Zürcher Fachhochschule
IAM Institut für Angewandte Medienwissenschaft
Lokal, regional, global – warum mehrsprachige Kommunikation mehr erreicht
Lernen für die Praxis aus dem Nationalfondsprojekt «idée suisse»
Prof. Dr. habil. Daniel PerrinProfessor für Medienlinguistik, Leiter IAM
Dr. des. Aleksandra GnachDozentin, Kommunikationsbeauftragte IAM
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Unternehmenskommunikation im mehrsprachigen Markt
2. Jede/r ist mehrsprachig: äussere – innere Mehrsprachigkeit
3. Sets, Etagen, Regionen: Mehrsprachigkeit in Organisationen
4. Die Lösung ist da, aber … . Der systemische Ansatz
5. Bottom- up und top-down: Language policing
6. Fazit: Märkte, Chancen, Kompetenzen
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1. Jede/r ist mehrsprachig: äussere – innere Mehrsprachigkeit
Äussere Mehrsprachigkeit
Mehrsprachigkeit in verschiedenen Sprachen(z. B. Deutsch – Englisch)
Innere Mehrsprachigkeit
Mehrsprachigkeit in einer Sprache (z. B. Züridütsch – Standarddeutsch)
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1.1 Äussere Mehrsprachigkeit: Sprachen
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Kontinent Bev lkerungöMio
Sprachen Sprachen
%
Sprechend e pro Sprache
ø
Asien 2500 21 65 33 % 1 1 .500.000
Afrika 725 201 1 30 % 360.500
Pazifik 30 1 302 1 9 % 23.000
Am erika 760 1 000 1 5 % 760.000
Europa 982 225 3 % 4.400.000
alle 5000 6703 1 00 % 745.000
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1.2 Innere Mehrsprachigkeit: Varietäten
Standardsprachen, z.B. Standarddeutsch, Oxford English verbindlich, in Grammatik und Aussprache normiert
Dialekte, z.B. Deutschschweizer Dialekteweichen stark von Standardspache ab, lokal begrenzt, meist nur gesprochen
Soziolekte, z.B. Jugend-, Team-, Organisationssprachein beruflich, gesellschaftlich oder kulturell abgegrenzten Gruppen gesprochen, zur Stärkung nach innen und Abgrenzung nach aussen
Fachsprachenin bestimmten Fachbereichen, spezifische Terminologie (Fachbegriffe)
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1.3 Fachsprache vs. Laiensprache
• eng definiert vs. prototypisch
• Beispiel: Wo hört der Ellbogen auf
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1.4 Nationalfondsprojekt «idée suisse»
Erfüllt die SRG SSR den an sie gestellten sprachpolitischen
Leistungsauftrag? Und falls ja – wie?
Analysiert wurden der sprachpolitische Auftrag der SRG, die
Rahmenbedingungen zu seiner Umsetzung, und die
tatsächliche Umsetzung in Management und Redaktionen.
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1. Sets, Etagen, Regionen: Mehrsprachigkeit in Organisationen
• Mehrsprachigkeit in Kommunikationssituationen
• Mehrsprachigkeit auf Firmenebenen (Chefs vs. Magaziner)
• und Regionen (Zürich vs. Bern). Prestige und Sympathiebonus
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2.1 Sprache und Denken
Das Loftus-Experiment, Loftus&Palmer (1979)
Alle VP sehen den gleichen Film: zwei Autos stossen zusammen.Dann werden die VP in fünf Gruppen aufgeteilt und gefragt:
− „Wie schnell fuhren die Autos, als sie x?“
− Wobei für x in jeder Gruppe ein anderes Verb steht:
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Die ø Antworten in den Gruppen sind vom Verb geprägt:
a) smashed b) collided c) bumped d) hit e) contacted
a) 65 km/h b) 62 km/ c) 61 km/h d) 54 km/h e) 50 km/h
Sprache und ist geprägt von und prägt Wahrnehmung der Welt
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2.2 Sprache und Organisation
• als Schnittstelle zu kognitiven und sozialen Praktiken
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• denken, festhalten, informieren, motivieren, integrieren, …
research focus
social
– +cognitive – language used language use as situated activity
giving indirect access to sociocultural structures: settings and ressources
+ language use as situated activity giving indirect access to individual structures: psychobiography
language use as situated activity giving indirect access to individually reflected sociocultural structures
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2.3 Sprache – revisited
“Bilingualism par excellence (e.g., French and English in Canada,
Welsh and English in North Wales, Russian and French among
prerevolutionary Russian nobility) is a salient, special case of the
general phenomenon of linguistic repertoire. No normal person,
and no normal community, is limited to a single way of speaking,
to an unchanging monotony that would preclude indication of
respect, insolence, mock seriousness, humor, role distance, and
intimacy by switching from one mode of speech to another.”
Hymes, Dell (1972). Models of the interaction of language and the social life. In John J.
Gumperz & Dell Hymes (Eds.), Directions in sociolinguistics. The ethnography of
communication (pp. 35–71). New York: Holt Rinehart and Winston.
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2.4 Der Kommunikationsalltag in der Organisation
• verschiedene Sprachen kennen
• die Sprachen sprechen, lesen etc. können
• sie situativ richtig einsetzen
• zwischen den Sprachen switchen
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1. Die Lösung ist da, aber … . Der systemische Ansatz
intuitive Mehrsprachigkeit (tacit knowledge) im Alltag
vs.
explizites Wissen, Prozesse, Wissenstransfer
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3.1 Zum Beispiel: fokussierter texten
0528 ja da übersetzte ich sein quote
0529 ich muss sagen es ist nicht eine sehr genaue übersetzung
0530 erstens er redet ziemlich schnell
0531 das heisst meine übersetzung muss kürzer sein
0532 zweitens ist es nicht so gelungen
0533 nicht so wahnsinnig glasklar
0534 also ich- das erlauben wir uns in der regel schon
0535 dass wir ein bisschen fokussierter allenfalls texten
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3.2 Zum Beispiel: Fachvokabular und die Leute vom Treppenhaus
0280 B: jetzt hatte ich gerade gestern einen kantinebeitrag
0281 dort hatte es eine fachfrau drin
0282 die hatte ein unglaubliches vokabular
0283 die hat gesprochen von
0284 wir müssen unsere software und unsere hardware
0285 die müssen wir auf den gast abstimmen
0286 da habe ich gesagt
0287 hören sie
0288 sagen sie mir das so wie sie es ihren mitarbeitenden sagen
0289 aber die spricht eben so mit diesen leuten […]
0293 sie hat es dann schon heruntergefahren
0294 ich bin manchmal noch erstaunt
0295 wie da mit fachvokabular um sich geschmissen wird […]
0297 also ich versuche wirklich
0298 leute vom treppenhaus vor augen zu haben
0299 die kein grosses vorwissen haben15
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3.3 Mehrsprachigkeits-Praxis in Organisationen
• mündlich und schriftlich
• intern und extern
• offiziell / formell und pragmatisch / informell
• regional, national und international
• …
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1. Bottom-up und top-down: Language policing
Die morphologische Dimension
eines subterranen Agrarprodukts
ist reziprokäquivalent
zum Intelligenzquotienten
des Produzenten.
Kommunizieren ist Über-Setzen
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4.1 Macro-level policies, micro-level actors
“In interacting with macro-level policies from other domains such
as the official one, marketers may adopt a strict interpretation of
top-down language policy (as we saw with Toyota’s Belgian site),
or they may opt for a market text that appears to reflect bottom-
up practices of micro-level actors.” (30)
Kelly-Holmes, Helen (2010). Rethinking the macro-micro relationship. Some insights
from the marketing domain. International Journal of the Sociology of Language,
2010(202), 25–39.
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4.2 Zum Beispiel «idée suisse»
• Forschung identifiziert und systematisiert Wissen:
Erkennbar werden z.B. erfolgreiche Praktiken
und strukturelle Bedingungen, die sie behindern und
ermöglichen.
• Praxis leistet Wissenstransfer bottom-up und top-down:
Implizites Wissen der Mitarbeitenden sichtbar machen
und organisationelle Strukturen bereitstellen,
die erfolgreiche Praktiken begünstigen.
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1. Fazit: Märkte, Chancen, Kompetenzen
• Warum sind auch scheinbar einsprachige Märkte zunehmend
mehrsprachig?
• Welche Chancen und Risiken bieten mehrsprachige Märkte?
• Was bedeutet mehrsprachige Kommunikation?
• Welche Kompetenzen brauchen KommunikatorInnen im
mehrsprachigen Umfeld?
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Warum sind auch scheinbar einsprachige Märkte zunehmend mehrsprachig?
• Welt wird sozial, geografisch und technisch mobiler:
Zielgruppen sind weltweit verteilt und ändern sich schnell
> OK als Kommunikationscoach der Institution
• Gesellschaft segmentiert sich:
Spezialisierung, Wissensgesellschaft, Fachsprachenbabel
> interne Kommunikation als Übersetzerin
• öffentliche und private Kommunikation verzahnen sich:
Web 2.0 fördert viral adressierbare, dynamische Märkte
> externe Kommunikation kontrolliert und moderiert
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Welche Chancen und Risiken bieten mehrsprachige Märkte?
+ tragende Vernetzung
+ nachhaltiger Wissenstransfer
= Horizontereweiterung
durch Aufbau interkultureller Kompetenz
– Inhaltliche Missverständnisse
wegen Fehlern der Über-Setzung
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Was bedeutet mehrsprachige Kommunikation?
☐ Ausgangslage:
Produkt, Kommunikationsziel, Botschaft, Story, …
||| sach- und adressatengerechtes
Storytelling und Argumentieren
in verschiedenen Sprachen und Diskursen
Kommunikationserfolg: die Adressaten
beachten > dranbleiben > verstehen > behalten > handeln
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Welche Kompetenzen brauchen KommunikatorInnen im mehrsprachigen Umfeld?
• L1 Standard:
sich im Fachgebiet auch für Laien verständlich ausdrücken
• IVS, Internationale Verkehrssprache:
idiomatische Sprache vermeiden
• Barcelona 2002:
Formel für internationalen Markterfolg, L1 + L2 + IVS
• Edmonton 2012, UNESCO:
the language of listening, nondual zuhören
= interkulturelle Kommunikationskompetenz
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Der Auftrag
• Bundesverfassung, Artikel 93, Absatz 2 „Radio und Fernsehen tragen zur Bildung und kulturellen Entfaltung, zur freien Meinungsbildung und zur Unterhaltung bei. Sie berücksichtigen die Besonderheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone. Sie stellen die Ereignisse sachgerecht dar und bringen die Vielfalt der Ansichten angemessen zum Ausdruck.“
• RTVG, Artikel 26, Absatz 1b„[…] fördert sie [SRG] das Verständnis, den Zusammenhalt und den Austausch unter den Landesteilen, Sprachgemeinschaften, Kulturen, Nationalitäten und gesellschaftlichen Gruppierungen“
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