die bürgerfamilie judel zu voitsberg...— ungewiß ist, ob de r am x 1369 al s verkäufe eine hube...

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8 Blätter für Heimatkunde 53 (1979) Die Bürgerfamilie Judel zu Voitsberg Von Herwig Ebner Wellig ist aus den Quellen über stadtbürgerliche Familien in der heutigen Steiermark während des Mittelalters zu erfahren. Für Judenburg besitzen wir neuerdings eine eingehende prosopographische Untersuchung; 1 für Graz wird eine solche in absehbarer Zeit vorliegen.- Die folgende Studie soll einen kleinen Beitrag für Voitsberg bieten, dessen städtischer Rat im 16. Jahrhundert jüngst Gegenstand der Forschung war. 3 In steirischen Urkunden — vor allem in solrhen des 14. und 15. Jahrhunderts — erscheinen mehrfach Personen mit dem Zunamen Jud oder Judel. So ist 1449 von Judel, dem Sohn Muschleins von Radkersburg, 1476 von Judel, dem Sohn Josephs von Marburg, und 1484 vom Judel zu Graz, dem Sohn Hiersleins von Vviener Neustadt, die Rede. 4 Daß es sich bei den Genannten um Juden handelt, steht außer Zweifel. Wie in anderen Städten der Steiermark gab es auch in Voitsberg im 14. und 15. Jahrhundert urkundlich bezeugte Juden — vielleicht sind sie mit dem 1422/23 genannten Refier Arabv in Zusammenhang zu bringen 5 —; daneben aber, wie in 1 R. Felser, Herkunft und soziale Schichtung der Bürgerschaft obersteirischer Städte und Markt« 1 während des Mittelalters untei hesunderer Berücksichtigung der Bürger der Stadt Judenburg. PhilDissGraz 1975. jetzt gedruckt in: Dissl nivGraz 38, Wien 1977. 2 G. Dienes. Herkunft und soziale Schichtung der Grazer Bürgerschaft während des Mittelalters. PhilDissGraz (dzt. in Arbeit). Vgl. zuletzt G. Cerwinka, Das Leobener Bürgerspital im Mittelalter, in: Der Leobener Strauß 6/1978. S. 63—89. * k. Sonnleitner. Der innere und äußere Rat zu Voitsberg im 16. Jh.. in: Bl. f. Hk. 59/1976, S. 17 bis 21. 1 StLA-U 6195 (1449 VII17. Radkersburg). 7604« (1476 VI 4,—), 7991 f (1484 VII13,—). — Vgl. D. Herzog, Urkunden u. Regesteu zur Geschichte der Jud_en in der Steiermark 1475—1585 (QForsch GJudenSteierm 1). Graz 1934. S. 88: H. Ebner, Das Städtewesen in der Steiermark am Ausgang des Mittelalters, in: BeitrrGStädte Mitteleurop 3/1974, S. 327 f. 5 StLA-l 4863. 4903a. 9

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Page 1: Die Bürgerfamilie Judel zu Voitsberg...— Ungewiß ist, ob de r am X 1369 al s Verkäufe eine Hube zu Zirknilz bei St. Stefan ob Stainz genannte Friedrich Jud zu Voitsberg der Familie

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Blätter für Heimatkunde 53 (1979)

Die Bürgerfamilie Judel zu Voitsberg Von Herwig Ebner

Wellig ist aus den Quellen über stadtbürgerliche Familien in der heutigen Steiermark während des Mittelalters zu erfahren. Für Judenburg besitzen wir neuerdings eine eingehende prosopographische Untersuchung;1 für Graz wird eine solche in absehbarer Zeit vorliegen.- Die folgende Studie soll einen kleinen Beitrag für Voitsberg bieten, dessen städtischer Rat im 16. Jahrhundert jüngst Gegenstand der Forschung war.3

In steirischen Urkunden — vor allem in solrhen des 14. und 15. Jahrhunderts — erscheinen mehrfach Personen mit dem Zunamen Jud oder Judel. So ist 1449 von Judel, dem Sohn Muschleins von Radkersburg, 1476 von Judel, dem Sohn Josephs von Marburg, und 1484 vom Judel zu Graz, dem Sohn Hiersleins von Vviener Neustadt, die Rede.4 Daß es sich bei den Genannten um Juden handelt, steht außer Zweifel.

Wie in anderen Städten der Steiermark gab es auch in Voitsberg im 14. und 15. Jahrhundert urkundlich bezeugte Juden — vielleicht sind sie mit dem 1422/23 genannten Refier Arabv in Zusammenhang zu bringen5 — ; daneben aber, wie in

1 R. F e l s e r , Herkunft und soziale Schichtung der Bürgerschaft obersteirischer Städte und Markt«1

während des Mittelalters untei hesunderer Berücksichtigung der Bürger der Stadt Judenburg. PhilDissGraz 1975. jetzt gedruckt in: Dissl nivGraz 38, Wien 1977.

2 G. D i e n e s . Herkunft und soziale Schichtung der Grazer Bürgerschaft während des Mittelalters. PhilDissGraz (dzt. in Arbeit). Vgl. zuletzt G. C e r w i n k a , Das Leobener Bürgerspital im Mittelalter, in: Der Leobener Strauß 6/1978. S. 63—89.

* k . S o n n l e i t n e r . Der innere und äußere Rat zu Voitsberg im 16. Jh.. in: Bl. f. Hk. 59/1976, S. 17 bis 21.

1 StLA-U 6195 (1449 VI I17 . Radkersburg). 7604« (1476 VI 4,—), 7991 f (1484 VII13,—). — Vgl. D. He r zog , Urkunden u. Regesteu zur Geschichte der Jud_en in der Steiermark 1475—1585 (QForsch GJudenSteierm 1). Graz 1934. S. 88 : H. E b n e r , Das Städtewesen in der Steiermark am Ausgang des Mittelalters, in: BeitrrGStädte Mitteleurop 3/1974, S. 327 f.

5 StLA-l 4863. 4903a.

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Obdach auch, eine bürgerliche Familie Judel." Ob diese Judel jüdischer Herkunft waren, ob es sich etwa um getaufte Juden handelte, die das Bürgerrecht erworben hatten, wie dies K. H. Burmeister kürzlich für Juden in Vorarlberg nachgewiesen hat,7 oder Judel etwa nur Spitzname war, läßt sich nicht genau feststellen.

1385 erscheint erstmals ein Heinrich Judel.8 1392 siegelt er mit anderen „ehrbaren" Leuten eine in Voitsberg ausgestellte Urkunde des Klosters St.Lam-brecht.9 Heinrich. 1391 und 1399 als Richter und Siegler bezeugt, besaß von 1400 bis 1414 zwei Teile an einem Wein- und Getreidezehent zu Thallein nordöstlich von Voitsberg als Lehen vom Bistum Seckau.10 Der Gültwert dieser Zehentanteile betrug sechs Pfund. 1415/17 gehörten die Zehente dem Hans Judel. Weitere Belehnungen erfolgten 1419, 1444, 1452 und 1456.11 1444 wurde das Lehengut genauer beschrieben. Es umfaßte damals außer den zwei Teilen Wein- und Getreidezehent „am Talein" und oberhalb der Feste Krems sowie zwischen dem Lobmingbach und der dortigen Mühle 5 Höfe, 4 Hitben, 15 Hofstätten und Halbhuben zu Thallein, ferner einen Acker und vier Weingärten. Die Judel hatten aber nicht nur Besitz östlich von Voitsberg. Heinrich Judel kaufte 1403 um 61 Wiener Pfund einen Hof im Laußlinggraben bei Obdach als Stadegger Lehen und 1404 vom Murauer Bürger Menhart ein Gut und eine Hofstatt in der Krakauebene sowie drei stubenbergische Lehengüter am Achnerberg ob Triebendorf um 132 Wiener Pfund.1'2 Schließlich erwarben die Judel 1404 auch noch das „Mauergut" in Stallbaum bei Murau sowie das dortige „Prodel-" und „Vogellehen" vom Murauer Bürger Nikel Pekh um 32 Wiener Pfund.13 Dieser Gütererwerb der Judel läßt auch für den Anfang des 15. Jahrhunderts auf einiges Vermögen und auf guten Geschäftsgang schließen. Vielleicht hatten sie diesen Wohlstand durch den Handel erlangt. ,1. A. Janisch nennt den Hans Judel von 1435 als Messerschmied, der auf seinen Produkten als Markenzeichen einen Feuerhaken geführt haben soll.14

Immerhin waren die Beziehungen der Judel zur Stadt Judenburg gut. Heinrich und Johann wurden in das Totenbuch der angesehenen Judenburger St.-Martin-Bruderschaft eingetragen.15 Das Todesjahr Heinrichs ist unbekannt. Sicher war er am 6. Mai 1443 nicht mehr am Leben.1"

6 Vgl. Sll.A-U 3064 (1369 X 1 5 — ) : Friedrich der Jud von Voitsberg: StLA-U 2261. 2261a, 3162d; ferner HHStA-U 1377128: 1 3 7 9 X 5 ; 1381 XI 15: 1382X11 10; 1384IV 20; 1452 VIII 28. —1362 wird ein Haus zu Judenburg genannt, das ehemals Hansel dem Jud gehörte (StLA-U 282 I). Vielleicht gehörte er zur Voitsberger oder zur Obdacher Familie. Ein Hänslein der Judlin war 1373 Hausbesitzer zu Gonobitz (StLA-U 3162). Im Habsburger Urbar von 1280ff. erscheint ein Judel im Markt Arnfels (A. D o p s c h , Die landesfürstliehen Gesamturhare der Steiermark aus dem Mittelalter = Österr. Urbare 1/2. Wien—Leipzig 1910. S. 252, Nr. 20).

7 K. H. B u r m e i s t e r , Die Juden in Vorarlberg im Mittelalter, in: SchrrVGBodcnsee 94, 1976, S. 6. 8 HHStA-U 1385 VI 15. — Ungewiß ist, ob der am 15. X. 1369 als Verkäufer einer Hube zu Zirknilz

bei St. Stefan ob Stainz genannte Friedrich Jud zu Voitsberg der Familie Judel zuzuzählen ist (StLA-Archiv Stainz. Seh. 1, H. 1: Urkundenverzeichnis, Nr 77)

9 Lamb-U 529 (1392 VII 17, Voitsberg). 10 L ang , Seckauer Lehen 167/1,2. — Vgl. HHStA-U 1391 III 2 1 ; 1399 II 14. " L ang . Seckauer Lehen 1673—8. 12 HHStA-U 1403 III 19: 1404 III 4. — Vgl. H. E b n e r , Die Herrschaft Katsch, in II. P i r c h e g g e r ,

Landesfürsl und Adel in Steiermark 2 (ForschVerfGSteierm XIII), Graz 1955: Karte im Anhang. 13 HHStA-U 1404 IV 29. Vgl. StLA-U 6910. 14 J. A. J a n i s c h , Topographisch-statistisches Lexikon von Steiermark 3 . Graz 1885.S. 1199. - V g l .

Anm. 37. 15 MGNecr V, 582,33; 583,54. — Vgl. Hansel der Jud (Anm. 6). 16 Vgl. HHStA-U 1443 V 6: Heinrichs Sohn Hans wird nach dem Tod seines Vaters vom

landesfürstlichen Verweser in Graz schuldenfrei erklärt.

Kl

Vom Voitsberger Bürger Hans Judlin ist auch 1408 die Rede, als er um 60 Wiener Pfund die freieigene „Luegerhube" in der Feßnach bei Scheifling vom Murauer Bürger Bartholomäus Rocker kaufte.17 1418 war Hans Richter zu Voitsberg.1" In dieser Funktion erscheint er auch in den Jahren 1420, 1422, 1423 und vielleicht auch noch 1436. falls für damals nicht schon an seinen gleichnamigen Sohn zu denken ist.1" 1424 war Hans Judel von Herzog Friedrich zum herzoglichen Kastner in Voitsberg ernannt worden. Als solcher mußte er 1427 zusammen mit Konrad von Kreig, dem damaligen Landeshauptmann in Kärnten, und mit dem Kammerschrei­ber Konrad Zeidlerer über herzogliche Anordnung die steirischen Kammereinkünf-te verrechnen.20 1436 hatte Hans Judel dem Schaffer des Dominikanerklosters in Graz als Richter 58 Frischlinge wegen nicht bezahlter Maut in Voitsberg einbehal­ten,21 mußte die Tiere aber wieder herausgeben.

Fs ist nun die Frage, wer dieser Hans Judel war. Da ein Hans J udel als Bürger zu Voitsberg am 20. November 1423 sein Testament abfassen ließ,22 ist anzunehmen, daß dieser entweder der Sohn oder der jüngere Bruder des Heinrich Judel von 1385 gewesen ist. Schon 1403 erscheint ein Jakob „de Voitsperch" als Sohn des Hans zu Voitsberg, mit dem wohl Hans Judel gemeint sein wird.23 Anläßlich einer Belehnung wird 1415/17 auf die namentlich nicht genannten Söhne und Töchter des Hans Judel hingewiesen. Der Richter Hans Judel von 1436 könnte einer dieser Söhne sein. 1431 hatte er von Christoph Wölzer, dem Pfarrer zu Pols, einen Hof und zwei Güter bei Krems um 65 Wiener Pfund gekauft und damit den Familienbesitz östlich von Voitsberg, zu dem um 1420 auch ein Weingarten als Montforter Lehen gehörte, erweitert.24 1443 und 1445 war der „ehrbare und weise" Hans Judlein — er wird nicht wie viele andere beamtete Bürger „edel" genannt — Landschreiber Herzog Albrechts zu Voitsberg.25 In Voitsberg besaß er im gleichen Jahr drei Hofstätten; es dürften jene sein, die 1445 als an der Stadtmauer gelegen bezeichnet werden.26 Hans erscheint 1433 aber auch als Besitzer jener Güter, die sein Vater Heinrich zu Stallbaum. St. Egidi und Triebendorf östlich von Murau 1404 von Murauer Bürgern gekauft hatte. Mit einem Gut und einer Hofstatt in der Krakau wurde er 1433 vom Landesfürsten belehnt.27 1456 wird im Lehenbuch des Bistums Seckau vermerkt, daß Hans Judel die Lehen als ältester und anstelle seiner Brüder

17 I I I IS tVL 1108 VIII 15. 18 HHStA-U 1418 IX 14; StLA-U 1696.1. 13 Lamb-U 756, 780, 813. 875. — StLA-U 4863, 4863c. 4903a. 5494a; 2648. 3427b. 3465, 3497b,

3532b, 3576a, 3750, 3787e, 4256. -" Vgl. J a n i s c h (wie Anm. 14), S. 1 199. -' StLA-U 5494a. 22 HHStA-U 1423 XI 20; vgl. HHStA-l 1424 XII 20. — Vielleicht bezieht sich die Eintragung im

Totenbuch der St.-Martin-Bruderschaft zu Judenburg Pro Iohannc hm!!, cive in Voitsperg auf diesen Hans (MGNecr V. 583,54).

23 HHStA-U 1403 111 19. Jakobs Siegel zeigt eine Hausmarke, das Rücksiegel einen auf einem Pult schreibenden Mann. — Am 20. VIII. 1408 verkauften Jakob. Sohn des Voitsberger Bürgers Hans — vermutlich ist Hans Judel gemeint — und seine Frau Dorothea dem Stainzer Propst Güter in der Pfarre Mooskirchen (StLA-Arehiv Stainz. Seh. 1. H. 1: Urkundenverzeichnis. Nr. 98).

24 Lan g. Seckauer Lehen 167.3. — HHStA-U 1431 X 9. — Montforter Urbar, fol. 7 1 ' , Hs .6 , StLA-Graz.

25 StLA-l 5835. 5996b; \gl . HHSl \-V 1443 V 6; ferner A. L u s c h i n . Reisebericht über innerösterr. Archive: Das fürsthischöflich-seckauische Ordinariats-Archiv zu Graz, in: BeitrrKdeSteiermGQ 11/1874, S. 7 ; Stadls Familienchronik, p. 53. Hs. 332a, SlLA-Graz. Zum Landschreiberamt im 15. Jh. vgl. A. L u s c h i n in: BeitrrKdeSteiermGQ 29/1896,S. 242. — J a n i s c h iwie \nm. 14). S. 1199 nennt Hans Judel 1441 als Inhaber des landesfürstlichen Marchfutteramtes.

26 StLA-U 5821 ; 5995. 2 ' HHStA-U 1433..

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empfangen habe.28 Außer landesfürsllichen und hischöflich-seckauischen Lehen scheint Hans Judel 1453 und 1461 gemeinsam mit seinem Bruder Leonhard auch Zehente zu Winklern im Lavanttal vom Kloster St. Paul besessen zu haben.29 Wie sehr sich die Judel der landesfürstlichen Gunst erfreuten, zeigte sich, als Kaiser Friedrich III. dem Verweser der Landeshauptmannschaft in Kärnten befahl, vor dem nächsten Gerichtstag nach Michaeli in St. Veit/Glan gegen Hans und Leonhard Judel keine Klage anzunehmen, da beide bis dahin mit vom Landesfürsten angeordneten Aufgaben betraut wären.3"

Das Jahr 1467 brachte schließlich für Hans Judel eine ganz besondere Auszeichnung. Kaiser Friedrich III., dem Hans am 26. September 1466 alles Vermögen für den Fall seines erbenlosen Todes vermac ht hatte, nahm diesen unter besonderen kaiserlichen Schutz und freite ihn derart, daß er nur noch vor das kaiserliche Gericht geladen werden durfte.31 Vor dem 11. Juli 1477 muß Hans Judel erbenlos gestorben sein.32 Am 9. Februar 1478 erließ der Kaiser ein Mandat an die Leute und Holden auf jenen landesfürstlichen Gütern bei Judenburg, Obdach, Schöder und Ranten, die weilen! Hannsen Judel unsers burger zu Voiisperg gewesen sein.33 Noch am gleichen Tag belehnte der Kaiser seinen Diener Wolfgang Perler mit den ehemals judelschen Gütern.34 1480 waren diese im Besitz des Wolfgang Führer.35 1483 und 1493/94 ist das „Judlamt zu Voitsberg" urkundlich bezeugt; es wurde damals Wolfgang Frank bzw. Bernhard Weybhauser verliehen. Das Urbar des Judlamtes von 1498 vermerkt 35 verschiedene Posten.36 In der Folge schweigen die Quellen über die Familie.37

Hinzuweisen ist noch auf die Tatsache, daß die Judel, die bisher vermutlich von der Städtekurie mitveranschlagt worden waren, im Steueranschlag des Ländertages

28 L ang , Seckauer Lehen 167/7,8; vgl. StLA-U 4863. 29 UB-St. Paul (FR A 11/39), Nr. 549. — Hofschatzgewölbebücher 1,40, fol. 95, Nr. 37. StLA-Graz. —

übe r die landesfürstlichen Lehen im Besitz der Judel vgl. Hofschatzgewölbebücher 1/11. fol. 69, Nr. 788, StLA-Graz.

30 J a n i s e h (wie *\nm. 14), S. 1199. Ob bei Leonhard an den Wiener Studenten Leonhnrdus Vovczsperger von 1414 zu denken ist, ist ungewiß, eher unwahrscheinlich (Die Matrikel der Universität Wien I, 1956, S. 101, 41). Vielleicht gehört Leonhard einer früheren Generation der J udel an. 1462 ist ein Leonhard Judel als Bürger, 1463 als magister eivium zu Wiener Neustadt bezeugt (Urkk. i. vi iener Neustädter Archiv XXX/3 , XXX/6).

31 HHStA-U 1466 IX 26; 1467 I 12, Leoben; vgl. Regesta chronologico-diplomatica Frideriei III., hgg. von J. C h m e l , Wien 1859, Nr. 4863; ferner Hofschatzgewölbebücher 1.40, fol. 21 , Nr. 106. StLA-Graz.

32 Hofschatzgewölbebücher I '12, fol. 170, Nr. 1060, StLA-Graz. 33 StLA-U 7688f'Nr. 2. 34 StLA-U 7688f/Nr. 19. Perler war mit diesen Gütern erstmals am 11. Juli 1477 belehnt worden

(Hofschatzgewölbebücher 1/12, fol. 170, Nr. 1066. StLA-Graz). 35 Hofschatzgewölbebücher 1/15. fol. 69, Nr. 1165, StLA-Graz. 36 HHStA-U 1483 XI 25 ; 1493 I 5. — Stoekurbare (Greißenegg), Fase. 60, Nr . 137, fol. 188 v—189\

StLA-Graz. Beachtenswert ist daselbst der auf Juden bezogene Vermerk bei Bernhard Weibhauser (fol. lSg1). — Vgl. Hofschatzgewölbebüeher 1,16, fol. 710. Nr. 1527, StLA-Graz. Das Judel- bzw. Judenamt soll J a n i s c h (wie Anm. 14), S. 1199 zufolge mit dem Schloß . .Purggberg" (~ Obervoitsberg) in Verbindung gestanden sein. — StLA-U 9851 (1499 III 8) erwähnt noch des Judel alten stadel.

37 Über das W appen der Judel — ein X dessen obere und untere Enden verbunden sind mit je einem Stern in den Seitenwinkeln — vgl. J. K r a ß le r , Steirischer Wappen Schlüssel (VeröffSteierml.d-Areh 6). Graz 1968, S. 95. Das Wappen des Hans Judel ( l .H. '15. Jb.) blieb erhalten (Sammlung einzelner Siegel im StLA-Graz); vgl. Lamb-U 875 (1434 XI 29.—) mit Siegel des Johann Judel. — Siehe Abb. Das Rücksiegel zeigt als Gemme einen stehenden Jüngling mit Spiegel (?), hinter ihm eine aufrechte Figur (Teufel?). Nicht zu überprüfen war die Mitteilung bei J a n i s c h (wie Anm. 14). S. 1199. wonach Hans Judel als Warenmarke einen Feuerhaken geführt haben soll. Das Siegel an StLA-U 5835 (14 43 III 17) ist zerbrochen: bei StLA-l 3751a fehlt das Siegel Heinrichs des Judel.

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Wappen des Hans Jude! Orig. im Stmk. Landesarchiv

zu Graz erscheinen, obgleich Hans Judel damals bereits tot war.38 Aber auch schon früher wird ihre soziale Sonderstellung deutlich. Im Heiratssteueranschlag König Friedrichs IV. für seine Schwester Katharina von Baden werden vom Judel zu Voitsberg 1000 Gulden, von der Stadt Voitsberg an [ohne] den Judlen aber nur 300 Gulden abverlangt.39 Die Judel hatten also damals — wohl als landesfürstliche Amtsträger — ebensoviel Steuer zu leisten wie die Stadt Wiener Neustadt oder der Abt von Rein! Hans Judel erscheint aber auch im Rüstungsanschlag Kaiser Friedrichs III. vom 18. Mai 1466 unter den bürgerlichen Gültenbesitzern, die der König zur Stellung von zwei bewehrten und gewappneten Knechten zum Kampf gegen die Ungarn aufforderte.40

Was kann als Frgebnis festgehalten werden? Die Judel waren eine in Voitsberg seßhafte, ursprünglich vielleicht jüdische Familie. Schon zu Ende des 14. Jahrhunderts erscheinen sie — im Handel und möglicherweise als Messerschmiede reich geworden — als Voitsberger Bürger. Verwandtschaftliche Beziehungen bestanden zur Familie Judel in Obdach; Geschäftsverbindungen zu Bürgern von Judenburg. Murau und Oberzeiring sowie zu Juden und niederen Adeligen.41 Seit Anfang des 15. Jahrhunderts kauften die Judel Besitz in der Obersteiermark, der entweder freies Eigen oder Lehen vom Landesfürsten bzw. von den Stubenbergern war. Ost lieh von Voitsberg hatten sie Lehen vom Bischof von Seckau und — wie bei Obdach — von den Stadeggern/Montfortern inne. Dieser Grundbesitz verhalf der Familie zusammen mit Renteneinkünften von Häusern, Mühlen und Fleischbänken zu Ansehen, das sich in erhöhter Besteuerung und in zahlreichen Amtsfunktionen

38 Vgl. B. S e u f f e r t — G. K o g l e r , Die ältesten steirischen Landtagsakten 1396—1519 Teil II (QVerfVerwGSteierm TV,'2), Graz-Wien 1958. S. 183. Die Judel werden nach der Stadt Voitsberg genannt und erscheinen damit besonders hervorgehoben.

39 S e u f f e r t - K o g l e r (wie Anm. 38, Teil I, Graz:/Wien 1953), S. 134. 10 S e u f f e r t - K o g l e r (wie Anm. 39). S. 126. Nr. 58. 41 Ober die Judel als Gläubiger vgl. HHStA-U 1390 I I6 , 1391 I I I 21 . 1393 VI I25 . 1394 VI 22 1394III

13, 1394 VII 16. 1395 V 28.

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niederschlug. Heinrich und Hans Judel waren mehrfach Richter zu Voitsberg. letzterer auch herzoglicher Marchfutterer und Landschreiber, dem 1467 der besondere kaiserliche Schutz verbrieft wurde. Die landesfürstlichen Lehengüter der Familie Judel bildeten später zusammen mit dem übrigen Familienbesitz das mit der Burg Obervoitsberg verbundene „Judlamt". Wie die meisten steirischen Bürger­familien sind auch die Judel zu Voitsberg nur für knapp drei Generationen quellenmäßig zu erfassen.42

42 Auch andernorts können Bürgerfamilien in männlicher Linie vielfach nur über drei Generationen nachgewiesen werden; vgl. neuerdings A. Kubinyi, Die Pcmfflinger in Wien und Buda. in: JbVGW ien 34/1978, S. 67—88, bes. S. 68.

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