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1 Int . Revue ges . Hydrobiol . I 53 I 5 1 1968 1 723-779 1 PETER SCHMIDT I1 . Zoologisches Institut und Museum der Universitiit Gottingen Die quantitative Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons am Gezeiten-Sandstrand der Nordseeinsel Sylt 1l I . Faktorengefuge und biologische Gliederung des Lebensraumes 2, Inhaltsverzeichnis Einleitung ................................. 724 I . Generelles Schema des Sandstrandes am Gezeitenmeer ............ 725 I1 . Darstellung des Lebensraums ....................... 726 I11 . Methodik ................................ 729 IV . Faktorengefuge ............................. 731 1 . KorngroDe ............................. 731 2 . Zusammensetzung des Sediments ................... 737 3 . Detritusgehalt ............................ 737 4 . Porenvolumen ............................ 738 5 . Wassersiittigung ........................... 738 6.Temperatur. ............................ 739 7 . Salzgehalt ............................. 740 8 . Sauerstoff .............................. 742 9 . pH.Wert .............................. 743 10 . Licht ............................... 743 11 . Nahrungsangebot .......................... 744 V . Besiedlungsdichte, Verteilung und Populationsdynamik der gesamten Metazoen- Fauna ................................. 744 1 . Erliiuterung der Diagramme ...................... 744 2 . Besiedlungsdichte .......................... 746 3 . Populationsdynamik ......................... 759 VI . Gliederung des Lebensraums unter biologischen Aspekten .......... 762 1 . Quantitative Verteilung und Populationsdynamik der systematischen Gruppen 762 2 . Vergleichende Charakterisierung der Strandzonen durch die systematischen Gruppen ............................... 777 l) Mit Unterstutzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft . *) Teil 11. ..Quantitative Verteilung und Populationsdynamik einzelner Arten". folgt in Band 54. Heft 1 . Dort auch die Zusammenfassung und das Literaturverzeichnis fur beide Teile .

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Page 1: Die quantitative Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons am Gezeiten-Sandstrand der Nordseeinsel Sylt I. Faktorengefüge und biologische Gliederung des Lebensraumes

1 In t . Revue ges . Hydrobiol . I 53 I 5 1 1968 1 723-779 1

PETER SCHMIDT

I1 . Zoologisches Institut und Museum der Universitiit Gottingen

Die quantitative Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons am Gezeiten-Sandstrand der Nordseeinsel Sylt 1l I . Faktorengefuge und biologische Gliederung des Lebensraumes 2,

Inha l t sverze ichnis

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 724

I . Generelles Schema des Sandstrandes am Gezeitenmeer . . . . . . . . . . . . 725

I1 . Darstellung des Lebensraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 726

I11 . Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 729

IV . Faktorengefuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 731 1 . KorngroDe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 731 2 . Zusammensetzung des Sediments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 737 3 . Detritusgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 737 4 . Porenvolumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 738 5 . Wassersiittigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 738 6.Temperatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 739 7 . Salzgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 740 8 . Sauerstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 742 9 . pH.Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743

10 . Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743 11 . Nahrungsangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744

V . Besiedlungsdichte, Verteilung und Populationsdynamik der gesamten Metazoen- Fauna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744 1 . Erliiuterung der Diagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744 2 . Besiedlungsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 746 3 . Populationsdynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 759

VI . Gliederung des Lebensraums unter biologischen Aspekten . . . . . . . . . . 762 1 . Quantitative Verteilung und Populationsdynamik der systematischen Gruppen 762 2 . Vergleichende Charakterisierung der Strandzonen durch die systematischen

Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 777

l) Mit Unterstutzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft . *) Teil 11. ..Quantitative Verteilung und Populationsdynamik einzelner Arten". folgt in

Band 54. Heft 1 . Dort auch die Zusammenfassung und das Literaturverzeichnis fur beide Teile .

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724 PETER SCHMIDT

E i n l e i t ung

Die okologie des marinen Mesopsammons wird heute unter verschiedensten Aspekten und mit unterschiedlichen Methoden bearbeitet.

Nach der Entdeckung der Mikrofauna des Meeressandes durch A. REMANE vor etwa 40 Jahren standen naturgemiiR zunachst faunistisch und qualitativ- okologisch orientierte Untersuchungen im Vordergrund. Schon 1933 zeigte REMANE, daB die arten- und individuenreiche Mikrofauna weitaus besser zur Charakterisierung von Sand-Biocoenosen geeignet ist als die Makrofauna. Er unterschied auf Grund der Besiedlung des Mesopsammals in der Kieler Bucht die Otoplanen-Biocoenose des Brandungsstrandes von der Turbanella-hyalina-Bio- coenose ufernaher Feinsande und der Halammohydra-Biocoenose sublitoraler Grobsandgebiete.

Infolge der weiten Verbreitung und der groRen Artenfulle des Lebensraumes Mesopsammal ist die okologische Bearbeitung einzelner Tiergruppen oder regio- naler Faunen mit vorwiegend qualitativen Methoden noch immer in vollem FluR. Als Beispiele seien einige Untersuchungen uber Turbellarien (Ax 1951, 1959), Gastrotrichen (SWEDMARK 1955 b), Nematoden (GERLACH 1953, 1954a) oder Harpacticiden (NOODT 1957) genannt.

Ein vertiefter Einblick in die differentielle Verteilung von Arten und Arten- gruppen auf unterschiedliche Strandhorizonte, sowie ihre Abhiingigkeit vom physikalisch-chemischen Faktorengefuge des Lebensraumes 1aRt sich jedoch nur iiber den Einsatz exakt quantitativer Methoden erreichen. Quantitative Be- standsaufnahmen einzelner Arten oder Tiergruppen des Mesopsammons, ein- gehende Messungen der Umweltfaktoren und die Untersuchung ihrer Wirkungs- weise im Experiment gewinnen deshalb seit wenigen Jahren zunehmend an Raum. Beispiele hierfiir sind die Untersuchungen von JANSSON (1962, 1966) an marinen Oligochaeten und dem Mystacocariden Derocheilocaris, die Arbeiten von DE ZIO & GRIMALDI (1964a, 196613) iiber Tardigraden, von SCHROM (1966) uber Gastrotrichen, sowie die Studien an einzelnen Archianneliden durch BOA- DEN (1963 b) und GRAY (1966). SchlieRlich ist das Studium der Entwicklung der interstitielien Fauna im Jahresablauf von wesentlicher Bedeutung fur das Ver- stiindnis der Lebensprozesse im Mesopsammal. Erst iiber die Kenntnis der Populationsdynamik in Raum und Zeit wird auch die Wirkung der sich jahres- periodisch andernden Umweltfaktoren beurteilbar. Mit der Arbeit von RENAUD- DEBYSER (1963) iiber die Sand-Mikrofauna der Bucht von Arcachon liegt bisher nur eine einzelne, in diese Richtung weisende Studie vor.

Ich habe den lotischen Hang und das vorgelagerte Sandwatt der Insel Sylt ausgewiihlt, um an einem charakteristischen Sandstrand der deutschen Nordsee- kiiste die skizzierte Problematik zu verfolgen.

Mit quantitativen Methoden wurde die gesamte Metazoen-Fauna erfal3t und in hohere Syptemeinheiten (Turbellarien, Nematoden, Polychaeten, Copepoden usw.) aufgeschlusselt. Aus verschiedenen Tiergruppen sind auBerdem 25 einzelne Arten analysiert.

Neben der fortlaufenden Untersuchung der chemischen und physikalischen Faktoren des Lebensraumes waren zwei Wege mit unterschiedlicher Zielsetzung zu beschreiten. Die Grundlage verallgemeinernder Aussagen uber die riiumliche Verteilung der Fauna bildete die vergleichende Bearbeitung mehrerer Strand- regionen mit verschieden starker Beeinflussung durch die Brandung. Fur die

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Erfassung der dynamischen Prozesse der Lebensgemeinschaft in der Zeit wurden ausgewahlte Strdnde in regelmdaigen Abstdnden studiert.

Meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. P. AX, danke ich fur die Anregung zu dieser Arbeit und fur die grodzugige Forderung der Untersuchungen.

Der Direktor der Biologischen Anstalt Helgoland, Herr Prof. Dr. 0. KINNE, ermoglichte mir zahlreiche Anfenthalte in der Litoralstation List/Sylt. I h r Leiter, Herr Dr. H. J. AURICH, und alle Mitarbeiter unterstutzten mich auf das freundlichste. Die Meteorologische Station in List iiberlieB mir zahlreiche Daten. Ihnen allen mochte ich herzlich danken.

I. Generelles S c h e m a des Sandstrandes a m G e z e i t e n m e e r

Das vergleichende Studium verschiedener Strandabschnitte der Insel Sylt fiihrte zur Entwicklung eines allgemeinen Schemas des Gezeiten-Sandstrandes. Als grundlegender Bezugspunkt aller weiteren Ausfiihrungen wird es an den Anfang der Arbeit gestellt (Abb. 1) .

Euliforal Suurali f oral Dune / v \ /

A 1. Sandhang

2. mitiierer Hang 3. oberer Hang

MHWL -

Prailhang "

Ahh. 1. Allgemeines Schema des Gezeiten-Sandstrandes (Original AX und SCHMIDT)

Die in diesem Schema vollzogene Gliederung basiert auf deutlichen Korrela- tionen zwischen den wechselnden abiotischen Faktoren der einzelnen Zonen und ihrer differentiellen Besiedlung durch die interstitielle Fauna. uber die frii- heren Einteilungen (REMANE 1940, GERLACH 1953, NOODT 1957) hinaus wird dabei der Sandhang scharfer gegliedert und die Feuchtsandzone vom Grund- wasserbereich abgehoben.

Der Sandstrand des Gezeitenmeeres gehort teilweise dem Eulitoral, teilweise dem Supralitoral an. Er ist prinzipiell in zwei Hauptregionen unterteilbar, das Sandwatt (bzw. sublitorale Brandungszone) und den Sandhang. Die Grenze zwischen ihnen bildet der sog. Strandknick. I. S a n d w a t t u n d sub l i to ra l e Brandungszone : Sediment feinkornig,

wassergesiittigt. Gasaustausch mit der AtmosphBre nur begrenzt moglich. Geringe Schwankungen von Temperatur und Salzgehalt.

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11.

(x) S a n d w a t t . Auf der Ostseite der Insel. Etwa von der mittleren Niedrig- wasserlinie (MNWL) bis zum Strandknick. Freier Sauerstoff nur in den obersten Zentimetern, darunter eine schwarze Reduktionsschicht. 8 ) Sub l i to ra l e Brandungszone . Am Weststrand der Insel, auch bei Hornum. MNWL und Strandknick fallen f zusammen. Starkere Umlage- rung und bessere 0,-Versorgung als im Watt. Sandhang l ) : Vom Strandknick bis zum DiinenfuB. Im oberen Teil, an der Grenze von mittlerem und oberem Hang, liegt die mittlere Hochwasser- linie (MHWL). Sediment durchweg grober, Expositionszeit wesentlich langer als im unteren Teil des Strandes. l a ) U n t e r e r Hang. Quellhorizont und die sich landwarts anschlieBenden

Bereiche, denen eine Feuchtsandzone fehlt. Zusammen mit dem mitt- leren Hang der am stiirksten von der Brandung beeinfluBte Teil des Strandes. Geringe Schwankungen von Temperatur und Salzgehalt, 0,- Versorgung gut. An mittel- oder schwach lotischen Stranden im Sommer in den oberfliichlichen Schichten zahlreiche Diatomeen.

2. Mit t l e re r Hang. Periodisch unter marinem EinfluB. Kaum noch Diato-

b) Geze i tenper iodische Feuch t sandzone . Hoher 0,-Gehalt im Po- renwasser als Folge des Eindringens von Luft bei Niedrigwasser. Feuch- tigkeitsgehalt wahrend der Ebbe herabgesetzt, besonders im Sommer und nahe der Oberfliiche. Die Temperaturen schwanken stark, der Salz- gehalt betrachtlich.

c) Mar ines Ki i s tengrundwasser . Voll mit Wasser gesiittigtes Sedi- ment. 0,-Versorgung etwas beeintrachtigt. Geringe jahreszeitliche Un- terschiede von Temperatur und Salzgehalt.

3. Oberer Hang. Flacher ansteigend und weniger von der Brandung be- einflul3t als unterer und mittlerer Hang. Nur noch in unregelmaBigen Abstanden unter marinem EinfluB.

d) P e r m a n e n t e Feuch t sandzone . 0,-Gehalt im Porenwasser hoch. Sediment nur bei seltenen Uberflutungen voll wassergesattigt. Sehr groBe Schwankungen von Temperatur und Salzgehalt.

e) B r a c kig es Kiis t engrundw a sser. Sediment wassergesiittigt, etwas verminderter 0,-Gehalt. Schwankungen der Temperatur gering, die des Salzgehaltes sehr groB.

meen.

11. Darstellung des Lebensraumes Die Insel Sylt bietet mit einer LLnge von fast 40 km und einer Vielzahl ver-

schiedenartiger Strandregionen beste Voraussetzungen fur die okologische Un- tersuchung des Mesopsammons. Vom Marz 1965 bis zum Oktober 1966 wurden die von der Litoralstation List/Sylt aus leicht erreichbaren Strandabschnitte im Norden der Insel intensiv bearbeitet. Zur Oberpriifung der hier gewonnenen Ergebnisse habe ich auch im Siidteil der Insel zwei Strande genauer studiert.

l ) Der haufig verwendete Begriff ,,Prallhang" umfal3t den unteren und mittleren Hang, welche dem EinfluD der auflaufenden Brandungswellen unterliegen. Der umfassendere Aus- druck ,,Sandhang" wurde bewul3t gewahlt, um auch den oberen, in das Supralitoral fal- lenden Bezirk des Strandes in eine einheitliche Nomenklatur einzubeziehen.

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Die Untersuchung konzentrierte sich auf lotische Striinde, an denen ein , ,Prall- hang" mehr oder minder deutlich ausgebildet ist. Nach dem Grad der Wasser- bewegung werden dabei d r e i S t u f e n unterschieden, namlich s t a r k lo t i sche , mi t t e l - lo t i s che u n d schwach lo t i s che Biotope. Diese Einteilung ent- spricht der von RENAUD-DEBYSER (1963) fur das Becken von Arcachon gege- benen Gliederung in instabile, semi-stabile und stabile Strande. Innerhalb eines Strandes konnen allerdings verschiedene Teilbereiche unterschiedlich stark lotisch beeinflu& werden.

Als ausgesprochen len i t i sch sind von den untersuchten Biotopen nur die W a t t e ng e b i e t e auf der Ostseite der Insel zu bezeichnen.

Die ausgewahlten Strande verteilen sich folgendermaRen auf die Haupt- lebensraume der Insel (Abb. 2a, b) : a) S t a r k lo t i s che Sandhange nehmen die gesamte Westseite der Insel und

die Nordseite des Ellenbogens ein. Die Station 1 (,,Weststrand") liegt etwa 800 Meter nordlich der Strandhalle von List. Der Strand ist hier 70-80 m breit.

A B Abb. 2. Untersuchungsgebiet mit Stationen. A Insel Sylt; B Nordspitze der Insel

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b) Mi t te l - lo t i sche S a n d h a n g e finden sich auf der Ostseite der Insel, und zwar vor allem am nordlichen und siidlichen Ende. Sie sind 20-30 m breit. Hierher gehoren Station 2 am Siidstrand des Ellenbogens, Station 3 am Lister Haken, Station 4 an der Litoralstation der Biologischen Anstalt und Station 9 siidlich von Hornum. Letztere schlieRt sich durch den Mange1 einer Wattzone enger an Station 1 an, wogegen die Station 3 am Lister Haken zum folgenden Strandtyp iiberleitet.

c) Schwach lo t i sche Sandhange liegen an den besonders geschiitzten Ab- schnitten im Innern der Buchten auf der Ostseite der Insel. Sie sind 10-15 m breit. Untersuchungsgebiete sind Station 6 siidlich der Blidsel-Bucht, Sta- tion 7 am WeiBen Kliff bei Braderup und Station 8 bei Puan Klent.

d) Sandige W a t t e n g e b i e t e mit vorwiegend lenitischem Charakter schlieRen seewarts an den Sandhang der Stationen 2 und 4 an. I n diese Kategorie gehoren ferner Station 5, das Watt an der Buhne List-Siid, und Station 10 auf der Sandbank ostlich des Hafens von List.

e) S and ig - s c hl ic kig e W a t t f 1 ache n als ausgesprochen lenitische Biotope liegen vor den Stationen 3, 6, 7 und 8.

Unter Hinweis auf die Arbeit von GERLACH (1953) seien die wesentlichen Unterschiede zwischen den genannten Strandregionen anhand des allgemeinen Schemas (Abb. 1) naher herausgestellt.

Den nbergang zum Sublitoral vermitteln auf der Ostseite der Insel Watten- flachen, deren Breite zum Innern der Buchten hin zunimmt. Am Weststrand und siidlich von Hornum tritt an ihre Stelle die sublitorale Brandungszone, welche unter einem Winkel von 2-3" vom Strandknick aus seewarts abfiillt. Die MNWL verlauft am Weststrand etwas oberhalb, bei Hornum etwas unterhalb des Strandknicks. An den iibrigen Stationen liegt sie im Watt, und zwar am Ellenbogen und vor der Litoralstation 30-50, an den iibrigen Stationen mehrere Hundert Meter vom Strandknick entfernt.

Der Sandhang, welcher sich landwarts vorn Strandknick erstreckt, steigt in seinem unteren und mittleren Teil verhaltnismllRig steil an. Zum unteren Hang gehort der Quellhorizont, in dem das bei Flut in den Sandhang eingedrungene Wasser in kleinen Rinnsalen austritt. Er ist an den schwach und mittel-lotischen Stranden etwa 1-3 m breit, wahrend sich am stark lotischen Weststrand die ersten Quellen ungefahr 15 m oberhalb des Strandknicks finden. Auch die sich

* landwarts anschlieRenden Bereiche, die noch weitgehend wassergesattigt sind, werden mit zum unteren Hang gerechnet.

Im mittleren Hang ist dagegen bei Ebbe eine Feuchtsandzone ausgebildet, die mit zunehmender Entfernung vom Strandknick immer machtiger wird. Die MHWL liegt an der Grenze von mittlerem und oberem Hang; sie trennt den periodisch marin beeinfluBten, relativ steilen mittleren Hang von dem nur ge- legentlich iiberfluteten oberen Hang, dessen Neigungswinkel gering ist. Der obere Hang entspricht in seiner Lage der sogenannten Hochwannenzone. Eine typische Hochwanne fehlt jedoch an fast allen Stranden des Untersuchungs- gebietes ; nur am stark lotischen Weststrand tritt sie gelegentlich auf.

Das P ro f i l e ines S t r a n d e s ist um so konstanter, je weniger dieser dem EinfluB der Brandung ausgesetzt ist. So lndert es sich an schwach lotischen Stranden im Laufe des Jahres kaum. Die mittel-lotischen Strande machen da- gegen unter der Einwirkung ruhiger bzw. stiirmischer Perioden gewisse Verande- rungen durch. Nach LARRAS (1957), sowie DAVANT & SALVAT (1961) wird nach

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dtarken Sturmen der Strand meist etwas flacher, doch gilt diese Regel keines- wegs allgemein. Auf der Ostseite von Sylt konnen die Auswirkungen eines Stur- mes je nach der Windrichtung sehr verschieden sein. Mit den Unterschieden im Profil des Strandes gehen hier Verschiebungen in der Lage des Strandknicks einher ; diese machen am Strand vor der Litoralstation jedoch normalerweise nicht mehr als 2-3 Meter aus. Der ,,Prallhang" steigt hier unter einem Winkel von 5-6" an. Ahnliche Werte ergeben sich auch fur die ubrigen mittel-lotischen Strande, wahrend die schwach lotischen noch etwas steiler sein konnen.

Im Gegensatz dazu andert sich das Profil des Weststrandes standig; so stieg der Hang an der Untersuchungsstelle im April 1966 (Abb. 16) unter einem Win- kel von etwa 5 o bis zur Mitte des Strandes an. Hier hatte das Wasser einen hohen Sandwall aufgeworfen, hinter dem eine typische Hochwanne ausgebildet war. Die Hochwasserlinie lag etwa 30 m vom Strandknick entfernt. Im Juli (Abb. 17) stieg dagegen der Sandhang unter einem Winkel von ungefiihr 2" fast gleich- maBig bis zum DunenfuB an, und die HWL befand sich 60 m vom Knick ent- fernt.

An den mittel-lotischen Stranden betragt der Abstand zwischen Strandknick und MHWL ziemlich konstant 13 -15, an den schwach lotischen Stranden 6-7 Meter.

111. Methodik Um die GesetzmaBigkeiten in der jahreszeitlichen Entwicklung zu erfassen, habe ich

drei Strande wiederholt bearbeitet. Es Bind dies der stark lotische Weststrand rnit 3 Pro- filen (April, Juli und September 1966), der mittel-lotische Strand vor der Litoralstation mit 11 Profilen (April 1965-Oktober 1966) und der schwach lotische Strand der Blidsel- Bucht mit 6 Profilen (Dezember 1965-Oktober 1966). Die ubrigen Stationen wurden im Sommer 1966 je einmal untersucht (Abb. 2).

Die Wattengebiete wurden wegen ihres lenitischen Charakters als Einheit behandelt. Die Auszahlung der Mikrofauna war hier wegen der sehr groBen Individuendichte und des grol3en Anteils feinster Bestandteile im Sediment besonders zeitraubend. Am eingehendsten habe ich das Watt vor der Litoralstation rnit drei Profilen von Miirz bis August 1966 bearbei- tet. Hier fuhrte Frl. G. TEUCHERT zur selben Zeit quantitativ-okologische Untersuchungen an Gastrotrichen durch; sie uberlieB mir fur einige der von mir bearbeiteten Arten Daten aus der Zeit von April 1965 bis April 1966.

Den Wattbiotopen der Stationen 2, 3, 6, 7 und 8 Bind nur einige wenige Proben ent- nommen, die in den Diagrammen zusammen mit den Ergebnissen fur den jeweiligen Sand- hang dargestellt sind. An den Stationen 4 und 5 habe ich Untersuchungen zur vertikalen Verteilung der Tiere im Watt durchgefuhrt. Die Sandbank ostlich des Hafens von List rnit besonders feinem Sediment ist nur qualitativ bearbeitet.

Zum Studium der raumlichen Verteilung des Mesopsammons wurden an den genannten Stationen P r o f i l e q u e r z u r W a s s e r l i n i e durch den Strand gelegt. Als ,,Nullinie" gilt immer der Strandknick. Dieser Stellt vor allem an Stranden mit vorgelagertem Watt eine scharfe Faunenscheide dar; er ist damit eine geeignetere Vergleichsbasis als die MNWL mit ihrer sehr unterschiedlichen Lage. I n der Vertikalen sind die Unterschiede zwischen Strandknick und MNWL ziemlich gering.

Eine weitere Moglichkeit zum Vergleich der verschiedenen Stationen bildet die MHWL. Die vom Strandknick bis zu ihr aufeinanderfolgenden Zonen Bind durch eine zunehmende Dauer der Exposition gekennzeichnet. Einander entsprechende Bereiche verschiedener Strande sind urn so breiter, je groBer der horizontale Abstand zwischen dem Strandknick und der MHWL ist.

Zur Gewinnung der Proben wurden im Sandhang in bestimmten Abstiinden Locher in den Sand gegraben. An ihrer senkrechten Wand konnten mit Hilfe von Glasrohrchen

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(Lange 11 cm, Durchmesser 3,G om, flacher Boden) S u b s t r a t z y l i n d e r v o n j e w e i l s 10 cm H o h e ausgestochen werden, die aufeinandergesetzt eine vollstandige Saule des Sedi- ments von der Oberflache bis zum Grundwasser ergeben.

I m Grundwasserbereich habe ich mit aufklappbaren Metallrohren (Lange 50- 80 cm, Durchmesser 4-5 em) gearbeitet, wie sie von der Biologischen Anstalt Helgoland zu Ben- thos-Untersuchungen verwendet werden. Diese wurden vom Niveau der untersten Glas- rohre in den wassergesattigten Sand getrieben, und die erhaltenen Substratkerne sofort in 10 cm lange Schichten zerlegt.

Im Sandwatt liegt bereits wenige Zentimeter unter der Oberflache eine durch ReS schwarz gefarbte, abiotische Schicht. Hier wurden Glasrohrchen eingestochen und durchschnittlich

A

n

B Abb. 3. Extraktionsapparatur, modifiziert nach UHLIG. A : Gesamtansicht ; 3: optischer Schnitt. e Seewassereis, g Gestell, gs Gummischlauch, gt Mullergaze, kl Klemme, p kleiiie

Petrischale, r Rohre, s Sandprobe, sw Seewasser, ii Uberlaufschale, w Watte

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die obersten 10 om des Substrates gewonnen. Die Proben stammen einheitlich von den ebenen Flachen, da die einige Zentimeter hohen SandbLnke sich von diesen in ihrer Faunen- zusammensetzung deutlich unterscheiden.

Nach Moglichkeit habe ich die Profile nus bei ruhigen Witterungsperioden und gunstigen Tiden gelegt. Es konnte nur in einem begrenzten Zeitraum vor und nach Niedrigwasser gearbeitet werden, um moglichst tiefe Schichten zu erreichen und um in ihrer Lage zum Grundwasserspiegel vergleichbare Proben zu erhalten. Ihre Zahl schwankte am typischen, mittel-lotischen Strand der Station 4 zwischen 50 und 70.

Von der Entnahme der Proben bis zur Auswertung verging hochstens eine Woche; dabei traten keine spurbaren VerLnderungen in der Zusammensetzung der Fauna auf.

Von jeder Probe wurden 50 om3 Sediment ausgewertet. Auf diese Substratmenge bezie- hen sich alle quantitativen Angaben der Arbeit. Zur Untersuchung der Tiefenverteilung im Watt muate mit der halben Menge gearbeitet werden. Hier habe ich die erhaltenen Werte auf 50 cm3 umgerechnet.

Fur die quantitative Extraktion der Mikrofauna wendete ich die Methode von UKLIG (1964, 1966) in leicht modifizierter Form an (Abb. 3a, b). Die Sandprobe wird geteilt und jede HIlfte in eine unten mit Mullergaze von 100- 150 pm Maschenweite bespannte Rohre gegeben, der verbleibende Raum mit Seewassereis gefullt. Eine Watteschicht zwischen Sand und Eis bewirkt eine gleichmal3ige Verteilung des heruntersickernden Schmelzwas- sers. Eine Petrischale mit Seewasser steht so unter der gefiillten Rohre, daB der Fliissig- keitsspiegel in Hohe der Gaze liegt. UHLIG verwendet VerhaltnismiiBig tiefe Kulturschalen und hebt die Rohre dem steigenden Wasserspiegel folgend an. Bei groBen Untersuchungs- reihen ist es arbeitstechnisch gunstiger, die Petrischale in eine zweite, grol3ere Schale zu stellen, in welche das Schmelzwasser ubertreten kann. Auf diese Weise ist es moglich, zahl- reiche Proben gleichzeitig anzusetzen und den ExtraktionsprozeB ohne weitere Kontrolle ablaufen zu lassen.

Die in dem Sediment enthaltenen Tiere werden durch das beim Abschmelzen des Eises entstehende Konzentrationsgefille ausgetrieben und sinken in der kleineren Petrischale meist rasch zu Boden. Die Auszlihlung erfolgt dann unter dem Binokular. Aktive Formen, insbesondere Turbellarien, gelangen hLufiger in die uberlaufschale, deren Inhalt regelmaBig durchgesehen werden muB.

Bestimmte Gruppen - vor allem Nematoden und Oligochaeten - verlassen nur zu einem Teil das Substrat. Es ist daher unbedingt erforderlich, jede Probe nach dem Schmelzen des Eises nochmals mit Seewasser kriiftig durchzuschutteln. Die zuruckgebliebenen Tiere lassen jetzt leichter los, werden mit dem Wasser dekantiert und gleichfalls ausgezlhlt. Bei Beach- tung dieser VorsichtsmaBregeln werden mindestens 90% der in der Probe enthaltenen Tiere erfai3t. Fur besonders empfindliche Formen (z. B. einige Turbellarien- und Gastrotrichen- Arten) eignet sich die Methode allerdings weniger. Diese Arten machen im vorwiegend bearbeiteten Sandhang jedoch nur einen kleinen Bruchteil der Fauna aus.

IV. Faktorengefiige Die ersten Arbeiten uber die im Sandstrand wirksamen physikalischen und chemischen

I m Untersuchungsgebiet von Sylt wurden die wichtigsten Komponenten dieses Umwelt- Faktoren liegen schon lange zuruck (BRUCE 1928).

gefuges bearbeitet ; die Ergebnisse sollen im folgenden dargestellt werden.

1. Korngrope

Das eulitorale Psammal von Sylt besteht aus weil3 bis gelb gefilrbten ,,Strandsanden" (GRIPP & SIMON 1940). Ihre KorngroBe habe ich uber zahlreiche Proben fur alle Stationen analysiert; in der Vertikalen betriiigt dabei der Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Proben 20 cm. 48 Internationale Revue, Bd. 53, H. 5

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Zur Bestimmung der KorngroBenklassen wurden durchschnittlich etwa 120 Gramm der getrockneten Proben 15 Minuten lang maschinell gesiebt. Die verwendeten 7 Siebe (Ma- schenweiten 2,O - 1,0 - 0,63 - 0,4 - 0,2 - 0,l und 0,063 mm) und die erhaltenen Frak- tionen entsprechen damit der bei KOSTER (1964) angegebenen DIN 4188 von 1957; die dor- tigen Bezeichnungen der einzelnen Fraktionen werden ubernommen.

Zur Wiedergabe der Ergebnisse sind sog. Summenlinien (,,courbes cumulatives" der franzosischen Autoren) mit halblogarithmischer Darstellung gewahlt. Aus den Diagrammen (Abb. 4- 12) lassen sich durchInterpolation einige fur dieBeurteilung vonGemischen wich- tige Kennzahlen entnehmen:

a) Z e n t r a l w e r t o d e r M e d i a n Md. Der Punkt der Summenlinie, von dem aus betrach- tet 50% des Sediments einen groberen, 50 yo einen geringeren Durchmesser besitzen.

b) Q u a r t i l e Q1 u n d Q3. Grenzen in entsprechender Weise das untere und das obere Viertel einer Probe ab.

c) S o r t i e r u n g s k o e f f i z i e n t So = l m n a c h TRASK (1932). Ma13 fur die Zusammen- setzung einer Probe aus Fraktionen verschiedener KorngroBe. Er betragt 1 bei vollig homogenem Sediment; je gro13er er ist, desto heterogener ist das Sediment in seiner Zu- sammensetzung.

In den Diagrammen sind jeweils die relativ feinste und die relativ grobste Probe eines Profils durch ihre Md-Werte gekennzeichnet. In der Regel liegen die Md-Werte aller ubrigen Proben innerhalb dieser Grenzen. Einzelne stark abweichende Ergebnisse wurden zusatzlich rtufgenommen.

a) W e s t s t r a n d (Abb. 4). Hier finden sich in unregelmlDiger Verteilung mittlere und grobe Sande, denen bis zu 20% Feinsand beigemengt sein konnen; die Md-Werte liegen zwi- schen 290 und 828 pm. I m allgemeinen sind die mittleren Sande fur die Brandungszone und den unteren Hang (Kurve 1) charakteristisch, wahrend grobe Sande (Kurve 5 ) den mitt- leren und oberen Hang aufbauen. Hier sind jedoch schmale Schichten von Mittelsand ein- gesprengt (Kurve 2). So: 1,22 bis 1,65.

b) L i t o r a l s t a t i o n (Abb. 5a, b). Sediment in horizontaler und vertikaler Richtung sehr einheitlich. Mittlere bis grobe Sande mit Md-Werten zwischen 447 und 559 pm, denen in der Regel weniger als 1% Feinsand beigemischt ist. So: 1,22-1,30.

63 100 200 400 630 1000 2000 ,urn

Abb. 4. KorngroBenverteilung. Weststrand. dn8: Md-Wert; Ql, Q3: Quartile 1 und 3; So : Sortierungskoeffizient

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I.

700

90

80.-

70-

I 8 60-

< 50 3 GLO-

30

20

10

733

-

- Nr. Sfelle d, 0, Q3 So 7 23m, 10cm 501 410 671 1,22

- 2 23m. 50cm 554 450 3 23m.710cm 525 418

--

- -___._.

-

-

1 I

Abb. 5 a. Korngrofienverteilung. Litoralstation, horizontale Richtung

Abb. 5 b. KorngroBenverteilung. Litoralstation, vertikale Richtung

c) B l i d s e l - B u c h t (Abb. 6). Ebenfalls relativ einheitlich aus mittlerem bis grobem Sand aufgebaut; die Md-Werte liegen zwischen 451 und 614 pm. Zwei der insgesamt 14 Pro- ben sind etwas feinkorniger (Md etwa 365 pm). Der Anteil a n Feinsand ist stets gering. So: 1,33-1,55. Als Besonderheit tritt eine lehmige, rot gefarbte Schicht auf, die nnter dem beschriebenen Sediment liegt. Sie wurde bei Proben im Bereich des unteren Hangs gelegent- lich erreicht.

d) E l l e n b o g e n (Abb. 7). Wenig einheitliche, grobe Sande mit Md-Werten zwischen 615 und 1120 pm. Im Bereich des Quellhorizontes ist das Sediment feinkorniger und ent- halt bis zu 6% Feinsand; im Hang treten in einigen Proben Feinkiesanteile bis zu 20% auf. So: 1,33-1,51.

48*

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734 PETER SCHMIDT

Abb. 6. KorngroRenverteilung. Blidsel-Bucht

Abb. 7. Korngroflenverteilung. Ellenbogen

e) H o r n u m (Abb. 8). Ziemlich einheitliche grobe Sande, untermischt mit Muschel- schill, welcher den Hauptteil der Bestandteile uber 2 mm Durchmesser ausmacht. M d : 697-1043 pm; So: 1,35-1,53.

f ) L i s t e r H a k e n (Abb. 9). Mittlere bis grobe Sande, denen vor allem im unteren Hang Feinsand beigemischt ist. Md-Werte zwischen 458 und 773 pm (eine Probe davon stirker abweichend); So: 1,34-1,44.

g) P u a n K l e n t (Abb. 10). Vorwiegend Mittelsand (Md 428 bis 572 pm), dem 1-3% Feinsand beigemischt sind. Aufbau des Hangs sehr einheitlich. 8,: 1,37- 1,44.

h) B r a d e r u p (Abb. 11). Der heterogenste aller untersuchten Striinde. Im unteren und mittleren Hang machen Fein- irnd Mittelkies bis zu 55% des Substrates aus. Md-Wert und

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I.

90

735

::+ /

- Nr Stelle d , Q, Qj So I lBm,gOcm 697 447 1046 733

20 30+ -

/ /I 400 630 1000 2000 gum

Abb. 8. KorngroBenverteilung. Hornum

Abb. 9. Korngrofienverteilung. Lister Haken

So lieBen sich hier nicht bestimmen. I m oberen Hang liegt der Anteil kiesiger Bestandteile dagegen unter 10%. Md-Wert (soweit berechenbar) 540-1184 pm; 8,: 1,42- 1,91. Die Proben enthalten bis zu 10% Feinsand und bis 2,5% Schluff. Besonders hoch ist der Anteil a n feinstem Material in einer Schioht weiden Kaolinsandes, welche unter dem analysierten Sediment liegt.

i) W a t t e n g e b i e t e (Abb. 12). I m Diagramm sind die Ergebnisse von Untersuchungen aus verschiedenen Wattengebieten zusammengefadt. Die beiden Proben aus dem Watt vor der Litoralstation bestehen zu uber 90% aus Mittelsand, dem nur wenig Feinsand bei- gemischt ist (Md 307 bzw. 345 pm; So: 1,25 bzw. 1,33). Die etwas grobere Probe charak- terisiert den vorderen Teil dieses Watts, die feinere entstammt den weiter auBen gelegenen, nur selten trockenfallenden Partien.

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736 PETER SCHMIDT

Abb. 10. KorngriiBenverteilung. Puan Klent

Abb. 11. KorngroBenverteilung. Braderup

Im Vergleich hierzu zeigt eine Probe aus dem Watt vor dem Lister Haken ( M d = 434 pm) eine wesentlich schlechtere Sortierung (8, = 1,58). Fein- und Grobsandanteil betragen je

Auf der ostlich der Litoralstation gelegenen Sandbank finden sich die feinsten aller unter- suchten Sedimente mit 50 -90% Feinsand, jedoch ohne nennenswerte Beimengungen von Schluff ( M d = 160 pm; 8, = 1,30).

Die HorngroBe des Sedimentes ist ein Ausdruck fur die IntensitM der Wasserbewegung. Die lenitischen Wattenfllichen besitzen generell ein erheblich feineres Sediment als die loti- schen Biotope des Sandhanges. Die Sortierung ist gut bis miiBig.

15 - 20%.

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 737

100

90

80

70

60 2 .? 50

E3 40

-r

t Nr. Stelle dm Q, QJ So

30 I s.Terf 760 127 216 $30 2 ** 307 243 386 7.25 3 .. 34.5 262 466 7 3 20

4 - 434 238 5M 738 10

63 700 200 400 630 7000 2000 ,urn

Abb. 12. Korngroibenverteilung. Wattengebiete. 1. Sandbank (St. 10) ; 2. Litoralstation, 10 m; 3. Litoralstation, 50 m; 4. Lister Haken, 90 m

Die Korngroibenverteilung des Sediments ist iiber IPngere Zeit ziemlich konstant. So gleichen die KorngroBenangaben von GERLACH (1953) fur eine am Weststrand der Insel bei Klapholttal gelegene Station und fur Station 2 meinen Ergebnissen vollig. Das gleiche gilt fur einige Werte von den Stationen 2, 3, 4 und 9 aus den Jahren 1963 und 1964, die mir J. DOMES zur Verfugung stellte. Kurzfristige und grundlegende VerPnderungen im Korn- groibenspektrum eines Strandes, wie sie von L m A s (1957) angegeben werden, scheinen demnach im Untersuchungsgebiet keine Rolle zu spielen.

2. Zusammensetzung des Sediments

Die Sande der Deutschen Bucht bestehen durchschnittlich zu iiber 90% aus Quam ( PRATJE 1931) ; die von ihm aus Sylter Gewiissern angefiihrten Proben weisen oft weniger als 1% an anderen Mineralien auf.

Ich habe nur den Kalkgehalt analysiert. Er liegt an fast allen Strlnden zwischen 0,5 und 2%. Eine Ausnahme macht der Strand siidlich von Hornum mit einem Kalkgehalt bis 6%. Der hohe Kalkanteil ist hier durch starke Anreicherung zertriimmerter Mollusken- schalen bedingt; er ist in der Regel in den groberen Praktionen hoher als in den feinen.

3. Detritusgehalt

Der Gehalt eines Sediments an Detritus (= partikuliire organische Substanz) hiingt stark vom Grad der Umlagerung ab und kann an einer gegebenen Stelle bei ruhiger bzw. sturmi- scher Witterung sehr verschieden sein.

Der Gehalt an Detritus wie an anorganischem Schluff ist in der Regel um so geringer, je lotischer ein Biotop ist. Er nimmt also vom stark lotischen Weststrand iiber die mittel- lotischen Stationen zu den schwach lotischen und lenitischen Biotopen hin zu. AuBerdem unterscheiden sich die verschiedenen Zonen eines gegebenen Strandes oft stark in ihrem Detritusgehalt ; dieser ist in der Tiefe des Sandhanges im allgemeinen hoher als in den ober- flachlichen Schichten.

WPhrend der Schluff das Porenvolumen v erringert und die Zirkulation herabsetzt, kann organischer Detritus sich als Nahrungsquell e giinstig auf die quantitative Entwicklung der Fauna auswirken (PENNAR 1951).

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7 38 PETER SCHMIDT

4. Porenvolumen

Das Porenvolumen wird vor allem durch die Sortierung des Sediments, sowie durch Form und Lagerung der Sandkomer bestimmt.

Setzt man annahernd kugelige Sandkorner einheitlicher GroOe voraus, so lassen sich fur die verschiedenen Moglichkeiten der Anordnung der Korner das Volumen des Porenraumes und die GroBe der den Tieren zur Verfiigung stehenden Lucken berechnen (BRUCE 1928, FRASER 1935, GRATON & FRASER 1935). Das Porenvolumen betragt 25,95% bei dichtester, 47,64y0 bei lockerster Packung. Die recht heterogenen Sedimente im Sandstrand von Sylt eignen sich jedoch wenig fur derartige Berechnungen.

Ich habe das Porenvolumen nach der bei DAVANT & SALVAT (1961) angegebenen Methode (Trocknen der Probe bei 110" zur Bestimmung des Wassergehalts; Ermittlung des Volu- mens des Sandes durch Wasserverdrangung in einem MeBzylinder) bestimmt. Bezogen auf das Gesamtvolumen der Probe liegen die Werte i. a. zwischen 33 und 38%. Nur an der Station 7 bei Braderup sind sie deutlich niedriger (30-32y0). Hierin driickt sich wahrschein- lich der hohe Anteil an Feinsand im Sediment aus.

Die interstitielle Fauna findet somit im Untersuchungsgebiet infolge der betrlchtlichen GroBe des Porenvolumens gunstige Siedlungsbedingungen.

5 . Wassersattigung

I m Wassergehalt des Sandhanges treten - vor allem an Meeren mit Gezeiten - charak- teristische Veranderungen auf. Der Grad der Wassersattigung hangt einmal von der Dauer der Exposition, zum anderen von der Art des Sediments und von der Neignng des Hanges ab (CALLAME 1963).

MHWL /

Abb. 13. Zonen gleicher Wassersattigung innerhalb eines Strandes bei Niedrigwasser (Schema, in Anlehnung an CALLAME 1963)

Aus dem Zusammenspiel dieser Faktoren ergeben sich bei Niedrigwasser schrag zur Oberflache des Sandhangs verlaufende Zonen gleicher Wassersattigung (Abb. 13). Nach zahlreichen Bestimmungen des Feuchtigkeitsgehaltes gilt dieses Schema fur alle untersuch- ten Strandtypen. Bereiche mit vergleichbarer Wassersattigung liegen im oberen Hang stets tiefer als im mittleren und unteren Hang.

Es ergibt sich insbesondere ein scharfer Unterschied zwischen dem standig mit Wasser gesattigten Bereich des typischen Kustengrundwassers und der dariiber gelegenen Feucht- sandzone. Nur im unteren Hang und in den Wattbiotopen ist das Sediment in ganzer Tiefe stets wassergeslttigt.

Das K i i s t e n g r u n d w a s s e r gliedert sich nochmals in zwei Zonen, niimlich 1. das marine Kustengrundwasser des mittleren Hangs und 2. das f brackige Kiistengrundwasser im oberen Hang.

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 739

Die F e u c h t s a n d z o n e ist in ahnlicher Weise zu gliedern. Der Teil bis zur MHWL wird regelma0ig von der auflaufenden Flut erreicht und ist daher zweimal am Tag weitgehend wassergesattigt ; Reste der eingedrungenen Luft konnen dabei i n den Poren zuruckbleiben. Dieser gezeitenperiodischen Feuchtsandzone steht die permanente Feuchtsandzone im oberen Hang gegeniiber; sie wird nur in unregelmaBigen Abstanden von hohen Fluten iiber-

Die oberflachlichen Schichten der gesamten Feuchtsandzone konnen im Sommer bei hohen Temperaturen stark austrocknen. I n den oberen 10 Zentimetern des Sediments sind dann oft nur noch 5- 10% des Porenraums mit Wasser gefullt. Vollige Austrocknung der obersten Schichten ist moglich.

Die so gewonnene Untergliederung im Bereich des Grundwassers und der Feuchtsandzone gilt fur alle Strande; sie ist daher in das allgemeine Strandschema (Abb. 1) aufgenommen. Die Ausdehnung der verschiedenen Zonen hlngt von der Breite des gesamten Strandes und von dessen Neigung ab.

Die geschilderten Verhaltnisse werden dadurch kompliziert, daB die Wasserbewegungen in unterschiedlichen Teilen des Strandes zur selben Zeit vollig verschieden sein konnen. Nach eingehenden Untersuchungen von EMERY & FOSTER (1958), DAVANT & SALVAT (1961) und RENAUD-DEBYSER (1963) senkt sich der Grundwasserspiegel bei auflaufendem Wasser in den oberen Teilen des Strandes noch llingere Zeit. Der Porenraum wird dort weniger durch den Anstieg des Grundwassers als durch uberflieBendes und versickerndes freies Wasser gefiillt. Bei eigenen Beobachtungen im Bereich der MHWL an der Station 4 wurde an einer Stelle, welche die auflaufende Flnt gerade erreichte, das Grundwasser in uber 40 cm Tiefe angetroffen.

spUlt.

6. Temperatur Auch bei Betrachtung der Temperaturverhliltnisse ergeben sich bedeutende Unterschiede

zwischen den einzelnen Zonen des Strandes. RegelmiiIjige Messungen wurden a m Strand vor der Litoralstation durchgefuhrt ; sie wurden durch einige Angaben der Meteorologischen Station in List erganzt (Tab. 1).

Tabelle 1. Jahreszeitliche Unterschiede zwischen den Ex- tremwerten der Temperatur im freien Wasser und den ver- schiedenen Zonen des Sandstrandes wahrend der Unter-

suchungszeit

Strandzone Temperaturschwankung ("C)

freies Wasser schmales Sandwatt unterer Hang mittlerer Hang, Oberflache oberer Hang, Oberflache marines Kustengrundwasser f brackiges Kiistengrundwasser

20 - 22 20 - 25 20-25 20-25 25 - 35 14-16 14-16

Der Gang der Temperatur des freienwassers bei List (April 1965-Oktober 1966) ist in Abb. 14 wiedergegeben. Es handelt sich dabei um Mittelwerte von jeweils 20tigigen Peri- oden. Im Sommer werden Temperaturen von knapp 18 "C erreicht, an einzelnen Tagen auch 19-20 "C. Im Winter 1965/66 lagen die Temperaturen von Anfang Januar bis Ende Fe- bruar unter 0 "C und erreichten -1,6 "C. Charakteristisch ist ferner ein sehr starker An- stieg im Friihjahr, der 1966 innerhalb von 14 Tagen 8 "C betrug. Er erfolgte 1966 einige Wochen spater als 1965.

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740 PETER SCHMIDT

, , , , , , . i f , , , , , , ,

-2

-4 l r P B m I l r x x r J 7 f I I I l e P H m I l r x H

Abb. 14. Gang der Temperatur im freien Wasser bei List wiihrend der Untersuchungszeit

1965 I 1966

Wesentlich stiirkere Schwankungen der Temperatur ergeben sich im Sandhang, und zwar sowohl wahrend des Jahres als auch im Verlauf eines Tages. BRINCR, DAHL und WIE- SER (1955) zeigten an einem besonders instruktiven Beispiel, daB die tiiglichen Schwankun- gen an der Oberfliiche des Sediments besonders groB Bind und zur Tiefe hin abnehmen.

Auch im Untersuchungsgebiet sind die jiihrlichen Schwankungen an der Oberfliiche groBer als in der Tiefe. I m Sommer wurden in noch nicht vollig trockenem Oberfliichensand in der Nahe der MHWL Temperaturen bis zu 27 "C gemessen; im Winter sanken am Erdboden die Temperaturen bis auf - 8 "C. Die jahreszeitlichen Unterschiede zwischen den Extrem- werten der Temperatur sind hier also erheblich groBer als im freien Wasser. Die geringsten Temperaturschwankungen aller untersuchten Lebensriiume weist das Kiistengrundwasser auf.

7. Salzgehalt

Uber die Variabilitit der SalzgehaltsverhLltnisse im Sandstrand liegen zahlreiche Unter- suchungen vor (u. a. BRUCE 1928, SCHULZ 1940, GERLACH 1953, NOODT 1957, DELAMARE DEBOUTTEVILLE 1960).

Die Schwankungen des Salzgehaltes werden allgemein mit zunehmender Entfernung von der Wasserlinie groBer. I n den oberflachlichen Schichten kann es zur Niedrigwasserzeit bei Regenfiillen zu weitgehender AussiiBung, bei hohen Temperaturen umgekehrt infolge der Verdunstung zu einem betriichtlichen Anstieg des Salzgehalts kommen (GERLACH 1953). Nach SKJWELL (1927) sind auBerdem Konzentrationserhohungen als Folge der starken Adsorption von Ionen an der Oberflache der Sandkorner moglich.

Im K i i s t e n g r u n d w a s s e r ist der marine Bereich des mittleren Hangs verhaltnismiiDig stabil; das Grundwasser jenseits der MHWL ist dagegen starken Schwankungen unterwor- fen. Bei Springfluten gerat der obere Hang ganz unter marinen EinfluB und weist normale Salzgehaltswerte des freien Wassers auf. Umgekehrt dringt bei Nipptiden das unter der Insel gelegene suBe Grundwasser meerwarts vor, W ~ S zu einer volligen AussiiBung des Grund- wassers im oberen Hang fuhren kann.

Einige MeBwerte sind in Tabelle 2 u. 3 zusammengestellt. Die Grundwasserproben (Tab. 2) wurden konduktometrisch durch die Biologische Anstalt Helgoland bestimmt, der

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 741

- 12,35 28,59 4,20 0,89

Salzgehalt des Porenwassers der Feuchtsandzone (Tab. 3) durch Titration nach Mom und Umrechnung iiber die KmrDsEN-Tabelle.

0,75 28,37

0,03 -

Tabelle 2. Salzgehalte (in im Grundwasser am Strand vor der Litoralstation

- 25,95 -

27,15

Datum

29,23 29,54 - 27,44 - 26,50

26,15 28,02

August 1905 Dezember 1965 April 1966 November 1966 (W. WESTHEIDE)

26,5 16,6 22,2 24,4 30,3 10,2 -

Entfernung vom Strandknick (m)

I 23 13 15 18 I lo I (MHWL)

31,3 20,3 23,4 27,5

fehlt 794

10,5

Am schmaleren Strand in der Blidsel-Bucht liegt die Grenze zwischen den beiden Grund- wassertypen entspreohend weiter seewiirts. Bei Messungen im April 1966 betrug hier der Salzgehalt in 5 Meter Entfernung vom Strandknick 17,67%,, an der 7- bzw. 10-Meter- Marke 0,6 bzw. 0,5°/00.

Zwischen zwei Bereichen mit relativ konstanten Bedingungen, dem marinen Kusten- grundwasser im mittleren Hang und dem sul3en Grundwasser unter der Dune, befindet sich eine Zone, in der der Salzgehalt zwischen 0 und 30°/,, schwanken kann (brackiges Kusten- grundwasser).

Im Bereich der Feuchtsandzone sind die Verhaltnisse sehr wechselnd. ttber einem weitgehend ausgesul3ten Grundwasser kann das Porenwasser noch einen hohen Salzgehalt aufweisen (Tab. 3).

Tabelle 3. Salzgehalte (in in der Feuchtsandzone am Strand vor der Litoralstation im Juni 1966. Die jeweils

tiefste Probe liegt im Grundwasser

Tiefe in cm

0- 10 20- 30 40- 50 60- 70 80- 90

100-110 120- 130

Entfernung vom Strandknick (m) 13 15 18 23

gezeitenperiodische permanente Feuchtsandzone Feuchtsandzone

8,7 13,l 20,8 19,l 8,5 3,3 291

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742 PETER SCHMIDT

8. Xauerstoff Die Sauerstoffverhaltnisse sind infolge methodischer Schwierigkeiten der 0,-Bestimmung

im Grundwasser und in der Feuchtsandzone bis heute nur unvollkommen bearbeitet. Fruher bediente man sich im allgemeinen einer mehr oder weniger gut an die besonderen Bedingun- gen der Sandbiotope angepaBten WINKLER-Methode. Entsprechende Angaben und Ergeb- nisse finden sich vor allem bei Fox & WINGFIELD (1938), ANGELIER (1953), ERIKSEN (1963) und BRAFIELD (1964), erganzende Daten bei RENAUD-DEBYSER (1963).

Gegenuber der WINKLER-Methode scheint eine in der Bodenkunde verwendete Technik (LEMON & ERICKSON 1952) gunstiger zu sein. Mit Hilfe einer Platin-Mikroelektrode wird die Diffusionsrate des Sauerstoffs an Ort und Stelle gemessen. Untersuchungen an den

MHWL

I /

Abb. 15. Verfugbarer Sauerstoff im Strand an der Litoralstation (0,-Diffusionsrate in g x lo-' X X min-1; Messungen von W. WESTHEIDE, Ende Oktober 1967)

Tabelle 4. Diffusionsrate des Sauerstoffs (g x lo-' x x min-I) am Strand vor der Litoralstation Anfang Okto ber 1967. Unterste Probe : Grundwasser-

spiegel -

I Tiefe (cm)

0 15 30 45 60 75 90

2 Entfernung vom Strandknick (m)

5 7 10 18

3,7 14,7 10,4 12,4 10,l - -

23

583 15,7 10,2 935

13,7 19,3 18,8

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 7.23

gezeitenlosen Stranden des Mittelmeers (JANSSON 1966a, b) und der Ostsee (FENCHEL, JANSSON & VON THUN 1967) ergaben iibereinstimmend eine starke Abnahme des verfug- baren Sauerstoffs von der Feuchtsandzone zum standig wassergesattigten Grundwasser- bereich.

Auf Sylt fuhrten W. WESTHEIDE und ich am Strand vor der Litoralstation und in der Blidsel-Bucht entsprechende Messungen durch (Abb. 15, Tab. 4).

Auch hier ergibt sich eine Abnahme in den Grundwasserbereich, die jedoch wesentlich geringer ist als a n den gezeitenlosen Stranden. Die Ursache hierfur ist wahrscheinlich in den starkeren Wasserbewegungen im Sediment zu suchen. Dennoch ist verstlndlich, daB im Grundwasser ungiinstigere Sauerstoffverhiltnisse herrschen als in der Feuchtsandzone. Hier dringt bei Niedrigwasser Luft in das Sediment ein und diffundiert in das die Sandkorner umgebende Porenwasser. I m Kustengrundwasser ist der Porenraum dagegen stets mit Wasser gefullt; der verbrauchte Sauerstoff kann nicht auf die beschriebene Weise ersetzt werden.

Bisher ist es noch nicht moglich gewesen, tiefer als etwa 10 cm in den Grundwasser- bereich vorzudringen oder wahrend der Flutperiode in tieferen Schichten Messungen durch- zufuhren. Hierbei konnten sich moglicherweise niedrigere Werte fur den verfugbaren Sauerstoff ergeben.

Die niedrigen Werte nahe der Oberflache sind offenbar darauf zuruckzufuhren, da13 in relativ trockenem Sand nicht die ganze Oberflache der Elektrode mit Wasser bedeckt ist. Es werden dann geringere Werte gemessen als sie tatsachlich vorliegen. Einen Hinweis fur die Richtigkeit dieser Annahme gibt der Oberflachenwert an der 18-m-Marke in Abb. 15. Hier war nach starkerem Regen der Wassergehalt hoch; die Messung ergab daraufhin Sauerstoffmengen, wie sie sonst in den tieferen Schichten der Feuchtsandzone ublich sind. Fur den Unterschied zwischen Feuchtsandzone und Grundwasser bleiben diese Ungenauig- keiten belanglos.

I m sandigen Watt vor der Litoralstation sind die vorderen Abschnitte offenbar noch relativ gut durchluftet ; die durch ausgefalltes FeS schwarz gefarbte Reduktionsschicht liegt hier mitunter mehr als 10 cm tief. I n dem zum Sublitoral uberleitenden Teil dieses Wattes und in den mehr schlickigen Wattgebieten liegt diese Schicht dagegen nur 1-3 om unter der Oberflache. Hier liegt nach den Messungen praktisch kein freier Sauerstoff mehr vor.

Die Messungen im Sandhang in der Blidsel-Bucht ergaben Lhnliche Werte wie die am Strand vor der Litoralstation. Auch hier ist im Grundwasser die 0,-Diffusionsrate etwas niedriger als in der Beuchtsandzone.

9. pH-Wert

Der pH-Wert ist kein begrenzender Faktor fur die Entwicklung des Mesopsammons

Nach Prufungen mit Indikatorpapier liegt im Untersuchungsgebiet der pH-Wert des interstitiellen Wassers generell etwas niedriger als der des freien Wassers. Dies entspricht den in der Literatur vorliegenden Angaben, welche fur den limnischen und fur den marinen Bereioh prinzipiell gleich sind ( WISZNIEWSKY 1934, PENNAK 1951, RENAUD-DEBYSER 1963 u. a.). RENAUD-DEBYSER gibt fur einen Strand bei Arcachon einen pH-Wert von 7,80 gegenuber 8,18 im freien Wasser an.

IDELAMARE DEBOUTTEVILLE 1960).

10. Licht

Die ionale Zusammensetzung des Milieus beeinflufit die Resistenz der darin enthaltenen Organismen gegen schadigende Einflusse des Lichtes (STAUDER 1942). Innerhalb des Sand- strandes spielt das Licht keine direkte Rolle als begrenzender Faktor fur die Verbreitung

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744 PETER SCHMIDT

der interstitiellen Fauna, da es nur wenige Millimeter tief in das Sediment eindringt (HOFF- MANN 1942, 1949, PENNAK 1951, TAYLOR 1964, TAYLOR & GEBELEIN 1966).

Eine indirekte Wirkung des Lichtes ist moglicherweise wichtiger. Die vielen Tieren als Nahrung dienenden Diatomeen werden infolge des starken Lichtabfalls zur Tiefe des Sedi- ments auf dessen oberflachliche Schichten beschrankt. Dadurch konnten vertikale Unter- schiede in der Siedlungsdichte des Mesopsammons hervorgerufen werden.

11. Nahrungsangebot Als Nahrungsquelle fur die Primarkonsumenten kommen neben der gelosten organischen

Substanz und dem Detritus vor allem B a k t e r i e n u n d D i a t o m e e n in Betracht. PEARSE, HUMM & WHARTON (1942) geben fur verschiedene Stellen eines Strandes in North Carolina 648000, 147000 und 45000 Bakterien pro em3 Sediment an. Auch fur Diatomeenpopula- tionen finden sich in der Literatur auBerordentlich hohe Angaben. So nennt GRBNTVED (1949) als Durchschnittswert fur 38 untersuchte Proben aus den danischen Wattengebieten 161000 Zellen pro em3 (davon 94000 mit Chromatophoren), wahrend BROCKMANN (1935) im Jadebusen fur Schlickbiotope bis zu 438000 Zellen pro em3 angibt. SANDERS, GOUD- SMIT, MILLS & HAMPSON (1962) fanden bis zu 900000, MOUL &MASON (1957) gar 500000 bis 9 Millionen Diatomeen pro em3. In diesen Fallen handelt es sich offenbar um Oberflachen- proben, bei denen die Diatomeen in dichten Schichten ubereinander auf dem Substrat vor- kommen. WEBB (1956) beobachtete eine starke Abnahme der Diatomeen wiihrend der kal- ten Jahreszeit.

Quantitative Untersuchungen uber die Diatomeenbesiedlung im Sandstrand von Sylt liegen bisher nicht vor, doch konnen einige qualitative Angaben gemacht werden. In grol3er Zahl treten Diatomeen im unteren Hang und vor allem im Watt auf, wo sie im Som- mer dichte brgunliche Sedimentuberzuge bilden. In tieferen Schichten werden Diatomeen nur in geringer Zahl angetroffen. Dies steht im Einklang mit der Bedeutung des Lichtes fur ihreEntwicklung. Die quantitative Verteilung der Bakterien ist inzwischen von WESTREIDE (1968) untersucht worden.

V. Be si e d l u n g s di c h t e , V e r t e i l u n g un d P o p ul a t i o n s - d y n a m i k der g e s a m t e n M e t a z o e n - F a u n a

Die Untersuchungen stiitzen sich auf die Auszahlung von iiber 1500 Proben mit mehr als 350000 Tieren.

Alle Angaben zur Verteilung der Tiere im Hang beziehen sich auf die Zeit des tiefsten Grundwasserstandes. Jahresperiodische und gezeitenabhtingige Unter- schiede in der Tiefenverteilung werden spater behandelt (Kapitel VII und VIII).

1. Erlauterungen der Diagramme

Fur die graphische Darstellung werden stark schematisierte und iiberhohte Profile der einzelnen Strandtypen verwendet. Der Maastab in der Horizontalen ist nicht einheitlich ; in der Regel sind im Watt und im oberen Hang die Entfer- nungen starker verkiirzt als im unteren und mittleren Hang. Der reale Abstand der Proben vom Strandknick ist an der Basis der Diagramme in Metern ange- geben. Eine dicke Linie bezeichnet die Oberflache des Substrates, eine gestri- chelte Linie (G) annahernd die Lage des Grundwasserspiegels. Die Probenorte sind durch diinne senkrechte Linien gekennzeichnet ; die angetragenen Quer- striche markieren Tiefenstufen in Abstanden von 10 zu 10 cm. Ferner sind die mittlere Niedrigwasserlinie (MNWL) und die mittlere Hochwasserlinie (MHWL) angegeben, am Weststrand wegen starker Schwankungen nur die jeweils letzte Hochwasserlinie (HWL).

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 745

Die Bes ied lungsd ich te wird durch Kreise mit folgenden Symbolen dar- gestellt :

51- 100 Tiere 1- 5 Tiere

101- 250 Tiere

251- 500 Tiere

0 0

26-50 Tiere 0 0

0 0 03

6-10 Tiere

11 - 25 Tiere

501 - 1000 Tiere

uber 1000 Tiere

Bei negativem Resultat fiillt der Kreis an der markierten Probenstelle aus. Die Kreise stehen normalerweise auf den senkrechten Linien, bei der Dar-

stellung der Gesamtfauna eines Profiles links davon. Hier ist in einem zweiten Kreis - rechts neben dem ersten - d e r p r o z e n t u a l e An te i l d e r w ich t ig - s t e n sys t ema t i schen G r u p p e n fur jede einzelne Probe angegeben. Dabei gelten fur die verschiedenen Gruppen folgende Symbole : = Turbellaria Oligmhaeta cwg Gastrotricha Tardigrada

1-1 Nematodes .-;:::;: Copepoda mi Rotatoria [=I Ostracoda

.v.. ....A *.* polychaeta @@@I *cari

[-J Sonstige

Eine einzelne Gruppe wird nur dann gefiihrt, wenn ihr Anteil wenigstens 10%

In entsprechender Weise werden bei manchen Arten GroBenklassen ( = dlters- der Gesamtfauna betragt. Andernfalls gehort sie zur Rubrik ,,Sonstige".

klassen) mit folgenden Symbolen unterschieden :

groBe (= alte) Tiere

mm[ mittelgroBe Tiere

Fi kleine (= junge) Tiere

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746 PETER SCHMIDT

Im ersten Fall unterbleibt die Aufschlusselung, wenn eine Probe nicht mehr als 25 Tiere enthalt, im zweiten, wenn weniger als 5 Tiere einer bestimmten Art in der Probe angetroffen wurden.

Uber den Profilen jeder Station werden in einem grollen Kreis diese Ergeb- nisse fiir den gesamten Strand zusammengefaBt. Darin sind alle Gruppen be- riicksichtigt, deren Anteil an der Fauna 5% iiberschreitet. An den Stationen 2, 3, 7 und 8 werden diese Werte fur Watt und Sandhang getrennt in zwei Krei- sen dargestellt. An der Litoralstation ist das Watt gesondert behandelt. Jedee Diagramm enthiilt hier die Ergebnisse aller zur Untersuchungszeit gelegten Profile. Im Diagramm zur Gesamtfauna stehen die zu einer Probe gehorenden beiden Kreise in diesem Fall untereinander. Dabei mullten einzelne Proben ausgelassen werden ; sie sind im Text beriicksichtigt.

Die Zahl der in einem Profil gefundenen Tiere und die der ausgewerteten Proben ist neben den groBen Kreisen angegeben. An der Litoralstation und am Weststrand variiert die Probenzahl in den verschiedenen Profilen etwas, ent- sprechend den Unterschieden im Grundwasserspiegel. Diese Differenz kann jedoch vernachlassigt werden, da sie auf relativ schwach besiedelte Proben aus den tieferen Schichten zuriickgeht.

Fur jede der untersuchten Arten bzw. Gruppen konnen nur wenige charak- teristische Diagramme gezeigt werden. Die Ergebnisse der iibrigen Untersuchun- gen und die genauen Zahlen zu allen Diagrammen konnen zur Verfiigung gestellt werden.

2. Besiedlungsdichte a) W e s t s t r a n d (Abb. 16-18). Im April 1966 ist die Individuendichte mit

4259 Tieren in 93 Proben sehr niedrig. Selten sind mehr als 100, nur einmal uber 200 Tiere in 50 cm3 Substrat enthalten. Die Fauna konzentriert sich etwas an zwei Punkten, einmal unterhalb der MNWL, zum anderen im oberen Hang. Hier und im mittleren Hang halten sich die Tiere vorwiegend in der Feuchtsand- zone auf. Der Grundwasserbereich ist deutlich schwacher besiedelt (maximal 62 Tiere in 50 cm3 Sediment). Die oberflachlichen Schichten - unter dem Ein- flull tiefer Temperaturen - sind in der Regel ebenfalls weniger bewohnt als die etwas geschiitzteren tieferen Zonen. Der dem Diinenfull am niichsten gelegene Probenort beherbergt mit durchschnittlich etwa 4 Tieren je Probe nur eine sehr individuenarme Fauna.

Im Juli und September 1966 ist das Mesopsammon mit 18727 bzw. 15385 Tieren (80 bzw. 77 Proben) vie1 starker entwickelt. Die Zahl von 500 Tieren pro 50 cm3 wird haufig iiberschritten ; in einzelnen Proben sind mehr als 1000 Tiere enthalten. In der Horizontalen treten die Konzentrationsunterschiede zuruck. Noch am obersten Probenort bei 65 m werden zahlreiche Tiere ange- troffen, was vielleicht auf das zu diesen Zeiten flachere Profil des Hanges und das damit verbundene Vordringen des marinen Einf hisses bis nahe an den Dunen- full zuriickgefiihrt werden kann. Die grollte Individuendichte findet sich jedoch im unteren Hang mit der Quellregion.

In der Vertikalen ist auch fur die Sommerprofile die Haufung der Fauna in der Feuchtsandzone und ihre Zuriicktreten im Kustengrundwasser charakteri- stisch. Voll wassergesattigte Schichten sind nur im unteren Hang und in der sublitoralen Brandungszone stark besiedelt.

b) L i t o r a l s t a t i o n (Abb. 19-25). Bei prinzipiell gleichartigen Gesetz- malligkeiten sind die Verteilungsmuster im ganzen konstanter.

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 747

I \ I - I

49 Internationale Revue, Bd. 63, €I. 5

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Abb

. 18

. G

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na. W

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66

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 749

Abb. 19. Gesamtfauna. Litoralstation, April 1965

0 2 5 7 10 13 18

Abb. 20. Gesamtfauna. Litoralstation, Juni 1965 40'

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750 PETER SCHMIDT

Abb. 21. Gesamtfauna. Litoralstation, Oktober 1965

-G

0 2 5 7 10 13 23 m

Abb. 22. Gesamtfauna. Litoralstation, Dezember 1965

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 751

Abb. 23. Gesamtfauna. Litoralstation, April 1966

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752 PETER SCHMIDT

MNWL

I 4-

Abb. 25. Gesamtfauna. Litoralstation, Oktober 1966

Die Besiedlungsdichte liegt im Durchschnitt hoher als am Weststrand und zeigt weniger groBe Schwankungen im Jahresablauf. Auch zur Zeit der gering- sten Individuenzahl (April 1966) sind in etwa einem Drittel der Proben uber 100, in einer Probe sogar mehr als 1000 Tiere enthalten.

Eine besonders reiche Fauna tritt stets in den oberflkchennahen Xchichten des unteren Hangs auf. Hier treffen besonders giinstige Faktoren zusammen : die Schwankungen von Temperatur und Salzgehalt sind gering, trotz weitgehender Wassersattigung ist als Folge der Oberflachennahe geniigend Sauerstoff vor- handen, und das Nahrungsangebot ist groB (lebende Diatomeen, organischer Detritus).

Im mittleren und oberen Hang ist in allen Profilen der Grundwasserbereich im Vergleich zu der daruberliegenden Feuchtsandzone quantitativ stark ver- armt (Tab. 5).

Tabelle 5. Vergleich der Individuendichte von Feuchtsandzone und Grund- wasser an der Litoralstation. Die Werte von der 13- und der 18-m-Marke sind

zusammengefaBt

I Feuchtsandzone Datum

~ zahl

10. 1965 9166 399 10. 1966 1 5929 1 tz 1 269

Kustengrundwasser - .

zahl

64 14 73 18

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Verteilurig und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 753

Die eindrucksvollsten Beispiele stammen vom Oktober (Abb. 21), wo an der 13- und 18-m-Marke in der Feuchtsandzone teilweise mehr ale 1000, im Grund- wasser oft weniger als 5 Tiere pro Probe auftreten. Es liegt nahe, dies durch die Unterschiede in der Sauerstoffversorgung zu erklaren, auch wenn ein Mitwirken andarer Faktoren nicht auszuschlieBen ist.

Mit dem e x t r e m e n Abfa l l d e r Bes i ed lungsd ich te von d e r F e u c h t - s andz one z u m Kus t engrundwa s se r wird eine GesetzmiiBigkeit erfaBt, die infolge des Mangels quantitativer Untersuchungen bisher weitgehend unbeachtet blieb. Sie hat offensichtlich iiber das Sylter Gebiet hinaus allgemeine Giiltigkeit, denn auch RENAUD-DEBYSER (1963) konnte im Becken von Arcachon und auf Bimini die stiirkste Faunenkonzentration in den oberen Schichten der Feucht- sandzone nachweisen. FENCHEL, JANSSON und VON THUN (1967) fanden an einem gezeitenlosen Strand nordlich von Helsingor gleichfalls eine Abnahme der Individuendichte zur Tiefe.

Am obersten Probenort, 23 m vom Strandknick entfernt, ist die Individuen- zahl in allen 11 Profilen sehr gering. Wiihrend der Untersuchungszeit fanden sich nur in drei Proben mehr als 100 Tiere. Hierfiir ist sicher der betriichtliche Abstand von der MHWL und der infolgedessen geringe marine EinfluB verant- wortlich zu machen.

Die oberflachlichen Schichten des Sandhangs zeigen im Lauf des Jahres eine recht unterschiedliche Besiedlung. I n den kalten Monaten sind die Individuen- zahlen gering, im Sommerhalbjahr gewohnlich hoher. Jedoch kann hier auch in den Sommermonaten die Individuendichte zuriickgehen, wahrscheinlich als Folge zunehmender Austrocknung.

c) B l idse l -Buch t (Abb. 26-29). Auch am schwach lotischen Strand zeigt sich das beschriebene charakteristische Verteilungsmuster. Allerdings ist die Besiedlung des unteren Hanges hier geringer. Die erwiihnte lehmige Schicht diirfte hierfiir verantwortlich sein.

I n der Feuchtsandzone des mittleren und der sich anschlieaenden Teile des oberen Hangs treten die stiirksten Konzentrationen der Fauna auf. I m Oktober 1966 habe ich in einer Probe iiber 1100 Tiere geziihlt. Am obersten Probenort (10 m vom Knick) ist die Individuenzahl wiederum sehr gering. I m unteren Hang werden stets die obersten 10 cm bevorzugt.

Bhnlich wie am Weststrand und an der Litoralstation ist die Individuendichte in den oberflachlichen Schichten des mittleren und oberen Hangs im Winter gering, wahrend sie im Sommerhalbjahr hoher liegt.

d) An den S t a t i o n e n 2, 3, 7, 8 u n d 9 (Abb. 30-34) bestiitigt sich mit klei- nen ortlichen Unterschieden das bisher gewonnene Bild. Besonders der untere Hang ist in der Regel sehr stark besiedelt. Der Strand von Braderup bildet eine Ausnahme; wie erwiihnt, ist hier das Sediment im unteren Hang LuBerst hetero- gen mit hohem Schluffgehalt.

e) W a t t e n g e b i e t e (Abb. 31-34, 35). Die lenitischen Sandwatten zeigen von allen untersuchten Lebensriiumen die hochste Besiedlungsdichte. Beson- ders in den Sommermonaten enthalten die meisten Proben iiber 500 Tiere; viel- fach werden Werte von mehr als 1500 Tieren pro 50 cms erreicht. Die Mittel- werte aller Proben betragen im MarzlApril 622 Tiere (34 Proben), im Juni 804 (25 Proben) und im August 1966 sogar 963 Tiere (24 Proben).

Bezogen auf 1 m2 Bodenfliiche ergeben sich in fast allen Biotopen sehr hohe Werte. Im Watt liegen sie bei den genannten Durchschnittswerten fur Miirzl

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754 PETER SCHMIDT

0 7 2 3 4 5 7 TO rn

Abb. 26. Gesamtfauna. Blidsel-Buoht, Dezember 1965

MNWL

I c--

Abb. 27. Gesamtfauna. Blidsel-Bucht, April 1966

Abb. 28. Gesamtfauna. Blidsel-Bucht, Juni 1966

MNWL

Abb. 29. Gesamtfauna. Blidsel-Bucht, Oktober 1966

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Berteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. 1. 755

50 20 10 5 2 a 2 5 7 TO

Abb. 30. Gesamtfauna. Ellenbogen, Juli 1966

Abb. 31. Gesamtfauna. Lister Haken, Juni 1966

Abb. 32. Gesamtfauna. Braderup, August 1966

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756 PETER SCHMIDT

6 859 fiere

3g Proden 0 ,

G

30 20 10 5 2 1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 m

Abb. 33. Gesamtfauna. Puan Klent, August 1966

7 0 5 2 1 0 7 2 3 5 7 10 13 18 23m

Abb. 34. Gesamtfauna. Homum, September 1966

April bei 1244000, fur Juni bei 1608000 und fur August 1966 bei 1926000 In- dividuen pro m2, bezogen auf die obersten 10 cm des Sediments. An den am dichtesten besiedelten Stellen ergeben die Mittelwerte von je drei aufeinander- folgenden Proben Zahlen von 2794000 und 3100000 Tieren pro m2. Dabei sind in diesen Angaben die Protozoa - besonders die im Sommer in ungeheurer Zahl vertretenen Ciliaten - nicht enthalten.

Im Sandhang sind entsprechende Angaben nicht mit der gleichen Genauigkeit moglich. Ein Mittelwert von Proben in 13 und 18 m Entfernung vom Strand- knick ergibt fur Oktober 1965 an der Litoralstation die Zahl von 9220000 Meta- zoa unter l m2, von der Oberflache bis in 1,50 m Tiefe. Berucksichtigt man die bei 13 m genommene Probe allein, so erhalt man 10972000 Metazoa unter 1 m2.

In diesem Zusammenhang sind die Werte anderer Autoren fur die Individuen- dichte des Mesopsammons von Interesse. Den Ergebnissen aus dem Sylter Watt sind Daten vergleichbar, die bei der Untersuchung oberflachlicher Schich- ten des Sediments gewonnen wurden (Tab. 6). Diese Angaben beziehen sich in einigen Fallen auf das sog. Meiobenthos, dem definitionsgemal3 nicht zum

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Verteilung und Populrttionsdynamik des Mesopsammons. I. 757

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758 PETER SCHMIDT

Eulitoral Eulitoral Eulitoral

Eulitoral Eulitoral

Mesopsammon gehorende Tiere (z. B . Jugendstadien von Polychaeten und Mollusken) zugerechnet werden.

Tabelle 6. Individuenzahlen des Mesopsammons bzw. Meio- benthos pro m2 nach Angaben verschiedener Autoren. Ober-

flachenproben bis etwa 10 cm Tiefe

~~ -

bis 16 x106*) bis 11,7 xlOg bis 4,4 x log*)

bis 2,l ~ 1 0 6 bis 1,05x lo6

TEAL & WIESER 1966 REES 1940 SCHUURMANS STEKHOVEN, ADAM & PUNT 1935

SMIDT 1951 WIESER & KANWISHER 1961

PENNAK, 1942, 1951 Woods Hole RENAUD 1955 Arcachon RENAUD 1955 Bimini BOADEN 1963 Nord-Wales

WIESER 1960a

PURASJOKI 1947 MOORE 1931 BOUGIS 1946, 1950 MARE 1942 WIGLEY & MCINTYRE 1964 MCINTYRE 1964 MCINTYRE 1961

&QGH & S P h C E 1936

- ..

WIGLEY & MCINTYRE 1964

bis 115 (nur Copepoden) 26 - 323 44-912 max. 400 - 500

THIEL 1966

15- 26 17- 54 24- 55 24- 166

30 45 51

101- 146 144

366- 567

1045 - 5030

169000- 823000 55 000 - 108 000 4000- 103000

177000- 337000 615000- 1210000 87 000 - 198 000

127000- 988000 536000- 3 117 000 126000- 166000

117000- 127000

16000- 170000

*) die Zahlen beziehen sich nur auf Nematoden.

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 759

.

-

Auch im Sandhang sind also auf Sylt die Bedingungen fur die Entfaltung des Mesopsammons sehr gunstig.

Alle diese Zahlen aus dem marinen Bereich werden indessen von Daten aus der Uferzone nordamerikanischer Seen weit iibertroffen ; PENNAK (1940) fand u. a. bis zu 3250 Tardigraden, 4390 Copepoden und 57750 Rotatorien in 50 cm3 Substrat.

3. Populationsdynamik

Die jahreszeitliche Entwicklung der Populationen ist in Abb. 36-38 dar- gestellt. Die umfangreichsten Ergebnisse liegen mit 11 Profilen fur den S a n d - h a n g a n d e r L i t e r o r a l s t a t i o n vor.

"C - 18

- 76

74

72

.lo

- 8

-6 -4 - 2 - 0

Hier zeigt die Jahreskurve der Individuenzahl folgenden charakteristischen Verlauf (Abb. 36): Das Minimum de r Bes ied lung l i eg t i n d e n F r u h j a h r s - mona ten . Auf eine Zunahme in den Monaten Mai und Juni folgt in beiden Jahren wieder ein leichter Abfall wahrend der Sommermonate. Im Herbst steigt die Individuenzahl sehr steil an, d a s Maximum fiillt in den beiden Jahren i n d e n Oktober . Danach nimmt die Zahl der Tiere wieder bis zum Fruh j ahrsminimum ab.

Bei genauerer Betrachtung ergeben sich gewisse Unterschiede zwischen 1965 und 1966. So liegen die Werte von 1966 durchweg niedriger, insbesondere im oberen Hang. Dies beruht wahrscheinlich auf veranderten Stromungsverhiilt- nissen als Folge von Bauarbeiten am nahegelegenen Hafen von List. Jedenfalls war der Sandhang vor der Litoralstation 1966 meist etwas steiler als im Vorjahr, wodurch seine oberen Teile starker austrockneten.

AuBerdem lagen 1966 das Individuenminimum und der folgende Anstieg in der Besiedlungsdichte deutlich spater als 1965 (in diesem Jahr war zu Vorver- suchen schon im Marz eine Serie von Proben genommen worden). Dies kann mit groI3er Wahrscheinlichkeit darauf zuruckgefiihrt werden, daB der starke Anstieg der Wassertemperaturen 1966 wesentlich spater erfolgte als 1965. Aus diesen Daten ergibt sich eine strenge Korrelation zwischen dem jahres-

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760 PETER SCHMIDT

zeitlichen Gang der Temperatur und der Individuendichte. Diese hinkt durch- weg um einige Wochen hinter der Temperaturkurve nach. So fallt das Indi- viduen-Minimum im Friihjahr in eine Zeit, in der die Wassertemperatur bereits ansteigt, wiihrend zur Zeit des Individuen-Maximums im Oktober die Tem- peraturen schon lange wieder absinken.

Damit laRt sich ein k r i t i s che r T e m p e r a t u r b e r e i c h zwischen 5 u n d 10 "C herauss t e l l en , oberhalb dessen die Fortpflanzung des Mesopsam- mons allgemein so stark gefordert ist, daR die Gesamtzahl der Tiere deutlich zunimmt,.

Abb. 37. Populationsdynamik der Abb. 38. Populationsdynamik der Gesamtfauna. Blidsel-Bucht Gesamtfauna. Weststrand

In der B l idse l -Buch t (Abb. 37; 6 Profile) tritt ebenfalls ein deutliches Minimum im April auf. Es folgt ein starker Anstieg bis zurn August, wahrend sich im Oktober die Zahl der Tiere schon wieder etwas verringert hat. Der hohe Wert vom Dezember 1965 macht es wahrscheinlich, daR auch hier 1965 die Individuendichte hoher lag als 1966.

Die drei Profile vom W e s t s t r a n d (Abb. 38) zeigen gleichfalls ein Minimum im April, eine starke Zunahme zum Sommer und einen leichten Abfall zum Herbst.

SchlieBlich ergibt sich auch aus den wenigen Daten des Sandwatts (vgl. Abb. 35) ein Anstieg der Individuendichte von Marz/April bis August 1966.

Damit werden folgende ge ner a l is ie r ende Au s s ag e n z u r P o pu la t ions - d y n a m i k moglich. I n enger Abhiingigkeit von der Temperaturkurve und dieser mit einiger Verzogerung nachfolgend steigt die Individuendichte von einem Tiefstand im Friihjahr zum Sommer hin rasch an. Im Sandhang von der Litoralstation fiillt das Maximum in den Herbst, wobei ein leichtes Minimum im August vorausgeht. Am Weststrand und in der Blidsel-Bucht ergeben sich die hochsten Werte im Sommer. Es ist einerseits moglich, daD wegen der etwas verschiedenen Untersuchungstermine das Maximum an den beiden seltener bearbeiteten Stranden nicht getroffen wurde ; andererseits ist denkbar, daB der Badebetrieb am Strand vor der Litoralstation die sommerliche Entwicklung

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 761

Tiere pro Probe (Durchschnitt)

Minimum I Maximum

der Fauna stort. Berucksichtigt man nilmlich die Tardigraden nicht, welche gerade in dem besonders stark umgewuhlten mittleren und oberen Hang den Schwerpunkt ihres Vorkommens aufweisen, so liegt zwar in den beiden Jahren das Maximum weiterhin im Herbst, doch laljt sich das sommerliche Minimum nicht mehr nachweisen.

Ein Vergleich zwischen den Monaten mit der geringaten bzw. der gro13ten Populationsdichte ergibt klare U n t e r s c h iede z wis c h e n s t a r k l o t i s c h e n , sowie m i t t e l - u n d schwach lo t i s chen St r i inden (Tab. 8).

Minimum : Maximum

T a b e l le 8. Individuendichte zu verschiedenen Jahreszeiten

45,8 128,6 71,7

Station

234,l 375,2 151,5

Weststrand Litoralstation Blidsel-Bucht

1 : 5,l 1 : 2,9 1:2,1

Die jahreszeitliche Schwankung nimmt also vom stark lotischen Weststrand iiber den mittel-lotischen Strand an der Litoralstation zum schwach lotischen Strand in der Blidsel-Bucht ab. Die groI3ere Stabilitat in den abiotischen Fak- toren der mittel- und schwach lotischen Striinde druckt sich also auch in einer groljeren Stabilitiit ihrer mesopsammalen Populationen aus. Die starke Dezi- mierung der Fauna am stark lotischen Weststrand ist vermutlich auf die starke Umlagerung des Sediments wahrend der heftigen Winterstiirme zuruckzu- fuhren.

Ein Vergleich der Populationsdichte pro Volumeinheit zeigt schliefilich noch- mals die besondere Beguns t igung d e r m i t t e l - l o t i s c h e n S t r a n d e (Tab. 9). Fur die mehrfach untersuchten Stationen wird der Maximalwert, fur die nur einmal im Sommer 1966 untersuchten Strande der Insel der dabei er- haltene Wert verwendet, der nahe am Hochstwert liegen diirfte (die Watt- proben sind hier nicht berucksichtigt).

Tabe l l e 9. Durchschnittswerte fur die Zahl der Meta- zoen in 50 cm3 Sediment an den verschiedenen Stationen

Strandtyp I Station I Tiere in 50 ems

stark lotisch mittel-lotisoh

schwach lotisch

Weststrand Litoralstation Hornum Ellenbogen Lister Haken Blidsel-Bucht Puan Klent Braderup

234,l 376,2 340,3 133,7 127,O 151,5 131,2 80,3

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762 PETER SCHMIDT

An zwei von vier mittel-lotischen Stranden werden also als Mittelwert fiir den gesamten Hang mehr als 300 Tiere in einer Probe angetroffen. Am stark lotischen Weststrand sind es iiber 230 Individuen, wahrend nur an einem der drei schwach lotischen Strande ein Durchschnitt von uber 150 Tieren erreicht wird.

VI. G l i e d e r u n g d e s L e b e n s r a u m s u n t e r b i o l o g i s c h e n A s p e k t e n

1. Quantitative Verteilung und Populationsdynamik der systematischen Gruppen

Die quantitativen Befunde an ganzen Tiergruppen werden zuniichst zur Charakterisierung der einzelnen Strandtypen und der verschiedenen Zonen des allgemeinen Strandschemas herangezogen. Sie werden spater (Abschnitt 3) durch die entsprechenden Untersuchungen an einzelnen Arten erganzt.

Als Basis fur die Darstellung der Gruppenverteilung dient der mittel-lotische Oststrand vor der Litoralstation, in welchem die Gesamtfauna bei relativ konstanten Verhaltnissen quantitativ am reichsten entwickelt ist.

a) Turbe l l a r i en

Vor der Litoralstation zeigt sich in fast allen Profilen (Abb. 19-25) eine K o n z e n t r a t i o n d e r Turbe l l a r i en im u n t e r e n Hang. Sie beruht auf der Massenentfaltung weniger Arten der Ordnung Acoela (J. DORJES, 1968). Der Anteil an der Gesamtfauna kann mehr als 80% betragen. Zum oberen Teil des Strandes hin nehmen die Turbellarien mehr und mehr ab, treten jedoch bis in die permanente Feuchtsandzone des oberen Hanges auf.

Am instabilen Weststrand sind generalisierende Aussagen erschwert. Immer- hin nimmt bei zwei von drei Profilen (Abb. 16-18) der Anteil der Turbellarien an der Gesamtfauna im oberen Hang ab.

An dem schwach lotischen Strand in der Blidsel-Bucht (Abb. 26-29) sind die Turbellarien wieder nur im unteren Hang starker vertreten. Hier fehlen allerdings die Acoela fast vollig.

Die iibrigen Stationen (Abb. 30-34) zeigen fast durchweg das gleiche Bild. Die Acoela treten jedoch nicht so stark hervor wie an der Litoralstation. Einen Eindruck von der Verteilung der Turbellarien in einem typischen Strand der Insel Sylt geben die Werte von Hornum (Abb. 39).

Im Sandhang vor der Litoralstation schwankt der Anteil der Turbellarien an der Gesamtfauna zwischen 4,5 und 14,9y0, wobei sich bei 7 von 11 Profilen Werte zwischen 7,5 und 11% ergeben. Die von den anderen Stationen vor- liegenden Daten entsprechen diesen Angaben.

Fur die Wattbiotope lassen sich keine allgemeingiiltigen Aussagen machen. Im am besten untersuchten Watt vor der Litoralstation liegt der Anteil der Turbellarien bei drei Untersuchungen recht konstant zwischen 9,2 und 10,7 yo. Wesentlich hohere Werte ergeben sich im Watt und bei Puan Klent, wo das Mittel von 6 Proben 44,1y0 betriigt und in einer Probe mit 536 Tieren 86% der Fauna aus Turbellarien bestehen.

Im Watt vor der Litoralstation und an der Buhne List-Siid habe ich im September 1966 in verschiedener Entfernung vom Strandknick die vertikale

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 763

Verteilung im Substrat untersucht (6 Doppelproben ; Tiefe 10, in einem Fall 8 cm; Abstiinde von 1 cm). Die Turbellarien bevorzugen in ihrer Gesamtheit (Abb. 40) die beiden obersten Zentimeter des Sediments; nur in einer Probe

Abb. 39. Turbellaria. Hornum, September 1966

Individuen pro 50cm' 100 200 300 400 0 .

4. 5 m vom Knick 4, 7 m 1% ** 4. 35rn ' 1 I*

4. 65m 1, ** 5. 5 m 7, 9 -

5. 20m 3. 1'

Abb. 40. Turbellaria. Tiefenverteilung im Watt, August und September 1966

enthalten auch die mittleren Schichten noch eine groBere Anzahl von Turbel- larien. In der Tiefe ist die Individuendichte durchweg gering. Ober die Ver- haltnisse zu den anderen Jahreszeiten sind noch keine Angaben moglich. 50 Internationale Revue, Bd. 53, €I. 5

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764 PETER SCRMIDT

b) G a s t r o t r i c h a

Die Gastrotricha sp ie len i n d e r q u a n t i t a t i v e n Zusammense tzung d e r F a u n a des S a n d h a n g s generell n u r e ine s e h r u n t e r g e o r d n e t e Rol le ; ihr Anteil betragt fast stets weniger als 1 yo. Etwas hohere Werte weisen lediglich Hornum mit 2,5y0, die Blidsel-Bucht mit maximal 3,7% und der Weststrand mit 2,8 bis 7,0% auf. Im Hochstfall wurden in Proben aus dem Bereich des Sandhangs 165 Gastrotrichen in 50 em3 Sediment geziihlt (West- strand, 35 m vom Knick, 10-20 cm Tiefe).

Im scharfen Gegensatz hierzu steht der bedeu tende An te i l d e r Gas t ro - t r i c h e n i n d e n maBig d e t r i t u s h a l t i g e n W a t t g e b i e t e n vor der Litoral- station. Er betragt bei drei Profilen zwischen 13,l und 24,1y0. I n einzelnen Proben wurden 50% uberschritten ; maximal wurden 989 Gastrotrichen in 50 em3 Sediment gezahlt.

Auch das Watt am Ellenbogen und einzelne Proben aus dem Watt in der Blidsel-Bucht sind reicher an Gastrotrichen als die entsprechenden Sandhange. I n den starker schlickigen Wattgebieten vom Lister Haken, von Braderup und von Puan Klent kommen dagegen nur einzelne Gastrotrichen vor.

uber jahreszeitliche Schwankungen der Gastrotrichenfauna lafit sich nur wenig aussagen. Immerhin ist an allen mehrfach untersuchten Stationen der Anteil der Gastrotrichen zur Zeit des Minimums der Gesamtbesiedlung (April 1966) am hochsten. Moglicherweise werden sie im Vergleich zu den ubrigen Gruppen weniger durch die Kiilte beeintriichtigt oder ihre Fortpflanzungs- tatigkeit setzt schon bei tiefen Temperaturen ein.

c) R o t a t o r i a

Im marinen Mesopsammon treten die Rotatorien hinter den anderen Gruppen weit starker zuruck als im limnischen Bereich (REMANE 1949, PENNAK 1951, DELAMARE DEBOUTTEVILLE 1960). Im Untersuchungsgebiet treten Rotatorien zwar regelmiifiig auf, doch ist ihr An te i l s t e t s ger ing und bleibt im allgemeinen unter 1 yo der Gesamtfauna. Nur in einigen Profilen aus der Blidsel-Bucht und am Ellenbogen liegen die Werte mit 2-3% etwas hoher.

Im Sandhang zeichnet sich eine Region s t a r k e r e r K o n z e n t r a t i o n i n d e r Feuch t sandzone d e s m i t t l e r e n H a n g s ab (Abb. 41-43); unterer und oberer Hang sind schwacher besiedelt. Die groBte Individuendichte stellte ich mit 101 Tieren in einer Probe vom August 1965 im Strand an der Litoral- station fest (36,4y0 der Fauna dieser Probe).

In den Wattbiotopen werden Rotatorien durchweg nur in sehr geringer Zahl angetroffen. In vier der insgesamt sechs Tiefenprofile treten sie nahe der Ober- fliiche auf und bevorzugen den obersten Zentimeter des Substrats; in einer Probe findet sich die Mehrzahl der Tiere in groBerer Tiefe, in einer fehlen Rotatorien vollig.

d ) Nematodes

I n a l l en u n t e r s u c h t e n B io topen sind die Nematoden e ine d e r domi- n i e renden Gruppen. Es gibt praktisch keine Proben, in denen sie fehlen. Bei genauerer Betrachtung ergeben sich charakteristische Unterschiede zwischen den verschiedenen Stationen und zwischen den Zonen eines gegebenen Strandes.

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Verhilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 765

50'

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7 66

318 Tiere

56 Proben

PETER SCHMIDT

Abb. 42. Rotatoria. Litoraletation, August 1965

Abb. 43. Rotatoria. Blidsel-Bucht, Deeember 1965

Innerhalb des Sandhangs la& sich zunachst der obere Hang als eine Zone mit hohem Nematoden-Anteil an der Gesamtfauna herausstellen (Abb. 16 -34). Dieser betragt an der Litoralstation bei 23 Metern in 10 von 11 Profilen im Durchschnitt aller Proben iiber 50% der Fauna. Auch an dem sich nach unten anschliefienden Probenort - 18 m vom Strandknick - liegt der prozentuale Anteil der Nematoden in allen Fallen uber dem Durchschnittswert des gesamten Sandhangs. Im mittleren Hang treten sie meist etwas zuriick, wahrend der untere Hang relativ starker besiedelt ist. Dabei werden die Werte des oberen Hangs jedoch nicht erreicht.

Ein ahnliches Bild ergibt sich bei allen Profilen in der Blidsel-Bucht; hier finden sich auch im unteren Hang nur wenige Nematoden. Auch am Weststrand tritt diese Gruppe im oberen Hang starker hervor als im mittleren Hang; im unteren Hang und in der sublitoralen Brandungszone sind die Werte nicht ganz einheitlich.

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Verteilung und Populrttionsdynamik des Mesopsammons. I. 7 67

Von den iibrigen Stationen fiigen sich Hornum und auch noch der Lister Haken gut in dieses Bild ein. Am Ellenbogen, bei Braderup und bei Puan Klent zeigen sich keine deutlichen Unterschiede zwischen den verschiedenen Zonen des Hangs ; hier ist die Nematodenbesiedlung iiberall sehr hoch.

An der Litoralstation konnen im ganzen Hang mit Ausnahme des obersten Probenortes Werte von iiber 300 Nematoden in einer Probe auftreten; maximal wurden mehr als 700 Tiere in 50 cm3 Sediment geziihlt. An solchen Stellen ma- chen Nematoden oft 80, mitunter 90% der Fauna aus. Das gleiche gilt fiir die iibrigen Stationen.

Wiihrend der Untersuchungszeit lag im Sandhang vor der Litoralstation die Zahl der Nematoden erstaunlich konstant zwischen 2000 und 3000 Tieren pro Profil (Abb. 44); nur zwei der elf Profile wichen mit 3425 bzw. 3853 Tieren starker davon ab. Der prozentuale Anteil der Nematoden an der Gesamtfauna (Abb. 45) betrug 18,O bis 23,7% (eine Ausnahme mit 14,7%).

- Copepoda ......... Nematodes

x--x Oligochaeta +-...-. Tardigrada

8 .

.....

................. ......... ........ ........ 2 -

7 . __-.--- .-___._ ..__- -.--_.- . _/.. . ~ -.----./-= . - .-

- ~ P H I m P X x l n I % I l Y P H I m l r H 1965 I 1g66

Abb. 44. Individuenzahl einiger systematischer Gruppen im Hang an der Litoralstation

50 - % .

-. 30 -

..... ..,......... .... ......

.. , .., . .,' I0 -.- -- -_.--- L-

/*--.-- __j__a -I--_.// _.__ -.----/ ~ ~ ~ ~ l l r x x l I u I I l u ~ P H m m ~ x

1965 I 1g66

Abb. 45. Prozentualer Anteil einiger systematischer Gruppen an der Gesamtfauna im Hang an der Litoralstation

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768 PETER SCHMIDT

Die Blidsel-Bucht zeigt ein weit uneinheitlicheres Bild mit einem Nematoden- Anteil zwischen 9,5 und 52%.

Im Watt vor der Litoralstation machen die Nematoden im Marz/April 20,7y0, im Juni 37,0y0 und im August 1966 51,7y0 der Fauna aus. Wegen der unterschiedlichen Probenzahl in den vorderen Teilen des Watts sind diese Werte nicht streng vergleichbar. Insgesamt ergeben sich aber im Durchschnitt hahere Werte als fur den Sandhang. Besonders in den schon zum Sublitoral iiberleiten- den Wattgebieten jenseits der 70-m-Marke dominieren die Nematoden eindeutig (Abb. 35). Ihr Anteil an der Fauna betragt hier fast ausnahmslos uber 50%, in einigen Proben iiber 90%.

Individuen pro 50cm3 zao GOO 600 800 7000 7200 7400

Abb. 46. Nematodes. Tiefenverteilung im Watt. Legende: s. Abb. 40

An den iibrigen Stationen scheinen die Verhfiltnisse iihnlich zu liegen. Aller- dings sind bei Braderup die Unterschiede zwischen Watt und Sandhang sehr gering, und bei Puan Klent ergeben sich im Sandhang sogar hohere Werte als im Watt. Hier konnten jedoch die auBeren Wattflachen nicht untersucht wer- den.

Auch die absolute Besiedlungsdichte ist im Watt hoher als im Sandhang. So enthalten einige Proben aps den strandfernen Teilen des Watts an der Lito- ralstation mehr als 1500 Nematoden. Dies entspricht einer Zahl von 2539000 Tieren pro m2 (Mittelwert aus drei aufeinanderfolgenden Proben).

Die Nematoden dringen auch in die tieferen Schichten des Watts vor (Abb. 46). Nur an den weiter zum Sublitoral hin gelegenen Probenorten macht sich an der Litoralstation wie auch an der Buhne List-Sud ab etwa 4 cm Tiefe eine starkere Abnahme bemerkbar.

Im Untersuchungsgebiet weisen v o r a l lem so lche B io tope e i n e n hohen An te i l a n Nematoden a u f , d ie i n i rgende ine r H i n s i c h t a l s e x t r e m angesehen werden konnen. Es handelt sich dabei vor allem um weite Teile des Watts und manche schwach lotischen Sandhiinge (hoher Gehalt an

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 769

Schluff und Detritus, geringe Zirkulation), sowie - an den iibrigen Stranden - urn den oberen Hang mit seinen starken Schwankungen von Temperatur und Salzgehalt.

e) P o l y c h a e t a

Polychaeten treten in allen untersuchten Biotopen auf. Ihr Anteil an der Fauna ist im Sandhang durchweg gering und iiberschreitet nur selten 5%. I n bestimmten Zonen des unteren Hangs mittel-lotischer Strande treten sie starker hervor. Auch in den sandigen Wattgebieten werden hohere Werte

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770 PETER SCHMIDT

erreicht. Vor der Litoralstation liegen die entsprechenden Zahlen zwischen 7,6% (August 1966) und 19,2y0 (MBrz/April 1966).

f ) Ol igochae ta

Ein sehr charakteristisches Bild bietet die Verbreitung der Oligochaeten (Abb. 47-49; vgl. auch Abb. 16-34). Es werden vor allem die obe r f l ach - l i chen Sch ich ten d e s m i t t l e r e n u n d oberen H a n g s bes iede l t . In den Sommermonaten werden auch im unteren Hang hohe Individuenzahlen er- reicht. In den Wintermonaten finden sich die Tiere vorwiegend in etwas tieferen Bereichen.

Abb. 48. Oligochaeta. Litoralstation, Juni 1966

In den Zonen starkster Besiedlung habe ich verschiedentlich mehr als 100, maximal 243 Tiere in einer Probe gezahlt. Der Anteil an der Gesamtfauna, der fur den gesamten Hang selten 5% iibersteigt, liegt irn mittleren Hang oft zwischen 10 und 20, im oberen zwischen 40 und 60%.

Im Watt treten die Oligochaeten stark zuriick und erreichen nur in seltenen Fallen mehr als 1% der Individuenzahl. Nach den Tiefenprofilen (Abb. 50) ist es wahrscheinlich, da13 die oberfliichlichen Schichten gemieden werden.

Im jahreszeitlichen Gang (Abb. 44, 45) ergibt sich an der Litoralstation eine Zunahme der Oligochaeten wahrend der Sommermonate. Ihre prozentualer Anteil an der Fauna betragt dann meist etwa 5% gegeniiber 2% im Winter. Das gleiche gilt fur die Blidsel-Bucht.

Auch die Oligochaeten besiedeln also bevorzugt bestimmte Extrembiotope, und zwar die relativ trockenen Oberfliichenschichten des mittleren und oberen Sandhangs und - in begrenztem Ma13 - die tieferen Schichten des Watts.

Page 49: Die quantitative Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons am Gezeiten-Sandstrand der Nordseeinsel Sylt I. Faktorengefüge und biologische Gliederung des Lebensraumes

Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 771

60 fiere

Abb. 49. Oligochaeta. Blidsel-Bucht, Dezember 1965

Indivduen pro 50cm 10 20 30 40 50

Abb. 50. Oligochaeta. Tiefenverteilung im Watt. Legende: s. Abb. 40

g) T a r d i g r a d a

Die beiden im Eulitoral von Sylt vorkommenden Tardigraden-Arten, Batil- lipes mirus und Stygarctuv bradypus, werden in Teil 3 dieses Kapitels getrennt besprochen. An dieser Stelle seien nur die charakteristischen Ziige der Besied- lung kurz behandelt.

Am stark lotischen Weststrand (Abb. 16-18) sind die Daten fiir eine Inter- pretation zu uneinheitlich. An allen anderen Stranden (Abb. 19-34) liegt der t yp i sche Lebensbere ich dieser Gruppe iibereinstimmend i n d e r pe r io - d i schen F e u c h t s a n d z o n e des rn i t t l e ren H a n g s , von WQ die Tiere noch etwas in den oberen Hang vordringen. Der untere Hang bleibt dagegen weit- gehend frei von Tardigraden; auch im Watt finden sie sich nur in geringer Zahl.

I n der jahreszeitlichen Entwicklung (Abb. 44, 45) fallen die groBen Unter- schiede zwischen den Zeiten der starksten und der schwachsten Besiedlung auf.

Page 50: Die quantitative Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons am Gezeiten-Sandstrand der Nordseeinsel Sylt I. Faktorengefüge und biologische Gliederung des Lebensraumes

772 PETER SCHMIDT

Das Maximum der Entwicklung liegt an der Litoralstation und in der Blidsel- Bucht im Herbst, wahrend das Minimum an der Litoralstation in den August, in der Blidsel-Bucht dagegen in den April fallt. Der prozentuale Anteil an der Fauna des Sandhangs betragt an der Litoralstation im allgemeinen 20 -30% (nur der August 1966 mit 9,1% und der Oktober 1965 mit 36,0y0 weichen hier- von nennenswert ab) ; in der Blidsel-Bucht liegt er etwas niedriger (Mittelwert,e zwischen 15 und 25%). Am Ellenbogen, in Hornum und in Braderup sind es rund loyo, wahrend an den ubrigen Stationen die Tardigraden nur einen un- bedeutenden Bruchteil der Fauna ausmachen.

h) Copepoda

Die Copepoden stellen in quantitativer Hinsicht e ine d e r b e d e u t e n d s t e n Gruppen d e r i n t e r s t i t i e l l e n F a u n a des Untersuchungsgebietes dar. Die fur sie angegebenen Zahlen (Tab. 10) beziehen sich auf die Gesamtheit aller Tiere einschlieBlich Copepodit-Stadien und Nauplien.

Am mittel-lotischen Strand der Litoralstation findet sich in allen 11 Profilen der Bes ied lungsschwerpunkt im u n t e r e n Hang . Auch im mittleren Hang ist die Individuendichte meist hoch, doch liegt der Anteil der Copepoden an der Fauna oft schon etwas unter dem Durchschnittswert des ganzen Hanges, eine Folge der hier besonders starken Entfaltung der Tardigraden. Entspre- chend konnen auch im Quellhorizont die Copepoden wegen der starken Ent- wicklung der Acoela relativ geringer vertreten sein. Im oberen Hang nimmt die Zahl der Copepoden meist stark ab. Generell wird im unteren Hang die gro13te Individuendichte in den obersten 10 cm erreicht, wahrend weiter oben die tieferen Schichten bevorzugt werden (Abb. 51). I n den Zonen stiirkster

0 2 5 7 10 13 78 23 m

Abb. 51. Copepoda. Litoralstation, Juni 1965.

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 773

Besiedlung werden hiiufig mehr als 1000, gelegentlich uber 1500 Tiere in einer Probe angetroffen. 80 bis 90% der Fauna konnen hier aus Copepoden bestehen.

Dieses Bild wird durch einen Vergleich mit anderen mittel-lotischen und schwach lotischen Stranden bestiitigt. Nur am Strand von Braderup, wo die Copepoden nur 4,2 yo der Fauna ausmachen, lassen sich derartige Unterschiede nicht erkennen.

Im jahreszeitlichen Gang (Abb. 44, 45) ergeben sich an der Litoralstation groBere Schwankungen als bei den Nematoden, aber geringere als bei den Tar- digraden. Die hochste Individuendichte wird hier in beiden Jahren im Herbst erreicht, doch liegt 1965 der Juni-Wert nur unwesentlich unter den Zahlen fur Oktober. Das Minimum tritt im Fruhjahr auf. Der Anteil der Copepoden an der Gesamtfauna betragt in 9 von 11 Fallen 28-35%; nur zweimal wurden hohere Werte beobachtet (41,l bzw. 43,9y0).

An den iibrigen mittel-lotischen und schwach lotischen Stationen mit Aus- nahme von Braderup liegen die Werte groBenmaBig in der Nahe derer von der Litoralstation.

Demgegeniiber ist am stark lotischen Weststrand der Anteil der Copepoden deutlich hoher. Er betragt im April und Juli ungefahr 40, im September hin- gegen 68,8% der Gesamtfauna. Bei zweien der drei Profile treten auch hier die Copepoden im oberen Hang deutlich zuruck.

I n den Wattengebieten sind die Individuenzahlen niedriger als im Sandhang. Die hochsten Werte ergeben sich in den mfiBig detritushaltigen Sandwatten. An der Litoralstation betragen sie in den drei Profilen zwischen 14,9 und 28,3%. Die vorderen Teile des Watts, welche noch ziemlich regelmaBig trockenfallen, sind dabei starker besiedelt als die strandfernen Partien (Abb. 35).

Deutlicher als die Nematoden bevorzugen die Copepoden im Watt die ober- flachlichen Schichten (Abb. 52). Dennoch weisen auch die tieferen Bereiche noch verhaltnismafiig viele Copepoden auf.

Individuen pro 50 crn3

Abb. 52. Copepoda. Tiefenverteilung im Watt. Legende: s. Abb. 40

Page 52: Die quantitative Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons am Gezeiten-Sandstrand der Nordseeinsel Sylt I. Faktorengefüge und biologische Gliederung des Lebensraumes

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4. 1966

7. 1966

9. 1966

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42,4

4. 1965

6. 1965

8. 1865

9. 1965

10. 1965

12. 1965

3. 1966

4. 1966

6. 1966

8. 1966

10. 1966

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30,s

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12. 1965

3. 1966

4. 1966

6. 1966

8. 1966

10. 1966

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6. 1966

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39,O

5

A 11,4

0 18

0

1 2

3 4

Bra

deru

p 1 8.

1966

8 1,6

7 8

1,9

3,4

4,s

5,l

5,2

494

5 6

Pua

nKle

nt

1 1 8. 1966

1 2

3 4

49,5

33,5

20,s

23,9

6,9

13,5

10,O

11,6

%

76,7

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 775

Der Anteil der Nauplien liegt in den Profilen von der Litoralstation zwischen 10,6 und 30,3y0, ohne daB sich eine deutliche Abhangigkeit von der Jahreszeit ergibt. In der Blidsel-Bucht betragt er 3,5-16,8Y0 (wobei die beiden niedrig- sten Werte in den Winter fallen), am Weststrand 10,O (April 1966) bis 22,3% (September 1966). An den ubrigen Stranden ergeben sich Zahlen zwischen 15,4 und 22,5 yo. Weibchen mit Eisiicken wurden gleichfalls zu allen Jahreszeiten beobachtet, doch traten sie bezeichnenderweise im Dezember 1965 nur selten, im April 1966 dagegen sehr haufig auf. In etwa ergibt sich bei diesen Zahlen eine nbereinstimmung mit den Angaben von SMIDT (1951), der fur die Copepoden danischer Wattengebiete einen starken Ruckgang der Fortpflanzungstiitigkeit im Winter beschreibt.

Das Verhaltnis der Nauplien zur Gesamtzahl der Copepoden ist in den ver- schiedenen Teilen des Strandes sehr unterschiedlich (Abb. 51, Tab. 11).

Tabelle 11. Anteil der Nauplien in Prozent an der Gesamtzahl der Copepoden (in Klammern) am Strand vor der Litoralstation. Werte an der 23-m-Marke

Datum

4. 65

6. 65

8. 65

9. 65

10. 65

12. 65

3. 66

4. 66

6. 66

8. 66

10. 66

nicht beriicksichtigt

Entfernung vom Strandknick (m) 0 2 5

5,1 (663) 19,9

(2092) 24,6 (842) 13,4

(1212) 16,2

(1345) 1,s

(1163) 799

(315) 5,3

1038) 14,7 (878) 8,1

1013) 23,O 1051)

10

35,2

18,l (1117) 21,4

19,s

28,4

53,6

54,l

28,2

28,O

14,l

14,l

___-

(690)

(505)

(360)

(486)

(886)

(923)

(216)

(393)

(256)

(562)

13

22,s (899) 42,5 (540) 30,O

(1010) 20,6 (667) 26,7 (360) 43,5 (545) 50,9 (644) 30,4 (342) 34,4 (826) 19,7 (460) 13,O (247)

18

17,5 (314) 57,5 (703) 25,9 (279) 52,0 (227) 71,6 (102) 16,3 (547) 23,5 (132) 26,4 (53) 794

(135) 495

(514) 55,1 (316)

Es ergeben sich also in fast allen Fallen sehr markante Unterschiede zwischen den verschiedenen Probenorten. Der Anteil der Nauplien ist besonders im mittleren und oft noch im oberen Hang vie1 hoher als in der Quellregion. Dies wird in den Wintermonaten besonders deutlich.

Moglicherweise werden bei starkerer Umlagerung des Sediments die Nauplien starker als die erwachsenen Tiere in die oberen Teile des Strandes verfrachtet.

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776 PETER SCHXIDT

Die alteren Stadien durften dann wieder in den unteren Teil des Strandes ab- wandern, wodurch das Siedlungsareal im ganzen erhalten bliebe.

Die Copepoden stellen also das dominierende Faunenelement im unteren Hang und in Teilen des mittleren Hangs dar. Auch in den tieferen Schichten des oberen Hangs konnen sie noch in betrachtlicher Anzahl auftreten. Im Watt werden vor allem die sandigen, detritusarmen Flachen besiedelt. Die Tiere bevorzugen hier die oberflachennahen Schichten, dringen aber auch in groBere Tiefe vor.

i) Os t r acoda

Die Ost racoden t r e t e n mengenmaBig h i n t e r d e n grol3en G r u p p e n d e r Copepoden, N e m a t o d e n ode r T a r d i g r a d e n k l a r z u r u c k , finden sich aber regelmal3ig in allen untersuchten Biotopen. Ihr Anteil an der Gesamt- fauna des Hangs liegt an mittel-lotischen Stranden meist zwischen 1,5 und 3y0, kann aber in einzelnen Fallen deutlich hoher sein (April 1965, Litoralstation: 8,0%). Im Gegensatz dazu erweisen sich der stark lotische Weststrand einer- seits und die schwach lotischen Strande andererseits als deutlich iirmer an Ostracoden, deren Anteil hier in allen Profilen weniger als 1% betragt. Der Strand am Lister Haken iihnelt in dieser Beziehung den schwach lotischen Stranden.

Tnnerhalb des Sandhangs werden der untere und der mittlere Hang bevorzugt ; im oberen Hang ist der Anteil der Ostracoden meist verschwindend gering. Die Besiedlungsdichte liegt in einigen Fallen bei mehr als 100, einmal bei 239 Tieren in 50 cm3 Sediment (42,4y0 der Gesamtfauna).

In den Wattgebieten treten die Ostracoden etwas starker hervor. Dies gilt vor allem fur die sandig-schlickigen Watten, wahrend die sandigen Watten am Ellenbogen und an der Litoralstation kaum Unterschiede gegenuber den zu- gehorigen Sandhangen erkennen lassen (Tab. 12).

Tabelle 12. Anteil der Ostracoden (in yo) an der Gesamtfauna im Watt und in den entsprechen-

den Sandhangen

Station

Ellenbogen Litoralstation, Miirz 66 Litoralstation, Juni 66 Litoralstation, Aug. 66 Braderup Lister Haken Puan Klent

Watt Sandhang

Ein sehr charakteristisches Bild bietet ferner die Tiefenverteilung im Watt (Abb. 53). Die Ostracoden sind fast ausschlieBlich auf den obersten Zentimeter des Sediments beschrankt. Mit grooer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um Formen, die auf der Oberflache des Substrats laufen, ohne in es einzudringen.

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 777

Individuen pro 5Ocm iaa 200 300 a, 4 I

Abb. 53. Ostracoda. Tiefenverteilung im Watt. Legende: s. Abb. 40

k) A c a r i Der An te i l d e r Milben i s t i n a l l en B io topen ge r ing und liegt meist

bei 1-3y0, in einigen Profilen von der Litoralstation bei etwas uber 5%. Dennoch kann es auch bei dieser Gruppe lokal, und zwar vor allem im unteren, teilweise auch im mittleren Hang, zu betrachtlichen Konzentrationen kommen. So habe ich an der Litoralstation im Oktober 1965 in einer Probe 821 Milben (68,2y0 der Fauna) geziihlt.

Auch hier fallt die Zeit groBter Individuendichte in den Sommer oder Herbst, das Individuen-Minimum in das Winterhalbjahr.

Das Watt und der untere Hang werden fast ausschlieBlich von Halacariden bewohnt. Diese kommen auch noch im mittleren Hang regelmaBig vor, doch treten hier bereits Arten aus vorwiegend terrestrischen Gruppen (Rhodacaridae, Parasitidae, Laelaptidae) auf, die im oberen Hang dominieren.

Die Individuendichte dieser terrestrischen Arten ist gering ; die beobachteten Massenentwicklungen sind auf die Halacaridae zuriickzufiihren.

1) Col lembola Collembolen machen nur einen verschwindend geringen Teil der gesamten

Fauna aus. Als typisch terrestrische Tiere treten sie nur in der Feuchtsandzone des oberen und gelegentlich auch des mittleren Hangs auf. Es wurden maximal 3 Tiere in einer Probe angetroffen. Allerdings ist es wahrscheinlich, daB die angewendete Methodik fur diese Gruppe nicht sonderlich geeignet ist.

2. Vergleichende Charakterisierung der Strandzonen durch die systematischen Gruppen

uber die Kenntnis der beschriebenen Verteilungsmuster wird - insbesondere am mittel-lotischen Strand - eine scharfere Charakterisierung der einzelnen Zonen des Sandstrandes moglich.

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778 PETER SCHMIDT

Die Quel l region des u n t e r e n H a n g e s ist nach Arten und Individuen der am starksten besiedelte Bereich des gesamten Sandhanges. Kennzeichnend sind der hohe Anteil an Turbellarien und besonders der Copepoden. In den Sommermonaten konnen sich auch die Oligochaeten in den oberflachlichen Schichten oberhalb der Quellregion stark entwickeln. Die Halacariden erreichen hier in quantitativer Hinsicht den Hohepunkt ihrer Entwicklung, auch Ostra- coden sind relativ zahlreich. Es fehlen vollstandig die terrestrischen Acari und die Collembolen .

Im m i t t l e r e n u n d oberen H a n g ist zunachst eine scharfe Scheidung zwischen der Feuchtsandzone und dem darunterliegenden Kiistengrundwasser vorzunehmen. Wahrend die Feuchtsandzone reich besiedelt ist, beherbergt das Kiistengrundwasser eine qualitativ und quantitativ verarmte Fauna. E i n e spez i f i sche , auf d ie s t a n d i g wasse rdurch t r i i nk ten S c h i c h t e n be - s c h r a n k t e F a u n a liiflt s ich a m Geze i t ens t r and von S y l t n i c h t n a c h - weisen. Allerdings gibt es einige Arten, darunter zwei okologisch noch zu bearbeitende Turbellarien, welche vorwiegend in den tieferen Schichten anzu- treffen sind.

Die oberflachlichen Zonen zeichnen sich vor allem im Sommer durch das zahlenmaDige nberwiegen der Oligochaeten aus, die hier oft weit uber 50% der Fauna ausmachen.

Im mittleren Hang nimmt der Anteil der Copepoden und der Turbellarien ab, doch kommen beide Gmppen noch immer in betrachtlicher Individuenzahl vor. Polychaeten sind - wie im unteren Hang - relativ haufig. Die Nemato- den treten prozentual etwas zuriick ; Ausnahmen stellen einige schwach lotische Strande (Stationen 7, 8) und die mittel-lotische Station 2 dar. Auch die Rota- toria erreichen im mittleren Hang den Hohepunkt ihrer Entfaltung, doch sind sie zahlenmaflig nur schwach vertreten. Die Tardigraden sind stark entwickelt, Collembolen finden sich vereinzelt. Fur die Milbenfauna ist ein Nebeneinander von marinen Halacariden - die noch hohe Individuenzahlen erreichen konnen - und Milben terrestrischer Abkunft charakteristisch.

Im oberen Hang setzen sich diese Tendenzen fort. So nimmt die Zahl der Turbellarien und vor allem diejenige der Copepoden betriichtlich ab. Poly- chaeten finden sich nur noch vereinzelt und mit wenigen Arten. Die Halacariden machen einer verhaltnismaflig artenreichen, aber individuenarmen terrestrischen Milbenfauna Platz. Die Tardigraden erreichen im unteren Teil dieser Zone noch eine hohe Individuendichte, meiden den oberen aber weitgehend. Dafiir erhoht sich der Anteil der Nematoden stark und erreicht hier oft die hochsten Werte des gesamten Sandhanges. Kennzeichnend ist ferner das Vorkommen von Collembolen. Insgesamt vollzieht sich also hier im oberen Hang, dem Supra- litoral, der nbergang von einer marinen zu einer mehr terrestrischen Fauna auch im Bereich des Mesopsammons.

Der Anteil der Copepoden nimmt in der Regel stark ab, insbesondere in den schlicki- gen Bereichen. Noch starker ist der Riickgang bei den Tardigraden, welche in den Wattbiotopen nur vereinzelt angetroffen werden. Die Milbenfauna besteht ausschliefilich aus Halacariden ; sie machen nur einen unbedeutenden Bruchteil der Fauna aus. Collembolen fehlen vollig, Nemertinen kommen wie auch im unteren und mittleren Hang vereinzelt vor. Leicht erhoht ist dagegen - vor allem in den starker schlickigen Watten - die Zahl der Ostracoda. Mesopsam-

Die Wattengebiete unterscheiden sich scharf von den Sandhangen.

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Verteilung und Populationsdynamik des Mesopsammons. I. 779

male Polychaeten finden sich vor allem in den Sandwatten. Fur diese ist das qualitativ wie quantitativ betrachtliche Hervortreten der Gastrotrichen charak- teristisch. In den sandig-schlickigen Wattengebieten fehlt diese Gruppe weit- gehend. Das Watt zeichnet sich gegeniiber dem Sandhang weiterhin durch seinen Nematodenreichtum aus. Dies gilt vor allem fur die strandfernen, zum Sublitoral iiberleitenden Rezirke des Sandwatts und die sandig-schlickigen Wattengebiete,

Bemerkenswert ist ferner die s cha r fe T ie fensch ich tung d e r F a u n a im W a t t . I n die tieferen Zonen dringen insbesondere Nematoden und Oligo- chaeten, im vorderen Teil des Watts auch Copepoden vor. Dagegen sind die Ostracoden in ihrer Gesamtheit reine Oberflachenformen. Spezifische Tiefen- schichtungen in den obersten Zentimetern eines Sediments sind hliufiger be- schrieben worden (z. B. MARE 1942, WIESER 1964, FENCHEL & JANSSON 1966). Bezeichnenderweise finden sie sich am ausgepragtesten in solchen Biotopen, in denen nur eine verhiiltnismilflig schmale Oberflllchenzone geniigend Sauerstoff fiir die Entfaltung der Mikrofauna aufweist. Stets dringen die Nematoden am tiefsten in das Sediment ein.

Von dieser verallgemeinernden Gliederung konnen sich or t 1 i c h m e h r o d e r weniger s t a r k e Abweichungen ergeben, doch unterliegen diese ihrerseits wieder bestimmten GesetzmiiBigkeiten.

So ergeben sich am stark lotisch beeinflufiten Weststrand infolge der hliufigen Umlagerungen der Brandungssande UnregelmaDigkeiten in der Verteilung der Fauna. Am besten stimmen hier die supralitoralen Bereiche mit dem allgemeinen Siedlungsschema uberein.

An manchen schwach lotischen Striinden mit hohem Gehalt an Feinpartikeln ergeben sich Unterschiede durch den Ausfall vieler Arten oder ganzer syste- matischer Einheiten.

uberdies konnen manche Gruppen, die bei Betrachtung des ganzen Strandes nur einen geringen Teil der Fauna ausmachen, an horizontal wie vertikal eng begrenzten Stellen zu bestimmten Zeiten eine Massenentwicklung durchmachen.

Weitere, jedoch verhliltnismaBig geringfiigige Differenzen ergeben sich aus den jahreszeitlichen Schwankungen der Individuendichte. Diese sind - durch starke Dezimierung der Populationen im Winter - besonders ausgepragt am Weststrand, wesentlich geringer dagegen am mittel-lotischen Strand vor der Litoralstation und am unbedeutendsten am schwach lotischen Strand in der Blidsel-Bucht. Der Ruckgang der Fauna am Weststrand wlhrend der Winter- monate ist wahrscheinlich auf die kraftige Umlagerung des Sediments zuriick- zu fiihren.

Dr. PETER SCHMIDT 11. Zoologisches Institut und Museum 34 Gottingen Berliner Str. 38

61 Internationale Revue, Bd. 63, R. 5