Reinigung und Desinfektion von Flächen Empfehlung der KRINKO
Dr. Ingeborg Schwebke
Jahrestagung des Berufsverbandes Hauswirtschaft 9.Mai 2017
RKI, FG 14 Angewandte Infektions- und Krankenhaushygiene
Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
Erarbeitet Empfehlungen zur Prävention nosokomialer (im Krankenhaus erworbener) Infektionen
Mitglieder werden vom Bundesministerium für Gesundheit berufen
Externe Wissenschaftler arbeiten ehrenamtlich § 23 Infektionsschutzgesetz (IfSG): Kommission beim
Robert Koch-Institut Empfehlungen zur Prävention nosokomialer Infektionen:
− betrieblich-organisatorische und baulich-funktionellen Maßnahmen der Hygiene
− Hygiene-Management − Methoden zur Erkennung, Erfassung, Bewertung und
gezielten Kontrolle dieser Infektionen
http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/kommission_node.html
Inhalt:
2. Grundlagen
3. Reinigung und Desinfektion in
unterschiedlichen Risikobereichen
4. Anforderungen an Reinigungs-
und Desinfektionsverfahren
5. Betrieblich-organisatorische
Anforderungen
6. Baulich-funktionelle
Anforderungen
7. Qualitätssicherung
Definitionen
Reinigung Unter Reinigung wird ein Prozess zur Entfernung von Verunreinigungen (z.B. Staub, chemische Substanzen, Mikroorganismen, organische Substanzen) unter Verwendung von Wasser mit reinigungsverstärkenden Zusätzen (z.B. Detergenzien oder enzymatische Produkte) verstanden, ohne dass bestimmungsgemäß eine Abtötung/Inaktivierung von Mikroorganismen stattfindet bzw. beabsichtigt ist. Die Reinigungswirkung ist bisher nicht quantifiziert oder in anderer Weise standardisiert.
Definitionen
• Desinfektion ist ein Prozess, durch den die Anzahl vermehrungsfähiger Mikroorganismen infolge Abtötung/Inaktivierung unter Angabe eines standardisierten, quantifizierbaren Wirkungsnachweises reduziert wird mit dem Ziel, einen Gegenstand/Bereich in einen Zustand zu versetzen, dass von ihm keine Infektionsgefährdung mehr ausgehen kann. Ziel der Desinfektion ist definitionsgemäß nicht die Eliminierung nicht infektionsrelevanter Umweltkeime, sondern die definierte Verminderung der Anzahl pathogener oder fakultativ-pathogener Mikroorganismen
107 : 10 000 000 - 1 lg=9 000 000 106: 1000 000 - 1 lg=900 000 105: 100 000 - 1 lg=90 000 104: 10 000 - 1 lg=9000 103: 1 000 - 1 lg=900 102: 100 - 1 lg=90 10
Reduktion der Mikroorganismen
Trockenpersistenz ausgewählter Baterien
Acinetobacter spp. Bacillus anthracis Clostridium difficile (Sporen) Chlamydia pneumoniae, C. Trachomatis Chlamydia psittaci Corynebakterium diphtheriae Escherichia coli Enterococcus spp., einschließlich VRE und VSE Listeria spp. M. bovis M. leprae M. tuberculosis Pseudomonas aeruginosa Salmonella typhi Salmonella typhimurium Serratia marcescens Shigella spp. Staphylococcus aureus, einschl. MRSA* Vibrio cholerae
60 h - 4 Monate 26d -> 987 d 5 Monate < 30 h 15 d 7 d – 6 Monate 3 d – 16 Monate 5 d – 4 Monate Wochen – Monate >2 Monate 2-4 Wochen 1 d – 4 Monate 1 d – 16 Monate 30 h – 4 Wochen 4,2 Jahre 3 d – 2 Monate, 2 d – 5 Monate Wochen bis 7 Monate 1-3 d
Trockenpersistenz ausgewählter Viren
Adeno CMV Coxsackie Echo HAV HBV HIV1 HSV 1, HSV 2 Influenzaviren Norovirus Papilloma16 Papova Parvo Picorna Polio 2 Rhino 2 Rota Vaccinia
11d – 3 Monate 8 h 7-30d 2 d 2 h – 60 d 1 Woche > 7 d 4,5 h – 8 Wochen 1 – 2 d > 7d (mindestens 16d Teppich) > 7 d 8 d > 1 Jahr mehrere Tage 1 d – 8 Wochen 1 – 7 d 6-60 d 5 –27 Wochen
Bakterienzahl Zeit
Verlauf der Desinfektion
Inhalt:
2. Grundlagen
3. Reinigung und Desinfektion in
unterschiedlichen Risikobereichen
4. Anforderungen an Reinigungs-
und Desinfektionsverfahren
5. Betrieblich-organisatorische
Anforderungen
6. Baulich-funktionelle
Anforderungen
7. Qualitätssicherung
Desinfektion
• routinemäßige Desinfektion • gezielte Desinfektion
- erkennbare Kontamination - Schlussdesinfektion - Ausbruchssituationen - Auftreten spezieller Erreger
Reinigung und Desinfektion in unterschiedlichen Risikobereichen • Ausmaß abhängig von: − Wahrscheinlichkeit des direkten
Kontakts −Mögliche Kontamination − Zustand der Patienten
Risikobewertung
• Patientennahe Flächen • Flächen mit häufigen Hand-/Hautkontakt
Desinfektion
• Flächen ohne häufigen Hand-/Hautkontakt
Reinigung
Risikobewertung
Risikobewertung
Grundlegende Anforderungen an Reinigungs- und Desinfektionsverfahren
Verhindern der Verbreitung von Krankheitserregern – Vermeiden des Wiedereintauchens der
Wischbezüge – desinfizierende Aufbereitung
Wischbezüge/Trocknung! – Entfernen von Verunreinigungen – Behälter nach Gebrauch gründlich reinigen – sachgerechte Lagerung der Gebrauchslösung
- ?Einsparpotential? - Menge Desinfektions-
mittel/Mop? - Konzentration
Desinfektionsmittel? - Beladung
Waschmaschine? - Eignung WM? - Vermehrung von
Mikroorganismen?
Sicher: trockene Materialien + frische Desinfektionsmittellösung
Suspensionsteste
Testorganismen werden in großen Überschuss Desinfektionsmittel suspendiert
Testorganismensuspension
Testorganismen-suspension und Desinfektions-mittel im Verhältnis: 1 : 10
Praxisnahe Tests • Sollen praktische Anwendung weitgehend
widerspiegeln: • Prüfkörper, Testorganismen, Belastung
Carrier Flächendesinfektionsmittel RKI-Test
Prüfmethoden
• Suspensionsversuche: VAH-Methoden, europäische Normen (z.B. DIN EN 13727, DIN EN 14476 • Praxisnahe Versuche:
VAH-Methoden, europäische Normen (z.B. DIN EN 13697, DIN EN 16715), RKI-Methoden
Prüfmethoden Anwendungsbereiche Europäischer Normen/VAH
Medizinischer Bereich
Veterinär-medizinischer
Bereich
Lebensmittel- und
institutioneller Bereich
Bakterizidie Mykobakterizidie
Fungizidie Viruzidie Sporizidie
(A) • Bakterien (S. aureus, P. aeruginosa) • Mykobakterien (M. avium, M. tuberkulosis) • Pilze (Hefen: C. albicans, Schimmelpilze: A. niger) (B) • Viren (behüllt: Vaccinia, Influenza, unbehüllt:
Poliovirus) (C, D) • Bakterielle Sporen aerob: B. anthracis,
B. cereus anaerob: C. difficile
Wirkungsbereiche RKI-Liste
- Exakte Dosierung
- „BAM geprüft“ - Hygienisch-mikrobiologische Überprüfung
- Biofilmbildung vermeiden
- Wasserqualität - Materialien - Standort
K. Konrat 2016
Vergleich Biofilm - Suspensionszellen
Einhalten der Arbeitsschutzvorschriften • Arbeitsschutzkleidung bzw. -ausrüstung
(Atemschutz) verwenden • Hautkontakt vermeiden • Innenraumkonzentrationen sollen unterhalb der
empfohlenen Werte liegen z.B. Formaldehyd 0,1 mg/m³
• Lüften
Schutz vor Nebenwirkungen durch Reinigungs- und Desinfektionsmittel
Betrieblich-organisatorische Anforderungen • Schulung des Personals • Hygieneplan • Durchführung der Desinfektion
– Wischdesinfektion: ausreichende Benetzung, mit leichtem Druck
– Sprühen nur wenn Wischen nicht möglich – Brandgefahr bei Anwendung alkoholischer
Mittel beachten – Kontamination mit organischen Material: zuerst
entfernen, dann wischen (Arbeitsschutz)
Betrieblich-organisatorische Anforderungen • Schulung des Personals • Hygieneplan • Durchführung der Desinfektion
– Wischdesinfektion: ausreichende Benetzung, mit leichtem Druck
– Sprühen nur wenn Wischen nicht möglich – Brandgefahr bei Anwendung alkoholischer
Mittel beachten – Kontamination mit organischen Material: zuerst
entfernen, dann wischen (Arbeitsschutz)
Betrieblich-organisatorische Anforderungen • Wiederbenutzung desinfizierter Flächen
– bei routinemäßiger Desinfektion: nach abtrocknen
– Einwirkzeit einhalten: - gezielte Desinfektion - Aufbereitung von Medizinprodukten - Desinfektion von Badewannen
d.h. Desinfektionsmittel einsetzen, die in der erforderlichen Zeit wirksam sind!
Baulich-funktionelle Anforderungen
• Glatte (unbeschädigte) Oberflächen
• Kein Teppich wenn Desinfektion notwendig
• Geeignete Räume für Aufbereitung und Aufbewahrung von Reinigung- und Desinfektionsutensilien - Größe, Lüftung -Trocknung der Utensilien -Trennung rein/unrein
Tuchspendersysteme
• Gefahr der Verbreitung von Krankheitserregern bei unsachgemäßer Anwendung!
• Deckel schließen nach Gebrauch (Austrocknung)
• Standzeit einhalten • Schutz vor Kontamination • Verträglichkeit Tuch+Desinfektionsmittel? • Prüfung der Wirksamkeit im 4-Felder-Test • sachgemäße Aufbereitung der Eimer (Biofilm) • Hygienisch mikrobiologische Kontrollen bei
Tuch-Tränkesystemen
4-Felder-Test
Angaben zur Wirksamkeit
• VAH-Liste: prophylaktische Desinfektion • RKI-Liste: behördlich angeordnete
Desinfektionsmaßnahmen http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Desinfekti
onsmittel/Desinfektionsmittelliste.pdf
• DVG-Liste (Tierhaltung, tierärztliche Praxis, Lebensmittel) http://www.dvg.net
• DVV-Zertifikate http://www.dvv-
ev.de/1fachausschuesse/Virusdesinfektion/erteilte%20Zertifikate%2012%209%2010.pdf
http://www.vah-online.de/
Aufgabe der RKI-Liste
§ 18 Infektionsschutzgesetz: • RKI erstellt eine Liste für behördlich angeordnete Desinfektionsmaßnahmen
• im Einvernehmen mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) – Prüfung der Unbedenklichkeit für den Menschen
• und dem Umweltbundesamt (UBA) – Prüfung der Umweltverträglichkeit
Aktuell: 16. Ausgabe
http://www.desinfektion-dvg.de
Vorteile von Desinfektionsmittellisten
Herausgeber: VAH, RKI, DVG, DVV - Zusammenstellung auf der Basis aktueller
und anerkannter Prüfmethoden - Definierte Wirkungsbereiche - Basis - praxisnahe Prüfmethoden - Plausibilitätsprüfung – eigene Prüfung - Unabhängige wissenschaftlich begründete
Prüfung
Erleichtern dem Anwender wirksame Produkte zu finden
Virusdesinfektion
Einteilung der Viren nach ihrer Struktur
Behüllte Viren Unbehüllte Viren starker lipophiler Charakter
schwacher lipophiler Charakter
(partiell) lipophiler Charakter
hydrophiler Charakter
HIV HCV Influenzaviren Herpesviren
Vacciniaviren HBV
Adenoviren Noroviren Rotaviren
Picornaviren (Polio, HAV) Papillomaviren Parvoviren
Nach Klein und Deforest 1963