Umbau des Sozialstaats in der Krise
Impulsreferat
Prof. Dr. Andreas KnabeProf. Dr. Ronnie Schöb
FU Berlin
Anatomie der Arbeitslosigkeit Arbeitslosigkeit ist v.a. ein Qualifikationsproblem
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ohne Ausbildung
mit abgeschlossenerBerufsausbildung
mit Hochschulausbildung
Qual
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Anatomie der Arbeitslosigkeit
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Wachstumsrate
Arbeitslosengeldempfänger
Hartz IV
kurzfristige Arbeitslosigkeit stark konjunkturabhängig
Anatomie der Arbeitslosigkeit verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit
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Arbeitslosenhilfe-/Alg II-Empfänger
Hartz IV
Wachstumsrate
Der deutsche Niedriglohnsektor Niedriglöhne: kaum reguläre Beschäftigte betroffen
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Vollzeit und
Teilzeit
Minijobs, Studenten,
Rentner
bei 5€/h: 1,0%bei 7,50 €/h: 7,1%
bei 5€/h: 31,5%
bei 7,50 €/h: 67,9%
Entwicklung nach Hartz IV Intention der Aufstockungsmöglichkeit
lohnende finanzielle Arbeitsanreize bei der Aufnahme und zur Aufrechterhaltung von Erwerbstätigkeit.“ (Begründung des Gesetzentwurfs vom 2003)
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Hartz-Reform: Entwicklung ab 2005Alg II: Leistungsempfänger, Arbeitsuchende, Hinzuverdiener
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Alg II Empfänger
Arbeitsuchende Alg II
Hinzuverdiener
Hartz IV: Eine Fehlentwicklung? aktuelle Einschätzung des BMAS
August 2007: 1,3 Mio. Hinzuverdiener „Der Staat zahlt damit dauerhaft einen Teil der Löhne. Diese
Fehlentwicklung führt bereits heute dazu, dass .. jährlich rund 1,5 Milliarden Euro für berufstätige Bürgerinnen und Bürger bereit gestellt werden müssen.“
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Wie kann man die Krise bekämpfen? kurzfristig muss die Konjunktur stabilisiert werden
noch haben wir keine Konsumschwäche aber: wegbrechende Exporte rückläufige Investitionen
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Beschäftigungssicherung als Konjunkturspritze
Einkommenseffekte durch Entlassung (brutto 800 €)1. Nicht- Leistungsempfänger:
€ 644 € 386= 40 Prozent
2. Alg II-Hinzuverdiener€ 926 € 686
= 26 Prozent
Beschäftigungssicherung ist konsumstabilisierend!
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Chance für Strukturreformen auch kurzfristig wirksame Maßnahmen sollten langfristig
wünschenswerte strukturelle Effekte hervorrufen kurzfristig notwendig
Entlastung der Arbeitskosten, um Beschäftigung in der Krise zu sichern
langfristig wünschenswert Entlastung v.a. bei Geringverdienern, um im nächsten
Aufschwung diese Gruppe wieder stärker in den Arbeitsmarkt zu integrieren
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Freistellung von SVB im Niedriglohnbereich
Senkung der Sozialversicherungsbeiträge Einführung eines Freibetrags bei den SV-Beiträgen (unter
6.80 €) Abschmelzen der Abgabenbefreiung bis zum 1,5-fachen des
Freibetrags (10.20 €) Entlastung v.a. bei vollzeitbeschäftigten Geringverdienern
Senkung der Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberbeiträge? langfristig irrelevant, da Marktkräfte Entlastung identisch
überwälzen kurzfristig, d.h. konjunkturpolitisch ist diese Frage aber
entscheidend
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Entlastung für Arbeitnehmer
Freibetrag für Arbeitnehmerbeiträge erhöht Nettoeinkommen Kaufkrafteffekt keine Entlastung der Unternehmen Keine Beschäftigungssicherung
Sozialpolitisch: Hauptzielgruppe wird verfehlt! Alg II-Hinzuverdienern wird der zusätzliche Nettolohn zu
100% wieder abgezogen entsprechend niedrigerer Kaufkrafteffekt
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Entlastung für Arbeitgeber
Freibetrag für Arbeitgeberbeiträge verringert die Arbeitskosten
erhöht die internationale Wettbewerbsfähigkeit schafft Beschäftigungs- und Investitionsanreize
indirekte Kaufkraftwirkung höhere Arbeitsplatzsicherheit führt zu Konsumstabilisierung zusätzliche Jobs erzeugen zusätzliches Einkommen, das sich auch in
mehr Binnennachfrage niederschlägt Zusätzliche Einkommen im Niedriglohnsektor entsprechen
etwa fiskalischen Kosten von 4 Mrd. Euro.
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Mindestlohn: keine Alternative statt zu entlasten, belastet der Mindestlohn die Unternehmen
Rückgang der Beschäftigung Kaufkraftumverteilung
belastet Gewinne und damit Investitionsnachfrage Fördert Binnenkonsumim Niedriglohnbereich Aber: nur bei Nicht-Leistungsempfängern Hinzuverdiener erhalten kaum etwas!
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Mindestlohn: keine Alternative Einkommenswirkungen einer Anhebung von € 5 auf € 7.50 Bruttolohn steigt um 50%
€ 800 € 1.200 Nicht-Leistungsempfänger: Netto steigt um 32%
€ 644 € 905 Alg II- Empfänger: Netto steigt um 4,4%
€ 926 € 966 Gewinneinkommen fällt um
€ 480
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Mindestlohn: keine Alternative Aggregierte Kaufkraftwirkung?
nein, da Jobverluste Einkommen reduzieren
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Beschäftigungs-effekt
Zusätzliches Einkommen im NLB in Mrd. Euro
Fiskalische Belastung in Mrd. Euro
Mindestlohn 842.033 1,156 4,011
Lohnsubvention +801.914 3,908 4,01