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Zeitschrift Fachberbereich 3 | Hochschule Anhalt | Architektur Facility Managment Geoinformation | Standort Dessau FB3 N O 4 HANDMADE I

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Magazin des Fachbereiches Architektur, Facility Management und Geoinformation der Hochschule Anhalt in Dessau. Projekte, Informationen, Hintergründe ...

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EDITORIAL

Handarbeit. Der Titel ist nur die halbe Wahr-heit. Kopfarbeit ist die Entsprechung. Hand und Kopf sind die beiden Systeme, die immer in Bewegung sind, die im Studium koordi-niert und aufeinander abgestimmt werden sollen. Wahrnehmung und Entdeckung sind die Triebfedern, die auf die Aufgabenstellung reagieren.

Es geht einerseits um Wissen, das erlernt wird, andererseits wird aber in den Projektstudios die individuelle Reaktion herausgefordert. Es wird die Umsetzung per Hand gefragt sein, egal ob analog oder digital. Es ist das formen-de Hinterfragen und das Ins-Bild-Setzen, was die Entwerfer persönlich bewegt und was als Wahrnehmung verarbeitet wird. Das gemein-same Handanlegen bei Selbstbauprojekten, bei gemeinsamen Feiern auf dem Campus oder auf Exkursionen mit Studenten anderer Hoch-schulen ist immer ein Erlebnis und Ergebnis einer Selbst- und Gestaltungserfahrung, die im Zusammenspiel das Studium ausmachen.

Die Zeitung will zu einem Studium nach Dessau locken und sie will dokumentieren, was an Fragen und Lösungen diskutiert wird. Vom ersten bis zum letzten Semester ist viel von dem, was besonders ist, jenseits des Cur-riculums, durch Engagement und Teamarbeit, entstanden.

Der Dank gilt dem Redaktionsteam und den Verfassern der Beiträge, die einen sublimen roten Faden durch die Zeitung gezogen haben.

Johannes Kister

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InhALT

Editorial Prague Crossroads Wohnen im Charlottenviertel

SySTEmATISchES JOngLIEREn Auf 10hA gRünSTREIfEn

Im Zeichen der Fläche Bedarf vs. Wirtschaftlichkeit Mehr Kultur für Dessau

RObERT OxmAn PRIzE 2011

Lars Leurup Prize 2011 Zwischen Traum und Wirklichkeit

DAS WERDEn DER STADT

SARkOPhAgE In DER PunkTWOLkE

Eine Schulfahrt die ist ... lang The Anatomy of Creative Quarters Ein Hort des Wissens

Casa de l‘ abre

Märchenhaftes an Kassels Weinberg

EIn ghETTObLASTER füR LEIPzIg

SImPLE ´n bIg

Die Angst des Architekten vorm Entwerfen Rosa Ziegel Der Nestbeschmutzer Liebling des Monats Impressum und Bildnachweis

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PRAguE cROSSROADS Haupteingang Zuschauer

Bar / Lounge

Zugang zum OG

Bar im Obergeschoss

Zugang zum Theaterraum

Zugang zur Technik-Galerie

Inspizient / Ton-und Lichittechik

Zugang 2.Obergeschoss

Lichttechnik

Foyer

Tickets / Garderobe

Zugang zum Theatherraum

Hinterbühne

Bühne

Die Kirche St. Anna im Herzen Prags ist ein atmosphärisch einzigartiger Ort und ein ex-zellentes Beispiel gotischer Architektur der luxemburgischen Periode1 in Böhmen. Ihre einmalige Holzdachkonstruktion aus gotischer Zeit sowie Wandmalereien und Fresken von Künstlern der kaiserlichen Hofwerkstätten aus Renaissance und Barock haben sich bis heute erhalten. Die ältesten Teile von St. Anna lassen sich auf das Jahr 927 datieren. Nach wechselvoller baulicher Geschichte und verschiedenen Eigentümern, unter anderem den Orden der Tempelritter, Johanniter und Dominikanerinnen, erhielt die Kirche Ende des 14. Jahrhunderts schließlich ihre heutige bauliche Form und wurde im Jahre 1372 als Klosterkirche der hl. Anna geweiht. Im 18. Jh. wurde sie dann als Teil des Reformationspro-gramms von Kaiser Joseph II. verkauft und im Zuge der Industrialisierung etwa als Druckerei oder Warenlager genutzt. Die Schäden durch Umbauarbeiten an Gewölbe, Balken und Wandgemälden sind bis heute sichtbar.

Seit 1999 hat sie, nach Jahren des Dämmer-schlafes, nun wieder eine neue Bestimmung gefunden. Als kulturelles Zentrum ‚Prague Crossroads‘, das für einen offenen und kreati-

ven Dialog zwischen Menschen verschiedener Glaubensrichtungen, Überzeugungen und Berufe eintritt, werden hier künftig Meetings, Vorträge, Diskussionen, Konzerte, Ausstel-lungen über den gegenwärtigen Zustand, die Gefahren und die Zukunft unserer Zivilisation stattfinden. ‚Prague Crossroads‘ ist ein Projekt der Dagmar und Václav Havel Stiftung VIZE 972 - im Geiste des Respekts für die multikul-turelle Vielfalt der heutigen Welt.

Den Charakter des Kirchenraumes aus klarer Geometrie und seinen Oberflächen, in denen die eigene Geschichte eingeschrieben ist, zu bewahren, war Kerngedanke der Bachelorthese von Sarah Krahe. Wie aber geht man behutsam mit der histo-rischen Bausubstanz um? Wie kann man als junge Architektin eigene Ansprüche an Ästhe-tik und Funktionalität eines modernen Baus für Theater, Happenings, Ausstellungen etc. in diesem Kontext in Einklang bringen?

In das einfache gotische Langhaus setzt der Entwurf einen eigenständigen modernen Kör-per, der die neuen Funktionen in sich birgt. Mit seiner Gestalt und den dominierenden

Materialien Holz und Glas hebt er sich klar vom Bestand ab. Im Zwischenraum entsteht ein Dialog von Neu zu Alt, generieren sich einzigartige Sichtachsen - werden beide Archi-tekturen über die Etagen erlebbar - ein Wech-sel aus Innen und Außen.

Der neue Körper zeigt sich als Treppe mit zwei Plateaus. Treppe und unteres Plateau bilden eine Einheit aus Zuschauerraum und Bühne. Zwar ist der Raum hier in seiner Weite be-scheidener als in großen Häusern, doch zeigt sich ein Trend hin zu Theaterproduktionen in kleinem Rahmen und an besonderen Or-ten. Man mag die räumliche Nähe zwischen Zuschauer und Darsteller, in der sich die In-teraktion beider intensiviert, sich Mimik und kleinste Gesten erkennen lassen. Ergänzt wird das Programm unter der Treppe sowie auf und unter dem zweiten Plateau mit einer Raum-landschaft aus Lounges und Bars.

// cb

1 Nachdem das böhmische Herrschergeschlecht der Přemysliden 1306 mit der Ermordung Wenzels III. in männlicher Linie ausgestorben war, ging die Herrschaft durch Heirat einer Schwester Wenzels mit Johann von Luxemburg (auch Johann von Böhmen) 1310 an das Haus der Luxemburger. Mit König Sigismund endete das Haus Luxemburg in männlicher Linie 1437 und damit auch die luxemburgische Periode in Böhmen.

2 „Die Stiftung ist hauptsächlich im sozialen, me-dizinischen, Bildungs- und Kulturbereich tätig, organisiert oder unterstützt Initiativen auf dem Gebiet der Pflege der Menschrechte und reagiert auch auf aktuelle Bedürfnisse der Gesellschaft. Die Stiftung bemüht sich dabei, im Geiste ihres Namens Vize (dt. Vision), vor allem das zu su-chen und zu unterstützen, was in die Zukunft weist.“ www.vize.cz

Sarah KraHe

Bachelorthese Architektur

WS 2010.2011

betreuende professoren:

Alfred Jacoby

Gunnar hartmann

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Inspizient

Technikgalerie

Bar Obergeschoss

FoyerBar Tickets

Bühne

Tickets

LoungeBar Foyer

BackOffice Bühne Hinterbühne

Maske / Kostüm

Lager

Garderobe Darsteller

Garderobe Solist

Garderobe Solist

Aufenthaltsraum

Technik Requisite

WC HWC D

WC B

Zugang Darsteller

Eingang

Garderobe

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Grundriss 2.oG . martin Hinz

Perspektive . martin Hinz

WOhnEn Im chARLOTTEnvIERTEL

Wohnbauten, zumal Mehrfamilienhäuser, schaffen es selten auf die Hochglanzseiten der Architekturmagazine oder auf die einschlägi-gen Websites, die uns zeigen was in Sachen Architektur gerade hip und trendy ist. Ginge es danach, bestünden unsere Städte wohl zu 80 Prozent aus Museen und Konzerthäusern. Es ist also wenig sexy, sich mit dem Wohnen zu beschäftigen, es sei denn mit schicken Villen für die kulturvollen Superreichen, die freilich in der Gegend um Dessau herum eher selten anzutreffen sind. Umso erfreulicher ist es, dass sich einige Studierende durchaus mit Begeisterung des Themas „Wohnen im Charlottenviertel“ angenommen und dabei so Bemerkenswertes hervorgebracht haben, das es wert ist, zumindest auf den Seiten unserer bescheidenen Zeitung abgedruckt zu werden.

Das Charlottenviertel liegt am östlichen Rand der Altstadt von Halle. Trotz unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum eine stille beinahe veträumte Gegend. Seit Jahrhunderten ruhen in der Nachbarschaft des für die Aufgabe ge-wählten Standorts die Größen der Stadt auf dem so genannten Stadtgottesacker; wie es heißt dem einzigen von Mauern und Schwib-bögen umgebenen „Campo santo“ im itali-enischen Stil nördlich der Alpen. Wer mal in Halle ist, sollte da vorbeischauen, denn bestan-den mit uralten Bäumen hat dieser Friedhof eine beinahe mystische Atmosphäre. Weniger geruhsam geht es im Kino „La Bim“ zu, einem angesagten Treff für die studentische Jugend, wo mehr Musik als Film angeboten wird, und das den südlichen Rand des zu beplanenden, leicht hängigen Geländes bildet.

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Wer nun glaubt, die Gestaltung von überein-andergestapelten Wohnungen sei eine simple Angelegenheit, weil die Menschen seit fast 6000 Jahren irgendwie in Wohnungen woh-nen und die Wohnbedürfnisse (wenn man von Fernsehen und Computerspielen mal absieht) zwischen kochen, essen, Sex und schlafen so ziemlich gleich geblieben sind, hat sich geirrt. Das beweisen die hier vorgestellten Entwürfe recht eindrucksvoll. Schon die Frage, wie man sich in einen gewachsenen Stadtorganismus einfügt, wie man ihn interpretiert und nach selbstbewussten Antworten sucht, war eine Herausforderung. Wenn man die möglichen Zielgruppen für eine Wohnbebauung - von Studenten bis hin zu den jung gebliebenen älteren Leuten - genauer analysiert, stellt sich schnell heraus, dass die Wohnbedürfnisse doch recht heterogen sind. Dafür eine ad-äquate, zeitgemäße, ganz individuelle Gestalt zu finden, war die zweite Herausforderung. Darüber, wie diese Herausforderungen in den vorgestellten Entwürfen gemeistert wurden, bilden Sie sich am besten selbst ihre Meinung. Sicher aber ist, dass erstaunlich Vielfältiges, mal Freches, mal Behutsames herausgekom-men ist, was zeigt, dass das Thema Wohnen alles andere als langweilig sein kann.

// Ralf Niebergall

modell . Jana ulmer

Grundrisse Eg . Jana ulmer

Studienarbeiten

BA architektur

Betreuender Professor:

ralf niebergall

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Besser mit Architekt

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Der Mauerpark befindet sich an der Bernau-er Straße auf dem ehemaligen Grenzstreifen zwischen Berlin Prenzlauer Berg, Mitte und Wedding. Dieser lange Streifen Grün ist Dreh- und Angelpunkt für sommerliche Tag- und Nachtschwärmer inmitten dreier Berliner Bezirke, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Eine jedes Wochenende von neuem entstehende Subkultur hat sich etabliert und stellt neben Flaschensammlern, jungen Eltern-paaren und Besuchern aus aller Herren Länder die obskur exotische Identität des Parks dar. Sonntags blüht das Leben durch Flohmarkt mit Karaoke und Jongleuren, wochentags wird die urban-grüne Oase mit Erlebnisspielplatz, Kinderfarm und Schaukeln mit Blick auf den Fernsehturm genossen.

Im 19. Jahrhundert wurde das Gelände als Exerzierplatz genutzt, bevor 1872 der Bau ei-nes Güterbahnhofs begann. Zwischen August 1961 und November 1989 unterlag der Mau-erpark den politischen Gegebenheiten und die Sektorengrenze zwischen Ost- und Westberlin unter sowietischer und französischer Hand bestimmte seine Nutzung als Grenz- und To-desstreifen. Nach der Maueröffnung wurde der Ostteil des Parks 1994 unter dem Architekten Prof. Gustav Lange mit nunmehr 8 ha Grünflache fertiggestellt. Die andere Hälfte ist Brachland und soll nun erweitert werden. Bürgerinitia-tiven, Vereine wie „Freunde des Mauerparks e.V.“, Pächter, Stadtpolitiker und der Eigen-tümer Vivico des noch zu entwickelnden

SySTEmATISchES JOngLIEREn Auf 10hA gRünSTREIfEn

Bewegungsanalyse . michael Wolf

Teils des Mauerparks diskutieren seit Jahren über die endgültige Nutzung. Besucher des Mauerparks wünschen sich einen Park ohne Bebauung, der Eigentümer hat andere Pläne. Extreme treffen aufeinander und die Zeit zur Lösungsfindung drängt, denn wichtige Gelder der Allianz Stiftung könnten bei einer Nichtei-nigung entzogen werden. Die aktuelle Debatte wurde in 2011 durch eine Bürgerwerkstatt geführt, jedoch ohne konstruktive oder erfolg-reiche Ergebnisse wieder eingestellt. Die Studenten des Masterstudiengangs

„Nachhaltige Architektur“ haben sich der Herausforderung „Mauerpark“ gestellt, und architektonisch städtebauliche Konzepte für den Mauerpark bis hin zum Bahnhof Ge-sundbrunnen in Wedding entwickelt. Eine Architektur der urbanen Landschaft und ein systemischer Ansatz waren die treibenden Kräfte inspirierender Recherchearbeiten und Entwürfe. Politische und wirtschaftliche Inte-ressen wurden berücksichtigt, standen jedoch im Hintergrund, vielmehr wollte man einen funktionierenden Park schaffen, der auf der existierenden Struktur aufbaut und mit der ansässigen Kultur arbeitet.

Aktive Zusammenarbeit mit Interessengrup-pen des Mauerparks und Zeitzeugen führten zu einem Symposium mit Projektpräsenta-tionen im ANCB (Aedes Network Campus Berlin). Ein mannigfaltiger und konstruktiver Austausch inspirierte Studenten und „Mauer-parkler“ gleichermaßen. Die Einen arbeiteten Kritikpunkte in ihre Projekte ein, die anderen

. .K rEAt ivE i dEEn fur dEn mAuEr PArK i n BEr l i n

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waren erstaunt über eine bunte und doch rea-listische Kreativität, die sie von den durch den Senat veröffentlichten 2-dimensionalen Be-bauungsplänen mit „schwarzen Rechtecken“, die ausschließlich Größe und Konfiguration der Bebauung darstellen, nicht kannten. Wei-terhin wurde das Projekt von einem Interview mit der Berliner online-Zeitung „Bier statt Blumen“ und einer Ausstrahlung des MDR Sachsen-Anhalt zum Tag der Deutschen Ein-heit begleitet.

Ein besonderer Dank geht an unsere Studen-ten, sowie Silvio Krüger, Pächter des Biergar-tens „Mauersegler“, den Verein „Freunde des Mauerparks e.V.“, den MDR Sachsen-Anhalt für die Ausstrahlung unseres Projektfort-schritts und an die online-Zeitung „Bier statt Blumen“ für unser Interview.

// Liss C. Werner

Sommer 2010/ Projekt-Studio im Masterstu-diengang Architektur im Austausch mit den Interessengruppen des Mauerparks, Berlin// Prof. Johannes Kister, Architekt, Stadtplanung und Entwurf/ Prof. Dr. Omar Akbar, Stadt-planung/ S. Jäckel, Landschaftsplanung, ST raum a.Landschaftsarchitektur/ MaArch Liss C. Werner, Architektin, Entwurf und Strategieent-wicklung

Studenten// Holger Kahle ‚Spiegelung und Re-flexion‘/ Vladimir Milanov ‚Ereignis Mauerpark . eine urbane Parkanlage‘/ Michael Wolf ‚Strö-mungen im Mauerpark‘/ Erik Zein ‚Intelligente Architektur für den Mauerpark‘

http://www.mauerpark.info/

http://www.bier-statt-blumen.de/12/2010/mauerpark-flohmarkt-denkt-uber-seine-zukunft-nach/

Perspektiven . michael Wolf

Studienarbeiten

master Architektur

SS 2010

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Evolution der veranderung . lageplan . Erik zein

Perspektive . Erik zein

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Im zEIchEn DER fLÄchE

Vor dem Hintergrund, dass die Bundesre-publik Deutschland über einen sehr großen Büroimmobilienbestand verfügt, der laufend ausgebaut wird und dessen nachhaltige Nutz-barkeit gefördert werden muss, ist die Brisanz einer Flächeneffizienzanalyse von Bürogebäu-den nicht von der Hand zu weisen.

Effiziente Flächennutzung in Bürogebäuden ist auch ein Thema, das eine große Rolle spielt, um die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens zu verbessern und somit in Bezug auf den Nutzer einer Immobilie nicht zu verachten ist.

Neben diesen allgemeinen Motiven gibt es weitere Anlässe, heutige Büroflächen einmal näher zu betrachten: Nicht nur, dass viele verschiedene Büroformen existieren - deren genaue Parameter oftmals nur schwer heraus-zustellen sind - sondern auch die Verwendung vieler unterschiedlicher Flächenbezeichnungen erschweren eine einheitliche Flächenberech-nung und damit einen Vergleich unterschied-licher Gebäude. Gleiches gilt für die Flächen-kosten von Büroimmobilien.

Im Rahmen der Masterarbeit im Studiengang Facility- und Immobilienmanagement wurde die Flächeneffizienz realer Bürogebäude un-tersucht. Durch die Kooperation mit der RBS Projekt Management GmbH in München, die im Bereich der Entwicklung von Bürokonzep-ten tätig ist, war es möglich, die Immobilien verschiedener Unternehmen und Konzerne anhand von Grundrissplänen zu analysieren.

Während zunächst die Vorstellung herrschte, dass die theoretischen Richtwerte verschiede-ner Studien für die einzelnen Büroformen so starr angelegt sind, dass es in der Praxis kaum

Abweichungen geben kann, so erwies der an-schließende Vergleich mit der entsprechenden Auswertung realer Büroimmobilien genau das Gegenteil. Im Einzelnen ergab sich für die untersuchten Gebäude, dass eine Einordnung in den von der Theorie vorgegebenen Rahmen generell gut möglich ist. Aufgrund der räum-lichen Gegebenheiten und der Spezifika der Unternehmen wichen die tatsächlichen Kenn-zahlen der Gebäude jedoch teilweise stark von den Referenzwerten ab. Die gewonnen Erkenntnisse konnten als Hintergrundwissen in dem durch die Autorin entwickelten Modell zum Flächeneffizienzpro-zess integriert werden und dienen somit auch für objektive Beurteilungen. Das Business Modell kann als Leitfaden für die Optimierung der Büroflächen eines Unter-nehmens im Hinblick auf die Flächeneffizienz angesehen werden. Es stellt nicht nur dar, von welchen Faktoren der Prozess beeinflusst wird, sondern kann durch die Berechnung der Ein-sparpotentiale auch als Entscheidungsgrund-lage für ein bestimmtes Modell und die beste Veränderungsrate dienen. Des Weiteren kön-nen Unternehmen daraufhin auch allgemeine Kriterien für ihre Büroflächen entwickeln und das Modell zur Bewertung neuer Objekte heranziehen. // Wiebke Kruse

Wiebke Kruse

masterthese

facility und

immobilienmanagement

WS 2010.2011

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. . . .. .flAcHEnEff iz i Enz i n Bu roGEBAudEn . AnAlySE und o Pt i m i ErunGunGS Po tEn t iA l

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Besser mit Fm

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Seit Jahren steht das Gebäude des ehemaligen St. Joseph-Krankenhauses im Dessauer Stadt-teil Alten leer. Neue Brandschutzvorschriften, veraltete Gebäudetechnik u.a.m. machten die weitere Nutzung des ehemaligen Krankenhau-ses zur Behandlung von psychisch Erkrankten wirtschaftlich wie auch technisch unmöglich.

Die brach liegende Immobilie befindet sich in der Köthener Straße (B185), Ecke Hünefeld-straße in unmittelbarer Nähe zum Haltepunkt der Deutschen Bahn ‚Dessau-Alten‘. Das Ensemble besteht aus einem unter Denkmal-schutz stehenden Hauptgebäude sowie einem im Jahr 2000 ergänzten eingeschossigen An-bau mit Verbindungsflügel.

Die Eigentümerin, die Gesellschaft der Alexi-anerbrüder mbh, sucht für das Gebäude eine neue, wirtschaftliche Nutzung. Studenten des dritten Fachsemester des Masterstudiengangs Facility- und Immobilienmanagement nah-men sich dieser Aufgabe unter der Betreuung von Prof. Mario Widmann an.

Grundlage der Arbeit war eine existierende Machbarkeitsstudie, die eine soziale Nutzung favorisierte und unter anderem auch aussage-kräftige Informationen hinsichtlich anfallen-der Sanierungskosten zum Inhalt hatte. Die Studenten erarbeiteten eine konkretisierende Markt- und Standortanalyse, die den darauf-folgend in mehreren Arbeitsgruppen entstan-denen - und im Folgenden beschriebenen

- Projektentwicklungskonzepten zu Grunde lag.

Die Gruppe um Antje Große, Daniel Nöckel und Björn Reiter untersuchte, inwieweit sich das Konzept eines Studentenwohnheimes in dem Objekt umsetzen ließe. Um die Realisier-barkeit der Idee zu prüfen, wurde untersucht,

in welchem Umfang gegenwärtig studentischer Wohnraum in Dessau vorhanden ist und ob sich ein Bedarf darüber hinaus ableiten lässt. Auch die Eignung von Standort, Grundstück und Immobilie selbst, galt es festzustellen. Hauptaugenmerk lag auf der Erstellung eines bedarfsgerechten Raumprogramms sowie der Feststellung der finanziellen Machbarkeit. Zur Klärung des Bedarfs wurden auf Studen-ten zugeschnittene Angebote Dessauer Woh-nungsunternehmen sowie Wohnheimplätze des Studentenwerkes Halle den aktuellen und perspektivisch zu erwartenden Studentenzah-len am Hochschulstandort Dessau gegenüber-gestellt. Das Ergebnis zeigte, dass zukünftig kein Mangel zu erwarten ist. Die Bearbeiter gingen jedoch davon aus, dass ein modernes Wohnheim zur bevorzugten Wahl zukünftiger Studenten gehören würde.

Die zu erzielenden Best-Case-Einnahmen decken die kalkulierten Betriebskosten,

so dass sich das Projekt zeitnah selbst trägt und Gewinn abwirft.

Grundstück und Immobilie eignen sich nach eingehender Analyse hervorragend für das Umnutzungskonzept. In Art und Maß der baulichen Nutzung kommen sie der Projekt-idee sehr entgegen. Vor allem die konstrukti-ven Gegebenheiten der einzelnen Gebäudetei-le begünstigen die vorgesehene Umgestaltung. Jedoch ist der Standort des Ensembles aus studentischer Sicht als suboptimal anzusehen. Das liegt besonders an der schlechten Anbin-dung des ÖPNV zum Campus der HS Anhalt beziehungsweise in das Stadtzentrum. Dieses Problem könnte voraussichtlich im Zuge einer Projektrealisierung in Kooperation mit der Stadt gelöst werden.

Das Raumprogramm sieht neben 84 Wohn-einheiten für 140 Studenten auch diverse Gemeinschafts- und Funktionsräume vor. Der Außenbereich eignet sich - er wurde auch bisher derart genutzt - ausgezeichnet für Erho-lung, Sport und Freizeitaktivitäten. Außerdem besteht die Möglichkeit der Expansion - ein derzeit ungenutztes Haus auf dem Grundstück könnte in das Konzept eingebunden werden. Die beschriebene Konzeptidee erwies sich in der Prüfung als wirtschaftlich tragbar. Eine Umsetzung als Investorenmodell wäre möglich und wirtschaftlich effektiv. Die zu erzielenden Best-Case-Einnahmen decken die kalkulierten Betriebskosten, so dass sich das Projekt zeitnah selbst trägt und Gewinn abwirft. Mit einer Förderung des Projektes seitens des Staates kann aktuell nicht gerechnet werden, da die Bezuschussung von Sanierungsmaß-nahmen im öffentlichen Hochschulbau in den letzten zwei Jahrzehnten gekürzt wurde. Es bestünde aber die Möglichkeit, Fördermittel über die Europäische Union im Rahmen einer Einzelfallprüfung zu beantragen.

Nach einem Vergleich verschiedener Kon-zepte mit Variationen sozialer Nutzungen, entschloss sich die Gruppe Mathias Dorn-heim, Sandra Res und Anja Skonieczny eine Mischnutzung zu untersuchen. Ihr Vorhaben kombiniert ein Wohnheim mit individuellen Wohnungen - beide für seelisch behinderte Menschen - und Therapieräume. Dies ent-spricht ganz direkt der Kernaufgabe der Eigen-tümergesellschaft, die sich auf die Betreuung und pflegerische Unterstützung seelisch behinderter Menschen spezialisiert hat. Der Flachbau-Anbau wird zu einem Wohnheim mit insgesamt 22 Plätzen und einer 24-Stun-den-Betreuung. Ein vergleichbares Angebot existiert in Dessau bisher nicht, in Sachsen-

bEDARf vS. WIRTSchAfTLIchkEIT

. .Ko nzE PtAnAlySEn fur dAS EHEmAl i GE St. JoSE PH KrAn KEnHAuS i n dESSAu

Studienarbeiten

mA facility

und immobilienmanagement

WS 2010.2011

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Anhalt existieren nur wenige vergleichbare Einrichtungen.

Ein vergleichbares Angebot existiert in Dessau bisher nicht.

Im Erdgeschoss des Haupthauses entstehen Praxisräume für Therapieangebote, Physio- und Ergo- sowie psychologische Therapien. Funktionsräume, wie Wartezimmer, Sport-raum und Teeküche werden von jeweils zwei Praxen gemeinsam genutzt. In den drei Obergeschossen werden die vorhandenen Patientenzimmer aus dem vorherigen Kran-kenhausbetrieb in Ein- und Zweiraumwoh-nungen umgebaut und so Wohnraum für 45 Menschen geschaffen. Seelisch Behinderte mit einem geringeren Betreuungsbedarf können hier im Sinne eines betreuten Wohnens zu-sammenleben. Das vorhandene Therapiean-gebot kann auch durch Externe in Anspruch genommen werden. Separate Eingänge im Erdgeschoss sichern die Privatsphäre der Be-wohner. Das Gebäudes ist mit öffentlichen Verkehrs-mitteln und auch mit dem PKW gut zu erreichen. Es verfügt über eine für das Nut-zungskonzept ideale große baumbestandene rückwärtige Grünfläche. Die wirtschaftliche Betrachtung für die ers-

ten 15 Jahren nach Baubeginn zeigt, dass der Wohnheimkomplex bereits ab dem ersten Betriebsjahr ein positives Ergebnis erwirtschaf-ten kann. Da der Flachbau erst im Jahr 2000 errichtet wurde und die vorhandenen Räume bereits den gesetzlichen Anforderungen für Wohnheimzimmer entsprechen, liegen die Umbaukosten bei vergleichsweise niedrigen 475.000 €. Zusätzlich fallen jährlich Kosten für Bekleidung, Verpflegung, Personal und Ausstattung in Höhe von etwa 310.000 € an. Dem gegenüber stehen tägliche Einnahmen in Höhe von 50,97 € je Heimbewohner, die auf Basis des Sozialgesetzes als Tagessätze vom Landessozialamt gezahlt werden.

Die Betrachtung beider Gebäudekomplexe zeigt, dass die Gesamtinvestition

auf Grund des negativen Ergebnisses des Haupthauskomplexes

nicht wirtschaftlich ist.

Im Haupthaus, das mit großen Zimmern und breiten Fluren ausgestattet ist, müssen deut-lich höhere Umbaukosten angesetzt werden, um die vorgesehenen kleineren Wohnungen zu schaffen. Da auch Nasszellen eingebaut beziehungsweise versetzt werden müssen, er-höhen sich die Umbaukosten zusätzlich. Die Investitionskosten für das Haupthaus belaufen

sich so auf insgesamt rund 4,5 Millionen Euro. Die Einnahmen setzen sich aus den Mietein-nahmen für Gewerbe- und Wohnflächen zu-sammen. Zur Berechnung der Mieten wurde mittels Vergleichsmieten in Dessau-Alten und den angrenzenden Stadtteilen eine Durch-schnittsmiete von 4,54 €/m² Wohnraum und 7,00 €/m² Praxisfläche errechnet, die der Wirt-schaftlichkeitsberechnung zu Grunde liegt. Diese vergleichsweise geringen Mietein-nahmen und die hohen Investitionskosten bewirken, dass auch nach 15 Jahren kein po-sitives Ergebnis erzielt werden wird. Bei den Berechnungen wurden mögliche Steigerungen der Kosten sowie mögliche Mieterhöhungen bereits mit berücksichtigt.

Die Betrachtung beider Gebäudekomplexe zeigt, dass die Gesamtinvestition auf Grund des negativen Ergebnisses des Haupthaus-Komplexes nicht wirtschaftlich ist. Eine getrennte Nutzung der Komplexe ist weder durch die Projektgruppe noch durch die Gebäudeeigentümerin vorgesehen. Daher ist das Nutzungskonzept trotz einer in Dessau bestehenden Marktlücke für die Behandlung und Betreuung von seelisch behinderten Men-schen in diesem Objekt leider nicht umsetzbar.

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....flAcHEnStudiE

antje grosse . daniel nockel . bjorn reiter

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..Bauhaus dessau visitor center.. Bruno lara . victoria menshikh . Ksenia chupina . oben: Schnitt . unten: Perspektive

mEhR kuLTuR füR DESSAu

. .. .E n tWurfE fuEr E i n BAuHAuSBESucHErzEn t rum

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..cube 2.. maryana zvyagina . olga maltseva . marina andrushchishina . modell

Studienarbeiten

SummerSchool 2011

Betreuender Professor:

Stephan Pinkau

Die Dessauer Summer School findet jährlich 9 Wochen in den Monaten Mai bis Juli statt. Die jeweils etwa 20 Teilnehmer studieren an unseren Partneruniversitäten in den USA kommen aber auch aus Russland, China oder Brasilien. In dem seit 2004 stattfindenden Kurs erarbeiten die Stu-denten individuelle Entwürfe, immer im Kon-text der hiesigen Region. Fester Bestandteil sind zudem Seminare in Städtebau und grafischer Gestaltung sowie einige Stunden Unterricht in deutscher Sprache.

Die Konzeption für ein Besucherzentrum an der Kreuzung Gropiusallee/ Puschkinallee umfasst neben den üblichen Informations- und Ticketangeboten auch umfangreiche Prä-sentationsflächen auf drei Ebenen. Während die zweite Etage Wechselpräsentationen vor-behalten sein soll, kann sich auf Ebene 3 und 4 die Dauerausstellung voll entfalten. Hier präsentiert die Stiftung in modernen Muse-umsräumen einen Ausschnitt aus Sammlungs-beständen und vermittelt die faszinierende Bandbreite dessen, was das Bauhaus während seiner Blütezeit hervorgebracht hat. Die Bau-kosten belaufen sich auf 15 Mio. €.

Aus der Aufgabenstellung ...

1. site analysis 2. spectator object relations task: Take two fotos of your (really) Foldable Museum showing your arrangement of the exposed object within space and light. Do a section as a technical drawing, explaining measurements (i.e. distances and heights) and descriptions about how the relation between spectator and object is arranged and which ef-fect is to be reached. Make one .pdf landscape format of the two fotos and the one technical drawing and upload it to the forum.

3. the world and its double 4. model 1:100 One single .pdf including two pic-tures of Model 1:1000 (Landscape) and one page of Legend (Landscape) 6. midterm presentation http://www.afg.hs-anhalt.de/architektur/studi-engaenge/architecture-ma-dia/

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..forming the urban corner.. Patrick carty . Susan Kang . linda Highsmith . oben: Perspektive . unten: Evolution

faltung70’

30’

The centerpiece sits off the oor by about 4 feet to give the illusion that the object is oating. The museum’s main

piece is centered within the building to give it a sense of hierarchy

with it being the biggest object in the building,

as well, the way the as well, the way the sun light hits the

object to give it a sense of

importance.

Patrick Ca

rty

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top view

evolution

RObERT OxmAnPRIzE 2011

Digital fabrication in architecture is a recent development in the field of architecture; in this associated examples have been studied and illustrated in various scales some in the manufacturing of small scale projects, others in the manufacturing of buildings in large scale.Researching on subjects of digital design and manufacturing and how it helps improvi-sing the complexity of the design, at the same time reducing manufacturing time, cost, and quality compelled me to the design to produc-tion challenge.

from i n cE Pt i o n . tH rouGH Evo lut i o n . to concluS i o n . . . d i G i tA l fABr i cAt i o n i n ArcH i tEctu rE

At first, I had to provide a simple design (Pavilion), using the tools and knowledge I acquired in the studio, using Maya, Rhino and Grasshopper, and taking the design a step forward to the manufacturing process. The second level to be attained was how I can pre-pare the files for the manufacturers, and make sure that things are automated and perfectly organized. From inception through Evolution to conclusion.

// Islam Ibrahim

islam ibrahim

master thesis

ma Architecture diA

supervising professors:

mattias del campo

Sandra manninger

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section BB

Perspektive interior

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LARS LERuPPRIzE 2011

view from the street

model

. . tWo of tHE BESt. . from mAStErcou rSE ArcH i tEctu rE d iA

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First question was the character of the buil-ding. As it‘s a publishing studio - it should be related to book. But there are a lot of types of the buildings related to books, such as book shop, library, house of a writer, and the most obvious difference is functional one: keeping (library), giving (book shop), inventing (house of a writer) and producing (publishing studio). So we have PRODUCING. The most fitting type of building is plant (factory). That‘s a concept - publishing factory (book plant). Which gave us huge industrial workshop as a heart and main productive space of a building with all other functions around. Only one function do not fit to a concept - living. So

I‘ve pulled it out in a front of a factory as a small tiny private house to show the difference

- two small houses standing in a front of the huge factory. To show what is it all about, I put a glass library in the bottom of the factory solid wall. So anyone who will go down the street will definitely see the house of a man, who owns a factory which produces the books.

// Maksym Margorskyi

view into the courtyard

perspektive courtyard

Perspektive interior space

Prize winner 2011

maksym margorskyi

..Publishing factory . A concept for lars muller

Publishers in Baden Switzerland..

Studio Sam chemayeff . Johanna meyer Grohbrugge..

..

i

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This project is an investigation about the be-havior and principle of two natural material: Tissue and resin.

Tissue can easily change into different shapes.It is made of wood fibers and composed of cellulose molecules. These individual fibers expand when moisture is absorbed and con-tract when moisture is released, resulting in uneven paper texture. Resin comes out from stem of some trees when they are cut or inju-

fiber arrangement

affects the ways of

easy or hard tear

paper and also reflect

the direction of curve up

when pouring water.

appreciation

marzieh Gholami . Piangpim thongsawang

..codes in the clouds

dripping link..

Studio immanuel Koh . liss c. Werner

red. It is a viscous liquid,composed mainly of volatile fluid terpenes, with lesser components of dissolved non-volatile solids which make resin thick and sticky. Some of them can be hard after times.

To understand the self-organizing principle whereby a soft material is being structured by another liquid material, we did some ex-periments on many types of tissue paper and liquid. From our observation of some experi-

ments, we found the interesting unique shape of tissue both wetting and drying. Because liquid goes into soft tissue and restructures fibers, after drying it can be a strong material. Our goal is applying the self-organizing prin-ciple to projects of the interaction between building and environment/ people and ar-chitectural space.

// Marzieh Gholami, Piangpim Thongsawang

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tHE BEHAvior of tiSSuE And rESin cAn inSPirE ProductS or

ArcHitEctuAl ProJEctS. we can apply the interesting shape and

space from this selforganizing structure. to prove that soft material can

be strong structure by another liquid material. this chair made

of tissue paper and white glue

the selforganized structure from translation of the behavior to the computer program

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zWISchEn TRAum unD WIRkLIchkEIT

Palmen, weißer Strand, Urlaubsfeeling pur - ja das ist Guatemala. Eine 13jährige, die ihre drei jüngeren Geschwister großziehen muss, Menschen die ihre Wäsche im Fluss waschen, ja auch das ist Guatemala. Geschockt, verwirrt, dass es solche Umstände in der Welt noch gibt? Niemand von uns hätte gedacht, dass die Spanne von Armut und Reichtum dort so weit geöffnet ist. Man meint, in zwei unterschied-lichen Ländern zu sein. Viel hat sich getan seit dem Ende des Bürger-krieges vor 16 Jahren. Aber nicht wenige Men-schen sind dabei auf der Strecke geblieben. Sie finden in ihrem Land keinerlei Unterstützung durch das staatliche System. Gerade an den Bewohnern in den Bergdörfern ging die Ent-wicklung vorbei. So auch im Dorf Chocruz, das zersiedelt in den Bergen liegt. Doch vor 15 Jahren kam eine erste Unterstützung, eine Schule wurde mit deutscher Hilfe errichtet. Aber es fehlte an allem anderen, fließend Wasser, einer dauer-haften Anbindung an das Stromnetz, Straßen und vor allem an medizinischer Versorgung. Dies war uns Anlass, ein neuerliches Projekt1 zu initiieren. Helfen durch Architektur wurde so wieder zu unserem Motto - Studenten des Fachbereiches AFG errichten eine Krankensta-tion in Choruz. Zahlreiche Ideen und Konzep-te wurden entwickelt, ein finaler Entwurf kris-tallisierte sich schließlich heraus. Es folgte eine detailgenaue baukonstruktive Durcharbeitung. Gleichzeitig startete eine Spendenakquise, um die Umsetzung vor Ort realisieren zu können. Weit weg, unter der heißen guatemaltekischen Sonne auf ca. 3000m Höhe, wurde das Projekt in Zusammenarbeit mit dem Mirador e.V. und der Hochschule Rhein Waal schließlich umgesetzt. Drei Initiatoren aber ein Team, das Tag für Tag mauerte, betonierte, Körbe flocht, Schubkarren den steilen Abhang herauf

Purismus pur. Intakte Scheinwerfer, eine funktionierende Kupplung, Umweltplakette... keine Themen in Guatemala. Nur zahlreiche nächtliche Reparaturen machten es möglich, dass der von uns liebgewonnene grüne Mazda unsere Zeit in Guatemala überstanden hat. Er dreht sogar heute noch seine Runden dort.

Der Bau wurde mit einfachsten technischen Mitteln realisiert. Egal was du von deutschen Baustellen kennst, vergiss es. Außer einer Flex, Akkuschrauber und Bohrmaschine hatten wir keine weiteren elektrischen Geräte. Ein hilfreiches Gadget war der Betonmischer, den wir aber nur für das Fundament und die Bo-denplatte ausleihen konnten. Das hieß danach

- Mischen per Schaufel und Muskelkraft. Das ist Bauen am körperlichen Limit. Männer, Frauen, sogar Kinder schleppten jeden Tag Wasser vom Fluss die Berge des Dorfes hinauf - 50 Minuten quer durch steiles Gelände. Da-

und herunter schob und das oft bis tief in die Dunkelheit.

In der Zeit vor Ort hieß es jeden Tag schuften bis der Arzt kommt.

Abends saßen wir zusammen und diskutier-ten die nächsten Bautage. Regelmäßig waren Bestelllisten anzufertigen, um das benötigte Material zu erwerben. Nicht immer war vor Ort alles verfügbar, so mussten nicht selten lange Fahrzeiten in Kauf genommen werden. Zudem galt es, mit dem geringen finanziellen Rahmen auszukommen.

Unser Pickup, ein rostiger Totalschaden auf vier Rädern, hatte es in sich.

Unser Pickup, ein rostiger Totalschaden auf vier Rädern, hatte es in sich. Ein tägliches Glückspiel, ihn im ersten Anlauf zu starten.

. .E i n E KrAn KEnStAt i o n fur GuAtEmAlA

Semester und

fachubergreifendes Projekt

2011.2012

i

..

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mit konnten wir betonieren und auch unsere Werkzeuge waschen. Die Einwohner waren begeistert bei der Sache. Die Kinder entwi-ckelten einen Wettkampf, wer wie viel Wasser am Tag herauf brachte.

Was uns bei den Menschen vor Ort besonders auffiel, war die große Gastfreundschaft, die Menschlichkeit und der Wille mitzuhelfen. Dinge, die viele in unserem Land verlernt zu haben scheinen. Eine Begegnung vor Ort... Da stand ich also vor Giovannis Ferreterria, bewaffnet mit einem 5-Galonen Wasserkanis-ter, ein paar Rollen Toilettenpapier und war-tete auf Dirk. In der brütenden Hitze konnte man leise den Klang der Musiker vom Markt hören. Da kam er auf mich zu. Ein älterer Herr, vom Leben gezeichnet, und blickte auf, denn sein Hut verdeckte einen gut Teil seines Gesichtes. Er schaute nun eine ganze Weile und fragte mich dann im gebrochenen Eng-lisch: “Work in Chocruz?“. Ich antwortete mit einem schlichtem „ci“. Im selben Augenblick umarmte mich der fremde Guatemalteke und war den Tränen nah. Solche Momente waren es, die uns immer wieder motivierten.

Was uns bei den Menschen vor Ort besonders auffiel, war die große

Gastfreundschaft, die Menschlichkeit und der Wille mitzuhelfen.

Die Krankenstation wird über einen Lau-bengang erschlossen. Er verbindet auch das Hauptgebäude mit den Trockentoiletten. Die Klinik verfügt über eine Rezeption, einen Be-handlungsraum, zwei Patientenzimmer, einen Wohnraumsowie ein Lager. Der Entwurf folgt klar und formal reduziert der Anforderungen an Fläche und Funktio-nalität. Nichtsdestotrotz wurde wert auf die Ästhetik des Baukörpers, wie die Gestaltung der Außenanlagen gelegt. So wurden gezielt die Leibungen der Fenster und Türen sowie die Dachkästen durch die Massivität ihres Materials und einen Anstrich in warmem

Weinrot betont. Die Fassade erhielt einen Zementputz in hellem Grau. Reliefs, die von Architekturstudenten im Fach ‚Grundlagen der Gestaltung‘ gefertigt wurden, fanden ihren Platz an Mauervorsprüngen, die die einzelnen Funktionsbereiche unterteilen. Die Tonarbei-ten sind inspiriert von überlieferten Artefakten aus der Mayakultur.

In der Zeit vor Ort hieß es jeden Tag schuf-ten bis der Arzt kommt. Auf den hätte man hier allerdings lange warten können. Durch verschiedene Probleme vor Ort verzögerte sich der Bauablaufplan immer wieder. Wette-runbilden und Materialknappheit verschoben die Vision, beim nächsten Sonnenaufgang auf das fertige Gebäude zu blicken immer wieder nach hinten. Aber schau einmal in die Augen eines Menschen, der nichts hat außer seiner Würde und sieh die Lungenentzündung ei-nes achtjährigen Mädchens. Hast du Zweifel und denkst du immer noch, du kannst nicht helfen, dann sieh es dir selbst an und du wirst wissen, warum wir in Guatemala waren

An dieser Stelle vielen Dank an alle die uns unterstützt haben und uns noch heute helfen, die Krankenstation zu unterhalten. Dieses Projekt war nur in Kooperation mit dem Mi-rador e.V. und der Hochschule Rhein Waal möglich.

Zahlreiche Veranstaltungen wurden gemein-sam initiiert, um die Finanzierung des Baus zu ermöglichen.

Wir begleiten das Projekt auch heute noch. So wird dringend eine Zisterne zur Wasseraufbe-reitung benötigt. In naher Zukunft muss das Gefälle zum Gebäude so bearbeitet werden, dass ein Krankenwagen, der noch angeschafft werden muss, die Station schnell erreichen kann. Benötigt wird weiterhin Geld für Me-dikamente, Instrumente und für die Instand-haltung des Gebäudes. Diese Versorgungsleis-tungen werden heute und in naher Zukunft noch unterstützt sollen aber Stück für Stück in Hände der Guatemalteken übergehen.

// ta

Spendenkonto: Stichwort Gamma Deutsche Bundesbank Filiale Magdeburg BLZ 81000000 Konto Nr 81001509

1 Im Jahr 2009 entstand bereits eine Bibliothek für die Montic Primary School in einem Town-ship nahe Johannisburg.

www.mirador-ev.org/newsguatemala.html

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DAS WERDEnDER STADT E i n SommErfESt

Das Leben ist ein Theater. Stadt, Wohnung und Haus sind die wahren Bühnen unseres Lebens. Unter dem Motto ‚Das Werden der Stadt‘ wurden im Studio ‚StadtBauBühne‘ des Studienganges Architektur der Hochschule Anhalt Projekte bearbeitet, kleinere Insze-nierungen, Interventionen und Aktionen durchgeführt. Nichts ist stärker als eine Idee, sagte Mies van der Rohe. Die Bilder zeigen Impressionen des Sommerfestes 2012 auf dem Dessauer Campus, der von den Studenten des Kurses federführend mit vorbereitet wurde.

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SARkOPhAgE In DER PunkTWOLkE

Die Stadtsilhouette von Dessau ist ohne sie undenkbar. Ob beim Spaziergang im Georgi-um, einem Besuch im Tierpark, einem Gang über die Bahnhofsbrücke, sie zieht die Blicke auf sich - die Kuppel des alten Mausoleums. Die historische Begräbnisstätte der Herzöge von Anhalt gehört zu Dessau wie Rathaus oder Marienkirche. Zur großen Besorgnis vieler heimatverbundener Dessauer verfällt das Ge-bäude zunehmend. Fehlende Mittel machten eine dringend notwendige Sanierung bisher unmöglich.

Im Hinblick auf eine wünschenswerte Rettung eines der exponiertesten Bauwerke Dessaus ist das Gebäude von Studenten der Hoch-schule Anhalt neu vermessen worden. Das exakte Aufmaß der äußeren Hülle wie auch des Innenraumes entstand im Rahmen einer Semesterarbeit sowie als Bachelorthese der Studenten Thomas Hörhold und Max Knauth im Studiengang Geoinformation und Vermes-sungswesen. Für das Aufmaß wurden bereits vorhandene eingemessene Punkte rund um das Gebäude

durch weitere ergänzt. Die sich zu einem Pas-spunktfeld ergänzenden Passpunkte und Tar-gets (Referenzpunkte) wurden tachymetrisch1 bestimmt.

Es ist möglich, bis zu 50.000 dieser Punkte pro Sekunde zu erfassen. Oberflächen können

bis zu 1mm fein aufgelöst werden.

Die eigentliche Aufnahme des Gebäudes erfolgte mittels zweier terrestrischer2 3D-Laserscanner. Diese Geräte ‚tasten‘ mit Laser-strahlen die Oberfläche von Objekten ab und ermitteln via Laufzeit und Phasendifferenz die Lage der erfassten Punkte im Raum. Es ist möglich, bis zu 50.000 dieser Punkte pro Sekunde zu erfassen. Oberflächen können bis zu 1mm fein aufgelöst werden. Es erfolgten mehrere einander überlappende Aufnahmen rund um das Gebäude und auch im Innen-raum. Die Verrechnung der insgeamt 25 Scan-bilder ergab eine Gesamtpunktwolke von über 25.000.000 Punkten. Die in den Abbildungen zu sehende differierende Farbigkeit von rot bis grün beschreibt die variierende Energiedichte des Echos bei der Aufnahme. Auch die Appli-kation der miterfassten natürlichen Farbigkeit wäre zu Demonstrationszwecken möglich.

Die entstandene Punktwolke kann in CAD3-Systemen weiter verarbeitet werden. Für das Projekt wurde im Programm AutoCAD ein Volumenmodell passgenau aufgelegt. Dieses Modell kann dann vielfältig weiter genutzt werden. im Rahmen der vorliegednen Arbeit entstand eine Visualisierung mit applizierten Texturen und einer rund 2-minütigen Kame-rafahrt, die um und in das Gebäude führt.

Ein aktuelles Denkmalschutzgutachten für das Mausoleum liegt vor, ein Förderverein ‚Mau-

d i E n EuvErmESSunG dES mAuSo lEumS i n dESSAu

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. .thomas Horhold . max Knauth

Bachelorthese vermessungswesen

SS 2011

betreuende Professoren:

dr. lothar Koppers . dr. Heinz runne

soleum‘ ist aktiv, Diskussionen zu möglichen Nutzungskonzepten, Gedenkhalle, Kolumba-rium, Begegnungsstätte, finden statt. Wün-schen wir dem historischen Sakralbau eine baldige Sanierung. Gefragt sein wird hier vor allem eine mutige Initiative der Stadt Dessau als Eigentümerin des Gebäudes.

// am

1 Die Tachymetrie (griech. tachýs = schnell) er-möglicht die gleichzeitige Aufnahme der Lage und Höhe zahlreicher Punkte für technische Projekte, Bauaufnahmen oder in der Katasterver-messung. Mittels einer einzigen Zielung werden Distanz und Höhenabweichung bestimmt. Ein Tachymeter ermittelt Horizontalrichtung, Verti-kalwinkel und Schrägstrecke.

2 erdgebunden

3 Computer-Aided Design, rechnerunterstütztes Konstruieren

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Besser mit geoinFormAtion

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Studienarbeit

BA Geoinformatik

Betreuender Professor:

dr. Holger Baumann

dr. lothar KoppersEInE SchuLfAhRT DIE IST ... LAng

oder den Dessauer Verkehrsbetrieben, alle Angaben zur derzeitigen Schülerbeförderung. Welcher Schüler fährt wann auf welcher Route zu welchem Schulstandort. Sämtliche Fahrt-routen werden berücksichtigt, die Lage jeder Haltestelle wird via GPS (Global Positioning System) erfasst. Auch die derzeitigen Fahrtkos-ten werden in den Datenbestand aufgenom-men.

Erst Diagramme und Karten machen lesbar, was sich zuvor in Zahlenkolonnen versteckte.

Bevor Prognosen getroffen werden können, wird der Ist-Zustandes betrachtet. Die soft-waregestützte Auswertung der Daten lässt etwa die durchschnittliche Fahrtdauer der Schüler ersehen. Alle numerisch erhobenen Daten werden mit Hilfe von Geoinformationssys-temen, speziellen Anwendungsprogrammen, visualisiert. Erst diese Diagramme und Karten machen lesbar, was sich zuvor in Zahlenkolon-nen versteckte.

In ‚Was ist wenn‘-Szenarien, ausgelegt auf einen Zeitraum von 20 Jahren, wird jetzt ent-wickelt, welche Auswirkungen Veränderungen der verschiedenen Parameter haben. Welche Schülerzahlen werden zu befördern sein? Was bedeutet das für die Auslastung der einzelnen Strecken? Welche Auswirkungen auf Fahrt-routen und -zeiten hat die Einrichtung oder Auflösung von Haltepunkten. Kann die Lage der Haltestellen optimiert werden? Welche

Schulstandorte werden noch anzufahren sein? Und nicht zuletzt, welche Kosten entstehen an all diesen Kontenpunkten des Systems? Was wird uns die Beförderung unserer Kinder in Zukunft wert sein müssen?

In die Schulentwicklungsplanung 2013 des Landkreises Wittenberg sollen die Ergebnisse

der Studie bereits einfließen.

Es gilt, die Stellschrauben aufzuzeigen, an denen Gemeinden und Kommunen wie auch die beteiligten Beförderungsunternehmen Ein-fluss auf die optimale, also kurze und schnelle Beförderung unserer Kinder wie auch die Minimierung der anfallenden Kosten nehmen können. In die Schulentwicklungsplanung 2013 des Landkreises Wittenberg sollen die Ergebnisse der Studie bereits einfließen.

Weitere Anwendungen der Untersuchungs-methodik sind ohne Weiteres vorstellbar. Vor dem Hintergund demografischer Veränderun-gen könnte etwa die Lage und Erreichbarkeit von Nahversorgungseinrichtungen, wie Ban-ken, Lebensmittelmärkten oder medizinischen Einrichtungen, auf den Prüfstand gestellt werden. Vorerst aber hoffen wir auf eine schnelle und allseits effiziente Beförderung der Schüler in unserer Region in den kommenden 20 Jahren. // am

Allmorgentlich stehen Sie an den Landstraßen. Die Kinder, deren Dorfschulen schon vor vielen Jahren Rationalisierungsmaßnahmen zum Opfer gefallen sind. Sie warten auf den Schulbus. Nicht selten haben sie ein wahre Odyssee vor sich, sie zuckeln durch zahlreiche Ortschaften in denen ihre Klassenkameraden warten, gleiten über Landstraßen, warten in den verstopften Einfallstraßen der Städte. Zu selten fährt der Bus, sagt man. Zu weit sei der Weg bis zur Schule, zu lang die Fahrtzei-ten. Es geht nicht anders? Wäre das System sonst gar nicht mehr zu finanzieren? Nein, sagen die Initiatoren eines Forschungs-projektes im Studiengang Geoinformatik an der Hochschule Anhalt. Mit finanzieller Un-terstützung des Kultusministeriums Sachsen-Anhalt untersucht eine Projektgruppe um Prof. Dr. Holger Baumann und Prof. Dr. Lothar Koppers sowie den wissenschaftlichen Mitar-beitern Thomas Weichert und Volker Höcht, welche Optimierungspotentiale das System birgt.

Die bis in das Jahr 2013 angelegte Studie be-trachtet ein Gebiet, das die Landkreise Anhalt-Bitterfeld und Wittenberg, sowie die kreisfreie Stadt Dessau-Roßlau umfasst. Die Zentra-lisierung der Schulstandorte ist weitgehend abgeschlossen, veränderlich aber ist die Zahl der schulpflichtigen Kinder. Auch in der nähe-ren Zukunft ist von einem weiteren Rückgang auszugehen. Gelingt es, eine empirisch gefestigte Vorhersa-ge zur Zahl der Schüler und deren Wohnorten für die kommenden Jahre, betrachtet werden 2 Jahrzente, zu machen, kann die Auslastung von Schulen besser geplant und sachgerecht über mögliche Sanierungen oder Erweiterun-gen entschieden werden. Fahrpläne können besser getaktet und die Lage der Haltestellen ebenso wie die Fahrtrouten der Busse opti-miert werden.

Die Studie erfasst mit Hilfe zahlreicher betei-ligter Unternehmen, etwa der NASA GmbH

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. .

u BEr dEn vErSucH

m i t mAtHEmAt i K

E i n t rAnS Po rt P ro BlEm

zu loSEn

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Der Kontext // Architektur ist ein leben-des System. Kreativität ebenso. Wenn beide innerhalb einer selbstorganisierenden Cho-reographie im urbanen Kontext aufeinander treffen, sind wir mit dem Thema des demo-graphischen Wandels ebenso konfrontiert wie mit dem Thema von Stadtplanung im 21. Jahrhundert. Berlin war und ist eine Stadt, in der genau dies passiert. Kreativität passiert spontan, emergent oder organisiert durch Prozesse, die etablierte Mechanismen verwen-den, um ein schon vorher festgelegtes Resultat zu erreichen. Der Begriff „Anatomie“ (Auf-schnitt), stammend aus dem Altgriechischen, angewendet in Pathologie und Medizin, ist ein Teilgebiet der Morphologie und erklärt den Aufbau der Organismen in Biologie, Zoologie und Botanik. Die Stadt, der urbane Raum, mit seinen Organen und Infrastruktur ist ein ebensolcher Organismus. Die Kunst der „Ana-tomy“ ist Ansatzpunkt für design thinking und Entwurfsstrategien im Entwurfsstudio

„The Anatomy of Creative Quarters - ACQ“, ein vertikales Studio mit Studenten des Ba-chelor Programms und Master of Architecture (DIA).

In Berlin beobachten wir seit Ende des 20sten Jahrhunderts ein globales Phänomen,

die Entstehung von „Creative Quarters“.

Vor allem in großen, heterogenen, sich schnell verändernden Städten, haben ehemalige In-dustriehallen und industrielle Areale, Kirchen oder Schulgebäude in ihrer ursprünglichen Funktion ausgedient und erwarten, ebenso wie Baulücken, eine neue Nutzung. Das Phäno-men „Creative Quarters“ ist vor allem in den Bezirken zu beobachten, die sozial-kulturell und wirtschaftlich einen Balanceakt vollziehen. Seit Ende der 1990iger Jahre beobachtet man unter anderem in den Londoner Stadteilen Camden Market, Hoxton und Brixton, den Berliner Bezirken Prenzlauer Berg, Kreuzberg und nun Neukölln sowie Teilen von New York, Tokio oder auch Barcelona die Ansiedlung von progressiven und innovativen Modedesignern,

Künstlern, Galerien und auch jungen Archi-tekten.

Das Thema wurde neben den Studenten der HS Anhalt über einen Zeitraum von ca. zwei Jahren von vier weiteren internationalen Uni-versitäten aus Paris, Melbourne, Leipzig und Nagoya untersucht und auf unterschiedliche Weise diskutiert. Alle Studentengruppen trafen sich im Juni 2011 in Berlin zu einem Symposium mit anschließender Ausstellungs-eröffnung im ANCB (Aedes Network Campus Berlin), um ihre Ergebnisse, Möglichkeiten aber auch Limitation von Architektur in der „Creative City Agenda“ zu teilen und mit

sozialen Gegebenheiten am Beispiel Berlins, was mit seiner besonderen, durch die deutsche Geschichte initiierten, Stellung eine hervorra-gende Plattform im Urbanen wie im Lokalen bietet. Richard Florida beschreibt in seiner durchschlagenden Publikation The Rise of the Creative Class, 2002, “Why cities without gays and rock bands are losing the economic development race”. Es ist eine Studie über das Verhältnis von Kreativität und Wirtschaft in Amerika. Der Inhalt der Zusammenfassung deckt sich mit dem, was in Berlin seit über drei Jahrzehnten aktiv passiert; es geht um die Komplexität, die eine selbstorganisierende Gesellschaft wirtschaftlich und kulturell ent-

ThE AnATOmy Of cREATIvE QuARTERS

spezialisierten Architekten, Researchern und Senatsvertretern zu besprechen.

Die Agenda// Vor Beginn des Projektes hat sich das Studio mit unterschiedlichen Aspek-ten und v.a. der Definition des Begriffs „Crea-tive Quarters“ auseinandergesetzt. Das Studio

„Anatomy of Creative Quarters“ untersucht Entstehung und Entwicklung durch Analyse und Beobachtung der urbanen, lokalen und

wickelt, wenn sich ihr gebautes Umfeld mit allen implizierten politischen Entscheidungen radikal verändert. Eine dynamische Rekursi-vität entsteht, wobei das eine auf das andere reagiert und sich bezieht und somit eine Evo-lution anstößt.

Eines der ausschlaggebenden Themen in Berlin ist die Entstehung von unkonventio-nellen, d.h. spontanen, temporären „Creative

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Quarters“, die scheinbar aus dem „Nichts“ entstehen. Wir befassen uns mit der Frage, warum und wie siedeln sich Kreative aller Art in bestimmten urbanen Taschen an, welche physischen, sozialen und wirtschaftlichen Vor-aussetzungen müssen gegeben werden? Welche Regeln und Systeme existieren, die die Entste-hung von Creative Quarters ermöglichen und sind diese Regeln lokal und ortsspezifisch oder global übertragbar?

„I am Irish, I like trees…“.

Das Projekt// Das Studio profitierte von seiner Struktur, in der Bachelor und Master-studenten zusammenarbeiteten wie auch von seiner Internationalität, deren unterschiedli-ches Kulturverständnis eine außergewöhnliche Design-Intelligenz entwickelte und äußerte sich vor allem in der Einbeziehung individu-eller Erfahrungen und dem Verständnis des urbanen Raums in den Architekturen, die die Studenten in den gewählten Kontext integrier-ten, mit ihm verschmelzen ließen oder ihm als

„Konversationspartner“ entgegensetzten. Zitat Una Breathneach H-Lfearnain: „I am Irish, I like trees…“. Beginnend mit einem Workshop im ANCB (Aedes Network Campus Berlin) wurden durch Analyse des Genius Loci und Mapping des urbanen Raumes und dessen überlagern-der Matrizen Verhaltensmuster, politische, demographische, ökologische und ökonomi-sche Daten, historische Gegebenheiten ein Archiv von hard- und softfacts zusammenge-

tragen. Der Workshop wurde durch Besuche in die Prinzessinnengärten, einem mobilen ur-banen Garten auf ungenutztem Brachland, in das jüngste, größte und dennoch innovativste Officesharing Gebäude, das Betahaus, und diverse Stadtspaziergänge begleitet. Das ent-standene Archiv diente zur Entwicklung erster Entwurfsstrategien wie auch Programm und Funktion der einzelnen Projekte. Themen wie Immigration als Motor für Kreativität sowie das Anziehen von den sogenannten BoBos

Ein Großteil der Projekte berücksichtigte das Milieu und Kontext des gewählten Projekt-ortes und folgend an Strategien, die dieses z.B. durch Beibehaltung von bezahlbarem Wohnraum zu unterstützen und schützen versuchten.

Obwohl Richard Florida’s Untersuchungen nicht im Mittelpunkt der Projekte standen, kam das Studio zu ähnlichen Ergebnissen

„While it certainly remains to have a solid

(Bohemian Bourgoisie) wurden gleichermaßen architektonisch bearbeitet. Die Bezirke Prenz-lauer Berg/ Mitte standen im Fokus; Brenn-punkte die zwischen Abriss und Neuerfindung, wie z.B. das Tacheles wurden ebenso bearbeitet wie Baulücken oder leerstehende Gebäudety-pen für temporäre Zwischennutzung. Der Maßstab der Entwicklungen reichte von mobilen Büro-Einheiten hin zu Aufschlüsse-lungen und Aufbrechen der typischen Berliner Blockstruktur, um existierende thematische Verbindungen außerhalb der Blöcke auch bau-lich umzusetzen. Am Ende des Semesters konnten die Stu-denten architektonische Interventionen, entstanden aus Analysen und kritischen Be-obachtungen, und architektonischen Feinsinn entwickeln und entwerfen.

business climate, having an effective people climate is even more important. […]. This entails remaining open to diversity and actively working to cultivate it, and investing in the lifestyle amenities that people really want to use often, as opposed to using finan-cial incentives to attract companies, build professional sports stadiums, or develop retail complexes.” // Liss C. Werner

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Plan of Scheme | Scale 1:200.

Section a-a of Site | Scale 1:200.

elevationS c-c of Site at friedrich StraSSe, with wallS/ PaSSageS oPen and cloSed | Scale 1:200.

Hauptstadtstudio

WS 2010.2011

semesterubergreifendes Projekt

Ba architektur

mA Architecture

..

top: Sitemap . una Breathneach H lfearnain . Below: Sitemap . Piangpim thongsawangi

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Studio-Projekt DIA WS2010/2011// Prof. Jo-hannes Kister, Architekt/ Liss C. Werner, MaArch (Bartlett), Architektin/ Cornelia Böttner, Dipl.-Ing. Arch. Das Wissen// Graeme L. Evans, From Cultural Quarters to Creative Cluster/ Richard Florida, The Rise of The Creative Class/ Ranulph Glanville, Researching Design Research/ Rem Koolhaas, Delirious New York/ Bruce Mau, Life Style/ Ben Nichols, Beans/ Colin Rowe, Collage City/ Spaniens gemüse Guerilla, Barcelona, refer to Weltspiegel, 26.09.2010

installations . mateusz cyganek

Die Studenten// Mostafa Abdel Hakem/ Katja Bartel/ Una Breathneach H-Lfearnain/ Mateusz Cyganek/ Dixit Prabidhi/ Tina Kadkhodayan/ Selma Koudsi/ Scott MacColl/ Daniela Plock-stieß/ Piangpim Thongsawang/ Larisa Tvetkova

Das Symposium / Die Ausstellung im ANCB//Teilnehmende Universitäten// Ecole Special D‘Architecture, Paris, led by Karsten Huneck, Bernd Trümpler/ Dessau Institute of Architec-ture, led by Liss C. Werner, Prof. Johannes Kister, Cornelia Böttner/ HTWK Leipzig, led by Prof. Marina Stankovic, Tobias Jortzick/ Nagoya City University, led by Ito Yashiyuko/ Royal Mel-bourne Institute of Technology, led by Michael Roper, James Staughton

Gäste// Michael Künzel Berlin Senate, Depart-ment for Urban Development/ Petra Wollenberg Leyk Wollenberg Architects, Professor Hochschule Lausitz/ Heike Överman Architect, current PhD research on transformation of industrial areas through cultural heritage and creative economy

http://www.aedes-network-campus.de/sixcms/detail.php?id=3207613

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EIn hORTDES WISSEnS

lars Stierwald

Bachelorthese Architektur

WS 2010.2011

Betreuende Professoren:

Axel teichert . ralf niebergall

Auf dem Campus Design der Kunsthochschu-le Halle/ Saale soll eine neue Mediathek ent-stehen. Der offizielle Architekturwettbewerb ist bereits entschieden. Zeitgleich hat sich Lars Stierwald in seiner Bachelorthese dem Thema gestellt.

Der Bauplatz ist durch heterogene, zwei- bis viergeschossige villenartige und meist frei-stehende Gebäude sowie deren angrenzende Gärten geprägt. Das Gelände fällt von Osten Richtung Westen mit einigen Verwerfungen von bis zu 3m Höhe. Mit dieser Besonderheit spielt der Entwurf. Natürliche Topografie wird zu Gebautem. Die Außentreppe erwächst aus dem Gelände und wird zur Fassung, in dessen Inneren sitzt der Edelstein, die neue Media-thek.

Der Baukörper folgt in seiner Geometrie den feinen Linien der Natur wie den harten Kan-ten der benachbarten Gebäude. Ein komplexes Netz aus einander schneidenden Achsen wird gewebt. Aus ihm heraus entwickelt sich die Gestalt des Neubaus.

Die Mediathek zeigt sich als geschlossener Körper. Das Innere wie einen Schatz hütend. Das ‚wertvolle Gut’ Wissen bewahrt in Schich-ten von Treppen. Der Besucher muss es sich erarbeiten auf dem Weg hinein. Immer neue Blickwinkel warten auf ihn - auf das, was ‚der Mühe Lohn‘.

Gezielt geben große Einschnitte Blicke frei, wird der Suchende nach innen gelockt.

Dort zeigt sich die reale Welt in Form von Bildern durch die großen Öffnungen. Ein Ort der Ruhe, der Beschäftigung mit dem Wissen der Welt und doch abgeschirmt. Einen Dialog zwischen Studierendem und dem geschrie-benen Wort, der Archive und Datenbanken, beginnend.

// cb

n EuE mEd iAtHEK fur d i E KunStHocHScHulE HAl lE Bu rG G i EB i cH EnStE i n

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Casa de l‘ arbreDas Baumhaus im Barri Gòtic von Barcelona beherbergt zurückgezogen vom Trubel der Innenstadt ein Hotel über den Dächern der Stadt und verbindet mit einer Passage auf zwei Ebenen den belebten Plaça del MACBA mit den rückwärtigen Gassen. Spanien war mit circa 100 Millionen Besuchern pro Jahr schon immer eines der wichtigsten Urlaubsziele Eu-ropas. In den letzten Jahren rückte das Land - besonders Barcelona - immer mehr in den Mittelpunkt der jungen und junggebliebenen Reisenden, der sogenannten Backpacker, die nicht nur an Kultur und Sehenswürdigkeiten interessiert sind, sondern auch am Nachtleben Barcelonas. Aus diesem Grund stieg auch die Anzahl der Hostels - obwohl immer noch gering in der Anzahl - da sie eine preiswerte, gepflegte Unterbringung an den touristischen HotSpots bieten. Die Aufgabe bestand im Entwurf eines Hos-tels/ Hotels, das Entspannungsbereiche und Geschäftsflächen integriert und gleichzeitig als Landmarke für die Altstadt Barcelonas wirkt.

Kulturcampus. Er wird gleichermaßen von Touristen sowie Einheimischen als Freizeitat-traktion genutzt. Dabei bildet sich auf dem Plateau vor dem Museum und der dort verlau-fenden Rampe ein Art Zuschauerraum, von dem aus das Geschehen auf dem Platz beob-achtet werden kann. Den Platz selber machen sich regelmäßig junge Skater zu eigen und bespielen die ‚Bühne‘. Durch die große Frei-treppe, die zur oberen Passage führt, wird der Platz an seiner nordöstlichen Seite geschlossen und definiert eine klare Kante und einen Übergang in die flankierende Straße. Die Trep-pe selber sowie der vordere Teil des Plateaus werden Teil des Zuschauerraums. Durch die zweite, abgesenkte Passage wird das Plateau selber als Vollgeschoss nutzbar und flankiert diese mit Geschäften, bzw. der Anlieferung und dem barrierefreien Zugang.

Den Platz selber machen sich regelmäßig junge Skater zu eigen und bespielen die ‚Bühne‘.

Der zweite Ansatz entwickelt sich aus der Fra-ge nach den geforderten bzw. fehlenden Qua-litäten des Standortes. Aufgrund einer sehr engen Bebauung mit sich spontan öffnenden Plätzen herrscht in den Straßen und Gassen eine enge Folge von intensivem Licht und hartem Schatten. Die räumliche Enge verhin-dert zudem einen ausreichenden Luftwechsel, obwohl man sich in unmittelbarer Nähe des Meeres befindet.

Das Hotel erreicht durch seine Form, die der eines Baumes ähnelt, dass am Boden ausreichend

Licht und Luft zirkulieren können.

Zusammen mit der gefühlten Masse, die von den ca. 20 Meter hohen Gebäuden des Gebiets von beiden Seiten drückt, sorgt dies für schlechte Aufenthaltsqualitäten auf der Komunikations- bzw Bewegungsebene. Schon 1859 hat Alfonso Cerdà mit seinem Plan zur Stadtsanierung und Erweiterung versucht, dies durch eine weite, nicht allzu hohe Bebauung zu kompensieren. Zwar wurde der Plan zu großen Teilen umgesetzt, jedoch hat man die zulässige Baumasse in relativ kurzer Zeit um ein Vielfaches erhöht. Damit wurde der Zugewinn an Wohnqualität beträchtlich ge-schmälert. Das Hotel erreicht durch seine Form, die der eines Baumes ähnelt, dass am Boden trotz seines recht großen Bauvolumens ausreichend Licht und Luft zirkulieren können. Die untere Passage liegt um zwei Meter ab-gesenkt entlang der Nachbarbebauung und beherbergt Laden- und Geschäftsflächen sowie Serviceeinrichtungen des Hotels. Der Hauptraum der Bar auf dieser Etage ist mit dem Café auf der darüberliegenden Passage verbunden. Somit können beide gemeinsam aber auch einzeln betrieben werden. Auf der oberen Passage liegt die Haupterschließung des Hotels. Auf den großzügigen Flächen entsteht eine Übergangszone, in der sich das urbane Leben der Umgebung mit den Akti-vitäten im Hostel vermischt. Halböffentliche Einrichtungen, wie eine Internetstation, unter-stützen dieses.

// Ilja Neutzner

Das Entwurfsgebiet liegt direkt am Plaça del MACBA, im Herzen des Barri Gòtic - dem gotischen Viertel, Barcelonas. Gegenüber be-findet sich Richard Mayers Museum für Zeit-genössige Kunst. Der Entwurf versucht, eine Verbindung mit der Umgebung einzugehen und die urbane Atmosphäre des öffentlichen Lebens mit einer zurückgezogeneren intimen Nutzung zu kombinieren. Auch sollte der Charakter der Umgebung gewahrt bleiben

Entwurf// Bei dem Entwurf kommen zwei unterschiedli-cher Ansätze zum Tragen. Der erste ist städtebaulicher Natur. Der Plaça del MACBA bildet als zentraler Platz zwischen den verschiedenen Kunstmuseen (unter ande-rem genanntes Museo de Arte Contemporá-neo von Richard Mayer) einen Kunst- und

E i n HotE l i m BAumHAuS

. .

ilja neutzner

Bachelorthese Architektur

SS 2011

Betreuender Professor:

Alfred Jacoby

und dipl. ing. Stefan Jackeli

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mÄRchEnhAfTES AnkASSELS WEInbERg

Ihre Kasseler Zeit beschrieben die Brüder Grimm als die »arbeitsamste und vielleicht fruchtbarste«. Hier trugen Sie nicht nur die ‚Kinder- und Hausmärchen‘ zusammen, auch zahlreiche weitere Werke wie die ‚Deutsche Grammatik‘ und das ‚Deutsche Wörterbuch‘ haben von Kassel aus ihren Weg in die Welt begonnen. Die Stadt Kassel plant nun die „Grimm-Welt Kassel“ auf ihrem ‚Stadtbalkon‘, dem Wein-berg südwestlich des Stadtzentrums.

Gegründet wurde das ‚Brüder Grimm-Muse-um Kassel‘ bereits 1959. Über 50 Jahre hat es sich dem Leben und Werk der Brüder Grimm mit Schwerpunkt der von ihnen gesammelten ‚Kinder- und Hausmärchen‘ gewidmet. Doch seine derzeitige ‚Heimat‘, das Palais Bellevue, ist nicht mehr zeitgemäß im Sinne touristi-scher und publikumswirksamer Vermittlungs-formen. 2010 ließ die Stadt Kassel daher ein

Gesamtkonzept für die Neupositionierung der Marke ‚Brüder Grimm‘ entwickeln. Her-ausgekommen ist eine umfassende und neue Strategie, um in Kassel touristische, museale, ästhetische, wissenschaftliche und kulturwirt-schaftliche Aspekte weiter auszubauen. Das Konzept sieht neben der ‚Grimm-Welt‘ auf dem Weinberg den Ausbau des historischen Torgebäudes am Grimm-Platz, dessen obers-te Etage die Brüder Grimm bewohnten, zu einem modernen und angemessenen ‚Grimm-Denkmal‘ vor. Hinzu kommt die Überfüh-rung der Bibliotheksbestände des alten ‚Brüder Grimm-Museums‘ in eine der Murhardschen Bibliothek angegliederte ‚Grimm-Bibliothek‘. Das neue Gebäude für die ‚Grimm-Welt‘ stellt dabei kein Museum im klassischen Sinne dar. Seine inhaltliche Ausrichtung wird neben der Präsentation der Sammlung deutlich durch Mitmach- und Erlebniselemente erweitert und ausgeprägt sein.

Ebenfalls im Jahr 2010 wurde ein Architek-tenwettbewerb für das neue Museum, die ‚Grimm-Welt Kassel‘ ausgeschrieben. Parallel dazu arbeitete Katrin Nahrstedt zum Thema in Ihrer Bachelorthese. Es galt, Mystik und poetische Kraft der Märchen sowie die Faszi-nation der deutschen Sprache in Architektur zu bannen.

Entlang der Weinbergstraße ordnet sie ei-nen monolithischen Baukörper, der sich an bestehenden Gebäudeachsen ausrichtet. Ein-schnitte enthüllen das Innere, geben Schnitt für Schnitt den Eingang frei. Die schrägen Kanten geben dem Körper eine kristalline Gestalt. An seinen Schnittflächen offenbart sich der Inhalt des Museums, werden Passagen Grimmscher Märchen zitiert. So drückt sich Innen nach Außen - wird der Außenraum in das Innere hineingesogen - wird der Besucher verzaubert in die Welt der Märchen gelockt - das Tor geöffnet - beginnt die Reise durch den Kosmos der Gebrüder Grimm.

Als wäre der Innenraum in sich gefaltet, setzt eine große Freitreppe schräg im Raum zu den Ausstellungsräumen nach oben an. Nach Süden öffnet sich der Raum zum Hang des Weinberges. Das Plateau des Erdgeschosses schiebt sich aus dem Hang und wird zur Ter-rasse, die ganz selbstverständlich das Thema der historischen Treppenanlage und der Ge-ländestaffelung des Weinberges weiterführt. Von hier aus führt der Blick über die Wein-hänge auf die Weite der Stadt.

// cb

. .d Er En tWurf E i n Er BrudEr Gr i mm Er lEBn i SWElt

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Katrin nahrstedt

Bachelorthese Architektur

WS 2011.2012

Betreuende Professoren:

dr. matthias Hohne

Andreas theurer

. .

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EIn ghETTObLASTERfüR LEIPzIg

Der Augustusplatz ist Leipzigs größter Platz und einer der größten in Deutschland. Am östlichen Rand der Innenstadt, am Ring der ehemaligen Stadtmauer gelegen, bildet er eines der kulturellen Zentren Leipzigs. An seinen Stirnseiten: nördlich die Oper, südlich das Gewandhaus zu Leipzig. Die Westseite säu-men zahlreiche Gebäude der Universität, so das Paulinum, das Augusteum, der Uni-Riese sowie der MDR-Kubus oder das 1928 als ers-tes Hochhaus der Stadt errichtete Krochhaus. Durch den Georgring wird die Häuserfront im Osten ein Stück vom Platz abgerückt. Jedoch gibt die Verkehrsader dem Augustusplatz auch seine zentrale Vernetzung, seine Belebtheit, sein großstädtisches Flair.

In ihrer Bachelorthese spricht sich Janin Moritz für eine Erweiterung des ‚Kultur-Programmes‘ auf dem Platz aus. Sie erdenkt den Einzug einer Fakultät für Szenografie und Kostüm in die östliche Zeile, in das Gebäude der ehemaligen Post. Der Entwurf arbeitet mit

und für den Platz. Durch einen riesigen ‚visu-ellen Ghettoblaster‘ gibt das Haus seine krea-tiven Impulse an die Stadt. Ein Drahtgewebe aus zwei geflochtenen Lagen, dessen äußere Schicht dreidimensional verformt ist, sorgt für interessante Licht-Schatten-Spiele an der Fas-sade. Bewegungen im Gebäudeinneren werden durch Reflexionen zwischen den Schichten verfremdet, farbliche Lichteinstreuungen un-terstützen diesen Effekt und bringen die Ober-fläche zum ‚Fließen‘.

Tritt der Besucher durch den schmalen Eingang, wird er zunächst von einer weiten flachen Halle empfangen. In der Mitte öff-net sich ein langgestrecktes Atrium. Wie ein Schnitt schiebt es sich in Querachse durch den Baukörper. In nahezu sakraler Art fällt das Licht über Wände und Galerien. Es entsteht ein innerer Platz, der sich in hinterer Ebene in einer großen Halle aus Glas entlädt. Der Anbau, eine riesige halbe Tonne, die sich, ganz wörtlich, an den Bestand anlehnt, erinnert an

die großen Palmenhäuser des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die Halle wird zum Experimen-tierraum für Theater, Bühnenbild und Kostüm - und ist selbst Kulisse.

Die Zeilen entlang des imposanten Luftrau-mes bergen Büros, Seminarräume und Werk-stätten - eingestellte Türme die ‚Arbeitszellen‘ der Fakultät. Ganz oben, über den Dächern Leipzigs tront in Penthaus-Manier die Mensa.

// cb

Janin moritz

Bachelorthese Architektur

WS 2011.2012

betreuende Professoren:

Alfred Jacoby

carl constantin Weber

E i n En tWurf fur d i E fAKultAt fur SzEnoGrAf i E und KoStum . .. . . . . .

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SImPLE ´n bIg

Der Ausdruck “sacco di Palermo”, buchstäblich die Plünderung Palermos, entstand in den 1960er Jahren und fand in den 80ern, zur Amts-zeit des Bürgermeisters Leoluca Orlando, neu-erlich Verwendung. Die Redewendung nimmt Bezug auf die schnelle und brutale Erweiterung der Stadt in Richtung Norden in den 50, 60, 70er und 80er Jahren und vergleicht diese mit ei-ner wahrhaftigen Zerstörung durch Plünderung. Aber Plünderung wovon? Von Gebiet, von Land, von Landschaft aber gleichzeitig vom Reich-tum, besonders aber in ökonomisch-finanzieller Hinsicht. Roberto Garavini behauptet in seinem berühmten Essay aus den 70er Jahren, dass die primäre Ausschüttung von Kapital in Folge der Bauspekulation direkt oder indirekt dazu diente, den ökonomischen Boom dieser Jahre zu finanzieren. In diesem Falle gäbe es also keinen Grund für einen Skandal: die schwache Moder-nisierung Palermos war demnach nur aufgrund einer künstlich generierten Bauindustrie, auf der diese Kapitalgewinne basierten, möglich. Heute ist die ‚Stadt der Plünderung‘ eine zeitgenössische Stadt. Sie korrespondiert mit einem Baubestand, der durchaus einen enormen ökonomischen Wert besitzt, welcher sich jedoch kontinuierlich durch Verfall verringert. In Betonskelettbauweise konst-ruiert, der Typologie der Randbebauung folgend weist sie auf die Unterprodukte der Modelle der Moderne. Ihre städtebauliche Ordnung ist ein gleichmäßiges Raster - ein Erbe der Planungen des 19. Jahrhunderts, welches sich eher für eine Blockbebauung eignet. Die Spielarten des urba-nen und architektonischen Experimentierens der Bewegung der Moderne sind hier evident.

Unser Ziel war, die ökonomische Bedeutung dieses Bestandes mit seinem eher qualitätslosen Material durch gezielte Eingriffe in Einklang zu bringen. Thema: die Rekonvertierung des Bestan-des aus zwei Notwendigkeiten heraus zu starten: die Verschlechterung des verwendeten Stahlbetons und die niedrige energetische Effizienz. Beide Aspekte werden bis heute allenfalls episodisch und getrennt behandelt. Obwohl dieser Baubestand niedriger Qualität Privateigentum ist und da-

mit als fragmentiertes Eigentum steht, lässt sich die Dimension des Phänomens als eine Frage des öffentlichen Interesses festlegen - und zwar nicht als Problem sondern als Gelegenheit.Der Baubestand der ‚Plünderung Palermos‘ ist heute bewohnt und lebendig - er hat sogar eine gewisse unvorhersehbare Urbanität und Häuslichkeit gewonnen. Außergewöhnlich sind seine Transfor-mationspotentialitäten.

Untersuchungsgebiet im weitesten Sinn war das große Areal der nördlichen Stadterweiterung Pa-lermos. Als Referenzachse steht der Endtrakt der Viale Strasburgo, die Verlängerung der Via della Libertà über die Piazza V. Veneto und die Viale De Gasperi als deren rechteckige Verbindung. Die Bauten mit höherer Dichte erstrecken sich in Richtung Nord-Süd zwischen dem Stadtteil S. Lorenzo und der Viale De Gasperi - in Ost-West Richtung zwischen der Autobahn und die Viale Del Fante.

// Gaetano Licata

Die Altstadt Palermos ist deutlich sichtbar, in großen Teilen unbewohnt und unsaniert. Die Neubauareale dagegen generieren einen durch-weg guten Ruf und sind vom Mittelstand als Milieu geprägt. Dagegen ist die Altstadt sozial schwierig. Von daher besteht kein Grund, aus einer sozialkritischen Perspektive in die Archi-tektur und den Städtebau einzugreifen. Den-noch bestehen urbane Defizite, wie die fast flächendeckende Okkupation des öffentlichen Raumes durch das Auto und die ‚Verlärmung‘ der Innenhöfe durch die offenen Baustruktu-ren. Gleichzeitig ist auffällig, dass durchweg die vormals dort stehenden Landhäuser und kleinen Dorfstrukturen vernachlässigt sind und ihre Rolle als Identitätsträger nicht spie-len können. Nach einer Woche Ortsstudium und intensi-ver Auseinandersetzung, auch dank der langen Vorarbeiten der Hochschule Palermos unter der Leitung von Gaetano Licata und Roberto

Collovà, schälte sich immer deutlicher heraus, dass es um die Frage der Zukunftsfähigkeit im Sinne einer Weiterführung des modernen Städtebaus geht. Anders als die Doppelstadt Halles, wo die Entscheidung der Entwick-lungszukunft fraglos auf die alte Stadt entfal-len ist und Halle-Neustadt einem strategischen Rückbau entgegensieht, sind im Gebiet des

„Sacco di Palermo“ Investitionen sinnvoll und können im Sinne urbaner Verdichtung Stadt weiterbauen. Doch wie kann eine Strategie aussehen in einem Gebiet dominanter Groß-bauten, die in offenen Blockarealen relativ dicht Raum besetzen? Mögliche Strategien wurden untersucht, wie downgrading, um an die Maßstäblichkeit der ländlichen Bebauung anzuknüpfen, damit stadträumliche Bezüge qualitätssteigernd wahrgenommen werden. Dies lässt allerdings die bestehenden Bau-ten ‚mental‘ beschädigt zurück, so als wären es ‚Irrtümer‘ gewesen (oftmals sicher!). Aber letztlich löst diese Strategie nicht die Frage des Maßstabs, der vorhanden ist, der nicht negiert wird und der deutlich andere Verhältnisse einführt hat, als den Maßstab der historischen Bauten an gleicher Stelle vorher und im Üb-rigen der Altstadt. Das Studio in Dessau hat sich entschieden, eine andere Strategie zu verfolgen, die als Experiment zu verstehen ist und auch eine provokative Position bezieht. Es geht darum, den bestehenden Maßstab mit einem noch größeren Maßstab zu konfrontie-ren. ‚Simple and Big‘ war die Strategie, durch einfache Megaformen, die aber - und dies ist entscheidend - eine strukturelle ‚Kleinheit‘ in sich tragen, die Körnung und urbane Maß-stäblichkeit zu verändern. Radikale Setzun-gen und städtebauliche Einschnitte brechen in frappanter Weise betonierte Situationen auf und erlauben eine neue Magnetisierung der urbanen Räume. Immer größer, immer einfacher zu planen und zu denken war für die Studenten eine Herausforderung, hat aber als Entwurfsstrategie Lerneffekte gene-riert. Auf diese Weise sind neue Bilder und Analogien entdeckt worden, die dazu taugen,

PA lErmo . u rBAn i S i ErunG dEr PlundErunG..

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fallen down . yunhan nie . diA: the idea is a

revolution to the modern cities developing. this is

a challenge to the high buildings. the fallen

down high building provide some space for the

city residents. some public space. green space.

market space and so on. it makes the street

more ordered. and the open urban points to

each other. this district becomes very legibility.

and it will be a new landmark of Palermo.

Maßstabssprünge als Instrument zu verste-hen. In dialektischer Weise gelingt es, die maßstäbliche Urbanität der Altstadt Palermos oder des überbauten Dorfes San Lorenzo im Kleid der ‚Megabuildings‘ wieder einzuführen. Fußläufige urbane Räume sind als Gebäude inszeniert. Die Strategie mutet so an wie das Verhalten von Fischschwärmen, die sich bei Gefahr zu einer Großform verdichten, um in ihrer „Kleinheit“ geschützt zu sein. Die Trans-formierung des „Sacco di Palermo“ mit dessen eigenen Mitteln seiner Entstehung durch rigo-rose Setzungen entbehrt nicht einer gewissen Ironie, scheint aber verheißungsvoll.

// Johannes Kister

Projekt zu Architekturgeschichte . Entwurf . Stadtebau

SS 2011

Betreuende Professoren:

Johannes Kister . Johannes Kalvelage . carl constantin Weber

und dipl. ing. Arch. cornelia Bottner

in Kooperation mit der facolta di Architettura universita degli Studi di Palermo

Prof. dr. Gaetano licata

Prof. roberto collova

. .

. .

i

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green flowing . Sidi chen . diA

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building

stock

trAnSfo

rmAtio

n

linking boulevard . Andrea Heilmann . BA Architektur: building stock: the area is divided by

buildings in the center. Between the high wall and an old residential area is a deep lying

area. by which the separation is intensified. transformation: Between the buildings of Sacco and

the old structure evolves a boulevard. through break off it opens into a place. that adjusts

the different levels. : With the new design and function distribution in the master Plan move the

three buildings along the boulevard into the focus. in the context of transformation they become

one body. the new structure is based on the cover of stock. volume will subtract and add. and

create a simple shape. With the closed structure in the first floors will a base of the building

created. it contains public functions such as retail. restaurants or service. the open spaces

generate a lightness of form and make a visual link between the two neighborhoods.

i

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iIHR KINDERLEIN KOMMET...

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DIE AngST DES ARchITEkTEn bEIm EnTWERfEn

[Prof. Johannes Kister] Herzlich willkommen zu den Dessauer Ge-sprächen. Heute in einem anderen Format. Wenn man heutzutage den Fernseher anmacht, dann wird immer getalked. Dessen mag man irgendwo überdrüssig sein, aber mir fiel auf, dass an unserer Hochschule nicht so viel getalked wird. Gespräche über bestimmte Themen finden eigentlich nur mehr in den Seminaren statt. Es gibt wenig Gelegenheit für eine offene Gesprächsrunde, wo die Kollegen da sind, wo die Studenten da sind und wo man einmal nicht über das Architekturprofil eines Gastes spricht, sondern sich ein Thema wählt. Ich freue mich, dass die beiden Kolle-gen (Anm. Prof. Johannes Kalvelage und Prof. Omar Akbar) sich spontan bereit erklärt ha-ben, mal auszuprobieren, wie so etwas an der Hochschule funktionieren kann und ob das ein netter Abend wird.

Vielleicht zum Titel noch kurz einige Worte. Salomon Korn, Architekt aus Frankfurt, hat 2011 in der FAZ einen Artikel geschrieben: „Die Angst beim Entwerfen“. Er beschreibt, wie er beim Arbeiten zwei Geier auf seinen Schultern hat. Der eine sagt „Weiter so, du bist der Größte, das ist ganz toll, was du machst“ und der andere sagt „Das taugt doch alles nichts, das ist doch total daneben, das ist doch nichts“. Er schreibt über dieses Hin und Her, diesen Dialog, zwischen dem Gefühl jetzt wirklich den großen Wurf zu haben und zu

wissen oder die Sorge zu haben, dass es viel-leicht doch irgendwie durchfällt und nix ist.

Ich dachte, das ist ein Thema, mit dem sie sich beschäftigen sollten, denn sie wollen das Ent-werfen und das Architekturgestalten ja lernen. Und auch die alten Hasen, die Kollegen die hier sitzen, sagen vielleicht, sie haben das auch noch selbst erlebt. Den Talk moderieren wird Prof. Omar Akbar.

uBEr d i E HoffnunG i m AnGES i cH t dEr lEErE

odEr KlE i n Er d i S Pu t m i t zWE i GE i Ern . E i n dESSAuEr GES PrAcH..

..

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[Prof. Omar Akbar] In diesem Zusammenhang möchte ich eine Geschichte erzählen… In der Hochschule der Künste in Berlin, als ich noch Lehrbeauftragter war und relativ jung, gab es auch solche Ver-anstaltungen. Mit Jonas Geist, einem Künstler, sind die Fetzen geflogen. Da ging es wirklich hart her! Aber ich glaube Johannes Kister hat gemeint, wir machen es ziviler. Also hier soll gestritten werden, aber in einer zivilen Form.

Ich glaube, Angst ist etwas, was wir alle ken-nen. Angst hat Phasen. Es gibt Dinge, vor denen wir als kleine Kinder Angst haben. Im Laufe der Zeit, wir werden erwachsen und ma-chen Erfahrung, ängstigen uns diese Sachen nicht mehr. Das heißt, durch die Geschichte, durch unsere eigene Biografie verändert sich Angst. Aber es gibt quasi Ursprungsangstfor-men, die uns von der Kindheit bis vermutlich zum letzten Tage des Seins begleiten. Es gibt Leute, die immer noch vor Mäusen Angst haben. Sobald man nur „Maus“ sagt, springen sie auf den Tisch. Es gibt also bestimmte Din-ge, die bleiben, andere ändern sich.

Ich würde sehr gerne mit einer Frage anfangen. „Hast du Angst vor irgendetwas?“.

[Prof. Johannes Kalvelage] Ich hatte in der Tat jetzt gerade ein bisschen Angst vor deiner ersten Frage. Und diese Frak-tionierung, hast du ja gerade sehr geschickt in-szeniert. Gerade, als ich aus meiner Tür heraus trat, tratest du neben mir aus deiner Tür her-aus und hast mich den Weg hierher begleitet. Auf dem Weg hast du glaube ich fünfmal das Wort ‚Angst‘ gesagt. Und ich hätte eigentlich schon darauf kommen müssen, dass die erste Frage weniger der Angst des Architekten, als der Angst an sich gilt.

Habe ich vor irgendetwas Angst? Es fällt mir jetzt wenig ein… Es gibt vielleicht so Situ-ationen, in denen kommt man ganz allein nach Haus und fragt sich, ob das Haus auch

wirklich leer ist. So etwas kann passieren. Aber Angst…

[Kister] Also, ich bin ängstlich. Und das passt schein-bar so gar nicht zu meinem Beruf… Meine El-tern erzählen mir immer, als kleines Kind habe ich geschrien wie am Spieß, wenn irgendwie ein Möbel verrückt oder etwas umgebaut wurde. Ich habe auch heute noch Angst vor Umzügen und Veränderungen. Da fühle ich mich kreuzunwohl. Gleichzeitig bin ich Archi-tekt. Das ist irgendwie komisch. Vielleicht ist man gerade deshalb Architekt, weil man das vermeiden will, weil man etwas ordnen will. Das ist gerade auch eine Motivation, nach Ordnungsstrukturen zu suchen, die einem diese Angst nehmen. Das sich Verändernde, das sich wieder neu Zurechtfinden ist etwas, wo ich wirklich große innere Unruhe empfin-de. Andere lieben ja die ständige Veränderung, die ziehen dauernd um und stellen alles immer wieder anders in ihrer Wohnung - das kommt bei mir nicht vor.

[Akbar] Also du sagst, dass Angst auch motivieren kann, dass Angst sich dreht in einen positi-ven Sinn. Man sagt ja etwa, dass die Angst vor Prüfungen, die Angst vor Präsentationen gerade die Kraft gibt, eine besonders gute Präsentation oder Prüfung hinzulegen. Das heißt, Angst hat genau diese Doppelseite, die du eben auch erwähnt hast. Sie mobilisiert.

Aber ich würde sehr gerne von dieser allge-meinen Fragestellung hinüber gehen zu der Kombination von Entwerfen, Architektur und Angst. Ist es möglich, ganz kurz, vielleicht autobiografisch, einmal die Typologie der eigenen Angst im Kontext des Entwerfens darzustellen?

[Kalvelage] Ich bringe den Begriff der Angst nicht so richtig zusammen mit dem des Entwerfens. Ich habe, glaube ich, keine Angst vor dem Entwerfen. Salomon Korn beschreibt das Bild dieser zwei Geier. Der eine sagt, Junge, du kannst es und der auf der anderen Schulter sagt, Mensch, also du bist ein Versager. Beide diskutieren also über den Kopf von Salomon Korn hinweg - sozusagen als die Psychologie des Herrn Korn. Man weiß nicht so genau, ist es nun der Geier oder ist es Herr Korn oder ist es eine Mischung aus all diesem. Es ist auf jeden Fall eine Form von Triumphirat, das den Herrn Korn da zu beherrschen scheint, denn die zwei Geier sind wie irgendetwas von ihm Getrenntes. Er ist nicht ausschließlich in die-

ser Dialektik der zwei Geier.

Neulich war eine interessante Konferenz hier, im Bauhaus, auf der Bauhausbühne. Einer dieser Besucher war ein Psychoanalytiker, sehr interessant. Und dann kam ich mit ihm ins Gespräch und wir haben unter anderem über das Thema Rekonstruktion gesprochen. Und auf einmal fragte er mich… ganz unvermittelt

„Sind Sie jemand, der rekonstruiert?“. Und ich habe verstanden, die Gegenfrage wäre dann, oder die Parallelfrage, „Sind Sie jemand, der dekonstruiert oder nicht rekonstruiert?“. Das war etwas schockartig. Streng auf eine Dia-lektik abzielend, die ich so nicht für möglich gehalten hätte. Also ich kann mir einfach nicht vorstellen, so entschieden zwischen Re-konstruktionsbefürwortung und dem Gegen-teil zu entscheiden.

So ist es vielleicht auch ein bisschen mit diesen Geiern, der eine, der mich so niedermacht und der nächste, der mich immer wieder aufbaut. Ich glaube, das ist schon ein sehr extremes Verständnis einer psychologischen Situation. Das ist natürlich überzeichnet und letztlich eine Form von Karikatur. Ich glaube, diese psychologische Struktur, in der man sich selbst wahrnimmt, die ist gar nicht so streng polar. Diese Unmöglichkeit, zu einer Position zu kommen, die gibt es, aber nur temporär.

Die Angst kann ja nicht der ständige Gegen-stand sein. Ich entwerfe irgendetwas, weil ich Angst davor habe. Das gibt es so nicht. Etwas nicht zu entwerfen, das halte ich nicht für eine Motivation. Es gibt natürlich die Besorgnis, dass man mit jedem Entwurfsschritt Entschei-dungen fällt. Und gerade in der Architektur kommt irgendwann the point of no return. Da muss man sagen, ja, das haben wir mal so entschieden, das ziehen wir jetzt auch durch. Irgendwann ist die Ausschreibung durch. Die Preise sind gebunden, die Firmen beauftragt. Die Pläne liegen auf dem Tisch. Dann muss

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In einem Büroalltag ist das nicht so. Da gibt es einen ständigen Prozess, in dem man sich zu Dingen bekennen muss, entscheiden muss. In einem Büro kostet dies viel Geld. Man kann Schiffbruch erleiden. Man behält diese Be-geisterung zum Entwerfen, erfährt aber auch regelmäßig Situationen, in denen man im Blinden tappt, in denen man keine schnelle Antwort hat. Ich glaube, das ist etwas, was man kultivieren muss. Ich würde nicht sagen, vergesst die Angst. Im Gegenteil, die gibt es, die ist immer da. Es geht darum zu ergründen, wie man mit ihr umgehen kann.

In Kriminalromanen gehen Detektive immer unscheinbaren Spuren nach, Dingen, die man gar nicht mitbekommen hat und für die sie einen Riecher haben. Und dann lösen sie den Fall. Im Grunde genommen ist das ja in der Architektur auch so. Konzeptionell steckt ja in jeder Aufgabe bereits eine Lösung. Man muss sie nur herausfinden. Man muss die Spuren lesen, die Geschichte, die Stadt, den Bauher-ren. Und die Angst könnte sein, verdammt, ich habe ein wichtiges Indiz übersehen

[Akbar] Das ist schon ein sehr interessanter Aspekt. Jede Bauaufgabe ist eine individuelle. Und dadurch, dass man diese Besonderheit erkennt, hat man Respekt vor der Aufgabe. Aber es gibt ja dann auch einen Riesenprozess der Ausein-andersetzung, um so etwas auch umzusetzen. Und da ist es doch auch noch einmal span-nend. Denn, du (Johannes Kister) hast auch ein Büro, Leute müssen finanziert werden. Ist es nicht so, dass dieses Unwohlsein einem bis zur Fertigstellung des Projektes doch schlaflo-se Nächte bereiten kann?

[Kister] Jeder Beruf hat so seine spezifischen Ängste, ob beim Schauspieler oder Rennfahrer. Das sind Versagensängste. Warum haben das andere Berufe genauso, bei denen wir sagen, na ist doch gar nicht so schwer, du brauchst dir doch keine Sorgen machen, mach das doch. Aber das hört ja scheinbar auch bei alten Hasen nicht auf, die immer noch sagen, sie haben Lampenfieber, sie sind nervös. Na-türlich gibt es Methoden, damit umzugehen, aber die Ängste sind deshalb nicht weg. Das ist möglicherweise auch ein psychologisches Momentum, das mir ursächlich zu sein scheint für Kreativität. Eine Ängstlichkeit, die nach irgendetwas anderem sucht. Aber wie geht man damit um? Wie kann man daraus kreati-ve Energie gewinnen?

[Akbar] Aber eine andere Sache. Dieser Begriff der Festlegung an einem Tag X. Wir Architekten legen eine baulich räumliche Situation so fest, dass wir vielleicht, wenn wir in einhundert Jahren als Vögel zurückkommen, noch immer das Gebäude dort stehen sehen. Das heißt, wir legen uns fest nicht für 3 Jahre oder 5 Jahre, sondern wir legen uns für 50, 70 oder 80 Jahre fest. Hat man davor eigentlich Respekt? Also im Sinne einer gewissen Angst. Gott, ich gestalte! Denn die Stadt, wie wir ja wissen, ist das größte Kunstwerk der Menschheit. Ich ge-stalte mit meinem Gebäude und determiniere eine Lage für die nächsten Jahrzehnte. Spielen diese Dimensionen eine Rolle?

[Kalvelage] Die Zeit?

[Akbar] Ja, die Zeit, die möglicherweise ja dann sogar nach mir liegen wird.

[Kister] Ich meine, das hängt auch mit der Größe der Bauaufgabe zusammen. Die Dinge, die wir gebaut haben, sind im Grunde genommen alle in überschaubaren Zusammenhängen, die nicht so große strukturelle Veränderungen bewirkt haben. Wenn ich jetzt die Gesamt-hochschule in Bochum gebaut hätte oder das Uniklinikum in Aachen oder z.B. das märki-sche Viertel von Ungers, das sind Bauten, die in eine Diskussion gekommen sind, die auch die Architekten sehr heftig getroffen hat. Das gibt es. Und ja, es gibt auch Karl Schwanzer, der das BMW-Hochhaus (Anm. 1973; Mün-chen) gemacht hat. Der hat sich umgebracht. Es gibt natürlich Verantwortung für Bausün-den, aber dazu fühle ich mich nicht bedeutend genug, als das ich nicht sagen könnte, dann wird es halt wieder abgerissen.

man das irgendwie machen. Aber bis dahin, gibt es sicherlich auch Formen der Angst, dass man in die falsche Richtung geht und sich konzeptionell festlegt. Das sind Dinge, die in einem eher intuitiven Sektor liegen.

Vielleicht muss man, wenn man streng mit sich ist, tatsächlich irgendwie von einer Form der Angst sprechen, in Schwierigkeiten zu kommen. Jeder hat, und sei es nur im Prakti-kum, mit Prozessen zu tun gehabt, für die er verantwortlich war. Das ist glaube ich eines der großen Themen, um die es geht in der Ausbildung. Wir thematisieren eine Form von Verantwortung, die es uns ermöglicht, das wir eine Entscheidungskontinuität produzieren. Sozusagen ein Entscheidungsflow, der am Ende zu einer Vertretbarkeit führt.

[Akbar] Ich möchte noch einmal auf die Frage nach der Typologie der Angst zurückkommen.

[Kister] Also am Anfang steht natürlich die Naivität und die Begeisterung. Ich kann mich erinnern, im Studium, da wusste man noch nicht so richtig, was eigentlich auf einen zukommt. Da hatte man selber keine Angst. Da gab es höchstens jemanden, der einem Angst mach-te... Gottfried Böhm, ein total schweigsamer Professor. Der hat nie etwas geredet. Das könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Der hat nie irgendetwas gesagt. Der kam nur dahin. Man war hochgestimmt und rollte sein Trans-parent aus, man hatte ja von Hand gezeichnet, und zeigte seine Modelle und dann sagte er nichts. Dann saß er nur so da und guckte drauf und hmm… aha. Und während man da saß, da fiel einem alles irgendwie ein, was man hätte anders machen können und wo man den Wegabzweig verpasst hat und man wurde immer kleiner, immer kleiner und rollte dann irgendwann nach einer Viertelstunde schnell wieder ein und ging. Das waren dann die Pro-zesse, in denen man die Erfahrung gemacht hat, dass man Dinge bekennen muss. Wenn man einen Entwurf macht, bekennt man sich. Das ist eine Entäußerung. Man bezieht eine Position. Wir drei sind diesbezüglich relativ angstfrei (zeigt auf seine beiden Kollegen im Podium). Das ist natürlich im studentischen Alter anders, das entwickelt sich schrittweise. Das ist auch eine Entwicklung der Persönlich-keit. Wie sehr traut man sich, das, was man wirklich denkt, nach außen zu bringen. Da das Innere nach außen zu kehren, das ist auch eine Frage von Mut. Damit einher geht sofort die Angst, wie schauen mich jetzt die anderen an?. Wie stehe ich da?.

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[Kalvelage] Wir wohnen in Häusern, die schon von meh-reren Generationen bewohnt wurden. Und wissen auch, dass sie vielleicht noch von vielen Generationen bewohnt werden, dann, wenn wir gar nicht mehr da sind. Und wenn wir ein Haus bauen, dann müssen wir uns ja schon jetzt darüber im Klaren sein, dass das so sein wird. Das ist eine der Eigenarten unseres Berufs, dass wir in diesem Raum operieren, der eine über unsere Lebenszeit hinausgehen-de Wirksamkeit entfalten kann. Vielleicht weil wir es nicht oft genug bedacht haben, reden wir jetzt alle von Sustainability, von Nachhaltigkeit. Zu gewährleisten, dass diese Nachdenklichkeit, dieses Bewusstsein, dass sich das so verhält, auch mitschwingt, das ist eine Form von Selbstverständlichkeit. Es gibt, vielleicht gerade weil es so selbstverständlich ist, viele Überlegungen von Architekten und Architekturtheoretikern dazu. Ich will nur das berühmte Wort von Louis Kahn erwähnen, dass der Stein im Grunde weiß, was er werden will. Ich verkürze das ein bisschen. Ein Zie-gelstein kann 3000, 5000 Jahre halten, und insofern hat auch das, was daraus gebaut wird eine gewisse Haltbarkeit, die weit über unsere natürliche Lebenslänge hinaus geht. Das liegt sozusagen in der Stofflichkeit, in dem Werk-stoff und ist somit Teil des Werkcharakters unserer Arbeit. Unsere Arbeit richtet sich ja im klassischen Sinne, das ist ein bisschen aus der Mode gekommen, auf ein Werk, etwas, was eine Bedeutung hat im Leben. Das Werk hat ja als Begriff eine ganz spezielle Eigenschaft. Etwas in sich Geschlossenes, Selbstverständli-ches und Gültiges zu sein und in dieser Gül-tigkeit liegt auch die Dauerhaftigkeit. Ich will das jetzt nicht Nachhaltigkeit nennen, das ist ein bisschen abgedroschen. Aber die Dauer-haftigkeit ist ja Teil eines Werkes. Also können wir das ja nicht von vornherein zum Gegen-stand von Ängsten, und da würde ich eben auch sagen von absurden Ängsten, machen.

Ich habe eher ein Gefühl der Sorge, nicht in Bezug auf die vielen Lösungen, die man stän-dig produzieren muss und ob ich da Antwor-ten habe. Ich würde meine Sorge eher darauf richten, ob ich die richtigen Fragen habe. Ich glaube, wenn die Fragen richtig gestellt sind, dann hat man auch eine Chance, auf gute Antworten zu kommen. Aber wenn schon in der Frage, und das ist auch wieder eine Form von Festlegung, konzeptionell ein falscher Weg angedeutet ist, dann wird man natürlich auch nicht die richtige Antwort finden.

[Akbar] Wir sind jetzt genau an einem Punkt gelan-

det, wo ich Sie sehr gerne alle einlade, Ihre Meinung zu sagen und all das Gehörte noch einmal in Frage zu stellen.

[Prof. Alfred Jacoby] Ich fand das eine sehr anregende Diskussion und fühle vieles mit, weil ich solche Situa-tionen auch erlebt habe. Zwei Dinge. Zum einen gibt es ein sehr schönes Buch von Peter Handke „Die Angst des Torwarts vorm Elfme-ter“. Das ist etwas Ähnliches wie die Angst des Architekten vorm Entwerfen, die Angst, dass er den Ball nicht halten kann, das man ihm einen reinhaut. Das wäre dann die pure Angst. Dieses Ding liegt da, jetzt wird bald dagegen getreten und was passiert. Halte ich das, krie-ge ich es hin oder versage ich und es gibt ein Tor. Das ist eine Situation.

Die Situation von Salomon Korn mit den zwei Geiern, die würde ich vielleicht so interpre-tieren, dass ich sage, das ist ein Trio. Das sind immer drei. Die Frage, die ich hätte ist, wäre es eigentlich noch eine gute Architektur, wenn ich einen wegnähme? Muss ich die zwei Geier haben und sind das wirklich Angstgeier oder hat das etwas zu tun mit der Art wie ich den-ke? Dass ich mich dauernd hinterfrage und sage, ja ich mach hier etwas, taugt das was? Also das ist ein bisschen anders, als dieser Tor-wart mit dem Elfmeter. Der hat keine Geier. Die sitzen auch nicht bei ihm. Da tritt jemand an und schießt. Und ich halte den Ball oder nicht. Aber hier, das ist ein Arbeitsprozess, den ich hochspannend finde. Ich hätte noch die Frage, was soll diese Angst denn? Hat sie einen Sinn? Oder ist sie etwas, was einen nur kaputt macht? Das fehlt mir noch. Johannes (Kister) sagte, das ist ja auch etwas, das überwindet man und dann ist man kreativ und da kommt etwas bei raus. Gibt es positive Ängste?

[Kister] Ja klar. Genauso, wie du das gesagt hast. Ich glaube, das ist auch das, was man den Studen-ten klar machen muss, die die Sorge haben, kann ich das… . Das ist eigentlich total nor-mal und hört auch nie auf, aber es macht Spaß, damit umzugehen.

[Prof. Carl Constantin Weber] Also ich glaube, dass Angst in einem gewissen Quantum hilfreich ist. Und es wurde bereits gefragt, kann man die Angst als Werkzeug einsetzen?. Aus meiner Erfahrung würde ich das verneinen. Man kann sie nicht als Werkzeug einsetzen, weil sie einfach ein Cha-rakterbestandteil eines Menschen ist. Aber sie ist natürlich eine Grundspannung, eine Bewusstseinsebene, die dafür da ist, dass man

besonders konzentriert ist und sich in Frage stellt. Und das ist in jedem Fall gesund.

Es gibt aber eine Frage, die mich hier in Bezug zur Angst ganz besonders interessiert hat. Ich stelle mir vor, wie ich hier als Student im Pu-blikum sitzen würde - und wie ich mich auch heute noch ein bisschen fühle. Da gibt es eine viel existenziellere Angst. Die, wenn Sie vor einem leeren Blatt Papier oder vor dem Com-puter sitzen und warten, dass die Idee kommt. Das ist für mich die existenziellste Angst. Wie geht man damit um? Wenn ich so zurück gucke auf zwanzig oder fünfundzwanzig Jahre, dann merke ich, dass es eine Technik gibt, mit seinen Lebenszyklen umgehen zu lernen. Also am Anfang, als Student, fand ich die Angst beim Entwerfen beängstigend fulminant und das Gefühl, wenn ich aus ihr heraus kam und sie überwunden und etwas geschaffen hatte und war ebenso überwältigend positiv. Aber das ist ein wahnsinniges Auf und Ab. Und was ich interessant finde, wenn man zusam-men sitzt mit Ihnen (den Studenten) und Sie einem Korrekturen vorlegen, wie weit Sie gekommen sind oder nicht, und dann merkt man, dass Sie - oder ich damals - ganz oft total blockiert sind. Von der Angst. Und da frage ich mich dann, was ist die Angst. Und ich finde, es ist interessant, das zu definieren. Und ich glaube, diese Ängste sind Skrupel. Diese Skrupel entstehen durch eine Außenbeob-achtung. Ich glaube weniger, dass die Angst mit dem Entwurf selbst zu tun hat, sondern damit, dass man sich fragt, ist es da oben im Kopf wieder leer? So ein Mist, passiert wieder nichts. Man lernt aber im Laufe der Zeit, eine Art Vertrauen zur eigenen Person zu entwi-ckeln. Einmal eine gewisse Unverschämtheit zu frechen Ideen, von denen man dann auch merkt, dass sie durchaus tolerabel sind und dass daraus etwas werden kann. Jeder Unsinn kann eine gute Idee werden. Und zum ande-ren merkt man auch, dass immer Zyklen da sind und man lernt damit umzugehen. Und so glaube ich, dass für mich, wenn ich zurück schaue, eine der wichtigsten Erfahrungen ist, dass man diese Skrupel besiegen lernen muss. Die Angst geht trotzdem niemals weg. Aber das man sich fragt, darf ich das da machen oder ist das angemessen? Ist das zu albern? Ist die Aufgabe richtig gelöst? Das finde ich alles viel schwerwiegendere Ängste, als die Angst hinterher, die auch diskutiert worden ist, steht das fünfzig, hundert oder vierhundert Jahre? Wir haben, Herr Theurer (Anm. Prof. Andreas Theurer) wird das auch bestätigen, in unserem Beruf oft den Kontext historischer Architek-tur. Wir arbeiten in eine 800 Jahre alte Kirche hinein. Das ist eine beglückende Angst. Die

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überwältigt einen auch, aber die macht einen nicht fertig. Das macht einen sehr stolz, mit so etwas arbeiten zu können. Aber die Angst, dass nichts passiert, das ist glaube ich die Kernangst, die erschreckendste Angst in den schöpferischen Berufen. Und die geht nie ganz weg. Aber man weiß, dass man damit umge-hen kann und das es eigentlich nie so ist, dass gar nichts passiert.

[Kister] Nur 2 Sätze. Constantin, im Grunde genom-men könnte man sagen, eine typisch deutsche Diskussion, dass wir uns wieder so über Angst unterhalten. Aber im Grunde genommen möchte ich nur unterstreichen, dass die Hoch-schule eigentlich die angstfreieste Zone über-haupt sein könnte. Denn eigentlich kann ja nie etwas wirklich Schlimmes passieren, wenn ihr die Sau raus lasst. (zu den Studenten ge-wandt) Es sei denn, ihr macht es nicht.

[Prof. Dr. Matthias Höhne] Mit geht es ein Stück weit anders. Ich habe etwas anderes in diesem Beruf gesucht und auch gefunden, Sicherheit, und nicht Angst. Und ich möchte zu einem anderen Thema noch etwas sagen, das angesprochen wurde. Ist die Angst des Architekten vergleichbar mit der anderer Berufe, etwa dem des Schauspielers? Mein Bruder ist Schauspieler geworden. Der hat die Angst, auf der Bühne zu stehen und den Faden zu verlieren. Was ist dann? Verliere ich den Faden, gehe ich nach Haus und es passiert gar nichts. Ich gehe den nächsten Tag wieder ins Büro und dann finde ich meinen Faden wieder. Das ist gar kein Problem. Und ich bin genau deshalb Architekt geworden. Wir haben über den Torwart gesprochen und über den Stürmer. Ich wäre etwa nie Rennläu-fer geworden. Wenn man bei einem alpinen Skilauf oben am Start steht, ist das mit nichts aus dem Architekturbüro zu vergleichen. Man hat den Parcour vor sich, man muss die gan-zen Tore im Kopf haben und man weiß, wenn es jetzt schief geht, liege ich draußen irgendwo im Schnee.

Das ist etwas anderes. Das erleben wir beruf-lich nicht, also ich zumindest nicht. Unser Büro eröffnet in diesen Tagen eine For-schungshalle für die TU Dresden. Ich kann sagen, das ist völlig entspannt.

Und dann kommt mir in der Diskussion noch eines zu kurz. Ich glaube, dass diese Angst in der Persönlichkeit eines jeden steckt. Es gibt natürlich Menschen, die schneller reagieren, die schneller Ängste entwickeln, zu versagen,

die schnell die Sicherheit verlieren. Und das ist glaube ich etwas, das mit unserem Beruf nichts zu tun hat.

[Prof. Andreas Theurer] Heute gibt es diesen Erfolgsdruck. Bei den Philosophen, und das habe ich immer ge-schätzt und geliebt, da gibt es null Erfolgs-druck. Trotzdem haben sie Angst und spre-chen über den Tod und denken darüber nach. Das sind die wichtigeren Ängste, die können beflügeln. Daran möchte ich in diesem Kon-text einfach erinnern.

[Prof. Gunnar Hartmann] Ich fand die Unterhaltung sehr interessant, würde aber gerne noch einmal einen anderen Blick auf das Gestalten oder auf das Entwerfen

glaube ich, dass auch das Gestalten selbst als Medium ein Potential in sich hat, uns auch Ängste zu nehmen. Uns vielleicht auch Ge-wissheiten zu nehmen.

[Studentin] Als ich das Plakat über diese Veranstaltung gelesen habe, war eigentlich in meinem Kopf, dass die Frage beantwortet wird, ob tatsächlich auch der gestandene Architekt die Angst hat, vor einem weißen Blatt zu sitzen, und erst einmal nicht zu wissen, wie man anfangen soll. Hat man irgendwann so ein großes Repertoire, dass man grundsätzlich erst einmal krikelkra-kel ein paar Zeichnungen macht und daraus wird dann etwas? Oder sitzt man tatsächlich da und denkt, ich feg mal das Atelier, wie Herr Weber sagt?

zu richten versuchen. Es gibt ja auch andere Disziplinen, die sich immer mehr den Be-griffen ‚Gestalten‘ oder ‚Entwerfen‘ nähern und auch versuchen, dem irgendetwas als Methodik abzugewinnen. Das heißt, wenn wir jetzt einmal für ‚Angst‘ einen anderen Begriff wählen, zum Beispiel ‚Ungewissheit‘ oder ‚Respekt‘, das wäre in diesem Sinne auch eine Methodik. Wie gehe ich mit Respekt oder auch mit Ungewissheit um. Das heißt, das Entwerfen selber ist ein Weg aus dieser Un-gewissheit. Das heißt selbstreflektierend und damit auf uns bezogen, dass wir irgendwie immer voller Ängste sind. Das reflektiert dann den Menschen selbst. Als Architekt kann ich einem Ehepaar nicht die Ehe retten mit einem Gebäude. Das ist ein anderer Prozess.

Aber oft treten dort wichtige Prozesse zu Tage. Und das Entwerfen selbst und wie ich das mache ist zu Teilen ein sehr sozialer Prozess. Der ist nicht nur technischer Art. Und deshalb

[Kister] Es gibt ja die Möglichkeit, dass private Bau-herren direkt zu dir kommen. In dem Mo-ment hat man einen sozialen Dialogpartner. Ich habe einen Bauherrn, ich kann mich mit ihm zusammen im Dialog dem Ergebnis nä-hern. Anders ist es, wenn Sie im Wettbewerb stehen. Und wenn wir hier einen Wettbewerb brutalster Art hätten, z.B. in einem Semester können nur die 10 besten Arbeiten einen Schein bekommen. Das wäre eine brutale Selektion. Dann ginge die Angst um, denn dann überlegen Sie mit jedem Strich, schaffe ich das, den Cut wie der Golfspieler sagt, oder nicht. Das ist eine Situation, in der Sie in einem unausweichlichen Konkurrenzsystem arbeiten. Sie wissen, ich kann mich nicht auf meinen Lorbeeren von gestern ausruhen. Die sind weg. Die sind vorbei. Jedes Mal ist neu. Jedes Mal muss man wieder von vorne anlau-fen. Und einer kriegt den Auftrag. Aber es gibt auch Methoden, damit umzugehen.

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Frage wäre, welche Angst größer ist, oder sind beide gleich stark?

[Kister] Die Scham, sich selbst enttäuscht zu haben ist stiller und kann lange anhalten. Anderen gegenüber kann ein Wort Enttäuschungen aufheben. Es gibt ja Leute, die haben gar keine Angst. Man erlebt die mutigsten Din-ge, manchmal auch einfach aus Dummheit. Also Angst hat sicherlich mit Sensitivität und Wahrnehmungsfähigkeit zu tun. Denn sonst habe ich keine Angst. Sonst mache ich ja alles.

[Hartmann] Auf die Frage mit dem weißen Blatt... Ich glaube, nur wer an ein weißes Blatt glaubt, hat auch das Recht, Angst zu haben. Ich glaube, das weiße Blatt ist die eigentliche Illusion. Wie es auch Johannes Kister gesagt hat, dieses Tabularasa, das gibt es eigentlich nicht. Daher lässt sich die Vorstellung von dem Prozess, was mache ich jetzt vor diesem weißen Blatt, durch die gegebenen Einflüsse relativieren. Diese Momente stellen sich gar nicht. Dieses weiße Blatt gibt es gar nicht.

[Kalvelage] Sie haben ganz recht, wir haben vielleicht das Problem des Entwerfens etwas zu wenig aus-gedeutet. Das Entwerfen bezieht sich ja nicht nur auf Architektur. Das Entwerfen ist ja eine universelle Eigenschaft des Menschen. Das ist eine menschliche Fähigkeit. Ich würde sagen, der Mensch ist deswegen Mensch, weil er Entwerfen kann, weil er etwas aus sich heraus projizieren kann in eine Äußerlichkeit. Also wenn Sie einen Brief schreiben müssen, ist das genauso ein Entwerfen. Und ich glaube, das Verhältnis, was Sie zu diesem Gegenstand, um den es sich jetzt dreht, zum Beispiel das Gebäude, entwickeln, das ist noch nicht von Anfang an klar. Das etabliert sich. Und inso-fern, durch die Arbeit, durch den Prozess des Entwerfens könnte man vielleicht wirklich sagen, man kennt sein eigenes Projekt am An-fang noch nicht so richtig. Nicht so, wie man es später kennt. Also man lernt es selbst auch auf eine Art kennen. Wie man vielleicht über dieses Projekt ein Verhältnis zur Welt etabliert. Und das ist auch das Neue an jedem Projekt, dass immer wieder eine neue Facette dieses Verhältnisses zur Welt entsteht.

[Student] Es gibt für mich zwei Formen von Ängs-ten - in jeglichen Bereichen. Da ist einmal die Angst, die Öffentlichkeit zu enttäuschen, andere Personen, unsere Mitmenschen, die Umgebung. Und zum anderen die Angst, am Ende sich selber zu enttäuschen. Und meine

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Als diesjährigen Preisträger für den ‚Rosa Zie-gel‘ würdigen wir den Neubau des ‚Martha-hauses‘ in Dessau-Süd.

In Funktion und optischer Anmutung bemer-kenswert hinsichtlich praktizierter Einfalls-losigkeit und absurder Farbgestaltung. Was auf den ersten Blick mutig daher kommt, entpuppt sich auf den zweiten als betonierte Sterbehilfe. Denn hierbei handelt es sich tat-sächlich um ein Pflegeheim für alte Menschen.

Die visuelle Kommunikation ist die Sprache der Architektur und so stellt sich die Frage: »Was will uns der Bauherr eigentlich damit sagen?«. Eine würdelose Ästhetik ist offen-sichtlich Programm und bleibt die inhaltliche Überzeugung nicht schuldig. Der gebaute Zellentrakt macht das L(i)egebatteriefeeling perfekt. Humankapital einmal anders. Auch in

einer trostlosen Peripherie des Abbruchs und Zerfalls bleibt die Verkehrsanbindung opti-mal. Wer kann schon trotz Stadtrandlage eine Hauptverkehrsstraße vorm Fenster bieten? Da wird auch gerne direkt an den Gehweg gebaut. Die Romantik erschließt sich vollends, sobald der Rollstuhl gesattelt ist. Ein kleiner Ausflug zur Tankstelle in Sichtweite bereichert das Tagesprogramm. Orange, der Anstrichklassiker jeder Baustellenabsperrung. Ein Domizil der Abgeschriebenen als proklamierter Absturz in das endgültig Unvermeidliche? Das perverse Ejakulat einer pedantischen Kostenkontrolle? - Aber genug der profanen Urteilsfindung, viel-leicht hat sich das Planungskomitee einfach nur an den falschen Medikamenten vergriffen.

Das Ergebnis zumindest kann sich sehen lassen: die gewünschte Aufmerksamkeit ist gesegnet mit dem Charme eines Verkehrsun-

ROSA zIEgEL

falls. Auch negative Wahrnehmung erhöht die Publissity! Zusammenfassend bleibt leider die Erkenntnis, die Chancen auf soziale Verant-wortung, auf bürgerfreundliche Stadtplanung und Weiterführung einer großen Bautradition wieder einmal hemmungslos versemmelt zu haben.

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DERnESTbESchmuTzER

Strebte der Teutone vor siebzig Jahren noch die Weltherrschaft an, so plagt ihn heut die Zukunftsangst. Ölknappheit, Reaktorunfall, Bankenkrise und die Klimakatastrophe - der Planet am Rande des Ruins. Aber die Potenz des Üblen hat einen gefährlichen Feind - die Nachhaltigkeit!

Seit Anbeginn der Menschheit wurde noch nie nachhaltig gehandelt, die Mammuts wurden ausgerottet, die Flüsse vergiftet und die Regen-wälder abgeholzt. Mit dem Resultat, dass sich die humane Landplage auch noch zahlreich vermehrt, große Zivilisationen entwickelt und dabei ihren Lebensstandard stetig gesteigert hat. Aber das muss jetzt ein Ende haben!

Da man den Judas der Natur nicht vollends ausbremsen kann, so soll er doch zumindest umerzogen werden. Der Mensch begreift sich dann lediglich als Teil der Natur, der nicht mehr Recourcen verbraucht, als unbedingt nötig, sich selbst einschränkt zum Wohle der Gemeinschaft und sein Leben den verfügbaren, ortsgebundenen Gegebenheiten anpasst - oder kurz: eine Nation grenzdebiler Körnerfresser ohne Ansprüche und Ehrgeiz.

Einige aktuelle Parteiprogramme lesen sich inzwischen wie die Blut-Und-Boden-Ideologie von 1935. Das ist selbstverständlich reiner Zu-fall, aber das Resultat hätte dieselben Vorteile: Intoleranz, Einschränkung von Freiheitsrech-ten und Gleichmacherei.

CO² ist nicht toxisch, aber trotzdem schlecht. Blöd nur, dass ein Anstieg die Flora besser wachsen und die Wüsten schrumpfen lässt. Das jedoch ist unwichtig, denn es geht um Höheres! Echte Klimapolitik könnte wirksam die Globalisierung ausbremsen, einen trium-

phalen Endsieg über den Kapitalismus errin-gen und den automobilen Satan für alle Zei-ten an die Kette oder besser ans Kabel legen. Denn was ich nicht haben kann oder leisten will, muss ich auch allen anderen verbieten können! Ja, wir brauchen eine ‚grüne Zukunft‘ und zwar ohne Kompromisse. Denn nüchtern betrachtet, ist der Eisbär nicht CO²-neutral! Und die Nummer mit der Photosynthese regeln wir dann halt irgendwie anders - oder auch nicht, wir könnten uns zur ja Abwechs-lung auch mal selbst ausrotten.

Den Nato-Doppel-Beschluss will mittlerweile jeder haben, der Vietkong hat sich selbst be-siegt und der Schah wäre heute allen lieber. Ir-gendwie gibt die 80er Jahre Mottenkiste doch nicht mehr so viel her. Also muss sich jetzt der militante Weltverbesserer von gestern - um noch halbwegs ernst genommen zu werden - notgedrungen ins grüne Mäntelchen zwängen. Das ändert leider auch nichts daran, dass die aufgepimte Partyjugend von heute trotzdem nichts versteht. Als praktizierendem Pazifisten verbietet es sich natürlich, dem internationa-len Großkapital offiziell den Krieg zu erklären. So macht sich erst nach dem fünften Schluck aus der ökologisch korrekten Bionadeflasche und dem Blick auf die neue Solaranlage das wohlige Gefühl breit, es den imperialistischen Arschlöchern endlich mal wieder so richtig gezeigt zu haben!

Alles was Spaß macht ist entweder ungesund, unmoralisch oder verboten. Hier offenbart sich der Kern des Problems: verzichten müs-sen ist ätzend und öko ist uncool. Deshalb brauchen wir eine neue Lebensphilosophie: Werte wie Anstand, Moral, Bescheidenheit, Aufklärung und Idealismus. Spießigkeit ist nichts negatives, sondern gut für uns alle!

Dem Höhlenmenschen war bei seiner Malerei nicht bewusst, dass ein paar Generationen später mit Photoshop gearbeitet werden würde und der Erfinder des Rads dachte dabei nicht an einen V8. Diese Probleme haben wir heute nicht mehr, denn dank pseudoreligiöser Welt-untergangsfanatiker in medialer Dauerpräsenz wissen wir leider genau, wie wir in hundert Jahren leben und leiden müssen. Vor Selbstge-rechtigkeit triefend wird deshalb dem Proleten die Wahrheit solange um die Ohren geprügelt, bis es auch der allerletzten Frohnatur die tie-fen Sorgenfalten ins Gesicht treibt. Und das ist richtig so! Auf dem Ritt in den poststalinisti-schen Ökoknast sollte uns einfach jedes Mittel recht sein.

Fazit: Zur Nachhaltigkeit gibt es keine Alter-native. Sie sollte für alle Bereiche des Alltags gelten, vor allem als Placebo gegen die unkal-kulierbaren Risiken des Lebens an sich.

// mh

zum tHEmA: nAcHHAlt i GKE i t

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LIEbLIng DES mOnATS

Unser heutiger Liebling des Monats ist ein mehrfacher Mörder, ein unsozialer Schma-rotzer und ein im allgemeinen provokativ handelndes Individium. Was macht die alte Zeckenschleuder also so beliebt? Das knuffige Aussehen, die kleine Nase, die großen Augen, das weiche Fell, der verlogene Blick?

Ein Wesen, was mit Sanftmut, Liebreiz, Zärt-lichkeit, Hingabe und Aufmerksamkeit be-sticht ohne aufdringlich zu sein, gepaart mit grenzenloser Schmeichelei und einem ausge-prägten Hang zum Kuscheln. Auch mit ein bisschen mehr auf den Rippen, so überzeugt doch die Figur mit einer Mischung aus Natür-lichkeit, Sportlichkeit und Eleganz. Als echter Kerl - der er nun einmal ist - bleibt er den Beweis nicht schuldig, dass Körperbehaarung auch sexy sein kann.

Seine soziale Interaktion gestaltet sich einfach. Er kann nie etwas Falsches sagen, hat keinerlei Erwartungen und jeder kann ihn ansprechen, ohne dabei rot zu werden. Die Unverbindlich-keit bleibt wechselseitig. Verpflichtung und Haftungsansprüche existieren nicht und eine ernsthafte Verstimmung trotz stumpfsinniger Konversation schließt sich irgendwo aus - alles in allem, die perfekte Mietze!

Was können wir von Gropius lernen?

Er ist der wahre Exzentriker. Gropius ist so cool, dass er weder Humor noch Ego braucht. Kein Aufmerksamkeitsdefizit, kein Facebook, keine Spiegelbildkontrolle und erst recht kein Statuskonsum.

Wie alle Kreaturen aus der Zwischenhölle, so zeichnet sich dieses Null-Nutzeffekt-Subjekt nicht durch positive Botschaften aus, sondern allein dadurch, dass es Rückrat und Charakter hat. Wer seinen Mittagsschlaf auf der Straße hält, ignoriert auch konsequent alle anderen Autoritäten. Die Symphatie für die kleinen Biester kommt von demselben kleinen Anar-chisten in der eigenen Seele.

Jeder will um seiner selbst willen geliebt und respektiert werden - Gropius wird es einfach! Obwohl - oder vielleicht gerade deshalb, weil es ihm gänzlich egal ist.

Neidvoll wird zuweilen auf das Tier geblickt - der eigenen Erkenntnis schmerzlich bewusst, das instinktive Handeln verloren und ver-leugnet zu haben, von Nebensächlichkeiten regelmäßig erschlagen und Vorstellungen und Erwartungen gerecht werden zu müssen, die nicht die eigenen, sondern die von Ahnungslo-sen sind. Sich mit der Zunge zu waschen und jedes Mal sein eigenes Klo zu graben, erscheint da direkt verlockender.

Was können wir noch von Gropius erwarten? Letztendlich, dass er so bleibt wie er ist. Denn seine Vision der Zukunft ist der Sinn des Le-bens - der darin besteht: er selbst zu sein.

// mh

Gro P i uS

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zEitScHrift fAcHBErEicH 3

dEr HocHScHulE AnHAlt

ArcHitEKtur

fAcility mAnAGEmEnt

GEoinformAtion

StAndort dESSAu

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HAndmAdE

HErAuSGEBEr

Fachbereich Architektur, Facility Management und Geoinformation

der Hochschule Anhalt

www.afg.hs-anhalt.de

Hochschule Anhalt FB3

PF 2215 06818 Dessau

rEdAKtion . BildrEdAKtion Tino Ahlmann

Cornelia Böttner Melanie Bohmert Matthias Godoj

Martin Hinz Marcus Knust Anja Müller

Viola Paulokat Christian Scholz

drucK Druckerei RUPA-Druck

Friedrich-Naumann-Straße 11 06844 Dessau

Fragen, Kritik und Themenvorschläge bitte per E-Mail:

[email protected]

Erscheinungsweise: jährlich

© Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwendung nur mit Genehmigung des Herausgebers.

Bildnachweis

Cover und Rückseite Matthias Godoj • Zeichnungen S.1-9 Michael Negraszus • Collagen S.25,42,47,60,68,71 Kristin Paulokat; www.facebook.com/pages/die-schleukatzen • ‚Praque Crossroads‘ S.10-11 Sarah Krahe • ‚Wohnen im Charlotten Viertel‘ S.12 Martin Hinz; S.13 Jana Ulmer • S.14 Anja Müller • ‚Systematisches Jonglieren auf 10ha Grünstreifen‘ S.15-16 Michael Wolf; S.17 Erik Zein • S.19

Matthias Godoj • ‚Studentenwohnheim oder Therapiezentrum?‘ S.21 Antje Große, Daniel Nöckel, Björn Reiter, Mathias Dornheim, Sandra Res, Anja Skonieczny • ‚Mehr Kultur für Dessau‘ S.22-23 Bruno Lara, Victoria Menabikh, Ksenia Chupina; S.24 Patrick Carty, Susan Kang • ‚Robert Oxman Prize’ S.26-27 Islam Ibrahim • ‚Lars Leurup Prize’ S.28-29 Maksym Margorskyi; S.30-31

Marzieh Gholami, Piangpim Thongsawang • ‚Zwischen Traum und Wirklichkeit’ S.32-33 HSA • ‚Das Werden der Stadt‘ S.34-37 HSA • ‚Sarkophage in der Punktwolke‘ S.38 Matthias Godoj; S.39 Thomas Hörhold, Max Knauth • ‚Eine Schulfahrt die ist ... lang‘ S.41 Matthias Godoj • ‚The Anatomy of Creative Quarters‘ S.43 Scott Mc Coll; S.44 Cornelia Böttner; S.45 Una Layo, Piangpim Thongsawang;

S.46 Mateusz Cyganek • ‚Ein Hort des Wissens‘ S.48-49 Lars Stierwald • ‚Casa de l´Abre‘ S.50-51 Ilja Neutzner • ‚Märchenhaftes an Kassels Weinberg‘ S.52-53 Kathrin Nahrstedt • ‚Ein Ghettoblaster für Leipzig‘ S.54-55 Janin Moritz • ‚Simple ´n Big‘ S.57 Yunhua Nie; S.58 Sidi Chen; S.59 Andrea Heilmann • ‚Die Angst des Architekten vorm Entwerfen‘ S.61 Matthias Godoj;

S.62-66 Christian Scholz • ‚Rosa Ziegel‘ S.67 Anja Müller • ‚Liebling des Monats‘ S.70 Anja Müller

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