erscheinungsformen von gefühls- und verhaltensstörungen 1 · 17.10.2016 2 definition nach ccbd 1....
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17.10.2016
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Spezielle Störungsbilder
� Schwierigkeiten in der Begriffsbestimmung
� Symptomatik/ Ätiologie
� Klassifikation
� Spezielle Störungsbilder◦ Hyperaktivität◦ Aggression◦ autistische Störungen◦ Angststörungen
� Literatur
� Inhaltliche Bedeutung des Begriffs „Verhaltensstörung“ unscharf
� Störungen des Sozialverhaltens, der emotionalen Verarbeitung und Mischformen mit psychiatrischen Krankheitsbildern
� Vielfältige Begriffe für Verhaltensstörungen:◦ schwererziehbare Kinder◦ erziehungsschwierige Kinder◦ verhaltensauffällige Kinder◦ Kinder mit herausforderndem Verhalten◦ Kinder mit emotional- sozialen Entwicklungsstörungen◦ Kinder mit Gefühls- und Verhaltensstörungen
� Unsicherheiten bei konkreter Bestimmung
� im schulischen Bereich dominiert Begriff „Verhaltensstörung“
� Im Feld der außerschulischen Erziehungshilfe Terminus „seelische Behinderung“
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� Definition nach CCBD
1. Der Begriff Verhaltensstörungen beschreibt
Beeinträchtigungen, die in der Schule als emotionale
Reaktionen und Verhalten wahrgenommen werden und
sich von altersangemessenen, kulturellen oder ethnischen
Normen so weit unterscheiden, dass sie auf die
Erziehungserfolge des Kindes oder Jugendlichen einen
negativen Einfluss haben. Erziehungserfolge umfassen
schulische Leistungen, soziale, berufsqualifizierende und
persönliche Fähigkeiten.
� Eine solche Beeinträchtigung
◦ ist mehr als eine zeitlich begrenzte, erwartbare Reaktion
auf Stresseinflüsse in der Lebensumgebung,
◦ tritt über einen längeren Zeitraum in zwei verschiedenen
Verhaltensbereichen auf, wobei ein Bereich
schulbezogen ist
◦ ist durch direkte Intervention im Rahmen allgemeiner
Erziehungsmaßnahmen nicht aufhebbar
2. Gefühls- und Verhaltensstörungen können im
Zusammenhang mit anderen Behinderungen
auftreten
3. Diese Behinderungskategorie schließt Kinder und
Jugendliche mit schizophrenen Störungen,
psychosomatischen Störungen, Angststörungen und
anderen dauerhaften Störungen wie soziale und
Anpassungsstörungen mit ein, wenn sie die
Erziehungserfolge (Punkt 1) negativ beeinflussen.
� Verhaltensstörungen sind ein komplexes Wechselspiel zwischen◦ emotionalem Erleben◦ sozialen Kompetenzen◦ Leistungsverhalten und◦ körperlichen Status
� Verhaltensweisen sind keine „normalen“ Abweichungen von beliebig gesetzter Norm
�beeinträchtigen die Entwicklungschancen�belasten Familien- und Lebenswelten
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� bis zu 2/3 aller Kinder mit Verhaltensstörungen leiden auch unter Aufmerksamkeitsstörungen + Begleiterscheinungen der Hyperaktivität
� Es wird unterschieden zwischen extroversiven◦ z.B. Hyperaktivität,◦ aggressives Verhalten
und introversiven Erscheinungsformen◦ z.B. depressive Verstimmung◦ Angst
� schwierig zu beantworten durch Verschiedenheit kindlicher Lebenswelten
� Auffälligkeiten des Verhaltens ist Ausdruck einer Imbalance kindlicher Entwicklungsbedürfnisse und der Lebenswelt
� eventuell auch◦ belastender Familiendynamik◦ fehlende elterliche Erziehungskompetenz◦ traumatisierender Lebenserfahrung◦ Beziehungsabbrüche
� geschlechtsspezische Unterschiede wurden festgestellt
� bis etwa zum Pubertätsalter überwiegend Jungen mit extroversiver Symptomatik
� für Praxis wäre es wünschenswert, wenn Zuordnung nach einem bestimmten Kriterium möglich wäre
�d.h. auf Grund bestimmter Erscheinungsweisen Rückschlüsse auf Ursache oder Interventionsmethode möglich wäre
�jedoch nicht möglich; ein und dasselbe auffällige Verhalten kann unterschiedliche Ursachen haben
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� Notwendigkeit? – JA!
◦ Wahl der spezifischen Therapieformen◦ Unterstützung durch Integrationshelfer,
Schulbegleitung…◦ Ambulante Therapien und Förderungen◦ Sonderunterricht (Einzelunterricht, verkürzte
Beschulung…)
Zwangs-störungen
Emotionale Störungen
Psychosen
Entwickl.-störungen
Störungen Störungen der Aus-
scheidungen
Expansive Vh-
störung
Komb. St.
Emotionen
Komb. St. des
Sozialvh. Und der
Emotionen
Tic-Störungen
Störungen sozialer
Funktionen
� AD(H)S
� Aggression
� autistische Störungen
� Angststörungen Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung
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� ohne begleitende motorische Unruhe
� mit ADS abgekürzt (Träumerchen)
KERN-
SYMPTOME
DER AD(H)SAufmerk-
samkeits-
störung
Impulsivität
motorische
Unruhe
� Aufmerksamkeitsstörung◦ Konzentrationsmangel◦ verminderte Aufmerksamkeit◦ vermehrte Ablenkbarkeit
� Impulsivität◦ unzureichende Steuerungsfähigkeit (zuerst handelnd, dann
denken)◦ fällt den Betroffenen schwer abzuwarten und Gefühle und
Gedanken zu kontrollieren◦ Kinder werden rasch wütend, zeigen aufbrausende
Reaktionen
� Hyperaktivität◦ motorische Unruhe (meist bei jüngeren Kindern)◦ in Schule: Umherlaufen, Nachbarn stören◦ Jugendliche/junge Erwachsene: innere Anspannung
� Denken Sie bewusst über einen Schüler ihrer Schule nach, auf den die Kernsymptome zutreffen. Notieren Sie sich konkrete Situationen zu den entsprechenden Symptomen. Berichten Sie ihrer Gruppe von diesem Schüler.
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� genetische Faktoren spielen eine Rolle
� aus Studien bekannt, dass AD(H)S familiär gehäuft auftritt
� psychosoziale Bedingungen, wie Erziehung und Reaktionen der Umwelt (ABER: Erziehung eher verlaufsbestimmenden Einfluss, keinen ursächlichen)
� Schulleistungsprobleme
� herabgesetztes Selbstwertgefühl
� vermindertes Selbstvertrauen
� gestörtes Sozialverhalten
� Außenseiterrolle
Therapeutische M. Medizinische M.
� Bachblütentherapie
� Phosphattherapie
� Kognitive Verhaltensprogramme
� Stimulanzien wie Methylphenidat
(Ritalin, Medikinet)
� Atomoxetin (ähnlich wie
Antidepressiva):Strattera
� Nebenwirkungen: Kopfweh,
Appetitminderung
�Aufklärung über Störungsbild (Eltern, Lehrer, Erzieher UND Betroffener selbst!!!)
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� 2 gegensätzliche Konzeptionen
◦ Prinzip der Reizreduktion (Cruickshank)
◦ möglichst stimulierende Lernumgebung (Zentall)
� strukturiert, nicht überfrachtet
� für das Kind vorhersehbar
� Signale für die Beachtung von Verhaltensregeln an wichtigen Stellen
anbringen
� Einzeltisch in erster oder zweiter Reihe
� Kontakt zu Klassenkameraden mit Vorbildfunktion herstellen
� Einrichtung von Arbeitszellen (Cruickshank)
� motorische Aktivitäten ermöglichen
� gestaltete Pausen, Sportunterricht
� Basis bleibt verständnisvolle, möglichst unbelastete Lehrer-
Schüler- Beziehung!
� unter Aggression wird ein Verhalten verstanden,
dass Personen oder Gegenständen Schaden
zufügt oder eine solche Schädigung intendiert
� als Verhaltensstörung lässt sich aggressives
Verhalten erst bezeichnen, wenn Kinder oder
Jugendliche dieses Verhalten in mehreren
sozialen Kontexten über eine längere Dauer (min.
6Monate) in nicht entwicklungsgemäßer Weise
und mit großer Häufigkeit zeigen
� Aggressivität = Persönlichkeitsmerkmal, Bereitschaft zu aggressiven Verhalten
� Aggressionen stehen für gezeigte Verhaltensweisen
� verschiedene Formen:
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� verschiedene Untersuchungen -Schwankung zwischen 2-10% der Kinder und Jugendlichen
� Jungen dreimal so häufig vertreten, wie Mädchen
� early starters: je früher sich aggressive Verhaltensstörung manifestiert, desto schlechter die Prognose ◦ hohe Stabilität,
◦ Delinquenz, Kriminalität
� late starters: späte Kindheit oder Jugendalter;◦ Delikte weniger schädigend,
◦ abhängig vom sozialen Umfeld
� je nach gewählter Entstehungstheorie
verschiedene Ansätze der Förderung
◦ Spieltherapie (psychodynamische Theorien)
◦ Katharsis-Methoden (Ausleben von Aggressionen)
◦ Life-Space-Interview (Ich-Stärkung; Redl)
◦ Verhaltensmodifikation (Lerntheorien)
motivierender Unterricht
klare Regeln (tatsächliche Kontrolle)
frühes Eingreifen
Feedback geben
Humor
Übertrag von Verantwortung
Einbezug der Eltern
� Notieren Sie Maßnahmen im Unterricht, die helfen können aggressiven Verhaltensweisen vorzubeugen. Stellen Sie diese den Maßnahmen bei ADHS gegenüber und nennen Sie je 2, die Sie sich für Ihren eigenen
Unterricht vorstellen könnten.
� Besprechen Sie Ihr Ergebnis mit einem Partner
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1. Teil - ALLEINE
� Notieren Sie Maßnahmen im Unterricht, die helfen können aggressiven Verhaltensweisen vorzubeugen.
� Stellen Sie diese den Maßnahmen bei ADHS gegenüber und
� nennen Sie je 2, die Sie sich für Ihren eigenen
Unterricht vorstellen könnten.
2. Teil
� Gruppenbildungsprozess:
� Besprechen Sie Ihr Ergebnis mit einem Partner
� 1. Phase = Konstruktion� Denkphase, Einzelarbeit� Vorwissen wird mit Wissen verbunden
� 2.Phase Ko-Konstruktion� Lernende stellen ihr Ergebnis vor und tauschen
sich darüber aus� jeder einzelne vergleicht die Aussagen mit seinen
Konstruktionen (mitunter Reversionen vorgenommen)
� dies führt zum Lernen!!!
Asperger-Syndrom
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� tiefgreifende Entwicklungsstörungen
� ausgeprägte Beeinträchtigungen der sozialen Kontakt- und Beziehungsaufnahme
� Einschränkungen der Kommunikation und Sprache
� man unterscheidet:◦ frühkindlichen Autismus (Kanner-Syndrom)◦ autistische Persönlichkeitsstörung (Asperger-
Syndrom)
� wird häufig als leichte Form des Autismus angesehen
� unterscheiden sich in 4 Aspekten
◦ kaum oder gar keine Sprachentwicklungsverzögerung
(Sprache hat kommunikative Funktion; Sprechweise wirkt
aber oft gestelzt und pedantisch; Sprachklang ist auffällig;
manche Kinder reden unentwegt über bestimmte Themen,
ohne zu bemerken, dass sie auf kein Interesse stoßen
◦ Abgewandheit weniger ausgeprägt � sind an anderen
Menschen interessiert, zeigen sich dabei aber ungeschickt;
Fähigkeit sich in andere einzufühlen, ist begrenzt
◦ IQ liegt über 70, manchmal sogar im
überdurchschnittlichen Bereich; entwickeln
ungewöhnliche Interessen, denen sie sich mit großer
Hingabe und Zeitaufwand widmen (z.B. Landkarten
anschauen und auswendig lernen); auffällig lebhafte
Fantasie
◦ viele motorisch ungeschickt; zeigt sich oft schon in den
ersten Lebensjahren, in denen übrigen Symptome noch
nicht so deutlich in Erscheinung treten
� hat einen etwas späteren Beginn, als frühkindlicher
Autismus
� oft erst spät erkannt (häufig nach der Einschulung)
� Kernsymptomatik verändert sich nicht grundsätzlich im
Laufe der Entwicklung zum Jugendlichen und zum
Erwachsenen
� auch intellektuell recht gut begabte Kinder haben
zeitlebens Schwierigkeiten, das emotionale
Ausdrucksverhalten, die Qualität von Berührungen und den
Tonfall anderer Menschen wahrzunehmen
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� das Asperger-Syndrom wird bei Jungen etwa
viermal häufiger diagnostiziert
� Mädchen können fehlende soziale Fertigkeiten in
der Regel besser kompensieren. Sie verhalten sich
angepasster und werden daher seltener einem Arzt
vorgestellt.
� in der Schule fällt es Kindern mit Asperger-
Syndrom schwer, sich an Regeln zu halten
� in Teilbereichen (z.B. in der Mathematik)
beeindrucken sie mit Detailwissen
� in anderen Bereichen fehlen ihnen die Grundlagen
� Ihre Ungeschicklichkeit führt im Sportunterricht zu
Schwierigkeiten
� das Kind hat wenige oder keine Kontakte zu
Gleichaltrigen; Freundschaften entstehen meist
nicht, weil das Kind sehr ich-bezogen handelt und
seiner Umgebung mit seinem Spezialinteresse und
ständigen Wiederholungen sehr auf die Nerven
gehen kann
� das mangelnde Verständnis für die Gefühle und
Bedürfnisse anderer Menschen und die
kommunikativen Defizite führen zu Schwierigkeiten
im sozialen Bereich
� häufig äußert das Kind verletzende Bemerkungen,
ohne Böses zu wollen
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Stärken Schwierigkeiten
� Aufrichtigkeit, Loyalität, Zuverlässigkeit
� ausgeprägter Gerechtigkeitssinn
� gutes Gedächtnis, was das Spezialinteresse betrifft
� große Leistungsbereitschaft
� fotografisches Gedächtnis
� motiviert, dankbar und anhänglich bei Anerkennung und Lob
� erfassen Situationen nicht als Ganzes, orientieren sich an unbedeutsamenMerkmalen
� können Gelerntes nicht auf ähnliche Situationen übertragen, „kleben“ an Beispielen
� können ihre Aufmerksamkeit nur schwer auf Neues ausrichten
� sind vergesslich und leicht ablenkbar
� legen Sprache wortwörtlich aus� können die Wirkung ihres Verhaltens
auf andere schwer einschätzen
� reagieren zum Teil sensorisch über-oder unterempfindlich (Geräusche, Berührungen, Licht, Temperaturen)
� haben Schwierigkeiten mit der zeitlichen Organisation, d.h. sie wissen nicht, was wann zu tun ist
� haben Schwierigkeiten mit der räumlichen Organisation, d.h. sie wissen nicht, wo was hingehört
Annahme des Kindes wie es ist
Beratung des Betroffenen, der Eltern und Lehrer
Schaffung von klaren und bleibenden Strukturen
Einübung von Routinen
behutsame Förderung von Sozialkontakten
Schaffung von Rückzugsmöglichkeiten
Vermeidung von Redewendungen,
die missverstanden werden könnten
Anerkennung des Spezialinteresses
Lob
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� der Begriff Angst bezeichnet die unangenehme emotionale Reaktion gegenüber Situationen, die als bedrohlich erlebt werden
� zeigt sich in Verhaltensweisen. wie Unterlegenheit, Verlegenheit, geringes Selbstbewusstsein, deprimierte Stimmung, Schüchternheit oder leichte emotionale Verletzbarkeit
� Ängstlichkeit bezeichnet die überdauernde Bereitschaft, ängstlich zu reagieren
� � Ängstlichkeit besteht bei jedem Menschen
� als Störung kann erst eine stark überhöhte und chronische Tendenz, Angstgefühle zu erleben, bezeichnet werden
� Angst = internalisierende Störung
� Häufigkeit schwer zu bestimmen
� Angststörungen ziehen weniger Aufmerksamkeit auf sich, als externalisierende Störungen
� Mädchen sind bei dieser Störungsform überrepräsentiert
Formen kindlicher
Angst
Trennungsangst
Kontaktvermeidung
Überängstlichkeit
weitere Formen
(Kinder und
Erwachsene)
Panikstörungen
Phobien
Zwangsstörungen
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� Finden Sie sich mit einem Partner zusammen und lösen Sie die Aufgabe!
Medikation (Antidepressiva)
Systematische Desensibilisierung
Überflutung (flooding)
kognitive Strategien
kombinierte Verfahren
� Vermittlung emotionaler Sicherheit und Stabilität
� Pflege von Ritualen
� Vermittlung von Handlungskompetenzen zur Bewältigung angstauslösender Situationen
� Entspannungsübungen (Meditation, Musik und Kunst)
� Brisch; K.-H.; Bindungsstörungen. Von der
Bindungstheorie zur Therapie; Klett-Cotta Verlag;2005
� Essau/ Conradt; Aggressionen bei Kindern und
Jugendlichen ; Ernst Reinhardt-Verlag 2006
� Hillenbrand, C.; Einführung in die Pädagogik bei
Verhaltensstörungen; Ernst Reinhardt-Verlag 2004
� Opp, G.; Arbeitsbuch schulische Erziehungshilfe;
Klinkhardt Verlag 2003
� Trapmann, H.; Auffälliges Verhalten im Kindesalter; Verlag
modernes Lernen 2004