewählte Verpflichtung sein, ist die Stakeholder-Dimension zur Bestimmung von für die Berichterstattung wesentlichen Themen in der Wesentlichkeitsdefinition zu berücksichtigen.

Beweggründe für eine Analyse:Die Bewertung der Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (Ge-schäftsrelevanz) ist eine implizite gesetzliche Anforderung im CSR-RUG.

Beweggründe für eine Berücksichtigung: Durch die „und“-Verknüpfung mit der Dimension der Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft ist die Berücksichtigung dieser Dimension allerdings nur für Themen gefor-dert, die sowohl für Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft, als auch für die Geschäftstä-tigkeit relevant sind.Für Themen mit einer geringen Auswirkung auf die Aspekte, aber einer hohen Geschäfts-relevanz bleiben jedoch die Anforderungen zur Berichterstattung bedeutsamster Leistungsin-dikatoren sowie von damit verbundenen Chan-cen und Risiken gemäß § 289 HGB bestehen.

Tabelle 1 Fortsetzung

einer Bewertungsdimension aus strategischer Sicht geben kann.

Interessanterweise haben Unternehmen, die das Rahmenwerk des IIRC oder andere Arten des

sustainability reporting nutzen, tatsächlich eine höhere Aktienkursrendite bei einem gegebe-

nen Risikolevel, was eine Studie von KPMG und der National University of Singapore zeigt. 35

Die Studie, die 40 Unternehmen aus der IIRC Datenbank mit einer Kontrollgruppe vergleicht,

begründet dieses Ergebnis damit, dass das Rahmenwerk Unternehmen hilft, ihre Strategien

und Geschäftsmodelle zu überdenken und sich auf diejenigen Punkte zu konzentrieren, die sich

langfristig wesentlich auf ihre Fähigkeit der Wertschöpfung auswirken. Als weiterer Grund wird

angeführt, dass Kapitalmärkte eindeutige Kommunikation und Transparenz wertschätzen. 36

Das Ergebnis dieser Studie passt damit zur ursprünglichen Motivation der Berichterstattung.

Schließlich reagiert die Politik zunehmend über neue Regulierungen auf negative Externalitä-

ten. 37 Beispiele sind Verbote bestimmter Materialien und Bauteile in der Braubranche oder die

Begrenzung zulässiger Treibhausgasemissionen durch den EU-Emissionshandel. Die Energie-

wirtschaft zeigt, dass Gesetze den Strategiewechsel einer ganzen Branche erzwingen können,

da der beschlossene Atomausstieg nun den Anteil der Kernenergie im Energiemix bestimmt.

Andersherum gibt es auch Initiativen von Unternehmensseite, die eine politische Unterstützung

ersuchen, um nachhaltige Geschäftsmodelle attraktiver zu machen. So forderte die B20-Ar-

beitsgruppe „Responsible Business Conduct & Anti-Corruption“ die G20 dazu auf, Integrität zu

fördern, indem mehr Möglichkeiten für verantwortungsvolle Unternehmen geschaffen werden. 38

Zum einen stellt dies die Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen sicher, zum anderen er-

35 KPMG, Department of Accounting NUS Business School (2015): Towards Better Business Reporting, S.3.36 KPMG, Department of Accounting NUS Business School (2015): Towards Better Business Reporting, S.3.37 Vgl. KPMG, A New Vision of Value, 2014, S. 17.38 B20 Germany (2017): Promoting Integrity by Creating Opportunities for Responsible Businesses.

CSR-Reporting 2524 CSR-Reporting

4. Strategie und Berichtspflicht4. Strategie und Berichtspflicht

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somit hinreichend für Unternehmen, die dem CSR-RUG unterliegen. Möchte das berichtende

Unternehmen in erster Linie den gesetzlichen Pflichten nachkommen, kann sich die Berichter-

stattung auf diese Schnittmenge beschränken.

So kann die erfolgreiche Implementierung der Strategie gelingenEine wichtige Grundlage für eine erfolgreiche Nachhaltigkeitsstrategie ist das Verständnis der

Interdependenzen zwischen den tatsächlichen und potentiellen Auswirkungen auf Umwelt und

Gesellschaft, der Bedeutung für die Beurteilungen von relevanten Stakeholdern und der häufig

daraus folgenden Geschäftsrelevanz der Themen. Je besser dieses Verständnis für die aktuelle

und künftige Lage des Unternehmens ist, desto zielsicherer lässt sich herleiten, inwiefern

wesentliche Nachhaltigkeitsthemen in die Vision, Mission und Strategie integriert werden soll-

ten. Für eine erfolgreiche Implementierung ist es zudem unerlässlich, dass ein gemeinsames

Verständnis darüber herrscht, warum ein Unternehmen relevante Nachhaltigkeitsziele verfolgt.

Weitere unterstützende Elemente bei der Implementierung der Nachhaltigkeitsstrategie sind ein

angemessenes Change Management und glaubwürdige Kommunikation. 43 Wie schon im Zitat

von Antoine de Saint-Exupery anklang, ist für die Umsetzung der Strategie wichtig, dass sich

Führungskräfte, Mitarbeiter und relevante Stakeholder mit der Zielsetzung identifizieren und sie

verstehen.

Die so integrierte Nachhaltigkeitsstrategie sollte also intern sowie extern angemessen kom-

muniziert werden. Werden Nachhaltigkeitsbemühungen wie etwa ein nachhaltiges Portfolio

und Ressourceneffizienz beworben, ist auf ein ausgewogenes und transparentes Bild über den

geschaffenen Wert zu achten, um die Kommunikation möglichst glaubwürdig zu gestalten. 44

Eine externe inhaltliche Überprüfung der nichtfinanziellen Erklärung schließt das Reporting abGlaubwürdigkeit kann auch durch eine externe inhaltliche Überprüfung unterstützt werden. Die prü-

fende Drittpartei steht dabei außerhalb des Unternehmens und vertritt eine unabhängige Position. 45

Bei der Berichtspflicht des CSR-RUG ist keine externe inhaltliche Überprüfung vorgeschrieben,

39 B20 Germany (2017): Promoting Integrity by Creating Opportunities for Responsible Businesses, S.2ff.40 Betroffen sind alle großen kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, sowie große Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen mit

> 500 Arbeitnehmern, Umsatzerlösen > 40 Mio. Euro oder Bilanzsumme > 20 Mio. Euro)41 Vgl. Begr. RegE CSR-RUG, BT-Drucks. 18/9982 S. 3442 KPMG (2017): Auf die Wesentlichkeit kommt es an, in: Das Governance Magazin, S.16ff.43 Viehöver, Fischer (2016): Zukunftsfähige Geschäftsmodelle, S.33ff. In: Thomaschewski, Völker (Hrsg.): Nachhaltige Unternehmensent-

wicklung, 2016.44 Viehöver, Fischer (2016): Zukunftsfähige Geschäftsmodelle, S.33ff. In: Thomaschewski, Völker (Hrsg.): Nachhaltige Unternehmensent-

wicklung, 2016.45 UN Global Compact, KPMG (2013): Your Path to External Assessment, S.5.

mutigt es weitere Unternehmen, denselben Weg einzuschlagen. Im Einzelnen forderten die B20

unter anderem dazu auf, die öffentliche Verwaltung hinsichtlich Rechenschaftspflicht, Effizienz,

Management und Transparenz zu verbessern, Fehlverhalten von Beamten nachzugehen, und

verantwortungsvolles Unternehmensverhalten in Infrastrukturprojekten zu berücksichtigen. Dies

gibt Unternehmen Orientierung, was von Ihnen erwartet wird und schafft weltweite Prinzipien

und gute Geschäftspraktiken. 39

Unabhängig davon, ob von Unternehmens- oder Regierungsseite initiiert, können politische

Regulierungen die Geschäftsaktivitäten maßgeblich beeinflussen. Eine wichtige derartige

Regulierung, die seit 2017 alle großen 40 kapitalmarktorientierte Unternehmen betrifft, ist

die EU-Richtlinie 2014/95/EU (sogenannte CSR-Richtlinie), welche im Wesentlichen 1:1 in

deutsches Recht, das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) transformiert wurde.

Durch das CSR-RUG hat die Nachhaltigkeitsberichterstattung für mehr als 500 Unternehmen

bzw. Konzerne in Deutschland 41 eine neue Bedeutung bekommen, denn sie verpflichtet zur

Transparenz über das Management wesentlicher -Sachverhalte und dient damit der Förderung

nachhaltigen Wirtschaftens. 42 Das CSR-RUG definiert lediglich Angaben als wesentlich, die

sich sowohl auf Geschäftsverlauf, Geschäftsergebnis und Lage als auch auf Auswirkungen auf

nichtfinanzielle Aspekte beziehen. Ein Bericht über die Schnittmenge dieser Dimensionen ist

CSR-Reporting 2726 CSR-Reporting

4. Strategie und Berichtspflicht4. Strategie und Berichtspflicht

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jedoch wird die Prüfungspflicht des Aufsichtsrats auch auf die nichtfinanzielle Erklärung ausge-

weitet, die er vom Vorstand vorgelegt bekommt. 46 Der Aufsichtsrat hat die Option, hierfür einen

externen Prüfer zu beauftragen, 47 der der Abschlussprüfer oder ein anderer Prüfer sein kann. 48

Die inhaltliche Überprüfung der nichtfinanziellen Erklärung durch den Aufsichtsrat hat auf

Zweckmäßigkeit und Rechtsmäßigkeit zu erfolgen. Aktuell wird debattiert, wie der Aufsichtsrat

die Rechtsmäßigkeit des Berichts zu prüfen hat, da diese nicht durch den Abschlussprüfer zu

prüfen ist. Sieht sich der Aufsichtsrat jedoch aufgrund mangelnder Ressourcen oder Expertise

nicht im Stande, die inhaltliche Überprüfung durchzuführen, muss er eine externe inhaltliche

Überprüfung beauftragen. 49

Die inhaltliche Überprüfung kann als Ergänzung zur Jahres- und Konzernabschlussprüfung

oder als gesonderter Auftrag erfolgen. Die gesetzliche Prüfungspflicht des Abschlussprüfers

umfasst lediglich die inhaltliche Überprüfung, ob die nichtfinanzielle Berichterstattung erfolgt

ist, erstreckt sich aber nicht auf die Inhalte der Erklärung. Ein kritisches Lesen und Würdigen

der Berichterstattung ist also ausreichend, und eine inhaltliche Überprüfung freiwillig. 50 Die

neue verpflichtende Publizität und inhaltliche Überprüfung verstärkt die Prüf- und Über-

wachungsfunktion des Aufsichtsrats. Zudem schafft die gestiegene Transparenz Anreize,

erwartungskonform zu handeln. 51

Trotz der freiwilligen Basis der externen inhaltlichen Überprüfung steigt in Deutschland die

Zahl der Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsberichte prüfen lassen. Von den 100 umsatz-

stärksten deutschen Unternehmen unterzogen 2015 48% ihren Nachhaltigkeitsbericht einer

externen inhaltlichen Überprüfung, 2017 waren es bereits 53%. Betrachtet man die DAX30

alleine, waren es 2017 83%. Überwiegende Prüfungstiefe ist die begrenzte Sicherheit. Beim

Prüfungsumfang beschränkt sich die große Mehrheit auf ausgewählte Themenfelder, anstatt

den gesamten Bericht prüfen zu lassen. 52

Doch warum sollte die nichtfinanzielle Erklärung, bzw. der gesonderte nichtfinanzielle Bericht

außerhalb des Lageberichts freiwillig einer externen Prüfung unterzogen werden? In erster

Linie bestätigt eine inhaltliche Überprüfung die Richtigkeit und Glaubwürdigkeit der offen-

gelegten Informationen, wenn Genauigkeit, Vollständigkeit, Darstellung und Klarheit des

Reports und das tatsächliche Verhalten eines Unternehmens geprüft werden. Die externe Be-

stätigung ist zum Beispiel gegenüber Investoren, Vorstandsmitgliedern und dem Senior Ma-

nagement relevant. Das Management kann die Nachhaltigkeitszahlen dadurch in Entschei-

dungsprozesse einfließen lassen. Investoren bekommen Sicherheit über ein verlässliches

Bild der veröffentlichten Informationen. Darüber hinaus entsteht durch externe inhaltliche

Überprüfung auch wertvolles Feedback, wodurch interne Managementsysteme, Kontrollen,

Nachhaltigkeitsperformance und Transparenz verbessert werden können. 53 Um umfassendes

Feedback zu generieren, empfiehlt die GRI die Integration der externen inhaltlichen Überprü-

fung in den Reportingprozess und eine offene Kommunikation mit dem Prüfer während des

Prozesses. 54 Dies hilft Umfang, Vollständigkeit und Formulierungen des Berichts kritisch zu

erarbeiten und das Nachhaltigkeitsmanagement fest im Unternehmen zu verankern. 55 46 Vgl. § 170 Abs. 1 S. 2, § 171 Abs. 1 S. 4 AktG47 Vgl. § 111 Abs. 2 S. 4 AktG48 Audit Committee Institute e.V. (2017): Audit Committee Quarterly, S.32.49 Vgl. Gundel, WPg, 2017 (im Druck) und Mock, ZIP 2017, 1995, 1201. 50 Audit Committee Institute e.V. (2017): Audit Committee Quarterly, S.13, 51.51 Audit Committee Institute e.V. (2017): Audit Committee Quarterly, S.17.52 Audit Committee Institute e.V. (2017): Audit Committee Quarterly, S.27.

53 UN Global Compact, KPMG (2013): Your Path to External Assessment, S.5.54 Global Reporting Initiative (2013): The External Assurance of Sustainability Reporting, S.8.55 UN Global Compact, KPMG (2013): Your Path to External Assessment, S.11.

CSR-Reporting 2928 CSR-Reporting

4. Strategie und Berichtspflicht4. Strategie und Berichtspflicht

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Entscheidungsbaum

Hat Reporting einen Mehrwert

für Sie, z.B. durch:

Was ist Ihre Motivation für nichtfinanzielle

Bericht erstattung?

Ist Ihr Unternehmen kapitalmarkt-orientiert? 2

Ist Ihr Unter-nehmen eine Versicherung oder Kredit-

institut?

Ist ihr Unternehmen „groß“ im Sinne von § 267 Absatz 3 Satz

1 HGB? 3

Hat Ihr Unternehmen

mindestens 500 Mitarbeiter? 1

Haben Sie eine Mutterge-sellschaft, die gemäß der CSR-Richtlinie berichtet

und auf deutsch/ englisch veröffentlicht? („Konzern-

klausel“)

(Interne) Mehrwert-

generierung

Differen zierung (Image)

Indirekte Verpflichtung durch Anforderungen von Geschäftskunden

(Supplier Policies)

(Interne) Mehrwert-

generierung

Differenzierung (Image)

Ausschließlich Compliance

Indirekte Verpflichtung

durch Anforde-rungen aus der

Lieferkette (Supplier Policies)

Sie müssen im Kontext der CSR-Richtlinie

keine Anpassun-gen vornehmen.

Reporting nach DNK

EU CSR- Richtlinie

Reporting nach GRI Standards

Integrated Reporting nach

<IIRC>

Sie sind nicht von der

CSR-Richtlinie betroffen.

Sie sind von der CSR-Richtlinie betroffen.

Sie können von der Bericht erstattung befreit

werden, werden aber voraussichtlich relevante

Informationen an Ihre Muttergesellschaft berichten müssen.

Berichten Sie zu wesent-lichen nichtfinanziellen

Aspekten Ihres Geschäfts

Erstellen Sie eine nichtfinanzielle Erklärung und

beschreiben Sie in der Erklärung zur Unterneh-mensführung

das Diversitäts-konzept Ihres

Unternehmens.4)

Frage Entscheidung Empfehlung

1 Anzahl der Mitarbeiter an zwei aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen2 Kapitalmarktorientiert; neben börstennotierten Unternehmen (AG, SE) fallen darunter auch Unternehmen mit Anleihen am Kapitalmarkt

3 Gemäß § 267 Absatz 3 Satz 1 HGB sind Unternehmen „groß“, wenn sie zwei der drei folgenden Krietrien an zwei aufeinanderfolgenden Bilanzstichlagen erfüllen: - mind. 40 Mio. Euro Umsatz, - mind. 20 Mio. Euro Bilanzsumme, - mind. 250 Mitarbeiter. § 267 Absatz 3 Satz 2 HGB, gemäß dem kapitalmarktorientierte Unternehmen automatisch „große“ sind, findet in der CSR-Richtlnie keine Anwendung.

4 Versicherungen und Kreditinstitute, die nicht börsennotiert sind, müssen keine Diversitätserklärung veröffentlichen.

Nein

Nein

Ja

Ja

Ja

Ja

Ja

STAR

T

Nein Nein

Nein Nein

Ja Ja Ja

Nein

Nein

Nein

Und *

Und/oder

Und/oder

Ja

Bei diesem „und“ werden nachfolgend beide Pfeile eingeschlagen

Oder

Oder

Oder

Aufsichts-ratentscheidung ob eigene oder externe Prüfung

CSR-Reporting 3130 CSR-Reporting

4. Strategie und Berichtspflicht 4. Strategie und Berichtspflicht

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lichkeitsverständnis. Diese Unterschiede werden in Tabelle 1, auf Seite 36/37 gegenüber gestellt.

Verkürzt kann man von grundsätzlich drei Dimensionen der Wesentlichkeit sprechen: Aus-

wirkungen auf die Aspekte, Stakeholderrelevanz und Auswirkungen auf die Finanzsituation 61

der Organisation. Die Rahmenwerke unterscheiden sich darin, welche Dimensionen für die

Bestimmung von wesentlichen berichtspflichtigen Aspekten (bzw. den Inhalten zu diesen

Aspekten) berücksichtigt werden und wie diese für die Wesentlichkeitsdefinition verknüpft

werden.

Vergleich GRI und CSR-RUGDas – neben anderen – in der Gesetzesbegründung genannte Rahmenwerk der Global

Reporting Initiative (GRI), welches weltweit als das am häufigsten verwendete Rahmenwerk

für die Nachhaltigkeitsberichterstattung angewendet wird 62 beinhaltet eine Definition für die

wesentlichen berichtspflichtigen Aspekte, die nicht mit der Wesentlichkeitsdefinition des

CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes („CSR-RUG“) übereinstimmt.

Sowohl das CSR-RUG als auch die Vorgaben der GRI sehen die Bewertung der Auswir-

kungen auf die Aspekte vor. Die GRI bezieht als zweite Dimension die Stakeholderrelevanz

mit ein, wohingegen das CSR-RUG die Finanzsituation des berichtenden Unternehmens

berücksichtigt.

Die unterschiedlichen Verknüpfungen der Dimensionen lauten „oder“ (GRI) vs. „sowie“ (CSR-

RUG). Im Falle der GRI bedeutet dies, dass Aspekte zu berichten sind, die auf mindestens

eine der Dimensionen einen maßgeblichen Einfluss haben. Für das CSR-RUG hingegen

gelten Themen als wesentlich, wenn sie in beiden Dimensionen als bedeutsam eingestuft

werden.

Vergleich CSR-RUG und Deutscher Nachhaltigkeits-Kodex (DNK)Im Vergleich dazu zieht das Rahmenwerk DNK dieselben Dimensionen wie das CSR-RUG he-

56 § 289c (3) HGB57 § 289c (2) HGB58 Die nichtfinanzielle Erklärung muss insgesamt zumindest folgende Elemente enthalten: Einen Verweis auf die Beschreibung des Ge-

schäftsmodells an anderer Stelle des Lageberichts, eine Erläuterung zu jedem der (fünf) berichtspflichtigen Aspekte, warum das Unterneh-men jeweils kein Konzept zu dem Aspekt verfolgt (DRS 20.261-E iVm DRS 20.290-E; Stand: DRÄS 8), sowie eine Begründung, warum kein Rahmenwerk verwendet wird.

59 DRS 20.261-E iVm DRS 20.290-E; Stand: DRÄS 860 § 289c (3) Zifer 3. und 4. HGB61 „Finanzsituation“ steht im Folgenden für „Geschäftsverlauf, die Geschäftsergebnisse und die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“62 Gemäß den Ergebnissen der KPMG Studie zum Stand der Nachhaltigkeitsberichterstattung beträgt der Anteil der Berichterstatter, die die

GRI Leitlinien verwenden 77% unter den N100 und 80% unter den DAX 30 Unternehmen; Referenzbasis: N 100 Deutschland = 69; DAX 30 = 30 (Systematisch berichtende Unternehmen), KPMG 2016.

5. WesentlichkeitAlle gängigen Rahmenwerke zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sehen die Durchführung

einer Wesentlichkeitsanalyse vor, in der das Unternehmen bestimmt, welche Sachverhalte

aufgrund ihres Geschäftsmodells wesentlich für die Berichterstattung sind. Dies ist implizit

auch eine Forderung der neuen CSR-Berichtspflicht, die für betroffene Unternehmen bezüglich

der Wesentlichkeitsdefinition eine Mindestanforderung hierfür formuliert hat: Aspekte sind

wesentlich im Sinne des Gesetzes, wenn sie sowohl „für das Verständnis des Geschäftsver-

laufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage der Kapitalgesellschaft sowie der Auswirkungen

ihrer Tätigkeit auf die Aspekte erforderlich sind“ 56 („doppelte Wesentlichkeit“). Die nichtfi-

nanzielle Berichterstattung kann jedoch auch über die „doppelte Wesentlichkeitsdefinition“

hinausgehende Aspekte bzw. Sachverhalte aufnehmen, wenn hiermit Informationsinteressen

bestimmter Stakeholder bedient werden oder die Anforderungen eines Rahmenwerkes erfüllt

werden sollen. Zudem ist im Gesetz ein Mindestumfang an Aspekten genannt, die zumindest zu

berichten sind (Umweltbelange, Arbeitnehmerbelange, Sozialbelange, Achtung der Menschen-

rechte, Bekämpfung von Korruption und Bestechung). 57 Die im Gesetz genannten Sachverhalte

(z.B. Treibhausgasemissionen oder Wasserverbrauch bei Umweltbelangen) dienen hierbei nur

als Orientierungshilfe möglicher wesentlicher Sachverhalte, die im Einzelfall vom Unternehmen

als wesentlich eingestuft werden können. Sofern von Bedeutung, sind darüber hinaus weitere

nichtfinanzielle Aspekte zu ergänzen (z.B. Kundenbelange). Neben weiteren Pflichtangaben des

CSR-RUG 58 müssen bezüglich dieser Aspekte diverse Angaben gemacht werden, oder es muss

bezüglich der Konzepte erläutert werden, warum diese nicht existieren („comply or explain“). 59

Zu den Pflichtangaben gehört auch eine Berichterstattung über wesentliche Risiken, die mit

der Geschäftstätigkeit sowie mit Geschäftsbeziehungen, Produkten und Dienstleistungen der

Kapitalgesellschaft verknüpft sind, deren Eintritt sehr wahrscheinlich ist und die schwerwiegen-

de negative Auswirkungen auf die nichtfinanziellen Aspekte haben oder haben werden, sowie

über die Handhabung dieser Risiken zu berichten. Bei Risiken aus Geschäftsbeziehungen,

Produkten und Dienstleistungen sind Angaben nur zu machen, wenn sie von Bedeutung sind

und die Berichterstattung über diese Risiken verhältnismäßig ist. 60 Auch für die Integration von

Nachhaltigkeitsthemen in die Strategie ist eine Wesentlichkeitsanalyse eine wichtige Informati-

onsgrundlage (vgl. Kapitel 2. a).

Wesentlichkeitsdefinitionen im VergleichDie gängigen Rahmenwerke zur Nachhaltigkeitsberichterstattung unterscheiden sich im Wesent-

CSR-Reporting 3332 CSR-Reporting

5. Wesentlichkeit5. Wesentlichkeit

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ran. Beim DNK können jedoch „im Einzelfall“ mehr Themen als wesentlich definiert werden,

sofern „es für das Gesamtverständnis und die Vollständigkeit der DNK-Entsprechenserklä-

rung“ erforderlich ist. 63 Hieraus kann sich eine größere Zahl an zu berichtenden Themen

ergeben, da auch solche Themen als wesentlich definiert werden könnten, die entweder nur

eine hohe Auswirkung auf einen nichtfinanziellen Aspekt haben oder nur die Finanzsituatio-

nen betreffen.

Vergleich zu IIRCDas International Integrated Reporting Council ( IIRC) stellt ein weiteres Rahmenwerk dar, das

auf eine integrierte Berichterstattung abzielt. Dabei definiert es als zu berichtende Informa-

tionen all diejenigen Informationen, die die Fähigkeit der Organisation Wert zu schaffen im

Wesentlichen beeinflussen, sei es kurz-, mittel- oder langfristig. 64 Damit ist das IIRC das

einzige der vorgestellten Rahmenwerke, das sich in seiner Wesentlichkeitsdefinition lediglich

auf eine der drei Dimensionen bezieht, nämlich auf die Bedeutung für die Finanzsituation des

Unternehmens. Dafür wird die Fähigkeit der Organisation Wert zu schaffen breit definiert: Sie

berücksichtigt Einflüsse und Interaktionen mit Umwelt und Stakeholdern, die die Wertschöp-

63 Rat für Nachhaltige Entwicklung (2017): Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex, 4. aktualisierte Fassung (Juli 2017), S. 41.64 IIRC (2013): The International <IR> Framework, S.18.65 IIRC (2013): The International <IR> Framework, S.19.66 IIRC (2013): The International <IR> Framework, S.18f.

Abbildung 1: IIRC Materiality Determination Process

Impo

rtan

ceRe

leva

nce

Like

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f occ

uren

ce

Magnitude of effect

Importance

Matter C Matter A

Matter D Matter B

High

Low

High

High

Low

Low

Not Relevant Relevant

Quelle: KPMG, eigene Darstellung und IR (2015): Materiality in <IR>, S.20.

fung erst möglich machen. Damit fließen auch die anderen beiden Dimensionen über die

Wesentlichkeitsanalyse indirekt in die Wesentlichkeitsdefinition des IIRC mit ein.

Welche Aspekte innerhalb der Dimension der Finanzsituation als wesentlich determiniert

werden, bestimmen im IIRC zwei Parameter: Relevanz und Wichtigkeit. Ein Aspekt ist näm-

lich genau dann wesentlich, wenn er so relevant und wichtig ist, dass er die Fähigkeit, Wert

zu schaffen, substantiell beeinflussen kann. 65 Abbildung 1 stellt diesen Wesentlichkeitsbe-

stimmungsprozess dar.

Zunächst werden relevante Aspekte identifiziert. Relevant sind Aspekte, die sich auf Stra-

tegie, Governance, Performance oder Chancen auswirken, für Stakeholder wichtig sind und

damit die Wertschöpfung beeinflussen können. Im nächsten Schritt wird die Wichtigkeit der

identifizierten relevanten Aspekte analysiert. Als wichtige Aspekte gelten diejenigen, die sich

potentiell in einem großen Ausmaß auf die Geschäftstätigkeit auswirken können. Weiter ist

zu beachten, mit welcher Wahrscheinlichkeit die identifizierten Aspekte auftreten werden,

sodass eine Priorisierung der Berichterstattung vorgenommen werden kann. 66 In Abbildung

1 ist diese Priorisierung als Matter A bis Matter D zu erkennen.

CSR-Reporting 3534 CSR-Reporting

5. Wesentlichkeit

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Tabelle 1: Wesentlichkeitsdefinitionen ausgewählter Rahmenwerke

GRI G4/SRS EU CSR-RUG

„Der Bericht sollte Aspekte abdecken, die „Zu den […] Aspekten sind jeweils diejenigen Angaben zu machen, die

für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage“ („VFE-Lage“) erforderlich sind,

sowie

die wesentlichen wirtschaftlichen, ökologi-schen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Organisation 68 wiedergeben

für das Verständnis der Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf die genannten Aspekte erfor-derlich sind.“

bzw. (oder)

die Beurteilungen und Entscheidungen der Stakeholder maßgeblich beeinflussen.“70

DNK IIRC

„Das Unternehmen legt offen, “An integrated report should disclose informa-tion

[…] welchen wesentlichen Einfluss die Aspekte der Nachhaltigkeit auf die Geschäftstätigkeit haben

about matters that substantively affect the organization’s ability to create value over the short, medium and long term.” 67

und/bzw.

welche Aspekte der eigenen Geschäftstätig-keit wesentlich auf Aspekte der Nachhaltig-keit einwirken […].“ 69

Wesentlichkeitsdefinitionen grafisch im Vergleich: Wesentlichkeitsdefinitionen grafisch im Vergleich:

67 IIRC (2013): The International <IR> Framework, S.18.68 Im Rahmen der Veröffentlichung der GRI Sustainability Reporting Standards hat die GRI klargestellt, dass unter der Bewertungsdimension

„Auswirkungen“ nicht die Auswirkungen auf die Organisation gemeint sind (vgl. GRI (2016, S. 16)).69 Rat für Nachhaltige Entwicklung (2017): Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex, 4. Aktualisierte Fassung (Juli 2017), S.7.70 Vgl. G4 Leitlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, Berichterstattungsgrundsätze und Standardangaben, GRI, S. 17.

wirt

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gen

auf A

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wes

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ch

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lich

wes

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ch

maßgeblich beinflussen erforderlich/von Bedeutung

(§ 289 HGB)

wesentlich substantially affected

Beurteilungen und Entscheidungen der Stakeholder

Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage

Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage

Organization‘s ability to create value over the short, medium and long term

Wesentlich im Sinne des Rahmenwerks

Im Einzelfall wesentlich im Sinne des Rahmenwerks

Wesentlich im Sinne der nichtfinanziellen Erklärung des CSR-RUG und beim DNK auch im Sinne des Rahmenwerks

CSR-Reporting 3736 CSR-Reporting

5. Wesentlichkeit5. Wesentlichkeit

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Wesentlichkeitsdefinitionen: CSR-RUG in Verbindung mit GRI G4/SRSMit der Umsetzung der CSR-RUG hat der Gesetzgeber nicht beabsichtigt, die Nachhaltigkeits-

berichterstattung von Unternehmen durch Einfügen einer weiteren Wesentlichkeitsdimension

zu begrenzen. Für die Erstellung der nichtfinanziellen (Konzern-) Erklärung können nationale,

europäische oder internationale Rahmenwerke vollständig oder in Teilen genutzt werden. Sofern

ein Rahmenwerk für die Erstellung der nichtfinanziellen (Konzern-) Erklärung genutzt wird, ist

in dieser anzugeben, welches Rahmenwerk genutzt wurde, z.B. das Rahmenwerk der GRI oder

ein anderes Rahmenwerk, an welchem Unternehmen sich beispielsweise primär orientieren

können. Eine Beschränkung der nichtfinanziellen Erklärung auf eine kleinere Themengruppe

als von der GRI vorgesehen, ist aber nach den gesetzlichen Vorschriften möglich, solange die

geforderten Berichtselemente abgedeckt werden. 71

Eine Kombination der Anforderungen an die Bestimmung der wesentlichen Aspekte des CSR-

RUG und der GRI führt zu einer Ergänzung der möglichen berichtspflichtigen Aspekte bzw.

Sachverhalte um die Dimension „Auswirkungen auf die Finanzsituation“, die bei einer Kombi-

nation mit einem „oder“ und nicht mit einem „sowie“ ergänzt würde. In Konsequenz kann ein

Aspekt allein aufgrund einer Dimension als wesentlich gelten. Die nachfolgende Abbildung 2

illustriert diese dreidimensionale Beurteilung auf Grundlage der CSR-RUG Definition, die um die

Dimension „Auswirkungen auf Stakeholder“ mittels Punktegröße ergänzt wurde.

Abbildung 2: Wesentlichkeitsmatrix gemäß CSR-RUG iVm. GRI G4/SRSAbbildung 3: Wesentlichkeitsmatrix gemäß CSR-RUG iVm. IIRC

wirt

scha

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hen,

öko

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sell-

scha

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te

wes

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ch

erfo

rder

lich

erforderlich

substantially affectedVerständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage Organization‘s ability to create value

over the short, medium and long term

Quelle: KPMG, eigene Darstellung. Punktegröße: Dimension Auswirkungen auf Beurteilungen und Entscheidungen der Stakeholder; je größer der Punkt, desto größer die Auswirkung. Vertikalachse: Das CSR-RUG definiert für das Verständnis der Auswirkungen auf die Aspekte (Umwelt, Soziales, Arbeitnehmer, Menschenrechte, Anti-Korruption und Bestechung) erforderlich, GRI definiert wesentliche wirtschaftliche 72,

ökologische und gesellschaftliche Auswirkungen, dies ist unseres Erachtens inhaltlich gleichwertig.

Quelle: KPMG, eigene Darstellung. Schaffung und Verteilung von wirtschaftlichem

Wert liefern einen grundlegenden Hinweis darauf, wie die Organisation Vermögen für die Stakeholder generiert hat. Verschiedene Kom-

ponenten des erwirtschafteten und verteilten wirtschaftlichen Wertes (EVG&D) liefern auch

ein wirtschaftliches Profil der Organisation, das für die Normierung anderer Leistungsdaten

hilfreich sein kann.“ GRI G4 Teil 2 S. 68-70.

71 „Rahmenwerke …können Rahmen darstellen, an denen sich die Kapitalgesellschaft bei der Berichterstattung orientieren kann. Manche der Rahmenwerke decken allerdings nur Teilaspekte ab. Die Kapitalgesellschaften müssen sicherstellen, dass sie in der Berichterstattung alle von § 289c HGB-E geforderten Berichtselemente abdecken.“ BT-Drs. 18/9982, S. 46

C A

BD

Aspekte der Gruppe „A“ wären nach Definition des Gesetzgebers mindestens zu berichten

(z.B. Treibhausgasemissionen bei einem Energieerzeuger). Die Aspekte der Gruppen „C“ (z.B.

Wasserverbrauch bei einem Reifenhersteller) und „D“ (z.B. Corporate Citizenship-Aktivitäten zur

Milderung von Armut und Krankheit durch Mikrofinanzierungsprogramme durch ein Kreditinsti-

tut, Mikroversicherungsprogramme eines Versicherers oder Medikamentenbereitstellung durch

ein Pharmaunternehmen) wären aus Sicht von Stakeholder-Gruppen besonders berichtsrele-

vant. Aspekte der Gruppe „B“ wären eher finanzwirtschaftlich geprägt, die Relevanz für Stake-

holder und die Auswirkungen auf die Aspekte wären hier nicht wesentlich (z.B. IT-Sicherheit der

Produktivsysteme in der Industrie).

Wesentlichkeitsdefinitionen: CSR-RUG in Verbindung mit IIRCÄhnlich wie beim Vergleich von CSR-RUG mit GRI, kann ein Abgleich von CSR-RUG mit IIRC

dargestellt werden. Beide Wesentlichkeitsdefinitionen berücksichtigen die Dimension „Auswir-

kungen auf die Finanzsituation“, das CSR-RUG allerdings nur in Zusammenhang mit „Auswir-

kungen auf Aspekte“. Informationen, die die Finanzsituation betreffen, sich aber nicht auf die

Aspekte auswirken, müssen demnach laut Gesetz nicht berichtet werden, sind im Rahmenwerk

des IIRC jedoch als wesentlich definiert. Diese können von Unternehmen als optionale Elemente

der Berichterstattung im Sinne des CSR-RUG angesehen werden. Das IIRC Framework deckt

also alle gesetzlich vorgeschriebenen zu berichtenden Aspekte ab und stellt gleichzeitig eine

Erweiterung dieser dar (vgl. Abbildung 3).

CSR-Reporting 3938 CSR-Reporting

5. Wesentlichkeit5. Wesentlichkeit

Page 21: CSR-Reporting - zia-deutschland.de · 1. Einführung Nachhaltigkeit im Wandel Bereits im Jahr 2011 hat der ZIA das Thema Nachhaltigkeit aufgegriffen und einen ersten Nachhaltigkeitsleitfaden

„Zur besseren Orientierung kann sich die Kapitalgesellschaft bei der Berichterstattung auf anerkannte Rahmenwerke zur Berichterstat-tung stützen (§ 289d HGB-E). Die Mindestvorgaben in § 289c Absatz 3 HGB-E sollen die bereits heute angewandten und anerkannten Rahmenwerke für die Berichterstattung nicht ersetzen.“ BT-Drs. 18/9982, S. 49.

72 „Die wirtschaftliche Dimension von Nachhaltigkeit betrifft die Auswirkungen einer Organisation auf die wirtschaftliche Lage ihrer Stake-holder und auf Wirtschaftssysteme auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. […]

73 Vgl. Sustainable Insight: The essentials of materiality assessment, KPMG 2014.74 Vgl. Introducing the GRI Standards, GRI, 2016, S. 16.75 Vgl. Sustainable Insight: The essentials of materiality assessment, KPMG 2014, S. 9.

75 Vgl. Sustainable Insight: The essentials of materiality assessment, KPMG 2014, S. 9.76 GRI G4 Teil 2, S. 36.

Beurteilung der Wesentlichkeit von Aspekten in der Praxis Abbildung 4 gibt einen Überblick über die Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse, auf Basis

der Vorgaben internationaler Rahmenwerke wie z.B. GRI G4. 73

Abbildung 4: Ansatz Wesentlichkeitsanalyse

Schritt 1:Definition des Anwen-dungsbereichs und der Ziele

Schritt 7:Stakeholder-Feedback

Schritt 2:Identifizierung von potenziellen Themen

Schritt 6:Einbinden des Managements

Schritt 3:Kategorisierung von Themen

Schritt 5:Priorisierung (Bewertung Auswirkung, Stake holder-Relevanz und Geschäftsrelevanz)

Schritt 4:Erhebung von Informa-tionen über Auswirkung und Wichtigkeit

Quelle: KPMG

In Schritt 1 beginnt der Prozess mit der Definition des Anwendungsbereichs und der Ziele,

gefolgt von Schritten 2 und 3, in denen die potentiell wesentlichen Aspekte bzw. Sachverhal-

te identifiziert und thematisch kategorisiert werden.

In Schritt 4 werden Informationen über die Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf die iden-

tifizierten Aspekte entlang der Wertschöpfungskette des Unternehmens, über die tatsächli-

che oder antizipierte Bedeutung dieser Themen aus Sicht der Interessengruppen (Stakehol-

der) und über die Auswirkungen auf die Finanzsituation der Organisation erhoben.

Bei der Beurteilung der Auswirkungen werden positive/negative, tatsächliche/potentielle,

direkte/indirekte, kurz-/langfristige sowie intendierte/nicht intendierte Wirkungen berück-

sichtigt. 74 Gemäß CSR-RUG sind bezüglich der Risiken auf die Aspekte (eine Teilmenge der

Auswirkungen auf die Aspekte) auch Geschäftsbeziehungen (insbesondere die Lieferkette)

sowie die nachgelagerte Nutzungsphase (von Produkten und Dienstleistungen) zu bewerten.

Gemäß den Vorgaben der GRI sind die Auswirkungen entlang der Wertschöpfungskette der

Organisation (innerhalb / außerhalb der Organisation) zu bewerten. Die GRI empfiehlt die Be-

urteilung unter Einbeziehung von Experten oder Organisationen vorzunehmen. Die Bandbreite

der Bewertung der Auswirkungen reicht von einer reinen Befragung über eine semi-quantita-

tive Bewertung anhand einer Skala bis zu einer umfassenden Bewertung positiver und nega-

tiver Externalitäten (Auswirkungen) z.B. unter Anwendung der KPMG True Value Methodik. 75

Die Bewertung der Stakeholder-Relevanz ist in der CSR-RUG nicht vorgesehen, jedoch eine

notwendige Dimension der Beurteilung der Wesentlichkeit nach GRI. Aus unserer Sicht ist

die Relevanz eines Aspekts für die Stakeholder häufig ein Indikator dafür, ob dieser

Aspekt mittel- bis langfristig ggf. eine Regulierung erfährt und sich dadurch auch

wesentlich auf die Finanzsituation des Unternehmens auswirken kann. Die Einbeziehung

von Stakeholdern kann über Befragungen interner Ansprechpartner, die fortlaufend im

Dialog mit wichtigen Anspruchsgruppen (wie z.B. Kunden) stehen, über die Befragung ein-

zelner Vertreter ausgewählter Stakeholder-Gruppen bis zu einer umfassenden Befragung von

Vertretern diverser Stakeholder-Gruppen oder der Durchführung von Stakeholder-Workshops

reichen. In einem Bericht muss dann auch die Einbindung und Beurteilung der Stakeholder

erläutert werden. 76

Bei der Beurteilung der Auswirkungen auf die Finanzsituation sind insbesondere die Ertrags-

situation (Kosten/Umsatz), die Risiko-Exposition, die Beeinflussung von Innovationen und der

CSR-Reporting 4140 CSR-Reporting

5. Wesentlichkeit5. Wesentlichkeit

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Unternehmensreputation (künftige Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertrags lage-

Lage) relevant.

Auf Basis dieser Beurteilung wird in Schritt 5 eine (erste) Priorisierung und vorläufige Fest-

legung von wesentlichen Themen vorgenommen. In unserer Praxis bewährt hat sich hierbei

die Sachverhalte mit wesentlichen Auswirkungen auf die Aspekte und hoher Relevanz für die

Stakeholder zuerst zu bestimmen und diese danach auf die Auswirkungen auf die Finanzsitua-

tion zu beurteilen. Mit dieser Vorgehensweise werden die Themen für einen Nachhaltigkeitsbe-

richt GRI-konform bestimmt und die Wesentlichkeit für die nichtfinanzielle Erklärung ebenfalls

beurteilt.

Abgeschlossen wird dieser Prozess in Schritt 6 durch die Einbindung des Managements

(Vorstand und Aufsichtsrat). In dieser Phase wird der Prozess der Bestimmung wesentlicher

Themen final dokumentiert. Dieser dokumentierte Prozess bietet schließlich für den Aufsichtsrat

eine sehr gute Grundlage zur inhaltlichen Überprüfung der nichtfinanziellen Erklärung.

Nach Veröffentlichung der nichtfinanziellen Erklärung und vor einem erneuten Beginn des

Wesentlichkeitsprozesses wird in Schritt 7 das Feedback der Stakeholder zum Ergebnis der

Wesentlichkeitsanalyse und zum Prozess eingeholt.

Für Unternehmen, die unter die CSR-RUG Berichtspflicht fallen, muss dieser Wesentlichkeits-

prozess jährlich zumindest dahingehend überprüft werden, ob im Jahresverlauf neue Informati-

onen aufgekommen sind und ob die letztjährigen Annahmen noch gültig sind.

Dieser iterative kontinuierliche Prozess kann zu einem besseren Verständnis der Bedeutung

von Umwelt-, Sozial- und Corporate Governance (ESG)-Themen, also von ESG-Chancen und

-Risiken für das Unternehmen sowie den spiegelbildlichen ESG-Chancen und -Risiken für die

Gesellschaft und somit zu einem Win-Win für Unternehmen und die Gesellschaft führen.

6. AusblickCSR-Reporting ist ein wichtiges Thema für die Immobilienwirtschaft und wird dies auch zukünf-

tig bleiben. Seine Bedeutung wird eher steigen als sinken, nicht zuletzt da mit der EU-Richtlinie

zu CSR-Reporting, die bereits in nationales Recht umgesetzt wurde, ein europäischer Rechts-

standard geschaffen wurde, der nach Lage der Dinge regelmäßig fortentwickelt und entspre-

chend mit zeitlicher Verzögerung auch in nationales Recht transferiert werden wird.

Um das Handling für die Mitglieder des ZIA möglichst einfach zu gestalten, werden wir in 2018

gemeinsam mit dem Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung eine Orientierungs-

hilfe zur Anwendung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex im Bereich der Immobilienwirtschaft

erarbeiten. Auch andere Orientierungshilfen wie die Non-Binding Gudelines der EU oder die „G4

Sector Disclosures“ der GRI können CSR-Reporting vereinfachen bzw. die Vergleichbarkeit der

veröffentlichten Daten verbessern.

CSR-Reporting wird sich in den kommenden Jahren weiterentwickeln. Themen wie die gesamt-

gesellschaftliche Lebenszyklusbetrachtung sowie eine steigende Relevanz des ESG-Reportings

könnten thematisch weiter in den Mittelpunkt rücken.

Der ZIA wird sich des Themas kontinuierlich annehmen und über Weiterentwicklungen und re-

levante Neuerungen, wie mit dieser Publikation geschehen, informieren. Sollten sich kurzfristig

Neuigkeiten ergeben, werden diese u.a. auf der ZIA-Website eingestellt und dieser Leitfaden

entsprechend aktualisiert.

CSR-Reporting 43

6. Ausblick5. Wesentlichkeit

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Spitzenverband der Immobilienwirtschaft

ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.

Der Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA) ist der Spitzenverband der Immobilien wirt-

schaft. Er spricht mit seinen Mitgliedern, darunter mehr als 25 Verbände, für rund 37.000

Unternehmen der gesamten Branche entlang der Wertschöpfungskette. Der ZIA gibt der

Immobilienwirtschaft in ihrer ganzen Vielfalt eine umfassende und einheit liche Interessen-

vertretung, die ihrer Bedeutung für die Volkswirtschaft entspricht. Als Unternehmer- und

Verbändeverband verleiht er der gesamten Immobilienwirtschaft eine Stimme auf natio-

naler und europäischer Ebene – und im Bundesverband der deutschen Industrie (BDI).

Präsident des Verbandes ist Dr. Andreas Mattner.

Kontaktieren Sie uns: ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.

Unter den Linden 42

10117 Berlin

Web: www.zia-deutschland.de

Mail: [email protected]

@ZIAunterwegs

Autoren:Dieses ZIA-Positionspapier wurde durch den vom ZIA-Ausschuss CSR eingesetzten

Arbeitskreis „CSR-Reporting“ erstellt. Mitglieder des Arbeitskreises waren:

Stefanie Frensch, HOWOGE

Hermann Horster, BNP Paribas

Dr. Thomas Beyerle, Catella

Sven Kiss, HOWOGE

Nicole Richter, EY Ernst & Young

Martin G. Viehöfer, KPMG

Projektleitung: Sabine Georgi, Thies Grothe (ZIA).

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