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Research Collection
Doctoral Thesis
Die allgemein kovarianten Grundgleichungen deselektromagnetischen Feldes im Innern ponderabler Materie vomStandpunkt der Elektronentheorie
Author(s): Dällenbach, Hans Walter
Publication Date: 1918
Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000090748
Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted
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ETH Library
Diss. E T H \ 'XO^ J
Die
allgemein kovarianteii Grundgleichungendes elektromagnetischen Feldes
im Innern pondérabler Materie
vom Standpunkt der Elektronentheorie
Von der
Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich
zur Erlangung der
Würde eines Doktors
der technischen Wissenschaften
genehmigte
Promotionsarbeit
vorgelegt
von
Hans Walter Dällenbach
aus Otterbach (Bernj
Referent: Herr Prof. Dr. H. Weyl
Korreferent: Herr Prof. Dr. A.Schweitzer
Metzger à. Wittig, Leipzig «96
Meiner Mutter
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— 5 _
Inhalt.
Im Kapitel I werden anter Zugrundelegung eines bestimmten
elektronentheoretischen Modells der Materie, das die Trennung von
wahrem Strom und Polarisationsstrom gewährleistet, aus den allgemeinkovarianten Gleichungen des elektromagnetischen Feldes im leeren Baume
durch einen Prozeß der Mittelung, der der vollkommenen Verschmelzungon Raum und Zeit, wie sie der Relativitätstheorie eigen ist, Rechnungträgt, ebensolche allgemein kovariante Feldgleichungen für das Innere
der Materie abgeleitet. Der Polarisationszustand der Materie wird da¬
bei charakterisiert durch einen „Sechservektor der Polarisation", der sich
in natürlicher Weise als ein Konfigurationsintegral aus den Lagen und
Geschwindigkeiten der in den Molekülen enthaltenen Mikroladungenergibt.
Im Kapitel II werden die gewonnenen Feldgesetze für ruhende
Materie mit den Maxwe 11 sehen identifiziert und ferner gezeigt, daß der
Ausdruck für den Sechservektor der Polarisation zu den bekannten Aus¬
drücken der Elektronentheorie von Lorentz degeneriert.
Im Kapitel III werden zunächst für den Fall der Elektrostatik
dann für bewegte Materie in einem beliebig veränderlichem Felde die
Kraftdichte und der Impulsenergietensor anschaulich abgeleitet.
Im IV. Kapitel werden die Resultate des III. diskutiert. Die be¬
rechnete Kraftdichte gilt auch für anisotrope Körper mit Hysterese. Der
Impulsenergietensor ist eine Verallgemeinerung des Minkowskischen.
Es wird gezeigt, daß seine Asymmetrie nicht im Widerspruch steht zu
der in der Relativitätstheorie geforderten Gleichheit von Impulsdichteund Energiestrom.
Kapitel I. Die Herleitung der Feldgleichungen.
Die folgenden Eechnungen werden bei raum-zeitlich kon¬
stantem Gravitationsfeld in einem Lorentzsystem durchgeführt.Der Übergang zur allgemeinen Relativitätstheorie ist in dieser
Arbeit nur formaler Natur und wird der Einfachheit halber
erst an den Resultaten vorgenommen.
— 6 —
In der Schreibweise der allgemeinen Relativitätstheorie1)
lauten die Gleichungen des elektromagnetischen Feldes im
leeren Raum2)
a) luv-; tv
'"</„J
{>a~u
b)« f"
'
c)flf et f 8 fop
8xv= 0.
Das Induktionsgesetz c) ist eine bloß mathematische Kon¬
sequenz der Gleichung a), die den Sechservektor f des elektro¬
magnetischen Feldes von einem Viererpotential tpu ableitet.
In Gleichung b) bedeuten o0 die Ruhdichte der Elektrizität und
dx"" =
,/T~
die Vierergeschwindigkeit, mit der sie begabt ist.
Es ist die Ansicht der Elektronentheorie, ein Stück Materie
bestehe aus einem Klumpen von sehr vielen positiven und
negativen elektrischen Ladungen im Räume, zwischen welchen
das Gleichungsschema (I) streng gelte.
Mit den uns zu Gebote stehenden groben Meßinstrumenten
sind wir nicht imstande, die Bewegungen der ungeheuer zahl¬
reichen und winzigen Ladungen im einzelnen zu verfolgen; wir
sind nicht imstande, in einem Zeitmoment den mikroskopischenZustand der Materie experimentell festzulegen und die aus
ihm folgenden und durch Gleichungen wie (I) verlangten räum¬
lich-zeitlichen Änderungen der Zustandsgrößen wirklich zu be¬
obachten. Was wir zu messen vermögen, sind immer nur
Mittelwerte, wenn's hoch geht, mittlere Schwankungen um Mittel¬
werte der mikroskopischen Zustandsgrößen.
1) Hier wie im Folgenden ist über zwei gleiche Koordinatenindices
im selben Term stets zu summieren.
2) A.Einstein, Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie,
Ann. d. Phys. 49. p. 769. 1916, insbesondere § 20. — H. Weyl, Raum,
Zeit, Materie. Berlin 1918.
— 7 —
;' Es sei a eine solche mikroskopische Zustandsgröße. In
voller Ausnutzung der Symmetrie, mit der Eaum und Zeit als
unabhängige Veränderliche in den Naturgesetzen auftreten,definieren wir als Mittelwert der Größe a
(ï) A = / a dt = a.
G bedeutet ein physikalisch kleines Weltgebiet, will sagen
ein Raumgebiet, das sehr viele der kleinen Ladungen enthält,betrachtet während einer zeitlichen Dauer, die ebenfalls sehr
viele der diskreten Erlebnisse, wie Zusammenstöße, Umläufe,
Schwingungen irgendeiner der kleinen Ladungen umspannt.dr ist das gegen Lorentztransformationen invariante Volumen¬
element des Gebietes G.
Weiterhin lassen wir uns vom Vertrauen leiten, daß, wenn
wir den durch (1) delinierten Prozeß der Mittelung auf die
Gleichungen (I) anwenden, wir zu Beziehungen geführt werden,die gerade die Mittelwerte miteinander verknüpfen, die wir als
experimentelle Physiker tatsächlich beobachten.
Wir konstatieren:
Eine Größe und ihr Mittelwert haben dieselben Kovarianz-
eigenschaften.
Differentiation und Mittelung sind vertauschbare Prozesse.
Das Gleichungsschema (I) gilt folglich unverändert ohne
irgendeine spezialisierende Voraussetzung über die Konstitution
der Materie für die Mittelwerte 01, Fiv und g0uf des Poten¬
tials <p t,des Feldes f
v
und des Stromes q0up. Es wird uns
in der Folge gelingen, 0u und F direkt mit in der Beob¬
achtung gegebenen Größen der bisherigen phänomenologischenTheorie von Maxwell zu identifizieren. Nicht so mit dem
Mittelwerte p0 u^. Ihm haben wir von nun an unsere ganze
Aufmerksamkeit zu widmen, und er zwingt uns fürs erste,ein genaueres Bild der Materie zu entwerfen.
Die kleinen Ladungen in der Materie — wir nennen sie
in Zukunft Elektronen — die Elektronen also seien ein für
alle Mal zusammengefaßt zu Verbänden, zu kleinen Planeten¬
systemen, zu Molekülen. Die totale Ladung eines Moleküls
— 8 —
sei Null und nie verlasse ein Elektron sein Molekül. Wohl
gestehen wir ihm zu, daß es unter dem Einfluß eines äußeren,veränderlichen Feldes im Innern des Verbandes andere und
andere Bahnen in stationären Bewegungen durchlaufe, oder
um andere und andere Gleichgewichtslagen zitternde Schwin¬
gungen ausführe; der Elektronenverband aber, der durch das
Wort „Molekül" bezeichnet wurde, bleibe dabei beisammen.
Der kondensierte Ausdruck dieser Forderungen lautet:
(2) JVo«^r==0,n
integriert über das Weltgebiet ff, das von irgendeinem Mole¬
kül während irgendeiner physikalisch kleinen Dauer durch -
fegt wird.
Wie die einzelnen Moleküle sich gegeneinander verhalten,
ob sie verbunden sind zu einem festen Körper, ob sie aneinander
vorbeikriechen, wie in einer Flüssigkeit, oder ob sie sich
schließlich zwischen zwei Zusammenstößen unabhängig von¬
einander bewegen wie in einem idealen Gase, ist für das Fol¬
gende durchaus unwesentlich; denn es ist uns hier gar nicht
zu tun um die Zusammenhänge zwischen elektromagnetischenund elastischen Eigenschaften der Körper; und es geschieht bloß,um die Vorstellung zu fixieren und die Überlegungen nicht un¬
nötig zu belasten, wenn wir von nun an trotzdem denken, die
Schwerpunkte der Moleküle seien gegenüber den Veränderungendes elektromagnetischen Feldes durch elastische Kräfte starr
aneinander gekettet.Bis jetzt haben wir Elektronen nur als Bausteine von
Molekülen kennen gelernt. Wir nennen sie in Zukunft Polari-
sationselehtronen (P) und unterscheiden von ihnen die konvek-
tiven Ladungen {K), die an die Materie — sagen wir an die
Schwerpunkte der Moleküle — gebunden die makroskopischeBewegung der Materie mitmachen. Endlich soll noch ein
Schwärm von frei beweglichen Leitungselektronen [L) stoßend
und selbst gestoßen unter dem Einfluß des Feldes zwischen den
Molekülen durchjagen.Dieses Modell der Materie legen wir der Mittelung des
Viererstromes q0 w zugrunde. Aus der Definition (1) des Mittel¬
wertes folgt
— 9 —
Co «" = Co K + Co M£ + s°o M£ •
p0 w£ -f p0M^= Leitungsstrom plus Konvektionsstrom be¬
zeichnen wir zusammen als den wahren Strom Jt1.
Um die Existenz eines Stromes der Polarisationselektronen
bequem einzusehen und ihn auf möglichst durchsichtige Weise
zu berechnen, kehren wir auf die Dauer von einigen Seiten
zurück in den dreidimensionalen, gewöhnlichen, euklidischen
Raum mit einem der Anschauung geläufigen, kartesischen
Koordinatensystem. Unsern Versuchskörper nehmen wir mit,entleeren ihn aber zuvor von allen konvektiven Ladungen und
Leitungselektronen und behalten zurück den Haufen ungeladenerMoleküle. Die von früher her noch wild bewegten Polari¬
sationselektronen werden plötzlich alle in ihrer Bewegung ge¬
stoppt; sie sollen in Gleichgewichtslagen zur Ruhe kommen.
Auch der Körper als Ganzes sei in Ruhe, und ein eventuell
vorhandenes elektromagnetisches Feld sinke herab zu einem
bloß elektrostatischen.
Der Aufgabe, den Mittelwert q0 w£ des Viererstromes q0 w
zu ermitteln, entspricht unter den geschilderten Verhältnissen
die viel einfachere, den Mittelwert pop der Ruhedichte g0 zu
berechnen. Der Mittelwert selbst ist dabei immer noch durch
II) definiert, kann allerdings jetzt in der speziellen Form:
geschrieben werden. B ist ein physikalisch kleines Raum¬
gebiet und dV sein Volumenelement. Q0p ist immer dann
von Null verschieden, wenn die Ladung lQ0dF es ist.
B
Fehlt vorläufig das äußere Feld, so ist klar, daß sogar
im Innern eines Kristalles lc0dV=0 ist, falls nur die
£
Oberfläche des Gebietes R genügend unregelmäßig, etwa wie
ein Wellblech, ganz willkürlich Moleküle der Materie zer¬
schneidet. Polarisieren wir, so werden im allgemeinen die
positiven Elektronen ungefähr in der Richtung, die negativenaber entgegen der Richtung des äußeren Feldes verschoben.
— 10 —
Geschieht dieses Verschieben nicht über das ganze Ge¬
biet R mit derselben Intensität, was seinen Grund darin haben
kann, daß einmal das äußere Feld selbst, dann aber auch die
Polarisierbarkeit der Materie sich über das Gebiet R von
Raumpunkt zu Raumpunkt langsam und stetig ändern, so ist
evident, daß das im unpolarisierten Zustand ungeladene Ge¬
biet R nun sehr wohl eine Ladung haben kann. Die ihr ent¬
sprechende Ruhdichte ga ist eben qoP, und sie wollen wir jetztberechnen durch Wiedergabe einer Überlegung von H. A.
Lorentz.1)Bei nach außen gerichteter Normale seien dfv [v = 1, 2, 3)
die Komponenten eines Elementes der Oberfläche von R.
dfv zerschneide eine sehr große Menge von Molekülen. Die
Summe dS aller Ladungen, die einerseits zerschnittenen Mole¬
külen angehören, andererseits innen am Flächenelement dfrhaften, verschwindet im unpolarisierten Zustand der Materie;im polarisierten haben wir dS erst zu ermitteln. Alle Mole¬
küle seien gleichgebaut und sollen je n Polarisationselektronen
enthalten. Das kle Elektron besitze die Ladung eh und habe
vom Schwerpunkt seiner Molekel den Abstand xk mit den
Komponenten xj. Unter allen Molekülen in der Umgebungvon dfv greifen wir alle die heraus, bei denen die Spitze des
Vektors xh, wenn wir ihn mit sich parallel in den Koordi¬
natenursprung verschieben, in das Innere eines kleinen Volu¬
menelementes dv zu liegen kommt. Die Moleküle dieser Art
denken wir uns des bequemeren Ausdrucks, wegen in der Folge„rot" gefärbt. Wie groß ist die Zahl der roten Moleküle in
der Volumeneinheit? Wir sind offenbar befugt, dafür den
Ansatz zu machen s]cdv, wo die Funktion sk nur noch von
der Lage des Volumenelementes dv zum Koordinatenursprungabhängt. Ferner: welches sind die roten Moleküle deren
Radius vk vom Flächenelement dfv zerschnitten wird? Doch
wohl alle die, deren Schwerpunkt im Zylinderchen liegt, das
durch Flächenelement dfv und Vektor xk gebildet wird. Das
Volumen dieses Zylinderchens ist x/dfv, und Volumen mal
Dichte gibt die Anzahl s^dvx^d^ all der roten Moleküle,
1) H. A. Lorentz, Weiterbildung der Maxwellschen Theorie.
Elektronentheorie. Eneykl. d. math. Wiss. V 14, insbesondere Nr. 27 u. 28.
- 11 —
deren Ladungen eL jenseits und deren Schwerpunkte diesseits
von dfv liegen, falls wir annehmen das Volumen xkvdfy sei
für den herausgegriffenen Vektor r, gerade positiv. Jedes
dieser Moleküle bedeutet ^eine" Ladung el jenseits von df\,alle zusammen aber die Ladung eLxkdvxLvdfv jenseits von
dfr herrührend von zerschnittenen Molekülen.
Integrieren wir über alle möglichen Lagen des mathe¬
matisch unendlich kleinen Volumenelementes dv, so erwischen
wir damit sicher überhaupt alle Ladungen ek, die zerschnittenen
Molekülen angehören, und
bedeutet den Überschuß der Ladungen ek jenseits von dfv über
die noch diesseits des Flächenelementes gelegenen. Sum¬
mieren wir endlich über alle Polarisationselektronen h = 1 bis
n und bedenken, daß die diesseits und jenseits an dfv haften¬
den totalen Ladungen entgegengesetzt gleich sind, so folgt als
Ladung diesseits von dfv
dS = -df„^ ieLs x^'do.
Die Summe ist nichts anderes als die Summe der Funk¬
tion exv über alle Ladungen e der Moleküle, die im Volumen 1
Platz haben. Lassen wir die diskreten Ladungen wieder zer¬
fließen zu einer räumlich kontinuierlich ausgebreiteten elek¬
trischen Ruhdichte q0, so wird endgültig
^s = — (>u-1' (/fywobei
Das Integrationsgebiet r ist von höherer Ordnung klein
als R, aber immer bloß physikalisch klein. Es unterscheidet
sich außerdem von R darin, daß seine Oberfläche keine Mole¬
küle schneiden darf. Erinnern wir uns, daß die Ladung
Jq0 d V einer Molekel verschwindet, so erkennen wir, daß die
xv in obiger Formel in einem allen Molekülen gemeinsamen
Koordinatensystem als die gewöhnlichen Koordinaten gedeutet
— 12 —
werden dürfen. Das tun wir in der Folge, ohne die Bezeich¬
nung nochmals zu ändern. Durch Integration von dS über
das Gebiet R erhalten wir die totale in ihm eingeschlossene
Ladung- und damit den Mittelwert Qap.
Noch etwas verallgemeinernd fassen wir zusammen: Be¬
deutet q0 irgendeine Raumfunktion, für die
(3) J?orfA = 0
integriert über einen physikalisch kleinen Baum r, der keine
Moleküle schneidet, so ist ihr Mittelwert gegeben durch
,..
1 /* ...6 rw
(4) ,,„, = -/**«*/,= -
(lvr
kn
R ist dabei ein relativ zu r großes Gebiet, das achtlos
Moleküle zerschneidet. Der Vektor
(5) m< = «„*•" = ^h^i-'dV
variiere so langsam, daß seine ersten Ableitungen innerhalb
R als konstant betrachtet werden dürfen.
Dieses Resultat bleibt auch dann bestehen, wenn das
Gebiet R eine Mischung verschiedener Arten von Molekülen
enthält.
Dies die Überlegung von H. A. Lorentz. Wir erkennen,sie ist unabhängig von der Zahl der Dimensionen, unabhängig
davon, ob p0 nun gerade ein Skalar oder eine Vektor- oder
Tensorkomponente bedeute. Ihre einzige Voraussetzung ist
die Gleichung (3); ihr entspricht aber in der vierdimensionalen
Welt die Gleichung (2), und so erhalten wir in der Tat ohne
weitere Rechnung den gesuchten Polarisationsstrom p°ui*P. Ich
darf es wohl dem Leser überlassen, rasch in der Welt eine
Raumkoordinate zu unterdrücken und an zweidimensionalen
Molekülen und dem von ihnen beschriebenen Bündel von
Weltröhren, sich den vorstehenden Beweis nochmals anschau¬
lich zurecht zu legen. Dann aber gehen wir weiter und
— 13 —
notieren in folgender Gestalt die den Gleichungen (4) und (5)entsprechenden Ausdrücke
G Î
(7) M*v = q0 u" xv = -x1— [Q0u"x''dT.Jdx /
Mit Gleichung (7) haben wir jedenfalls den Tensor Pola¬
risation gefunden. Nur ist er ganz unsymmetrisch. Die großeZahl von 16 Komponeaten, über die er jetzt noch verfügt,bringen .wir niemals in Einklang mit der Einfachheit Max¬
well scher Theorie, die wir bei ruhender Materie als Eesultat
erhalten müssen. Auch die Tatsache, daß Gleichung (6) sich
nur für den Fall, daß M** ein Sechservektor ist, in einfacher
Weise allgemein kovariant schreiben läßt, legt es nahe, die
folgende partielle Umformung zu versuchen:
M?" = ç0ut*xr
= -eö«*^* + Coi (*"**)
Durch Addition der zwei Ausdrücke spaltet Mi" in einen
symmetrischen und einen antisymmetrischen Teil
JJar = Ç«(w„ xv _ uv xft) + «£>
d^ x„y
Die Komponenten des symmetrischen Tensors bedeuten
mittlere Änderungsgeschwindigkeiten von Größen wie Träg¬heitsmomente, Zentrifugalmomente, statische Momente von
Molekülen, nur stehen immer an Stelle der trägen Massen
die teils positiven, teils negativen Ladungen der Polarisations¬
elektronen. Sind auch die Änderungsgeschwindigkeiten der¬
artiger Größen nicht exakt Null, so sind sie doch gewißkonstant über das Gebiet R und tragen nach Formel (b) nichts
bei zum Werte von q0 ufP.
Damit ist der Polarisationsstrom und sind auch die Mittel¬
werte der Feldgleichungen gefunden. Wir stellen die Resul¬
tate zusammen im folgenden Schema:
14
• II)
a)5 0 d 0
>'r dœv dxn
b) ô_ IF."" + M'<") = /^
c)cl'X" ox," d x*
d) Mf" = s1 [u^xv — uyx^) .
Es ist zu bemerken, daß diese ohne weiteres allgemeinkovariant zu schreibenden Gleichungen sowohl für kristallisierte,
wie kristalline, wie auch amorphe Körper gelten, wenn es
nur möglich ist, wahren Strom und Polarisationsstrom in der
durch die Existenz von Molekülen gemäß Gleichung (2) be¬
dingten Weise zu trennen. Auch von der Trägheit der Elek¬
trizität haben wir nirgends abgesehen. So ist es denn inter¬
essant zu konstatieren, daß die ganze Tücke der Materie wie
Dispersion, Hysterese, Abhängigkeit der elektromagnetischen
Eigenschaften von Temperatur und Elastizität die Feld¬
gleichungen unberührt läßt und in den sogenannten Material¬
gleichungen ihren alleinigen Ausdruck findet Diese ordnen
bekanntlich einem gegebenen Verlauf des elektromagnetischenFeldes einen ganz bestimmten Verlauf der Polarisation zu.
Ohne ihre Kenntnis ist die Lösung des elektromagnetischenProblems in irgendeinem konkreten Sonderfall unmöglich, und
doch wäre es ein Verkennen der dieser Arbeit eigentümlichenAufgabe, wenn wir auf sie näher eingingen und etwa ver¬
suchten, Ff* und Mf" in allgemein kovarianter Weise mit¬
einander zu verknüpfen. Es hieße aber die unabhängige Be¬
deutung der Feldgleichungen übergehätzen, wenn wir uns nicht
noch einmal daran erinnerten, daß sie nur so lange gelten,als die Differentialquotienten der in ihnen auftretenden Zu-
standsgrößen „Feld" und „Polarisation" über physikalischkleine Weltgebiete als konstant betrachtet werden dürfen. Da¬
mit schließen wir vor allem Lichtwellen aus, deren Wellenlängevergleichbar mit den Moleküldimensionen bzw. deren Frequenzvon derselben Größenordnung wie die Eigenfrequenzen der
Polarisationselektronen werden.
— 15 —
Kapitel II. Anschluß an die bisherige phänomenologische
Theorie von Maxwell und an die Ulektronenthéorie von
Lorentz.
Im Fall ruhender Materie muß das Induktionsgesetz (IIc)zur Deckung kommen mit dem zweiten Maxwellschen Glei¬
chungssystem und der Sechservektor F degeneriert infolge¬dessen zu den Vektoren magnetische Induktion b und elektrische
Feldstärke e. Halten wir daran fest und erinnern uns der
Bedeutung von Jf, so folgt aus der Identität von (IIb) mit dem
ersten Gleichungssystem von Maxwell, daß die Magnetisierungnx und die elektrische Polarisation p sich in ruhender Materie
zusammenschließen zum Tensor M>IV. Und endlich aus (IIa) er¬
kennen wir als die räumlichen Komponenten von 0^ das Vek¬
torpotential f und als die Zeitkomponente das skalare Poten¬
tial (p. Die folgende Tabelle gibt die Darstellung in Kom¬
ponenten:
f = ^1.*s,Ö>8), ?>=tf4,
b = {F2i, F*\ F12}, e = {F*\ F*\ Fi3),
~ 1*23' -*31» -^12" =
v*14> *24> "^8 4»
m = [M32, M1S, Mai), ü = {M*1, M*\ il43).
Die Lichtgeschwindigkeit ist dabei gleich eins gesetzt.
Spalten wir bei ruhender Materie nach Kaum und Zeit,so treten in dreidimensionaler Vektoranalysis an Stelle von
(IIa, b, c) die Gleichungen
am
[b = -rotf,
a)\ e = I"! -8rad?.
b) |(tb-ii)-(»t« + |?).i,{ div e + div p = q ,
c)|rote + Ü-0,( divb = 0.
— 16 —
Dies sind die Maxwellschen Gleichungen bei scharfer
Trennung von Feld {6, e} und Materie {m, p. i,ç}. Die bloß ab¬
geleitete Bedeutung der Vektoren dielektrische Verschiebungb = c + p und magnetische Feldstärke fi = b — m tritt klar
in Erscheinung. Trotzdem bilden sie zusammen einen anti¬
symmetrischen Tensor D^v = 1>' -f- M'tv mit den Ruhkompo¬nenten
Damit sind wir noch nicht zu Ende, denn es ist nicht
sicher, daß die Komponenten des Tensors M^r, wie sie durch
Gleichung (IId) definiert sind, übereinstimmen mit den Aus¬
drücken der bisherigen Elektronentheorie. Das muß der
Fall sein. In einem Lorentzsystem, in dem die Materie
ruht, ist
x" ={{x = x,y,z),t\,
„,^{ ** -^ _à= -=L=llVi - D2 ' Vi - Bs ' ]/l - U2 ' l/l - Ü2 J
und Mf* zerfällt in:
Die 2 i8* zu erstrecken über alle Ladungen ek in der* = l
Molekel, ^ über alle Moleküle in der Volumeneinheit und end-m
lieh die Integrale über eine physikalisch kleine zeitliche Dauer.
Ein elektrisch polarisierbares Teilchen, d. h. ein durch
quasielastische Kräfte an eine Gleichgewichtslage gebundenesführt um diese Schwingungen aus. Dabei ist m = 0. In psetzen wir:
— 17 —
r-tt/ = 2r- dJ- ddt
1 +t)a ~ 1.
Das Zeitmittel von —r^- verschwindet schon für das
einzelne Teilchen, und wir erhalten als erste Annäherung in
Übereinstimmung mit der Elektronentheorie *):
ii
wobei N die Zahl der Moleküle pro Volumeneinheit bedeutet.
Ein magnetisch polansierbares Teilchen dagegen rotiere
sehr rasch in einer kreisähnlichen Bahn. Für dieses ist p = 0,und ttl wird in derselben Annäherung wie oben:
* = i
ebenfalls in Übereinstimmung mit der Elektronentheorie.
Die Gleichungen (II) genügen dem Relativitätsprinzip und
degenerieren im Kall der Euhe zu den Maxwellschen. Sie
stehen daher, wie Minkowski2) gezeigt hat, in Einklang mit
den Versuchen an bewegten Körpern.
Kapitel III. Ermittlung der ponderomotorischen Kraftdichte
und des Impulsenergietensors.
Zur Bestimmung der Kraftdichte xa im Innern bewegterMaterie scheint das Naheliegendste, man wendet den durch (1)definierten Prozeß der Mittelung an auf die Kraftdichte im
Vakuum:
und versucht mit Benutzung der Feldgleichungen und des zu¬
grunde gelegten Materiemodells den Mittelwert des Produkts
auszudrücken durch die Mittelwerte seiner Faktoren.
1) H. A. Lorentz, a. a. 0.
2) H.Minkowski Grundgleichungen für die elektromagnetischen
Vorgänge in bewegten Körpern. Ges. Abhandlungen Bd. 2, p. 352.
Dällenbach, Dissertation. 2
— 18 —
Oder, da in einem Lorentzsystem x„ sich in der folgen¬den einfachen Weise vom Impulsenergietensor tav ableitet:
_
8 tarx° ~
e x"'
bietet sich die neue Möglichkeit, direkt auf den Mittelwert
des Impulsenergietensors loszugehen, etwa in derselben mathe:
matischen Weise, wie das soeben ftir die Kraftdichte skizziert
wurde. Diesen Vorschlag macht Abraham *). doch nicht ohne
ihm einen zweiten wesentlich andern gegenüber zu stellen, und
diesen zweiten, anschaulichen Weg, den Einstein und Laub2)seiner Zeit schon betreten hatten, werden wir gehen.
Die Überlegungen, die wir zu machen haben, tragen nicht
den Charakter mathematischer Strenge. Ihre anschaulich¬
physikalische Plausibilität und nicht zuletzt ihr einfaches Re¬
sultat müssen sie rechtfertigen.
Wir beschränken uns zunächst «auf den Fall der Elektro¬
statik. Es sei R ein beliebiges, physikalisch kleines Raum¬
gebiet im Innern eines ruhenden Dielektrikums. Die durch
das äußere Feld auf die Ladungen im Gebiete R ausgeübteKraft muß sich darstellen lassen als Resultante von Spannungen
tj in der Oberfläche von R. In einer ersten Ableitung der
Kraftdichte suchen wir diese Spannungen anschaulich zu er¬
mitteln.
Zum Spannungstensor des leeren Raumes:
e„ e — d' V, r e„ wo: <>» = { fur T
,
wie er durch den Mittelwert c bzw. e„ des Mikrofeldes aus¬
geübt werden wird, treten als neu hinzu die Kräfte, welche
die außen am Gebiet R haftenden Polarisationsladungen im
äußeren Felde erfahren. Sie werden durch die innermolekularen
Bindungen der durch die Oberfläche von R zerschnittenen
Moleküle auf das Gebiet R selbst übertragen. So sitzt bei
1) M. Abraham, Frage der Symmetrie des elektromagnetischenSpannuugstensors. Ann. d. Phys. 44. p. 537. 1914.
2) A. Einstein u. J. Laub, Über die im elektromagnetischen Feldeauf ruhende Körper ausgeübten ponderomotorischen Kräfte. Ann. d.
Phys. 26. p. 541. 1908.
— 19 —
positiver äußerer Normale außen am Flächenelement dfv die
Ladung pvdfv, und auf sie wirkt im makroskopischen Felde
die Kraft tapvdfv. Der Spannungstensor des Vakuums wird
also durch die Anwesenheit des Dielektrikums vermehrt um
den Term zapr.Die bis jetzt angestellte Überlegung ist falsch oder bedarf
zum mindesten einer Ergänzung.Makroskopisches Feld und äußeres Feld sind durchaus
nicht identisch; denn entfernen wir das äußere Feld, halten
aber den Polarisationszustand der Materie in R und seiner
unmittelbaren Umgebung aufrecht, so verschwindet im allge¬meinen der Mittelwert des Mikrofeldes nicht. Die noch ver¬
bleibende Differenz zwischen äußerem und makroskopischemFelde, das sogenannte Polarisationsfeld, ist aber nie im Stande
die Materie in R in Bewegung zu setzen; denn zur Aufrecht¬
erhaltung des Polarisationszustandes bedürfen wir allerdingsbloß vorstellbarer, aber nur innerer Kräfte. Der bisherige Aus¬
druck des Spannungstensors ist daher zu ergänzen durch einen
Term ß-j, der den Kräften entspricht, die dasjenige äußere
Feld, das das Polarisationsfeld gerade zu Null ergänzt, auf
die Ladungen p" dfv ausübt. &* sind also Spannungen, die
bei verschwindendem makroskopischem Felde die Materie in
Folge des unverändert festgehaltenen Polarisationszustandes
erfährt. Wir werden jetzt von ihnen beweisen, daß sie ein
einfacher Druck sind.
Denken wir, die Materie in Jt sei vollkommen homogenund die Polarisation p" über das ganze Gebiet konstant. Dann
ist die Energiedichte in allen Punkten dieselbe und die Ge¬
samtenergie direkt proportional dem Volumen des Gebietes.
Erteilen wir der Materie irgendeine virtuelle Verrückung, die
weder den Polarisationszustand, noch das Volumen von B
ändert, so bleibt dabei seine Gesamtenergie konstant. Da das
makroskopische Feld Null vorausgesetzt wird, kommen zur
äußeren Arbeitsleistung nur die in der Oberfläche von M
wirkenden Spannungen &J in Betracht. Ihre Arbeit muß
also bei beliebiger volumentreuer Variation des Gebietes ver¬
schwinden, was nur möglich ist für einen über das ganze Ge¬
biet konstanten Druck &v — §rp. Wir schreiten zur Be-
Stimmung seiner Größe p.
2*
— 20 —
Das Polarisationsfeld im Element dfv der Oberfläche von
R hängt nicht nur vom Polarisationszustand an der betreffen¬
den Stelle, sondern von Konfiguration und Zustand des ganzen
Gebietes R ab. Diese Unbequemlichkeit veranlaßt uns Inde-
runyen, des Polarisationsfeldes und damit von p zu betrachten,und zwar solche, die eintreten infolge Variation der Zustands-
größen an der betrachteten Stelle allein. Da langsame Ver¬
änderlichkeit der makroskopischen Zustandsgrößen über physi¬kalisch kleine Gebiete eine wesentliche Voraussetzung dieser
ganzen Arbeit ist, haben wir uns insbesondere auf unendlich
hieine lokale Änderungen zu beschränken.
In diesem Sinne erteilen wir an der Stelle des Flächen-
elementes dfr dem makroskopischen Felde den Zuwachs dtavon gleicher Richtung wie der Vektor df„ selbst. Die Polari¬
sation ändere sich dabei um dpr und die früher berechnete,durch das makroskopische Feld allein erzeugte Spannung er¬
leidet die Zunahme:
d e„ y df, + eCT d p" dfr = d (e„ p)dfr.
Die dta entsprechende Zunahme des äußeren Feidos
machen wir wieder rückgängig und haben, um den Zuwachs
d!pv der Polarisation aufrecht zu erhalten, gewisse, bloß vor¬
stellbare, innermolekulare Kräfte anzubringen, die im Element
dfv eine Spannung ij ergeben. Kompensieren wir endlich
auch die dta entsprechende Zunahme des Polarisationsfeldes,so haben wir, um die Polarisation wiederum konstant zu
halten, die fiktiven Spannungen ij nach Definition des Druckes
Sjp zu vermehren um Sjdp. Schalten wir nun dta von neuem
zu, so erkennen wir, daß bei der speziellen Wahl tier relativen
Eichtung von dta und dfv die dadurch auftretende Spannungprdea gerade iJ + Sjdp Gleichgewicht hält, ij ist hervor¬
gegangen aus bloß inneren Kräften, ergibt also für jedes end¬
liche Stück Materie die Résultante null, so daß wir für unsere
Zwecke setzen dürfen:
ÖJdp + dtay = 0
woraus, eingedenk der gleichen Richtung von dfv und dt,
folgt:
dp = — p"dea
— 21 —
und aus dieser von der speziellen Wahl des Flächenelementes
unabhängigen Beziehung folgt der Druck selbst:
e
p= -JV^„-II
Das Integral ist zu erstrecken vom Polarisationszustand
Null bis zum tatsächlich vorhandenen Werte des Feldes und
zwar über die Folge von Zuständen, wie sie von der Materie
tatsächlich durchlaufen wurde.
Damit erhalten wir definitiv als elektrostatischen Spannungs¬tensor:
C = e„(e- + r) - <V'JV + r)dKo
oder nach Einführung des Vektors Verschiebung:
br = e" + p",
c
t "= e b" — S ' fba d e .
0
Eine zweite Ableitung, die sich noch enger an die Arbeit
von Einstein und Laub anschließt, mag das Resultat in
anderem Lichte zeigen.
Die Kraft &a auf das Gebiet R stimmt bis auf physi¬kalisch kleines höherer Ordnung überein mit der Kraft auf
das Gebiet S', das alle die, aber auch nur die Moleküle voll¬
ständig enthalte, die bei irgendeinem Polarisationszustand dem
Gebiete R ganz oder teilweise angehören. Die Oberfläche
von R' schneidet also keine innermolekularen Bindungen.
&a ist also die Resultante der Kräfte, die das äußere
Feld auf die Ladungen in R' direkt ausübt. Zu ihrer Be¬
stimmung entwickeln wir das makroskopische Feld in eine
Reihe
e„ - e./0 + !£*'Im Koordinatenursprung, den wir mitten ins Gebiet R'
hinein verlegen, hat das Feld den Wert ea/0. Der zweite
Term berücksichtigt seine langsame, in erster Annäherung
— 22 —
lineare Veränderlichkeit über R'. Betrachten wir zunächst —
wie wir wissen mit Unrecht — makroskopisches und äußeres
Feld als identisch, so wird
IV IV
Für die der wahren Ladungsdichte qw angehörende Elek¬
trizität ist das erste Integral = o,„ • R' und das zweite gleichNull. Bei Integration über die in ihrer Summe Null ergebenden
Ladungen der Moleküle wird dagegen das erste zu Null und das
zweite nach Definition der Polarisation = pr B', so daß wir
vorläufig als Kraftdichte erhalten
" E a "y 6 x>'r
Erinnern wir uns jetzt des Unterschiedes zwischen makro¬
skopischem und äußerem Felde, so erkennen wir, daß auch
dieser Ausdruck zu ergänzen ist durch die oben berechnete
Druckkraft, für die ich leider bis jetzt eine einfachere und
unmittelbarere Ableitung nicht zu geben vermag. Die elek¬
trostatische Kraftdichte wird also endgültige
0
oder wegen der Feldgleichung
f) V d pv_
f'.v+ Iür~
~~ ""'"
0
Da der erste Term sich in bekannter Weise als Diver¬
genz der Maxwellschen Spannungen im leeren Eaume schreiben
läßt, ist die.Identität mit dem ursprünglichen Resultate nach¬
gewiesen.
Damit verlassen wir das Gebiet der Elektrostatik und
gehen über zur Berechnung der Kraftdichte bzw. des Impuls¬
energietensors im allgemeinen Falle eines beliebigen, raum¬
zeitlich veränderlichen elektromagnetischen Feldes im Innern
— 23 —
elektrisch und magnetisch polarisierbarer Materie. Wir können
uns kurz fassen; denn sie macht sich durch fast wörtliche
Übertragung der vorstehenden Überlegungen aus dem drei¬
dimensionalen Raum in die vierdimensionale Welt. So treten
zum Impulsenergietensor im leeren Raum
F F"'+18*F«ßF
.
a ti'
4 ff aß
m der Oberfläche des beliebigen, physikalisch kleinen Welt¬
gebietes G als neu hinzu die Kräfte
F M"*df,
an iv'
die das makroskopische Feld auf die außen am Element dfrhaftenden Polarisationsladungen ausübt. Wegen des Unter¬
schiedes von makroskopischem und äußerem Felde — im Fall
der Magnetostatik tritt er besonders klar zutage — sind sie
zu ergänzen durch Spannungen Oa*, von denen, durch die voll¬
kommen entsprechende Variationsbetrachtung wie oben, an
einem Weltgebiet und der in ihm beschlossenen Wirkungsgrößebewiesen wird, daß sie einen einfachen Druck 0 "
= S v p be-.. GO*
deuten. Die Übertragung der Berechnung von p lür das
elektrostatische Feld auf den Fall der Magnetostatik, die
Superposition der zwei Spezialfälle zum allgemeinen des elek¬
tromagnetischen Feldes und endlich die Formulierung des
Resultates im vierdimensionalen Kalkül ergeben
I)
Die kleinen Buchstaben m«' und faß von Polarisation und
Feld sollen daran erinnern, daß sie hier laufende Größen be¬
deuten und die wirklich vorhandenen Zustandsgrößen M"ß und
F. nur als obere Grenze des Integrals auftreten. Inte¬
grationsweg ist wieder die Folge von Zuständen wie sie die
Materie tatsächlich durchlaufen hat.
Der Impulsenergietensor wird jetzt endgültig
F
Tv = F (F" + Mu,) + <v1
0
' + maß)dfnß,
24
oder nach Einführen des Tensor Verschiebung B^v = F?" + M^*
Die Kraftdichte xa folgt aus ihnen im allgemeinen Fall zu
V>*„= J^WffT/} )au\ IffTf.
wo ff die negative Determinante der Gravitationspotentiale und
das Ohristoffelsche Dreiindizessymbol {y} die negative Gra¬
vitationskraft bedeuten. Für verschwindendes Schwerefeld re¬
duziert sie sich auf
(10) x. =cîL»
und nur in dieser speziellen Gestalt wird sie uns in der Folgenoch beschäftigen.
Von Tj spaltet sich in natürlicher Weise der Tensor des
leeren Raumes ab. Der ihm entsprechende Anteil der Kraft¬
dichte läßt sich bekanntlich umformen zu
Ffi Ff
"f a xr
so daß mit Benützung der Feldgleichung (IIb) xa sich schreiben
läßt
= F J>< + df°" Mf ! / I— fm*ßdf A««
'-riXv
id x" \ 2 J ' "ß j
Das Induktionsgesetz (II c) vermittelt die Beziehung
iikBMi1' =
2 dx"
so daß die Kraftdichte in der bemerkenswerten Gestalt er¬
scheint
— 25 _
Kapitel IV. Diskussion der Resultate des vorausgehenden.
Kapitels.
Welches sind die Gültigkeitsgrenzen des aufgestellten Im¬
pulsenergietensors ?
Wie schon erwähnt, eine wesentliche Voraussetzung dieser
Arbeit ist die langsame Veränderlichkeit der makroskopischenZustandsgrößen Feld und Polarisation über physikalisch kleine
Weltgebiete.
Ferner muß die Möglichkeit der scharfen Trennung von
Polarisationsstrom und wahrem Strome gegeben sein, d. h.
Geltung der Bedingung (2).
Dem letzten Kapitel liegt unausgesprochen die Annahme
zugrunde, daß die Zahl der Moleküle in einem zur Materie
ruhenden Baumvolumen sich während des Polarisierens nicht
ändere. Trifft das nicht zu, d. h. variiert der elastische Ver¬
zerrungszustand der Materie, so bleibt der aufgestellte Tensor
gültig, sofern wir die aus ihm folgende Kraftdichte nicht auf
die Volumeneinheit, sondern stets auf die im unverzerrten Zu¬
stand in der Volumeneinheit enthaltenen Moleküle beziehen
und, sofern wir zur Kraftdichte die durch die elastische Ver¬
zerrung mitbestimmten Striktionskräfte beifügen. Auf sie
wollen wir hier nicht eingehen.
Diese Einschränkungen zugegeben, kann die Materie im
übrigen beliebig beschaffen sein; insbesondere gilt der Tensor
für amorphe, wie kristallisierte Körper, für Ferromagnetikamit und ohne Hysterese, ja selbst für dispergierende Medien,was allerdings von geringer Bedeutung ist, da Dispersion erst
bei Feldfrequenzen aufzutreten pflegt, die außerhalb der For¬
derung langsamer Veränderlichkeit über physikalisch kleine
Weltgebiete liegen.
Zum bequemen Vergleich mit den früheren Arbeiten über
denselben Gegenstand spalten wir bei ruhender Materie nach
Raum und Zeit und notieren im folgenden Schema die
Buhkomponenten des Tensors in dreidimensionaler Vektor-
analysis:
— 26
T'
e.rb, + %ix
t1
-/|(b,de)+(M$)}|e*by+ !),.&,, jeA+$*&«!i !
-[b,b]x
tybx + tj./f), ej,b,, + Ij,yb„
f
-/{(Me) + (M$)l|e,b. + lj,bT
o 1
-[b.b],;
e^+ tizh,, e.b„+6»6,;;1
e,b, + M» -/{(b,rfe)+(6,d$)} -!&,&],
Ml [e,ft. 1 [e,t)l j J*{(e,rfb) -f ($,db)l0
Für lineare Abhängigkeit der Polarisation vom Felde
degeneriert Tj zum Tensor von Minkowski.1) Die elektro¬
statischen Spannungen sind identisch mit den Ausdrücken,e
wie sie Cohn-) durch Variation der Energiedichte I (e, dfyo
gefunden hat. Energiedichte und Energieströmung treten auf,wie wir es verlangen müssen.
Es fällt in die Augen, wie weitgehend die alte Hertz-
sche Symmetrie der Feldgrößen je,ï)}{b,h} sich behauptet.Würden nicht der eigentümlich verschiedene Kovarianzcharakter
der beiden Maxwellschen Gleichungssysteme und die elek¬
tronentheoretische Deutung so entschieden für die Abraham -
sehe Symmetrie fe, 6}{b, fi} sprechen, man wäre versucht, beim
Anblick des aufgestellten Impulsenergietensors von neuem der
Hertzschen den Vorzug zu geben.
Wir wenden uns jetzt zur Besprechung der Asymmetriedes Impulsenergietensors.
Daß der gemischte Tensor Tav asymetrisch ist, kann uns
nicht wundern; allein auch die rein kovarianten, bzw. kontra-
varianten
sind es.
T =a T" undr,v 'S v a ci
'Vor___ fjo a rV v
1) H. Minkowski, a. a. 0.
2) E. Cohn, Das elektromagnetische Feld (Hirzel 1900).
— 27 —
Der mathematische Ausdruck dafür ist die Existenz des
Differenztensors
J<" = Tav — T"° = F " Mi' •'— M ° Ffv
Seine räumlichen Ruhkomponenten
[e,p] + [m,6] = (J32, J13, J21)
bedeuten bekanntlich das auf die Volumeneinheit der Materie
ausgeübte Drehmoment und seine zeitlichen
[b,ö] + [m,e] = (J", J«, J«)
den Überschuß der Impulsdichte über den Energiestrom.Das scheint bedenklich, wenn man sich vergegenwärtigt,
welche Bedeutung der Gleichheit von Impulsdichte und Energie¬strom, als dem mathematischen Ausdruck für die Trägheitder Energie, wie für den energetischen Ursprung aller trägen
Masse, innewohnt. Einwände, die von dieser Seite gegen den
aufgestellten Tensor gemacht werden, ist entgegen zu halten,daß die eigentlichen und strengen Naturgesetze die Mikrö-
gesetze sind. Durch ihre unter gewissen Voraussetzungen[hier insbesondere Gleichung (2)J errechneten Mittelwerte,werden sie natürlich nicht angetastet.
Es bleibt aber weiter zu erläutern, wie aus einem sym¬
metrischen Tensor durch Ausüben des Prozesses der Mittelung (1)ein asymmetrischer entstehen kann. Hierzu das Folgende:T " beansprucht garnicht der durch (1) definierte strenge Mittel¬
wert des symmetrischen Mikrotensors zu sein, ist es sogar
sicher nicht, denn im unpolarisierten Zustand entspricht dem
Mikrofelde, obschon sein Mittelwert verschwindet, doch eine
von Null verschiedene und daher niemals durch makroskopischeZustandsgrößen ausdrückbare Energiedichte.
Die Frage endlich, ob Tj wenigstens den Zuwachs dar¬
stellt, den der Mittelwert des Mikrotensors durch das Polari¬
sieren erleidet, lassen wir offen; denn es ist sehr wohl mög¬
lich, daß die Symmetrieeigenschaften von Tensorkomponenten,die sich über das physikalisch kleine Mittelungsgebiet derart
wild ändern, wie das beim Mikrotensor des elektromagnetischenFeldes der Fall ist, dem Mittelwerte nicht erhalten bleiben.
— 28 —
Daß beispielsweise ein physikalisch kleines Stück eines Kri-
stalles in einem elektrischen Felde ein Drehmoment erfährt,obschon das für ein unendlich kleines Gebiet nicht zutrifft,kommt nur daher, daß schon im einzelnen Molekül entgegen¬gesetzte Ladungen vorhanden sind, die Ladungsdichte ç also
eine in dem physikalisch kleinen Stück unzählige Male zwischen
positiven und negativen Werten hin- und herspringende Funk¬
tion darstellt.
Tj ist daher für uns nichts anderes als der Tensor, den
man ansetzen muß, um die richtige Kraftdichte zu erhalten.
Zur Diskussion der Kraftdichte selbst stützen wir uns auf
Gleichung (11). Der erste Term ist die Kraft auf den wahren
Strom. Die zwei anderen sind Kräfte auf die polarisierbareMaterie. Im allgemeinen, d. h. bei Anwesenheit von Hysteresehängt das Integral
jm"fdfnß
vom Integrationsweg ab. Für hysteresefreie Medien ist da¬
gegen m"ßdfBg ein exaktes Differential, was z. B. für aniso¬
trope, linear polarisierbare Dielektrika zu den bekannten In-
tegrabilitätsbedingungen
führt, wo die e'* die durch
b' = *'*e„
definierten Dielektrizitätskonstanten bedeuten. Der Wert des
Integrals ist also durch die Grenzen allein bestimmt, und wir
sind imstande, seinen Gradienten auszudifferenzieren:
fix° bJ '»«J 2 Sa" * J dx° laßO 0
Der erste Term rührt her vom Gradienten des Feldes,der zweite allein vom Gradienten der eindeutig vorausgesetztenAbhängigkeit der Polarisation vom Felde. Die Kraftdichte
nimmt also für hysteresefreie Medien die ganz einfache Ge¬
stalt an:
(12)
Abgesehen vom wahren Strom erfährt also ein hysterese¬freies Medium in einem beliebigen elektromagnetischen Felde
außer Drehmomenten nur da Kräfte, wo die funktionelle Ab¬
hängigkeit der Polarisation vom Felde einen Gradienten
zeigt; also insbesondere ein homogener Körper nur in seiner
Oberfläche, und zwar senkrecht zu ihr. Das ist ein Resultat,das bei einer Impulsdichte [e, f)] statt [b, b] niemals erfüllt
wäre, und hier müßte der Experimentator einsetzen, der hier¬
über den allerdings schwer zu führenden praktischen Entscheid
für nötig hält.
Für isotrope Körper, deren Materialgleichungen durch
b = ee
und
b = fit)
gegeben seien, wo die Dielektrizitätskonstanten" raumzeitlich
variabel, noch beliebige eindeutige Funktionen e(e) und fi[b)des Feldes bedeuten, nehmen die Ruhkomponenten der Glei¬
chung (12) die bekannten, hier aber mit erweitertem Gültigkeits¬bereich auftretenden Werte an:
e b
*i,«.8 = ft6] + ?e-Jgrade(e,rfe) -Jgrad (~-) (6, di)O 0
*4 = -M-J-^-Mej-J—^^M6).« 0
Die Leistungsdichte enthält außer dem Joule sehen Effekt
(i, e) noch Glieder, die dann von NuU verschieden sind, wenn
c und n noch explizite von dtr Zeit abhängen, was z. B. da
der Fall sein wird, wo sie beide Funktionen der Temperaturund diese sich mit der Zeit ändert.
— 30 —
Es ist das Eesultat dieser Arbeit, nachgewiesen zu
haben, daß man zur Lösung des elektromagnetischen Problems
im groben (makroskopisch) im Innern ponderabler, bewegterMaterie in jedem Weltpunkte außer dem wahren Viererstrom
nur eine einzige, durch die Konfiguration der Mikroladungenallein bestimmte Größe, nämlich den durch Gleichung (IId)definierten Tensor der Polarisation in seiner Abhängigkeit vom
Mittelwerte des Feldes, von Temperatur, elastischem Ver¬
zerrungszustand etc. kennen muß.
— 31 —
Lebensabriß.
Ich, Hans Walter Dällenbach von Otterbach (Kan¬ton Bern) bin am 29. Mai 1892 in Burgdorf geboren als Sohn
«ines Beamten. Nach vier Jahren Primarschule trat ich im
Frühling 1903 daselbst in das städtische Gymnasium ein. Die
Tertia brachte den Übergang aus der humanistischen Abtei¬
lung in die realistische, die ich im Herbst 1911 mit dem
Reifezeugnis verließ. Meine unmittelbar darauffolgenden Stu¬
dienjahre an der Maschineuingenieurabteilung der E. T. H.
fanden ihren Abschluß im Sommer 1916 durch das Diplomfür Elektroingenieure. Seit Oktober 1916 bin ich als Assistent
für Maschinenzeichnen und Konstruieren bei Herrn Prof. Meyerin Stellung.
Außer durch eine zweimalige Ferienpraxis in den Werk¬
stätten und im „Bureau de Lausanne" der Maschinenfabrik
Örlikon erfuhren sowohl das Studium, wie auch meine Tätig¬keit als Assistent öfters kürzere und längere Unterbrüche durch
Militärdienst. Seit 1912 in den letzten Jahren als Leutnant
der Feldartillerie war ich bis heute an ca. 800 Tagen ent¬
weder einberufen oder dann in Zivil mit militärischen Arbeiten
beauftragt.Es ist mir eine angenehme Pflicht, allen meinen hoch¬
verehrten Lehrern, insbesondere den Herren Professoren Albert
Einstein, Aurel Stodola, Hermann Weyl und Fritz
Medicus, die auf meine Bildung in technischer, wie vor allem
in physikalisch-mathematischer und philosophischer Beziehungvom größten Einfluß waren, an dieser Stelle meinen tiefen
Dank auszusprechen.Meiner Mutter aber, die nach dem frühen Tode meines
Vaters die ganze Last der Erziehung ihrer drei Söhne allein
zu tragen wußte, widme ich diese Arbeit.