die regulation der photosynthese durch proteinphosphatasen ... · das system muß sich an...
TRANSCRIPT
Die Regulation der Photosynthesedurch Proteinphosphatasen in
Chlamydomonas reinhardtii
Dissertation zur Erlangung des Gradeseines Doktors der Naturwissenschaften
der Fakultät für Biologiean der Ruhr-Universität Bochum
angefertigt am
Lehrstuhl für Biochemie der Pflanzen
vorgelegt von
Andreas Matika
Recklinghausen
Bochum, im November 1999
Referent: Prof. Dr. A. Trebst
Korreferent: Prof. Dr. W. Hengstenberg
Tag der mündlichen Prüfung: 14.12.1999
Danksagung
Die vorliegende Dissertation entstand am Lehrstuhl für Biochemie der Pflanzen an der Ruhr-Universität Bochum unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Dres. h.c. A. Trebst, bei dem ichmich an dieser Stelle für den Arbeitsplatz und die gute Betreuung ganz herzlich bedankenmöchte.
Herrn Prof. Rögner und seinen Mitarbeitern danke ich für die Bereitstellung einesmolekularbiologischen Arbeitsplatzes.
Bei Herrn Dr. J. Nickelsen und Friedrich Ossenbühl bedanke ich mich für das Überlassen derc-DNA-Genbibliothek und für die hilfreichen Ratschläge.
Außerdem danke ich allen Mitgliedern des Lehrstuhls für die angenehme Arbeitsatmosphäre.
Ein besonderer Dank gilt Fr. Dr. Conny Jäger.
Abkürzungsverzeichnis:
Abb.: AbbildungAPS: AmmoniumperoxodisulfatChl.: ChlorophyllDDM: n-DodecylmaltosidDIG: DigoxigeninEDTA: EthylendiamintetraacetatHPLC: High Performance Liquid ChromatographieKDa: KilodaltonLHC: Light Harvesting KomplexMeOH: MethanolNaF: NatriumfluoridOGS: Octylglucosid (n-Octyl-ß-D-Glucopyranosid)PAGE: PolyacrylamidgelelektrophoresePSII: Photosystem IIPVDF: Polyvinylidenfluoridrpm: Umdrehungen pro MinuteRSA: RinderserumalbuminSDS: SodiumdodecylsulfatTEMED: N,N,N`N`-TetramethylethylendiaminTricin: N-[Tris-(hydroxymethyl)-methyl]-glycinTris: Tris-(hydroxymethyl)-aminomethan
Die Abkürzungen der Aminosäuren im Einbuchstaben- bzw. Im Dreibuchstabencodeerfolgten nach der IUPAC-Nomenklatur.
Inhaltsverzeichnis:Seite:
I. Einleitung 8
II. Material und Methoden 12
II.1 Material und Geräte 12
II.1.1 Material 12
II.1.2 Geräte 13
II.1.3 Chemikalien 13
II.2 Pflanzenmaterial und Anzucht 14
II.2.1 Versuchsobjekt: Chlamydomonas reinhardtii 14
II.2.1.1 Nährmedien für die Kultivierung der Algen 14
II.2.1.2 Algenanzucht 16
II.2.2 Versuchsobjekt Spinacia oleracea 17
II.3 Meßverfahren 17
II.3.1 Chlorophyllbestimmung (nach Arnon, 1949) 17
II.3.2 Proteinbestimmung nach Markwell et al. (1978), modifiziert 17
II.3.3 Proteinbestimmung mit dem Pierce-Proteinassay 18
II.3.4 Phosphatasenachweis mit dem künstlichen PNPP 18
II.3.5 In vivo-Markierung der Phosphoproteine durch radioaktives Phosphat 19
II.3.6 Photosynthesemessung mit Kaliumhexacyanoferrat 19
II.4 Polyacrylamid-Gelelektrophorese 19
II.4.1 SDS-Polyacrylamidgele nach Jagow und Schägger (1987, verändert) 19
II.4.2 Blaue SDS Gelelektrophorese nach Jagow und Schägger, 1994 20
II.4.3 Mini-Gele 21
II.4.4 Färben- und Entfärben von Proteinen 21
II.4.4.1 Coomassie-Färbung 21
II.5 Präparative Methoden 21
II.5.1 Ultraschallbehandlung 21
II.5.2 Präparation der Thylakoidphosphatasen aus Chlamydomonas reinhardtii 21
II.5.3 Präparation der Thylakoidphosphatasen aus Spinat 22
II.5.4 Präparation von Chloroplasten, Thylakoiden, PS I- und PS II-Partikeln aus Spinat 23
II.6 Blot-Techniken 24
II.6.1 Blotbedingungen 24
II.6.2 PVDF-Blot (Matsudaira, 1989) 24
II.6.3 Western-Blot (Towbin et al., 1979) 25
II.7 NH2-terminale Aminosäuresequenzierung von Proteinen 26
II.8 Molekularbiologische Methoden 27
II.8.1 Pufferlösungen für die molekularbiologischen Arbeitsmethoden: 27
II.8.2 Isolierung der genomischen DNA aus Chlamydomonas reinhardtii 27
II.8.2.1 Bestimmung der DNA-Konzentration 29
II.8.2.2 Restriktionsverdau der genomischen DNA 29
II.8.2.3 Agarose-Gel 29
II.8.2.4 Southernblot 30
II.8.2.5 Hybridisierung des Southern-Blots mit der DIG-markierten DNA Sonde 30
II.8.3 Isolierung von Genen aus einer Wildtyp-cDNA-Genbibliothek 30
II.8.3.1 Pufferlösungen für die Isolierung von Genen aus der cDNA-Genbibliothek 31
II.8.3.2 Vermehrung der Phagen aus der Genbibliothek
-Hybridisierung mit der Oligonukleotidsonde 31
II.8.3.3 Erhalt großer Mengen DNA durch die Vermehrung eines Phagen 32
II.8.3.4 Umklonieren des Inserts aus der Chlamydomonas-cDNA Bank in
pBluescript II SK 32
II.8.3.5 Transformation des Vektors in den Escherichia coli Stamm DH5α 32
II.9 Digitale Bildverarbeitung 33
III. Ergebnisse 34
III.1. Adaptation des Photosystems II an Starklicht -Einfluß des Phosphataseinhibitors
NaF auf die Adaptation 34
III.1.2 Einbau von radioaktivem Phosphat in Thylakoidmembranen während der
Starklichtphase 37
III.2 Isolierung der radioaktiven Phosphoproteine des Photosystems II 39
III.2.1 Phosphorylierungsmuster der Thylakoidmembranproteine im Starklicht bei
ungestörter Kinase/Phosphatase-Aktivität und unter Phosphatase-Inhibierung 41
III.2.2 Quantitative Auswertung des Phosphorylierungsmusters der Thylakoidproteine 43
III.2.3 Phosphorylierung von PS II-Proteinen bei gehemmten Phosphatasen
im Starklicht im Vergleich zu dem ungestörten Kinase/Phosphatase-System 45
III.2.4 Proteinstabilität im Photosystem II während des Starklichtes 47
III.2.5 Einfluß einer Dunkeladaptation auf die Phosphorylierung der Proteine in der
Starklichtphase 48
III.3 Proteinphosphatasen der Thylakoidmembran von Chlamydomonas reinhardtii 53
III.3.1 Präparation von 3 Phosphatasen aus der Thylakoidmembran 55
III.3.1.1 Extraktion von Phosphatasen aus der Thylakoidmembran 56
III.3.1.2 Chromatographische Trennung von drei Thylakoidphosphatasen 58
III.3.2 Biochemische Aufreinigung einer Thylakoidphospatase durch
Perfusionschromatographie 63
III.3.3. Biochemische Charakterisierung der isolierten Thylakoidphosphatase 69
III.3.4 Substratspezifität der isolierten Thylakoidphosphatase 75
III.3.5 Aminoterminale Sequenzierung der isolierten Proteinphosphatase 77
III.3.6 Molekularbiologische Charakterisierung der Proteinphosphatase 79
III.3.6.1 Ableitung des Oligonukleotids aus der N-terminalen Sequenzierung 79
III.3.6.2 Hybridisierungsexperimente mit der genomischen DNA 80
III.3.6.3 Suche des Gens für die Proteinphosphatase in einer λ-Bakteriophagen-
cDNA-Genbibliothek aus Chlamydomonas reinhardtii 83
III.3.6.3.1 Hybridisierungsexperimente mit der cDNA-Genbibliothek 83
III.3.6.3.2 Klonierung des cDNA-Fragments aus Chlamydomonas reinhardtii in den
Vektor pBluescript II SK und Transformation in Escherichia coli 85
III.3.6.3.3. Sequenzierung des cDNA-Fragments 88
III.3.7 Klassifizierung der Phosphatasen aus Chlamydomonas reinhardtii durch den
spezifischen Proteinphosphataseinhibitor Ocadaic Acid 90
III.4 Thylakoidphosphatasen aus Spinat 93
III.4.1 Anreicherung einer Phosphatase aus Spinatthylakoiden 93
III.4.2 Charakterisierung und Vergleich der isolierten Thylakoidphosphatase mit
anderen biochemischen Präparationen von Thylakoidphosphatasen 97
III.4.3 Sequenzierung der Thylakoidphosphatase aus Spinat 97
III.4.4. Heterologe Expression des rekombinanten 33 kDa-Proteins aus Spinat in
Escherichia coli mit Aufreinigung und Phosphatasenachweis 98
III.4.5 Vergleich von Phosphataseaktivitäten verschiedener Präparationen des
33 kDa-Proteins mit der isolierten Thylakoidphosphatase aus Spinat 100
IV. Diskussion 103
V. Zusammenfassung 118
VI. Literatur 120
8
I. Einleitung
In der Photosynthese wird die Sonnenenergie in chemische Energie umgewandelt und für bio-
logische Systeme nutzbar gemacht. Der Prozeß der Photosynthese findet bei Eukaryonten in
den Chloroplasten statt. Für den photosynthetischen Elektronentransport müssen vier integrale
Multienzymkomplexe des Thylakoidmembransystems (Photosystem I und II, Cytochrom-b6f-
Komplex, ATP-Synthase) und zwei elektronenübertragende Redoxcarrier (Plastochinon und
Plastocyanin) miteinander gekoppelt werden.
Das System muß sich an verschiedene physiologische Bedingungen wie Licht (Menge und
Zusammensetzung des Lichtspektrums), Temperatur, Wasserpotential, intrazelluläre ATP-
Konzentration sowie CO2- und Stickstoffversorgung anpassen.
In dieser Arbeit soll der Vorgang einer kurzzeitigen Adaptation des Photosystems II an Stark-
lichtbedingungen genauer untersucht werden. Dabei ist die Regulation der Proteinuntereinhei-
ten durch eine reversible Phosphorylierung bei der Anpassung der Antennengröße des Photo-
systems II an hohe Lichtintensitäten von besonderem Interesse.
Die reversible Phosphorylierung von Proteinen ist der wichtigste Mechanismus der Proteinre-
gulation in eukaryontischen Zellen (Hardie, 1993, Herget, 1995 und Cohen, 1997). Die En-
zymaktivität wird dabei durch ein Enzymsystem aus einer Proteinkinase und einer Protein-
phosphatase kontrolliert, wie es in Abbildung 1 schematisch dargestellt ist.
Abb. 1: Schematische Darstellung der reversiblen Proteinphosphorylierung
Die Phosphorylierung eines Proteins durch eine Proteinkinase und die Dephosphorylierung
durch eine Proteinphosphatase in Abbildung 1 bestimmt die Funktion des Phosphoproteins.
Der phosphorylierte Zustand könnte ein aktives Enzym und der dephosphorylierte Zustand ein
inaktives Enzym zur Folge haben. Durch die reversible Phosphorylierung kann auch der
9
Wechsel zwischen einer Monomer- und einer Dimerform des Phosphoproteins reguliert
werden.
Eine geringe Aktivitätsänderung der Proteinphosphatase oder der Proteinkinase hat eine star-
ke Verschiebung des Phosphorylierunsgrades des Substratproteins zur Folge. Die Funktions-
änderung des Phosphoproteins kann so schnell und effektiv durch verschiedene Faktoren re-
guliert werden.
Durch die Phosphorylierung oder Dephosphorylierung einer Aminosäure ändert sich die elek-
trostatische Oberflächenladung des Proteins, und die Ladungsänderung kann zu einer Konfor-
mationsänderung des Proteins führen. Die Ladungs- oder Konformationsänderung der phos-
phorylierbaren Polypeptide kann die Assoziation von Proteinuntereinheiten in einem
Multienzymkomplex kontrollieren.
Die reversible Proteinphosphorylierung von Untereinheiten der Antenne des Light-Harves-
ting-Komplexes (LHC) des Photosystems II ist seit langem bekannt (Bennett, 1977). 1991
waren über 30 Phosphoproteine in den Chloroplasten beschrieben (Bennet et al, 1991), und es
werden immer noch neue Phosphorylierungen von Polypeptiden des Multienzymkomplexes
des Photosystems II aufgedeckt (Bergantino et al., 1995, Harrer et al., 1998). Bei der Betrach-
tung der Phosphoproteine in der Thylakoidmembran fällt auf, daß viele Polypeptidunterein-
heiten des Photosystems II phosphoryliert werden.
Abb. 2: Phosphoproteine des Photosystems II
(verändert nach Andersson und Styring (1991) mit aktualisierten Phosphorylierungsstellen)
10
Abbildung 2 zeigt ein Modell des Photosystems II mit den Phosphorylierungsstellen der Poly-
peptiduntereinheiten. Die phosphorylierbaren Aminosäuren befinden sich am N-Terminus der
Proteine und sind auf der Stromaseite der Thylakoidmembran lokalisiert. Die Phosphorylie-
rung der meisten Proteine der Thylakoidmembran ist noch unverstanden, und zu einigen
Phosphoproteinen liegen Vermutungen über deren Funktion vor. Für die LHC II-Phosphory-
lierung ist ein anerkanntes Modell zur molekularen Wirkungsweise der Phosphorylierung vor-
handen:
Abb. 3: Verteilung des LHC II durch die reversible Phosphorylierung in den State Transitions
(verändert nach Allen, 1995)
Die Verlagerung des phosphorylierten LHC II vom Photosystem II zum Photosystem I ist in
Abbildung 3 dargestellt. Die Verteilung der LHC-Antennenproteine zwischen beiden Photo-
systemen erfolgt dabei durch den Phosphorylierungsgrad des LHC IIb-Antennenproteins bei
der Anpassung des Photosyntheseapparates an unterschiedliche Lichtintensitäten. Die Enzym-
aktivität der Proteinkinase wird dabei durch den Redoxzustand des Plastochinons gesteuert
(Bennet, 1980, Allen, 1992). Die Ablösung des Antennenproteins von der inneren Antenne
des Photosystems II könnte durch eine Änderung der Oberflächenladung (Barber, 1996) oder
aufgrund einer Konformationsänderung durch die Phosphorylierung bewirkt werden (Allen,
1992). Für die Trimerbildung des LHC IIb ist die Phosphorylierung essentiell (Hobe et al.,
1995). Obwohl die Phosphorylierung des Phosphoproteins seit über 20 Jahren bekannt ist
(Bennett, 1977), gelang es bislang nicht, die beteiligten Proteinkinasen und Proteinphospha-
tasen der reversiblen Phosphorylierung des LHC-Antennenproteins biochemisch oder mole-
kularbiologisch zu erfassen.
11
Der Kenntnisstand über die Phosphorylierung der weiteren Polypeptiduntereinheiten des
Photosystems II ist viel geringer. Einige physiologische Funktionen sind genauer untersucht,
wie beispielsweise die Stabilisierung im Turnover des D1-Proteins des Photosystems II durch
seine Phosphorylierung (Aro et al., 1993, Rintamäki et al., 1995 und Andersson und Aro,
1997) oder die Phosphorylierung des Antennenproteins CP 29 unter photoinhibitorischen
Streßbedingungen, die zur Regulation der Anregungsenergie am Photosystem II dient (Croce
et al., 1996). Von anderen Phosphoproteinen, wie dem CP 43 oder dem 10 kDa-Protein, ist
nur bekannt, daß sie phosphorylierbar sind. Radioaktive Versuche zeigen, daß diese reversib-
len Phosphorylierungsreaktionen in einem hohen Durchsatz erfolgen und einen ständigen
Austausch der Phosphatgruppen zur Folge haben.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Regulation der Photosynthese durch Phosphorylierungsreaktionen
an den Thylakoidmembranproteinen zu charakterisieren. Die Anpassung der Antennengröße
des Photosystems II, der Turnover des D1-Proteins und eine mögliche Regulation des Elektro-
nentransportes durch die Phosphorylierungen der Polypeptiduntereinheiten des Photosystems
II sind dabei von besonderem Interesse. Versuche mit dem Phosphataseinhibitor NaF zeigen,
daß eine Phosphorylierung dieser Thylakoidproteine für die Anpassung des Photosynthese-
apparates an Starklichtbedingungen essentiell ist. In radioaktiven Versuchen werden zunächst
die an der Regulation beteiligten Phosphoproteine identifiziert. Dann soll eine Proteinphos-
phatase, die durch die Dephosphorylierung der Phosphoproteine die Adaptation des Photosy-
stems II an hohe Lichtintensitäten kontrolliert, isoliert und mit Hilfe biochemischer und mole-
kularbiologischer Methoden charakterisiert werden. Die Ergebnisse der Arbeiten an Thyla-
koidphosphatasen aus Chlamydomonas reinhardtii werden mit Proteinphosphatasen aus
Thylakoiden im Pflanzenreich verglichen.
Das biologische Ausgangsmaterial für diese Arbeit ist der einzellige Flagellat Chlamydomo-
nas reinhardtii. Der Photosyntheseapparat dieser Grünalge ist mit dem der höheren Pflanzen
identisch. Aufgrund der kurzen Generationszeit ist eine schnelle Algenanzucht unter den ver-
schiedensten physiologischen Bedingungen möglich. Chlamydomonas reinhardtii ist sehr an-
passungsfähig, wobei auch heterotrophes Wachstum ohne Photosynthese möglich ist. Dieser
Modellorganismus für die Photosyntheseforschung ist daher für die hier durchgeführten phy-
siologischen Experimente unter verschiedenen Lichtbedingungen bei gleichzeitiger Verwen-
dung von Hemmstoffen bestens geeignet.
12
II. Material und Methoden
II.1 Material und Geräte
II.1.1 Material
Centriprep, Centricon, Konzentratoren für Ultrafiltration, Amicon
PVDF-Membran; Immobilon-PFQ Transfer Membrane, Millipore
Nitrozellulose; Bio-Blot, Costar
PD-10 Säulen, Pharmacia
Säulenmaterialien für Niedrigdruckchromatographie:
DEAE-Sepharose CL-6B (Anionenaustauscher), Pharmacia
Sephadex-G-50 (Gelfiltration), Pharmacia
Sephacryl-S-300 (Gelfiltraion), Pharmacia,
Säulenmaterialien für Hochleistungsflüssigkeitschromatographie :
Poros-HS, starker Kationenaustauscher, Perseptive Biosystems
Poros-QE, starker Anionenaustauscher, Perseptive Biosystems
Antikörper:
Die Identifizierung des D1-Proteins im Immunblot erfolgte mit einem Antikörper gegen ein
Hybridprotein, das einen Teil des D1-Proteins und ß-Galaktosidase enthält und in E. coli
exprimiert wurde (Johanningmeier, 1987).
Die Identifizierung der LHC-Proteine im Immunblot erfolgte mit einem Antikörper gegen das
LHCP II aus Spinat (Johanningmeir, Nummer 355)
Die Identifizierung des 33 kDa-Proteins im Immunblot erfolgte durch einem Antikörper
gegen das 33 kDa-Protein aus Spinat (Christer Jansson, Stockholm (von A. Seidler zur
Verfügung gestellt))
Protein-Marker:
High-Molecular-Weight-Standard M 5505, Sigma;
Prestained Molecular-Weight Standard P 1677, Sigma.
13
II.1.2 Geräte
Amicon-DC 10 LA, Konzentrator mit Amicon Hollow Fibre Cartridge
Beckmann Ultrazentrifuge Modell L8-70M
Biocad Sprint Perfusionschromatographiesystem, Perseptive Biosystems
Bio-Rad Spannungsgerät
Bio-Rad Trans- Blot Cell
Clark Sauerstoffelektrode
Branson Sonifier, Modell 250 (Mikrotipspitze)
Eppendorf Tischzentrifuge Modell 5415
Goerz Schreiber
Haake, Einhängthermosthat
Heidolph Taumelschüttler
Hitachi Spektralphotometer Modell U 3210
Julabo Einhängthermosthat
Kryostat, Haake F3-K
LKB Fraktionssammler
Mini-Gelkammer, Mini-Protean, Bio-Rad
Sorvall RC 5B Kühlzentrifuge
Zeiss PMQ-II Spektralphotometer
II.1.3 Chemikalien
Die im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Chemikalien wurden von folgenden Firmen
bezogen: Aldrich, Biomol, Biorad, Fluka, Riedel de Haen, Roth, Serva, Sigma, USB und
Waters. Alle Substanzen werden in analysenreiner Qualität eingesetzt, für die HPLC in
HPLC-Qualität.
14
II.2 Pflanzenmaterial und Anzucht
II.2.1 Versuchsobjekt: Chlamydomonas reinhardtii
Die Grünalge Chlamydomonas reinhardtii ist ein verbreiteter einzelliger Planktonorganismus
des Süßwassers und der oberen feuchten Bodenschichten, der autotroph und heterotroph
wachsen kann. Die Mixotrophie ermöglicht der Alge einen Selektionsvorteil in
Lebensräumen, die mit organischen Schmutzstoffen belastet sind. Chlamydomonas
reinhardtii verfügt über zwei alternierend funktionierende pulsierende Vakuolen, die den os-
motischen Wert der Zelle konstant halten. Die Fortbewegung erfolgt durch zwei isokonte
Flagellen. Chlamydomonas reinhardtii hat eine Größe von ca. 20 µm und besitzt einen sehr
großen, becherförmigen Chloroplasten.
In der vorliegenden Arbeit wurde der Wildtyp S2 137 + von Chlamydomonas reinhardtii
verwendet, der aus der Algensammlung der Universität Göttingen stammt.
II.2.1.1 Nährmedien für die Kultivierung der Algen
TAP-Medium (Tris-Acetat-Phosphat-Medium; Harris, 1989):
Herstellung des TAP-Mediums:
1) Spurenelementlösung 1 ml
2) Phosphatpuffer 1 ml
3) Minerallösung nach Beijerinck 10 ml
Tris (Tris-(hydroxymethyl)- aminomethan) 2,42 g
A. dest. ad 1000 ml
Mit konzentrierter Essigsäure wird ein pH-Wert von 7,2 eingestellt.
Herstellung der Lösungen für das TAP-Medium:
1) Spurenelementlösung
EDTA 50,0 g/lZnSO4 7 H2O 22,0 g/lH3BO4 11,4 g/lMnCl2 4 H2O 5,06 g/l
FeSO4 7 H2O 4,89 g/l
15
CoCl2 6 H2O 1,61 g/lCuSO4 5 H2O 1,57 g/l(NH4)6 Mo7O24 4 H2O 1,10 g/l
Das EDTA wird in 250 ml destilliertem Wasser durch Erhitzen auf 70° C gelöst. Die übrigen
Substanzen in 70° C warmem destilliertem Wasser lösen. Dann die Spurenelementlösung zur
EDTA-Lösung hinzugeben und den pH-Wert durch Zugabe von 20% (g/v) KOH auf 5-6
einstellen - die Feineinstellung des pH auf 6,5- 6,8 erfolgt erst nach Abkühlung auf
Raumtemperatur. Das Volumen mit A. dest auf 1000 ml auffüllen.
2) Phosphatpuffer: 1 M KH2PO4 / K2HPO4 (pH 7,2)
3) Minerallösung nach Beijerinck:
NH4Cl 40 g/lCaCl2 2 H2O 5 g/lMgSO4 10 g/l
HS-Medium: (High-Salt-Medium; Harris, 1989):
Herstellung des HS-Mediums:
1) Spurenelementlösung 1 ml
2) Phosphatpuffer 5 ml
3) Minerallösung nach Beijerinck 5 ml
A. dest. ad 1000 ml
Herstellung der Lösungen für das HS-Medium:
1) Spurenelementlösung: siehe TAP-Medium;
2) Phosphatpuffer: K2HPO4 288 g/lKH2PO4 144 g/lA. dest. ad 1 l
3) Stocklösung: NH4Cl 100 g/lCaCl2 · 2 H2O 2 g/lMgSO4·7 H2O 4 g/l
Nach der Herstellung der Medien werden diese sofort im Autoklaven dampfsterilisiert. Dabei
wird eine Temperatur von 121°C und 1 Bar Dampfdruck für eine Zeitdauer von 30 Minuten
eingehalten.
16
II.2.1.2 Algenanzucht
Die Algenanzucht erfolgte unter sterilen Bedingungen. Es wurden Erhaltungskulturen auf
Agarplatten angelegt, Flüssigkulturen in Erlenmeyerkolben zum Überimpfen bereitgehalten,
begaste Röhren für Versuche, die weniger Material erforderten und 10-Liter-Anzuchtgefäße
für Großpräparationen angezogen.
Dauerlichtkulturen:
Die Stammkulturen wurden auf Agarplatten (TAP-Medium mit 2% Agar) kultiviert, die mit
Parafilm abgedichtet werden. Sie wurden sich unter einer Lichtbank (60 µEs-1) bei ca. 20°C
aufbewahrt und wurden alle 6-8 Wochen durch Überimpfen erneuert.
Die Flüssigkulturen wurden auf einem Schütteltisch bei 60 µEs-1in 250 ml Erlenmeyerkolben
angezogen. Diese wurden mit einem Wattestopfen verschlossen und mit Aluminiumfolie
umwickelt. Jede Woche wurden einige Milliliter der Flüssigkultur in einen neuen
Erlenmeyerkolben mit ca. 150 ml TAP-Medium steril überführt.
Die Algenanzucht für die Versuche, die keine großen Mengen erforderten, erfolgte in
Anzuchtröhren mit einer Belüftung (Druckluft mit 5% CO2 (v/v)), deren aufsteigende
Luftblasen für eine gute Verwirbelung und optimalen Gasaustausch sorgen. Zwischen
Luftzufuhr und Algenröhre wird ein Wattestopfen als Filter eingebaut. Die Anzuchtröhren
werden mit 300 ml Medium und 20 ml möglichst frischer Flüssigkultur (nicht älter als 10
Tage) am sterilen Arbeitsplatz befüllt und wieder mit dem baumwollumhüllten Wattestopfen
und Aluminiumfolie verschlossen. Der Chlorophyllgehalt in der Algenröhre beträgt zu
Anfang 2-4 µg Chlorophyll pro ml. Die Anzucht erfolgt in einem temperierten Wasserbad
(Aquarium) bei 20°C unter Dauerlichtbedingungen (60 µEs-1).
Die Algenanzucht in den 10-Liter-Anzuchtgefäßen erfolgte ebenfalls unter CO2-Begasung.
Ein Porzellanausströmer sorgt dabei für eine Verwirbelung der Algensuspension. Die Gefäße
wurden vor einer Lichtleiste in einem bei 20°C klimatisierten Raum aufgestellt und mit 60
µEs-1 belichtet.
17
II.2.2 Versuchsobjekt Spinacia oleracea
Die Spinatpflanzen wurden entweder im Gewächhaus der Universität angezogen oder frisch
vom Großmarkt besorgt.
II.3 Meßverfahren
II.3.1 Chlorophyllbestimmung (nach Arnon, 1949)
Die Chlorophyllbestimmung der lebenden und der über Ultraschall aufgebrochenen Algen er-
folgte nach der Methode von Arnon (1949) bei einer Wellenlänge von 652 nm. In diesem
Wellenlängenbereich absorbiert sowohl Chlorophyll a als auch Chloropyll b. Die Extinktion
wird in 80% (v/v) Aceton gegen ein Gemisch aus 80% Aceton (v/v) und 20% (v/v) Wasser
bestimmt. Falls notwendig, wird die zu untersuchende Probe durch Zentrifugation oder Filtra-
tion durch einen Faltenfilter von Verunreinigungen befreit.
E652 / 34,5 Verdünnung = Gesamtchlorophyll [mg/ml]
E652: Extinktion bei der Wellenlänge von 652 nm
34,5: molarer Extinktionskoeffizient des Gesamtchlorophylls bei 652 nm
II.3.2 Proteinbestimmung nach Markwell et al. (1978), modifiziert
Die Proteinbestimmung nach Markwell eignet sich besonders zur Quantifizierung von
membrangebundenen Proteinen.
Reagenz A: 2 % (g/v) Na2CO3
0,4 % (g/v) NaOH1 % (g/v) SDS0,2 % (g/v) NaK-Tartrat 4 H2O
Reagenz B: 4 % (g/v) CuSO4 5 H2O
Reagenz C: 99 Teile Reagenz A /1 Teil Reagenz B
200 µl Probe werden mit 1 ml Reagenz C bei Raumtemperatur 10 Minuten inkubiert. Nach
Zugabe von 100µl Phenolreagenz erfolgt eine weitere Inkubation für 30 Minuten bei Raum-
18
temperatur. Die Extinktion wird bei 660 nm gemessen und der Proteingehalt aus einer
Eichgerade mit Rinderserumalbumin ermittelt.
II.3.3 Proteinbestimmung mit dem Pierce-Proteinassay
Die Proteinbestimmungen der über Perfusionschromatographie aufgereinigten Enzym-
fraktionen erfolgte mit dem Pierce-Proteinassay bei 37°C und 15 Minuten Inkubationszeit
nach der Vorschrift des Herstellers.
II.3.4 Phosphatasenachweis mit dem künstlichen PNPP
(p-Nitrophenylphosphat-Test; Reichardt et al., 1967)
Für die Messung der Phosphataseaktivtivität in Lösung und für genaue quantitative Analysen
wurde dieses Testverfahren verwendet. Die Phosphatasen hydrolysieren das farblose p-Nitro-
phenylphosphat zu Phosphat und p-Nitrophenol. Das im alkalischen Mileu gelbe p-
Nitrophenol wird photometrisch bei 405 nm Wellenlänge bestimmt. Das Substrat wird in
einer Konzentration von 1 mg/ml eingesetzt. Die Berechnung der Enzymeinheiten aus den
Meßwerten durch den molaren Extinktionskoeffizienten ist in der Einleitung des Ergebnisteils
dargestellt.
Enzymeinheiten (U)
Durch folgende Formel werden die ermittelten Meßwerte in Enzymeinheiten umgerechnet:
UOD
d t
ml Testvolumen
ml Testextrakt=
⋅ ⋅⋅405
ε.
. Einheit
Mol
ml:
min
µ⋅
εPNPP
= molarer Extinktionskoeffizient bei 405 nm = 18,5 cm2/ µMol
d = 1cm
t = 15 min
OD405 = optische Dichte = Extinktion, die im Spektralphotometer durch einem Lichtstrahl mit
405 nm Wellenlänge gemessen wird.
19
II.3.5 In vivo-Markierung der Phosphoproteine durch radioaktives Phosphat
Das trägerfreie radioaktive Phosphat (32P ) wurde von der Firma ICN bezogen. Die Methode
zur Markierung und Detektion der Phosphoproteine ist im Ergebnisteil beschrieben. Die
Präparation der Thylakoide erfolgt in Gegenwart von 20 mM NaF, um die Phosphatasen zu
hemmen.
II.3.6 Photosynthesemessung mit Kaliumhexacyanoferrat
Bei der Verwendung von Kaliumhexacyanoferrat (Fecy) als Elektronenakzeptor des
photosynthetischen Elektronentransports kann dessen Reduktion als Extinktionsabnahme bei
einer Wellenlänge von 420 nm am Spektralphotometer gemessen werden.
Das Reaktionsmedium enthält pro 3 ml:
80 µmol Puffer (Tricin, pH 8,0)
20 µmol MgCl2
1,5 µmol Fecy
Hinzugegeben werden: Thylakoide mit einem Chlorophyllgehalt von 50 µg, 7,5 nmol
Gramicidin D zum Entkoppeln und je 5 µmol ADP und Pi zur Messung der Stimulierung
durch das Phoshorylierungssystem.
II.4 Polyacrylamid-Gelelektrophorese
II.4.1 SDS-Polyacrylamidgele nach Jagow und Schägger (1987, verändert)
Plug: 40 ml Acrylamid, 30% (g/v)
120 ml H2O
0,2 ml TEMED (Tetramethylethylendiamin)
Unmitttelbar vor dem Gebrauch wird ein wenig APS dazugegeben, um die
Polymerisationsreaktion zu starten.
20
10%iges 33 ml Acrylamid (45% Acrylamid (g/v); 1,5% Bis-Acrylamid (g/v))
Trenngel: 50 ml Jagow-Gel-Puffer (3M Tris; 1M HCl; 0,3% SDS(g/v))
30 g Glycerin
------------------
ad 150 ml H2O,
dann werden zum Start der Polymerisierungsreaktion
500 µl 10% APS (g/v) und
50 µl TEMED dazugegeben [mit Propanol überschichten];
Sammelgel: 3,5 ml Acrylamidlösung (45% Acrylamid (g/v); 1,5% Bis-Acrylamid (g/v))
9 ml Gelpuffer (3M Tris; 1M HCl; 0,3% SDS (g/v))
-------------------
ad 36 ml H2O,
dann werden zum Start der Polymerisierungsreaktion
300 µl APS 10% (g/v) und
30 µl TEMED dazugegeben;
Anoden-Puffer: 0,2 M Tris, mit HCl auf pH 8,9 titrieren;
Kathoden-Puffer: 0,1 M Tris, 0,1 M Tricin, 0,1 % SDS, pH 8,25;
Solubilisier- 50 mM Tris/HCl, pH 6,8
ungspuffer: 15 % Glycerin
4 % SDS
2 % Mercaptoethanol
II.4.2 Blaue SDS Gelelektrophorese nach Jagow und Schägger, 1994
Bis auf den Kathodenpuffer wird die SDS-Gelelektrophorese wie unter II.4.1 durchgeführt.
Der Kathodenpuffer enthält 1/3 der SDS-Konzentration und 25 mg Coomassie auf 1Liter
Lösung.
21
II.4.3 Mini-Gele
Die in dieser Arbeit verwendeten Mini-Gele unterscheiden sich von den unter II.4.2
beschriebenen Jagow-Gelen nur durch ihre Größe und durch die Art des Gießens. Sie werden
im Mini-Protean-Gelgießstand von Bio-Rad gegossen und laufen in der Mini-Protean-
Gelkammer. Bei dieser Methode ist kein Plug erforderlich.
II.4.4 Färben- und Entfärben von Proteinen
II.4.4.1 Coomassie-Färbung
Die Coomassie-Brilliant-Blue-Lösung (500ml Methanol, 70 ml Essigsäure, 2,5 g Coomassie,
ad 1 l) wird ca. 1,5 Stunden auf dem Schütteltisch inkubiert.
Die Entfärbelösung (0,4 l Essigsäure; 2 l MetOH; 2 l H2O) wird dann nach Bedarf
gewechselt, bis eine zufriedenstellende Entfärbung stattgefunden hat.
II.5 Präparative Methoden
II.5.1 Ultraschallbehandlung
Die Algen einer Algenröhre (300 ml) werden bei 2.500 g (4500 rpm im SS-34 Rotor) 5
Minuten zentrifugiert und in 5 ml Aufschlußpuffer (30 mM Tricin-NaOH, pH 8,0; 30 mM
KCl; 2 mM MgCl2) aufgenommen. Das Ultraschallgerät wird auf 70% Leistung der
Mikrotipspitze eingestellt. Die Dauer der Ultraschallbehandlung beträgt 2 Minuten bei einem
Intervall von 60%. Die 10-Liter-Kulturen werden in entsprechend mehr Puffer aufgenommen
und 4 bis 5 Minuten beschallt.
II.5.2 Präparation der Thylakoidphosphatasen aus Chlamydomonas reinhardtii
Die Aufreinigung der Thylakoidphosphatasen aus Chlamydomonas reinhardtii erfolgte aus-
gehend von einer 55 l Kultur, die sich zu Beginn der spätlogarithmischen Phase befindet. Die
22
Algen werden in einer Durchflußzentrifuge geerntet. Nach einer Ultraschallbehandlung (5
Minuten, 70% Leistung, Intervall 60%) erfolgt eine differentielle Zentrifugation. Dabei wird
das Pellet der ersten Zentrifugation (4 Minuten) bei 500g verworfen und das Pellet der zwei-
ten Zentrifugation (10 Minuten) bei 10.000g weiterverarbeitet. Aus diesen Thylakoidmem-
branen erfolgt die Extraktion der Phosphatasen (Proteaseschutz: 0,5 mM PMSF und 5 mM
EDTA). Die Thylakoidmembranen werden mit einem Pinsel vorsichtig in 0,5 M Kaliumchlo-
rid und 0,5 Prozent Brij 35 aufgenommen und eine Stunde auf Eis inkubiert (gelegentlich
leicht geschwenkt). Nach einer Stunde folgt ein Ultrazentrifugationsschritt (1h, 100.000g),
und der Überstand wird durch verschiedene Säulenchromatographieverfahren aufgereinigt.
Die Chromatographiesäulen sind selbst befüllte Glassäulen, die im Kühlraum bei 4°C verwen-
det werden. Jede Säule wird vor der Benutzung mit dem dreifachen Säulenvolumen equili-
briert. Die Säulenchromatographieverfahren sind in der folgenden Tabelle zusammengefaßt:
Säule Durchmesser[mm]
Länge[cm]
Säulen-volumen[ml]
Puffer
Sephadex-G-50 30 85 600 30mM Tricin/NaOH, pH 8,01 mM EDTA0,1% Brij
DEAE 26 25 133 30mM Tricin/NaOH, pH 8,00,1% Brij
Sephacryl-S-300 30 90 635 30mM Tricin/NaOH, pH 8,00,1% Brij
Die anschließende Aufreinigung einer Proteinphosphatase durch die Perfusionschromatogra-
phie wird nach Angaben des Herstellers durchgeführt. Die Puffer werden laut Vorschrift von
Perseptive Biosystems angesetzt und die pH-Werte und Salzkonzentrationen kalibriert.
II.5.3 Präparation der Thylakoidphosphatasen aus Spinat
Jeweils 5 kg frischer Spinat werden entrippt, gewaschen und im Mixer homogenisiert. Aus
dem gazegefilterten Rohhomogenat werden Chloroplasten präpariert und mit isotonischem
Puffer gewaschen. Die Präparation der Chloroplasten erfolgt wie unter III.5.3. Nach einem
hypotonischen Aufbruch der Chloroplasten erfolgt die Extraktion der Phosphatasen aus der
Thylakoidmembran und die chromatographische Aufreinigung wie unter II.5.2 beschrieben.
23
II.5.4 Präparation von Chloroplasten, Thylakoiden, PS I- und PS II-Partikeln aus
Spinat (Methode des Lehrstuhls)
Verwendete Lösungen:
Lösung A: 400 mM NaCl
20 mM Tricin, pH 8,0
2 mM MgCl2
Lösung B: 150 mM NaCl
20 mM Tricin, pH 8,0
5 mM MgCl2
Lösung C: 15 mM NaCl
20 mM MES, pH 6,5
5 mM MgCl2
Präparationsmethode:
Ca. 300 g Spinatblätter werden in 600 ml Lösung A 60 sec. lang im Mixer bei 14000 upm
homogenisiert und zur Entfernung grober Partkel durch Gaze gepreßt. Nach der ersten Zentri-
fugation (10 min, 4000 g) wird das Pellet in 30 ml Lösung B resuspendiert, so daß man osmo-
tisch aufgebrochene Chloroplasten erhält. Nach einer weiteren Zentrifugation (10 min, 4000
g) erfolgt die Aufnahme des zweiten Pellets, der Thylakoidfraktion, in 15 ml Lösung C. 10 ml
der Thylakoide werden mit 10 ml Lösung C und 260 µl Triton-X-100 für 30 min bei 4°C
inkubiert. Nach 10 min Zentrifugation bei 40000 g wird das Pellet in Lösung C aufgenommen
(Volumen: 8 ml), hierbei handelt es sich um PS II-Partikel. Der Überstand wird 1 h lang bei
200000 g in der Ultrazentrifuge zentrifugiert, und man erhält als Pellet PS I-haltige
Stromalamellen, die wiederum in Lösung C aufgenommen werden.
24
II.6 Blot-Techniken
In der vorliegenden Arbeit wurden sowohl Immunblots (Western-Blots) zur Identifizierung
von Proteinen mit einem Antikörper durchgeführt als auch PVDF-Blots für die Versuche zur
N-terminalen Sequenzierung. In beiden Fällen werden die über ein SDS-Gel getrennten
Proteine im Anschluß an die Gelelektrophorese in einem Trans-Blot-System (Bio-Rad) mit
Hilfe eines elektrischen Feldes auf ein Trägermaterial, eine Nitrozellulose oder PVDF-
Membran, übertragen. Das Gel und das Trägermaterial werden dazu zwischen Schwämmen
und Filterpapier in eine Halterung eingespannt und in dem jeweiligen Puffer an ein
Spannungsgerät angeschlossen. Dabei ist das Gel der Anode und das Trägermaterial der
Kathode zugewandt.
II.6.1 Blotbedingungen
Beide Arten von Blots wurden bei 4°C, einer Stromstärke von 0,4 Ampere und 2,5 Stunden
Transferzeit durchgeführt.
II.6.2 PVDF-Blot (Matsudaira, 1989)
Zur aminoterminalen Sequenzierung werden die gelelektrophoretisch aufgetrennten Proteine
auf eine PVDF-Membran geblottet (PVDF = Polyvinylidendifluorid). Die Proteine binden
durch hydrophobe Wechselwirkungen an das teflonähnliche Material.
Blot- Puffer, PVDF-Blot:
3 mM Na2CO3 1,27 g Na2CO3
10 mM NaHCO3 3,36 g NaHCO3
0,05 % SDS 2 g SDS
20 % MetOH 800 ml MetOH
pH 9.9 ad 4l mit H2O
25
Die PVDF-Membran wird kurz vor dem Blotten für ca. 10 Sekunden in Methanol getaucht
und dann im PVDF-Puffer equilibriert.
Anfärben der Proteine auf dem PVDF-Blot:
0,1 % (g/v) Coomassie R 250 in 50% (v/v) MetOH; Zeit: 5 Minuten;
Der Entfärber wird mehrfach gewechselt, bis die PVDF- Membran entfärbt ist. Nach mehr-
fachem Spülen mit destilliertem Wasser wird die PVDF-Membran getrocknet und bei 4°C
aufbewahrt.
II.6.3 Western-Blot (Towbin et al., 1979)
Verwendete Lösungen:
Blotpuffer: 9,1 g Tris
43,2 g Glycin
0,6 l Methanol
ad 3 l A. dest.
TBS (Tris 4,85 g Tris
buffered saline): 58,44 g NaCl
ad 2 l A. dest.
TTBS: TBS + 0,5 ml Tween-20 pro Liter;
Blocking-Lösung: 3% Gelatine, in TBS unter Erwärmen gelöst;
Antikörper-Puffer: 1% Gelatine, in TBS gelöst;
Identifizierung der Proteine im Western-Blot:
26
Nach dem Proteintransfer wird die Nitrozellulose 1h lang bei ca. 25°C mit Blocking-Lösung
beschichtet. Anschließend erfolgt die Inkubation mit dem in Antikörperpuffer verdünnten
ersten Antikörper (gegen das gesuchte Protein) über Nacht auf einem Schüttler.
Überschüssige Antikörper werden dann durch zweimaliges Waschen mit TTBS und TBS
entfernt, und der Blot wird 1 h lang in einer Verdünnung (1:2000) des zweiten Antikörpers,
„Goat-anti-Rabbit igG-horseradish peroxidase conjugate“ von Bio-Rad inkubiert. Nach der
zweiten Antikörperreaktion findet die Entwicklung der Farbbanden in dem Gemisch aus
folgenden Lösungen statt:
a) 60 mg HRP Color Development Reagent (Bio-Rad)
20 ml eisgekühltes MeOH
b) 100 ml TBS
60 µl eiskaltes H2O2
Lösungen a und b werden gemischt und auf den Blot gegeben. Nach der Entwicklung
purpurfarbener Banden wird die Reaktion mit H2O gestoppt.
II.7 NH2-terminale Aminosäuresequenzierung von Proteinen
Die Aminosäuresequenzierungen der Proteine erfolgten durch den Edmann-Abbau vom
aminoterminalen Ende des jeweiligen Polypeptids her. Sie wurden freundlicherweise von
Herrn K. H. Wüster, Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie in Dortmund,
durchgeführt. Die Sequenzierung erfolgte direkt von der PVDF-Membran in einem
Gasphasensequenator der Firma Applied Biosystems.
27
II.8 Molekularbiologische Methoden
II.8.1 Pufferlösungen für die molekularbiologischen Arbeitsmethoden:
TEN: 20 mM Tris-HCl, pH 8,0
50 mM EDTA
100 mM NaCl
TE: 10 mM Tris-HCl, pH 8,0
1 mM EDTA
20x SSC: 3 M NaCl
0,3 M Na-Citrat mit HCl pH 7,0
6fach Laufpuffer: 0,25% Bromphenolblau; 15% Ficoll (Ficoll ist ein nichtionisches syntheti-
sches Saccharose-Polymer, welches die Lösung verdichtet. Beim Auftragen sinkt die Probe
auf dem Boden der Geltasche)
5x TBE 0,45 M Tris, 0,45 M Borat, 0,01 M EDTA (Elektrophoresepuffer)
Ethidiumbromid 10 mg/ml Stammlösung (0,3 µl/ml EtBr im Gel)
II.8.2 Isolierung der genomischen DNA aus Chlamydomonas reinhardtii
30 ml Zellsuspension (3-4 x 106 Zellen) von Chlamydomonas reinhardtii werden bei 3.000g
für 10 Minuten zentrifugiert. Das Algenpellet wird mit dem TEN-Puffer gewaschen und die
Zellen werden einer Proteinase K-Lösung lysiert. Proteinase K inaktiviert sehr schnell native
Proteine, unter anderem auch die in den Zellen vorhandenen Ribonukleasen und Desoxyribo-
nukleasen, und wird daher besonders bei der Aufarbeitung von Zellen und Geweben zur Iso-
lierung von mRNA und hochmolekularer DNA eingesetzt.
28
Proteinase K-Behandlung:
Pellet in 350 µl TEN resuspendieren und in ein Eppendorfgefäß überführen;
+ 50 µl Proteinase K (10 mg/ml; frisch angesetzt)
+ 25 µl 20% SDS
Es folgt eine Inkubation für 2h bei 55°C (bis eine Braunfärbung einsetzt).
Reaktionsgefäß auf Eis kühlen;
+ 50 µl 5 M Kaliumacetat (fällt Dodecylsulfat),
anschließend mischen und 30 Minuten auf Eis inkubieren lassen.
Nach einer 15minütigen Zentrifugation bei maximaler Geschwindigkeit in der Tischzentrifuge
wird der Überstand in ein neues Reaktionsgefäß überführt, und es folgt eine dreimalige Phe-
nolextraktion mit PCI (=Phenol/Chloroform/Isoamylalkohol in einem Verhältnis von 25:24:1;
(der Isoamylalkohol fängt in der Lösung die Radikale vom Chloroform ab). Zu dem
Überstand wird ein gleiches Volumen an PCI hinzugegeben und durch vorsichtiges Schwen-
ken werden die Lösungen gemischt. Aufgrund der Scherkräfte, die die genomische DNA zer-
stören können, ist ein starkes Schütteln zu vermeiden. Nach 5 Minuten Zentrifugation wird
die obere Phase vorsichtig abgenommen und ein zweites, dann ein drittes Mal mit Phenol
extrahiert.
Es folgt eine DNA-Fällung mit Ethanol (EtOH). Zu der DNA-Lösung wird 1/10 Volumen 3M
NaAcetat, pH 5,2, hinzugegeben und vorsichtig gemischt. Nach einer Zugabe der 2,5fachen
Menge an 100% EtOH wird die Probe für 30 Minuten auf Eis inkubiert und dann 15 Minuten
bei maximaler Geschwindigkeit zentrifugiert. Der Überstand wird vorsichtig abgenommen,
und es folgen zwei Waschungen mit 70% EtOH, um die Salze zu entfernen. Bei der Wasch-
ung wird das Pellet mit 1 ml 70% EtOH gewaschen und 8 Minuten bei maximaler Geschwin-
digkeit zentrifugiert, der Überstand wird abgenommen. Das Pellet wird an der Luft getrocknet
und in 50µl TE-Puffer aufgenommen. Zur weiteren Aufreinigung folgt eine
Ammoniumacetatfällung. Zu 0,3 ml DNA-Lösung werden 30 µl 3M Ammonium-Acetat und
30 µl 0,5M MgCl2 pipettiert. Die Lösung wird gemischt, kurz anzentrifugiert und dann mit 2
Volumina 100% EtOH versetzt. Die DNA-Lösung 15 Minuten auf Eis inkubieren und 10
Minuten bei maximaler Geschwindigkeit zentrifugieren. Das Pellet noch zweimal mit 70%
EtOH waschen und in 50 µl TE-Puffer lösen.
29
II.8.2.1 Bestimmung der DNA-Konzentration
Die DNA-Konzentration der Lösung wird durch eine Extinktionsmessung bei 260 nm gegen
TE bestimmt. Eine Extinktion von 1 entspricht 50 µg DNA/ml.
Zur Überprüfung der Qualität (Reinheit) der Präparation der genomischen DNA wird eine
Vergleichsmessung bei 280 nm durchgeführt und das Verhältnis der beiden Extinktionsmes-
sungen bestimmt. Das Verhältnis OD 260/ OD 280 sollte mindestens 1,8 betragen.
II.8.2.2 Restriktionsverdau der genomischen DNA
Für jeden Versuchsansatz werden jeweils 20 µg DNA verwendet. Durch geeignete Puffer der
Hersteller wird das richtige Milieu für die Restriktionsenzyme eingestellt und 60 Units des je-
weiligen Restriktionsenzyms werden addiert. Es folgt eine Inkubation über Nacht bei 37°C.
Am nächsten Morgen erfolgt eine erneute Zugabe von 20 Units des jeweiligen Restriktionsen-
zyms. Nach 2 h werden die Proben kurz anzentrifugiert und im Agarose-Gel aufgetrennt.
II.8.2.3 Agarose-Gel
1,5 g Agarose werden mit 120 ml 1 x TBE im 250 ml Erlenmeyerkolben gemischt und in der
Mikrowelle aufgekocht. Nach Zugabe von 5 µl Ethidiumbromid (10 mg/ml) wird das Gel in
die Elektrophoresekammer gegossen. Nach Erkalten des Gels wird die Kammer mit 1 x TBE
befüllt. Die Proben werden mit 6fach Laufpuffer versetzt, in die Geltaschen pipettiert, und
eine Spannung von 110 V (3h) trennt die DNA-Fragmente aufgrund ihres Molgewichtes.
II.8.2.4 Southernblot
Das Agarosegel wird zuerst 45 Minuten im Denaturierungspuffer (0,5 M NaOH, 1,5 M NaCl),
dann 45 Minuten im Neutralisierungspuffer (1 M Tris-HCl, pH 8,0; 1,5 M NaCl) gebadet. Nur
einzelsträngige DNA bindet effektiv an Nitrozellulose. Eine anschließende Neutralisierung
des Gels ist nötig, da die Natronlauge die Nitrozellulose zerstören würde. Der Southern
Transfer erfolgt in der Gelkammer. Der Kapillartransfer der DNA aus dem Gel erfolgt durch
Aufsaugen der Pufferlösung mit einem Papierstapel durch das Gel und eine Nitrozellulose.
30
Die DNA bleibt dabei an der Nitrozellulose gebunden. Dieser Vorgang erfolgt über Nacht,
und am nächsten Tag wird die Nitrozellulose mit 10 x SSC gewaschen, um die anhaftenden
Agarosestückchen vollständig zu entfernen. Die DNA wird dann für 2 h bei 80°C an der
Nitrozellulose „festgebacken“.
II.8.2.5 Hybridisierung des Southern-Blots mit der DIG-markierten DNA Sonde
Für die in dieser Arbeit verwendete Oligonukleotidsonde (III.6.1), die von der Firma Euro-
gentec synthetisiert und mit dem Steroid Hapten Digoxigenin (=DIG) markiert wurde, sind
experimentell folgende Hybridisierungsbedingungen optimiert worden:
Hybridisierungsbedingungen
55°C;
15 pmol DNA-Konzentration der DIG-markierten Sonde/ml;
Über Nacht im Rollschüttler inkubieren und am nächsten Tag mit 2 x SSC + 0,1% SDS
zweimal bei Raumtemparatur (5 Minuten) und dann zweimal für 15 Minuten im Rollschüttler
bei 55°C mit 0,5 x SSC + 0,1% SDS waschen.
Der Nachweis der DIG-markierten Sonde erfolgte durch das „DIG Nucleic Acid Detection
Kit“ der Firma Böhringer und wurde nach Herstellerangaben durchgeführt.
II.8.3 Isolierung von Genen aus einer Wildtyp-cDNA-Genbibliothek
Die Wildtyp-cDNA-Genbibliothek aus Chlamydomonas reinhardtii wurde mir von Dr. J.
Nickelsen von der Ruhr-Universität-Bochum zu Verfügung gestellt.
Lamda NM1149 cDNA-Bank:
Komplexität 2,5 • 106
Titer: 1,5 • 1010
31
II.8.3.1 Pufferlösungen für die Isolierung von Genen aus der cDNA-Genbibliothek
NZ:
10 g NZ-Amin
5 g NaCl
2 g MgSO4 x 7H2O
NaOH, ad pH 7,0;
ad 1 Liter mit A. dest.
NZ-Agar, 1,8%;
autoklavierte Maltosestammlösung, 10% (w/v);
SM Puffer (Phagenpuffer):
5,8 g NaCl (100 mM)
2,0 g MgSO4•7H2O (8 mM)
50 ml Tris/ HCl pH 7,5 (20 mM)
5 ml 2%ige Gelatine
II.8.3.2 Vermehrung der Phagen aus der Genbibliothek
-Hybridisierung mit der Oligonukleotidsonde
Am ersten Tag werden die NZ-Agar-Platten gegossen [5 Platten a 12 x 12 cm; 400 ml NZ-
Agar 1,8%] und eine 50 ml Kultur des Escherichia coli BHB 2600 in NZ mit 0,2% Maltose
angeimpft und über Nacht bei 37°C kultiviert. Am zweiten Tag erfolgt die Infektion der
Bakterien durch die Phagen. Dazu werden 2 ml der „über Nacht“-Kultur von BHB 2600 in
Anwesenheit von Maltose (Maltosetransporter = Phagentransporter) mit jeweils 200µl Phagen
im Schüttler für 20 Minuten inkubiert. Die Agar-Platten (s.o.) werden 20 Minuten bei 37°C
angewärmt. Dann werden zu jedem Ansatz 10 ml NZ-Medium und 15 ml NZ-Agar (beides
auf 50°C temperiert) hinzugegeben und nach gutem Schütteln als „Top-Agar“ über die Platten
gegossen. Nach 4-5 h sind die Platten getrocknet und werden bei 37°C inkubiert. Wenn die
Plaques mit dem Auge erkennbar sind, werden die Agar-Platten bei 4°C in den Kühlschrank
gestellt.
32
Das DNA-Material der Phagen wird durch Auflegen einer Nitrozellulosemembran an die
Membran gebunden (eindeutige Markierung!). Nach dem Filterabzug wird wie unter II.8.2.4
und II.8.2.4 verfahren, um eine spezifische Bindung der Oligonukleotidsonde bei der Hybridi-
sierung zu überprüfen. Die gewünschten Plaques werden ausgestochen und erneut als infek-
tiöses Agenz zur Überprüfung der Homogenität des Phagen verwendet.
II.8.3.3 Erhalt großer Mengen DNA durch die Vermehrung eines Phagen
Der vereinzelte Phage wird in 50 ml Bakterienkultur vermehrt, und aus dem Überstand der
Kultur wird nach Herstellerangaben mit dem Quiagen Midi Kit die DNA des Lamda-Phagen
isoliert. Dabei erfolgte die PEG-Fällung über Nacht, und zwischen Schritt 4 und 5 des
Quiagen Midi Kit-Verfahrens wurde eine Proteinase K-Behandlung (0,1-0,2 mg/ml; 30min
bei 55°C) zur verbesserten Aufreinigung des Phagenmaterials eingefügt. Die Ausbeute
betrug: 15µg Phagen-DNA mit einem Verhältnis OD260/OD280 = 2.
II.8.3.4 Umklonieren des Inserts aus der Chlamydomonas-cDNA Bank in pBluescript II
SK
Durch eine Behandlung mit dem Restriktionsenzym Eco RI wird das Phagengenom in zwei
sogenannte „Phagenarme“ und das Insert aus der Wildtyp-cDNA-Genbibliothek geschnitten.
Die DNA wird dann auf ein 0,6%iges Agarose Gel aufgetragen und das Insert aus der Wild-
typ-cDNA-Genbibliothek mit dem Macherey Nagel Kit aus dem Gel eluiert.
Der Vektor pBluescript wird ebenfalls mit dem Restriktionsenzym Eco RI geschnitten, und
mit einer alkalischen Phosphatasebehandlung werden die endständigen Phosphatreste entfernt.
In der anschließenden Ligation mit dem Enzym Ligase über Nacht bei 17°C erfolgt die
Verbindung der DNA-Fragmente.
II.8.3.5 Transformation des Vektors in den Escherichia coli Stamm DH5αααα
Der Vektor pBluescript mit dem Insert aus der Wildtyp-cDNA-Genbibliothek wird durch
33
einen Hitzeschock in den Escherichia coli-Stamm DH5α transformiert. Dazu werden 200 µl
kompetenter Zellen mit 5µl DNA-Lösung (aus Ligation) versetzt und 30 Minuten auf Eis in-
kubiert. Es folgt ein Hitzepuls bei 42°C für 45 Sekunden. Die Proben werden sofort auf Eis
abgekühlt und bei dieser Behandlung nicht geschüttelt. Die Zellen werden dann mit 800µl
frischem SOB Medium verdünnt und 1 h bei 37°C und kräftigem Schütteln inkubiert. Durch
Ausplattieren auf Agarplatten mit dem geeigneten Antibiotikum werden die Bakterien auf die
Aufnahme des Plasmids selektiert. Die Aufnahme des Insert in den Vektor pBluescript wird
durch eine sogenannte „Blau-Weiß-Selektion“ ermittelt. In einem Agarosegel mit anschlies-
sendem Southernblot und Hybridisierung mit der Oligonukleotidsonde wird die spezifische
Bindung überprüft.
Die DNA-Sequenzierung des Wildtyp-cDNA-Fragmentes erfolgte durch die Firma Quiagen.
II.9 Digitale Bildverarbeitung
Die digitale Bildverarbeitung in einigen Abbildungen erfolgte mit dem Programm Photoshop
unter Mikrosoft Windows.
34
III. Ergebnisse
III.1. Adaptation des Photosystems II an Starklicht -Einfluß des Phosphataseinhibitors
NaF auf die Adaptation
In der Einleitung sind die reversible Proteinphosphorylierung als Mechanismus zur Steuerung
der Enzymaktivität und die Regulation des Photosystems II durch den Phosphorylierungsgrad
von Phosphoproteinen dargestellt. Die Bedeutung der Phosphorylierungsreaktionen konnte
bislang nur für wenige Phosphoproteine der Thylakoidmembran geklärt werden. Ein Beispiel
dafür ist die in der Einleitung dargelegte Regulation der Antennengröße beider Photosysteme
als Anpassung an unterschiedliche Lichtintensitäten durch die Phosphorylierung des LHC IIb-
Proteins. Die Anregungsenergie an beiden Photosystemen wird dabei durch die Verteilung der
LHC II-Antennenproteine der Lichtintensität angepaßt.
In den eigenen Versuchen werden die vielfältigen Anpassungsmechanismen des Photosynthe-
seapparates an die unterschiedlichen Lichtintensitäten durch lichtsättigende Bedingungen be-
wußt ausgeschlossen, damit nur die Prozesse zum Schutz vor Lichtenergie betrachtet werden.
Die Anpassung des Photosystem II an hohe Lichtintensitäten soll im Rahmen dieser Arbeit
untersucht werden. Die Menge der Lichtquanten in den durchgeführten Starklichtversuchen
ist dabei erheblich größer als der Bedarf an Redoxäquivalenten aus dem Elektronentransport-
system. Im Photosystem II können bei reduzierten Plastochinon-Rezeptoren P680-Triplett-
Zustände entstehen, deren Energie nicht von Carotinen aufgenommen wird, sondern mit Sau-
erstoff zum Singulett-Sauerstoff reagieren. In diesem Teilprozeß der Photoinhibierung können
dann phototoxische Schädigungen die Folge sein, und ein Abbau des D1-Proteins wird beob-
achtet (Andersson und Aro, 1997 und Aro et al., 1993). Für die Alge Chlamydomonas rein-
hardtii wird in den Starklichtversuchen, die zur Photoinhibierung führen, eine Lichtmenge
von 1800 µEs-1 verwendet. Das entspricht etwa der Lichtmenge der maximalen Sonnenein-
strahlung eines Sommertages und gehört zu den physiologischen Lebensbedingungen der Al-
ge. In Tabelle 1 sind die eigenen Untersuchungen mit Chlamydomonas reinhardtii zusam-
mengefaßt. Die Photosyntheseaktivität des Photosystems II anhand von Elektronentransport-
messungen, der Turnover des D1-Proteins sowie die Regulation der Carotinoide im Xantho-
phyllzyklus sind bei verschiedenen Lichtintensitäten und unter Einwirkung des Phosphatase-
hemmstoffs NaF dargestellt.
35
Tabelle 1: Anpassung des Photosystems II an Starklichtbedingungen
Schwachlicht[60 µEs-1]
Starklicht[1800 µEs-1]
Starklicht mit NaF[1800 µEs-1]
Photosystem II ist aktiv*[456 µMol Fecy/mg Chl • h]
Photosystem II ist aktiv[456 µMol Fecy/mg Chl • h]
Photosystem II wirdinaktiviert[96 µMol Fecy/mg Chl • h]
D1-Protein-TurnoverD1-Protein ist stabil
Hoher D1-Protein-TurnoverD1-Protein ist stabil
Geringer D1-Protein-TurnoverD1-Protein wird abgebaut
Viel Violaxanthin, wenigZeaxanthin
Wenig Violaxanthin, vielZeaxanthin (= ein Teil desXanthophyllzyklus)Im Reaktionszentrum desPhotosystems II wird das ß-Carotin zu Zeaxanthinhydroxyliert
Xanthophyllzyklus istblockiert
Starker Abbau des ß-Carotins
*Die Aktivität des Photosystems II wurde nach 2 h Starklicht an isolierten Photosystem-II-Partikeln bestimmt.
In Tabelle 1 sind einige Folgen der Anpassung des Photosystems II (siehe Abbildung 2) an
Starklichtbedingungen gezeigt. Die Photosyntheseraten des isolierten Photosystems II aus
unter Schwachlicht und unter Starklicht angezogenen Algen sind gleich. In beiden Fällen ist
die Menge des D1-Protein stabil. Dieses Protein unterliegt im Licht einem ständigen Zyklus
von Abbau und Neusynthese, der als D1-Protein-Turnover bezeichnet wird (Mattoo et al.,
1984). Damit im Starklicht die Menge des D1-Proteins konstant bleibt, ist es unter diesen
Lichtbedingungen einem erhöhten D1-Protein-Turnover unterworfen. Dieser erhöhte D1-
Protein-Turnover ist auf eine erhöhte Resynthese zurückzuführen, die den Abbau des D1-
Proteins als eine Folge der Starklichtbedingungen kompensieren kann. Das zeigen Immun-
blots gegen das D1-Protein nach Zugabe von CAP (= Chloramphenicol, ein Proteinbiosynthe-
sehemmstoff) (ohne Abbildung). Die HPLC-Analyse der Carotinoide im Starklicht zeigt viel
Zeaxanthin und wenig Violaxanthin, im Schwachlicht dagegen ist es umgekehrt. Die HPLC-
Analysen der Carotinoide wurden an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf durchge-
führt und zeigen, daß ein Teil des sogenannten Xanthophyllzyklus bei der Umsetzung der
Algen in das Starklicht stattfindet. Nach der derzeitigen Interpretation wird die überschüssige
Anregungsenergie der Chlorophylle des Photosystems II von Zeaxanthin aufgenommen und
als ungefährliche Wärmeenergie freigesetzt.
36
Tabelle 1 zeigt auch die Veränderungen im Starklicht bei Zugabe von NaF. In Gegenwart
dieses Phosphatasehemmstoffs ist die Adaptation des Photosystems II an das Starklicht nicht
möglich. Die Folge ist eine Schädigung des Photosyntheseapparates: Mit Fortdauer des Stark-
lichtes wird das Photosystem II inaktiviert. Der D1-Protein-Turnover verrringert sich und da
vermutlich die Neusynthese verringert ist, wird es ganz abgebaut. Auch die Umwandlung des
Violaxanthins zu Zeaxanthin im Xanthophyllzyklus ist blockiert. Der starke Abbau des ß-
Carotins weist auf einen Abbau des Photosyntheseapparates bei Hemmung der Phosphatasen
im Starklicht hin. Möglicherweise sind die Schutzmechanismen für eine Anpassung an hohe
Lichtintensitäten blockiert.
Der Photosyntheseapparat wird nach dem Starklichtstreß wieder an geringere Lichtintensitä-
ten angepaßt (Ergebnisse nicht gezeigt). Der D1-Protein-Turnover verringert sich dann, und
Zeaxanthin wird zu Violaxanthin epoxidiert. In Gegenwart des Phosphatasehemmstoffs NaF
ist die Reorganisation des Photosystems II jedoch nicht möglich, da der D1-Protein-Turnover
und der Xanthophyllzyklus blockiert sind. Das Photosystem II kann nach dem Starklicht nicht
reorganisiert werden und verliert weiter an Photosyntheseaktivität.
Diese Versuche wurden zusammen mit Fr. B. Depka durchgeführt und sollen hier nicht im
einzelnen erläutert werden. Sie sind aber für das Verständnis der Problemstellung dieser
Arbeit von Bedeutung und zeigen, daß NaF den Erhalt des Photosystems II im Starklicht und
dessen Reorganisation nach dem Lichtstreß verhindert. Für die Anpassungen des Photosyn-
theseapparates an die verschiedenen Lichtbedingungen ist eine Phosphatase notwendig. Die
Ergebnisse lassen vermuten, daß der Phosphorylierungsgrad von Membranproteinen des Pho-
tosystems II bei der Adaptation an hohe Lichtintensitäten eine regulatorische Komponente
beinhaltet.
In den folgenden Versuchen soll die Phosphorylierung und Dephosphorylierung der Mem-
branproteine des Photosystem II untersucht werden. Es sollen die Phosphoproteine dargestellt
werden, die während einer Adaptation an hohen Lichtbedingungen dephosphoryliert werden
und deren Dephosphorylierung in vivo durch den Phosphatasehemmstoff NaF verhindert
wird.
37
III.1.2 Einbau von radioaktivem Phosphat in Thylakoidmembranen während der
Starklichtphase
Um die Bedeutung des Phosphataseinhibitors NaF auf die Phosphorylierungsreaktionen wäh-
rend der Adaptation des Photosystems II an die Lichtbedingungen genauer zu untersuchen,
wird der Einbau von radioaktivem Phosphat (32P) in die Thylakoidmembran verfolgt. In den
Versuchen wird die Alge in Gegenwart von trägerfreiem 32P, welches problemlos aufgenom-
men wird, angezogen. Da in diesen In vivo-Versuchen nicht das Wachstum sondern der regu-
lative Einbau von Phosphat in die Proteine untersucht werden soll, sind die Inkubationszeiten
mit 1-2 Stunden kurz gehalten. Die Phosphataufnahme in die Zelle und in die Thylakoide bei
den in Tabelle 1 dargestellten Starklichtbedingungen wird verfolgt. Die Aufnahme des radio-
aktiven Phosphates wird durch phosphatverarmte Kulturen erleichtert, da Chlamydomonas
reinhardtii Phosphat in der Zelle speichert. Bei den hier gewählten Anzuchtbedingungen sind
die Phosphatspeicher der Zelle nicht gefüllt, und das radioaktiv markierte Phosphat wird im
Verhältnis zu phosphatgesättigten Kulturbedingungen stärker aufgenommen. Ein Phosphat-
mangel muß vermieden werden, um eine weitere Streßsituation der Alge zu vermeiden. Der
Phosphatmangel wurde in der von mir vorgelegten Diplomarbeit untersucht. Es kommt unter
den hier vorliegenden Bedingungen erst nach 32 Stunden zur Induktion einer periplasmati-
schen Phosphatase, die dann extern Phosphatreste hydrolysiert und der Zelle zur Verfügung
stellt. Der Zeitraum von 18 Stunden in dem phosphatarmen Medium stellt bei einer Verdopp-
lungszeit von 6 Stunden keine Phosphatmangelbedingungen dar.
Die phosphatverarmten Kulturen in der logarithmischen Wachstumsphase (18 µg Chlorophyll
pro Milliliter) von Chlamydomonas reinhardtii werden mit 3700 Becquerell (=1µCi) radio-
aktivem 32P pro ml Algensuspension versetzt. Nach einer Stunde Starklicht werden die Thy-
lakoide durch Ultraschall und Zentrifugation isoliert. Der Verbleib der Radioaktivität ist in
Tabelle 2 dargestellt.
38
Tabelle 2: Phosphateinbau in ganzen Zellen und Thylakoidmembranen-
Veränderung der Lichtbedingungen und Hemmung der Phosphataseaktivität
Schwachlicht[60 µEs-1]
Starklicht[1800 µEs-1]
Starklicht[1800 µEs-1]
+ 50 mM NaF
Gewaschene Algen 70 000* 100 000* 5 500*
Isolierte Thylakoide 38 500* 55 000* 700*
*Nach einer Stunde „In vivo“-Einbau des 32P wird die Radioaktivität in Zerfallsprozessen pro Minute gemessen.
Im Schwachlicht werden nach einer Stunde Wachstum in Gegenwart von 32P etwa 70000
radioaktive Zerfallsprozesse in der Minute pro Milliliter (= CPM/ml) gewaschener Algen
gemessen. Durch Starklicht erhöht sich dieser Phosphateinbau in den ganzen Zellen auf
100000 CPM/ml. In der Starklichtprobe mit NaF werden nur 5500 CPM/ml gewaschener
Algen gemessen. Der Gesamteinbau von radioaktivem Phosphat in der Alge im Starklicht ist
durch den Phosphataseinhibitor stark verringert. Nach der Isolierung der photosynthetisch ak-
tiven Membranen verbleiben etwa 55% der Radioaktivität in den Thylakoiden. Durch NaF im
Starklicht wird die Phosphorylierung in den Thylakoiden von 55% auf 20% verringert.
Diese Versuche zeigen, daß NaF im Starklicht die Phosphataufnahme in die Zelle reduziert
und den prozentualen Anteil an radioaktivem Phosphat in den Thylakoiden herabsetzt.
Die ersten Ergebnisse mit radioktivem Phosphat zeigen veränderte Phosphorylierungsreaktio-
nen im Starklicht und negative Auswirkungen auf den Phosphateinbau in die Zelle und in die
photosynthetischen Membranen bei Hemmung der Phosphatasen durch NaF. In Kapitel III.2
dieser Arbeit folgt eine Abtrennung der radioaktiv markierten Phosphoproteine von anderen
radioaktiv markierten Zellbestandteilen, wie DNA, RNA, Phospholipide oder ATP, durch
SDS-Gelelektrophorese. Nur noch ein Teil der Phospholipide ist in der Front der Laufstrecke
im SDS-Gel zu sehen (Abbildung 4). Die Methode zur Isolierung und Darstellung des Phos-
phorylierungsmusters von 16 radioaktiven Banden im SDS-Gel aufgetrennter Thylakoid-
proteine und die Wirkung des Phosphataseinhibitors NaF auf das Phosphorylierungsmuster
der Proteine bei verschiedenen Lichtbedingungen wird in III.2. beschrieben.
39
III.2 Isolierung der radioaktiven Phosphoproteine des Photosystems II
Zur Darstellung der radioaktiven Phosphoproteine mußte eine Methodik ausgearbeitet
werden, die das im SDS-Gel aufgetrennte Phosphorylierungsmuster der Proteine zeigt. Nach
der Starklichtbehandlung wird zuerst das radioaktive Medium und das anhaftende radioaktive
Phosphat durch Waschen der Zellen entfernt. Es folgt die Isolierung der Thylakoide in Gegen-
wart von NaF auf Eis. Der Phosphataseinhibitor NaF ist zur Inaktivierung der Phosphatasen
während der Präparation notwendig. Die Membranproteine werden dann auf ein SDS-Gel
aufgetragen. Eine Spur wird mit Coomassie gefärbt und zeigt das Proteinmuster. Eine zweite
wird geblottet, zur Überprüfung des Proteintransfers auf den Blot mit Ponceau angefärbt, und
anschließend erfolgt der Nachweis des radioaktiven Phosphates durch einen Röntgenfilm.
Diese Methode hat sich bewährt, die Darstellung der phosphorylierten Proteine in hoher
Auflösung zu zeigen. Aufgrund der starken Streustrahlung können die einzelnen radioaktiv
markierten Proteinbanden erst nach dem Transfer der Proteine aus dem dreidimensionalen Gel
auf eine zweidimensionale Nitrozellulose sichtbar gemacht werden. Üblicherweise wird dazu
die computerunterstützte Imagerplatte verwendet. Sie ist um den Faktor 20 empfindlicher,
einfacher und praktischer als der hier verwendete Röntgenfilm. Doch nur durch die bessere
Auflösung des Röntgenfilms werden 16 diskrete Banden sichtbar.
Die Identifizierung einiger Photosystem II-Proteine durch Antiseren ist in Abbildung 4 darge-
stellt. Bei dem Immunblot-Verfahren werden die als Antigen auf der Nitrozellulose gebunde-
nen Proteine mit dem Antikörperserum versetzt. Die unspezifisch gebundenen Antikörper
werden weggewaschen und die verbleibenden Antikörper durch eine an einen zweiten Anti-
körper gekoppelte Enzymreaktion nachgewiesen. Je nach Spezifität des Antiserums werden
ein oder mehrere Polypeptide durch die Färbereaktionen auf der Nitrozellulose identifiziert.
Vor dem Antikörpernachweis wurde das Phosphorylierungsmuster der Proteine durch einen
Röntgenfilm dargestellt. Im Anschluß an beide Nachweisverfahren ist es möglich, den Rönt-
genfilm und die Nitrozellulose übereinander zu legen: Exakt übereinstimmende Banden gen
eine Phosphorylierung des vom Antikörper identifizierten Proteins. Die Anfärbungen der
Antikörperreaktionen auf der Nitrozellulose werden mit dem TINA-Programm quantitativ
analysiert.
Das Antikörperserum gegen den Light-Harvesting-Komplex bindet an verschiedene Chloro-
phyllbindeproteine. Die LHC-Polypeptide bilden eine Multigenfamilie, die sehr hohe Ähn-
40
lichkeiten in der Proteinfaltung und der Sequenzhomologie aufweisen. Aufgrund dieser Über-
einstimmungen sind die Kreuzreaktionen des Antiserums gegen andere Chlorophyllbindepro-
teine zu erklären. Durch den hier verwendeten Antikörper gegen das LHC II werden 8
Chlorophyllbindeproteine erkannt. 6 dieser LHC-Antikörperbanden sind Phosphoproteinen in
SDS-Gel zuzuorden. Es sind das CP 29, CP 26, LHC IIb und drei weitere LHC-Proteine des
Lichtsammelkomplexes. Zwei LHC-Banden werden in diesem Versuch nicht phosphoryliert.
Diese Proteine liegen zwischen den den phosphorylierbaren Banden 8 und 9 sowie 10 und 11.
Das Antikörperserum gegen das D1-Protein ist hochspezifisch für dieses Kernprotein des Pho-
tosystems II. Der Photosystem II-Komplex ist in der Einleitung in Abbildung 2 dargestellt,
und das D1-Protein gehört zu den bestuntersuchten Proteinen in der Photosyntheseforschung.
Die Antikörperreaktion auf dem Immunoblot identifiziert das D1-Protein eindeutig und keine
phosphorylierte Proteinbande in Abbildung 4 zeigt eine Übereinstimmung mit diesem Protein
des Photosystems II. Folglich wird das D1-Protein in Chlamydomonas reinhardtii nicht phos-
phoryliert. In der Diskussion sind weitere Überlegungen zu der Phosphorylierung des D1-
Proteins aufgeführt.
Auf diesem Immunblot mit dem Nachweis des D1-Proteins kann die Lage eines anderen
Polypeptides des Photosystems II auf der Nitrozellulose abgeschätzt werden: Das D2-Protein
liegt knapp oberhalb des D1-Proteins, und auch hier liegt keine Phosphorylierung des Proteins
vor.
Neben der Identifizierung der einzelnen Proteine auf dem Nitrozellulosefilter kann der Im-
munblot auch quantitativ ausgewertet werden. Die Nachweisreaktionen auf der Trägermem-
bran für die einzelnen Antikörper werden computerunterstüzt in Relation gesetzt. Hierbei ist
es dann möglich, den Proteinabbau oder die Induktion einer Proteinsynthese eines Proteins
während des Versuches zu verfolgen.
Die quantitative Auswertung des Immunblots zeigt, daß die Veränderungen im Einbau von
Phosphat nicht auf eine verringerte Proteinmenge zurückzuführen ist. Beispielhaft wird das
im Kapitel III.2.4 am CP 29, CP 26 und LHC IIb genauer dargestellt.
Weitere Photosystem II-Proteine wurden anhand ihres Molgewichtes im SDS-Gel und aus
Literaturvergleichen zugeordnet.
41
III.2.1 Phosphorylierungsmuster der Thylakoidmembranproteine im Starklicht bei
ungestörter Kinase/Phosphatase-Aktivität und unter Phosphatase-Inhibierung
In diesem Abschnitt wird ein Starklichtversuch von Chlamydomonas reinhardtii mit radio-
aktiver In vivo-Markierung der Phosphoproteine dargestellt. Die Alge wird aus einer loga-
rithmischen Kultur im Flüssigmedium auf 4µg Chl/ml um den Faktor 6 mit phosphatfreien
TAP-Medium verdünnt, über Nacht unter Standardbedingungen angezogen und dann am
nächsten Tag mit und ohne Zugabe des Phosphataseinhibitors NaF dem Starklicht ausgesetzt.
Nach der Isolierung der Thylakoidmembranen werden die Proteine im SDS-Gel aufgetrennt.
Die Übersicht in Abbildung 4 zeigt die Anfärbung der Proteine durch Coomassie im SDS-
Gel. Die Radioaktivität der Phosphoproteine ist auf dem Röntgenfilm nach dem Proteinblot
auf eine Nitrozellulose zu sehen. Durch Antikörperreaktionen werden einige Proteine des
Photosystems II identifiziert. Im Anschluß erfolgt die Auswertung der Ergebnisse. Durch die
isolierte Betrachtungsweise in den Abschnitten III.2.1- III.2.4 soll das Verständnis des kom-
plexen Versuchshintergrundes erleichtert werden.
42
Abb. 4: Phosphorylierungsmuster der Thylakoid-Membranproteine
Die Proben der Thylakoidproteine werden im 14%igen SDS-Gel aufgetrennt. In Teilabbildung a ist dieCoomassiefärbung der Proteine gezeigt. Eine weitere Proteinprobe wird aus dem SDS-Gel im Naßblot-Verfahren nach Towbin auf eine Nitrozellulosemembran geblottet. Die Detektion der radioaktivenPhosphoproteine erfolgt durch einen Röntgenfilm (Teilabbildung b), und die Identifizierung einiger Photo-system-II-Proteine durch Immunreaktionen auf der Nitrozellulose ist in Teilabbildung c + d dargestellt.
Abkürzungen der Anzuchtbedingungen für die Proben von Chlamydomonas reinhardtii :1h HL -32P Kontrolle ohne radioaktives Phosphat und ohne NaF im Starklicht1h 32P LL- 1 h mit 32P unter Schwachlichtbedingungen ohne NaF kultiviert.1h 32P HL- 1 h mit 32P unter Starklichtbedingungen ohne NaF kultiviert.1h 32P HL+ 1 h mit 32P unter Starklichtbedingungen mit 50 mM NaF kultiviert.2h 32P HL- 2 h mit 32P unter Starklichtbedingungen ohne NaF kultiviert.2h 32P HL+ 2 h mit 32P unter Starklichtbedingungen mit 50 mM NaF kultiviert.
43
Übersicht der markierten phosphorylierten Banden:
1; ca. 100 kDa
2; ca. 80 kDa
3; unterhalb des 49,5 kDa Proteinstandards
4; ca. 47 kDa
5; CP 43
6; CP 29, oberhalb des 32,5 kDa Proteinstandards (Identifizierung auf dem Immunoblot, siehe 2.4.)
7; CP 26, unterhalb des 32,5 kDa Proteinstandards (Identifizierung auf dem Immunoblot, siehe 2.4.)
8; LHC IIb (Identifizierung auf dem Immunoblot, siehe 2.4.)
9; LHC (Identifizierung auf dem Immunoblot, siehe 2.4.)
10; LHC (Identifizierung auf dem Immunoblot, siehe 2.4.)
11; LHC (Identifizierung auf dem Immunoblot, siehe 2.4.)
12; oberhalb des 18,5 kDa Proteinstandards; wird im Dunkeln und bei sehr wenig Licht phosphoryliert
13; unterhalb des 18,5 kDa Proteinstandards (12 kDa Protein; aus Literaturdaten ermittelt)
14; unterhalb des 18,5 kDa Proteinstandards (10 kDa Protein; psB H; aus Literaturdaten ermittelt)
15; unterhalb des 18,5 kDa Proteinstandards (7 kDa Protein; aus Literaturdaten ermittelt)
III.2.2 Quantitative Auswertung des Phosphorylierungsmusters der Thylakoidproteine
Im Starklicht wird mehr radioaktives Phosphat kovalent an die Proteine gebunden. Das zeigen
hier nicht dargestellte Daten, bei denen alle Phospoproteine auf der Nitrozellulosemembran in
Abbildung 4 berücksichtigt werden. Bei dieser Auswertung der Gesamtspur des SDS-Gels
zeigt sich nach einer Stunde Starklicht ein auf 168 % und nach zwei Stunden sogar auf 270 %
erhöhter Einbau an Phosphat gegenüber der Kontrolle unter Schwachlichtbedingungen. Dieser
durchschnittlich für alle aufgetrennten Membranproteine ermittelte Phosphateinbau verteilt
sich jedoch ungleichmäßig auf die einzelnen Phosphoproteine. Diese differenzierte Phospho-
rylierung der Proteine ist der Tabelle 3 zu entnehmen. Hier sind 14 Phosphoproteine der Thy-
lakoidmembran aufgestellt, die in Chlamydomonas reinhardtii in vivo phosphoryliert werden.
In 2.4. wird später der Nachweis für die Antennenproteine CP 29, CP 26, LHC IIb und drei
weitere LHC-Chlorophyllbindeproteine durch ein Antikörperserum gezeigt. Eine möglichst
wahrscheinliche Zuordnung der weiteren Photosystem II-Proteine in Tabelle 3 erfolgte
aufgrund des Molgewichtes im SDS-Gel und des Vergleiches von weiteren Literaturdaten.
Die unter III.2.5 zusätzlich beschriebenen nur im Dunkeln auftretenden Banden (12; 16) sind
in diesem Versuch nicht radioaktiv markiert.
44
Tabelle 3: Phosphorylierung der Membranproteine in Chlamydomonas reinhardtii unter
Standard- und Starklichtbedingungen nach Inkubation mit und ohne NaF
ZeitLichtInhibitorEinbau von 32P
1 hSchwachlicht
ohneWerte* = 100 %
1 hStarklicht
ohne(+/- in %)
1 hStarklicht
NaF(+/- in %)
2 hStarklicht
ohne(+/- in %)
2 hStarklicht
NaF(+/- in %)
Phosphoprotein*1 22,8 = 100 % +165 +55 +297 +572 49,3 = 100 % +94 +7 +160 +113 59,0 = 100 % +38 -34 +63 -44 66,6 = 100 % +71 -10 +99 -3CP 43 63,3 = 100 % +58 -15 +101 -7CP 29 92,0 = 100 % +30 -54 +47 -42CP 26 79,9 = 100 % +41 -52 +65 -39LHC IIb 222,2 = 100 % +25 -72 +31 -74LHC 73,2 = 100 % +56 -55 +73 -57LHC 30,4 = 100 % +69 -26 +114 -12LHC 24,0 = 100 % +33 -42 +112 -2112 kDa-Protein 28,4 = 100 % +90 -22 +143 -310 kDa-Protein 68,2 = 100 % +33 -48 +58 -51 7 kDa-Protein 39,3 = 100 % +88 -37 +143 -53
* Die Phosphoproteine des Röntgenfilms aus Abb. 4 wurden mit dem TINA-Programm quantitativ als
Becquerell/mm2 ausgewertet.
In Tabelle 3 ist die Zunahme oder Abnahme des radioaktiven Phosphateinbaus in die Proteine
im Vergleich zu der Kontrolle, die als 100% gesetzt wird, dargestellt. Bei der Proteinbande 1
ist die höchste Einbaurate im Starklicht zu beobachten. Hier vervierfacht sich die Radioaktivi-
tät innerhalb von zwei Stunden. Interessant ist auch die starke Phosphorylierung des CP 43,
der zentralen Antenne des Photosystem II. Für das LHC II b ergibt sich aus der Tabelle 3 nur
ein geringer Anstieg der Phosphorylierung im Starklicht. Bei diesem geringen Starklichteffekt
ist zu beachten, daß dieses Protein schon im Schwachlicht mit Abstand am stärksten phospho-
ryliert ist. Die aus einem Trimer des LHC IIb gebildete äußere Antenne des Photosystems II
liegt hier schon unter Standardlichtbedingungen phosphoryliert vor. Wie schon in der Einlei-
tung erläutert, wird durch diese Phosphorylierung die Anregungsenergie zwischen den beiden
Photosystemen ausbalanciert.
Die drei weiteren als LHC bezeichneten Antennenkomplexproteine weisen im Starklicht
einen höheren Phosphorylierungsgrad auf. Auch das 12 kDa Protein und das 7 kDa Protein
werden im Starklicht stärker phosphoryliert.
45
III.2.3 Phosphorylierung von PS II-Proteinen bei gehemmten Phosphatasen
im Starklicht im Vergleich zu dem ungestörten Kinase/Phosphatase-System
In der Tabelle 3 ist weiterhin der Einfluß von NaF im Starklicht dargestellt. Der schon be-
schriebene erhöhte Phosphateinbau im Starklicht wird durch NaF unterschiedlich stark ge-
hemmt. Auch hier lassen sich differenzierte Effekte auf die einzelnen Proteine erkennen:
Die beiden oberen Proteine weisen als einzige mit NaF im Vergleich zum Standardlicht eine
verstärkte Phosphorylierung auf. Diese bleibt auf einem leicht erhöhten Niveau konstant. Alle
weiteren Proteinbanden werden im Starklicht gegenüber dem Standardlicht weniger phospho-
ryliert. Die Bande 3 und die beiden zentralen Antennenproteine des PS II nehmen in ihrer
Phosphorylierung gegenüber der Standardlichtkontrolle ab. Hier ist jedoch zu bedenken, daß
das CP 43 des Reaktionszentrums des Photosystems II im Starklichtstreß wesentlich stärker
phosphoryliert wird (verdoppelte Einbaurate nach 2h). Durch NaF wird die Dephosphory-
lierung und Neuphosphorylierung der zentralen Antenne des PS II gestört. Bei den Chloro-
phyllbindeproteinen CP 29 und CP 26 der proximalen Antenne tritt dieser Effekt ebenfalls
verstärkt auf. Die größte Auswirkung hat NaF auf das LHC IIb. Hier ist der Phospho-
rylierungsgrad im direkten Vergleich mit der Starklichtprobe ohne NaF auf unter 20%
zurückgegangen. Der radioaktive Einbau ist bei den restlichen Banden sehr stark verringert.
Vergleicht man den Phosphateinbau des Kinase/Phosphatase-Systems bei gehemmten Phos-
phatasen im Starklichtstreß direkt mit der Kontrolle ohne NaF, werden die beschriebenen
Effekte noch deutlicher. Das wird in Abbildung 5 dargestellt.
46
Abb 5: Phosphateinbau in ausgesuchte Phosphoproteine bei durch NaF gehemmten Phosphatasen im
Starklicht
Die Daten der Phosporylierung der Membranproteine im Starklicht aus Tabelle 3 werden im direktenVergleich zu der ungestörten Kontrolle ohne NaF dargestellt.
Im Vergleich zur Proteinbande 1 weisen die ausgewählten Phosphoproteine des Photosystems
II einen deutlich verringerten Phosphateinbau auf. Die Phosphorylierung der Antennenkom-
plexproteine und des 12 kDa Proteins ist auf unter 40% zurückgegangen. Auf die Phosphory-
lierung des Chlorophyllbindeproteins LHC IIb hat NaF eine noch stärkere Wirkung, der Phos-
phateinbau beträgt nur noch 19%. Dieser Prozeß ist nach einer Stunde abgeschlossen, wäh-
rend die Phosphorylierungen der Proteinbande 1, des 10 kDa und des 6 kDa Proteins nach
dieser Zeitdauer noch weiter zurückgehen. Bei den Phosphoproteinen des Lichtsammelkom-
plexes, CP 29 und CP 26, ist jedoch nach einer Stunde Starklichtstreß keine Phosphorylierung
mehr meßbar. Bei der Adaption an hohe Lichtintensitäten könnte der Phosphorylierung dieser
Proteine eine Funktion zukommen.
Der scheinbare Widerspruch, daß die Phosphoproteine durch Hemmung der Phosphatasen
einen geringeren Phosphateinbau zeigen, ist durch eine verhinderte Dephosphorylierung der
Proteine zu erklären. In der Einleitung ist das Enzymsystem aus Proteinkinase und Protein-
0
20
40
60
80
100
1 1,2 1,4 1,6 1,8 2 2,2 2,4 2,6 2,8 3
Zeit [h]
Pro
tein
ph
osp
ho
rylie
run
g m
it N
aF im
S
tark
lic
ht
[%]
Bande 1
CP 29
CP 26
LHC IIb
LHC
12 kDa
10 kDa
7 kDa
1 2
47
phosphatase für die Proteinphosphorylierung beschrieben worden. Der regulative Phosphat-
austausch und der damit verbundene Neueinbau des radioaktiven Phosphates kann unter den
Versuchsbedingungen nicht erfolgen, wenn die Phosphatasen durch NaF gehemmt sind.
Dieser Zusammenhang soll genutzt werden, um den Phosphorylierungsgrad der Proteine im
Licht mit dem Phosphorylieraungsgrad der Proteine im Dunkeln zu vergleichen. Wenn die
Phosphorylierung und der Austausch der Phosphatgruppen lichtstimuliert ist, dann sollte eine
Dunkeladaptation einen geringeren Phosphorylierungsgrad zur Folge haben, und bei Hem-
mung der Phosphatasen wird dann ein stärkerer Phosphateinbau gemessen. Um diesen Sach-
verhalt genauer zu untersuchen, erfolgt, wie unter III.2.5 beschrieben, eine Dunkeladaptation
vor dem Starklichtstreß.
III.2.4 Proteinstabilität im Photosystem II während des Starklichtes
Mit Hilfe des TINA-Programms kann die Anfärbung der Antikörper auf dem Immunoblot
quantitativ ausgewertet werden. Dies ist besonders für das D1-Protein interessant, da hier bei
längeren Starklichtinkubationszeiten und zusätzlichen Streßbedingungen ein Abbau zu ver-
zeichnen ist. In Abbildung 4 ist kein Abbau des D1-Proteins zu erkennen, die Computeraus-
wertung bestätigt diese Beobachtung. Auf die Darstellung der Daten wird verzichtet, da es
zahlreiche Arbeiten über dieses sehr gut untersuchte Photosystem II-Protein gibt. Erst bei
längerer Starklichtdauer mit NaF-gehemmten Phosphatasen oder bei einer Vorinkubation mit
NaF vor dem Starklichtstreß findet ein Abbau des D1-Proteins statt. Der in der Literatur
beschriebene Abbau dieses Polypeptids findet in den hier dargestellten Versuchen nicht statt.
Die Auswertung des Enzymnachweissystems für die LHC-Proteine soll verdeutlichen, daß die
dargelegten Unterschiede in der Proteinphosphorylierung nicht auf einen Proteinabbau zu-
rückzuführen sind.
48
Tabelle 4: Quantitative Analyse des Enzymnachweissystems von Antikörperreaktionen
gegen drei ausgesuchte LHC Proteine
ZeitLichtInhibitor
1 hSchwachlicht
ohne NaF
1 hStarklichtohne NaF
1 hStarklicht
+ NaF
2 hStarklichtohne NaF
2 hStarklicht
+ NaF
Phosphoprotein*CP 29 100 % 111 % 110 % 129 % 137 %CP 26 100 % 105 % 112 % 107 % 103 %LHC II b 100 % 97 % 105 % 103 % 98 %
* Quantitative Auswertung des Färbenachweises aus der Abb.__ mit Hilfe des TINA Programm
Nur beim CP 29 ist ein leichter Anstieg in der Proteinmenge zu beobachten. Bei allen anderen
durch die Antikörperreaktionen nachgewiesenen Proteinen bleibt die Konzentration in der
Membran konstant. Diese quantitative Auswertung zeigt, daß die Veränderungen im Phospho-
rylierungsmuster nur auf die Phosporylierung der Proteine zurückzuführen ist. Ein möglicher
Proteinabbau kann mit diesen Ergebnissen ausgeschlossen werden.
In den beschriebenen Versuchen kann nicht gezeigt werden, ob ein Protein schon phosphory-
liert vorliegt und deshalb kein weiteres radioaktives Phosphat eingebaut werden kann. Letzte-
res könnte die Erklärung für den unerwarteten Befund der geringeren Phosphorylierung im
Starklicht mit NaF sein. Eigentlich wäre durch die Kinasen bei der Inhibierung der Phosphata-
sen ein höherer Phosphorylierungsgrad erwartet worden.
Die im folgenden dargestellte Dunkelbehandlung vor dem Lichtstreß könnte Aussagen über
die Phosphorylierung der Proteine vor dem Starklicht geben. Es wird vermutet, daß die
Proteine im Dunkeln einen geringeren Phosphorylierungsgrad haben. Es sollte sich dann eine
Differenz zu dem hier gezeigten Starklichtversuch ergeben.
III.2.5 Einfluß einer Dunkeladaptation auf die Phosphorylierung der Proteine in der
Starklichtphase
Die Versuchsdurchführung ist im vorherigen Kapitel im Detail beschrieben, so daß an dieser
Stelle nur das veränderte Belichtungsprogramm vorgestellt wird. In diesem Versuch wird
Chlamydomonas reinhardtii vor dem Versuchsbeginn 3 Stunden völlig abgedunkelt. Dann
erfolgt der In vivo-Einbau von radioaktivem Phosphat im Dunkeln und im Starklicht für eine
49
Stunde in Gegenwart und Abwesenheit von NaF. Die Algen ohne NaF werden nach dem
Starklicht mit und ohne NaF für 3 Stunden abgedunkelt.
In diesem Versuch soll die lichtabhängige Phosphorylierung der Thylakoidproteine durch eine
Dunkeladaptation vor der Starklichtphase untersucht werden. Es wird vermutet, daß die
Proteine im Dunkeln einen geringeren Phosphorylierungsgrad haben. Die Proteinphospho-
rylierung im Starklicht sollte dann stärker sein. Der Vergleich mit dem Phosphorylierungs-
muster im Licht in Abbildung 4 zeigt die Phosphoproteine, die nur im Licht oder nur im
Dunkeln phosphoryliert vorliegen.
Darüberhinaus wird die Wirkung des Phosphataseinhibitors NaF auf das Phosphorylierungs-
muster der Proteine im Dunkeln, bei der Adaptation während des Starklichtstresses und bei
der Reorganisation nach dem Starklichtstreß verfolgt. Eine lichtinduzierte Phosphorylierung,
die eine regulative Rolle bei der Photosynthesse spielen könnte, soll überprüft werden.
Die Auftrennung der isolierten Thylakoidproteine im SDS-Gel und die radioaktive Darstel-
lung der Phosphoproteine ist in Abbildung 6 gezeigt. Bei der Dunkeladaptation der Zellen vor
Beginn der Starklichtphase treten zwei neue radioaktive Signale auf, die als Banden 12 und 16
in Abbildung 6 markiert sind. Die Proteinbande 12 ist folglich ein Phosphoprotein, daß nur in
der Dunkelphase phosphoryliert wird. Das Laufverhalten im SDS-Gel und die fehlende An-
färbbarkeit durch Coomassie lassen vermuten, daß Bande 16 kein Protein ist. Die Bande 16
befindet sich nahe der Lauffront des SDS-Gels bei den Lipiden und Chlorophyllen. Daß es
sich hierbei um eine kleine Proteinuntereinheit des Photosystems II handelt, scheint unwahr-
scheinlich und müßte mit anderen Methoden spezifiziert werden. Alle im Licht phosphorylier-
ten Proteine sind auch im Dunkeln phosphoryliert. Die Phosphorylierung des LHC IIb ist im
Dunkeln wesentlich geringer. Es ist hier nicht das am stärksten phosphorylierte Protein. Im
Licht ist die Phosphorylierung des LHC IIb um den Faktor 5-6 stärker als die der anderen
Phosphoproteine. In den schon beschriebenen „State transitions“ liegt dieses Chlorophyll-
bindeprotein bei wenig Licht größtenteils als nicht phosphoryliertes Trimer im Lichtsammel-
komplex des Photosystems II vor. Um die Aussagen über das Phosphorylierungsmuster bei
der Adaptation im Dunkeln genauer auswerten zu können, wurden die quantitativen Daten mit
dem TINA-Programm ermittelt und in Tabelle 5 dargestellt.
50
Abb. 6: Phosphorylierungsmuster der Thylakoid-Membranproteine in Chlamydomonas reinhardtii bei
Lichtstreß nach Dunkelinkubation
Die Proben der Thylakoidproteine werden im 14%igen SDS-Gel aufgetrennt. Auf der linken Seite ist dieCoomassiefärbung der Proteine gezeigt. Eine weitere Proteinprobe wird aus dem SDS-Gel im Naßblot-Verfahren nach Towbin auf eine Nitrozellulosemembran geblottet. Der Nachweis der radioaktiven Proteinedurch einen Röntgenfilm ist auf der rechten Seite der Abbildung 6 dargestellt.
Anzuchtbedingungen der Proben nach Dunkeladaptation und Starklichtstreß -Abkürzungen-:
D- Nach 3 h Dunkelbehandlung werden die Algen für 1 h Stunde im Dunkeln ohne NaF kultiviert.
D+ Nach 3 h Dunkelbehandlung werden die Algen für 1 h im Dunkeln mit NaF kultiviert.
DHL- Nach 3 h Dunkelbehandlung werden die Algen für 1 h unter Starklichtbedingungen ohne NaF kultiviert.
DHL+ Nach 3 h Dunkelbehandlung werden die Algen für 1 h unter Starklichtbedingungen mit NaF kultiviert.
DHLD- Die Starklichtprobe DHL- wird anschließend für 3 h abgedunkelt.
DHLD+Die Starklichtprobe DHL- wird anschließend für 3 h mit NaF abgedunkelt.
Eine Übersicht der markierten phosphorylierten Banden ist der Abbildung 4 zu entnehmen.
Hier sei nur auf die beiden neuen Banden im Dunkeln hingewiesen (12+16)
51
Tabelle 5: Phosphateinbau der Phosphoproteine nach der Dunkeladaptation-
Quantitative Auswertung des durch das TINA-Programm
Phospho-protein*
3h Dunkel-adaptation(Kontrolle)
3 h Dunkel-adaptation
+ NaF(in % derKontrolle)
1hStarklicht
nachDunkel-
adaptation(Konrolle)
1hStarklicht
nachDunkel-
adaptation(in % derKontrolle)
1hStarklicht
nachDunkel-
adaptation3 h Dunkel(Kontrolle)
1hStarklicht
nachDunkel-
adaptation3 h Dunkel(in % derKontrolle)
1 9390,89 +1 % 11421,59 249,71 13751,73 +26%2 12144,68 -10 % 14095,34 52,65 17796,57 -2 %3 13614,80 +1 % 10787,80 65,17 14536,98 -4 %4 10206,99 +14 % 9899,49 94,79 13903,08 -19 %CP 43 9569,18 -15 % 9300,47 -- 11842,55 -16 %CP 29 8560,38 -29 % 7892,94 -- 8960,77 -12 %CP 26 9263,24 -35 % 8052,57 -- 8966,01 +5 %LHC IIb 10070,59 -42 % 8137,74 -- 9572,15 -41 %LHC 6765,76 -28 % 7102,22 -- 7068,68 -16 %LHC 6007,04 -24 % 3511,86 -- 4875,20 -21 %LHC 5435,97 +10 % 3725,54 -- 4072,85 -3 %12 8049,06 -10 % 2574,36 -- 5641,04 -11 %13 4711,46 +20 % 6085,42 146,70 5931,53 -28 %14 4802,13 -1 % 6930,73 213,46 6605,67 -17 %15 3785,01 +3 % 3769,99 274,54 2972,69 -16 %16 17714,70 -23 % 2493,80 578,13 3833,80 -9 %
* Quantitative Auswertung des Röntgenfilms aus der Abb. 6 mit Hilfe des TINA-Programms
In Abbildung 4 ist die verstärkte Proteinphosphorylierung durch Starklicht (+70%) darge-
stellt. Die Dunkeladaptation von Chlamydomonas reinhardtii führt in diesem Versuch zu
einem geringeren Phosphateinbau im Starklicht (-18%). Die differenzierte Betrachtung der
einzelnen Proteine zeigt kein einheitliches Bild. Einige Proteine werden stärker phosphoryliert
(14) oder zeigen eine unveränderte Phosphorylierung (15). Aber die Proteine des Lichtsam-
melapparates, die sonst im Starklicht stärker phosphoryliert werden, zeigen hier einen verrrin-
gerten Phosphateinbau. Die Gegenüberstellung des Phosphorylierungsmusters der Proben, die
aus dem Standardlicht ins Starklicht überführt wurden, mit den Proben der Dunkeladaptation
vor dem Starklicht wird in Tabelle 6 gezeigt. Hier soll die veränderte Proteinphosphorylierung
im Starklicht in Abhängigkeit von der vorhergehenden Lichtphase verdeutlicht werden.
52
Tabelle 6: Phosphorylierung der Proteine nach einer Stunde Starklicht in Abhängigkeit
von der vorhergehenden Lichtphase
Phosphoprotein Phosphorylierung im Starklicht nachSchwachlicht (+/- in %)
Phosphorylierung im Starklicht nachDunkeladaptation (+/- in %)
1 +165 +222 +94 +163 +38 -214 +71 -3CP 43 +58 -3CP 29 +30 -8CP 26 +41 -13LHC IIb +25 -19LHC +56 +5LHC +69 -41LHC +33 -3112 kDa Protein +90 +3010 kDa Protein +33 +447 kDa Protein +88 +/-0
Das Starklicht führt bei dem im Schwachlicht angepaßten Algen zu einer verstärkten Phos-
phorylierung der Proteine. Diese Beobachtung wurde im Abschnitt III.2.2 dargestellt. Im
Gegensatz dazu erfolgt bei einer Dunkeladaptation nur ein geringer Anstieg für einige Phos-
phoproteine, andere nehmen in der Phosphorylierung ab, oder es ist kein Unterschied detek-
tierbar. Dies geht aus der Gegenüberstellung in Tabelle 6 hervor. Für die hier untersuchten 8
Chlorophyllbindeproteine ist keine verstärkte Phosphorylierung im Starklicht wie bei unter
Schwachlicht angepaßten Algen zu beobachten. Im CP 29, CP 26, dem LHC IIb und zwei
weiteren Antennenkomplexproteinen wird weniger Phosphat eingebaut. Die starklichtindu-
zierte Proteinphosphorylierung der Antennenproteine findet bei einer vorhergehenden Dun-
keladaptation nicht statt. Hier könnte eine Regulation des Photosynthesekomplexes vom
Schwachlicht zum Starklicht durch die Phosphorylierung der Proteinuntereinheiten vorliegen.
Aus Abbildung 6 und Tabelle 5 geht die Wirkung von NaF auf den Phosphorylierungsgrad
von Proteinen im Starklicht und bei der Reorganisation des Photosystems II nach dem Stark-
licht hervor.
Im Starklicht führt die Inhibierung der Phosphatasen durch NaF zu einer drastischen Verrin-
gerung des Phosphateinbaus. In Abbildung 6 ist bei dieser Probe im Verhältnis zu den an-
53
deren Proben viel weniger radioaktives Phosphat eingebaut. Eine Quantifizierung ist hier
nicht möglich oder ungenau, da die Werte unterhalb des linearen Bereiches der Meßmethodik
liegen, folglich sind die wenigen absoluten Zahlen in Tabelle 5 zu gering. Der deutlich verrin-
gerte Phosphateinbau nach Hemmung der Phosphatasen im Starklichtstreß in III.2.2 wird hier
bestätigt, bei dunkeladaptierten Zellen von Chlamydomonas reinhardtii ist fast keine Phos-
phorylierungsreaktion meßbar. Der Verbleib der wenigen Radioaktivität wurde im Vergleich
zur Kontrolle verfolgt. Für die geringere Phosphorylierung der Proteine sind zwei Ursachen
verantwortlich: Die Gesamtaufnahme des radioaktiven Phosphates der ganzen Zellen ist auf
5% zurückgegangen und der Phosphateinbau in den Thylakoiden ist von 50-60% auf unter
20% gesunken.
Nach Hemmung der Phosphatasen während der Dunkeladaptation zeigt sich in Abbildung 6
ein gleichmäßiges, ausgeglichenes Phosphorylierungsmuster. Im allgemeinen sind die Unter-
schiede im Vergleich zur Kontrolle gering. Bei den Chlorophyllbindeproteinen ist jedoch zum
Teil ein sehr starker Rückgang der Phosphorylierung zu verzeichnen. Besonders fallen hier
das CP 29 (-29%) das CP 26 (-35%) und das LHC IIb (-42%) auf.
Bei der Reorganisation in einer dreistündigen Dunkelphase nach dem Starklichtstreß ist nur
für das LHC IIb (–41%) ein stark verringerter Phosphateinbau zu verzeichnen. Alle anderen
Phosphoproteine zeigen bei Hemmung der Phosphatasen nur geringe Unterschiede zur Kon-
trolle der Phosphorylierung im ungestörten Proteinkinase/Proteinphosphatase-System.
III.3 Proteinphosphatasen der Thylakoidmembran von Chlamydomonas reinhardtii
Die Regulation der Photosynthese durch die Phosphorylierung von Proteinen im Starklicht ist
in Kapitel III.1 und III.2 dieser Arbeit dargestellt. Eine Anpassung des Photosystems II an
Starklichtbedingungen ist unter Einwirkung des Phosphataseinhibitors NaF nicht möglich.
Das Enzymsystem aus Proteinkinase und Proteinphosphatase, das die reversible Proteinphos-
phorylierung für die Steuerung zellulärer Prozesse bewerkstelligt, ist in der Einleitung be-
schrieben.
Die Anpassung erfolgt durch die Veränderung des Phosporylierungsgrades verschiedener
Phospoproteine, die in Abbildung 4 dargestellt sind. Die Proteinphospatase, die an der Adap-
tation des Photosystems II an hohe Lichtintensitäten beteiligt ist, soll biochemisch isoliert und
54
charakterisiert werden. Das biologische Ausgangsmaterial für die Isolierung der Proteinphos-
phatase sind Thylakoidmembranen von Chlamydomonas reinhardtii. In diesen Membranen
sind die Phosphosubstrate der zu isolierenden Proteinphosphatase lokalisiert. Zur Dephospho-
rylierung der Phosphosubstrate muß zwischen der Proteinphosphatase und den Substraten ein
direkter Kontakt hergestellt werden. Die Proteinphosphatase sollte somit auch integraler oder
peripherer Bestandteil der Thylakoidmembran sein. Vermutlich handelt es sich um ein peri-
pheres Membranprotein mit hydrophobem Membrananker. Die Versuche zur Membranstän-
digkeit und Extraktion der Phosphatase aus der Thylakoidmembran sind die Grundlage für die
spätere biochemische Aufreinigung. Bei dieser Aufreinigung können durch chromatographi-
sche Verfahren 3 Phosphatasen aus den Membranen getrennt werden. Davon wird eine
Proteinphosphatase bis zur Homogenität aufgereinigt und N-terminal sequenziert. Anschlie-
ßend wird versucht, mit molekularbiologischen Methoden das Gen der Proteinphosphatase zu
isolieren.
Für die Proben der verschiedenen Aufreinigungsstufen des Enzyms wird das künstliche Sub-
strat p-Nitrophenylphosphat gewählt. Durch hydrolytisches Abspalten der Phosphatgruppe
entsteht bei diesem Testsystem aus dem farblosen Molekül eine gelbes Produkt (p-Nitrophe-
nol) mit einem Absorptionsmaximum bei 405 nm im alkalischen Mileu. Zur Messung der
Phosphataseaktivität wird jeweils ein kleiner Teil der zu testenden Probe mit dem Substrat
versetzt und der Phosphatasenachweis durch das stark basische Natriumcarbonat abgestoppt.
Die Zugabe von 1 M Natriumcarbonat inaktiviert die Enzymaktivität und sichert das alkali-
sche Milieu für die spektroskopische Messung des Substratumsatzes. Der pH-Wert des vorhe-
rigen enzymatischen Substratumsatzes wird dabei durch geeignete Puffer eingestellt. Dieser
Phospatasetest ermöglicht eine empfindliche und schnelle spektroskopische Messung der En-
zymaktivität und ist für die Detektion von Proteinphosphatasen bei deren biochemischer
Aufreinigung allgemein verbreitet (Mackintosh, 1993) Ein Enzymtest eines radioaktiv
markierten Phosphoproteins als Substrat zu detektieren wurde verworfen, da dieser Nachweis
für eine Proteinaufreinigung unpraktikabel und sehr zeitaufwendig ist.
Bei der biochemischen Aufreinigung wird die Phosphataseaktivität der Fraktionen nach jedem
Chromatographieschritt getestet, und die Anreicherung der Proteinbanden wird im SDS-Gel
verfolgt. Der Nachweis, welche der hier angereicherten Proteinbanden die gesuchte Protein-
phosphatase ist, ist nun erforderlich. Es ist gelungen, eine Methode zu entwickeln, den Phos-
phatasenachweis nach einem SDS-Gel durchzuführen. Die Proteine werden in der Gelelektro-
55
phoresetechnik von Jagow und Schägger (1994) während der Gelelektrophorese angefärbt
und können dann aus dem Gel herausgeschnitten und renaturiert werden. In dieser Gelelektro-
phoresetechnik wird dem Kathodenpuffer 25 mg Coomassieblau pro Liter zugefügt und die
SDS-Konzentration des Kathodenpuffers auf 0,05 % verringert, da SDS die Bindung des
Farbstoffes an die Proteine stört. Die Proteine werden dann während der Elektrophorese
angefärbt. Das Laufverhalten der Proteine im Vergleich zur Standardmethode verändert sich
nicht. Es ist möglich, sofort nach der elektrophoretischen Auftrennung die blauen Protein-
banden aus dem SDS-Gel auszuschneiden. Nach Anwendung einer Renaturierungsmethode
kann dann ein enzymatischer Phosphatasenachweis durchgeführt werden. Eine nachträgliche
Anfärbung der Proteine im SDS-Gel mit Coomassie ist kontrastreicher, aber eine Bestimmung
der Enzymaktivität gelingt dann nicht.
III.3.1 Präparation von 3 Phosphatasen aus der Thylakoidmembran
Die nachfolgende Übersicht (Abbildung 7) zeigt die in den Kapiteln III.3.1.1 beschriebene
Extraktion der Thylakoidphosphatasen und die anschließende chromatographische Aufreini-
gung von drei einzelnen Phosphatasen (siehe III.3.1.2).
Chlamydomonas reinhardtii↓ 55 Liter Algenkultur
Ultraschallaufbruch↓ Präparation der Thylakoidmembranen
Extraktion der Phosphataseaktivität↓
Ultrazentrifugation: 1,5 h; 100.000g↓
Überstand Sephadex-G50-Gelfiltration↓
DEAE-Anionenaustauschchromatographie↓
Sephacryl-S-300-Gelfiltration↓
Trennung von 3 verschiedenen Phosphatasen
Abb. 7: Übersicht der Aufreinigung der Thylakoidphosphatasen aus Chlamydomonas reinhardtii bis
zur Sephacryl-S-300-Gelfiltration
56
III.3.1.1 Extraktion von Phosphatasen aus der Thylakoidmembran
Die Lokalisation der gesuchten Proteinphosphatase in der Thylakoidmembran ist unbekannt.
In Kapitel 2 dieser Arbeit sind die Substrate des Enzyms dargestellt. Es handelt sich um inte-
grale Phosphoproteine der photosynthetischen Membran. Damit eine Zugänglichkeit zu den
Phosphorylierungsstellen gegeben ist, sollte zumindest ein Teil der Proteinoberfläche hydro-
phobe Bereiche haben und mit der Thylakoidmembran assoziiert sein.
Der Versuch einer Extraktion der Phosphatase durch Aufhebung der ionischen Wechselwir-
kungen, beispielsweise durch eine Salzbehandlung, führt nicht zur Trennung der gesuchten
Enzymaktivität von der Membranfraktion. Wahrscheinlich handelt es sich bei der Protein-
phosphatase um ein peripheres Protein mit hydrophobem Polypeptidanker oder um ein inte-
grales Membranprotein.
Mit Hilfe von Detergenzien kann die Enzymfraktion mit Phosphataseaktivität erfolgreich ex-
trahiert werden. In Konzentrationsreihen verschiedener Substanzen wird das beste Detergenz
in der optimalen Konzentration ermittelt. Durch geringe Detergenzkonzentrationen wird die
Phosphatase von der Membran gelöst. Das Maß für die Stärke der Detergenzwirkung ist dabei
das freigesetzte Chlorophyll der integralen Chlorophyllbindeproteine. Ziel der Extraktion ist
es, möglichst viel Phosphataseaktivität in Verbindung mit wenig Protein zu erhalten und einen
Aktivitätsverlust bei der Extraktion der Proteine aus der Thylakoidmembran zu vermeiden.
Die Verwendung vieler Detergenzien hatte jedoch einen solchen Aktivitätsverlust im Phos-
phatasenachweis zur Folge und nur die nichtionischen Detergenzien Dodecylmaltosid und
Octylglykosid, sowie Brij 35 sind für eine aktive Extraktion der Phosphatasen geeignet. Bei
der Verwendung von Brij 35 ist die erzielte Enzymaktivtät im Vergleich zu den Zuckerglyko-
siden um ca. 30 Prozent höher. Mit einer Konzentration von 0,5% Brij in 0,5 M KCl gelingt
es, 80-90 Prozent der Phosphataseaktivität aus der Membran in 20% der Thylakoidproteine zu
extrahieren. Diese Anreicherung der Phosphataseaktivität im Überstand nach einer Ultrazen-
trifugation (1,5 h; 100.000g) wird auf die Phosphataseaktivität der Thylakoidmembran be-
zogen. Die Proteinlösung ist schwach grün und enthält weniger als 5 % des Gesamtchloro-
phylls aus den Thylakoiden. Diese Daten zeigen eine selektive Anreicherung der Phospha-
taseaktivität bei der Extraktion von peripheren Membranproteinen. Die Anreicherung der
peripheren Membranproteine ist durch die Eigenschaften des Detergenz Brij 35 zu erklären.
Es handelt sich um einen Polyoxyethylenlaurylether, welcher aufgrund seines HLB-Wertes
[=Einteilung der Detergenzien nach der Hydrophobizität von 1 (sehr hydrophob) bis 20 (sehr
57
hydrophil)] in geringen Konzentrationnen die peripheren Proteine stärker als die integralen
aus der Membran löst. Generell gelten geringere HLB-Werte als denaturierend, und für die
Extraktion von integralen Membranproteinen sind HLB-Werte von 12-14,5, sowie über 14,5
für periphere Membranproteine am besten geeignet (Jagow et al, 1994). Die hier beschriebene
Extraktionsmethode reichert aufgrund der Eigenschaften und der geringen Konzentration des
Detergenz Brij 35 periphere Membranproteine in der Proteinlösung an.
Bei der weiteren Präparation traten Probleme mit Verunreinigungen durch Proteasen auf. Un-
mittelbar nach dem Lösen der Proteine aus der Membran findet ein starker Aktivitätsverlust
durch Proteindegradation statt, der durch die Kombination der Proteaseinhibitoren PMSF und
EDTA verhindert werden kann. Durch ein schnelles Umpuffern der Proteinlösung auf der er-
sten Gelfiltrationssäule kann ein Aktivitätsverlust durch PMSF verhindert werden.
Nach der Optimierung der Extraktionsbedingungen der Phosphatasen aus der Thylakoidmem-
bran kann eine Proteinanreicherung ohne Verlust der Enzymaktivität erzielt werden. Die nun
vorliegende Proteinlösung kann, wie im folgenden Kapitel gezeigt wird, durch chromatogra-
phische Trennverfahren weiter aufgereinigt werden.
58
III.3.1.2 Chromatographische Trennung von drei Thylakoidphosphatasen
Die ersten Chromatographieschritte erfolgen durch konventionelle Niederdruck-Chromato-
graphie über Glassäulen mit einer peristaltischen Pumpe im Kühlraum bei 4°C. Diese erste
Aufreinigung liefert die Grundlage für spätere störungsfreie und reproduzierbare Perfusions-
chromatographieschritte mit perfusiven Säulenmaterial mit einer Partikelgröße von 20µ und
80-100 Bar Arbeitsdruck.
Die mit Detergenz aus den Thylakoiden extrahierte Proteinlösung mit angereicherter Phos-
phataseaktivität wird nach einem Ultrazentrifugationsschritt (100.000 g; 1,5 Stunden) zuerst
auf eine Sephadex G-50-Gelfiltrationssäule aufgetragen (siehe Abbildung 8).
Abb. 8: Elutionsprofil der Sephadex-G50-Gelfiltration
Es wurden 1728 mg Protein in 180 ml Proteinlösung auf die Gelfiltrationssäule aufgetragen. Nur der ersteTeil der Chromatographie ist hier dargestellt, da sich die Phosphataseaktivität im Durchlauf befindet und dieProteine sofort in der nachfolgenden Anionenaustauschchromatographie aufgearbeitet werden.
Das Elutionsprofil der Sephadex-G50-Säule in Abbildung 8 zeigt, daß sich die Phosphatase-
aktivität im Ausschlußvolumen der Gelfiltration befindet. Alle weiteren Fraktionen haben
59
keine Phosphataseaktivität. Da für die Enzymaktivität eine schnelle Präparation erforderlich
ist, wird die Gelfiltrationschromatographie hier nach 600 ml Elutionsvolumen abgebrochen,
und die Fraktionen mit Phosphataseaktivität werden sofort in der DEAE-Anionenaustausch-
chromatographie weiterverarbeitet. Diese ist in Abbildung 9 dargestellt. Für den Erhalt der
Enzymaktivität ist das Umpuffern auf der Gelfiltrationssäule in einen PMSF-freien Puffer mit
EDTA wichtig. In der Bilanz der Aufreinigung in Abbildung 12 scheint diese Gelfiltration nur
eine geringe Anreicherung zu liefern, aber dieser Chromatographieschritt erhöht die Kapazität
und den Anreicherungsfaktor der nachfolgenden DEAE-Anionenaustauschchromatographie.
Abb. 9: Elutionsprofil der DEAE-Anionenaustauschchromatographie
210 ml Proteinlösung mit 1116 mg Protein werden bei pH 8,0 aufgetragen und durch einen 0 bis 0,5 molarenNaCl-Gradienten von der Säulenmatrix eluiert.
Die Phosphatasen aus dem Ausschlußvolumen der vorangegangenen Gelfiltration binden an
die Anionenaustauschersäule. Durch einen 0 bis 0,5 molaren NaCl-Salzgradienten wird die
Phosphataseaktivität von der Säule eluiert (siehe Abbildung 9). Die Fraktionen mit Phospha-
taseaktivität werden vereinigt und durch Vivaspin-Konzentratoren mit einem Ausschlußge-
wicht von 30 kDa für die in Abbildung 10 dargestellte Sephadex S-300-Gelfiltration auf 5 ml
konzentriert.
60
Abb. 10: Elutionsprofil der Sephacryl S-300-Gelfiltration
Es wurden 5 ml Proteinlösung mit 132 mg Protein aufgetragen. In dieser Abbildung sind der Proteingehaltdurch den OD-Verlauf bei 280 nm und die Phosphataseaktivitäten der Fraktionen bei pH 6,0 und pH 8,0dargestellt. Die drei getrennten Phosphatasen sind als SP1 (= saure Phosphatase 1), AP (= alkalischePhosphatase) und SP2 (= saure Phosphatase 2) in der Graphik abgekürzt.
In den ersten beiden Chromatographieschritten ist die Verteilung der Phosphataseaktivität bei
pH 6 und bei pH 8 in den Fraktionen identisch. Abbildung 10 zeigt bei der Auftragung der
Phosphataseaktivitäten bei pH 6 und bei pH 8 für die Fraktionen aus der Sephacryl-S-300-
Gelfiltration eine Auftrennung in drei Phosphataseaktivitäten. Die Benennung der drei
Phosphatasen erfolgt aufgrund der pH-Optima und der Auftrennunng nach ihrer Größe in der
Gelfiltration:
SP 1 = saure Phosphatase 1
AP = alkalische Phosphatase
SP 2 = saure Phosphatase 2
61
Die angefärbten Proteinbanden der drei Phosphatasefraktionen der Sephacryl S-300-Gelfiltra-
tion im SDS-Gel sind in Abbildung 11 dargestellt.
Abb. 11: 8%iges SDS-Gel der Sephacryl S-300-Phosphatasen
Es wurden folgende Proben aufgetragen:SP 1 = saure Phosphatase 1AP = alkalische PhosphataseSP 2 = saure Phosphatase 2M = Protein-MarkerDie Anfärbung der Proteine erfolgte mit Coomassie-Brillant-Blue.
Die Auftrennung der Proteine aus den Phosphatasefraktionen der Sephacryl-S-300-Gelfiltra-
tion im SDS-Gel ist in Abbildung 11 gezeigt. Im Vergleich zu den Thylakoidmembran-
proteinen in Abbildung 4 handelt es sich um mit Phosphatasen angereicherte Proteinge-
mische. Die Proteinbande mit der Phosphataseaktivität im Gel zu bestimmen ist nach der
denaturierenden SDS-PAGE nicht für alle Phosphatasen möglich. Für die SP1 Phosphatase
gelang es ein Testverfahren zu entwickeln, die Phosphataseaktivität nach der denaturierenden
SDS-PAGE zu detektieren. Die im Gel aufgetrennten Proteine werden in kleine Abschnitte
62
zerschnitten und in einer Lösung mit 0,5% Brij und 5 mM MgCl2 renaturiert. Dann erfolgt die
Messung der Phosphataseaktivität. Mit dieser Methode gelang es, ein Molekulargewicht von
circa 70 kDa für die SP1 Phosphatase zuzuordnen. Die Aufreinigung dieses Enzyms durch die
HPLC-Perfusionschromatographie ist in Kapitel III.3.2 dargestellt.
Probe Volumen[ml]
Gesamt-protein[mg]
Gesamt-aktivität
[mU]pH6 / pH8
SpezifischeAktivität
[mU/Protein]pH6 / pH8
Anreiche-rungsfaktorpH6 / pH8
Thylakoid-membran*
255 8540 3514 / 2750 0,4 / 0,3 Ausgangs-material
Überstand UZ 180 1728 2882 / 2387 1,7 / 1,4 4,3 / 4,7
G50 210 1116 2584 / 2442 2,3 / 2,2 5,8 / 7,3
DEAE 50 132 1829 / 2299 13,8 / 17,4 34,5 / 58
S-300-SP1 39 24,6 699 / 218 28,4 / 8,8 71 / 29
S-300-AP 19,5 9,4 296 / 306 31,5 / 32,5 79 / 108
S-300-SP2 26 8,6 250 / 85 29,1 / 9,9 73 / 33
Abb. 12: Gesamtübersicht der verschiedenen Aufreinigungsstufen
Die Thylakoidmembranen wurden nach einem Ultraschallaufbruch durch differentielle Zentrifugation aus 55Litern Algen mit ca. 290 Gramm Frischgewicht gewonnen.[Die Abkürzungen in der Tabelle bezeichnen die Fraktionen mit Phosphataseaktivität nach dem jeweiligenAufreinigungsschritt: UZ = Überstand nach Ultrazentrifugation; G50 = Sephadex-G50-Gelfiltration; DEAE =DEAE-Anionenaustauschchromatographie; S-300-SP1, S-300-AP, S-300-SP2 sind die drei verschiedenenPhosphatasefraktionen der Sephacryl-S-300-Gelfiltration]
In Abbildung 12 ist die Gesamtübersicht der Aufreinigungsstufen dargestellt. Die saure
Thylakoidphosphatase S-300-SP1, die einer weiteren Aufreinigung unterzogen wurde, wurde
bis zur Gelfiltration um den Faktor 71 angereichert.
63
III.3.2 Biochemische Aufreinigung einer Thylakoidphospatase durch Perfusions-
chromatographie
In 3.1 gelang es, drei unterschiedliche Proteinaktivitäten aufgrund ihrer Retentionszeiten in
der Gelchromatographie zu unterscheiden. Die in Abbildung 7 als S-300-SP1 bezeichnete
Proteinprobe wird durch die Perfusionschromatographie weiter aufgereinigt. In der
Diskussion werden die Vorteile dieser Hochleistungsflüssigkeitschromatographie noch
genauer beschrieben. In dieser Arbeit werden Säulen mit 4,6 mm Durchmesser und 100 mm
Länge mit einem semipräparativem Säulenmaterial (20µm) verwendet. Die folgende
Abbildung zeigt eine Übersicht der chromatographischen Aufreinigung der S-300-SP1-
Phosphatase aus Chlamydomonas reinhartii.
Aufreinigung der Proteinphosphatase aus Chlamydomonas reinhardtii durch Perfu-sionschromatographie
Poros QE↓
Poros QE (Rechromatographie)↓
Poros HS↓
Poros QE↓ Detergenzwechsel Brij⇒Octylglykosid
Poros HS
Abb. 13: Aufreinigungsschema der S-300-SP1 Thylakoidphospphatase
Dargestellt sind die verschiedenen perfusiven Säulenmaterialien; Poros-QE: starker Anionenaustauscher;Poros-HS: starker Kationenaustauscher
Im ersten Aufreinigungsschritt der S-300-SP1 Thylakoidphosphtase ist die Kapazität der
Säule für einen Säulenlauf zu gering. Die Probe wird in 3 Fraktionen nacheineinander durch
die Anionenaustauschersäule Poros-QE getrennt. Die Phosphataseaktivitäten aus den Eluaten
werden vereinigt und, wie in Abbildung 14 dargestellt, rechromatographiert. In der
darauffolgenden Kationenaustauschchromatographie (Abbildung 15) werden zwei
Phosphatasefraktionen getrennt. Die Phosphatasefraktion aus dem pH-Gradienten wurde
verworfen. Die Phosphatasefraktion aus dem anschließenden Salzgradienten hat eine höhere
spezifische Aktivität. Eine weitere Aufreinigung durch andere Säulenmaterialien hatte an
dieser Stelle keinen Erfolg, und die Verwendung von zwei verschiedenen Medien zur
64
hydrophoben Interaktionschromatographie hatte einen völligen Aktivitätsverlust der
Phosphatasen zur Folge. Aus diesem Grund wurde wieder auf die Anionenaustauschersäule
Poros-QE zurückgegriffen, und es zeigt sich, daß sich mit der nächsten Aufreinigungstufe
(Abbildung 16) auch das Bindeverhalten der Proteine an die Säulenmatrix verändert. Für den
finalen Aufreinigungsschritt durch eine Kationenaustauschchromatographie hat sich ein
Detergenzwechsel als notwendig erwiesen, mit dem auch eine teilweise Inaktivierung des
Enzyms einhergeht. In diesem Chromatographieschritt (Abbildung 17) werden zwei
Phosphatasefraktionen getrennt. Die Phosphatasefraktion aus dem Salzgradienten zeigt im
SDS-Gel ein reines Protein und ist die in dieser Arbeit aufgereinigte Thylakoidphosphatase.
In Abbildung 18 ist diese Proteinfraktion im SDS-Gel dargestellt.
Abb. 14: Elutionsprofil einer Perfusionschromatographie über einen starken Anionentauscher (Poros-
QE)
Dargestellt sind Proteingehalt und Phosphataseaktivität. Alle aktiven Fraktionen des Eluenten wurdenweiterverarbeitet.
Die folgende Abbildung zeigt den nächsten Aufreinigungsschritt über Perfusionschromato-
graphie, den starken Kationenaustauscher Poros-HS.
0
2
4
6
8
10
12
0 85 97 108 141 166
ml
mU
pH
6
0
0,05
0,1
0,15
0,2
0,25
OD
28
0
mU pH 6
Reihe1OD 280
NaCl-Gradient
0,5 M NaCl
65
Abb. 15: Elutionsprofil einer Perfusionschromatographie über einen starken Kationentauscher
Dargestellt sind Proteingehalt und Phosphataseaktivität. Ein pH-Gradient von 4,5 bis 6,0 und ein Salzgradientvon 0 bis 0,5 M NaCl sind eingezeichnet. Nur die aktiven Fraktionen aus dem Salzgradienten wurdenweiterverarbeitet.
In Abbildung 15 werden zwei Phosphatasefraktionen getrennt. Die Phosphatasefraktion aus
dem pH-Gradienten wurde verworfen, da sie nur eine geringe spezifische Aktivität aufweist.
Die Phosphatasefraktion aus dem Salzgradienten wird im anschließenden starken Anionen-
austauscher weiterverarbeitet (Abbildung 16).
0
0,02
0,04
0,06
0,08
0,1
0,12
0,14
0,16
5 17 32 47 62 77 92 107
ml
mU
pH
6
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9O
D 2
80
280nm
mU pH 6
pH-Gra-dient
NaCl-Gra-dient
pH 6
pH 4,5 0 M NaCl
0,5 M NaCl
0 2
66
Abb. 16: Elutionsprofil einer Perfusionschromatographie über einen starken Anionentauscher (Poros-
QE)
Dargestellt sind Proteingehalt und Phosphataseaktivität. Die aktiven Fraktionen des Eluenten wurdenweiterverarbeitet.
Die weitere Aufreinigung der aktiven Enzymfraktionen aus Abbildung 16 erfolgte wieder
über den starken Kationenaustauscher, Poros-HS (Abbildung 17).
0,095
0,1
0,105
0,11
0,115
0,12
11 26 41 56 67 74 79 80 86 94 108
ml
mU
pH
6
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
4
4,5
5O
D 2
80
OD 280nm
mU pH 6
0 5
NaCl-Gradient
0,5 M NaCl
67
Abb. 17: Elutionsprofil einer Perfusionschromatographie über einen starken Kationentauscher
Dargestellt sind Proteingehalt und Phosphataseaktivität. Ein pH-Gradient von 4,5 bis 6,0 und ein Salzgradientvon 0 bis 0,5 M NaCl sind eingezeichnet. Nur die aktiven Fraktionen aus dem Salzgradienten wurdenweiterverarbeitet.
Nach der Säulenchromatographie in Abbildung 17 ist eine hochaufgereinigte Thylakoid-
phosphatase aus Chlamydomonas reinhardtii in den aktiven Fraktionen des NaCl-Gradienten
enthalten. In der folgenden Abbildung ist das reine Protein auf einem SDS-Gel dargestellt.
0
0,001
0,002
0,003
0,004
0,005
0,006
ml 11 26 41 56 71 87 102 116 131
mU
pH
6
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9O
D 2
80
OD 280
mU pH 6
NaCl-Gra-dient
pH-Gra-dient
pH 4,5
pH 6
0 M NaCl
0,5 M NaCl
68
Abb. 18: 8%iges SDS-Gel der letzten Aufreinigungsstufe der Phosphatase aus Thylakoiden von
Chlamydomonas reinhardtii
Es wurden folgende Proben aufgetragen:SP1 in OGSM = Marker-ProteineDie Anfärbung der Proteine erfolgte mit Coomassie-Brillant-Blue.
Die isolierte Proteinphosphatase weist im Vergleich mit dem Proteinstandard ein Molekular-
gewicht von ca. 70 kDa auf. In der Spur ist nach einer Coomassiefärbung nur eine deutliche
Bande zu sehen, es handelt sich somit um ein homogenes Enzym. In der reinen Fraktion
haben 56 µg Protein eine spezifische Aktivität von 254 mU. Die spezifische Aktivität beträgt
somit 15,2 µMol hydrolysiertes p-Nitrophenylphosphat pro mg Protein und Stunde. Es ergibt
sich ein Aufreinigungsfakter von 9 für die Perfusionschromatographieschritte. Dieser geringe
Anreicherungsfaktor der Phosphataseaktivität ist auf eine Inaktivierung des Enzyms während
der Aufreinigung zurückzuführen. Der Detergenzwechsel von Brij zu Octylglycosid ist für
den Erhalt der Phosphataseaktivität schlecht, aber für die Aufreinigung eines homogenen
Enzyms essentiell.
69
Die einzelne Bande in Abbildung 18 repräsentiert das Protein, welches in der Blue-SDS-
PAGE aus dem Gel geschnitten und eindeutig als Phosphatase identifiziert werden konnte.
Die gleiche Proteinprobe ergab in der aminoterminalen Sequenzierung (III.3.5) ein reines
Protein. Eine Thylakoidphosphatase aus Chlamydomonas reinhardtii konnte somit bis zur
Homogenität aufgereinigt werden. Die weitere Charakterisierung dieses Enzyms ist in den
folgenden Kapiteln dargestelltt. In III.3.3. sind biochemische Versuche zur Charakterisierung
der isolierten Thylakoidphosphatase beschrieben, und in III.3.4 wird die Substratspezifität der
isolierten Thylakoidphosphatase an radioaktiven Phosphoproteinen der Thylakoidmembran
getestet. Mit molekularbiologischen Methoden wird in III.3.6 versucht, das Gen der hier
isolierten Thylakoidphosphatase zu finden.
III.3.3. Biochemische Charakterisierung der isolierten Thylakoidphosphatase
Eine biochemische Charakterisierung der isolierten Proteinphosphatase aus Chlamydomonas
reinhardtii erfolgt anhand von 4 klassischen enzymologischen Versuchen: Es wird zunächst
eine pH-Optimumkurve des Enzyms aufgenommen. In einem Versuch zur Temperaturab-
hängigkeit des Proteins wird der Schmelzpunkt ermittelt. Ein Lineweaver-Burk-Plot, die
reziproke Auftragung einer Substratbindungskurve, gibt Auskunft über Km-Wert und Reak-
tionsgeschwindigkeit der Phosphatase. In einem Inhibitorversuch wird schließlich die
Sensitivität des Enzyms im Hinblick auf die Phosphatasehemmstoffe Natriumfluorid (NaF)
und Ocadaic Acid (OAA) untersucht. Alle Versuche werden mit der bis zur Homogenität
aufgereinigten Phosphatase SP1 (Abbildung 18) durchgeführt.
pH-Abhängigkeit:
Die Enzymaktivität der isolierten Thylakoidphosphatase wurde in Abhängigkeit vom pH-
Wert des Mediums aufgenommen. In Abbildung 19 ist die pH-Optimumkurve dargestellt.
70
Abb. 19: pH-Optimumkurve der Phosphatase aus Thylakoiden von Chlamydomonas reinhardtii
Dargestellt ist die Phosphataseaktivität in mU in Abhängigkeit von pH-Werten zwischen 4,5 und 9.
Wie aus Abbildung 19 hervorgeht, hat die isolierte Phosphatase ein pH-Optimum bei pH 5,0.
Es handelt sich demnach eindeutig um eine saure Phosphatase. Oberhalb von pH 6 sinkt die
Enzymaktivität auf unter 50%, und bei pH 8 ist die Phosphatase mehr oder weniger inaktiv.
Substratabhängigkeit:
Ein weiterer klassischer enzymologischer Versuch ist die Aufnahme einer Substratbindungs-
kurve des untersuchten Enzyms. In der folgenden Abbildung ist die doppeltreziproke Auftra-
gung, ein Lineweaver-Burk-Diagramm, dargestellt.
0
2
4
6
8
10
12
14
4 5 6 7 8 9 10
pH-Wert
Ph
osp
hat
asea
ktiv
ität
[m
U]
71
Abb. 20: Doppeltreziproke Darstellung der Substratbindung der Phosphatase aus Thylakoiden von
Chlamydomonas reinhardtii
Der Kehrwert der Reaktionsgeschwindigkeit (1 / V) ist gegen den Kehrwert der Substratkonzentration (1 / S)aufgetragen. Die Schnittpunkte der Geraden mit den Achsen ergeben Werte für 1 / Vmax und -1 / Km.
Die doppeltreziproke Auftragung der Substratbindungskurve nach Lineweaver-Burk weist
eine lineare Abhängigkeit des Kehrwertes der Reaktionsgeschwindigkeit (1 / V) vom Kehr-
wert der Substratkonzentration (1 / S) auf. Der Schnittpunkt der resultierenden Geraden mit
der y-Achse ist der Kehrwert von Vmax, der maximalen Reaktionsgeschwindigkeit des
Enzyms. Daraus leitet sich der Wert von 0,133 µmol p-Nitrophenol / min als Vmax ab. Der
Schnittpunkt mit der x-Achse ist der negative Kehrwert von Km, der Geschwindigkeitskon-
stante der isolierten Phosphatase. Km ist daher eine Substratkonzentration von 33 mM.
Temperaturabhängigkeit:
Im folgenden Versuch soll die Abhängigkeit der Phosphataseaktivität von der Temperatur
beschrieben werden. Dazu werden Aktivitätsmessungen bei verschiedenen Temperaturen
zwischen 0°C und 90°C durchgeführt. Der Schmelzpunkt des Proteins ist die Temperatur, bei
der noch 50% der anfänglichen Enzymaktivität vorhanden sind (Abbildung 21).
72
Abb. 21: Temperaturabhängigkeit der Phosphatase aus Thylakoiden von Chlamydomonas reinhardtii
Die Enzymaktivität wurde zwischen 0°C und 90°C verfolgt.
Die isolierte Proteinphosphatase ist nach den Ergebnissen von Abbildung 21 relativ
temperaturstabil. Bei 72°C ist noch die Hälfte der enzymatischen Aktivität vorhanden.
Hierbei handelt es sich um den ermittelten Schmelzpunkt des Enzyms, Tm. Bei 75°C erfolgt
eine schnelle Inaktivierung, und bei 80°C ist die Phosphatase inaktiv.
Sensitivität der isolierten Phosphatase gegen den klassischen Phosphataseinhibitor
Natriumfluorid und den spezifischen Proteinphosphatasehemmstoff Ocadaic Acid:
Im folgenden soll die Empfindlichkeit des isolierten Proteins gegen zwei in der Literatur
häufig beschriebene Phosphatasehemmstoffe untersucht werden: Ocadaic Acid und Natrium-
fluorid. Im Fall von Ocadaic Acid wird, da keine Hemmung auftritt, nur die höchste Hemm-
stoffkonzentration dargestellt (Abbildung 22a), bei NaF dagegen wird eine Hemmkurve auf-
genommen (Abbildung 22b).
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
Temperatur
Ph
osp
hat
asea
ktiv
ität
[m
U]
Tm
(°C)
73
Abb. 22a: Einfluß des Phosphatasehemmstoffs Ocadaic Acid auf die Aktivität der Phosphatase aus
Thylakoiden von Chlamydomonas reinhardtii
Es wurde eine Hemmstoffkonzentration von 50 µM getestet.
Der Aktivitätstest der Thylakoidphosphatase in Abbildung 22a zeigt mit oder ohne Ocadaic
Acid keinen Unterschied. Bei einer hohen Hemmstoffkonzentration von 50 µM beträgt die
Enzymaktivität 100% der Kontrolle. Das Protein ist somit gegen den Inhibitor unempfind-
lich.
In der nächsten Abbildung ist eine Hemmkurve mit NaF dargestellt.
0
2
4
6
8
10
12
14
16
Kontrolle Ocadaic Acid, 50 µM
Ph
osp
hat
asea
ktiv
ität
[m
U]
74
Abb. 22b: Hemmkurve der Phosphatase aus Thylakoiden von Chlamydomonas reinhardtii mit dem
Hemmstoff NaF
Die Phosphataseaktivität in mU ist bei 3 verschiedenen Hemmstoffkonzentrationen aufgetragen.
Anders als Ocadaic Acid scheint NaF ein guter Hemmstoff der Thylakoidphosphatase aus
Chlamydomonas reinhardtii zu sein. Eine Konzentration von 1 mM führt zu einer Hemmung
von 66%, bei 50 mM ist das Protein total inaktiv.
0
2
4
6
8
10
12
14
16
0,01 0,1 1 10 100
Ph
osp
hat
asea
ktiv
ität
[m
U]
0,01 mM NaF
1 mM NaF
50 mM NaF
75
III.3.4 Substratspezifität der isolierten Thylakoidphosphatase
Für die Regulation der Proteinphosphatasen in den verschiedensten zellulären Vorgängen
müssen spezifische Enzymreaktionen kontrolliert werden. Eine an der Regulation der Photo-
synthese beteiligte Proteinphosphatase sollte nicht auch die Phosphorylierungsreaktionen an-
derer Phosphoproteine beeinflussen. Aus diesem Grund sind die Enzyme für die regulativen
Phosphorylierungsreaktionen relativ substratspezifisch. Die Dephosphorylierung verschiede-
ner Phosphoproteine kann bei einem Regulationsprozeß erforderlich sein. In vivo ergibt sich
die Substratspezifität bei den Proteinphosphatasen sehr häufig durch einen Komplex aus zwei
oder mehr Polypeptiduntereinheiten, der die Dephosphorylierungsreaktion und die Spezifität
kontrolliert. Die Substratspezifität der Proteinphosphatasen geht im Gegensatz zu der Sub-
stratspezifität der Kinasen bei der biochemischen Aufreinigung oft verloren (Gergely, 1999).
Diese Eigenschaft von vielen Proteinphosphatasen erleichtert die Messung der Enzymaktivität
mit künstlichen Substraten. Bei der Aufreinigung des in dieser Arbeit untersuchten Enzyms
wurde das Nachweissystem mit p-Nitrophenylphospat genutzt, aber es kann keine Aussage-
kraft über die Substrate innerhalb der Zelle erzielt werden. In dem nun folgenden Versuch soll
das physiologische Substrat der isolierten Phosphatase in der Zelle bestimmt werden.
Zur Messung der physiologischen Substrate der isolierten Proteinphosphatase wird Chlamy-
domonas reinhardtii in Gegenwart von radioaktiven Phosphat angezogen. Die radioaktive
Markierung der Proteine ist in Kapitel III.2 genauer beschrieben. Die Phosphoproteine werden
in vivo markiert, und aus diesen Algen wird mit Ultraschall ein Zellhomogenat mit allen
wässrigen und membrangebundenen Komponenten hergestellt. Der Zellaufbruch gewährlei-
stet die Zugänglichkeit der markierten Phosphoproteine und der so erhaltene Zellextrakt be-
rücksichtigt auch mögliche weitere Cofaktoren oder Proteinuntereinheiten, die für die Aktivi-
tät der Proteinphosphatase in vivo notwendig sein könnten. Die in III.3.3 aufgereinigte Phos-
phatase wird zu dem Gemisch der Zellkomponenten gegeben und die Dephosporylierungsre-
aktion wird zu verschiedenen Zeiten gestoppt. Anschließend erfolgt die Präparation der Thy-
lakoide in Gegenwart des Phosphataseinhibitors NaF. Die Thylakoidproteine werden dann im
SDS-Gel aufgetrennt. Nach dem Proteintransfer auf eine Nitrozellulosemembran im Naßblot-
verfahren wird ein Röntgenfilm aufgelegt, der die Radioaktivität der Phosphoproteine als
Schwärzung darstellt. Die Meßmethodik und Identifizierung der Phosphoproteine ist in Kapi-
tel III.2 genauer beschrieben. Die Dephosphorylierung der Thylakoid-Phosphoproteine durch
die isolierte Proteinphosphatase im Vergleich zu einer Kontrolle ohne Zugabe von Enzym
76
wird mit dem TINA-Programm computergestützt ausgewertet und in Tabelle 7 dargestellt.
Tab. 7: Dephosphorylierung der Thylakoid-Phosphoproteine als Substrat der isolierten
Proteinphosphatase
Inkubationsdauer der isolierten Proteinphosphatase10 [Min] 20 [Min] 30 [Min]
Protein
[Angabe in % zur Kontrolle ohne Enzym]1 107 112 1152 116 135 1313 88 86 844 89 81 78
CP 43 90 83 78CP 29 88 74 62CP 26 89 69 61
LHC IIb 91 66 63LHC 89 71 64LHC 83 69 60LHC 93 86 8312 110 71 70
12 kDa 102 81 7510 kDa 86 69 677 kDa 109 95 89
16 103 107 111
Die isolierte Proteinphosphatase dephosphoryliert Phosphoproteine der äußeren Antenne des
Photosystems II am stärksten. Das CP 29, CP 26, das LHC IIb und die beiden oberen, hier nur
als LHC aufgeführten Proteine, werden innerhalb von 30 Minuten um mehr als ein Drittel
dephosphoryliert. Die anderen Phosphoproteine des Lichtsammelkomplexes werden in gerin-
gerem Ausmaß dephosphoryliert. Die als Proteine 1 und 2 bezeichneten Polypeptide, sowie
die Bande 16 sind keine Substrate, hier ist sogar ein Anstieg der Phosphorylierung zu ver-
zeichnen. Nur ein Teil der Phosphoproteine sind geeignete Substrate für die in 3.3 isolierte
Proteinphosphatase. Es sind genau jene Proteine, die in Kapitel 2 dieser Arbeit bei der Adap-
tation des Photosyntheseapparates an Starklicht identifiziert werden konnten. Die in dieser
Arbeit isolierte Thylakoidphosphatase ist eine Proteinphosphatase, die verschiedene Phospho-
proteine dephosphoryliert. Zu den Substraten gehören die Phosphoproteine des Photosystems
II, die während der Adaptation an das Starklicht dephosphoryliert werden. Die Beiteiligung
dieser Proteinphosphatase an der Regulation der Photosynthese durch die reversible Protein-
phosphorylierung ist sehr wahrscheinlich.
77
Bei der Berechnung der Phosphataseaktiviät in Tabelle 7 ist zu beachten, daß die Dephospho-
rylierung im Vergleich zu der Gesamtmenge an radioaktiven Phosphoproteinen aufgetragen
ist. In dem Versuchsansatz sind ein Teil der Proteine beispielsweise durch gestapelte Mem-
branen in den Thylakoiden oder durch die nativen Proteinaggregate vor der Dephosphory-
lierung geschützt. Infolgedessen kann keine absolute Dephosphorylierung der Substrate in
dem Zellhomogenat erwartet werden.
III.3.5 Aminoterminale Sequenzierung der isolierten Proteinphosphatase
Zur aminoterminalen Sequenzierung der isolierten Proteinphosphatase, deren biochemische
Aufreinigung in Kapitel III.3.3 dargestellt ist, wird das Protein nach SDS-PAGE zur Sequenz-
analyse auf eine PVDF-Trägermembran transferiert. Die aminoterminale Sequenzierung am
Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie in Dortmund führte zu einem eindeutigen
Ergebnis. Folglich liegt ein hochreines Protein vor. Die ersten 15 Aminosäuren der Polypep-
tidkette konnten sicher bestimmt werden. Die Sequenzierung ergab folgenden N-Terminus:
NH2- D-V-N-G-G-G-A-T-L-P-Q-P-L-Y-Q -...
Die weitere Sequenzierung des Proteins über die 15. Aminosäure hinaus wird durch die
beiden Proline erschwert. Als sekundäre Aminosäure wird Prolin in der Reaktionsfolge des
Edmann-Abbaus nicht vollständig hydrolysiert. Durch versetzte Abbaureaktionen in den
Abbauzyklen wird eine Auswertung der HPLC-Chromatogramme immer komplexer und
unsicherer. Eine weitergehende Sequenzierung des N-Terminus erscheint deshalb nicht
sinnvoll.
Der Sequenzvergleich des N-Terminus der Proteinphosphatase mit bekannten Proteinsequen-
zen aus internationalen Datenbanken aus dem Internet ergibt die größte Homologie zu einem
Protein des Menschen aus der Synovialflüssigkeit. Es handelt sich hierbei um ein 205 kDa
großes Trimer aus 3 jeweils 70 kDa großen Polypeptiduntereinheiten (Hain et al., 1996).
Beim Vergleich der ersten 15 Aminosäuren aus der jeweiligen aminoterminalen Sequenzie-
rung dieses Proteins mit der Proteinphosphatase dieser Arbeit stimmen 14 Aminosäuren über-
ein, und es ist ein konservativer Austausch von Valin zu Isoleucin zu verzeichnen.
78
D-V-N-G-G-G-A-T-L-P-Q-P-L-Y-Q- Sequenz der isolierten Proteinphosphatase
| : | | | | | | | | | | | | |
D-I-N-G-G-G-A-T-L-P-Q-P-L-Y-Q- Sequenz des synovial stimulierenden Proteins
[swissprot: locus SNSP_HUMAN, accession P80697]
Das Ergebnis scheint zuerst sehr überraschend, doch bei näherer Betrachtung der Funktion
fällt auf, daß es sich bei dem menschlichen Protein um einen T-Zell-aktivierenden Rheuma-
faktor handelt. Diese Hormonkaskade des T-Zell-aktivierenden Proteinfaktors wird durch
spezifische Proteinphosphataseinhibitoren gestört (Jordan et al., 1995). Eine eigene Phospha-
taseaktivität des Rheumafaktors wurde bislang allerdings nicht untersucht.
Eine weitere, interessante Homologie mit geringerer Übereinstimmung von 8 identischen
Aminosäuren zu den 15 Aminosäuren des sequenzierten N-Terminus der isolierten Protein-
phosphatase liegt zu einer bakteriellen Phosphatase vor:
D-V-N- -G-G-G-A-T-L-P-Q-P-L-Y-Q- Sequenz der isolierten Proteinphosphatase
: | | | | | | | |
-V-T-G-G-G-A-S-L-P-A-E-L-Y-R- Sequenz einer Phosphatase aus Pseudomonas
[swissprot: locus PPBL_PSEAE, accession P35482]
Diese Homologie der isolierten Proteinphosphatase besteht zu einer alkalischen Phosphatase
aus Pseudomonas aeruginosa. Das Ergebnis zeigt, daß zu der isolierten Proteinphosphatase
aus Chlamydomonas reinhardtii eine hohe Homologie mit einer anderen Phosphatase vorliegt.
Es handelt sich hierbei um eine unspezifische periplasmatische Phosphatase, die sich auf-
grund ihres Molekulargewichtes von 39,5 kDa, der Lokalisation in dem Zellkompartiment
und im pH-Optimum von der in dieser Arbeit isolierten Proteinphospatase unterscheidet (Tan
und Worobec, 1993). Das Bakterienenzym unterscheidet sich darüberhinaus auch funktionell
von der isolierten Proteinphosphatase, da es bei Phosphatmangel induziert wird, um
anorganisches Phosphat zur Aufnahme in die Zelle zur Verfügung zu stellen. Dabei dienen
sehr viele unterschiedliche Phosphoverbindungen als Substrate des Enzyms. Die Substrate der
isolierten Proteinphosphatase sind hingegen einige Phosphoproteine der Thylakoidmembran,
die in III.2 dargestellt sind.
79
III.3.6 Molekularbiologische Charakterisierung der Proteinphosphatase
Der Homologievergleich in III.3.5 des sequenzierten N-Terminus der isolierten Proteinphos-
phatase zeigt zwar eine Homologie zu einer Phosphatase, aber es liegt keine Übereinstim-
mung mit einem Protein aus Pflanzen oder aus Chlamydomonas reinhardtii vor. Der Ver-
gleich der Sequenzdaten zeigt, daß das codierende Gen dieser Proteinphosphatase noch nicht
beschrieben worden ist.
Mit molekularbiologischen Methoden soll versucht werden, das Gen der Proteinphosphatase
aus Chlamydomonas reinhardtii zu finden. Aus der Sequenz des N-Terminus der isolierten
Proteinphosphatase wird ein geeignetes Oligonukleotid abgeleitet (siehe Abschnitt III.3.6.1).
In Hybridisierungsexperimenten mit der genomischen DNA aus Chlamydomonas reinhardtii
(III.3.6.2) und in einer λ-Bakteriophagen-cDNA-Genbibliothek (III.3.6.3) wird versucht, eine
komplementäre DNA-Sequenz für das gesuchte Enzym zu isolieren.
III.3.6.1 Ableitung des Oligonukleotids aus der N-terminalen Sequenzierung
Die Ableitung der DNA-Sequenz aus der N-terminalen Sequenzierung der Proteinphosphatase
(III.3.5) kann unter Anwendung des genetischen Codes für viele Basen problemlos erfolgen.
An einigen Stellen ist die Sequenz des DNA-Moleküls jedoch nur zum Teil eindeutig aus der
N-terminalen Sequenzierung des isolierten Proteins abzuleiten, da bestimmte Aminosäuren
durch mehrere Basentripletts codiert werden. Diese Degeneration des genetischen Codes hat
zur Folge, daß an der dritten Position des Basentripletts häufig zwei oder sogar alle vier Basen
für die Codierung einer Aminosäure in Frage kommen.
Die Ableitung der Basensequenz des DNA-Moleküls aus der N-terminalen Sequenzierung des
isolierten Proteins erfolgt für die ersten 35 Nukleotide, dabei wurden die nicht genau vorher-
sagbaren Nukleotide bei der Konstruktion des Oligonukleotids durch Inosine ersetzt. Bei der
Bildung eines DNA Doppelstranges ermöglicht Inosin die Paarung mit allen 4 Basen. Standen
zwei Basen für die Codierung einer Aminosäure zur Auswahl, so wurden beide Nukleotide
bei der Synthese statistisch zu Auswahl gestellt. In der Hybridisierungslösung liegt folglich
ein Gemisch aus verschiedenen Nukleotidsequenzen vor. Grundlage für die Codierung der
Aminosäuren durch die Basentripletts war die „codon usage table“ auf der Chlamydomonas
Internetseite.
80
Die Ableitung des Oligonukleotids aus der N-terminalen Sequenzierung wird in der folgenden
Kurzübersicht in den gebräuchlichen Abkürzungen dargestellt:
Polypeptidkette aus der N-terminalen Sequenzierung:
N-Terminus-DVNGGGATLPQP...-C-Terminus
Ableitung der Basensequenz für das Oligonukleotid:
5‘-GAY-GTI-AAY-GGI-GGI-GGI-GCI-ACI-CTI-CCI-CAR-CC-3‘
I = Inosin
Y und R stehen für die Wobble Codierung zweier Basen: Y=T/C; R=A/G
Dieses Oligonukleotid ermöglicht molekularbiologische Experimente zur Charakterisierung
der isolierten Proteinphosphatase. In Hybridisierungsexperimenten kann es an einzelsträngige
DNA binden und das Gen der Polypeptidkette identifizieren. Zur späteren experimentellen
Detektion wurde das Oligonukleotid bei der Synthese zusätzlich am 5‘Ende mit einem Ami-
nolink zu dem Steroid-Hapten Digoxigenin (=DIG) versehen. Unter Verwendung eines Anti-
körper-Konjugates (Anti-Digoxigenin-Alkalische Phosphatase-Konjugat) kann in der nachfol-
genden enzymkatalysierten Nachweisreaktion ein farblicher Niederschlag die DIG-markierte
Oligonukleotidsonde auf einer Trägermembran nachweisen.
Im folgendem Abschnitt wird der Versuch beschrieben, mit dieser Oligonukleotid-Sonde den
komplementären Genabschnitt auf der genomischen DNA aus Chlamydomonas reinhardtii zu
lokalisieren.
III.3.6.2 Hybridisierungsexperimente mit der genomischen DNA
Die DNA der ganzen Zellen von Chlamydomonas reinhardtii wird isoliert und durch Restrik-
tionsenzyme in unterschiedlich große Teilstücke geschnitten. Die DNA-Fragmente werden
dann aufgrund ihrer verschiedenen Molmassen in einem Agarose-Gel aufgetrennt. Durch eine
alkalische Behandlung wird die doppelsträngige DNA anschließend zu einzelsträngigen Mo-
lekülen denaturiert. Nur an einzelsträngige DNA kann eine DNA-Sonde bei der späteren Hy-
bridisierung komplementär binden. In einem Southern Blot wird die DNA durch Kapillar-
kräfte aus dem Agarose-Gel auf eine Nitrozellulose transferiert und durch eine Temperaturbe-
81
handlung fest an die Trägermembran gebunden. Diese Nitrozellulose mit aufgrund ihrer
Größe aufgetrennten Gesamtzell-DNA-Fragmenten aus Chlamydomonas reinhardtii wird für
die folgenden Hybridisierungsexperimente eingesetzt. Bei diesen Versuchen soll die
komplementäre Sequenz zu der unter 3.6.1 dargestellten Oligonukleotidsonde in der
genomischen DNA detektiert werden. Nach der Hybridisierung werden unspezifisch
gebundene Oligonukleotide abgewaschen. Die Stringenz der Bindungen wird dabei durch
Temperatur, Salzkonzentration und Detergenz experimentell so hoch gewählt, daß alle
unspezifisch an die DNA gebundenen DIG-Sonden abgewaschen werden. Dann werden die
komplementär an die DNA gebundenen Moleküle durch das DIG-Nachweissystem detektiert.
Im DIG-Nachweissystem wird ein Farbstoff auf der Nitrozellulosemembran durch ein
Antikörper-Enzymkonjugat zu einem unlöslichen blauen Niederschlag umgewandelt.
Abb. 23: Genomische DNA aus Chlamydomonas reinhardtii
In der Abbildung sind vier Proben mit Restriktionsenzymen verdauter genomischer DNA nachelektrophoretischer Auftrennung im 0,6 prozentigen Agarosegel gezeigt. Für die Hybridisierung mit der DIG-markierten DNA-Sonde wird die DNA auf eine Nitrozellulosemembran transferiert, und der Nachweis gegendie DIG-markierte DNA-Sonde ist dargestellt. Die Größe der Markerbanden ist in Kilobasenpaaren angege-ben.
Die mit Restriktionsenzymen verdaute genomische DNA ist in Abbildung 23 zu sehen. In
dem Agarosegel ist die Anzahl der verschiedenen Fragmente so groß, daß keine einzelnen
DNA-Banden aufglöst werden können. Auf dem UV-Leuchttisch sind in den einzelnen
Spuren diskrete Einzelbanden der restringierten Plastiden-DNA sichtbar, die hier aufgrund der
DNA-Menge von der genomischen DNA in Abbildung 23 überlagert werden. Diese genomi-
82
schen DNA-Fragmentmuster sind das Ausgangsmaterial für die Hybridisierungsexperimente
mit der in 3.6.1 abgeleiteten Sonde von dem N-Terminus der isolierten Proteinphosphatase.
Nach der Hybridisierung werden die unspezifisch gebundenen DNA-Sonden abgewaschen.
Bei diesem Waschschritt ist die Temperatur von entscheidender Bedeutung. Zu hohe Tempe-
raturen verhindern alle Bindungen der DNA-Sonde und zu geringe Temperaturen führen zu
unspezifischen Wechselwirkungen der DNA-Moleküle. Bei komplementären DNA-Abschnit-
ten ist die Hybridisierungstemperatur durch die Anzahl der Wasserstoffbrückenbindungen
genau berechenbar. Da es sich hier aber um eine degenerierte Oligonukleotidsonde handelt,
muß diese Temperatur experimentell genau ermittelt werden. Ausgehend von einer Wasch-
temperatur von 60° C, bei der keine DNA-Sonde auf der Nitrozellulosemembran nachgewie-
sen werden konnte, wurde die Temperatur reduziert. Bei 57°C zeigten sich die ersten Signale,
die bei einer Waschtemperatur von 55° C zu dem in Abbildung 23 dargestellten enzymati-
schen Nachweis der DNA-Sonde führte. Durch die vier verschiedenen Restriktionsenzyme
entstehen unterschiedliche Fragmentmuster des Genoms, und der immunologische Nachweis
der DNA-Sonde sollte in jeder Spur verschieden große DNA-Fragmente ergeben, in denen
das gesuchte Gen zu finden ist. In dem dargestellten Versuchsansatz ist jedoch nur die unge-
schnittene genomische DNA markiert, wahrscheinlich aufgrund der Wechselwirkungen des
komplexen großen DNA-Materials mit der DNA-Sonde. Bei weiterer Temperaturreduzierung
auf 50° C wird eine unspezifische Bindung der DNA-Sonde an die DNA-Fragmente sichtbar.
In den Hybridisierungsexperimenten mit der DIG-markierten Sonde konnte somit keine spezi-
fische komplementäre Bindung nachgewiesen werden. Die stringente Bindung eines degene-
rierten Oligonukleotides ist bei genomischen DNA-Untersuchungen häufig problematisch.
Viele unspezifische Wechselwirkungen mit dem Oligonukleotid durch beispielsweise repete-
tive Sequenzen und komplexe Sekundärstrukturen der genomischen DNA können die Strin-
genzbedingungen für ein eindeutiges Ergebnis zu hoch werden lassen.
Die Verwendung einer cDNA-Genbibliothek verringert diese Probleme bei der Hybridisie-
rung mit der Oligonukleotidsonde. Außerdem sind hier die DNA-Moleküle auf dem Blot in
viel größerer Kopiezahl vorhanden. Die Konzentrationserhöhung der einzelnen DNA-Gen-
abschnitte auf der Nitrozellulose erleichtert die Detektion bei degenerierten Sonden zusätz-
lich. Die Gensuche mit der Oligonukleotidsonde aus III.3.6.1 in einer cDNA-Genbibliothek
von Chlamydomonas reinhardtii wird in III.3.6.3 beschrieben.
83
III.3.6.3 Suche des Gens für die Proteinphosphatase in einer λλλλ-Bakteriophagen-cDNA-
Genbibliothek aus Chlamydomonas reinhardtii
Eine cDNA-Genbibliothek besteht aus komplementären DNA-Molekülen einer messenger-
RNA-Matrize. Durch das Enzym Reverse Transkriptase werden aus den RNA-Matritzen einer
mRNA-Präparation aus ganzen Zellen die komplementären DNA-Moleküle synthetisiert. Die
RNA-Stränge der RNA-DNA-Komplexe werden dann zerstört und durch DNA-Stränge er-
setzt. Aus der mRNA-Matrize für die Proteinbiosynthese ist ein komplementäres DNA-Mole-
kül entstanden. Dieses wird in das Bakteriophagengenom inseriert. Die Gene der cDNA las-
sen sich durch die Phagen leicht für molekularbiologische Untersuchungsmethoden vermeh-
ren. Bei einer cDNA-Genbibliothek ist aufgrund der beschriebenen Methode die Vollständig-
keit der Gene problematisch. Es sind nur Gene in der Bibliothek, die zu dem Zeitpunkt der
cDNA-Synthese von dem Versuchsobjekt exprimiert und komplett in das Phagengenom in-
seriert wurden. Eine gutuntersuchte Genbank wurde freundlicherweise von Dr. Jörg Nickelsen
von der Uni Bochum zur Verfügung gestellt.
Mit der in III.3.6.1 dargestellten Oligonukleotidsonde wird nun in der cDNA-Genbibliothek
nach dem Gen der Proteinphosphatase gesucht. Die Versuche zur Identifizierung des Gens der
Phosphatase in der cDNA-Genbibliothek werden im folgenden dargestellt.
III.3.6.3.1 Hybridisierungsexperimente mit der cDNA-Genbibliothek
Vor der Hybridisierung mit der Oligonukleotidsonde müssen die Phagen der cDNA-Genbi-
bliothek durch Infektion in dem Wirtsbakterium vermehrt und vereinzelt werden. Dazu wird
der Escherichia coli-Stamm BHB 2600 in einem flüssigen maltosehaltigen Nährmedium mit
den Phagen versetzt. Zur Infektion des Bakteriums nutzt der Bakteriophage λ den Maltose-
transporter des Wirtsbakteriums, um in die Zelle zu gelangen. Durch einen erheblichen Bakte-
rienüberschuß wird eine Verteilung der Phagen auf unterschiedliche Bakterien erzielt. Nach-
dem die Bakterien auf ein agarhaltiges Nährmedium aufgebracht worden sind, lysieren die
Phagen die infizierten Bakterien. Die freigesetzten Phagen infizieren die benachbarten Bakte-
rien, und in dem „Bakterienrasen“ sind mit dem Auge sogenannte „Plaques“ lysierter Bakteri-
en sichtbar. Diese „Plaques“ enthalten in großer Anzahl das Phagengenom, in dem jeweils ein
Teil des Chlamydomonas reinhardtii-Genoms inseriert ist. Die DNA wird auf eine Nitrozellu-
84
losemembran transferiert und, wie bei der Untersuchung der Gesamt-DNA unter III.3.6.2, in
Hybridisierungsexperimenten mit der in III.3.6.1 vorgestellten DNA-Sonde verwendet.
Unter den in III.3.6.2 experimentell ermittelten Hybridisierungsbedingungen war von 30.000
untersuchten Plaques ein positives Signal mit dem immunologischen Nachweissystem für die
DIG-markierte DNA-Sonde auf der Nitrozellulose nachweisbar.
Die Phagen aus dem „Plaque“ werden isoliert, in einer zweiten Infektion erneut vereinzelt und
auf einer Nitrozellulosemembran mit der Oligonukleotidsonde hybridisiert. Bei dieser Über-
prüfung bindet die DNA-Sonde homogen an alle „Plaques“. Es handelt sich folglich nur um
einen Phagen. Zur weiteren Analyse wird der Phage in Flüssigkultur im 100 ml Maßstab pro-
duziert. In Abbildung 24 ist die Charakterisierung des Phagen dargestellt.
Abb. 24: Charakterisierung des isolierten Phagen
Die elektrophoretische Auftrennung der DNA in einem 0,6%igen Agarosegel ist nach einem Restriktionsver-dau mit dem Enzym Eco RI dargestellt. Die DNA wurde dann durch einen Kapillartransfer auf eine Nitrozel-lulose transferiert und mit der Oligonukleotidsonde aus 3.6.1 hybridisiert. Der immunologische Nachweisgegen die DIG-markierte DNA-Sonde auf der Nitrozellulosemembran ist rechts gezeigt. Die Größe derMarkerbanden ist in Kilobasenpaaren angegeben.
Die Abbildung 24 zeigt den Bakteriophagen λ nach einem Restriktionsverdau mit Eco R 1
und der Auftrennung der DNA in einem 0,6%igen Agarosegel. In der obersten Bande ist der
85
unverdaute Phage zu sehen. Durch das Restriktionsenzym Eco R 1 wird der Phage in zwei
sogenannte „Phagenarme“ geschnitten, die hier als Einzelbanden nicht aufgelöst sind. Das
DNA Fragment aus der Genbibliothek von Chlamydomonas reinhardtii wird durch Eco R1
aus dem Phagengenom herausgeschnitten und hat eine Größe von 2,2 Kilobasenpaaren. Ab-
bildung 24 zeigt, daß die von der isolierten Proteinphosphatase in 3.6.1 abgeleitete Oligonu-
kleotidsonde mit dem DNA-Fragment aus der cDNA-Genbibliothek hybridisiert. Die Größe
des DNA-Moleküls entspricht den vorher berechneten 2000 Basenpaaren.
Zur genauen Analyse des DNA-Fragments aus der Genbibliothek ist die Nukleotidsequenz
notwendig. Dazu wir im folgenden Kapitel das DNA-Fragment mit einem Klonierungsvektor
verbunden und in einen Bakterienstamm transformiert.
III.3.6.3.2 Klonierung des cDNA-Fragments aus Chlamydomonas reinhardtii in den
Vektor pBluescript II SK und Transformation in Escherichia coli
Mit Hilfe eines DNA-Ligase Enzyms werden das aus dem Agarosegel isolierte cDNA-Frag-
ment und der linearisierte Vektor pBluescript II SK in einem Ligationsansatz verbunden.
Dabei erfolgt die Insertion des cDNA-Moleküls in die multiple Klonierungsstelle (=MCS) des
in Abbildung 25 dargestellten Vektors pBluescript II SK.
86
Abb. 25: Vektor pBluescript II SK
Die Escherichia coli DH5α-Zellen werden durch eine Dimethylsulfoxid-Schockbehandlung
für die Aufnahme von DNA-Molekülen empfänglich gemacht. In diesen kompetenten Zellen
erfolgt die Transfektion der DNA-Produkte aus dem Ligationsansatz. Sie werden nach Zuga-
be eines geeigneten Antibiotikums ausplattiert. Nur die Bakterien, die ein Plasmid mit der
Antibiotikaresistenzmarke aufgenommen haben, können auf diesem Nährmedium überleben.
Durch eine sogenannte „Blau/Weiß-Selektion“ werden die Bakterien erkannt, die das Chlamy-
domonas reinhardtii-Gen in dem Plasmid eingebaut haben. Die „Blau/Weiß-Selektion“ funk-
tioniert nach folgendem Prinzip:
Bei der Insertion eines DNA-Fragmentes in den Vektor wird das Gen für die ß-Galaktosidase
zerstört. Der Farbstoff 5-Chlor-4-Brom-3-indolyl-ß-D-Galaktosid in dem Medium kann von
diesen Bakterienkolonien nicht zu einem blauen Produkt hydrolysiert werden. Die weißen
Bakterienkolonien haben ein Plasmid mit einem inaktiven ß-Galaktosidase-Gen. Die Plasmide
dieser Bakterien werden nach einem Restriktionsverdau im Agarosegel auf die Aufnahme
eines DNA-Fragmentes untersucht. Die Klonierung eines DNA-Fragmentes aus der cDNA-
Genbibliothek in das Plasmid ist in der folgenden Abbildung gezeigt.
87
Abb. 26: Plasmidanalyse eines Transformanden
In Spur 1 ist das mit Eco R1 verdaute Plasmid und in Spur 2 ist das unverdaute Plasmid in einem 0,6%igenAgarosegel aufgetrennt. Die Größe der Markerbanden ist in Kilobasenpaaren angegeben.
Das Plasmidkonstrukt wird von dem Restriktionsenzym Eco R 1 an zwei Stellen geschnitten.
Die Produkte dieses Enzymverdaus sind in Abbildung 26 zu sehen. Es handelt sich um den
linearisierten Klonierungsvektor pBluescript mit einer Größe von 2961 Basenpaaren und das
klonierte DNA-Fragment der cDNA-Genbibliothek mit etwa 2200 Basenpaaren. Das unver-
daute Plasmidkonstrukt ist in Spur 2 in verschiedenen Formen zu sehen. Bei dem Hauptanteil
handelt es sich um das Plasmid in geschlossener, superspiralisierter Form. Bei der Präparation
der Plasmide sind im geringeren Umfang, durch Einzel- und Doppelstrangbruch, die entwun-
dene geschlossene Form und das linearisierte Plasmidkonstrukt entstanden. Aufgrund seiner
kompakten superspiralisierten Form entspricht das elektrophoretische Laufverhalten des
unverdauten Plasmids nicht dem der linearisierten DNA-Fragmente. Die Abbildung 26 zeigt,
daß das DNA-Fragment aus der cDNA von Chlamydomonas reinhardtii in den Vektor pBlue-
script II SK inseriert und anschließend als Plasmid in den Escherichia coli DH5α kloniert
werden konnte. Die Ergebnisse der Sequenzierung dieses Plasmids durch die Firma Quiagen
sind im nächsten Kapitel dargestellt.
88
III.3.6.3.3. Sequenzierung des cDNA-Fragments
Die Sequenzierung des pBluescript II SK Vektors mit der inserierten cDNA aus der Genbi-
bliothek wurde bei der Firma Quiagen durchgeführt. Neben der multiplen Klonierungsstelle,
in die das cDNA-Fragment kloniert wurde, befinden sich auf dem Vektor pBluescript II SK
(Abbildung 25) auf der einen Seite die komplementäre Sequenz zu dem Standardprimer T3
und auf der anderen Seite die komplementäre Sequenz zu dem Standardprimer T7. Durch eine
Polymerasekettenreaktion (= PCR) wurde die komplementäre Sequenz des einklonierten
cDNA-Fragments für beide Standardprimer vermehrt und anschließend jeweils sequenziert.
Zur Auswertung der Daten wird als erstes die Sequenzierung anhand des bekannten Vektors
pBluescript II SK bis zur Eco R1-Erkennungssequenz überprüft. Nach dieser Palindromse-
quenz folgt das einklonierte DNA-Fragment. In diesem DNA-Fragment wird computerge-
stützt nach einem offenen Leseraster für eine Aminosäuresequenz gesucht. Es ergeben sich
ausgehend von dem DNA-Doppelstrang drei potentielle Leseraster für den Matritzenstrang
und drei weitere für den kodierenden DNA-Strang. Die Häufigkeit der Stoppkodons UAA,
UAG und UGA in 5 der 6 Lesemöglichkeiten ergibt für beide Sequenzierungen nur einen
sinnvollen offenen Leserahmen. Beide werden nun im einzelnen vorgestellt:
1) Von dem PCR-Produkt des T3-Primers konnten 708 Basenpaare in der Sequenzanalyse ge-
lesen werden. Die ersten 32 Nukleotide entsprechen dabei der Sequenz des Vektors pBlue-
script II SK, dann folgt die Eco R 1 Erkennungssequenz, und der folgende offene Leserahmen
für 111 Aminosäuren konnte erkannt werden:
MHELSQHAALRNHHSPLCGASLRPHHHHHHHHHHHHHHQRERHQPPPLQPSLFIPNP
PAPLRHRLHLHPVRGLLAVSHDRAAAAQRRRDARHLVHKWAPPRPHPPAPAAPP...
2) Das PCR-Produkt des T7-Primers ergab 702 Basenpaare in der Sequenzierung. Nach den
ersten 45 identischen Nukleotiden mit dem Vektor pBluescript II SK folgt hinter der Eco R 1
Erkennungssequenz ein offener Leserahmen für 106 Aminosäuren. Dabei handelt es sich um
folgende Sequenz:
SLCPGAREDAGSGSRWRAGPRHRCPWLAAVAEAVAAVEVEVLPPRPHSACSSASVR
SFPMGALWGVGGAKHDVIVVPDDGHVVARDLHVKLHEAYTALCGLLEGLK...
89
Aus beiden Sequenzen ist offensichtlich festzustellen, daß der Poly-A-Schwanz der mRNA
bei der Synthese der cDNA verloren gegangen ist. Um die Orientierung des DNA-Moleküls,
das eine RNA-Matritze darstellt, festzusstellen, wurde nach dem Poly-A-Signal gesucht.
Chlamydomonas reinhardtii hat etwa 10 Nukleotide vor dem Poly-A-Schwanz das Poly-A-
Signal TGTAA. Es befindet sich in richtiger Orientierung auf dem durch den T7 Primer syn-
thetisierten DNA-Fragment. Folglich repräsentiert diese Sequenz das 3‘-Ende auf der mRNA.
Daraus folgt, daß die unter 1) dargestellte Sequenz den N-Terminus mit dem Startkodon ATG
für Methionin darstellt. Diese Übereinstimmung ist gegeben. Nun sollte die N-terminale Se-
quenz mit der in III.5 sequenzierten Aminosäurekette übereinstimmen.
Diese Übereinstimmung des N-Terminus ist nicht gegeben und kann auch durch verschiedene
Suchoptionen für die hier sequenzierten Daten ausgeschlossen werden.
Das hier isolierte Gen aus der cDNA-Genbibliothek von Chlamydomonas reinhardtii stimmt
nicht mit den Daten der aminoterminalen Sequenzierung überein.
Unterstützt wird dieser Befund durch folgende Rechnung:
Für den C- und den N-Terminus konnten 106 + 111 = 217 Aminosäuren identifiziert werden.
Die isolierte Proteinphosphatase hat ein Molekulargewicht von 70 kDa. Bei einem mittleren
Molekulargewicht von 110 Dalton für eine Aminosäure fehlen noch über 400 Aminosäuren.
Von den etwa 2200 Basenpaaren der c-DNA wurden 1410 Nukleotide sequenziert. Der
fehlende DNA-Abschnitt kodiert folglich nur für circa 265 Aminosäuren. In der Differenz
fehlen rechnerisch 135 Aminosäuren.
Mit Hilfe des degenerierten Oligonukleotids gelang es nicht, das Gen der isolierten Protein-
phosphatase zu finden.
90
III.3.7 Klassifizierung der Phosphatasen aus Chlamydomonas reinhardtii durch den
spezifischen Proteinphosphataseinhibitor Ocadaic Acid
Die Regulation von Stoffwechselvorgängen durch die reversible Proteinphosphorylierung
durch ein Proteinkinase-/Proteinphosphatase-System ist für die tierischen Systeme sehr gut
verstanden, und viele Enzyme sind biochemisch und molekularbiologisch isoliert worden. Die
Einteilung in die 5 Hauptklassen der Proteinphosphatasen erfolgt durch die phosphorylierte
Aminosäure des Phosphoprotein-Substrates. Bei der gesuchten Proteinphosphatase handelt es
sich aufgrund der in III.2 identifizierten Phosphosubstrate um eine Serin/Threonin-Protein-
phosphatase. Die Klasse der Serin/Threonin-Proteinphosphatasen wird aufgrund der Hemm-
barkeit durch den spezifischen Proteinphosphataseinhibitor Ocadaic Acid in verschiedene
Gruppen unterteilt. Im Falle einer Hemmbarkeit durch Ocadaic Acid ergeben weitere spezi-
fische Inhibitoren und Cofaktoren eine Reihe von Untergruppierungen. In pflanzlichen Sy-
stemen konnten diese Proteinphosphatasen bislang noch nicht isoliert werden, aber die Ergeb-
nisse der tierischen Systeme werden häufig auf die pflanzlichen Systeme übertragen, und
dabei werden die Phosphatasen durch Inhibitortests klassifiziert (Christopher et al., 1997).
In dem tierischen Systemen werden die Serin/Protein-Proteinphosphatasen aufgrund der
Hemmbarkeit durch Okadaic acid in 4 Gruppen unterteilt (Goris, 1985 und Cohen Cohen et
al., 1998):
Tabelle 8: Einteilung der Proteinphosphatasen durch den spezifischen Hemmstoff
Ocadaic Acid
Proteinphosphatase (=PP) Konzentration an Ocadaic Acid zur kompletten Inhibierung
PP1 400-800 nM
PP2A 2 nM
PP2B 10 µ M
PP2C Keine Inhibierung
Der Einfluß des spezifischen Phosphataseinhibitors Ocadaic acid auf die drei Phosphatasen
der Sephacryl S-300-Gelfiltration (III.3.1.2) ist in der folgenden Tabelle dargestellt.
91
Tabelle 9: Wirkung von Ocadaik Acid auf die Sephacryl S-300 Phosphatasen
Sephacryl S-300 Phosphatase Phosphataseaktivität derKontrolle
Phosphataseaktivität mit10µM Ocadaic Acid
SP 1 = saure Phosphatase 1(bei pH 6,0 gemessen)
15,2 15,2
AP = alkalische Phosphatase(bei pH 8,0 gemessen)
7,4 7,4
SP 2 = saure Phosphatase(bei pH 6,0 gemessen)
12,9 12,8
Aus der Tabelle 9 geht hervor, daß keine der in III.3.1.2 isolierten Thylakoidphosphatasen aus
Chlamydomonas reinhardtii durch Ocadaic Acid gehemmt wird. In tierischen Systemen
werden viele Proteinphosphatasen durch Ocadaic Acid gehemmt, und die Gruppe der Phos-
phatasen in Tabelle, die nicht gehemmt wird, ist am geringsten untersucht.
In einem In vivo-Ansatz mit Ocadic Acid wird die Wirkung des Phosphatasehemmstoff auf
die Proteinphosphatasen von Chlamydomonas reinhardtii überprüft. Im tierischen System
verursachen schon nanomolare Konzentrationen von Ocadaic Acid schwere Störungen im
Zellwachstum und Zellteilung. Darüberhinaus hat Ocadaic acid eine stark tumorinduzierende
Wirkung (Hardie, 1993). Die Wuchskurve von Chlamydomonas reinhardtii in Gegenwart von
Ocadaic acid ist in Abbildung 27 dargestellt.
92
Abb. 27: Wuchskurve von Chlamydomonas reinhardtii in Gegenwart von Ocadaic Acid
Das Zellwachstum der Alge in Gegenwart von 1 µM Ocadaic Acid, 10 mM NaF und zur Kontrolle ohneProteinphosphataseinhibitor ist anhand des Chlorophyllgehalts gegen die Zeit aufgetragen.
Abbildung 27 zeigt, daß eine Konzentration von 1 µM Ocadaic Acid keine Auswirkungen auf
das Wachstum und die Zellteilung von Chlamydomonas reinhardtii hat. Es findet folglich in
vivo keine Hemmung der Proteinphosphatasen durch den spezifischen Proteinphosphatase-
inhibitor statt. Die Proteinphosphatasen in der Alge stimmen in ihrer Hemmbarkeit durch
Ocadaic Acid mit den Proteinphosphatasen der tierischen Systeme nicht überein.
Der klassische Phosphatasehemmstoff NaF hemmt die Phosphtasen von Chlamydomonas
reinhardtii. Die Algen wachsen nicht mehr weiter und sterben.
0
5
10
15
20
25
0 5 10 15 20 25 30
Zeit [h]
µg
Ch
loro
ph
yll /
ml
Ocadaic Acid
Kontrolle
NaF
93
III.4 Thylakoidphosphatasen aus Spinat
Die Kenntnisse, die bei der Isolierung der Proteinphosphatase aus Chlamydomonas reinhard-
tii gewonnen wurden, sollen genutzt werden, um Proteinphosphatasen aus Thylakoiden von
Spinacia oleracea zu untersuchen. In der Literatur ist eine unvollständige Anreicherung von
Thylakoidphosphatasen aus Chloroplasten beschrieben (Hast, 1994, Hast und Follmann,
1996), und eventuelle Übereinstimmungen der verschiedenen Enzyme sollen festgestellt
werden.
III.4.1 Anreicherung einer Phosphatase aus Spinatthylakoiden
Das nachfolgende Schema gibt einen Überblick über die Aufreinigung der Thylakoidphospha-
tase aus Spinat. Die Isolierung der Phosphatase aus den Thylakoiden erfolgt in Anlehnung an
die Präparation der Thylakoidphosphatasen aus Chlamydomonas reinhardtii in III.3. Bei der
Darstellung der Ergebnisse werden besonders die Unterschiede beider Aufarbeitungen in der
Sephacryl-S-300-Gelfiltration berücksichtigt.
5 kg frischer Spinat vom Großmarkt werden entrippt, gewaschen und im Mixer homogeni-siert. Aus dem gazegefilterten Rohhomogenat werden Chloroplasten präpariert und mitisotonischem Puffer gewaschen.Chloroplasten
↓ Hypotonischer Aufbruch der Chloroplasten; Präparation der ThylakoidmembranenExtraktion der peripheren Membranproteine
↓Ultrazentrifugation: 1,5 h, 100.000g
↓Überstand Sephadex-G50-Gelfiltration
↓DEAE-Anionenaustauschchromatographie
↓Sephacryl-S-300-Gelfiltration
↓Isolierung einer Thylakoidphosphatase
↓Perfusionschromatographie[starker Kationenaustauscher (Poros-HS) undstarker Anionenaustauscher (Poros-QE)]
Abb. 28: Aufreinigungsschema der Thylakoidphosphatasen aus Spinat
94
Die ersten beiden Chromatographieschritte in Abbildung 28 sind der Aufreinigung der Thyla-
koidphosphatasen aus Chlamydomonas reinhardtii in III.3 ähnlich. In Abbildung 29 wird die
nachfolgende Sephacryl-S-300-Gelfiltration dargestellt. In dieser Aufreinigungsstufe unter-
scheiden sich beide Präparationen bezüglich der Thylakoidphosphatasen deutlich.
Abb. 29: Elutionsprofil der Thylakoidphosphatasen aus Spinat in der Sephacryl-S-300-Gelfiltration
Es wurden 5 ml Proteinlösung mit 380 mg Protein aufgetragen. In dieser Abbildung sind der Proteingehaltdurch den OD-Verlauf bei 280 nm und die Phosphataseaktivitäten der Fraktionen in mU bei pH 6,0 und pH8,0 dargestellt.
Im Vergleich zu dem Elutionsprofil der Thylakoidphosphatasen aus Chlamydomonas rein-
hardtii fällt in Abbildung 29 auf, daß nur eine Phosphatase detektiert werden kann. Diese
saure Phosphatase hat im Vergleich zu den drei S-300-Thylakoidphosphatasen aus Chlamy-
domonas reinhardtii eine höhere Retentionszeit bei der S-300-Gelfiltration. Ihr Molekular-
gewicht ist folglich geringer. Die Gesamtübersicht in Abbildung 30 zeigt den weiteren Auf-
reinigungsgang durch die Perfusionschromatiographie, und die Proteinmuster der Aufreini-
gungsstufen sind im SDS-Gel in Abbildung 31 dargestelllt.
95
Probe Volumen[ml]
Gesamt-protein[mg]
Gesamt-aktivität
[mU; pH 6]
SpezifischeAktivität[mU/mgProtein]
An-reicherungs-
faktor
Thylakoid-membranen
970 34000 334650 9,8 Ausgangs-material
Überstand UZ 90 2560 50760 19,8 2
G50 130 1850 23500 12,7 1,3
DEAE 60 380 4400 11,5 1,2
S-300 59 73 3300 45 4,6
Poros 3 1,9 635 334 34
Abb. 30: Gesamtübersicht der Aufreinigungsstufen der Thylakoidphosphatasen aus Spinat
Die Präparation der Thylakoidmembranen erfolgte nach einem hypotonischen Aufbruch der isoliertenChloroplasten.[Die Abkürzungen in der Tabelle bezeichnen die Fraktionen mit Phosphataseaktivität nach dem jeweiligenAufreinigungsschritt: UZ = Überstand nach Ultrazentrifugation; G50 = Sephadex-G50-Gelfiltration; DEAE =DEAE-Anionenaustauschchromatographie; S-300 = Sephacryl-S-300-Gelfiltration; Poros = aufgereinigteProteinprobe nach Chromatographie mit einem starken Kationenaustauscher (Poros-HS) und einem starkenAnionenaustauscher (Poros-QE)]
96
Abb. 31: 12%iges SDS-Gel verschiedener Aufreinigungsstufen der Thylakoidphosphatase aus Spinat
In Spur 1 ist die Thylakoidphosphatase nach der S-300-Gelfiltration aufgetragen. Dieser Proteinextraktwurde durch zwei Perfusionschromatographieschritte weiter aufgereinigt. Die daraus resultierende Protein-fraktion ist in Spur 2 dargestellt. In der Proteinbande bei ca. 30 kDa konnte nach der Gelelektrophorese im p-Nitrophenylphosphatsystem eine Phosphataseaktivität nachgewiesen werden. Die Anfärbung der Proteineerfolgte mit Coomassie-Brillant-Blue.
Abbildung 31 zeigt die Proteinfraktionen der Thylakoidphosphatase aus Spinat nach der
Sephacryl-S-300-Gelfiltration und in der aufgereinigten Form nach zwei weiteren Aufreini-
gungsstufen über Perfusionschromatographie. Im SDS-Gel ist nur noch ein Protein mit einem
apparenten Molekulargewicht von 30 kDa anfärbbar. Diese Proteinbande kann aus dem SDS-
Gel herausgeschnitten werden und hat nach der Renaturierung Phosphataseaktivität. Im fol-
genden Kapitel wird ein Vergleich der hier gefundenen Thylakoidphosphatase mit bekannten
biochemischen Aufreinigungen von anderen Thylakoidphosphatasen aus Pflanzen durchge-
führt. Die Sequenzierung der Proteinprobe aus Spur 2 in Abbildung 31 ist in Kapitel III.4.3
dargestellt.
97
III.4.2 Charakterisierung und Vergleich der isolierten Thylakoidphosphatase mit
anderen biochemischen Präparationen von Thylakoidphosphatasen
In der Dissertation von Hast (1994) wurde eine chromatographische Anreicherung einer
membrangebundenen chloroplastidären Phosphatase aus Spinat beschrieben. In diesen Ver-
suchen ist eine starke Proteinbande mit einem apparenten Molekulargewicht von 70 kDa im
SDS-Gel anfärbbar. Das Molekulargewicht würde mit dem der isolierten Proteinphosphatase
aus Chlamydomonas reinhardtii dieser Arbeit übereinstimmen, aber ein Phosphatasenachweis
des Spinatproteins konnte von T. Hast nur vor der denaturierenden Auftrennung im SDS-Gel
gezeigt werden. In einer nativen Sephadex-G-100-Gelfiltration wurde anschließend eine
Phosphatase mit einem Molekulargewicht von 25 kDa ermittelt.
Die bislang einzige Phosphatase aus Thylakoiden wurde von Hammer et al., (1997) isoliert.
Den Autoren gelang es, ein 29 kDa Protein bis zur Homogenität aufzureinigen. Dem ent-
sprechenden Molgewicht konnte in einer Gelfiltrationschromatographie eine Phosphatase-
aktivität zugeordnet werden, und die N-terminale Sequenz dieser Phosphatase liegt vor. Durch
synthetische Phosphopeptide wurde die Dephosphorylierung von LHC II gezeigt, und die
Autoren vermuten, dieses sei das Substrat des Enzyms in vivo. Die Funktion der Protein-
phospatase könnte die Dephosphorylierung des peripheren Antennenproteins LHC II bei der
Ausbalancierung der Anregungsenergie an beiden Photosystemen während der in der
Einleitung aufgezeigten „State Transitions“ sein.
III.4.3 Sequenzierung der Thylakoidphosphatase aus Spinat
Das SDS-Gel in Abbildung 31 zeigt die bei der Aufreinigung der Thylakoidphosphatase aus
Spinat erzielte Proteinprobe in Spur 2. In der Coomassiefärbung ist nur noch eine Protein-
bande zu sehen und dieser kann eine Phosphataseaktivität zugeordnet werden. Am Max-
Planck-Institut für molekulare Physiologie in Dortmund wurde diese Probe aminoterminal
sequenziert. Der Vergleich der Sequenz des isolierten Enzyms erfolgt mit dem Programm
Blast in internationalen Datenbanken, und die Übereinstimmung mit einem bekannten Protein
ist im folgenden dargestellt.
98
1 EGGKRLTYDEIQSKTYLQVKGTGTANQC 28 N-Terminus des isolierten Proteins
|||||||||||||||||:||||||||||
85 EGGKRLTYDEIQSKTYLEVKGTGTANQC 112 swissprot: PSBO_SPIOL
Es liegt eine Homologie zu einem 33 kDa-Protein des Photosystems II vor (Oh-oka et al.,
1986). Das Protein ist peripher an der Lumenseite der Membran gebunden. Die Sequenz-
übereinstimmung ist eindeutig und bei einer zweiten aminoterminalen Sequenzierung
reproduzierbar. Dieses Ergebnis ist überraschend und unerwartet. Das 33 kDa-Protein ist ein
in der Photosynthese sehr gut untersuchtes Protein. Es gehört zu den 3 extrinsischen
Proteinen, die den Mangancluster des photosynthetischen Wasserspaltungsapparates stabili-
sieren (Barber et al, 1997). Dieses Protein wird im folgenden als 33 kDa-Protein bezeichnet.
Eine Phosphataseaktivität von diesem gut untersuchten Protein ist nicht bekannt.
Um eine mögliche Phosphataseaktivität der 33 kDa-Protein-Fraktionen zu überprüfen, stellte
mir Dr. A. Seidler von der Ruhr-Universität Bochum verschiedene Proben des 33 kDa-
Proteins zu Verfügung. In aufgereinigten und in rekombinant hergestellten Proteinproben ist
eine Phosphataseaktivität meßbar (Tabelle 10).
Die Phosphataseaktivität der unterschiedlichen Aufarbeitungen des 33 kDa-Proteins hat uns
veranlaßt, das Enzym heterolog in Escherichia coli zu exprimieren, um genügend Protein-
material für eine Untersuchung der möglichen Phosphataseaktivität des 33 kDa-Proteins in
III.4.3 zu erhalten.
III.4.4. Heterologe Expression des rekombinanten 33 kDa-Proteins aus Spinat in
Escherichia coli mit Aufreinigung und Phosphatasenachweis
Ein Periplasmaextrakt aus Escherichia coli mit dem heterolog exprimierten 33 kDa-Protein
aus Spinat wurde mir von Dr. A. Seidler zur Verfügung gestellt. Aus diesem Proteinextrakt
wurde das Protein nach der Methode von A. Seidler (Seidler und Michel, 1990) isoliert
(Abbildung 32). Es folgt eine weitere Aufarbeitung durch Perfusionschromatographie. Die
Proteinbanden und die Phosphataseaktivität sind in Abbildung 33 dargestellt.
99
Abb. 32: SDS-Gel und Antikörpernachweis des 33 kDa-Proteins
Die Proben des heterolog exprimierten 33-kDa Proteins aus Spinat in Escherichia coli sind im SDS-Gelaufgetrennt. Der immunologische Nachweis mit einem Antikörper gegen das 33 kDa-Protein wurde nacheinem Proteintransfer auf einer Nitrozellulosemembran durchgeführt.Erläuterung der Gelspuren:M = Protein-Marker1 = Periplasmaextrakt aus Escherichia coli2 = Durchlauf DEAE-Anionenaustauschchromatographie3 = Fraktion 50 des NaCl-Gradienten4 = Fraktion 65 des NaCl-GradientenDie Anfärbung der Proteine erfolgte mit Coomassie-Brillant-Blue.
Abbildung 32 zeigt die Proteinfraktionen im SDS-Gel nach der Aufreinigung des 33 kDa-
Proteins und den immunologischen Antikörpernachweis gegen das Protein auf einer
Nitrozellulosemembran. Deutlich sind die Proteinabbaubanden des 33 kDa-Proteins durch
eine Protease zu sehen, die bereits in früheren Arbeiten von Andreas Seidler beobachtet
wurden. Nach der Chromatographie werden alle Proteinfraktionen im SDS-Gel aufgetrennt,
auf eine Nitrozellulosemembran geblottet, und die Fraktionen mit dem 33 kDa-Protein
werden weiter aufgearbeitet. Das nach einem Perfusionschromatographieschritt (Poros-HS-
20; starker Kationenaustauscher) angereicherte Enzym ist in Abbildung 33 nach der
Gelelektrophorese gezeigt und die Phosphataseaktivität dieser Proteinlösung wird in 4.4 mit
anderen Phosphataseaktivitäten in Tabelle 10 verglichen.
100
Abb. 33: SDS-Gel
In der Abbildung ist die aufgereinigte Proteinlösung des in Escherichia coli heterolog exprimierten 33 kDa-Proteins aus Spinat nach der gelelektrophoretischen Auftrennung im SDS-Gel dargestellt. Für die Proteinban-de bei ca. 40 kDa konnte nach der Gelelektrophorese im p-Nitrophenylphosphatsystem eine Phosphataseakti-vität nachgewiesen werden. Die Anfärbung der Proteine erfolgte mit Coomassie-Brillant-Blue.
Das SDS-Gel in Abbildung 33 zeigt zwei Proteinbanden. Dem rekombinanten 33 kDa-Protein
kann in dieser aufgereinigten Form in einem SDS-Gel keine Phosphataseaktivität zugeordnet
werden. Bei der Aufreinigung des 33 kDa-Proteins ist vielmehr eine 40 kDa-Phosphatase
angereichert worden.
III.4.5 Vergleich von Phosphataseaktivitäten verschiedener Präparationen des 33 kDa-
Proteins mit der isolierten Thylakoidphosphatase aus Spinat
Die Phosphataseaktivitäten verschiedener Präparationen des 33 kDa-Proteins werden in
Tabelle 10 mit der isolierten Thylakoidphosphatase aus Spinat verglichen:
101
Tabelle 10: Vergleich der Phosphataseaktivitäten der isolierten Thylakoidphosphatase
aus Spinat mit verschiedenen Fraktionen des 33 kDa-Proteins
Probe nMol hydrolysiertes PNPP / mg Protein * h
Thylakoidphosphatase aus Spinat (Abb. 32) 334
Aufgereinigtes Rekombinantes 33 kDa-Protein aus Abb. 33
555
Aufgereinigtes 33 kDa-Protein aus Spinat* 17
Rekombinantes 33 kDa-Protein* 159
* Diese Proben wurden freundlicherweise von A. Seidler zu Verfügung gestellt; da sie eingefroren waren, ist einAktivitätsverlust wahrscheinlich.
Alle vier Proteinlösungen haben vor der SDS-PAGE eine Phosphataseaktivität. Für das
rekombinante 33 kDa-Protein konnte die Phosphataseaktivität nach einem SDS-Gel einem
weiteren 40 kDa großen Protein zugeordnet werden. Eine Verunreinigung in den Proben
durch eine Phosphatase ist die wahrscheinlichste Erklärung für die in Tabelle 10 gemessenen
Phosphataseaktivitäten.
Nach einer intensiven Analyse der HPLC-Chromatogramme aus der N-terminalen Sequenzie-
rung der Thylakoidphosphatase aus Spinat ist ein zweites, N-terminal blockiertes Protein,
durch einen unspezifischen Gesamtanstieg der Aminosäuren in Abhängigkeit von den Abbau-
zyklen zu erkennen. Möglicherweise handelt es sich dabei um die gesuchte Thylakoidphos-
phatase. Einen weitereren Hinweis für das Vorliegen eines Proteingemisches könnten die Pro-
bleme bei der Computerauswertung von dem 27ten Edmann-Abbau-Zyklus an liefern. Im Zu-
sammenhang mit dem schwer detektierbaren Cystein an Position 28 führt der Gesamtanstieg
der abgebauten Aminosäuren in den HPLC-Chromatogrammen zu einem Abbruch der sinn-
vollen Auswertung. Das 33 kDa-Protein von Murata (Oh-oka et al., 1986) aus Spinat konnte
problemlos weiter aminoterminal sequenziert werden.
Ein Datenvergleich der Sequenz des 33 kDa-Proteins mit den Sequenzen bekannter Phospha-
tasen zeigt keinerlei Übereinstimmung und läßt vermuten, daß es sich bei der sequenzierten
Proteinprobe um ein Proteingemisch aus dem 33 kDa-Protein mit einer N-terminal blockierten
Phosphatase handelt.
102
Außerdem ist das 33kDa-Protein peripher auf der Lumenseite der Thylakoidmembran lokali-
siert. Eine Phosphorylierung der Aminosäuren von Proteinen des Thylakoidlumens ist nicht
bekannt. Die in vivo phosphorylierten Aminosäuren der Phosphoproteine des Photosystems II
sind alle auf der Stromaseite der Thylakoidmembran (Abbildung 2). Das 33 kDa-Protein ist
somit durch die Thylakoidmembran von den phosphorylierbaren Aminosäuren der Proteine
des Photosystems II getrennt.
103
IV. Diskussion
Die Photosynthese ist ein lichtabhängiger Vorgang, der den Algen und Pflanzen eine photo-
trophe Lebensweise ermöglicht. Die einzelnen Prozesse der Photosynthese müssen an
zahlreiche Bedingungen, wie Lichtmenge, Lichtspektrum, Temperatur, Wasserpotential, den
intrazellulären Energiehaushalt sowie CO2- oder Stickstoffmangel angepaßt werden.
Die Regulation erfolgt auf unterschiedlichen Ebenen und Zeitachsen. Die Anpassung auf
DNA-Ebene kann z.B. durch die Anzahl der nukleären Genkopien oder der Plastiden-
Chromosomen pro Plastid, den DNA-Methylierungsgrad oder die DNA-Topologie erfolgen.
Auf RNA-Ebene wird beispielsweise die Transkriptionsinitiation, die Transkriptionstermina-
tion, die RNA-Stabilität, die RNA-Prozessierung oder der Transport der RNA ins Zytoplasma
reguliert. Die Steuerung auf Protein-Ebene kann durch proteolytische Prozessierung oder
proteolytische Degradierung eines Proteins, durch chemische Modifikation (beispielsweise
eine Phosphorylierung oder Glykosylierung) oder differentielle Assemblierung von Proteinen
erfolgen. Die Zeitachse der Regulationen reicht von wenigen Minuten auf Protein-Ebene bis
hin zu Tagen auf DNA-Ebene.
Von den verschiedenen Regulationsmechanismen wurde in dieser Arbeit die reversible Phos-
phorylierung durch ein Enzymsystem aus Proteinkinase und Proteinphosphatase untersucht,
wie es in der Einleitung dargestellt ist.
Ein Modell zur Regulation der Teilprozesse der Photosynthese durch die Phosphorylierung
und Dephosphorylierung ist am Beispiel des LHC IIb in der Einleitung dargestellt. Auch die
Genexpression kann durch die reversible Phosphorylierung eines Enzymes reguliert werden.
Bei der Steuerung der Genexpression werden verschiedene Transkriptionsfaktoren und
Translationsfaktoren phosphoryliert. In Pflanzen erfolgt beispielsweise eine lichtinduzierte
Differenzierung des plastidären Genexpressionsapparates in Etioplasten und Chloroplasten
durch Phosphorylierung und Dephosphorylierung von zwei plastidären DNA-abhängigen
RNA-Polymerasen (Pfannschmidt und Link, 1994)
Der Phosphorylierungsgrad der Proteine durch die beteiligten Proteinkinasen und Protein-
phosphatasen kann durch verschiedene Mechanismen kontrolliert werden. Die Redoxkontrolle
der Phosphorylierungsreaktionen von Proteinen des Photosyntheseapparates ist von Allen und
Bennett (1981) sowie Allen (1995) gezeigt worden. Für die LHC II-Phosphorylierung hat der
104
Redoxzustand des Plastochinons bei der kurzzeitigen Anpassung an die Lichtbedingungen im
Zusammenhang mit den in Abbildung 3 dargestellten „State Transitions“ einen Einfluß auf
die Aktivität einer Proteinkinase und folglich auf den Phosphorylierungsgrad des LHC II-
Proteins. Durch die Phosphorylierung der LHC II-Antenne wird die Anregungsenergie
zwischen den beiden Photosystemen ausbalanciert. Der Redoxzustand des Plastochinons hat
auch Einfluß auf die Kontrolle der chloroplastidären Genexpression. Werden Pflanzen mit
einem Licht der Wellenlängen bestrahlt, die entweder das Photosystem I oder das
Photosystem II versärkt anregen, so ergibt sich daraus jeweils ein unterschiedlicher
Redoxstatus des Plastochinons. Durch Redox-Signaltransduktion wird dann das Verhältnis
der Photosysteme I und II den Lichtbedingungen der Pflanzen angepaßt. Dies geschieht
innerhalb von ein bis zwei Tagen durch erhöhte Transkriptionsraten der Proteine des
Photosystems I oder des Photosystems II (Pfannschmidt et al.. 1999).
Bei der Betrachtung der Regulation der Photosynthese durch die Phosphorylierung der Unter-
einheiten des Photosystems II fällt auf, daß die Phosphoproteine schon lange bekannt sind
(Bennett, 1977), aber bislang die Funktion der Phosphorylierung noch weitgehend unverstan-
den ist. Von Bennett (1991) wird die Phosphorylierung der Phosphoproteine im Licht be-
schrieben. Die Rolle der Phosphorylierung der Untereinheiten des Photosystems II ist bisher
weitgehend unverstanden, abgesehen vom Modell der LHC II-Phosphorylierung und der
später in der Diskussion wieder aufgegriffenen Phosphorylierung des D1-Proteins, einer
zentralen Komponente des Reaktionszentrums des Photosystems II.
Der Redoxzustand der Komponenten des Elektronentransportsystems scheint bei der Regula-
tion der Photosynthese durch eine reversible Proteinphosphorylierung eine essentielle Bedeu-
tung zu haben. Bestimmte physiologische Bedingungen (beispielsweise hohe Lichtintensitä-
ten), bei denen der Plastochinon-Pool in der Thylakoidmembran reduziert ist, führen zu einer
Überreduktion des Photosystems II. Das Licht kann dann schädigende Folgen für den Orga-
nismus haben. Die Anregungsenergie an diesem Photosystem kann nicht in den Elektronen-
transport der Thylakoidmembran abgegeben werden, und es können toxische Sauerstoff-
spezies entstehen, die eine Proteinschädigung durch Sauerstoffradikale zur Folge haben
können. Um eine photodegradierende Wirkung des Photosystems II zu verhindern, wird
beispielsweise die Antennengröße des dort lokalisierten „Light-Harvesting-Komplexes“
(=LHC) verringert und die angeregte Energie durch Carotinoide aufgenommen.
105
Wenn der Photosyntheseapparat nicht an die hohen Lichtbedingungen angepaßt wird, kann
das zu einer Photoinhibierung führen. Der Prozeß der Photoinhibierung geht mit dem Abbau
des D1-Proteins einher und wird durch eine spezifische Abnahme der Photosystem II-Aktivität
infolge hoher Lichtintensitäten definiert (Powless, 1984, Kyle et al., 1984, Ohad et al., 1985)
Es werden die Prozesse Photoinaktivierung und Photodegradation des D1-Proteins unter-
schieden. Dabei erfolgt die Inaktivierung des Photosystems II vor der Degradation des D1-
Proteins (Richter et al., 1990a, b).
Die kurzzeitige Adaption des Photosystems II an hohe Lichtintensitäten und die damit
verbundenen Schutzmechanismen, um eine Photoinhibierung zu verhindern, waren der
Ausgangspunkt für die Problemstellung der vorliegenden Arbeit.
In den Versuchen mit der Grünalge Chlamydomonas reinhardtii sind einige Mechanismen zur
Anpassung des Photosystems II an die Starklichtbedingungen in Tabelle 1 aufgezeigt worden.
Die Alge hat sich unter Erhalt der Photosystem-II-Aktivität an einen gewissen Lichtstreß
angepaßt. Als Folge des Lichtüberschusses wird das D1-Protein, eine integrale Komponente
des photosynthetischen Reaktionszentrums, verstärkt abgebaut und resynthetisiert. Um einen
Verlust der Photosyntheseaktivität zu vermeiden, unterliegt das D1-Protein unter diesen Be-
dingungen also einem erhöhten Protein-Turnover. Eine weitere Adaption an hohe Lichtinten-
sitäten ist durch einen Teilprozeß des Xanthophyllzyklus gegeben. Violaxanthin wird dort zu
Zeaxanthin deepoxidiert. Das Zeaxanthin kann direkt die Anregungsenergie eines angeregten
Chlorophyllmoleküls abfangen und als Wärme freisetzen: Die Anregungsenergie am Photo-
system II wird dadurch verringert.
Bei Zugabe des Phosphataseinhibitors NaF ist die Anpassung des Photosystems II an die
Lichtstreßbedingungen nicht möglich (Tabelle 1). Die Rolle von Phosphatasen in diesem Pro-
zeß wird durch den Hemmstoff gezeigt. Die Ursache für die kurzzeitige Adaptation an die
Starklichtbedingungen ist eine Dephosphorylierung der Phosphoproteine des Photosystems II
durch eine Proteinphosphatase.
Diese Ergebnisse weisen darauf hin, daß eine reversible Proteinphosphorylierung, wie sie in
der Einleitung bereits dargestellt ist, bei der Adaption des Photosystems II an die verschiede-
nen Lichtbedingungen beteiligt ist.
Daraufhin wurden in In-vivo-Experimenten mit radioaktivem anorganischem Phosphat 16
106
Banden nach gelelektrophoretischer Auftrennung der Thylakoidproteine im SDS-Gel gezeigt.
Durch Antikörperseren können einige Phosphoproteine des Photosystems II identifiziert und
deren (mögliche) Phosphorylierung nachgewiesen werden. Nach Abbildung 4 werden acht
Chlorophyllbindeproteine durch das Antikörperserum gegen das LHC II erkannt, und sechs
dieser Photosystem II-Proteine sind radioaktiv markiert. Es handelt sich um das CP 29, das
CP 26, den LHC IIb und drei weitere LHC-Proteine, die einer großen Multigenfamilie mit
hohen Ähnlichkeiten in der Proteinfaltung und der Aminosäuresequenz angehören. Vier Phos-
phoproteine der Photosystem II-Proteine können vier radioaktiven Banden im SDS-Gel auf-
grund von Literaturvergleichen zugeordnet werden (Bassi und Wollmann, 1991, Elich et al.,
1997). Hierbei handelt es sich um das CP 43, das 12 kDa Protein, das 10 kDa Protein = psB
H-Produkt und das 7 kDa Protein. Die Funktion der Phosphorylierung dieser Polypeptide ist
noch unverstanden, oder es liegen nur ansatzweise Vermutungen vor.
Durch ein Immunblotverfahren wird das D1-Protein eindeutig identifiziert. Keine der phos-
phorylierten Proteinbanden in Abbildung 4 zeigt eine Übereinstimmung mit diesem Protein
des Photosystems II. Folglich wird das D1-Protein in Chlamydomonas reinhardtii unter diesen
Lichtbedingungen nicht phosphoryliert. Diese fehlende Phosphorylierung des D1-Proteins
stimmt mit den Ergebnissen von Andronis et al. (1998) überein. Eine mögliche Funktion für
die Phosphorylierung des D1-Proteins in anderen Organismen bei seiner Stabilisierung im
Protein-Turnover wurde bereits in der Einleitung erwähnt, ist aber noch nicht endgültig ge-
klärt. Da in Chlamydomonas reinhardtii ein Schutz vor Starklichtbedingungen und die Regu-
lationsmechanismen des erhöhten D1- Protein-Turnovers vorliegen, scheint die Diskussion der
Bedeutung der D1-Protein-Phosphorylierung in der Literatur überbewertet.
Die Phosphorylierung des D1-Proteins ist in der Evolution von den höheren Pflanzen zuletzt
entwickelt worden (Pursiheimo et al., 1998). In Moosen, Farnen und Grünalgen sind Phos-
phorylierungen vieler anderer Photosystem-II-Proteine, wie D2, CP 43, 12 kDa-Protein, 10
kDa-Protein, aber nicht des D1-Proteins beschrieben. In Cyanobakterien und Rotalgen ist eine
Phosphorylierung der PS II-Proteine nicht zu beobachten (Pursiheimo et al., 1998).
Auf dem Immunblot mit dem Nachweis für das D1-Protein, kann auch die Lage des D2-
Proteins abgeschätzt werden. Dabei handelt es sich um ein weiteres Protein des Reaktions-
zentrums des Photosystems II. (Es befindet sich im SDS-Gel oberhalb des D1-Proteins.) Die
Phosphorylierung des D2-Proteins in Chlamydomonas reinhardtii konnte in dieser Arbeit
nicht gezeigt werden, wurde aber von de Vitry et al. (1991) und Andronis et al. (1998)
107
beobachtet.
Bei der radioaktiven In vivo-Markierung von Proteinen ist zu bedenken, daß die Kinase für
die Phosphorylierungsreaktion aktiv sein muß und ein Austausch von bereits phosphorylierten
Proteinen eine vorherige Dephosphorylierungsreaktion erfordert. Ist die Kinase inaktiv oder
ist die Dephosphorylierung von phosphorylierten Aminosäuren gestört, erfolgt kein Einbau
von radioaktivem Phosphat.
Bei einer quantitativen Betrachtung der unterschiedlichen Phosphorylierungen der Photosy-
stem II-Proteine ist das LHC IIb das auffälligste Phosphoprotein der Thylakoidmembran. Es
ist einerseits das am häufigsten vorkommende Protein der Thylakoidmembran, andererseits ist
die Zahl der Phosphorylierungsreaktionen dieses Proteins leicht meßbar und somit schon seit
langem bekannt. Das LHC IIb liegt unter den Versuchsbedingungen dieser Arbeit bereits
phosphoryliert vor. In der Einleitung ist die Ausbalancierung der Anregungsenergie zwischen
beiden Photosystemen durch die Phosphorylierung des LHC IIb dargestellt. Das Ablösen der
peripheren Antenne am Photosystem II zur Verringerung der Anregungsenergie ist in den
Versuchsbedingungen dieser Arbeit bereits im Schwachlicht bei 60 µEs-1 zu beobachten. Für
eine Messung der „State Transition“ sind die Lichtbedingungen zu hoch. Dies war auch nicht
Ziel der Versuche in dieser Arbeit.
In den Versuchen der vorliegenden Arbeit konnte die bislang noch unbekannte Wirkung des
Phosphataseinhibitors NaF auf die Dephosphorylierung der Phosphoproteine im Starklicht
gezeigt werden. Das ist in III.2 anhand des Phosphorylierungsmusters aufgetrennter
Thylakoidproteine im SDS-Gel gezeigt. Während der Adaption an das Starklicht werden
bestimmte Polypeptide des Photosystems II dephosphoryliert, und bei einer
Phosphatasehemmung durch NaF ist eine Anpassung an hohe Lichtintensitäten nicht möglich.
Bei diesem Phänomen sind das CP 43 der inneren Antenne und die beiden Proteine CP 29 und
CP 26 der proximalen Antenne am auffälligsten. Die Lage dieser Chlorophyllbindeproteine
im Photosystem II ist in der folgenden Abbildung dargestellt.
108
Abb. 34: Schematische Darstellung des Photosystems II mit seiner umfangreichen Antenne
(nach Simpson und Knötzel, 1996)
In Abbildung 34 ist die Antenne des Reaktionszentrums des Photosystems II dargestellt. Von
den Lichtsammelkomplexen wird die Lichtenergie eingefangen und über die zentrale Antenne
aus CP 43 und CP 47 auf das photosynthetische Reaktionszentrum übertragen. In Abbildung 3
ist die Verteilung des hier dargestellten LHC IIb am Photosystem II gezeigt. In den Versuchen
dieser Arbeit liegt das LHC II phosphoryliert vor und hat sich folglich von dem Photosystem
II abgelöst, um die Anregungsenergie am Reaktionszentrum zu verringern. Bei der Anpassung
an sehr hohe Lichtintensitäten erfolgt die Dephosphorylierung des CP 43 der inneren Antenne
und der beiden Untereinheiten CP 29 und CP 26 der proximalen Antenne (Kapitel III.2). Aus
der Dephosphorylierung dieser Chlorophyllbindeproteine könnte sich durch die Veränderung
der Ladung eine Konformationsänderung ergeben. Es wäre auch denkbar, daß sich die
Oberflächenladungen der dephosphorylierten Polypeptiduntereinheiten voneinander abstoßen
oder die Antennenproteine sich zueinander verdrehen, so daß als Folge eine Übertragung der
Anregungsenergie auf das Reaktionszentrum verhindert wird. Die genauen molekularen
Wirkungsweisen können hier nicht geklärt werden, aber eine Dephosphorylierung der
zentralen und proximalen Antenne bei der Anpassung an hohe Lichtintensitäten geht aus den
109
Ergebnissen dieser Arbeit hervor.
Eine Dephosphorylierung des CP 29 im Thylakoidstroma bei gleichzeitiger Protonierung von
Carboxylgruppen der Aminosäuren von Proteinen im Thylakoidlumen bei einem pH-Wert
unter 5,5 wird im Zusammenhang mit dem Xanthophyllzyklus diskutiert. Dabei handelt es
sich um eine Verringerung des Violaxanthin durch die Deepoxidierung zu Zeaxanthin. Dieser
Prozeß in den Thylakoidmembranen von höheren Pflanzen und Grünalgen dient der Anpas-
sung an Starklichtbedingungen (Demming-Adams und Adams, 1993). Die Ladungsänderung
durch die Dephosphorylierung auf der Matrixseite und die Protonierung der Aminosäuren des
CP 29 im Thylakoidlumen sollen bei der Anordnung der Carotinoide im Lichtsammelkom-
plex LHC II eine entscheidende Rolle spielen (Croce et al., 1996, Bassi et al., 1997). In den
Ergebnissen dieser Arbeit ist die Dephosphorylierung des CP 29 als Anpassung an hohe
Lichtbedingungen gezeigt.
Bei dem in dieser Arbeit gemessenen und oben beschriebenen Phosphateinbau in die Thyla-
koidproteine ändert sich der Proteingehalt der Algen nicht. Mögliche induzierte Proteinsyn-
thesen oder ein Proteinabbau, der im Zusammenhang mit den Veränderungen des Phosphory-
lierungsmusters diskutiert werden könnte, konnten ausgeschlossen werden. Es liegen identi-
sche Proteinmuster vor und die quantitativen Analysen von Immunblots ergaben unveränderte
Mengen einzelner Phosphoproteine.
In Starklichtexperimenten ist die Stabilität der Proteine, insbesondere des D1-Proteins, eine
häufig untersuchte Fragestellung. Die in dieser Arbeit gewählten Bedingungen führten zu
keinem D1-Protein-Abbau. Dieser ist in Chlamydomonas erst nach einem noch längerem
Starklichtstreß, beziehungsweise zusätzlichem Nährstoffstreß zu beobachten (Prasil et al.,
1992, Trebst und Soll-Bracht, 1996). Gegenstand dieser Arbeit waren vielmehr die
Mechanismen zur Anpassung an hohe Lichtintensitäten.
Bislang gelang es nicht, eine Proteinkinase oder Proteinphosphatase der seit über 25 Jahren
bekannten Phosphorylierung der Thylakoidproteine zu charakterisieren. Ein wesentlicher Teil
dieser Arbeit beschäftigte sich mit der Isolierung der Phosphatasen aus der Thylakoidmem-
bran.
In dieser Arbeit wurde eine Methode entwickelt, um Thylakoidphosphatasen aus Chlamy-
110
domonas reinhardtii zu isolieren. Die Extraktion aktiver Phosphatasen aus der Thylakoid-
membran gelang in einer geringen Detergenzkonzentration, die auch bis zur höchsten Reini-
gungsstufe für den Erhalt der Löslichkeit notwendig ist. Die entwickelte Extraktionsmethode
reichert periphere Membranproteine in der Proteinlösung an. Es wird daher vermutet, daß es
sich bei der isolierten Phosphatase um ein peripheres Membranprotein mit hydrophobem
Membrananker handelt. Als peripheres Membranprotein ist der Kontakt zu den integralen
Phosphoproteinen des Photosystems II gegeben. Die Aufreinigung der Thylakoidphosphata-
sen führte zu einer Trennung von drei Phosphatasen durch eine Gelfiltration.
Von den drei Thylakoidphosphatasen konnte eine Proteinphosphatase durch Perfusions-
chromatographie aufgereinigt werden (III.3.2). Die Perfusionschromatographie ist 1989 von
der Firma PerSeptive Biosystems eingeführt worden. Bei dieser Hochleistungsflüssigkeits-
chromatographie-(HPLC)-Technik sind die Partikel der Säulenmatrix mit Durchflußporen und
Diffusionsporen durchzogen. Im Vergleich zu der konventionellen Chromatographie liegen
eine größere Oberfläche und sehr kurze Diffusionswege und Diffusionszeiten vor. Dadurch
können Proteine mit erhöhter Kapazität an die Säulenmatrix gebunden werden. In sehr kurzer
Zeit (15-20 Minuten pro Säulenlauf) können die Proteine mit einer höheren Auflösung ge-
trennt werden. Der lineare Fluß durch die perfusive Säulenmatrix wird durch hohe Flußraten
mit den entsprechenden Arbeitsdrücken erzielt. In dieser Arbeit werden Säulen mit 4,6 mm
Durchmesser und 100 mm Länge mit 20µm großem semipräparativem Säulenmaterial ver-
wendet. Der perfusive Effekt wir bei einer Flußrate von 10 ml in der Minute und Arbeits-
drücken von 70-100 Bar erreicht. Für diese Trennbedingungen ist eine HPLC-Ausstattung
notwendig. In dieser Arbeit wird dazu der Biocad-Sprint genutzt. Damit kann mit den ent-
sprechenden Elektroden bei jedem Chromatographielauf direkt die optische Dichte bei 280
nm, der pH-Wert und die Leitfähigkeit verfolgt werden.
Die Vorteile der Perfusionschromatographie mit den kurzen Chromatographiezeiten sowie der
gezielten Methodenoptimierung durch das computergestützte Variieren vieler Parameter, wie
pH-Wert, Salzgradient, Steigung der Gradienten, Flußgeschwindigkeit oder Pufferzusammen-
setzung wurden bei der Isolierung der in dieser Arbeit charakterisierten Proteinphosphatase
genutzt.
Bei der in dieser Arbeit isolierten Proteinphosphatase handelt es sich im Vergleich zu einem
Proteinmarker im SDS-Gel um ein Protein mit einem apparenten Molekulargewicht von 70
kDa. Insgesammt konnte nur ein Anreicherungsfaktor von etwa 3200 erzielt werden. Bei
111
diesem Wert ist zu bedenken, daß herausgereinigte Phospatasen und eine Inaktivierung des
Enzyms den Faktor der Anreicherung erheblich herabsetzen. Das pH-Optimum des Substrat-
umsatzes des isolierten Enzyms liegt bei einem Wert von 5,2 mit einem engen Aktivitäts-
bereich von 4,5 pH bis 6 pH. Im alkalischen Mileu ist die Phosphatase inaktiv. Für das künst-
liche Substrat p-Nitrophenylphosphat wurde ein Km-Wert von 0,033 Mol/l ermittelt, und das
Enzym hat eine spezifische Aktivität von 15,2 µMol hydrolisiertes p-Nitrophenylphosphat pro
mg Protein und Stunde. Das Protein hat mit einem Schmelzpunkt von 72°C eine relativ hohe
Thermostabilität, und nach der Extraktion aus der Thylakoidmembran ist es proteaseempfind-
lich. Gegenüber dem klassischen Phosphataseinhibitor NaF ist das Enzym sensitiv. Die
Zugabe des spezifischen Proteinphosphataseinhibitors Okadaic Acid hingegen führt zu keiner
Hemmung der Enzymaktivität.
Bei der Aufreinigung der Phosphatase wurde das künstliche Substrat p-Nitrophenylphosphat
zur Messung der Enzymaktivität verwendet. Der Phosphatasenachweis durch ein anderes
künstliches Substrat, 5-Brom-4-Chlor-3-Indolylphosphat, das für Messungen in der eigenen
Diplomarbeit verwendet wurde, gelang nicht (Daten nicht gezeigt). Mit radioaktiven Phos-
phoproteinen gelang es in dieser Arbeit, die potentiellen In vivo-Substrate der Proteinphos-
phatase festzustellen. Dabei ist nicht ein Substratprotein sonderen die Dephosphorylierung
mehrerer Photosystem II-Proteine gefunden worden. Möglicherweise umfaßt die Spezifität
der isolierten Proteinphosphatase mehrere Substrate, die prozeßspezifisch dephosphoryliert
werden.
Die aminoterminale Sequenzierung der isolierten Phosphatase führte zu einem eindeutigen
Ergebnis und ergab folgenden N-Terminus:
NH2- D-V-N-G-G-G-A-T-L-P-Q-P-L-Y-Q -...
In internationalen Datenbanken konnte eine Sequenzhomologie zu diesem N-Terminus ermit-
telt werden. Eine Übereinstimmung von 14 Aminosäuren und der konservative Austausch
einer Aminosäure ist im Vergleich der ersten 15 Aminosäuren mit einem menschlichen
Protein zu verzeichnen. Es handelt sich dabei um einen T-Zell-aktivierenden Rheumafaktor
einer Hormonkaskade in der Synovialflüssigkeit. Diese Hormonkaskade kann durch spezifi-
sche Phosphataseinhibitoren gestört werden, und von einer sauren Phosphataseaktivität in der
112
Synovialflüssigkeit wird berichtet. Allerdings gelang es bislang nicht, eine eigene Phosphata-
seaktivität des Rheumafaktors nachzuweisen oder diese wurde von den Arbeitsgruppen nicht
untersucht. Das Molekulargewicht des menschlichen Proteins stimmt nicht mit dem der iso-
lierten Proteinphosphatase aus Chlamydomonas reinhardtii überein. Weitere Übereinstim-
mungen mit der in dieser Arbeit isolierten Proteinphosphatae sind nicht bekannt. Keine der
bereits isolierten Gene aus internationalen Datenbanken stimmen in ihrer Sequenz mit den N-
Termini eines der beiden Proteine überein.
Weitere Sequenzvergleiche zeigen eine hohe Homologie zu bakteriellen Phosphatasen, und
eine Übereinstimmung mit bereits bekannten Phosphatasen kann ausgeschlossen werden. Bei
dem Homologievergleich mit bereits bekannten Protein- und Gensequenzen wird deutlich,
daß das codierende Gen der eigenen Proteinphosphatase bislang noch nicht beschrieben
worden ist.
Mit Hilfe molekularbiologischer Arbeitstechniken wurde dann versucht, das Gen in der geno-
mischen DNA von Chlamydomonas reinhardtii und in einer Wiltyp-cDNA-Genbibliothek
durch Hybridisierungsexperimente mit einer vom N-Terminus abgeleiteten Oligonukleotid-
sequenz zu finden.
In den Hybridisierungsexperimenten mit genomischer DNA konnte nur für die ungeschnittene
genomische DNA eine Bindung der abgeleiteten Oligonukleotidsonde auf der Nitrozellulose
nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um eine unspezifische Wechsel-
wirkung mit dem Oligonukleotid, beispielsweise durch repetetive Sequenzen oder komplexe
Sekundärstrukturen der genomischen DNA. Eine stringente Bindung einer degenerierten Oli-
gonukleotidesonde an die genomische DNA ist häufig problematisch. Durch die unspezifi-
schen Wechselwirkungen der DNA-Moleküle bei der Hybridisierung und die Verteilung des
gesuchten Gens auf verschiedene Fragmente kann der methodische Nachweis erschwert
werden.
Bei dem Durchsuchen einer Wildtyp-cDNA-Genbibliothek aus Chlamydomonas reinhardtii
erfolgte die Bindung der Oligonukleotidsonde an einem von 30.000 Phagen. Das cDNA-Frag-
ment wurde durch Restriktionsverdau aus dem Phagengenom herausgeschnitten und in den
Klonierungsvektor pBluesskript II eingebracht. Nach der Transformation in den Escherichia
coli-Stamm DH5α erfolgte die DNA-Sequenzanalyse durch die Firma Quiagen.
113
Sequenzanalysen von zwei cDNA-Fragmenten ergaben einen offenen Leserahmen, und die
Sequenzen für den C- und den N-Terminus wurden bestimmt und in den Aminosäurecode
übersetzt. Es besteht jedoch keine Homologie zu der aminoterminalen Sequenz der isolierten
Proteinphosphatase, und die Bestimmung der 106 und 111 Aminosäuren der Polypeptidse-
quenzen ergaben keine Homologie zu bereits isolierten Sequenzdaten. Folglich handelt es
sich um ein unbekanntes Gen. Aus der Summe der abgeleiteten Aminosäuren und den noch
unbekannten Sequenzdaten für den mittleren Abschnitt des DNA-Fragmente läßt sich errech-
nen, daß das Gen zu klein für die Codierung der 70 kDa-Proteinphosphatase ist. Mit Hilfe des
degenerierten Oligonukleotids gelang es nicht, das Gen der isolierten Proteinphosphatase aus
einer cDNA-Genbibliothek von Chlamydomonas reinhardtii zu isolieren.
In einer Genbibliothek bieten Phagen die Möglichkeit, sehr große und komplexe DNA Men-
gen zu durchsuchen und bei der Hybridisierung mit der Oligonukleotidsonde wird die Detek-
tion der degenerierten Sonde erleichtert.
Das Gen der isolierten Proteinphosphatase ist bislang noch unbekannt, und es gelang in den
molekularbiologischen Experimenten nicht, die komplementäre DNA-Sequenz des N-Termi-
nus zu isolieren. Bei einem Literaturvergleich fällt die geringe Kenntnis über die Thylakoid-
phosphatasen in photosynthetischen Organismen auf. Es gelang bislang nur Hammer et al.
(1997), eine Thylakoidphosphatase in aufgereinigter Form zu isolieren. Als Funktion dieses
Enzym wird die Dephosphorylierung der LHC-II-Antennenproteine für die Ausbalancierung
der Antennenenergie zwischen beiden Photosystemen vermutet, wie sie in der Einleitung
dargestellt ist.
Das von Anderson et al. (1998) isolierte multifunktionelle Chloroplastenprotein TLP 40 wird
als Phosphatase vorgestellt, doch in dem letzten Aufreinigungsschritt wird die Proteinphos-
phataseaktivität von dem Chloroplastenprotein getrennt. Ein Kontakt eines weiteren Proteins
mit Phosphataseaktivität und dem TLP 40 wird vermutet und soll in weiteren Analysen
geklärt werden.
Eine unvollständige Anreicherung einer Thylakoidphosphatase von Hast (1994) und Follmann
und Hast (1996) zeigt eine Thylakoidphosphataseaktivität aus Spinatchloroplasten. Dabei
wird ein 70 kDa-Protein angereichert und als mögliche Phosphatase beschrieben. Eine direkte
Phosphataseaktivität des Proteins kann nicht ermittelt werden, vielmehr wird in einer Gelfil-
trationschromatographie ein Molekulargewicht von 25 kDa für die Enzymaktivität gemessen.
114
Die so in der Literataur beschriebenen Phosphatasen stimmen nicht mit den in dieser Arbeit
isolierten Enzymen aus Chlamydomonas reinhardtii überein.
Die Kenntnisse, die bei der Isolierung der Phosphatasen aus der Alge gwonnen wurden, wur-
den genutzt, um die Präparation der Thylakoidphosphatasen aus Chlamydomonas reinhardtii
auf eine Präparation von Thylakoidphosphatasen aus Spinat zu übertragen. So konnte eine
weitere Phosphatase isoliert werden, die mit den in dieser Arbeit isolierten Phosphatasen und
den aus der Literatur bekannten Enzymen verglichen wurde. Sollte in Spinatthylakoiden eine
dem Algenenzym vergleichbare Phosphatase existieren, wären die Ergebnisse dieser Arbeit
Chlamydomonas reinhardtii auf das Pflanzenreich übertragbar.
Die aus den Spinatthylakoiden isolierte Phosphatase ist mit keiner der in dieser Arbeit isolier-
ten Thylakoidphosphatasen aus Chlamydomonas reinhardtii und auch nicht mit den oben er-
wähnten Phosphatasen aus der Literatur vergleichbar. Das Enzym hat eine spezifische Aktivi-
tät von 334 nMol hydrolisiertes p-Nitrophenylphosphat pro mg Protein und Stunde. Bei der
Aufreinigung der Phosphatase durch chromatographische Verfahren konnte ein Aufreini-
gungsfaktor von 34 erzielt werden. Bei der Aufreinigung ist der Verlust von mehr als 90% der
Phosphataseaktivität zu verzeichnen. Dies muß jedoch nicht ein Aktivitätsverlust des ge-
wünschten Proteins sein sondern kann auf ein Herausreinigen anderer Phosphatasen zurück-
zuführen sein. Im SDS-Gel von dem aufgereinigten Enzymextrakt ist dann nur eine Protein-
bande mit Coomassie-Brilliant-Blue anfärbbar, und in dieser ausgeschnittenen Proteinbande
kann eine Phosphataseaktivität gemessen werden. Die N-terminale Sequenzierung ergab eine
reproduzierbare Sequenz, die unerwartet mit dem 33 kDa-Protein des photosynthetischen
Wasserspaltungsapparates am Photosystem II übereinstimmt. Eine Phosphataseaktivität dieses
sehr gut untersuchten Proteins war bislang nicht bekannt, und die Phosphataseaktivitäten von
zur Verfügung gestellten Proben führten dazu, eine mögliche Phosphataseaktivität des 33
kDa-Proteins zu untersuchen. Dazu wurde das Protein heterolog in Escherichia coli expri-
miert und aufgereinigt. Danach sind nur noch zwei Proteine im SDS-Gel anfärbbar. Nach der
Anreicherung kann dem 33-kDa Protein in einem SDS-Gel keine Phosphataseaktivität mehr
zugeordnet werden. Bei der Aufreinigung ist vielmehr eine 40 kDa-Phosphatase mit
angereichert worden. Die Vermutung, daß die Phosphataseaktivität der 33 kDa-Fraktionen auf
eine Verunreinigung mit einer Phosphatase zurückzuführen ist, wird durch weitere
Überlegungen unterstützt: Die intensive Analyse der HPLC-Chromatogramme in III.4.5 weist
auf ein N-terminal blockiertes zweites Protein bei der Sequenzanalyse hin. Hierbei könnte es
sich um eine Phosphatase handeln. Der Datenvergleich der Sequenz des 33 kDa-Proteins zeigt
115
auch keine Homologien zu bekannten Phosphatasen, und die Lokalisation des 33 kDa-
Proteins auf der Lumenseite der Thylakoidmembran verhindert einen Kontakt zu den in vivo
phosphorylierten Aminosäuren der Phosphoproteine des Photosystems II auf der Stromaseite
der Membran.
In tierischen Systemen ist die Regulation von Stoffwechselvorgängen durch die reversible
Proteinphosphorylierung der Proteinkinasen und Proteinphosphatasen bereits seit längerem
untersucht. Im Vergleich zu den pflanzlichen Systemen sind diese Prozesse erheblich besser
verstanden (Bennett, 1991; Cohen, Pa., 1997; Cohen, Ph., 1989). Es liegen schon Enzyme in
kristallisierter Form vor (Das et al., 1998).
In tierischen Systemen erfolgt eine Einteilung der Proteinphosphatasen durch die phosphory-
lierte Aminosäure des Phosphoprotein-Substrates. Es werden fünf Klassen von Proteinphos-
phatasen unterschieden, je nachdem welche Aminosäure phosphoryliert wird (Serin-/Threo-
nin-Proteinphosphatasen, Tyrosin-Proteinphosphatasen, Histidin-/Arginin-/Lysin-Protein-
phosphatasen, Cystein-Proteinphosphatasen, Aspartat-/Glutamat-Proteinphosphatasen). Die
aus biologischen Systemen bereits isolierten und vollständig charakterisierten Proteinphos-
phatasen gehören fast alle zu den Serin-/Threonin-Proteinphosphatasen oder den Tyrosin-
Proteinphosphatasen. Hier werden allein aus der Gruppe der Serin-/Threonin- Proteinphos-
phatase hunderte von Enzymen beschrieben. Einige der Proteine sind biochemisch und mole-
kularbiologisch charakterisiert worden (Cohen, Pa., 1997)
Bei der in dieser Arbeit isolierten Proteinphosphatase handelt es sich um eine Serin-/Threo-
nin-Proteinphosphatase, weil sich alle Phosphorylierungstellen der Thylakoidproteine an
einem Serin oder Threonin der Polypeptidkette, meist in der Nähe des N-Terminus, befinden.
Diese Klasse wird aufgrund der Hemmbarkeit durch den spezifischen Proteinphosphatasein-
hibitor Ocadaic Acid in verschiedene Gruppen unterteilt, je nachdem ob und in welcher Kon-
zentration eine Hemmung erfolgt. Im Falle einer Hemmbarkeit durch Ocadaic Acid ergeben
weitere spezifische Inhibitoren und Cofaktoren eine Reihe von Untergruppierungen. Aus
Chloroplasten konnten diese Proteinphosphatasen bislang noch nicht isoliert werden, aber die
Ergebnisse der tierischen Systeme werden häufig auf die pflanzlichen übertragen. Dabei
werden die Phosphatasen durch Inhibitortests klassifiziert (Christopher et al., 1997).
Die in dieser Arbeit isolierten Thylakoidphosphatasen aus Chlamydomonas reinhardtii sind
nicht durch den Phosphatasehemmstoff Ocadaic Acid hemmbar. Die Thylakoidphosphatasen
116
stimmen mit den Proteinphosphatasen der tierischen Systeme nicht überein. Es könnte eine
Ähnlichkeit zu einem bakteriellen System von Proteinphosphatasen vorliegen. Bei den evo-
lutionären Vorgängern der Chloroplasten handelt es sich um frühe Formen der Cyanobak-
terien. Die Vermutung, daß es sich in den Plastiden um ein ganz anderes System von Protein-
phosphatasen handelt, wird in der Literatur von Sun und Markwell (1992) oder von Markwell
(1997) in Versuchen mit dem spezifischen Phosphatasehemmstoff Ocadaic Acid und durch
tRNA-Untersuchungen von Nelissen et al. (1995) bestätigt.
In Chlamydomonas reinhardtii scheint es überhaupt keine Ähnlichkeit zu eukaryontischen
Phosphatasen zu geben. Die Versuche in III.3.7 zeigen, daß eine Konzentration von 1 µM
Ocadaic Acid keine Auswirkungen auf das Wachstum und die Zellteilung von Chlamydomo-
nas reinhardtii hat. Es findet folglich in vivo keine Hemmung der Proteinphosphatasen durch
den Proteinphosphataseinhibitor statt. In eukaryontischen Zellen ist Ocadaic Acid dagegen
schon in geringeren Konzentrationen (< 10 nM) ein potenter Inhibitor vieler Proteinphospha-
tasen. Die bei der Erforschung von tierischen Proteinphosphatasen verbreiteten, spezifischen
Proteinphosphataseinhibitoren werden von Algen und Bakterien synthetisiert. Ocadaic Acid
wird beispielsweise von marinen Dinoflagellaten (Dynophysis, Halichondria) oder Microcys-
tin von Cyanobakterien aus dem Süßwasser (Microcystis, Anabaena) produziert (Hardie,
1993). Es könnte sein, daß in der Evolution von dieser Organisationsstufe ein potentes Gift
gegen tierische Systeme entwickelt wurde. Die Proteinphosphatasen näher verwandter Orga-
nismen werden möglicherweise nicht inhibiert. Es könnten auch in vivo Schutzmechanismen
vorliegen, um sich in dem Ökosystem vor den Proteinphosphataseinhibitoren der jeweiligen
Organismen zu schützen. Das könnte der Grund sein, daß ein von Algen oder Bakterien ent-
wickelter Hemmstoff bei Chlamydomonas reinhardtii keine Wirkung zeigt.
Für die Charakterisierung der Proteinphosphatasen aus der Thylakoidmembran von Chlamy-
domonas reinhardtii ergeben sich aus dieser Arbeit weitere Versuchsansätze.
Die Sequenzierung von internen Aminosäuren der isolierten Proteinphosphatase könnte nach
gezielter proteolytischer Spaltung weitere Sequenzen für Vergleichsanalysen liefern und
würden den Zugang für weitergehende molekularbiologische Arbeiten ermöglichen.
Ein weiterer Versuchsansatz wäre die Synthese eines Oligopeptides entsprechend dem N-
117
Terminus, um ein Antikörperserum gegen die isolierte Proteinphosphatase herzustellen. Dann
wäre mit einer immunologischen Methodik auch der Nachweis des Enzyms in inaktiver Form
möglich. Ein schneller Nachweis des Enzyms in Rohextrakten oder im denaturierten Zustand
wäre möglich und könnte außerdem helfen, die Aufreinigungsstrategie zu optimieren.
Ein alternativer Versuchsansatz wäre, das Gen der isolierten Proteinphosphatase durch die
Polymerase-Kettenreaktion (=PCR) zu vermehren und dann zu sequenzieren. Für die PCR-
Analysen ist das in III.3.6.1 vorgeschlagene Oligonukleotid zu stark degeneriert. Ein Oligo
mit höherer Stringenz sollte synthetisiert werden. Der zweite Primer in der PCR wäre dann
„Poly T“. Dieser Versuchsansatz ist bei den größeren Genen, wie dem für dieses 70 kDa
Protein in Chlamydomonas reinhardtii, aufgrund des hohen GC-Gehaltes häufig problema-
tisch. Es ist wahrscheinlich sinnvoll, vorher durch interne Aminosäuresequenzierungen die
Synthese weiterer Oligonukleotidsonden für eine PCR-Analyse zu ermöglichen.
Ferner könnte das in dieser Arbeit verwendete Oligonukleotid für die Suche in weiteren Gen-
bibliotheken genutzt werden.
118
V. Zusammenfassung
Die Photosynthese muß sich an eine Vielzahl von physiologischen Bedingungen adaptieren.
Die Photosysteme und das photosynthetische Elektronentransportsystem müssen sich sowohl
an sehr niedrige als auch an sehr hohe Lichtintensitäten akklimatisieren. Dies geschieht durch
eine Veränderung der Größe der Antenne und der sogenannten photosynthetischen Einheit,
also der Zahl von lichtabsorbierenden Chlorophyllen pro Reaktionszentrum eines Photosy-
stems. In den Starklichtversuchen dieser Arbeit mußte das System dieses Verhältnis wesent-
lich verringern. In den Mechanismen der Lichtadaptation spielt die Phosphorylierung und
Dephosphorylierung von Membranproteinen, aber auch von Komponenten der Genexpres-
sion, eine entscheidende Rolle.
Obwohl die Phosphorylierung der Proteine des Photosystems II schon lange bekannt ist und
Phosphoproteine vor allen im Photosystem II beschrieben werden, ist der Kenntnisstand über
die Funktion der Phosphorylierung im allgemeinen als gering anzusehen. Nur für eine Phos-
phorylierungsreaktion des LHC IIb-Proteins liegt in der Abtrennung eines peripheren Anten-
nenproteins vom Photosystem II ein anerkanntes Modell vor. Bislang gelang es jedoch nicht,
eine Proteinkinase oder Proteinphosphatase der Phosphoproteine aus den Thylakoidmembra-
nen durch biochemische und molekularbiologische Methoden zu charakterisieren. Die Iso-
lierung einer hochreinen Proteinphosphatase mit dem entsprechenden Aktivitätsnachweis ist
von Hammer et al. (1997) mit einer putativen LHC II-Phosphatase aus Spinatthylakoiden be-
schrieben worden, aber der molekulargenetische Zugang steht noch aus.
Ein Ausgangspunkt dieser Arbeit war die bislang noch nicht beschriebene Wirkung von NaF
auf die Anpassung des Photosystems II an hohe Lichtintensitäten. Während der Adaption
werden Untereinheiten des Photosystems II dephosphoryliert, und bei einer Hemmung der be-
teiligten Phosphatasen durch NaF ist eine Anpassung an hohe Lichtintensitäten nicht möglich.
In radioaktiven In vivo-Experimenten werden die Phosphoproteine dargestellt, die während
dieser Anpassung dephosphoryliert werden. Die auffälligsten Proteine sind dabei das CP 43
der inneren Antenne und die beiden Proteine CP 29 und CP 26 der proximalen Antenne des
Photosystems II. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen die Beteiligung einer Proteinphospha-
tase bei der Anpassung des Photosystems II an hohe Lichtstärken.
Ein wesentlicher Teil dieser Arbeit beschäftigte sich mit der Isolierung von Thylakoidphos-
phatasen aus Chlamydomonas reinhardtii. Nach der Optimierung einer Extraktionsmethode
119
konnten in chromatographischen Verfahren drei Thylakoidphosphatasen getrennt werden.
Eine Thylakoidphosphatase wurde dann durch Perfusionschromatographie bis zu Homogeni-
tät aufgereinigt. Der Phosphatasenachweis des aufgereinigten Enzyms mit radioaktiv markier-
ten Phosphoproteinen der Thylakoidmembran zeigt, daß die Spezifität mehrere Substrate
umfaßt. Die Phosphoproteine der Photosystem-II-Antenne sind dabei gut geeignete Substrate
der isolierten Proteinphosphatase. Weitere Eigenschaften des Enzyms sind in dieser Arbeit
beschrieben, wobei die Unempfindlichkeit gegenüber dem klassischen Proteinphosphatase-
hemmstoff Ocadaic Acid bemerkenswert ist.
Die aminoterminale Sequenzierung der isolierten Phosphatase zeigt ein reines Enzym. In in-
ternationalen Datenbanken konnte eine erstaunliche Sequenzhomologie dieses N-Terminus
mit einem T-Zell-aktivierenden Rheumafaktor des Menschen ermittelt werden. Das Protein ist
an einer Signaltansduktion beteiligt, die durch spezifische Phosphataseinhibitoren gestört
wird. Eine weitere geringere Sequenzhomologie besteht zu bakteriellen Phosphatasen, doch
besteht keine Übereinstimmung mit bereits bekannten Protein- und Gensequenzen, und mithin
liegt hier eine bislang nicht beschriebene Phosphatase vor.
Aus der vom N-Terminus abgeleiteten Oligonukleotidsequenz wurde eine DIG-markierte
DNA-Sonde synthetisiert. In Hybridisierungsexperimenten wurde mit dieser Sonde sowohl in
der genomischen DNA von Chlamydomonas reinhardtii als auch in einer Wiltyp-cDNA-
Genbibliothek nach dem Gen der isolierten Proteinphosphatase gesucht. Es gelang mit Hilfe
dieser molekularbiologischen Arbeitstechniken aber nicht, das Gen zu finden.
Weiterhin wurden die Kenntnisse, die bei der Isolierung der Phosphatasen aus der Alge
gewonnen wurden, auf eine Präparation der Thylakoidphosphatasen aus Spinat übertragen.
Eine weites Enzym, das mit den in dieser Arbeit isolierten Thylakoidphosphatasen und den
aus der Literatur bekannten Phosphatasen nicht übereinstimmt, konnte charakterisiert werden.
Die Ergebnisse dieser Arbeit bestätigen die Bedeutung der Proteinkinasen und Proteinphos-
phatasen in der Regulation des photosynthetischen Elektronentransportsystems. Eine Thyla-
koidphosphatase wurde isoliert, charakterisiert und die N-terminale-Aminosäuresequenz
bestimmt. Doch wie schon anderen Arbeitskreisen zuvor gelang es hier nicht, das Gen für die
Phosphatase zu erkennen. Erst die molekulargenetischen Kenntnisse im Zusammenhang mit
der biochemischen Charakterisierung werden die physiologische Funktion und Regulation der
Photosynthese durch die reversible Phosphorylierung eindeutig beschreiben können.
120
VI. Literatur
Allen, J.F. (1992)Protein phosphorylation in regulation of photosynthesisBiochim. Biophys. Acta 1098, 275-335
Allen, J.F. (1993)Redox control of gene expression and the function of chloroplast genomes – a hypothesisPhotosynthesis Research 36: 95-102
Andersson, B. und Styring, S. (1991)Photosystem II: Molecular organization, function, and acclimationCurrent topics in bioenergetics Vol. 16Academic Press, Inc. San Diego, California 92101
Andronis, C., Kruse, O., Deák, Z., Vass, I., Diner, B. A., und Nixon, P. J. (1998)Mutation of residue threonin-2 of the D2 polypeptide and ist effect on photosystem II functionin Chlamydomonas reinhardtiiPlant Physiol. 117: 515-524
Arnon, D. J. (1949)Copper enzymes in isolated chloroplasts: Polyphenoloxidase in beta vulgarisPlant. Physiol. 24, 1-15
Barber, J., Nield, J., Morries E. P., Zheleva, D. und Hankamer, B. (1997)The structure, function and dynamics of photosystem twoPhysiologia Plantarum 100: 817-827
Bassi, R., und Wollmann, F.-A. (1991)The chlorophyll-a/b proteins of photosystem II in Chlamydomonas reinhardtiiPlanta 183: 423-433
Bassi, R., Sandona, D. und Croce, R., (1997)Novel aspects of chlorophyll a/b-binding proteinsPhysiologia Plantarum 100: 769-779
Bennett, J. (1977)Phosphorylation of chloroplast membrane polypeptidesNature 269: 344-346
Bennett, J. (1991)Protein phosphorylation in green glant chloroplastsAnnu. Rev. Plant Physiol. Plant Mol. Biol. 42: 281-311
Bergantino, E., Dainese, P., Cerovic, Z., Sechi, S. und Bassi, R. (1995)A post-translational modification of the photosystem II subunit CP 29 protects maize fromcold stressJ. Biol. Chem. 270(15): 8474-8481
Christopher, D. A., Kim, L. X. M. und Mullet, J. E. (1997)Involvement of Protein Kinase and Extraplastidic Serine/Threonine Protein Phosphatases in
121
Signaling Pathways Regulating Plastid Transcription and the psbD Blue Light-ResponsivePromotor in BarleyPlant. Physiol. 113: 1273-1282
Cohen, Pa. (1997)Novel protein serine/threonine phosphatases: variety is the spice of lifeTIBS 22: 245-250
Cohen, Ph. (1989)The Structure and Regulation of ProteinphosphatasesAnnu. Rev. Biochem. 58: 453-508
Cohen, Ph., Klumpp, S., und Schelling, D. L., (1989)An improved procedure for identifying and quantitating protein phosphatases in mammalientissuesFEB 250(2): 596-600
Croce, R., Breton, J., und Bassi, R. (1996)Conformational changes induced by phosphorylation in the CP 29 subunit of photosystem IIBiochemistry 35: 11142-11148
Das, A. K., Cohen, Pa. und Barford, D. (1998)The structure of the tetratricopeptide repeats of protein phosphatase 5: implications for TPR-mediated protein-protein interactionsEMBO J. 17: 1192-1199
Demming-Adams, B. und Adams, W. W. (1993)„The Xanthophyll cycle“in: Young, A. und Britton, G. (Edts.):Carotinoids in photosynthesis, Chapman and Hall, London
de Vitry C, Diner, B. A. und Popo, J. L. (1991)Photosystem II particles from Chlamydomonas reinhardtii. Purification, molecular weight,small subunit composition and protein phosphorylationJ. Biol. Chem. 266(25):16614-16621.
Elich, T. D., Edelmann, M. und Mattoo, A. K. (1997)Evidence for light-dependent and light-independent protein dephosphorylation in chloroplastsFEBS Lett. 412(2-3): 236-238
Fulgosi, H., Vener, A. V., Altschmied, L., Herrmann, R. G. und Andersson, B. (1998)A novel multi-functional chloroplast protein: identification of a 40 kDa immunophilin-likeprotein located in the thylakoid lumenEMBO Journal 17: 1577-1587
Gergely, P. (1999)Structure and regulation of type 1 protein phosphatases;Vortrag SFB 394 „Proteine in Aktion“, Medizinische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum
122
Goris, J. (1985)The ATP, Mg-dependent Proteinphosphatase and its regulation by heat stable regulatoryproteinsDissertation, Kath. Universität LeuvenISBN 90-334-1292-6
Hain, N. A. K., Stuhlmüller, B., Hahn, G. R.; Kalden, J. R., Deutzmann, R. und Burmester, G.R. (1996)Biochemical Characterization and Microsequencing of a 205-kDa Synovial ProteinStimulatory for T Cells and Reactive with Rheumatoid Factor Containing SeraJ. Immunol. 157: 1773-1780
Hammer, M. F., Markwell, J. und Sarath, G. (1997)Purification of a Protein Phosphatase from Chloroplast Stroma Capable of Dephosphorylatingthe Light-Harvesting Complex-IIPlant. Physiol. 113: 227-233
Hardie, D. G. (1993)Protein Phosphorylation; A Practical ApproachAcademic Press. Inc. New York
Harrer, R., Bassi, R., Testi, M. G. und Schafer, C. (1998)Nearest-neighbor analysis of a photosystem II complex from Marchantia polymorpha, whichcontains reaction center antenna proteinsEur. J. Biochem. 255 (1): 196-205
Harris, Elizabeth H. (1989)The Chlamydomonas Sourcebook A Comprehensive Guide to Biology and Laboratory UseAcademic Press; San Diego, Californien
Hast, T (1994)Charakterisierung von Komponenten der Transduktion des Lichtsignals in PflanzenDissertation, Universität Gesamthochschule Kassel
Hast, T. und Follmann, H. (1996)Identification of two thylakoid-associated phosphatases with protein phosphatase activity inchloroplasts of the soybeanJournal of Photochemistry and Photobiology B: Biology 36; 313-319
Herget, T. (1995)Proteinkinasen und -phosphatasenNachr. Chem. Tech. Lab. 43: 181-185
Jagow, G. und Schägger, H. (1987)An improved gelsystem for the isolation of small peptide subunits of beef heart bc1-complexAnal. Biochem. 166: 368-379
Jagow, G. und Schägger, H. (1994)Membrane protein purificationAcademic Press. Inc. London
123
Johanningmeier, U. (1987)Expression of the psb A gene in E. coliZ. Naturforsch. 42c, 755-757
Jordan, N. J., Watson, M. L. und Westwick, J. (1995)The protein phosphatase inhibitor calyculin A stimulates chemokine produktion by humansynovial cellsBiochem. J. 311: 89-95
Markwell, M.A.K., Haas, S.M., Bieber, L.L. und Tolbert, N.E. (1978)A modification of the Lowry procedure to simplify protein determination in membrane andlipoprotein samplesAnal. Biochem. 87: 206-210
Matsudaira, P.T. (1989)A practical guide to protein and peptide purification for microsequencingAcademic Press Inc. New York
Mattoo, A. K., Hofmann-Falk, H., Marder, J.B. und Edelmann, M. (1984)Regulation of protein metabolism: coupling of photosynthetic electron transport to in vivodegradation of the rapidly metabolized 32-kilodalton protein of the chloroplast membranesProc. Natl. Acad. Sci. 81:1380
Nelissen B, Van de Peer, Y., Wilmotte, A. und De Wachter, R. (1995)An early origin of plastids within the cyanobacterial divergence is suggested by evolutionarytrees based on complete 16 rRNA sequencesMol Biol Evol.: 12 (5) 1166-1173
Oh-oka, H. S., Wada, T. K., Kuwabara, T. und Murata, N. (1986)Complete amino acid sequence of 33 kDa protein isolated from spinach photosystem IIparticlesFEBS Letters 197: 63-66
Prasil, O., Adir, N. und Ohad, I. (1992)Dynamics of photosystem II: mechanismen of photoinhibition and recovery processThe photosystems, Topics in photosynthesis (Barber, J., ed.)Vol. 11: 220-250 Elsevier Amsterdam
Pursiheimo, S., Rintamäki, E., Baena-Gonzales, E. und Aro, E. M. (1998)Thylakoid protein phosphorylation in evolutionally divergent species with oxygenicphotosynthesisFEBS Lett. 423(2): 178-182
Reichardt, W., Overbeck, J. und Steubling, L., 1967Free dissolved enzymes in lake watersNature, Lond 216: 1345-1347
Pfannschmidt, T. und Link, G. (1994)Seperation of two classes of plastid DNA-dependent RNA polymerases that are differentiallyexpressed in mustard (Sinapsis alba L.) seedlingsPlant Molecular Biology 25: 69-81
124
Pfannschmidt, T., Nilsson, A. und Allen, J. F. (1999)Photosynthetic control of chloroplast gene expressionNature 397: 625-628
Seidler, A. und Michel, H. (1990)Expression in Escherichia coli of the psbO gene encoding the 33 kDa protein of the oxygen-evolving complex from spinachEMBO Journal 9: 1743-1748
Simpson, D.J. und Knötzel, J. (1996):Light-harvesting complexes of plants and Algae: introduction, survey and nomenclaturIn: Oxygenic Photosynthesis: light reactions(eds. Ort, D. R., Yocum, C. F.)Kluwer, Dordrecht: 493
Sun, G. und Markwell, J. (1992)Lack of types 1 and 2A protein serine(P)/threonine(P) phosphatase activities in ChloroplastsPlant Physiol 100: 620-624
Trebst, A. und Bracht-Soll (1996)Cycloheximide retards high light driven D1 protein degradation in ChlamydomonasreinhardtiiPlant Sci. 115:191
Tan, A. S. P. und Worobec, E. A.Isolation and characterization of two immunochemically distinct alkaline phosphatases fromPseudomonas aeruginosaFEMS Microbiology Letters 106:281-286
Towbin, H., Staehelin, T. und Gordon, J., 1979Electrophoretic transfer of proteins from polyacrylamidgel to nitrocellulose sheetsProc. Natl. Acad. Sci. USA 90, 9441-9445
125
Lebenslauf
Name: Andreas Matika
geboren: 24.09.1967 in Recklinghausen
Schulbildung: 1974-1978 Grundschule an der Esseler Str. in Recklinghausen1978-1985 Realschule III in Recklinghausen1985-1988 Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Recklinghausen
Zivildienst: 2.5.1988-31.12.1989 Zivildienst bei der Caritas Sozialstation inRecklinghausen
Studium: 15.9.1989-4.5.1995 Studium der Diplombiologie an der Ruhr-Universität in Bochum
Diplomarbeit: Thema: Induktion von Phosphatasen in Chlamydomonasreinhardtii, durchgeführt am Lehrstuhl für Biochemie der Pflanzen der Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Biologie,bei Herrn Prof. Dr. Dres. h.c. A. Trebst
Promotion: Thema: Die Regulation der Photosynthese durchProteinphosphatasen in Chlamydomonas reinhardtii, von Juni1995 bis November 1999, durchgeführt am Lehrstuhl fürBiochemie der Pflanzen der Ruhr-Universität Bochum, Fakultätfür Biologie, bei Herrn Prof. Dr. Dres. h.c. A. Trebst