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Vorhofflimmern ist deutschlandweit mit rund 1,8 Millionen Betroffenen die häufigste Herzrhythmus-
störung. Die Erkrankung selbst ist nicht lebensgefährlich, bei einer Nichtbehandlung kann der Schlag-
anfall aber eine gefährliche Folge sein. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Vorhofflimmern ärztlich
behandelt wird. Es stehen derzeit verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung. Neben der bestmögli-
chen medikamentösen Therapie sollte auch ein gesunder Lebensstil – mit dosierten körperlichen Aktivi-
täten und einer ausgewogenen Ernährung – umgesetzt werden.
Diese Broschüre gibt einen Überblick über das Leben mit der Erkrankung. Neben allgemeinen Infor-
mationen rund um das Vorhofflimmern, die Behandlung und die Bedeutung der Therapietreue bietet
sie hilfreiche Tipps für den Alltag und klärt darüber auf, was Menschen mit Vorhofflimmern zum
Beispiel vor Antritt einer Reise berücksichtigen sollten.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und hoffen, dass Sie stets „am Ball bleiben“!
Herzlichst
Liebe Patientinnen und Patienten, liebe Angehörige und Interessierte,Inhalt
Prof. Dr. Hans-Georg Predel
Deutsche Sporthochschule Köln
Leiter des Instituts für Kreislaufforschung
und Sportmedizin
Vorwort S. 3Vorhofflimmern – ein Überblick S. 4 · Was passiert beim Vorhofflimmern? S. 4 · Zahlen und Fakten S. 4 · Symptome S. 5 · Die Stadien des Vorhofflimmerns S. 6Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern S. 7 · Vitamin-K-Antagonisten S. 7 · NOAKs S. 8 · Katheterablation S. 8Bedeutung von Therapietreue bei Vorhofflimmern S. 9 · Tipps zur Verbesserung der Therapietreue S. 9Wie steht es um die Versorgungssituation in Deutschland? Interview mit Prof. Dr. Harald Darius S. 10Leben mit Vorhofflimmern S. 13 · Ernährung S. 13 · Genussmittel: Zigaretten, Alkohol und Kaffee S. 14 · Bewegung S. 14 · Liebe und Zweisamkeit S. 16 · Reisen mit Vorhofflimmern S. 17 · Hilfreiche Tipps für den Urlaub S. 18 · Weitere Tipps S. 19Weitere Angebote von „Rote Karte dem Schlaganfall“ S. 20 · Immer auf dem Laufenden – Newsletter S. 20 · Wissenswertes zum Nachlesen – Broschüren S. 21Links S. 23
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Vorhofflimmern – ein Überblick
Was passiert beim Vorhofflimmern?
Das menschliche Herz arbeitet unermüdlich – ohne
Pause pumpt es Blut durch unseren Körper. Die
Vorhöfe des Herzens ziehen sich zusammen, ent-
spannen sich wieder und sorgen dafür, dass aus-
reichend Blut in die Herzkammern gelangt. Der
Sinusknoten, der auch Taktgeber des Herzens ge-
nannt wird, bestimmt mithilfe von elektrischen
Impulsen den Rhythmus. Ein gesundes Herz schlägt
in der Regel 60 bis 100 Mal in der Minute in
gleichmäßigen Abständen.1
Beim Vorhofflimmern ist die Funktion des Sinus-
knotens als Taktgeber gestört. Das hat zur Folge,
dass sich die Vorhöfe unkontrolliert zusammen-
ziehen – 350 bis 600 Mal in der Minute – und dass
das Blut nicht mehr richtig zirkuliert. Wird das Blut
nicht mehr mit ganzer Kraft durch den Herzmuskel
gepumpt, besteht die Gefahr einer Gerinnselbil-
dung, da sich Blutplättchen aufgrund der niedri-
geren Fließgeschwindigkeit absetzen und zu einem
Gerinnsel verkleben können. Im linken Vorhof gibt es
eine kleine Nische, das sogenannte Vorhofohr, in der
Schmerzen in der Brust können Anzeichen von
Vorhofflimmern sein.
das Risiko der Gerinnselbildung besonders hoch ist.2
Endet die Flimmerepisode, ziehen sich die Vorhöfe
wieder regelmäßig zusammen und das Blut wird mit
aller Kraft durch den Körper gepumpt. Bestehende
Blutgerinnsel können durch die Stärke des Stroms
davongetragen werden. Gelangen diese ins Gehirn,
können sie dort einen Schlaganfall verursachen. 1 Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe2 Kip et al., Weißbuch „Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern“, Thieme Verlag, 2015
Zahlen und Fakten
In Deutschland leiden rund 1,8 Millionen Men-
schen an Vorhofflimmern, das die häufigste Herz-
Kreislauf-Erkrankung in der erwachsenen
Bevölkerung darstellt. Die Wahrscheinlichkeit, an
Vorhofflimmern zu erkranken, ist stark altersab-
hängig: Während bei nur etwa 1,5 Prozent der
unter 65-Jährigen die Herzrhythmusstörung auf-
tritt, ist bei den neun Jahre Älteren schon jeder
Zehnte betroffen.1
Vorhofflimmern an sich ist nicht lebensgefährlich.
Die Folgeschäden, die durch die Krankheit
schwer. Die Wahrscheinlichkeit, nach einem
Schlaganfall bettlägerig zu werden oder zu ver-
sterben, ist bei Patienten mit Vorhofflimmern
etwa doppelt so hoch. 2,3
Symptome
Vorhofflimmern kann sich von Patient zu Patient
verschieden äußern. In circa einem Drittel aller
Fälle verspüren Betroffene sogar gar keine
Symptome. Dennoch gibt es Warnsignale, die auf
die Herzrhythmusstörung hinweisen können:1,4
• Herzklopfen: Das Herz „stolpert“ oder rast; ein
unregelmäßiger Puls ist die Folge
• Betroffene leiden (auch während Ruhephasen)
unter Atemnot oder Kurzatmigkeit und sind
sehr schnell erschöpft
• Schmerzen in der Brust
• Unruhe bis hin zu Angstgefühlen
• Benommenheit oder Schwindel1 Kip et al., Weißbuch „Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern“, Thieme Verlag, 20152 Marini et al., Stroke. 2005 Jun;36(6):1115-9. Epub 2005 May 53 Dulli et al., Neuroepidemiology. 2003 Mar-Apr;22(2):118-234 Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe
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verursacht werden können, hingegen schon. So
ist das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, um das
Fünffache erhöht. Kommt es zum Schlaganfall, ist
der weitere Verlauf der Erkrankung oft besonders
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Die Stadien des Vorhofflimmerns
Die Herzrhythmusstörung kann in drei verschiede-
nen Formen auftreten: Zu Beginn der Erkrankung
setzen die Flimmerepisoden häufig spontan ein
und hören in der Regel innerhalb von 24 Stunden
wieder auf. Nur in seltenen Fällen hält das Flimmern
bis zu 72 Stunden an. Diese Form wird paroxys-
males oder auch anfallsartiges Vorhofflimmern
genannt. Da die Vorhöfe nur zeitweise flimmern,
kann die Erkrankung in diesem Stadium häufig
nur durch einen längeren Beobachtungszeitraum,
zum Beispiel mittels Langzeit-EKG, festgestellt
werden. Aus einem anfallsartig auftretenden Vor-
hofflimmern kann sich ein dauerhaftes entwickeln.
Im Verlauf der Erkrankung dauern die Flimmerepi-
soden immer länger an. Das sogenannte wieder-
kehrende oder persistierende Vorhofflimmern
hält sogar über mehrere Tage an. Es hört entweder
spontan auf oder wird durch ärztliche Behand-
lung beendet. Der Arzt kann Medikamente einset-
zen oder den Patienten in Kurznarkose versetzen und
die Herzrhythmusstörung mit einem starken elek-
trischen Stromstoß beenden. Die letzte Methode
wird als elektrische Kardioversion bezeichnet.
Wenn das Vorhofflimmern dauerhaft auftritt und
weder von selbst aufhört noch durch ärztliche
Hilfe beendet werden kann, liegt die permanente
oder auch dauerhaft chronische Form vor.1,2
1 Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe2 Kompetenznetz Vorhofflimmern
Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern
Vorhofflimmern kann verschiedene Folgeerkran-
kungen wie Schlaganfall oder Herzschwäche her-
vorrufen. Um diesen vorzubeugen, stehen
verschiedene Methoden zur Verfügung:
Wird die Erkrankung diagnostiziert, ist die Thera-
pie mit gerinnungshemmenden Medikamenten
meist unumgänglich. Gerinnungshemmende
Medikamente (auch Gerinnungshemmer genannt)
senken das Risiko, dass die festen Bestandteile
des Blutes (Blutplättchen) während des Vorhof-
flimmerns zu einem Gerinnsel verklumpen. Damit
reduzieren sie gleichzeitig auch das Schlaganfall-
risiko. Bei den Gerinnungshemmern wird zwischen
Vitamin-K-Antagonisten und Medikamenten der
neuen Generation, den neuen oralen Antikoagu-
lantien (NOAKs), unterschieden.
Vitamin-K-Antagonisten
Seit den 1950er-Jahren gibt es sogenannte Vitamin-
K-Antagonisten wie die Wirkstoffe Warfarin und
Phenprocoumon. Sie hemmen die Blutgerinnung,
indem sie die Bildung der Vitamin-K-abhängigen
Gerinnungsfaktoren in der Leber blockieren. Die
gerinnungshemmende Wirkung tritt verzögert
und erst etwa zwei bis drei Tage nach der Ein-
nahme ein. Vorhofflimmer-Patienten, die einen
Vitamin-K-Antagonisten einnehmen, müssen re-
gelmäßig Kontrolltermine beim behandelnden
Arzt wahrnehmen. Dieser prüft per Blutabnahme
den Gerinnungswert (auch INR-Wert – internatio-
nalisierte normalisierte Ratio – genannt), um die
Dosierung des Medikaments zu überprüfen und
ggf. anzupassen.
Die Dosierung eines Vitamin-K-Antagonis-
ten ist je nach Patient und INR-Wert indivi-
duell einzustellen. Da das Arzneimittel
Wechselwirkungen mit anderen Medikamen -
ten und Nahrungsmitteln, die Vitamin K ent-
halten, eingeht, müssen Patienten regelmä-
ßig ihre Blutwerte kontrollieren und die
Dosierung anpassen lassen.1
1 Kip et al., Weißbuch „Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern“, Thieme Verlag, 2015
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Mittels eines Elektrokardiogramms (EKG) wird der
Herzrhythmus überprüft.
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senken gleichzeitig das Schlaganfallrisiko. Wichtig
ist auch, die Gerinnungshemmer nicht eigen-
initiativ abzusetzen oder die Dosis zu verändern.
Tipps zur Verbesserung der Therapietreue
• Eine Uhrzeit bestimmen, zu der die Tablette ein-
genommen werden soll, oder die Einnahme in
die alltägliche Routine integrieren.
• Mit einem Wecker, der täglich klingelt oder ei-
nem Kalender, der abgehakt werden muss,
kann dem Gedächtnis auf die Sprünge geholfen
werden. Wer ein Handy besitzt, kann sich auch
mit einer App oder per SMS erinnern lassen.
• Medikamentendosen passen aufgrund ihres kom-
pakten Formats in jede Tasche und ermöglichen
es mit ihrer Wochentageinteilung, den Über-
blick über die noch einzunehmenden Tabletten
zu behalten.
• Rechtzeitig ein neues Rezept abholen, damit
ausreichend Medikamente zur Verfügung stehen.
Suchen Sie in jedem Fall Ihren Arzt auf und
besprechen Sie gemeinsam, welche Therapie-
option für Sie die richtige ist. 1 Kip et al., Weißbuch „Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern“, Thieme Verlag, 20152 Kompetenznetz Vorhofflimmern
Bedeutung von Therapietreue bei Vorhof-
flimmern
Wer akute Beschwerden oder Schmerzen hat,
wird die Einnahme des helfenden Medikaments
kaum vergessen. Fühlen Betroffene sich jedoch
gesund, fällt es ihnen oft schwer, an die regelmä-
ßig einzunehmenden Tabletten zu denken. Eine
Situation, die vielen Vorhofflimmer-Patienten
be kannt sein dürfte, da sie zum Teil nur wenige
Beschwerden verspüren. Bei einem Drittel der
Patienten tritt die Erkrankung sogar ohne Symp-
tome auf. Trotzdem ist die Therapietreue gerade
bei der Behandlung mit Gerinnungshemmern
besonders wichtig. Denn diese sind nur bei regel-
mäßiger Einnahme wirksam: Nur wenn die
Medikamente konsequent eingenommen
werden, verhindern sie die Gerinnselbildung und
Bedeutung von Therapietreue bei Vorhofflimmern
NOAKs
Seit 2011 gibt es eine neue Generation an oralen
Antikoagulantien (NOAKs), die zur Schlaganfall-
prävention bei nicht valvulärem Vorhofflimmern
eingesetzt werden können. Zu ihnen zählen die
Wirkstoffe Rivaroxaban, Dabigatran, Apixaban
sowie Edoxaban. Sie wirken mindestens ebenso
gut wie die Vitamin-K-Antagonisten und zeich-
nen sich durch eine einfache Handhabung für
Arzt und Patient aus. Da sie einen vorhersehba-
ren Einfluss auf die Blutgerinnung ausüben, muss
die Dosis in der Regel nicht angepasst werden.
Auch entfallen engmaschige Blutabnahmen zur
Kontrolle des Gerinnungswerts. Dies kann vor
allem für Patienten, die nur eingeschränkt mobil
sind, von Vorteil sein. Die Wirkung der NOAKs
tritt nach zwei bis vier Stunden ein – demnach
wirken sie deutlich schneller als die Vitamin-K-
Antagonisten. Auch ist die Halbwertszeit gerin-
ger: Während Vitamin-K-Antagonisten eine
Halbwertszeit von mehreren Tagen aufweisen
können, liegt diese bei den neuen Medikamenten
bei etwa einem halben Tag.1
Katheterablation
Die Katheterablation ist eine nicht medikamentöse
Behandlungsmethode, die vor allem bei jüngeren
Menschen, die an anfallsartigem Vorhofflimmern
leiden, eingesetzt wird. Sie soll die Herzrhythmus-
störung dauerhaft beheben. Dafür werden die
Ursprungsorte des Vorhofflimmerns aufgesucht
und mit einem speziellen Katheter verödet.2
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Ein Arztgespräch kann Aufschluss über die verschiedenen
Behandlungsmöglichkeiten geben.
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Interview mit Prof. Dr. Harald Darius
1. Sie haben am Weißbuch „Schlaganfallprä-
vention bei Vorhofflimmern“ mitgewirkt.
Die deutsche Bevölkerung wird immer älter.
Was bedeutet das für die Krankheitshäufig-
keit von Vorhofflimmern und Schlaganfall?
Prof. Dr. Harald Darius: Die Wahrscheinlichkeit, an
Vorhofflimmern zu erkranken, steigt mit zuneh-
mendem Alter an. Aufgrund des wachsenden An-
teils älterer Menschen in der deutschen Bevöl-
kerung ist davon auszugehen, dass auch die
Krankheitshäufigkeit, die sogenannte Prävalenz,
des Vorhofflimmerns ansteigen wird. Dennoch
erwarten wir, dass die Zahl von vorhofflimmer-
assoziierten Schlaganfällen nicht zwangsläufig zu-
nimmt, da es Verbesserungen im Bereich der Dia-
gnosestellung des Vorhofflimmerns und der prä-
ventiven Therapie gab. Des Weiteren können
Schlaganfallrisikofaktoren durch eine optimierte
Behandlung reduziert werden.
nicht erkanntem Vorhofflimmern auszugehen, da
die Herzrhythmusstörung ohne spürbare Beschwer-
den oder nur in Episoden (paroxysmales Vorhof-
flimmern) auftreten kann.
3. Viele Menschen leiden an Vorhofflimmern,
werden aber nicht diagnostiziert. Wie kann
der hohen Dunkelziffer entgegengewirkt
werden? Kann der Einzelne etwas tun?
Prof. Dr. Harald Darius: Wie bereits erwähnt, tritt
Vorhofflimmern zu Krankheitsbeginn meist an-
fallsweise auf, weshalb die Untersuchung mit einem
Elektrokardiogramm (EKG) unauffällig sein kann,
wenn just in dem Moment keine Flimmerepisode
besteht. Um hier entgegenzuwirken, empfiehlt die
Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Kardio-
logie das opportunistische Screening bei allen
Patienten ab 65 Jahren. Das bedeutet, dass Haus-
ärzte regelmäßig den Puls fühlen und bei Verdacht
auf Vorhofflimmern ein EKG schreiben. Theoretisch
können Patienten ihren Puls auch selbst messen,
um ein möglicherweise bestehendes Vorhofflim-
mern zu identifizieren.
Wie steht es um die Versorgungssituation in Deutschland?
4. Leider kommt es vor, dass Patienten ihre
Medikamente nicht regelmäßig einnehmen.
Wie kann ihre Therapietreue gefördert
werden?
Prof. Dr. Harald Darius: Um die Therapietreue eines
Patienten zu fördern, ist es wichtig, zu wissen,
warum der Patient seine Medikamente nicht regel-
mäßig einnimmt. Ein möglicher Grund ist die Angst
vor Wechselwirkungen mancher Medikamente
mit bestimmten Lebensmitteln. Solche können
zwischen Vitamin-K-Antagonisten und Vitamin-
K-haltigen Lebensmitteln wie zum Beispiel Brokkoli
auftreten. Diese Angst kann Patienten mit der
Umstellung auf ein NOAK genommen werden.
Daneben besteht auch die Möglichkeit des Selbst-
monitorings. Vergisst der Patient die Einnahme
schlichtweg, muss er sich Erinnerungshilfen schaf-
fen. Weiterhin können auch unfreiwillige Ursachen
die Therapietreue erschweren: Patienten, deren
kognitive Leistungsfähigkeiten eingeschränkt sind
oder die an Demenz oder Depressionen leiden,
sollten bei der regelmäßigen Medikamentenein-
nahme unterstützt werden.
Prof. Dr. Harald Darius
2. Wie steht es um die Versorgungssituation
von Patienten mit Vorhofflimmern in
Deutschland?
Prof. Dr. Harald Darius: Wird die Erkrankung erkannt,
ist eine Behandlung mit oralen Antikoagulantien
sehr gut möglich. Dennoch zeigen Registerdaten
in vielen Fällen eine Fehlversorgung an: Patienten
werden unter- oder überversorgt. Außerdem ist
von einer hohen Dunkelziffer von Patienten mit
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5. Woran liegt es, dass Patienten unter- bzw.
fehlversorgt werden?
Prof. Dr. Harald Darius: Es gibt mehrere Gründe,
die einen Arzt bei der Verschreibung eines oralen
Antikoagulans zögern lassen. Da Vorhofflimmer-
Patienten meist älter sind, stürzen sie vermehrt,
was eine größere Verletzungsgefahr bedeutet.
Auch das Risiko von Blutungen oder möglichen
Begleiterkrankungen lässt Ärzte oft zögern.
Schätzen Ärzte die Therapietreue ihrer Patienten
Vorhofflimmern ist eine ernstzunehmende Erkran-
kung, dennoch müssen sich Betroffene nicht zu-
hause einigeln. Wer einige Ratschläge beachtet und
seinen Lebensstil ein wenig anpasst, wird schnell
feststellen, dass sich die Wandlung des Alltags
zugunsten der Lebensqualität auswirken wird.
Ernährung
Eine ausgewogene Ernährung ist für eine gesunde
Lebensführung von großer Bedeutung. Für Patienten
mit Vorhofflimmern ist es wichtig, dass sie Obst und
Gemüse zu sich nehmen und generell andere kalium-
reiche Lebensmittel wie Pilze, Hülsenfrüchte, Nüsse
oder Samen konsumieren. Dies gilt uneingeschränkt
für Betroffene, die mit einem NOAK behandelt
werden. Patienten, die einen Vitamin-K-Antago-
nisten einnehmen, müssen bedenken, dass ihr
Medikament Wechselwirkungen mit zahlreichen
Lebensmitteln eingeht und sollten aus diesem
Grund mit ihrem Arzt besprechen, was genau zu
beachten ist.1,2 1 Vorhofflimmern zählt 2 Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe Gemüse sollte möglichst oft in den Speiseplan
integriert werden.
Leben mit Vorhofflimmern
zudem von vornherein als niedrig ein, kann das
ein weiterer Grund sein, wieso sie die Medika-
mente nicht verschreiben. Auf der anderen Seite
kommt es auch zur Überversorgung, wenn näm-
lich Patienten mit einem sehr geringen Schlagan-
fallrisiko antikoaguliert werden, die nicht nach-
weislich von der Therapie profitieren. Dies bedeutet,
dass eine risikoadaptierte Verordnung der oralen
Antikoagulantien enorm wichtig ist.
Es ist wichtig, dass Patienten verstehen, warum sie ein Medikament einnehmen sollen.
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Genussmittel: Zigaretten, Alkohol und Kaffee
Wer an Vorhofflimmern leidet, sollte das Rauchen
möglichst aufgeben und Alkohol gar nicht oder
nur in geringen Mengen konsumieren. Die Stif-
tung Deutsche Schlaganfall-Hilfe empfiehlt männ-
lichen Vorhofflimmer-Patienten eine maximale
Menge von 24 g Alkohol am Tag. Das entspricht
etwa 0,5 l Bier oder 0,25 l Wein. Frauen sollten
sich auf 12 g Alkohol in Form von 0,3 l Bier oder
0,15 l Wein am Tag beschränken. Auch der Ge-
nuss von Koffein ist in Maßen erlaubt: Patienten
dürfen bis zu drei Tassen Kaffee täglich trinken.
Trotzdem sollte beachtet werden, dass durch Kof-
fein Blutdruck und Herzfrequenz steigen, was
eine Vorhofflimmerepisode begünstigen kann.1,2 1 Vorhofflimmern zählt 2 Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe
Bewegung
Viel Sport ist gesund – doch gilt das auch für Vor-
hofflimmer-Patienten? Eine allgemein gültige
Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Dennoch
gibt es Empfehlungen, welchen sportlichen Akti-
vitäten Betroffene ruhigen Gewissens nachgehen
dürfen und auf welche Sportarten sie besser ver-
zichten sollten. Generell gilt: Vorhofflimmer-Pati-
enten dürfen sich belasten, sollten aber darauf
achten, dass sie die körperliche Betätigung nicht
zu sehr erschöpft.1
Empfehlenswert sind zum Beispiel normale körper-
liche Aktivitäten oder die Teilnahme an Angeboten
von Gesundheitssportgruppen. Sicher und effektiv
sind aber vor allem individuell angepasste Trainings-
programme. Abzuraten ist von Krafttraining, da
dieses den Blutdruck und somit das Risiko für Vor-
hofflimmern ansteigen lässt.1
Regelmäßige Bewegung kann sich nicht nur posi-
tiv auf das persönliche Wohlbefinden auswirken,
sondern auch zur Abnahme von Körpergewicht Sport in einer Gesundheitsgruppe kann neben gesundheitlichen Erfolgen auch viel Spaß bringen.
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führen. Ergebnisse einer Studie zeigen, dass Men-
schen mit Vorhofflimmern die Krankheitssympto-
matik deutlich verbessern können, wenn sie ihr
Gewicht um mindestens zehn Prozent reduzieren.
Die Wahrscheinlichkeit, dass das Vorhofflimmern
gänzlich verschwindet, steigt außerdem um das
Sechsfache. Problematisch sind hingegen Gewichts-
schwankungen, die ein erneutes Auftreten der
Herzrhythmusstörung begünstigen.2
Patienten, die regelmäßig trainieren und mögli-
ches Übergewicht verlieren, haben gute Chancen
auf ein weitestgehend arrhythmiefreies Leben. 1 Rommelfanger, Julia: Intensiver Ausdauersport lohnt für ältere Frauen – er beugt auch Vorhofflimmern vor, September 20142 Pathak et al, Long-Term Effect of Goal-Directed Weight Manage-ment in an Atrial Fibrillation Cohort, Mai 2015
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Liebe und Zweisamkeit
Viele Vorhofflimmer-Patienten verspüren Unsicher-
heit, wenn es um das eigene Liebesleben geht. Ist
die Erkrankung unter Kontrolle, können Betroffene
grundsätzlich ohne Bedenken sexuell aktiv werden.
Generell kann sexuelle Anstrengung mit derjenigen
gleichgesetzt werden, die bei moderater körperli-
cher Bewegung entsteht. Je älter Patienten sind,
desto wahrscheinlicher ist es allerdings, dass sie
sich für das Erreichen eines Orgasmus mehr an-
strengen müssen als jüngere Menschen. In solchen
Situationen sollten die Signale des eigenen Körpers
unbedingt berücksichtigt werden. Um zu vermei-
den, dass mit der Herzrhythmusstörung einherge-
hende Veränderungen negativen Einfluss auf die
Beziehung nehmen, ist es sehr wichtig, mit dem
Partner offen zu sprechen. Auch Sorgen und Ängste
sollten thematisiert werden.1,2
Wer sich dennoch unsicher fühlt, sollte ein
aufklärendes Gespräch mit dem behandeln-
den Arzt nicht scheuen. 1 Levine et al., Sexual Activity and Cardiovascular Disease. A Scientific Statement From the American Heart Association, Januar 2012 2 Vorhofflimmern zählt
Reisen mit Vorhofflimmern
Welche Besonderheiten sind bei der Urlaubsplanung
zu beachten? Auf welche Aktivitäten sollte besser
verzichtet werden? Besteht die Notwendigkeit
ärztlicher Kontrollen? Solche und weitere Fragen
stellen sich Vorhofflimmer-Patienten vor dem An-
tritt einer Reise. Wichtig ist, diese auf jeden Fall mit
dem behandelnden Arzt zu besprechen, da dieser
den individuellen Krankheitsverlauf kennt und am
besten beurteilen kann, was im Rahmen des Mög-
lichen liegt, ohne unnötige Risiken einzugehen.
In der Regel können Menschen mit Vorhof-
flimmern ohne Sorge verreisen. Sie sollten
aber Folgendes beachten:
Die regelmäßige, vom Arzt angeordnete Medika-
menteneinnahme ist das A und O. Wer einen Ge-
rinnungshemmer einnimmt, sollte dies trotz Urlaub
und eines meist veränderten Lebensrhythmus re-
gelmäßig fortführen, um die Gerinnungshemmung
weiterhin zu gewährleisten und das Schlaganfall-
risiko niedrig zu halten.
Patienten, die mit einem der neuen oralen Antiko-
agulantien (NOAKs) behandelt werden, müssen
keine besonderen Vorkehrungen treffen. Anders
verhält es sich mit den traditionelleren Vitamin-K-
Antagonisten: Da verschiedene Parameter wie die
Ernährung die Wirkung des Medikaments beein-
flussen, muss die Gerinnung regelmäßig kontrol-
liert werden.
Vorhofflimmer-Patienten müssen sich nicht vor Flug-
reisen sorgen, da diese in der Regel kein Risiko dar-
stellen. Selbst Abenteuerreisen können angetreten
werden. Allerdings sollten sich Betroffene jeder-
zeit der Gefahr von Blutungen bewusst sein und
den Patientenpass beziehungsweise Notfallaus-
weis in englischer Sprache bereithalten.
Auch Patienten mit Vorhofflimmern können Liebe und
Zweisamkeit genießen.
Mit guter Vorbereitung können auch Menschen mit
Vorhofflimmern problemlos ihren Traumurlaub genießen.
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Weitere Tipps
• Da Vorhofflimmern insbesondere zu Beginn der
Erkrankung anfallsartig auftritt, kann es – vor
allem ab einem Alter von 65 Jahren – hilfreich
sein, regelmäßig den eigenen Puls und Blut-
druck zu kontrollieren. Es ist ratsam, den be-
handelnden Arzt aufzusuchen, wenn der Puls
bei über einhundert Schlägen in der Minute
liegt.
• Weitere Tipps und Informationen rund um die
Erkrankung und die aktuelle Versorgungssitua-
tion von Patienten mit Vorhofflimmern in
Deutschland bietet die Broschüre „Platzver-
weis für den Schlaganfall – Bestmögliche
Versorgung bei Vorhofflimmern“.
Der Puls kann mit dem Mittelfinger der rechten Hand auf
der Innenseite des linken Handgelenks, links unterhalb des
Daumens ertastet werden.
Eine gut ausgestattete Reiseapotheke gehört in jeden Koffer.
Hilfreiche Tipps für den Urlaub
• Wichtige Medikamente sollten im Handge-
päck mitgeführt werden, da aufgegebene Kof-
fer verloren gehen können.
• Bei Reisen über Zeitzonen hinweg empfiehlt
sich die Aufnahme des gewohnten Rhyth-
mus (zum Beispiel Tabletteneinnahme nach
dem Frühstück); mögliche Risiken, die durch
die Zeitverschiebung entstehen könnten,
sollten vorab mit dem Arzt besprochen
werden.
• Bei Reisen ins Ausland sollten Vorhofflimmer-
Patienten Patientenpass und Notfallausweis
auf Englisch mit sich führen. Beides kann der
behandelnde Arzt ausstellen.
• Gehen Medikamente verloren, müssen diese
schnellstmöglich ersetzt werden. In diesem
Fall können örtliche oder internationale Apo-
theken weiterhelfen. Bei rezeptpflichtigen Me-
dikamenten sollte die lokale Klinik aufgesucht
werden.
• In der Reiseapotheke sollten Wund- und Heil-
salbe, Ohrentropfen, Fieber-, Verbands-, Desin-
fektions- und ggf. Sonnenschutzmittel sowie
Medikamente gegen Schmerzen, Durchfall, Rei-
seübelkeit und Allergien enthalten sein.
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Quer durch alle Klassen – Der Schlaganfall von jung bis alt
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Platzverweis für den Schlaganfall – Bestmögliche Versorgung bei Vorhofflimmern
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Quer durch alle Klassen – Der Schlaganfall von jung bis alt
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Eigentor des Körpers – den Schlaganfall verstehen
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Rund um den Schlaganfall – Antworten auf wichtige Fragen
Gegenangriff – Prävention für Vorhofflimmer-Patienten
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Anstoß – Bewegung hilft
Spielmacher fürs Leben –leichter mit der Krankheit umgehen
Gute Versorgung? – Das Team macht den Erfolg
Gute Versorgung? – Das Team macht den Erfolg
Gute Versorgung? – Das Team macht den Erfolg
Gute Versorgung? – Das Team macht den Erfolg
Spiel ohne Rhythmus – Wenn die Vorhöfe flimmern
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Spiel ohne Rhythmus – Wenn die Vorhöfe flimmern
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Klassenerhalt – Einfach fit mit dem Übungsband
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Topspieler oder Herzensbrecher – Wie gesund leben Sie?
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Auswärts-Spiel – Bewegen in der Natur
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LinksSchirmherr
Schirmherr:Michael Ballack
• www.rote-karte-dem-schlaganfall.de
• www.schlaganfall-hilfe.de
• www.antithrombose.de/service/thrombose-test
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