Die Ablaufplanung ist die Grundlage einer detaillierten Planung der Termin-, Kosten- und
Leistungsziele in einem Projekt. Sie ermöglicht die vorausschauende Entwicklung von
Planungsalternativen. Schwachstellen, z.B. hinsichtlich der Durchführungsdauer von
Arbeitspaketen oder der Zuordnung von Einsatzmitteln, werden identifiziert und
ermöglichen eine frühzeitige Korrektur des Projektstrukturplans. Die Ablaufplanung baut
auf dem Projektstrukturplan auf und zerlegt bei Bedarf die dort enthaltenen Arbeitspakete
in kleinere Einheiten, sog. Vorgänge, um Durchführungsdauern, benötigtes Personal,
benötigte Maschinen und Anlagen etc. leichter schätzen und einplanen zu können. Dabei
wird angenommen, dass ein Vorgang ohne Unterbrechung durchgeführt wird und der
Personal- und Ressourceneinsatz in gleich bleibenden Mengen je Zeiteinheit erfolgt.
Nach Terminierung aller zu erledigenden Arbeitspakete sowie der zugehörigen Vorgänge
wird der Ablaufplan in den Terminplan überführt. Dieser stellt den „Fahrplan“ des
Projektes dar. Die Terminplanung liefert die zeitlichen Soll-Vorgaben und führt einen
Vergleich mit den kontinuierlich während der Projektdurchführung erfassten Ist-Zeiten
durch.
Zur Unterstützung der systematischen Erzeugung, Berechnung und Optimierung von
Ablaufplänen hat sich bei komplexen Vorhaben die Netzplantechnik sehr bewährt. Sie ist
ein graphentheoretisches Hilfsmittel, das in Zusammenwirken mit anderen
Planungsinstrumenten ein erfolgreiches Projektmanagement ermöglicht.
Nutzen der Netzplantechnik:
- Systematisches Durchdenken, Planen und Steuern des Projektablaufs
- Identifikation sachlogischer Schwachstellen in der Projektplanung
- Berechnung zeitlicher Puffer und des kritischen Pfades
- Eindeutiges Terminieren der Vorgänge
- Informationsmedium für die Kooperation zwischen Projekt- und Linienmanagement.
Wie bereits in der vorherigen Lehreinheit dargestellt wurde, entwickelte Henry L. Gantt
bereits Ende des 19. Jahrhunderts erste Hilfsmittel für die Prozessplanung. Sie beziehen
sich vorrangig auf die grafische Darstellung des Zeitverbrauches einzelner Vorgänge. Die
Darstellung erfolgt in Form von Balkendiagrammen, sog. Gantt-Charts, in denen bei
Bedarf zusätzlich Abhängigkeiten zwischen den Vorgängen modelliert werden können.
Aufgrund des zunehmenden Umfangs der Projekte, der Dezentralisierung von Planungs-
und Überwachungsfunktionen und der unzureichenden mathematischen Formalisierung
der Planungsverfahren entstand in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die
Netzplantechnik. Die 1956 in den USA und Europa einsetzende Entwicklung, die aus der
Elektrotechnik bekannte Netzwerktechnik auch bei der Planung und Durchführung
größerer Projekte zu verwenden, resultierte 1957 in der von Walker und Kelly
entworfenen Critical Path Method (CPM). Zeitgleich, jedoch unabhängig voneinander
entstand im Auftrag der US-Navy die Program Evaluation and Review Technique (PERT)
und in Frankreich die Metra-Potential-Methode (MPM). Zwischenzeitlich wurden
ausgehend von diesen Ansätzen vielfältige verfeinerte und modifizierte Methoden
entwickelt. Allen Varianten liegen jedoch ähnliche graphentheoretische Grundkonzepte
zugrunde, die im Folgenden erläutert werden.
Die Netzplantechnik ist die zentrale formale Methode zur Erfassung, Aufbereitung,
Darstellung und Überwachung der zahlreichen Planungsparameter, einflussgrößen und
daten eines Projektes auf der Ebene von Vorgängen. Der Projektplaner sieht sich der
Herausforderung gegenüber, das Vorhaben detailliert und gründlich zu durchdenken. In
dieser Planungsphase gilt es, Schwachstellen in Struktur und Sequenz aufzudecken,
wichtige Entscheidungen zur Zuordnung von Mitarbeitern und Ressourcen vorzubereiten
und zu treffen.
Ein Vorteil der Netzplantechnik ist die systematische Differenzierung des zu planenden
Projektes in Teilaufgaben, Arbeitspakete und schließlich Vorgänge sowie die Verkettung
der Vorgänge zu einem einheitlichen Ablaufplan. Mit Hilfe des prognostizierten
Zeitbedarfs der Vorgänge kann die Vorwärts- und Rückwärtsterminierung des Netzplans
vorgenommen werden, die die Ermittlung der kritischen und nichtkritischen Vorgänge
ermöglicht. Die Folge der Identifikation kritischer Vorgänge ist der sogenannte kritische
Pfad, der die Gesamtdauer des Projektes determiniert. Zudem werden zeitliche Engpässe
im Projekt ausgewiesen. Nichtkritische Vorgänge verdeutlichen Zeitspannen (sog.
Pufferzeiten), um die ein Vorgang zeitlich verschoben werden kann, ohne den
Projektabschluss zu gefährden.
Die Einbeziehung von Kosten, Personal- und Ressourcen-Kapazitäten in einer
integrierten Netzplantechnik macht die Methode zu einem umfassenden Instrument zur
Zeit-, Kosten- und Einsatzmittelplanung sowie zur Überwachung und Steuerung von
Projekten (Reichert 1994).
Der Netzplan ist die zweckmäßigste Art zur Darstellung von Vorgängen, die prozedural
voneinander abhängig sind und ein gewisses Zeitintervall zur Bearbeitung benötigen. Es
wird zwischen einer sequentiellen und parallelen Verknüpfung der Vorgänge in einem
Netzplan unterschieden. Bei einer Sequenz von Vorgängen folgen zwei oder mehrere
Vorgänge zeitlich aufeinander. Bei Parallelvorgängen erfolgt eine sog. UND-Verzweigung
(siehe Folien 11-10 und 11-16) und eine entsprechende Zusammenführung. Die
Reihenfolgebedingung besagt dabei, dass ein oder mehrere Vorgänge erst dann
beginnen können, wenn deren Vorgänger (vorhergehende Vorgänge) abgeschlossen
sind.
Die grafische Darstellung eines Netzplans ist ein Anwendungsgebiet der Graphentheorie.
In diesem Zusammenhang muss zwischen formalen und funktionalen Bestandteilen
differenziert werden: Die formalen Bestandteile „Knoten“ und „Pfeil“ sind reine
Darstellungselemente aus der Graphentheorie; die funktionalen Bestandteile „Vorgang“,
„Ereignis“ und „Anordnungsbeziehung“ sind hingegen strukturgebende Elemente eines
Netzplans mit einer bestimmten Bedeutung für das Projektgeschehen. Beispielsweise
sind Meilensteine nach Folie 9-31 Ereignisse besonderer Art, die oft Phasenübergänge
kennzeichnen. Je nach Netzplanart haben die Darstellungselemente unterschiedliche
Bedeutungen (siehe Folie 11-8).
Ausgehend von der oben auf der Folie aufgeführten Definition nach DIN 69900 ergeben
sich zwischen der Netzplantechnik und dem Projektcontrolling (siehe Lehreinheit 12)
Gemeinsamkeiten hinsichtlich des Aufgabenspektrums. Eine moderne Interpretation des
Projektcontrollings versteht die Netzplantechnik als Werkzeug, das neben der
instrumentellen Unterstützung der Ablauf- und Terminplanung auch der zielgerichteten
Verfolgung des Arbeitswerts und des Projektfortschritts dient (Fiedler 2008; Koreimann
2005). Besonders bei der Durchführung lang andauernder und umfangreicher
Projektvorhaben kann die Netzplantechnik wertvolle Unterstützung leisten, denn sie
zwingt zur systematischen Planung und fördert die Zusammenarbeit der
Projektbeteiligten (Burghardt 2007; Schelle et al. 2008).
Wie bereits erwähnt, kann die Graphentheorie als mathematische Grundlage der
Netzplantechnik aufgefasst werden. Nach Neumann und Morlock (2002, S. 176f.) stellt
die Graphentheorie die Elemente, Relationen und Begriffe zur grafischen Modellierung
von Netzplänen bereit.
Allgemein besteht ein Graph aus einer nichtleeren Menge von Knoten, die in
Abhängigkeit vom verwendeten Netzplanverfahren einem Ereignis oder einem Vorgang
entsprechen. Knoten werden als Kreise oder Kästchen dargestellt und durch Kanten
verbunden. Die Kanten ungerichteter Graphen besitzen keine Orientierung. In der
Netzplantechnik sind jedoch ausschließlich gerichtete Graphen anzutreffen, in denen
Kanten als Pfeile gezeichnet werden und einen Vorgang oder eine Anordnungsbeziehung
zwischen zwei Knoten symbolisieren. Unter einer Anordnungsbeziehung ist nach DIN
69900 eine quantifizierbare Abhängigkeit zwischen einem Ereignis oder einem Vorgang
zu verstehen. Wege durch einen Netzplan führen von einem Start- zu einem Zielvorgang
(Schelle et al. 2008; Schwarze 2001; Corsten und Corsten 2000). Bei der
Ablaufmodellierung mit Netzplänen ist darauf zu achten, dass keine Schleifen (Zyklen) im
Ablauf entstehen. Sie sind unzulässig.
Netzpläne können in Vorgangspfeil- (VPN), Vorgangsknoten- (VKN) und Ereignisknoten-
Netzpläne (EKN) untergliedert werden. Für diese drei Netzplanarten lassen sich weiterhin
zwei Methodenklassen unterscheiden. Bei deterministischen Netzplänen ist jeder
Vorgang zwingend auszuführen und die Basisinformationen zu den Elementen, wie
beispielsweise die Dauer, liegen a priori ohne Unsicherheit bzw. ohne Schätzfehler vor.
Typische Vertreter dieser Klasse sind die Critical Path Method (CPM) als VPN-
Netzplantechnik und die Metra-Potential-Methode (MPM) als VKN-Netzplantechnik.
Im Gegensatz zu den deterministischen Netzplänen können stochastische Netzpläne
alternative Projektabläufe oder einen fluktuierenden Zeitverbrauch mit Hilfe von
Zufallsvariablen und damit unter Zugrundelegung einer statistischen Verteilung abbilden.
Typische Vertreter dieser Klasse sind die General Activity Networks (GAN) und die
Graphical Evaluation and Review Technique (GERT) (Burghardt 2007). Auch die
Program Evaluation and Review Technique (PERT) ist den stochastischen Netzplänen
zuzuordnen, da der Zeitverbrauch zwischen Ereignissen in Form von
Wahrscheinlichkeitsverteilungen modelliert werden kann (siehe Folie 11-23).
In der Literatur werden die Critical Path Method (CPM), die Metra-Potential-Methode
(MPM) und die Program Evaluation Review Technique (PERT) als die drei wichtigsten
Methoden der Netzplantechnik bezeichnet. Wie man im unteren Bereich der Folie
ersehen kann, unterscheiden sie sich in erster Linie hinsichtlich ihrer formalen
Darstellung. Darüber hinaus sind aufgrund der unterschiedlichen Methodenklassen die
Berechnungsvorschriften verschieden.
Literaturanalysen zeigen, dass CPM der bedeutendste Vertreter der Vorgangspfeil-
Netzpläne ist. Wie bereits beim historischen Abriss auf Folie 11-4 erwähnt, wurde die
Methode 1957 vom amerikanischen Chemiekonzern DuPont de Nemours in
Zusammenarbeit mit der Remington Rand Corp. entwickelt, um große
Investitionsvorhaben sowie Instandhaltungsarbeiten bei Chemieanlagen systematisch zu
planen und zu überwachen. Heutzutage wird das Verfahren auch in der
Automobilindustrie sowie der Luft- und Raumfahrtindustrie gerne für die Planung von
F&E-Projekten sowie Investitionsvorhaben genutzt.
CPM ist vor allem in angelsächsischen Ländern weit verbreitet.
Die Methode ist vorgangsorientiert und verwendet Pfeile zur Darstellung von Vorgängen.
Gleichzeitig drücken die Pfeile Anordnungsbeziehungen zwischen den als Knoten
dargestellten Ereignissen aus. Die Knoten verknüpfen das Ende eines Vorgangs mit dem
Anfang eines neuen Vorgangs. Eine Verknüpfung der Pfeile erfolgt entsprechend der
Reihenfolge der Vorgänge im Projektablauf (Schwarze 2001; Schelle et al. 2008). Die
Vorgangsdauer in [Zeiteinheit] steht unter dem Pfeil bzw. in Pfeilrichtung betrachtet rechts
neben dem Pfeil.
Vorgangspfeil-Netzpläne wurden zunächst für die Modellierung der Reihenfolge von
Tätigkeiten in großen Investitionsvorhaben konzipiert. Die Reihenfolgebedingung besagt,
dass ein oder mehrere Vorgänge erst dann beginnen können, wenn deren Vorgänger
(vorhergehende Vorgänge) abgeschlossen sind (Altrogge 1996).
Beim Zeichnen eines Vorgangspfeil-Netzplans sollten die fünf im Bild dargestellten
Regeln beachtet werden.
Mit der Vorgangspfeil-Netzplantechnik ist es mitunter in komplexen Projekten nicht
möglich, Anordnungsbeziehungen alleine durch Ereignisknoten vollständig
wiederzugeben. Zur grafischen Darstellung von tatsächlich gegebenen Abhängigkeiten,
die allerdings keine wirklichen Vorgänge mit einer bestimmten Dauer sind, muss in
solchen Fällen ein sog. Scheinvorgang verwendet werden. Scheinvorgänge werden
durch einen gestrichelten Pfeil repräsentiert. Sie stellen oft die Synchronisation von
parallelen Vorgängen her und haben die Dauer Null (Reichert 1994).
Der hier dargestellte Netzplan beschreibt beispielhaft ein Projekt zur Konstruktion,
Fertigung und Montage einer Maschine durch einen Auftragsfertiger.
Ausgehend von der Liste der Arbeitsvorgänge, ihrer geschätzten Dauer sowie der zu
berücksichtigenden Vorgänger-Nachfolger-Beziehungen kann ein Netzplan mit Hilfe der
Critical Path Method (CPM) aufgestellt werden. Der Projektplaner ist insbesondere an der
Gesamtprojektdauer interessiert, er möchte aber auch wissen, welche maximalen
„Pufferzeiten“ zwischen Ereignissen bestehen (siehe „kritischer Pfad“, Folie 11-14). Dazu
werden für jedes Ereignis der frühest mögliche Zeitpunkt (siehe „Vorwärtsterminierung“,
Folie 11-12) und der spätest mögliche Zeitpunkt (siehe „Rückwärtsterminierung“, Folie
11-13) für das Eintreten berechnet. Der Projektbeginn wird normalerweise durch das
erste Ereignis im Netzplan gekennzeichnet. Das Projektende wird hingegen durch den
Knoten mit der größten Nummer repräsentiert.
Die Vorwärtsterminierung ist ein Verfahren zur Bestimmung der frühest möglichen
Zeitpunkte für das Eintreten der Ereignisse im Vorgangspfeil-Netzplan. Für die
nachfolgende Beschreibung des Verfahrens wird vorausgesetzt, dass die Ereignisse im
Netzplan beginnend mit eins lückenlos aufsteigend nummeriert sind. Das heißt, für jeden
Vorgang mit dem Anfangsereignis i und dem Endereignis j gilt immer i < j. Insgesamt gibt
es n Ereignisse.
Schritt 1:
Setze den frühest möglichen Zeitpunkt für das Eintreten des Ereignisses i = 1 (Zeitpunkt
des Projektbeginns) gleich Null bzw. einem vorgegebenen Wert t0, d.h. FZ(1) = 0 bzw.
FZ(1) = t0. Fahre fort mit dem nächsten Knoten j.
Schritt 2:
Für alle in Ereignis j mündenden Vorgänge bestimmt man den frühest möglichen
Zeitpunkt des Vorgängerereignisses i plus die Dauer des Vorganges zwischen den
Ereignissen i und j. Als frühest möglicher Zeitpunkt für das Eintreten des Ereignisses j
wird der größte dieser Werte gewählt: FZ(j) = max{FZ(i) + D(i,j)}
Schritt 3:
Wiederhole Schritt 2 für alle Nachfolgerereignisse bis das Zielereignis i = n erreicht ist.
Bemerkung:
Sind die Ereignisse beliebig nummeriert, dann wählt man in jedem Schritt ein Ereignis, für
das bereits für alle Vorgängerereignisse ein frühester Zeitpunkt bestimmt wurde.
Die Rückwärtsterminierung ist das komplementäre Verfahren zur Bestimmung der spätest
möglichen Zeitpunkte für das Eintreten der Ereignisse im Vorgangspfeil-Netzplan.
Schritt 1:
Setze den spätest möglichen Zeitpunkt für das Eintreten des Ereignisses n (Zeitpunkt des
Projektendes) gleich dem frühest möglichen Zeitpunkt für das Eintretens dieses
Ereignisses: SZ(n) = FZ(n)
Schritt 2:
Für alle von Ereignis i < n abgehenden Vorgänge bestimmt man den spätest möglichen
Zeitpunkt für das Eintreten des Nachfolgerereignisses j minus die Dauer des Vorganges
zwischen den Ereignissen i und j. Als spätest möglicher Zeitpunkt für das Eintreten des
Ereignisses i wird der kleinste dieser Werte gewählt: SZ(i) = min{SZ(j) – D(i,j)}
Schritt 3:
Wiederhole Schritt 2 für alle Vorgängerereignisse bis das Startereignis i = 1 erreicht ist.
Die gesamte Pufferzeit GP ist die Zeitspanne zwischen frühest und spätest möglichem
Zeitpunkt für das Eintreten eines Ereignisses i: GP(i) = SZ(i) – FZ(i)
Der kritische Pfad ist definiert als Pfad im Netzplan, der das Anfangsereignis 1 sowie das
Endereignis n einschließt und ausschließlich solche Ereignisse beinhaltet, deren
Gesamtpufferzeit gleich Null ist. Hierbei sind Scheinvorgänge zwingend mit
einzuschließen. Die Gesamtpufferzeit ist die Differenz zwischen frühest (FZ) und spätest
(SZ) möglichem Zeitpunkt für das Eintreten eines Ereignisses.
Beim Berechnen eines Netzplans mittels Vorwärts- und Rückwärtsterminierung ergibt
sich mindestens eine durchgehende Folge von Ereignissen auf dem kritischen Pfad. Im
beispielhaft modellierten Projekt ist der kritische Pfad 1-2-3-4-6-7-8-9-10-11.
Alle Vorgänge auf dem kritischen Pfad sind prinzipiell zeitkritisch. Jede zeitliche
Verspätung dieser Vorgänge führt zu einer Verzögerung des Projektendtermins.
In dem dargestellten Beispiel besitzt lediglich Ereignis 5 eine Differenz zwischen frühest
und spätest möglichem Zeitpunkt für das Eintreten. Das bedeutet, dass in diesem Fall der
vorgelagerte Vorgang zur Vormontage von Baugruppe A um maximal vier Zeiteinheiten
verzögert der verlängert werden kann, ohne den Projektendtermin zu gefährden.
Die Metra-Potential-Methode (MPM) wurde 1958 von der Unternehmensgruppe Metra
entwickelt und erstmals beim Bau des Kreuzfahrtschiffs Le France eingesetzt. Dieses
Verfahren ist für die Planung großer F&E-Projekte sowie Investitionsvorhaben in der
Industrie weit verbreitet. So wurde MPM bspw. von der Electricité de France zur
Terminplanung für den Bau des ersten französischen Atomkraftwerkes eingesetzt.
Ursprünglich waren nur Normalfolgen zugelassen. Inzwischen werden mit MPM auch
methodische Varianten bezeichnet, die andere Anordnungsbeziehungen (siehe Folie 10-
28) berücksichtigen. MPM bildet die Grundlage für deterministische Planungsalgorithmen,
die heutzutage in diversen Softwaresystemen, wie Microsoft Project oder Actano RPlan,
implementiert sind.
Anders als bei CPM stehen bei MPM nicht die im Projekt eintretenden Ereignisse,
sondern die Vorgänge im Vordergrund der grafischen Ablaufmodellierung. Dabei werden
die durchzuführenden und zu kontrollierenden Vorgänge als Knoten im Netzplan
modelliert und in Form rechteckiger Kästchen visualisiert. Die Knoten bieten
Möglichkeiten zur Aufnahme weiterer Informationen über das Projektgeschehen, z.B.
hinsichtlich der frühesten und spätesten Anfangs- und Endzeitpunkte, der Vorgangsdauer
sowie Pufferzeiten. Hierfür finden sich unterschiedliche Darstellungselemente (vgl.
Landau et al. 2004; Schelle et al. 2008). Ereignisse werden nicht explizit abgebildet.
Zur Erläuterung der oben dargestellten Grundregeln sollen einfache Beispiele aus der
Projektplanung bei einem Auftragsfertiger dienen, die an das CPM-Beispiel von Folie 11-
11 angelehnt sind:
Eine sequentielle Beziehung ohne Verzweigung ist der häufigste Fall in einem
Vorgangsknoten-Netzplan. Ein nachfolgender Vorgang folgt auf einen vorhergehenden
Vorgang. Der Nachfolger kann erst beginnen, wenn der Vorgänger abgeschlossen ist.
Z.B. kann erst mit dem Auftragen des Schutzanstriches begonnen werden, wenn die
Endkontrolle erfolgreich verlaufen ist.
Eine UND-Verzweigung zwischen einem Vorgänger und mehreren Nachfolgern ist dann
erforderlich, wenn die Vorgänge parallel ausgeführt werden können und diese sich nicht
gegenseitig beeinflussen. Z.B. kann nach der Vorfertigung der Eigenteile und der
Beschaffung von Fremdmaterial die Vormontage verschiedener Baugruppen zur gleichen
Zeit durchgeführt werden.
Eine UND-Verzweigung führt immer zu einer UND-Zusammenführung. Z.B. erfolgt nach
der parallel ausgeführten Vormontage einzelner Baugruppen die Endmontage aller
Baugruppen zu einem Produkt.
Parallelvorgänge, bestehend aus einer UND-Verzweigung und einer anschließenden
UND-Zusammenführung, können beispielsweise auch projektübergreifende Controlling-
Vorgänge repräsentieren, die zu Beginn des Projektes begonnen werden und während
des gesamten Projektes nebenläufig zu allen anderen Vorgängen durchgeführt werden.
Meilensteine, die zum Beispiel aus dem Projektstrukturplan übertragen werden sollen,
werden in MPM-Netzplänen einfach als Scheinvorgänge mit der Dauer Null dargestellt.
Wie bereits in Lehreinheit 10 erläutert wurde, ist es in der Praxis häufig notwendig,
Vorgänge teilweise überlappend auszuführen bzw. abzuarbeiten. Zudem muss es
möglich sein, zeitliche Mindest- und Höchstabstände zwischen einzelnen Vorgängen zu
definieren, die ein Projektteam oder mitarbeiter einzuhalten hat.
Anordnungsbeziehungen ermöglichen dem Projektplaner sowohl die Reihenfolge der
Vorgänge festzulegen, als auch zeitliche Abstände zwischen Vorgängen vorzugeben. Die
Anordnungsbeziehungen werden in Form von Pfeilen zwischen den Vorgängen
gezeichnet und legen die sachlogische Reihenfolge fest, in der die Vorgänge innerhalb
eines Projektes bearbeitet werden. Die Pfeilspitze gibt die Richtung des
Bearbeitungsablaufs an. Es lassen sich Normalfolge (NF), Anfangsfolge (AF), Endfolge
(EF) und Sprungfolge (SF) unterscheiden (siehe Lehreinheit 10, Folien 10-27 und 10-28).
Bei minimalem Zeitabstand (MINZ) stehen Typ (NF, AF, EF oder SF) und Zeitwert
oberhalb, bei maximalem Zeitabstand (MAXZ) unterhalb des Pfeils.
Die Abbildung enthält neben der normgerechten (DIN 69900) Darstellung noch eine freie
Darstellung nach Schelle et al. (2008), die leichter zu verstehen ist.
In der Darstellung wurde das aus Folie 11-11 bereits bekannte CPM-Beispiel zur
Konstruktion, Fertigung und Montage einer Maschine durch einen Auftragsfertiger erneut
aufgegriffen und mit Hilfe der Metra-Potential-Methode in einen Vorgangsknoten-Netzplan
überführt. Wie man leicht sieht, repräsentieren im Gegensatz zum Vorgangspfeil-
Netzplan die Knoten in einem MPM-Netzplan keine Ereignisse, sondern Arbeitsschritte im
Projekt, die in sachlogischer Reihenfolge miteinander verknüpft sind. Der Netzplan wurde
aus Gründen der Vereinfachung so aufgestellt, dass ausschließlich Normalfolgen mit
einem minimalen Zeitabstand von Null auftreten. Dieser Zeitabstand ist über der
Anordnungsbeziehung explizit angegeben.
Wie erwähnt, enthält ein Knoten im Graphen folgende Variablen:
- Knotennummer
- Vorgangsbezeichnung
- Dauer
- Frühester Anfangszeitpunkt
- Spätester Anfangszeitpunkt
- Frühester Endzeitpunkt
- Spätester Endzeitpunkt
- Gesamte Pufferzeit.
Grundregel: Ein Vorgang kann frühestens anfangen, wenn alle seine Vorgänger beendet
sind. Der früheste Anfangszeitpunkt ergibt sich damit als maximaler frühester
Endzeitpunkt aller Vorgänger – unter Berücksichtigung des minimalen Zeitabstandes
MINZ. Das grundsätzliche Vorgehen ist wie folgt:
Schritt 1:
Bestimme den frühestmöglichen Anfangszeitpunkt des Startvorgangs 1. Falls kein
anderer Wert vorgegeben ist, setze für den Startvorgang FAZ(1) = 0.
Schritt 2:
Berechne den frühesten Endzeitpunkt des Startvorgangs 1, indem die Dauer des
Vorgangs zu dem frühesten Anfangszeitpunkt addiert wird: FEZ(1) = FAZ(1) + D(1)
Schritt 3:
Suche den Vorgang i+1, dessen FAZ(i+1) und FEZ(i+1) noch nicht bestimmt wurden und
für dessen Vorgänger FAZ und FEZ bereits vorliegen.
Schritt 4:
Bestimme aus den frühesten Endzeitpunkten aller Vorgänger den maximalen Wert.
Dieser Wert determiniert den frühesten Anfangszeitpunkt FAZ(i+1) sowie den frühesten
Endzeitpunkt FEZ(i+1) des Vorgangs i+1 nach den im Bild für die vier
Anordnungsbeziehungen angegebenen Rekursionsgleichungen.
Schritt 5:
Wiederhole die Schritte 3 bis 4 solange, bis für alle Vorgänge FAZ und FEZ bestimmt
wurden.
Grundregel: Ein Vorgang muss spätestens zu dem Zeitpunkt beendet sein, an dem seine
Nachfolger beginnen dürfen. Der späteste Endzeitpunkt eines Vorgangs ergibt sich damit als
minimaler spätester Anfangszeitpunkt aller Nachfolger. Das Vorgehen ist wie folgt:
Schritt 1:
Bestimme den spätest möglichen Endzeitpunkt für das Projekt. Falls kein anderer Wert
vorgegeben ist, setze für den Zielvorgang SEZ(n) = FEZ(n).
Schritt 2:
Berechne den spätesten Anfangszeitpunkt für den Zielvorgang, indem die Dauer vom spätesten
Endzeitpunkt subtrahiert wird: SAZ(n) = SEZ(n) − D(n)
Schritt 3:
Suche den Vorgang i < n, dessen SAZ(i) und SEZ(i) noch nicht bestimmt wurden und für dessen
Nachfolger SAZ und SEZ bereits berechnet wurden.
Schritt 4:
Bestimme den minimalen spätesten Anfangszeitpunkt der Nachfolger des Vorgangs i. Dieser Wert
determiniert den spätesten Anfangszeitpunkt SAZ(i) sowie den spätesten Endzeitpunkt SEZ(i) des
Vorgangs i nach den im Bild für die vier Anordnungsbeziehungen angegebenen
Rekursionsgleichungen.
Schritt 5:
Wiederhole die Schritte 3 bis 4 solange, bis für alle Vorgänge SAZ und SEZ bestimmt wurden.
Bei der Rückwärtsrechnung werden grundsätzlich Anordnungsbeziehungen mit minimalem
Zeitabstand verwendet. Erst nach der Rückwärtsrechnung werden Anordnungsbeziehungen mit
maximalen Zeitabständen (MAXZ, siehe Lehreinheit 10) überprüft. Dabei wird SAZ(j)
gegebenenfalls derart korrigiert, dass die Bedingung SAZ(j) SEZ(i) + MAXZ (i < j) erfüllt ist.
Maximale Zeitabstände finden in der Projektmanagement-Praxis i.d.R. selten Anwendung. Daher
unterstützt der Großteil der kommerziellen Softwaresysteme lediglich die Definition von
Anordnungsbeziehungen mit minimalen Zeitabständen.
Unter Pufferzeit versteht man die Zeit, um die ein Vorgang zeitlich verschoben werden
kann oder um die seine Ausführungszeit ausgedehnt werden kann, ohne zu einer
Verlängerung der gesamten Projektdauer zu führen (Landau et al. 2004).
Die gesamte Pufferzeit (GP) ist die Zeitspanne zwischen frühester und spätester Lage
eines Vorgangs. Für Netzpläne, in denen ausschließlich Normalfolgen mit einem
minimalen Zeitabstand von Null auftreten, lässt sich die gesamte Pufferzeit eines
Vorgangs vereinfacht als Differenz zwischen dem spätesten und dem frühesten
Anfangszeitpunkt bzw. zwischen dem spätesten und dem frühesten Endzeitpunkt des
Vorgangs ausdrücken:
GP(i) = SAZ(i) – FAZ(i) = SEZ(i) – FEZ(i).
Für Netzpläne mit beliebigen Anordnungsbeziehungen und Zeitabständen muss die
gesamte Pufferzeit eines Vorgangs abhängig von der Anordnungsbeziehung, also
sachlogisch, nach den hier für minimale Zeitabstände exemplarisch dargestellten Regeln
berechnet werden (Schelle et al. 2008).
Die Vorgangsfolge 1-2-5-7-8-9-10-11 kennzeichnet den kritischen Pfad im dargestellten
Netzplan. Auf dem kritischen Pfad liegen alle Vorgänge, bei denen die früheste und
späteste Lage übereinstimmen. Wer sie verschiebt, verändert unweigerlich den
Projektendtermin.
In der Vorgangskette 4-6 haben beide Vorgänge jeweils einen gesamten Puffer von vier
Zeiteinheiten. Dieser Puffer steht jedoch nur einmal zur Verfügung. Wird bspw. Vorgang 4
zeitlich verschoben und braucht den gesamten Puffer von vier Zeiteinheiten vollständig
auf, so ist der Puffer für Vorgang 6 nicht mehr verfügbar. Es würde sich ein neuer
kritischer Pfad ergeben, sollte z.B. Vorgang 6 um mehr Zeiteinheiten verschoben werden,
als der gesamte Puffer dieses Vorgangs umfasst. Bei Vorgang 3 beträgt der gesamte
Puffer sogar 28 Zeiteinheiten. Vorgang 3 könnte folglich um 28 Zeiteinheiten verzögert
werden, ohne den Fertigstellungstermin zu gefährden.
Neben der gesamten Pufferzeit gibt es weitere Arten von Pufferzeiten:
Die freie Pufferzeit (FP) ist die Zeitspanne, um die ein Vorgang gegenüber seiner
frühesten Lage verschoben werden kann, ohne die früheste Lage anderer Vorgänge zu
beeinflussen. Der Vorgänger hält sozusagen Abstand zum Nachfolger. Die freie Pufferzeit
eines Vorgangs kann genutzt werden, ohne das Projektende zu verlängern.
Die unabhängige Pufferzeit (UP) ist die Zeitspanne, um die ein Vorgang verschoben
werden kann, wenn sich seine Vorgänger in spätester und seine Nachfolger in frühester
Lage befinden.
Die freie Rückwärtspufferzeit (FRP) ist die Zeitspanne, um die ein Vorgang gegenüber
seiner spätesten Lage verschoben werden kann, ohne die späteste Lage anderer
Vorgänge zu beeinflussen.
Ist MINZ = 0, so ist die Angabe der Anordnungsbeziehung ausreichend, der Zeitabstand
muss nicht notiert werden (Schelle et al. 2008).
Ereignisknoten-Netzpläne (EKN) ähneln den Vorgangspfeil-Netzplänen hinsichtlich ihrer
graphischen Darstellung. So verwendet PERT als bekannteste EKN-Methode ebenso wie
das zuvor dargestellte CPM-Verfahren Knoten zur Modellierung von Ereignissen, die
Vorgänge beranden. Vorgänge sind bei PERT-Netzplänen jedoch nicht explizit
angegeben und können lediglich aus den Anordnungsbeziehungen abgeleitet werden.
Die Zeitdaten zur Ausführung eines Vorgangs werden am jeweiligen Pfeil zur Angabe der
Anordnungsbeziehung vermerkt. Die unzureichende Berücksichtigung von Vorgängen
erschwert das operative Controlling (Schelle et al. 2008). So findet PERT tendenziell als
Instrument auf höheren Führungsebenen Anwendung (Corsten und Corsten 2000).
Trotz der in der Praxis weit verbreiteten rein deterministischen Terminplanung für ein
Projekt (siehe CPM- sowie MPM-Vorwärts- und Rückwärtsterminierung, Folien 11-12 f.
und 11-19 f.) muss der Planer berücksichtigen, dass die Eindeutigkeit der Zeitdaten nicht
sichergestellt ist. Die Ausführungsdauern der Vorgänge sind i.d.R. nur Erwartungswerte
und die Ergebnisse der Terminplanung mit Unsicherheiten bzw. Schätzfehlern behaftet.
Bei stochastischen Ereignisknoten-Netzplänen, wie PERT, wird die mit der Zeitschätzung
verbundene Unsicherheit durch eine sog. Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion f(t)
berücksichtigt. Die Dichtefunktion beschreibt, wie die zu 1 normierte Wahrscheinlichkeits-
masse über dem Zeitintervall verteilt ist. Der Erwartungswert der Verteilung entspricht
dem Massenschwer-punkt. Bei PERT wird als Dichtefunktion eine sog. Beta-Verteilung
f(t) mit dem Vorfaktor 1/B(to,tp,,) verwendet. Zur Parametrisierung wird eine
Dreizeitenschätzung durchgeführt. Das heißt, der Planer schätzt die minimale bzw.
optimistisch geschätzte Zeit to, die zwischen den korrespondierenden Ereignissen
verstreicht, die wahrscheinlichste oder „nach bestem Wissen“ geschätzte Zeit tw sowie die
maximale bzw. pessimistisch geschätzte Zeit tp. Die Schätzwerte to und tp gehen direkt in
die Parametrisierung der Beta-Verteilung ein. Aus der Dreizeitenschätzung lässt sich der
zu erwartende Zeitverbrauch t sowie die zu erwartende Standardabweichung t mit Hilfe
der unter der Anordnungsbeziehung angegebenen Formeln berechnen. Der
Erwartungswert t wird ebenso für die Parametrisierung der Beta-Verteilung benötigt. Die
vollständigen Formeln sind rechts unten im Bild wiedergegeben. Je nach Schätz-werten
können sich symmetrische (a), rechts- (b) oder linksschiefe (c) Dichtefunktionen ergeben
(siehe links unten im Bild).
Im Bild wird das aus den Folien 11-11 und 11-18 bereits bekannte Beispiel zur
Konstruktion, Fertigung und Montage einer Maschine durch einen Auftragsfertiger erneut
aufgegriffen und in einem Ereignisknotennetzplan auf der Basis von PERT dargestellt.
Die frühest und spätest möglichen Zeitpunkte für das Eintreten der Ereignisse lassen sich
analog zum Verfahren bei Vorgangspfeil-Netzplänen mittels Vorwärts- und
Rückwärtsterminierung (siehe dazu Folien 11-12 und 11-13) auf Basis der zu
erwartenden Vorgangsdauern t ermitteln. Im Beispiel ergibt sich der kritische Pfad
zwischen den Ereignissen 0-1-2-3-5-6-7-8-9-10. Summiert man den zu erwartenden
Zeitverbrauch der kritischen Vorgänge, so erhält man unter der Annahme der
Unabhängigkeit eine Schätzung der gesamten Projektdauer. Die Varianz der
Projektdauer lässt sich nach demselben Verfahren durch die Quadratsumme der
Standardabweichungen t entlang des kritischen Pfads schätzen. Eine Diskussion der
Vor- und Nachteile dieses Verfahrens sowie weitergehende Berechnungs-vorschriften
finden sich in Shtub et al. (2005).
Für numerisch genaue Berechnungen der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion der
gesamten Projektdauer T anhand der parametrisierten Beta-Verteilungen f(t) sämt-licher
Vorgänge müssen i.d.R. Monte-Carlo-Rechnungen durchgeführt werden. Hierbei werden
Zufallsexperimente hinsichtlich der Ausführungsdauern der Vorgänge durch die
Erzeugung von geeigneten Zufallszahlen auf einem Computer simuliert.
Statt aufwendigen Mote-Carlo-Rechnungen lässt sich bei PERT-Netzplänen eine
einfache analytische Methode zur Schätzung der Projektdauer unter Unsicherheit
verwenden, die auf den Konvergenzaussagen des Zentralen Grenzwertsatzes basiert.
Allerdings können hierbei u.U. recht große Schätzfehler auftreten. Der Zentrale
Grenzwertsatz besagt u.a., dass die Summe von unabhängig verteilten Zufallsvariablen
annähernd einer Gauß´schen Normalverteilung folgt, sofern die Anzahl der
Zufallsvariablen hinreichend groß und die Varianz der Zufallsvariablen endlich ist.
Es sei angenommen, dass in dem Projekt, das durch den auf der vorherigen Folie
dargestellten Ereignisknotennetzplan modelliert wurde, die genannten Bedingungen
erfüllt sind. Mit Hilfe der analog zum Verfahren bei Vorgangspfeil-Netzplänen
berechneten frühest und spätest möglichen Zeitpunkte für das Eintreten der Ereignisse
kann zunächst der kritische Pfad des Ereignisknotennetzplans rein deterministisch
ermittelt werden. Das Ergebnis wurde bereits auf der vorherigen Folie angegeben. Die zu
erwartende Gesamtdauer und die zu erwartende Gesamt-standardabweichung lassen
sich anhand der Verteilungen zwischen zwei aufeinanderfolgenden Ereignissen entlang
des kritischen Pfads berechnen. Diese Berechnungen basieren auf den Grundlagen der
Wahrscheinlichkeitstheorie, die besagen, dass der Erwartungswert der Summe einer
beliebigen Menge von unabhängigen Zufallsvariablen gleich der Summe ihrer
Erwartungswerte und die Varianz der Summe gleich der Summe der einzelnen
Varianzanteile sind.
Mit Bezug auf den Zentralen Grenzwertsatz kann schließlich die Normalverteilung
verwendet werden, um die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, dass die zu erwartende
Gesamtdauer T des Projekts kleiner gleich einem gegebenen Wert ist. Die Variable Z ist
hier definiert als die standardnormalverteilte Größe mit einem Erwartungswert = 0 und
einer Varianz 2 = 1. Der jeweilige Wahrscheinlichkeitswert für einen gegebenen Z-Wert
kann in entsprechenden Wahrscheinlichkeitstabellen abgelesen werden, bspw. in Shtub
et al. (2005), S. 455.