evaluation einer fortbildungsreihe zur alltagsintegrierten sprachförderung in der kita 18.06.2011...
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Evaluation einer Fortbildungsreihe zur alltagsintegrierten Sprachförderung in der Kita
18.06.2011 UNIVERSITÄT ROSTOCK | INSTITUT FÜR SONDERPÄDAGOGISCHE ENTWICKLUNGSFÖRDERUNG UND REHABILITATION
Projektleitung: Prof. Dr. Jungmann, Prof. Dr. Koch
Projektmitarbeiterinnen: Stefanie Reck, B.A., Franziska Faber, B.A.
1. Einführung: Späte Sprecher - Prävalenz und Prognose
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andauernde Sprachdefizite
kognitive Probleme
schulische Lernprobleme
KommunikationsproblemePsychosoziale Probleme
bislang unauffällige Kinder
24 Monate
13-20% späte Wortlerner („Späte Sprecher“) unauffällige Kinder
ca. 50% der Kinder zeigen Sprachentwicklungsstörung
ca. 50% holen den Sprachrückstand auf
(„Spätzünder“)
Verfestigung der Störung
3-4 Jahre
(nach Grimm, 2003)
1. Einführung
• Kontext: Bildungskonzeption 0-10 Jahre
• Entwicklung eines Fortbildungsprogramm für ErzieherInnen zur alltagsintegrierten Sprachförderung in der Kita
Zielgruppe: Alle Kinder einer Einrichtung im Alter von 2 bis 6 Jahren Orientierung an in der Praxis bewährten Konzepten Modifizierung entsprechend der regionalen Besonderheiten des Landes
Vorschulische Sprachförderung
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• Heidelberger Trainingsprogramm zur frühen Sprachförderung in Kitas (Buschmann et al., 2010)
• Optimierung des Sprachmodells der ErzieherInnen• insbesondere in den frühen Phasen der Sprachentwicklung effektiv
• Programm Kinder-Sprache-stärken (DJI, Jampert et al., 2009)• Einsatz von Rhythmus- und Reimspielen zur Förderung der phonologischen Bewusstheit (insbesondere 4-6 Jahre)• Einsatz von Medien zur alltagsintegrierten Sprachförderung
• Konzept zur frühen sprachlichen Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund in M.-V. (KomMig)
3 Komponenten
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2. Konzept der alltagsintegrierten Sprachförderung
• Auf die Höhe des Kindes begeben• Direkte Zuwendung• Blickkontakt• Abwarten, was das Kind sagen möchte• Dem Kind aufmerksam und interessiert zuhören• Beim Reden nicht unterbrechen• Bestätigend aufgreifen, was das Kind gesagt hat• Einfache kurze Sätze verwenden• Langsam, deutlich und mit guter Betonung sprechen• Interessiertes Nachfragen• Spaß am Sprechen vermitteln
(Buschmann & Joos, 2007)
Grundprinzipien sprachförderlicher Kommunikation
(sprachförderliche Grundhaltung)
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• ressourcenorientierte Sprachförderung aller Kinder im Kitaalltag „Das „neue Bild vom Kind“ ist mit dem Paradigmenwechsel von der Defizit- zur Ressourcenorientierung der Arbeit verbunden .“ (Klusemann, 2010, S. 6, Bildungskonzeption für 0- bis 10-jährige Kinder in M-V)
• Orientierung am kindlichen Sprachentwicklungsstand• Sprachförderung in der Zone der nächsten Entwicklung• Optimierung des Sprachmodells der ErzieherInnen • Beachtung der Bedeutung der Peer-Interaktionen für die Kommunikations- und Sprachentwicklung der Kinder • Zusammenarbeit zwischen Kita und Familie
Ziele
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2. Konzept der alltagsintegrierten Sprachförderung
3. Fortbildung der ErzieherInnnen
• ErzieherInnen = kompetente Nutzer der Sprache, die Einstieg und Ausbildung der Sprachentwicklung erleichtern können (abgestimmt auf individuelle Bedürfnisse der Kinder)• Wichtig: Entwicklung bzw. Fortbildung der Sensibilität des eigenen Sprachgebrauchs für bewussteren Einsatz der Sprache gegenüber Kindern• Unterscheidung von sprachförderlichem und sprachhemmendem Verhalten
• Fortbildung dient der Sensibilisierung für das eigene sprachliche Verhalten • ErzieherInnen lernen mithilfe multimedialer Arbeitstechniken wie Kinder im Kita-Alltag beim Spracherwerbsprozess unterstützt werden können
Annahmen und Ziele
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• 6 Termine zu je 5 Unterrichtseinheiten (á 45 min) im Abstand von 2-3 Wochen• 1 Nachschulungstermin zur Sicherung der Langzeiteffekte mit ebenfalls 5 Unterrichtseinheiten nach etwa 3 Monaten• Fortbildung in zwei Kleingruppen von je 15 Personen• Ort der Fortbildung: Rostock
• Leitung: FRIZ: Frühförderinterventionszentrum Heidelberg (Termine 1-4) ISER, Universität Rostock (Termine 5 und 6)
Rahmenbedingungen
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3. Fortbildung der ErzieherInnnen
1.Normale vs. verzögerte Sprachentwicklung, Mehrsprachigkeit und Grundprinzipien sprachförderlicher Kommunikation2.Einsatz des Bilderbuches zur Sprachförderung und üben gezielter Sprachlehrstrategien3.Durch gezieltes Fragen zum Sprechen motivieren und sprachhemmende Verhaltensweisen4.Bedeutung von Rhythmus und individuelle Videosupervision5. Alltagsintegrierte Förderung der grammatikalischen Sprachkompetenzen6. Phonologische Bewusstheit – Reimen, Singen, Spielen7. Anpassung an Sprachkompetenzen der Kinder (Nachschulung nach ca. 3 Monaten)
Trainingsbausteine
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3. Fortbildung der ErzieherInnnen
4. Allgemeine Forschungshypothesen
Die Fortbildung wirkt sich positiv auf das Sprach- und Interaktionsverhalten der ErzieherInnen aus.
Das veränderte Sprach- und Interaktionsverhalten der ErzieherInnen wirkt sich positiv auf den Sprachentwicklungsstand der Kinder im Alter von 2-3 Jahren aus.
Durch eine gezielte Förderung der phonologischen Bewusstheit und der grammatikalischen Kompetenzen ergeben sich positive Effekte auf die Sprachentwicklung der Kinder im Alter von 4-6 Jahren.
Durch einen Einbezug der L1 bei Kindern mit Migrationshintergrund ergeben sich positive Effekt auf den Erwerb der L2.
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5. Übersicht Forschungsdesign
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t1: Prätest März 2011
t1: Prätest März 2011
t2: PosttestNovember 2011t2: Posttest
November 2011
Anamnese, SETK-2, SETK 3-5, DESK 3-6 (Sprache und Kognition), Videointeraktionsdiagnostik, KES-R
SETK-2, SETK 3-5, DESK 3-6 (Sprache und Kognition),Videointeraktionsdiagnostik, KES-R, Zufriedenheitsbefragung
Prozessbegleitende Videointeraktions-diagnostik
Videointeraktionsanalyse des sprachförderlichen Verhaltens der ErzieherInnen im Kita Alltag
• standardisierte Situation: Bilderbuchlesen (ca. 15. Min.)
• freie Spielsituation (ca. 15 Min.)
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5. Übersicht Forschungsdesign
5. Übersicht Forschungsdesign
Stichprobe
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• Zufällige Klumpenstichprobe von n = 19 Kitas•14 in städtischen Regionen, 5 ländlichen Regionen
•In den Kitas arbeiten insgesamt n = 27 ErzieherInnen• Alter in Jahren: M = 39,9 (Range: 22-59) (SD: 10,46)• Berufserfahrung in Jahren: M = 16,7 (Range: 1-40) (SD: 11,31)
• Insgesamt nehmen n = 387 Kinder an der Untersuchung teil. • Alter der Kinder in Monaten: M = 49,63 (Range: 23-68) (SD: 10,82)• Nationalität: 87,6% deutsch, 3,4% mit Migrationshintergrund • Mehrsprachig: 8% (davon n = 11 (2,8%) russisch, je n = 4 (1,1%) französisch bzw. türkisch)
Kindlicher Sprachentwicklungsstand – zweijährige Kinder (n = 39)
18.06.2011 14© 2009 UNIVERSITÄT ROSTOCK | PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT
6. Vorläufige Ergebnisse des Prätests
mittlerer T-Wert (SD) Vergleich Normstichprobe
SETK 2
%-Anteil auffällige Kinder
(T-Wert < 40)
Verstehen I: Wörter 49,87 (11,35) n.s. 17,9%
Verstehen II: Sätze 46,05 (10,67) p = .026 20,5%
Produktion I: Wörter 46,05 (10,67) p = .064 33,3%
Produktion II: Sätze 45,90 (13,98) p = .071 38,5%
gesamt auffällig 18%
Kindlicher Sprachentwicklungsstand – dreijährige Kinder (n = 115)
18.06.2011 15© 2009 UNIVERSITÄT ROSTOCK | PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT
6. Vorläufige Ergebnisse des Prätests
mittlerer T-Wert (SD) Vergleich Normstichprobe
SETK 3-5
%-Anteil auffällige Kinder(T-Wert < 40)
VSVerstehen von Sätzen
46,26 (10,98) p = .000 28,7%
ESREnkodieren semant.
Relationen
50,64 (11,35) n.s. 17,5%
MRMorpholog.Regelbildung
48,37 (10,82) n.s. 29,6%
PGNPhonolog. AG für
Nichtwörter
49,51 (12,49) n.s. 30,4%
gesamt auffällig 18%
Kindlicher Sprachentwicklungsstand – vierjährige Kinder (n = 141)
18.06.2011 16© 2009 UNIVERSITÄT ROSTOCK | PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT
6. Vorläufige Ergebnisse des Prätests
mittlerer T-Wert (SD) Vergleich Normstichprobe
SETK 3-5
%-Anteil auffällige Kinder(T-Wert < 40)
VSVerstehen von Sätzen
47,72 (13,51) p = .047 24,1%
MRMorpholog. Regelbildung
48,73 (13,08) n.s. 25,7%
PGNPhonolog. AG für
Nichtwörter
49,98 (12,92) n.s. 22,7%
SGSatzgedächtnis
45,69 (14,53) p = .001 33,3%
gesamt auffällig 23%
Kindlicher Sprachentwicklungsstand – fünfjährige Kinder (n = 77)
18.06.2011 17© 2009 UNIVERSITÄT ROSTOCK | PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT
6. Vorläufige Ergebnisse des Prätests
mittlerer T-Wert (SD) Vergleich Normstichprobe
SETK 3-5
%-Anteil auffällige Kinder(T-Wert < 40)
VSVerstehen von Sätzen
46,60 (11,96) p = .015 31,2%
MRMorpholog. Regelbildung
48,30 (12,39) n.s. 23,4%
PGNPhonolog. AG für
Nichtwörter
46,06 (11,72) p = .004 32,5%
SGSatzgedächtnis
47,01 (12,19) p = .035 23,4%
gesamt auffällig 23%
6. Vorläufige Ergebnisse des PrätestsSprach- oder Frühförderung sprachauffälliger Kinder – Ist-Stand
SETK 3-5 Gesamtwert
auffällig (< T-Wert 40) unauffällig (≥ T-Wert 40)
Förderung ja 25 20
nein 34 200
Gesamt 59 220
6. Vorläufige Ergebnisse des Prätests
•ErzieherInneneinschätzungen im ELFRA 2 stimmen – wenn sie vorliegen – nur in geringem Ausmaß mit den SETK-2-Ergebnissen überein (n = 28 von n = 41)
Validität der ErzieherInneneinschätzung des kindlichen Sprachentwicklungsstandes
18.06.2011 19© 2009 UNIVERSITÄT ROSTOCK | PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT
Verstehen I: Wörter
Verstehen II: Sätze
Produktion I: Wörter
Produktion II:Sätze
Produktiver Wortschatz
.336* .141 .192 .070
Morphologie .166 .056 .151 .115
Syntax .267 .136 .188 .186
6. Vorläufige Ergebnisse des Prätests
•ErzieherInneneinschätzungen in der DESK 3-6 Subskala „Sprache und Kognition“ stimmen signifikant (p < .01) in mittlerer Höhe mit den SETK 3-5-Ergebnissen überein.
Validität der ErzieherInneneinschätzung des kindlichen Sprachentwicklungsstandes
18.06.2011 20© 2009 UNIVERSITÄT ROSTOCK | PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT
VS ESR MR PGN SG
DESK 3 Sprache und Kognition (n = 115)
. 451** .402** .413** .450** ---
DESK 4 Sprache und Kognition (n = 141)
.456** --- .405** .404** .390**
DESK 5 Sprache und Kognition (n = 77)
.367** --- .309** .346** .457**
6. Vorläufige Ergebnisse des Prätests
Zufriedenheit der ErzieherInnen mit der Fortbildung
18.06.2011 21© 2009 UNIVERSITÄT ROSTOCK | PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT
7. Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
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•über alle Altersstufen hinweg 18-23% der Kinder auffällig
•weniger als die Hälfte der Kinder mit Förderbedarf im Bereich Sprache erhält entweder eine Sprach- oder Frühfördermaßnahme
•2 Jährige - Zusammenhängen zwischen ErzieherInnenurteil und tatsächlichem Sprachentwicklungsstand gering ErzieherInnen haben gerade bei den sehr jungen Kindern Schwierigkeiten, den Sprachentwicklungsstand zuverlässig einzuschätzen! (…oder Qualität des ELFRA 2 ist fraglich)
•3-5 Jährige jeweils etwa 80% korrekt klassifiziert (DESK 3-6)
•Fortbildungen 86% sehr zufrieden/zufrieden
•Sprachförderliches Verhalten der ErzieherInnen wird derzeit ausgewertet (Videos werden transkribiert)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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