Öffentliche wiedergabe durch verlinkung und einstellen ins
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Öffentliche Wiedergabe durch Verlinkung und Einstellen ins
Internet in der Rechtsprechung des EuGH, OGH und BGH
Diplomarbeit
Zur Erlangung des akademischen Grades eines Mag. iur.
an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Leopold-Franzens-
Universität Innsbruck
Eingereicht bei Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Manfred Büchele
von Joachim Frick
Innsbruck, im Juli 2019
i
INHALTSVERZEICHNIS
Abkürzungsverzeichnis........................................................................................................................................................... iii
Einleitung ................................................................................................................................................................................... 1
1 Begrifflichkeiten............................................................................................................................................................ 3
2 Rechtsgrundlagen ......................................................................................................................................................... 6
2.1 InfoRL ................................................................................................................................................................6
2.2 Österreichisches Urheberrechtsgesetz ................................................................................................................6
2.3 Deutsches Urheberrechtsgesetz ..........................................................................................................................7
2.4 Völkerrechtliche Bestimmungen ........................................................................................................................7
3 Rechtsprechung ............................................................................................................................................................ 9
3.1 Frühe Entscheidungen ........................................................................................................................................9
3.2 BGH: Vorschaubilder I und II; Session ID ...................................................................................................... 10
3.3 OGH: Mozart Symphonie No 41 II und Vorschaubilder/123people.at ............................................................ 12
3.4 Svensson und BestWater .................................................................................................................................. 12
3.5 Nachklang in BGH- und OGH-Entscheidungen ............................................................................................... 15
3.6 GS Media ......................................................................................................................................................... 16
3.7 Filmspeler ........................................................................................................................................................ 17
3.8 Vorschaubilder III ............................................................................................................................................ 18
3.9 The Pirate Bay, Bit Torrent und andere Tauschbörsen-Entscheidungen .......................................................... 20
3.10 VCAST ............................................................................................................................................................ 21
3.11 Einstellen ins Internet und Renckhoff .............................................................................................................. 22
4 Allgemeines ................................................................................................................................................................. 25
4.1 Literatur ............................................................................................................................................................ 25
4.1.1 Unionsautonome Auslegung ................................................................................................................ 25
4.1.2 Methodik der Auslegung ..................................................................................................................... 26
4.1.3 Funktionaler Ansatz und weite Auslegung .......................................................................................... 28
4.1.4 Das Recht der öffentlichen Wiedergabe als umfassendes Recht .......................................................... 29
4.1.5 Kriterien der „öffentlichen Wiedergabe“ ............................................................................................. 30
4.2 Analyse ............................................................................................................................................................ 30
4.2.1 Der Gegenstand der Bestimmungen .................................................................................................... 30
4.2.2 Weite oder enge Auslegung? ............................................................................................................... 34
4.2.3 Tatbestandsvoraussetzungen und individuelle Beurteilung ................................................................. 36
5 Wiedergabe ................................................................................................................................................................. 38
5.1 Literatur ............................................................................................................................................................ 38
5.1.1 „Handlung der Wiedergabe“ ................................................................................................................ 38
5.1.2 Zustimmung und Einwilligung ............................................................................................................ 41
5.1.3 „Zentrale Rolle des Nutzers“ ............................................................................................................... 42
5.1.4 Kenntnis-Vermutung ........................................................................................................................... 45
5.1.5 Erwerbszweck ...................................................................................................................................... 46
5.2 Analyse ............................................................................................................................................................ 47
5.2.1 Das bloße Erfordernis des Verschaffens von Zugang .......................................................................... 47
ii
5.2.2 Einzelbewertung .................................................................................................................................. 49
5.2.3 Die Relevanz der Handlung ................................................................................................................. 50
5.2.4 Ist eine Unterscheidung unmittelbarer und mittelbarer Handlungen sinnvoll? .................................... 51
5.2.5 Abstrakte Kenntnis genügt ................................................................................................................... 52
5.2.6 Kenntnis-Vermutung ........................................................................................................................... 53
6 Öffentlichkeit .............................................................................................................................................................. 54
6.1 Literatur ............................................................................................................................................................ 54
6.1.1 Allgemeines ......................................................................................................................................... 54
6.1.2 „Neues Publikum“ ............................................................................................................................... 56
6.1.3 „Anderes technisches Verfahren“ ........................................................................................................ 60
6.1.4 Aufnahmebereitschaft .......................................................................................................................... 61
6.2 Analyse ............................................................................................................................................................ 61
6.2.1 Die festen Merkmale des Öffentlichkeitsbegriffs ................................................................................ 61
6.2.2 Der Gehalt des Öffentlichkeitsbegriffs ................................................................................................ 62
6.2.3 „Neues Publikum“, „anderes technisches Verfahren“ und RBÜ ......................................................... 63
Resümee ................................................................................................................................................................................... 68
Quellenverzeichnis .................................................................................................................................................................... I
Literatur .......................................................................................................................................................................... I
Materialien .................................................................................................................................................................. VII
EuGH-Entscheidungen ............................................................................................................................................... VII
Schlussanträge der GA .............................................................................................................................................. VIII
BGH-Entscheidungen .................................................................................................................................................. IX
OGH-Entscheidungen .................................................................................................................................................... X
iii
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
aA andere Ansicht
aaO am angeführten Ort
ABl Amtsblatt der Europäischen Union
Abs Absatz
aF alte Fassung
AfP Zeitschrift für das gesamte Medienrecht
Art Artikel
BeckOK Beck‘scher Online-Kommentar
Blg Beilage
BGBl Bundesgesetzblatt
BGH Bundesgerichtshof
bzw beziehungsweise
CR Computer und Recht
CMLR Common Market Law Review
ders derselbe
dUrhG (deutsches) Urheberrechtsgesetz
ecolex Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht
ErläutRV Erläuterungen zur Regierungsvorlage
ErwGr Erwägungsgrund
European Papers European Papers: A Journal on Law and Integration
EuGH Gerichtshof der Europäischen Union
EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
f/ff folgend/fortfolgend
iv
Fordham IPLJ Fordham Intellectual Property, Media and Entertainment Law Journal
GA Generalanwalt
glA gleicher Ansicht
GP Gesetzgebungsperiode
GPR Zeitschrift für das Privatrecht der Europäischen Union
GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht
GRUR Int Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internationaler Teil
hA herrschende Ansicht
Hrsg Herausgeber
idF in der Fassung
idS in diesem Sinne
idR in der Regel
IIC International Review of Intellectual Property and Competition Law
IICR International Review of Industrial Property and Copyright Law
InfoRL RL 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.
Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts
und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft,
iSv im Sinne von
iSd im Sinne des, - der
IJLIT International Journal of Law and Information Technology
JIPLP Journal of Intellectual Property Law & Practice
jusIT Zeitschrift für IT-Recht, Rechtsinformation und Datenschutz
leg cit legis citatae
MDR Monatsschrift für deutsches Recht
mE meiner Einschätzung nach
v
MMR Multimedia und Recht
MR Medien und Recht
MR-Int Medien und Recht International
NJW Neue Juristische Wochenschrift
NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht
NIR Nordiskt immateriellt rättsskydd
NR Nationalrat
ÖBl Österreichische Blätter für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht
OGH Oberster Gerichtshof
RBÜ Revidierte Berner Übereinkunft
rdb Rechtsdatenbank
RdW Österreichisches Recht der Wirtschaft
RL Richtlinie der EU
Rz Randziffer
SZ Sammlung Zivilrecht
UrhG (österreichisches) Urheberrechtsgesetz
UUC User Uploaded Content
vgl vergleiche
wbl wirtschaftliche blätter
WCT WIPO-Urheberrechtsvertrag
WIPO Weltorganisation für geistiges Eigentum
WPPT WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger
WWW World Wide Web
Z Ziffer
vi
ZfPW Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft
ZTR Zeitschrift für Energie- und Technikrecht
ZUM Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht
1
EINLEITUNG
Die EU-Urheberrechtsharmonisierung wird seit geraumer Zeit durch eine aktive EuGH-
Rechtsprechung geprägt,1 deren Kenntnis für die Anwendung der Urheberrechtsrichtlinien
unerlässlich geworden ist.2 Wie die Entwicklung des Urheberrechts überhaupt,3 ist die
Fortentwicklung der Rechtsprechung angetrieben von den Herausforderungen digitaler
Kommunikationstechnologien. Die Nutzung digitaler Inhalte ist von zeitlichen und örtlichen
Strukturen entgrenzt,4 Zugriff besteht potenziell zu jeder Zeit und von jedem Ort aus. Das
ermöglicht Informationsaustausch in nie dagewesenem Ausmaß. Gleichzeitig wird das
Urheberrecht mit neuen Problematiken konfrontiert. Geschützte Werke können ohne
Zustimmung der Urheber ins Internet gelangen und in Peer-to-Peer-Netzwerken geteilt werden;
auf sie kann mittels Hyperlinking oder Framing verwiesen werden, genauso wie ihre
Verwendung durch Suchmaschinen und Content-Plattformen möglich ist.
Die EU hat auf diese Entwicklungen bereits 2001 durch Einbeziehen der „Zugänglichmachung“
ins Recht der öffentlichen Wiedergabe reagiert. Bis zur ersten einschlägigen EuGH-
Entscheidung in der Rechtssache Svensson dauerte es aber über zehn Jahre. Nicht untätig waren
währenddessen BGH und OGH, die wichtige Entscheidungen zu Verlinkung und Einstellen ins
Internet fällten. Der Ansatz der EuGH-Rechtsprechung unterscheidet sich von diesen aber
deutlich, andere Handlungen wurden erfasst, andere Kriterien angewandt, Umstände die BGH
und OGH maßgeblich fanden, hält der EuGH für irrelevant. Der EuGH setzt seinen Ansatz auch
in zahlreichen weiteren Entscheidungen fort, wobei er scheinbar technisch höchst verschiedene
Vermittlungsarten gleichbehandelt.
Dass die „öffentliche Wiedergabe“ durch Verlinkung und Einstellen ins Internet in der EuGH-
Rechtsprechung und in der Rechtsprechung von BGH und OGH so unterschiedlich bewertet
wird, erscheint bemerkenswert. Auf den ersten Blick sind die anzuwendenden Bestimmungen
1 Vgl Hugenholtz, Copyright in Europe: Twenty Years Ago, Today and What the Future Holds, Fordham IPLJ
2013, 503 (505); Rosati, Copyright in CJEU case law: what legacy? JIPLP 2014, 79 (79). 2 Staudegger, Die Entwicklung des Europäischen Urheberrechts im Jahr 2016 - unter besonderer
Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH, in Staudegger/Thiele (Hrsg), Geistiges Eigentum (2017) 15
(19). 3 Büchele, Urheberrecht2 (2018) 2; Dreier/Nolte, Das deutsche Urheberrecht und die digitale Herausforderung,
Informatik-Spektrum 2003, 247 (247); Staudegger, Die Rechtsprechung des EuGH in Urheberrechtssachen im
Jahr 2012, in Staudegger (Hrsg), Geistiges Eigentum (2013) 1 (3). 4 Appl/Homar, Mind The Value Gap: Wertschöpfung in der Prosuming Culture und wirtschaftliche Partizipation
Kreativschaffender, in Redlich/Moritz/Wulfsberg (Hrsg), Interdisziplinäre Perspektiven zur Zukunft der
Wertschöpfung (2018) 147 (148).
2
ähnlich formuliert und haben denselben Zweck, nämlich die Interessen des Urhebers auch in
Bezug auf digitale Nutzungsarten zu sichern.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Gründe für diese unterschiedlichen Ansätze zu klären. Dafür
werden, nach anfänglich notwendigen Begriffsklärungen, die verschiedenen Rechtsgrundlagen
dargelegt. Es folgt eine – im Wesentlichen chronologische – Darstellung der maßgeblichen
Entscheidungen von EuGH, OGH und BGH zur „öffentlichen Wiedergabe“ durch Verlinkung
und Einstellen ins Internet. Anschließend werden in drei Blöcken jeweils Literaturmeinungen
besprochen und eine Analyse von Literatur und Rechtsprechung vorgenommen. Der erste
Block behandelt allgemeine Linien in der Judikatur; der zweite Block behandelt das
Tatbestandsmerkmal „Handlung der Wiedergabe“ und diesem Merkmal grob zuordenbare
Kriterien; der dritte Block befasst sich schließlich mit dem Tatbestandsmerkmal
„Öffentlichkeit“ und zuordenbaren Kriterien.
3
1 BEGRIFFLICHKEITEN
a) „Handlung der Wiedergabe“
Der EuGH bezeichnet in seiner Rechtsprechung tatbestandsmäßiges Handeln inzwischen
ständig als „Handlung der Wiedergabe“. Dem soll hier gefolgt werden, sofern nicht konkret auf
„Zugänglichmachung“ Bezug genommen wird. Der im österreichischen UrhG verwendete
Begriff „Zurverfügungstellung“ wird nur ausnahmsweise verwendet; in der Regel wird auch
hier allgemein von „Zugänglichmachung“ gesprochen. Nach den Materialien handelt es sich
bei der unterschiedlichen Wortwahl nur um einen Versuch, der englischen Version näher zu
kommen.5
b) „Öffentlichkeit“ und „Publikum“
Die deutsche Formulierung „öffentliche Wiedergabe“ lenkt etwas von dem Umstand ab, dass
es sich um eine Wiedergabe handeln soll, die sich an eine Öffentlichkeit richtet. Sowohl im
Englischen als auch im Französischen, und zwar in den internationalen und europäischen
Rechtsgrundlagen genauso wie auch in der EuGH-Rechtsprechung, wird ein Substantiv, kein
Adjektiv gebraucht. Aus diesem Grund wird bei Bezugnahme auf dieses Tatbestandsmerkmal
im Weiteren von „Öffentlichkeit“, nicht von „öffentlich“ gesprochen werden.
Festgehalten wird an der deutschen Übersetzung des Kriteriums „neues Publikum“. Im
Englischen und Französischen wird zwar einheitlich von „public“ gesprochen, weshalb die
Formulierung „neue Öffentlichkeit“ wohl richtiger wäre. In der EuGH-Rechtsprechung wird
das Kriterium aber ständig als „neues Publikum“ bezeichnet.
c) Hyperlinks und Framing
Hyperlinking und Framing sind wesentliche Funktionen des Internets. Appl/Bauer beschreiben
die Funktionalität von Hyperlinks wie folgt:
„Ein Hyperlink ist also gem dem für das WWW maßgeblichen HTML 4.01-
Standard eine Verknüpfung zweier Ressourcen im Netz, die einen Startpunkt und
einen Zielpunkt aufweist. Durch die Auswahl eines Hyperlinks durch den User
(insb durch ‚Anklicken‘) wird die verlinkte Ressource abgerufen. Charakteristikum
des Hyperlinks ist daher, dass seine Ausführung ein spezifisches Benutzerverhalten
erfordert. Das Abfragen der Ressource erfolgt daher nicht automatisch durch die
bloße Interpretation des Hypertexts durch den Interpreter (Browser), sondern erst
auf Initiative des Nutzers.“6
5 ErläutRV 40 BlgNR 22. GP 30. 6 Appl/Bauer, Urheberrechtliche Grundfragen des Hyperlinkings (Teil I), MR 2012, 180 (181).
4
Die Begriffe „Link“ und „Hyperlink“ werden synonym verwendet,7 in dieser Arbeit wird von
„Hyperlink“ gesprochen.
Es gibt weitere Verlinkungsarten, die sich von der beschriebenen Form deutlich unterscheiden.
Es geht, wie Thiele ausführt, im weiteren Sinne um die Einbindung von Inhalten auf einer
Internetseite, die von Fremdanbietern stammen.8 Für diese Verlinkungsarten gibt es
unterschiedliche Bezeichnungen. Mit Thiele soll in dieser Arbeit übergreifend von „Framing“
gesprochen:
„Der Inhalt des Frames, der urheberrechtlich geschützte Werke enthalten kann,
wird dabei vom Server desjenigen abgerufen, der die fremde Seite betreibt. […]
Dabei ist es möglich, den verlinkten Inhalt innerhalb eines Frames darzustellen, so
dass für den Internetnutzer nicht ohne weiteres erkennbar ist, dass der von ihm
betätigte Link zu dem Inhalt einer fremden Website führt, sondern der verlinkte
Inhalt erscheint als Bestandteil der eigenen Website. Diese Methode der
Einbindung von fremden Inhalten wird häufig als Frame-/Inline-Linking
bezeichnet, der ‚eingeframte‘ Inhalt als ‚embedded content‘.“9
d) BitTorrent
Der Begriff „BitTorrent“ spielt eine wesentliche Rolle in dezentralen sogenannten Peer-to-
Peer-Netzwerken. Der EuGH selbst hat ihn in seiner Rechtsprechung beschrieben:
„BitTorrent ist ein Protokoll, mit dem Nutzer („peers“ genannt) Dateien tauschen
können. Das Wesen von BitTorrent besteht darin, dass die zu tauschenden Dateien
in kleine Segmente aufgeteilt werden, so dass kein zentraler Server für die
Speicherung dieser Dateien benötigt wird, was die Last der einzelnen Server
während des Tauschvorgangs reduziert.“10
Um Dateien anzubieten, müssen Torrent-Dateien erstellt und auf eine Online-Filesharing-
Plattform geladen werden. Dies ermöglicht anderen Nutzern der Plattform das Herunterladen
mittels BitTorrent-Clients.11
e) Magnet-Links
Von besonderer Bedeutung für die BitTorrent-Technik sind sogenannte „Magnet-Links“.
Anders als Hyperlinks weisen sie keinen Zielpunkt auf, sondern enthalten eine Prüfziffer. Auf
7 Appl/Bauer, MR 2012, 180. 8 Thiele, Framing und Embedded Content vor dem EuGH, MR-Int 2014, 30 (30). 9 Thiele, MR-Int 2014, 30. 10 EuGH C-610/15, The Pirate Bay, ECLI:EU:C:2017:456, GRUR 2017, 790 = GRUR Int. 2017, 782 = MMR
2017, 518 = MR 2017, 187 (Fischer) Rn 9. 11 EuGH C-610/15 Rn 9 ff.
5
die Verfügbarkeit der ursprünglichen Quelle kommt es nicht an, solange andere Dateien
derselben Prüfziffer im Netzwerk verfügbar sind.12
f) UUC-Plattformen
Unter „UUC-Plattformen“ werden in dieser Arbeit Plattformen für von Nutzern hochgeladene
Inhalte verstanden.13 Appl/Homar beschreiben das Wesen solcher Plattformen:
„Im interessierenden Zusammenhang ist der Plattform-Begriff dahin zu verstehen,
dass der Plattformbetreiber als ‚Broker‘ auftritt und solcherart eingespeiste
Nutzerinhalte als Angebot für die Nachfrageseite aufbereitet. Als Broker bringt die
Plattform Ordnung in ein unüberschaubares Spektrum individueller Beiträge, um
diese dem interessierten Nutzer aufbereitet und in einem einheitlichen
Nutzererlebnis zu präsentieren.“14
g) Internetsuchmaschinen
„Internetsuchmaschinen“ verwenden Software, um im Internet zugängliche Internetseiten
regelmäßig und systematisch zu durchsuchen. Die gesammelten Informationen werden auf
eigenen Servern gespeichert. Suchanfragen werden durch Durchsuchen dieser Informationen
und Auflistung von Hyperlinks zu Internetseiten beantwortet.15
h) Thumbnails
„Thumbnails“ sind Vorschaubilder, die von Bildersuchmaschinen angezeigt werden. Sie
werden dabei nicht notwendigerweise in voller Größe und Qualität angezeigt. Die Software der
Suchmaschinen durchsucht wiederum das Internet und speichert gefundene Bilder in der
notwendigen Größe auf ihren Servern ab.16 Bildersuchmaschinen bieten bei Beantwortung von
Suchanfragen dann nicht nur Hyperlinks zu den Originalseiten, sondern auch „Thumbnails“
an.17
12 Büchele/Kerbler, Ende: nie? Hyperlinks im Urheberrecht, in FS Walter 2019, 139 (140). 13 Appl, Digitalisierung, Vernetzung und das Recht der öffentlichen Wiedergabe im Schlaglicht der Platform
Economy, MR 2018, 37 (44 f). 14 Appl/Homar in Redlich/Moritz/Wulfsberg 152. 15 Klein, Search engines and copyright - An analysis of the Belgian Copiepresse decision in consideration of
British and German copyright law, IICR 2008, 451 (452). 16 Leistner, The German Federal Supreme Court's Judgment on Google's Image Search - A Topical Example of
the "Limitations" of the European Approach to Exceptions and Limitations, IICR 2011, 417 (419). 17 Leistner, IIC 2011, 423; Ohly, Keine Urheberrechtsverletzung bei Bildersuche durch Suchmaschinen -
Vorschaubilder III, GRUR 2018, 178 (187).
6
2 RECHTSGRUNDLAGEN
2.1 InfoRL
Zentrale Bestimmung für diese Arbeit ist Art 3 der RL 2001/29/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des
Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft,18 im
Folgenden InfoRL. Abs 1 leg cit regelt das Recht der öffentlichen Wiedergabe für Urheber,
Abs 2 leg cit das für diese Arbeit nicht zentrale Recht der öffentlichen Zugänglichmachung für
Inhaber verwandter Schutzrechte. Abs 3 leg cit schließt für beide Rechte eine Erschöpfungs-
wirkung aus.
„(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht
zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke
einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass
sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich
sind, zu erlauben oder zu verbieten.
[…]
(3) Die in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Rechte erschöpfen sich nicht mit den
in diesem Artikel genannten Handlungen der öffentlichen Wiedergabe oder der
Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit.“
2.2 Österreichisches Urheberrechtsgesetz
Im österreichischen UrhG19 werden dem Urheber durch § 14 Abs 1 UrhG ausschließliche
Verwertungsrechte zugeordnet:
„§ 14. (1) Der Urheber hat mit den vom Gesetz bestimmten Beschränkungen das
ausschließliche Recht, das Werk auf die ihm durch die folgenden Vorschriften
vorbehaltenen Arten zu verwerten (Verwertungsrechte).“
§ 18a UrhG setzt das Einbeziehen der „Zugänglichmachung“ in Art 3 Abs 1 InfoRL als
Zurverfügungstellungsrecht um:
„§ 18a. (1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, das Werk der Öffentlichkeit
drahtgebunden oder drahtlos in einer Weise zur Verfügung zu stellen, dass es
Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.
(2) Wenn sich dieses Gesetz des Ausdrucks „ein Werk der Öffentlichkeit zur
Verfügung stellen“ oder „öffentliche Zurverfügungstellung eines Werkes“ bedient,
18 RL 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung
bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft,
ABl L 2001/167, 10. 19 Bundesgesetz über das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Kunst und über verwandte Schutzrechte
(Urheberrechtsgesetz) BGBl 1936/111.
7
ist darunter nur die dem Urheber nach Abs. 1 vorbehaltene Verwertung zu
verstehen.“
2.3 Deutsches Urheberrechtsgesetz
Das dUrhG20 regelt in § 11 Allgemeines zum Urheberrecht.
„§ 11 Allgemeines
Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen
Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient zugleich der
Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes“.
In § 15 Abs 2 leg cit erfolgt eine demonstrative Aufzählung unkörperlicher Verwertungsrechte;
übergreifend wird vom Recht der öffentlichen Wiedergabe gesprochen. § 15 Abs 3 leg cit
enthält eine Definition des Öffentlichkeitsbegriffs.
„§ 15 Allgemeines […]
(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher
Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht
der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere […]
2. das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a), […]
(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der
Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit
demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das
Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch
persönliche Beziehungen verbunden ist“.
§ 19a leg cit regelt das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung.
„§ 19a Recht der öffentlichen Zugänglichmachung
Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk
drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu
machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl
zugänglich ist“.
2.4 Völkerrechtliche Bestimmungen
Auf völkerrechtlicher Ebene ist zunächst Art 11bis Abs 1 der Revidierten Berner Überein-
kunft21, im Folgenden RBÜ, einschlägig:
„Artikel 11bis
(1) Die Urheber von Werken der Literatur und Kunst genießen das ausschließliche
Recht, zu erlauben:
20 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) dBGBl I 1965/51. 21 Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 9. September 1886, vervollständigt
in Paris am 4. Mai 1896 , revidiert in Berlin am 13. November 1908, vervollständigt in Bern am 20. März 1914
und revidiert in Rom am 2. Juni 1928, in Brüssel am 26. Juni 1948, in Stockholm am 14. Juli 1967 und in Paris
am 24. Juli 1971 BGBl 1982/319.
8
1. die Rundfunksendung ihrer Werke oder die öffentliche Wiedergabe der Werke
durch irgendein anderes Mittel zur drahtlosen Verbreitung von Zeichen, Tönen oder
Bildern,
2. jede öffentliche Wiedergabe des durch Rundfunk gesendeten Werkes mit oder
ohne Draht, wenn diese Wiedergabe von einem anderen als dem ursprünglichen
Sendeunternehmen vorgenommen wird,
3. die öffentliche Wiedergabe des durch Rundfunk gesendeten Werkes durch
Lautsprecher oder irgendeine andere ähnliche Vorrichtung zur Übertragung von
Zeichen, Tönen oder Bildern.“
Des Weiteren ist Art 8 des WIPO-Urheberrechtsvertrags22, im Folgenden WCT, zu nennen:
„Art. 8 WCT – Recht der öffentlichen Wiedergabe
Unbeschadet der Bestimmungen von Artikel 11 Absatz 1 Ziffer 2, Artikel 11bis
Absatz 1 Ziffern 1 und 2, Artikel 11ter Absatz 1 Ziffer 2, Artikel 14 Absatz 1 Ziffer
2 und Artikel 14bis Absatz 1 der Berner Übereinkunft haben die Urheber von
Werken der Literatur und Kunst das ausschließliche Recht, die öffentliche drahtlose
oder drahtgebundene Wiedergabe ihrer Werke zu erlauben, einschließlich der
Zugänglichmachung ihrer Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der
Öffentlichkeit an Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind.“
22 WIPO-Urheberrechtsvertrag (WCT) Genf (1996) BGBl III 2010/22.
9
3 RECHTSPRECHUNG
3.1 Frühe Entscheidungen
Die erste Schlüsselentscheidung zur „öffentlichen Wiedergabe“ durch Verlinkung und
Einstellen ins Internet, die BGH-Entscheidung Paperboy23, erging noch vor Inkrafttreten der
InfoRL. Sie ist auch für die Rechtslage nach Inkrafttreten von Bedeutung; die „öffentliche
Zugänglichmachung“ sei zuvor „in gleicher Weise als unbenanntes Recht der Verwertung des
Werkes in unkörperlicher Form im umfassenden Verwertungsrecht des Urhebers aus § 15 UrhG
a.F.“ enthalten gewesen.24
Eine Internetseite bot für ihren Nachrichten-Suchdienst Hyperlinks, die direkt zu Artikeln auf
anderen Internetseiten führten. Der BGH hielt dazu fest, dass Hyperlinks lediglich elektronische
Verknüpfungen darstellten. Wer ein geschütztes Werk ohne technische Schutzmaßnahmen im
Internet öffentlich zugänglich mache, ermögliche dadurch bereits selbst die Nutzungen, die ein
Abrufender vornehmen könne. Hyperlinks würden den Zugang nur erleichtern. Dass die
jeweiligen Artikel gewöhnlich nur über die Startseiten der Nachrichtenanbieter zu erreichen
waren, stellte für den BGH kein technisches Hindernis dar. Dieser Linie des BGH schloss sich
auch der OGH in der Entscheidung Vorschaubilder/123people.at an,25 nachdem er bereits
früher davon ausgegangen war, dass Hyperlinks die Zugriffsmöglichkeit lediglich erleichtern.26
In Internet-Videorecorder I27 wurden Fernsehsendungen auf einem Speicherplatz des an-
bietenden Unternehmens abgespeichert, der einem Kunden ausschließlich zugewiesen war, und
es ihm ermöglichte, die aufgezeichneten Sendungen von jedem Ort und zu jeder Zeit
anzusehen.28 Darin sah der BGH eine „Zugänglichmachung“ im Sinne von § 19a dUrhG, lehnte
aber eine Einstufung als „öffentliche Zugänglichmachung“ wegen Nichterreichen einer
„Öffentlichkeit“ ab. Eine „Zugänglichmachung“ müsse gegenüber einer Mehrzahl von
Mitgliedern der Öffentlichkeit erfolgen, was aber nicht der Fall sei, wenn jede Aufzeichnung
nur einem einzelnen Kunden zugänglich sei.29 Ebenso sah der BGH in der Entscheidung
23 BGH I ZR 259/00, Paperboy, BGHZ 156, 1 = ZUM 2003/11 (Ernst) = MMR 2003, 719 (Wiebe) = GRUR
2003, 958. 24 BGH I ZR 39/08, Session-ID, NJW 2011, 769 = GRUR 2011, 56 = NJ 2011, 85 = MMR 2011, 47 = ZUM
2011, 49 Rn 23. 25 OGH 4 Ob 105/11m, Vorschaubilder/123people.at, MR 2011,313 (Walter) = ecolex 2012/29 (Anderl) = jusIT
2012/3 = wbl 2012/38 = ÖBl 2012/45 (Büchele) = GRUR Int 2012, 817 = SZ 2011/118. 26 OGH 4 Ob 252/04v RdW 2005, 264 = ecolex 2005/120 (Zankl) = MR 2005,183 (Walter) = ÖBl-LS 2005/185
= ÖBl 2005/52 (Fallenböck). 27 BGH I ZR 216/06, Internet-Videorecorder I, NJW 2009, 3511 (Rössel) = GRUR 2009, 845 (Becker) = MMR
2009, 620 (Brisch). 28 BGH I ZR 216/06 Rn 1 f. 29 BGH I ZR 216/06 Rn 26.
10
Autobahnmaut30 zwar eine „Zugänglichmachung“, aber keine gegenüber einer „Öffentlichkeit“
iSv § 15 Abs 3 dUrhG. Auch hier sei die „Zugänglichmachung“ nur gegenüber dem einzelnen
Kunden erfolgt, nicht aber einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit.31 Aus einem
weiteren Grund wollte der BGH in Internet-Videorecorder I keine „öffentliche Zugänglich-
machung“ annehmen: das betreffende Werk habe sich zur Zeit des Angebots nicht in der
Zugriffssphäre des Vorhaltenden befunden.32 Diese Linie bestätigte der BGH in der
Entscheidung Internet-Videorecorder II.33
3.2 BGH: Vorschaubilder I und II; Session ID
Die BGH-Entscheidung Vorschaubilder I34 betraf Thumbnails. Eine Künstlerin hatte
Abbildungen ihrer Werke auf eine Internetseite eingestellt. Die Internetsuchmaschine Google
verwendete diese Abbildungen im Rahmen ihrer Bildsuchfunktion, wobei eine Software das
Internet durchsuchte und gefundene Abbildungen als Thumbnails auf Google-Servern
abspeicherte.35 Für den BGH erfüllte Google damit den Tatbestand des § 19a dUrhG, denn das
geschützte Werk befände sich in der Zugriffssphäre von Google, das die „Zugänglichmachung“
auch kontrolliere.36 Google sei auch weder ausdrücklich noch konkludent ein entsprechendes
Nutzungsrecht eingeräumt worden, das Verhalten der Künstlerin habe entsprechendes nicht
unzweideutig zum Ausdruck gebracht. Dass Internetnutzern allgemein der Einsatz von
Internetsuchmaschinen bekannt sei, reiche nicht für die Annahme eines objektiv erkennbaren
Erklärungswillen aus, Google ein Nutzungsrecht einzuräumen.37 Es sei aber von einer
„schlichten Einwilligung“ auszugehen, die zwar zur Rechtmäßigkeit der Handlung führe, durch
die aber der Einwilligungsempfänger weder ein dingliches Recht noch einen schuldrechtlichen
Anspruch erwerbe. Dass die Künstlerin mit der Nutzung ihrer Werke durch Google
einverstanden sei, könne ihrem Verhalten entnommen werden.38 Bedeutung hatte dabei auch
der Mangel technischer Schutzmaßnahmen:
„[Das] Verhalten der Klägerin, den Inhalt ihrer Internetseite für den Zugriff durch
Suchmaschinen zugänglich zu machen, ohne von technischen Möglichkeiten
30 BGH I ZR 47/08, Autobahnmaut, NJW-RR 2010, 1633 = GRUR 2010, 1004 = MMR 2011, 188 = ZUM 2010,
965. 31 BGH I ZR 47/08 Rn 34. 32 BGH I ZR 216/06 Rn 27. 33 BGH I ZR 152/11, Internet-Videorecorder II, NJW-RR 2014, 112 = GRUR 2013, 618 = MMR 2013, 522 =
ZUM 2013, 556 = AfP 2013, 254 Rn 22. 34 BGH I ZR 69/08, Vorschaubilder I, BGHZ 185, 291 = NJW 2010, 2731 = GRUR 2010, 628 = MMR 2010,
475 (Rössel) = ZUM 2010, 580. 35 BGH I ZR 69/08 Rn 1 f. 36 BGH I ZR 69/08 Rn 19 f. 37 BGH I ZR 69/08 Rn 30 ff. 38 BGH I ZR 69/08 Rn 33 ff.
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Gebrauch zu machen, um die Abbildungen ihrer Werke von der Suche und der
Anzeige durch Bildersuchmaschinen in Form von Vorschaubildern auszunehmen,
[konnte] aus der Sicht der Beklagten als Betreiberin einer Suchmaschine objektiv
als Einverständnis [verstanden werden]. […] Da es auf den objektiven
Erklärungsinhalt aus der Sicht des Erklärungsempfängers ankommt, ist es ohne
Bedeutung, ob die Klägerin gewusst hat, welche Nutzungshandlungen im
Einzelnen mit der üblichen Bildersuche durch eine Bildersuchmaschine verbunden
sind.“39
In Session-ID40 betonte der BGH ebenfalls, dass ein Zugänglichmachen vorliege, wenn Dritten
Zugang zu einem sich in der Zugriffssphäre des Vorhaltenden befindenden Werk eröffnet
würde.41 Hyperlinks hatten unter Verwendung einer programmtechnischen Routine die
Umgehung der Startseite einer Internetseite ermöglicht.42 Im Setzen eines Schutzmaßnahmen
umgehenden Hyperlinks sah der BGH die Eröffnung eines Zugangs, der ansonsten für diese
Nutzer oder auf diesem Weg nicht bestünde.43 Der BGH hielt es für entscheidend, dass der
Berechtigte überhaupt Schutzmaßnahmen getroffen habe, die für Dritte als solche erkennbar
sind. Es reiche aus, dass die Schutzmaßnahmen den Willen des Berechtigten erkennbar machen,
den öffentlichen Zugang zu dem geschützten Werk nur mit den von ihm vorgesehenen
Einschränkungen zu ermöglichen.44
In Vorschaubilder II45 bestätigte der BGH grundsätzlich seine Linie aus Vorschaubilder I.46
Der Sachverhalt war aber insofern komplexer, als der Urheber die fragliche Fotografie nicht
selbst ins Internet gestellt hatte, sondern Dritten lediglich das Recht eingeräumt hatte, das
Lichtbild im Internet öffentlich zugänglich zu machen.47 Der BGH sprach aus, dass auch diese
Dritten durch schlüssiges Verhalten gegenüber den Betreibern von Suchmaschinen ihre
„schlichte Einwilligung“ zur Anzeige von Vorschaubildern durch Internetsuchmaschinen
erklärt hätten. Diese Einwilligung sei auch wirksam, da mit einschränkungsloser Einräumung
des Rechts, die Abbildung eines Werkes oder Lichtbildes im Internet öffentlich zugänglich zu
machen, in der Regel zugleich die Zustimmung dazu verbunden sei, dass der Dritte in eine
Nutzung dieser Abbildung durch eine Bildersuchmaschine einwilligt.48
39 BGH I ZR 69/08 Rn 36. 40 BGH I ZR 39/08. 41 BGH I ZR 39/08 Rn 23. 42 BGH I ZR 39/08 Rn 1 f. 43 BGH I ZR 39/08 Rn 27. 44 BGH I ZR 39/08 Rn 30. 45 BGH I ZR 140/10, Vorschaubilder II, MMR 2012, 383 (Spindler) = ZUM 2012, 477 (Conrad) = NJW 2012,
1886 = MDR 2012, 662 = GRUR 2012, 602. 46 BGH I ZR 140/10 Rn 13 ff. 47 BGH I ZR 140/10 Rn 3. 48 BGH I ZR 140/10 Rn 27.
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3.3 OGH: Mozart Symphonie No 41 II und Vorschaubilder/123people.at
Vor Inkrafttreten von § 18a UrhG hielt der OGH in der Entscheidung METEO-Data49 eine
Auseinandersetzung mit einer möglichen konkludenten Zustimmung noch für erlässlich.
Schließlich wertete der OGH aber in der Entscheidung Mozart Symphonie No 41 II50 das
Verhalten einer Künstlerin iSd BGH-Linie aus Vorschaubilder I als konkludente „schlichte
Einwilligung“. Eine solche sei anzunehmen, wenn dem Verhalten des Rechteinhabers die
objektive Erklärung entnommen werden könne, er sei mit der Nutzung des Werkes einver-
standen.
In der Entscheidung Vorschaubilder/123people.at51 konnte der OGH zur Thumbnail-Thematik
Stellung nehmen. Eine Meta-Suchmaschine beantwortete Suchanfragen dadurch, dass sie die
Anfrage an mehrere andere Suchmaschinen und soziale Netzwerke weiterleitete und sämtliche
von diesen rückgemeldeten Ergebnisse dem Nutzer in Form von Fundstellenangaben in
strukturierter Form darstellte. Auch Bilder konnten als Thumbnails angezeigt werden. Es wurde
aber lediglich eine Internetadresse angegeben, mit der eine Verbindung zwischen Nutzer und
Datenquelle hergestellt werden konnte. Die Meta-Suchmaschine selbst speicherte die
Bilddateien nicht ab. Demnach unterschied sich der Sachverhalt in
Vorschaubilder/123people.at wesentlich von dem in Vorschaubilder I, was der OGH
ausdrücklich feststellte. Der OGH verwies auf die BGH-Entscheidung Paperboy; im Einklang
mit dieser kam er zum Schluss, dass ein Hyperlink die Zugriffsmöglichkeit lediglich erleichtere,
ohne dabei jedoch die in das Internet gestellten Informationen zu erweitern oder zu verdoppeln.
Wie bereits der BGH ging auch der OGH davon aus, dass das Zurverfügungstellen im Sinne
von § 18a UrhG eine entsprechende Verfügungsmacht und Kontrolle des Zugangs voraussetze.
3.4 Svensson und BestWater
Die erste Entscheidung des EuGH zur „öffentlichen Wiedergabe“ durch Verlinkung erging zur
Rechtssache Svensson52. Artikel schwedischer Journalisten waren auf der Internetseitseite einer
Zeitung frei zugänglich. Ein Unternehmen bot auf seiner Internetseite Hyperlinks an, unter
anderem auch zu den Artikeln auf der Internetseite der Zeitung.53 Mit einem Satz sprach der
49 OGH 4 Ob 248/02b, METEO-Data, MR 2003,35 (Burgstaller/Krüger) = wbl 2003/120 = ecolex 2003/112
(Tonninger) = ÖBl 2003/53 (Fallenböck/Reitböck) = GRUR Int 2003, 863 (Handig) = SZ 2002/171. 50 OGH 09.08.2011, 4 Ob 101/11y, Mozart Symphonie No 41 II, ecolex 2011/405 (Heil) = MR 2011, 311
(Walter) = jusIT 2011/100 (Handig) = RdW 2011/688 = ÖBl 2012/11 (Büchele) = SZ 2011/103. 51 OGH 4 Ob 105/11m. 52 EuGH C-466/12, Svensson, ECLI:EU:C:2014:76, NJW 2014, 759 = GRUR 2014, 360 (Leenen) = GRUR Int.
2014, 392 = EuZW 2014, 265 (Schmidt-Wudy) = MMR 2014, 260 (Dietrich) = ZUM 2014, 289 (Höfinger) =
AfP 2014, 243. 53 EuGH C-466/12 Rn 8.
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EuGH aus, dass Hyperlinks direkten Zugang zu Werken auf verlinkten Internetseiten böten.
Für eine „Handlung der Wiedergabe“ reiche das Verschaffen von Zugang aus, wobei es nicht
darauf ankäme, ob diese Möglichkeit auch genützt würde.54 Dementsprechend kam der EuGH
zum Schluss, dass die „Bereitstellung von anklickbaren Links zu geschützten Werken unter
Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens als ‚Zugänglichmachung‘ und deshalb als
‚Handlung der Wiedergabe‘“ einzustufen sei.55 Der erweckte Eindruck davon, auf welcher
Internetseite das Werk erscheinen würde, könne diesen Schluss nicht beeinflussen. Der EuGH
hob weiter die Bedeutung des Umstandes hervor, dass es sich bei der betreffenden Handlung
um einen Eingriff handelt, ohne den die betreffenden Nutzer auf die verbreiteten Werke nicht
hätten zugreifen können.56
Eine „Öffentlichkeit“ iSv Art 3 Abs 1 InfoRL umfasse eine „unbestimmte Zahl“ potenzieller
Adressaten und zudem eine „ziemlich große Zahl von Personen“. Das Setzen von Hyperlinks
auf einer Internetseite betreffe sämtliche potenziellen Nutzer dieser Seite, das heißt eine
„unbestimmte“ und „ziemlich große Zahl“ von Adressaten.57 Dieses Verständnis des
Öffentlichkeitsbegriffs führte der EuGH in den anderen Entscheidungen zur „öffentlichen
Wiedergabe“ durch Verlinkung und Einstellen ins Internet fort, wobei er aber von „recht vielen
Personen“ sprach, nicht wie in Svensson von einer „ziemlich großen Anzahl von Personen“.58
Der EuGH betonte im Anschluss an seine bisherige Rechtsprechung zur „öffentlichen
Wiedergabe“ auch für digitale Inhalte die Bedeutung des Kriteriums „neues Publikum“.59
Dieses sei einschlägig, wenn dasselbe technische Verfahren verwendet würde.60
Da die verlinkten Zeitungsartikel sämtlichen Internetnutzern frei zugänglich waren, hielt der
EuGH alle diese Internetnutzer für das Zielpublikum der ursprünglichen Wiedergabe. Durch
das Setzen von Hyperlinks würden so nur Personen erreicht, die bereits potenzielle Adressaten
der ursprünglichen Wiedergabe waren und die der Inhaber des Urheberrechts bereits für diese
erfassen wollte. Daher würde kein „neues Publikum“ erreicht, eine Erlaubnis der Rechteinhaber
54 EuGH C-466/12 Rn 18 f. 55 EuGH C-466/12 Rn 20. 56 EuGH C-466/12 Rn 29 ff. 57 EuGH C-466/12 Rn 21 f. 58 EuGH C-160/15, GS Media, ECLI:EU:C:2016:644, NJW 2016, 3149 = GRUR 2016, 1152 (Ohly) = GRUR
Int. 2016, 1056 = EuZW 2016, 785 (Schmidt-Wudy) = ZUM 2016, 975 (Leistner) = AfP 2017, 38 Rn 36;
C-527/15, Filmspeler, ECLI:EU:C:2017:300, NJW 2017, 1933 (Zurth) = GRUR 2017, 610 (Neubauer/Soppe) =
GRUR Int. 2017, 527 = EuZW 2017, 515 (Lueg) = MMR 2017, 460 (Stender-Vorwachs/Steege) Rn 32;
C-610/15 Rn 27; C-265/16, VCAST, ECLI:EU:C:2017:913, MR-Int 2017, 113 (Fischer) = GPR 2019, 66
(Forgó) = ecolex 2018/77 (Albrecht) = GRUR 2018, 68 (Kianfar) = MMR 2018, 80 (Beberich) Rn 45. 59 Erstmals von Bedeutung in EuGH C-306/05, SGAE, ECLI:EU:C:2006:764, GRUR 2007, 225 = GRUR Int.
2007, 316 = EuZW 2007, 81 = MMR 2007, 164 (Ricke) = ZUM 2007, 132 Rn 40. 60 EuGH C-466/12 Rn 24.
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sei nicht erforderlich. Anders zu beurteilen seien Hyperlinks, die es ermöglichen,
„beschränkende Maßnahmen“ zu umgehen. In diesem Fall müssten alle jene, die ohne die
Hyperlinks auf die Artikel nicht hätten zugreifen können, als „neues Publikum“ angesehen
werden.61
Direkt an Svensson knüpfte die EuGH-Entscheidung BestWater62 an, die die Svensson-Linie
fortsetzte. Das nationale Verfahren zu BestWater war in Deutschland unter dem Namen Die
Realität63 vom BGH ausgesetzt und dem zur Vorabentscheidung vorgelegt worden. Ein Film
des Unternehmens BestWater International war ohne seine Zustimmung auf die Videoplattform
YouTube geladen worden. Der Film wurde dann auf fremden Internetseiten mittels Framing-
Technik eingebettet. Dadurch entstand der Eindruck, der Film würde von diesen Internetseiten
aus angezeigt.64 Der BGH ging in seinem Vorlage-Beschluss davon aus, dass die „bloße
Verknüpfung eines auf einer fremden Internetseite bereitgehaltenen Werkes mit der eigenen
Internetseite im Wege des ‚Framing‘ […] grundsätzlich kein öffentliches Zugänglichmachen
dar[stellt], weil allein der Inhaber der fremden Internetseite darüber entscheidet, ob das auf
seiner Internetseite bereitgehaltene Werk für die Öffentlichkeit zugänglich bleibt“.65 Der BGH
hielt es aber für möglich, dass die Wiedergabe des Films mittels Framings im Rahmen von
§ 15 Abs 2 dUrhG ein unbenanntes Verwertungsrecht der „öffentlichen Wiedergabe“ verletzen
könnte.66 Der BGH hielt auch nach Ergehen des Svensson-Urteils an der Vorlage fest.67
Der EuGH sah das Charakteristikum der Framing-Technik im Wesentlichen darin, dass die
ursprüngliche Umgebung des Films verborgen bleibe. Mit Svensson sei aber bereits klargestellt,
dass es auf den vermittelten Eindruck nicht ankäme. So hielt der EuGH auch die Einbettung
eines „auf einer Website öffentlich zugänglichen geschützten Werkes in eine andere Website
mittels eines Links unter Verwendung der Framing-Technik“ nur dann für eine öffentliche
Wiedergabe, wenn sie für ein „neues Publikum“ oder aber nach einem „spezifischen“
technischen Verfahren erfolge.68
61 EuGH C-466/12 Rn 25 ff. 62 EuGH C‑348/13, Bestwater, ECLI:EU:C:2014:2315, MR-Int 2014, 120 (Walter) = GRUR Int. 2014, 1160
(Dietrich) = EuZW 2015, 28 (Schmidt-Wudy) = MMR 2015, 46 (Solmecke). 63 BGH, 16.05.2013, I ZR 46/12, Die Realität I, MMR 2013, 596 (Ott) = ZUM 2013, 662 (Schapiro/Jenssen) =
MDR 2013, 801 = GRUR 2013, 818 = GRUR Int. 2013, 826 = EuZW 2013, 600. 64 EuGH C‑348/13 Rn 4 f. 65 BGH 16.05.2013, I ZR 46/12, Rn 9. 66 BGH 16.05.2013, I ZR 46/12, Rn 10. 67 BGH 10.04.2014, I ZR 46/12 MMR 2014, 615 = ZUM 2014, 900 Rn 5. 68 EuGH C‑348/13 Rn 17ff.
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3.5 Nachklang in BGH- und OGH-Entscheidungen
Der BGH verstand den EuGH in der anschließenden Entscheidung Die Realität II69 dahin, dass
Werke dann für ein „neues Publikum“ wiedergegeben würden, wenn keine entsprechende
Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber vorliege. Hätte der Urheberrechtsinhaber die ursprüngliche
öffentliche Wiedergabe nicht erlaubt, hätte er dabei nicht an ein Publikum denken können, an
das sich diese Wiedergabe richtete. In einem solchen Fall richte sich jede Wiedergabe des
Werkes durch einen Dritten an ein neues Publikum.70 Außerdem sprach sich der BGH
grundsätzlich für die Wirksamkeit ausdrücklicher Verlinkungsverbote aus; andernfalls würde
faktisch eine Erschöpfung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe eintreten.71
Der OGH verstand den EuGH bei der Beurteilung bloßer Verlinkungsverbote in der Ent-
scheidung Preroll-Werbung72 demgegenüber als weniger auf den Willen des Rechteinhabers
als auf die faktische Zugänglichkeit der Inhalte abstellend:
„Zwar knüpft der EuGH in der Begründung seiner Entscheidungen am (vermuteten)
Willen des Rechteinhabers an. Im Ergebnis stellt er jedoch darauf ab, ob durch die
Verlinkung objektiv ein ‚neues‘ Publikum erreicht wird, wobei er - mit dem
Hinweis auf ‚beschränkende Maßnahmen‘ - auf die faktische Zugänglichkeit der
Inhalte abstellt […] Damit wäre nicht vereinbar, wenn ein bloßes
Verlinkungsverbot (sei es auf der Website, sei es nachträglich ausgesprochen)
ausreichte, um eine Verlinkung als öffentliche Wiedergabe anzusehen: Ist die
Zustimmung des Rechteinhabers irrelevant, wenn kein neues Publikum
angesprochen wird, so kann auch ein Verbot zu keiner anderen Beurteilung
führen“.73
Im Rahmen einer wertenden Betrachtung beurteilte der OGH das Schalten von Preroll-
Werbung als „beschränkende Maßnahme“. Weiters stellte der OGH ausdrücklich fest, dass im
Lichte der EuGH-Rechtsprechung die Entscheidung Vorschaubilder/123people.at jedenfalls in
ihrer dogmatischen Herleitung überholt sei.74
69 BGH 09.07.2015, I ZR 46/12, Die Realität II, MMR 2016, 190 (Dietrich) = ZUM 2016, 365 (Fuchs/Farkas)
= NJW 2016, 2273 = MDR 2016, 105 = GRUR 2016, 171. 70 BGH 09.07.2015, I ZR 46/12 Rn 34. 71 BGH 09.07.2015, I ZR 46/12 Rn 35. 72 OGH 4 Ob 249/15v, Preroll‑Werbung, GRUR Int 2016, 589 (Walter) = ecolex 2016/275 (Zemann) = MR
2016,135 (Heidinger) = ÖBl 2016/34 (Plasser) = jusIT 2016/48 (Staudegger) = RdW 2016/407 = ZTR 2016,175
= SZ 2016/14. 73 OGH 4 Ob 249/15v (Hervorhebungen durch den OGH). 74 OGH 4 Ob 249/15v.
16
3.6 GS Media
Hyperlinking wurde auch in der EuGH-Entscheidung GS Media75 behandelt. Vor der
planmäßigen Veröffentlichung von Fotos in einem Magazin war auf einer von GS Media
betriebenen Internetseite ein Artikel erschienen. Dieser enthielt einen Hyperlink zu einer
Filesharing-Internetseite, über die das Herunterladen der Fotos möglich war. Aufforderungen,
die Verbreitung der Fotos zu verhindern bzw den Hyperlink zu entfernen, kam GS Media nicht
nach, sondern veröffentlichte weitere Artikel mit aktualisierten Hyperlinks.76 Der EuGH wich
nicht vom Kriterium „neues Publikum“ ab,77 war aber mit der besonderen Schwierigkeit
konfrontiert, dass – im Gegensatz zur Sachlage in Svensson – die ursprüngliche Wiedergabe in
GS Media nicht mit Erlaubnis der Rechteinhaber erfolgt war.78
Der EuGH hielt eine individuelle Beurteilung für erforderlich, in deren Rahmen auch
unselbstständige und miteinander verflochtene Kriterien zu berücksichtigen seien, die im
jeweiligen Einzelfall in sehr unterschiedlichem Maß vorliegen könnten, und einzeln und in
ihrem Zusammenwirken mit den anderen Kriterien anzuwenden seien.79 Zu diesen Kriterien
zähle die „zentrale Rolle des Nutzers“ und die Vorsätzlichkeit seines Handelns. Dieser Nutzer
nähme dann eine Wiedergabe vor, wenn er „in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens
tätig würde, um seinen Kunden Zugang zu einem geschützten Werk zu verschaffen, und zwar
insbesondere dann, wenn ohne dieses Tätigwerden die Kunden das ausgestrahlte Werk
grundsätzlich nicht empfangen könnten“.80 Es sei zudem nicht unerheblich, wenn eine
öffentliche Wiedergabe Erwerbszwecken diene.81 Zu seiner bisherigen Rechtsprechung in
Svensson und BestWater stellte der EuGH klar, dass sich die dortigen Äußerungen nur auf das
Setzen von Hyperlinks zu Werken bezogen, die auf einer Internetseite mit Erlaubnis des
Rechteinhabers frei zugänglich waren. Diese Entscheidungen könnten aber nicht auf Fälle
übertragen werden, in denen eine solche Erlaubnis fehle; vielmehr bestätigten sie gerade die
Bedeutung dieser Erlaubnis.82 Der EuGH hob auch die Bedeutung des Internets für die
Meinungs- und Informationsfreiheit hervor sowie den Beitrag von Hyperlinks zum guten
Funktionieren des Internets. Ebenso wies er auf die Schwierigkeiten für Einzelne hin,
75 EuGH C-160/15. 76 EuGH C-160/15 Rn 6 ff. 77 EuGH C-160/15 Rn 37. 78 EuGH C-160/15 Rn 24f. 79 EuGH C-160/15 Rn 34. 80 EuGH C-160/15 Rn 35. 81 EuGH C-160/15 Rn 38. 82 EuGH C-160/15 Rn 41ff.
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Nachprüfungen im Internet durchzuführen.83 Bei einem ohne Gewinnerzielungsabsicht
handelnden Linksetzer, müsse daher berücksichtigt werden, „dass der Betreffende nicht weiß
und vernünftigerweise nicht wissen kann, dass dieses Werk im Internet ohne Erlaubnis des
Urheberrechtsinhabers veröffentlicht wurde“.84
Wusste aber der Linksetzer oder hätte er davon wissen müssen, dass der von ihm gesetzte
Hyperlink Zugang zu Werken verschafft, die ohne Erlaubnis im Internet veröffentlicht worden
waren, so sei das Setzen des Hyperlinks als „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von
Art 3 Abs 1 InfoRL zu betrachten.85 Genauso verhalte es sich, wenn der Link es ermögliche,
„beschränkende Maßnahmen“ zu umgehen, denn beim Setzen eines solchen Hyperlinks handle
es sich um einen bewussten Eingriff, „ohne den die Nutzer auf die verbreiteten Werke nicht
hätten zugreifen können“.86 Für mit Gewinnerzielungsabsicht handelnde Linksetzer stellte der
EuGH eine Vermutung voller Kenntnis der Umstände auf:
„Im Übrigen kann, wenn Hyperlinks mit Gewinnerzielungsabsicht gesetzt werden,
von demjenigen, der sie gesetzt hat, erwartet werden, dass er die erforderlichen
Nachprüfungen vornimmt, um sich zu vergewissern, dass das betroffene Werk auf
der Website, zu der die Hyperlinks führen, nicht unbefugt veröffentlicht wurde, so
dass zu vermuten ist, dass ein solches Setzen von Hyperlinks in voller Kenntnis der
Geschütztheit des Werks und der etwaig fehlenden Erlaubnis der
Urheberrechtsinhaber zu seiner Veröffentlichung im Internet vorgenommen
wurde.“87
3.7 Filmspeler
Nur mehr am Rande mit Hyperlinking zu tun hatte die EuGH-Entscheidung Filmspeler88. Unter
dem Namen Filmspeler hatte ein Niederländer einen multimedialen Medienabspieler verkauft.
Er bewarb das Produkt unter anderem damit, dass mit ihm „kostenlos und einfach auf einem
Fernsehbildschirm insbesondere Bild- und Tonmaterial angesehen werden kann, das ohne
Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber im Internet zugänglich ist“.89 Auf den Medienabspielern
war Open Source-Software sowie Add-Ons Dritter installiert, die auch Hyperlinks enthielten.
Diese führten zu von Dritten betriebenen Streaming-Internetseiten, wo Inhalte teils mit
Erlaubnis, teils ohne Erlaubnis der Rechteinhaber zugänglich waren.90 Unklar war dem
83 EuGH C-160/15 Rn 45 f. 84 EuGH C-160/15 Rn 47. 85 EuGH C-160/15 Rn 49. 86 EuGH C-160/15 Rn 50. 87 EuGH C-160/15 Rn 51. 88 EuGH C-527/15. 89 EuGH C-527/15 Rn 18. 90 EuGH C-527/15 Rn 15 ff.
18
vorlegenden Gericht, ob das Verkaufen des Medienabspielers eine „öffentliche Wiedergabe“
im Sinne von Art 3 Abs 1 InfoRL darstelle.91
Der EuGH betonte erneut die Bedeutung des Kriteriums der „zentralen Rolle des Nutzers“.92
Ebenso wiederholte er, dass es nicht unerheblich sei, ob die Wiedergabe Erwerbszwecken
diene.93 Der EuGH kam zum Schluss, dass – wie das Setzen von Links – auch der Verkauf eines
multimedialen Medienabspielers wie Filmspeler direkten Zugang zu geschützten Werken böte,
was für eine „Handlung der Wiedergabe“ ausreiche, ohne dass es darauf ankäme, ob diese
Möglichkeit genutzt würde oder nicht.94 Von einem „bloßen“ körperlichen Bereitstellen
iSv ErwGr 27 InfoRL könne keine Rede sein. Der Verkäufer habe in voller Kenntnis der Folgen
seines Handelns Add-Ons vorinstalliert, die „speziell Zugang zu den geschützten Werken, die
auf Streamingseiten ohne Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber veröffentlicht wurden“
schufen.95 Eine unmittelbare Verbindung zwischen den Streaming-Internetseiten und den
Käufern des Medienabspielers würde geschaffen, ohne die diese kaum in den Genuss der
geschützten Werke kommen könnten. Daher sei die Bereitstellung des Medienabspielers
jedenfalls als „Handlung der Wiedergabe“ einzustufen.96 Die Bereitstellung sei des Weiteren
mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt, volle Kenntnis sei daher auch zu vermuten.97
Bei alledem führte der EuGH seine Linie zu „neuem Publikum“ und „anderem technischen
Verfahren“ fort.98 Er betonte auch erneut den engen Zusammenhang von gegebener Erlaubnis
und „neuem Publikum“. Wären Inhalte auf einer verlinkten Internetseite mit Erlaubnis des
Rechteinhabers frei zugänglich, könne angenommen werden, dass er an alle Internetnutzer als
Publikum gedacht hatte.99
3.8 Vorschaubilder III
In Vorschaubilder III100 hatte sich der BGH erneut mit Thumbnails zu beschäftigen. Eine
Internetseite griff für die Durchführung einer Bilderrecherche auf die Internetsuchmaschine
Google zu. Die von Google zu einem Suchbegriff indexierten Vorschaubilder wurden
91 EuGH C-527/15 Rn 22. 92 EuGH C-527/15 Rn 31. 93 EuGH C-527/15 Rn 34. 94 EuGH C-527/15 Rn 36ff. 95 EuGH C-527/15 Rn 41. 96 EuGH C-527/15 Rn 41f. 97 EuGH C-527/15 Rn 49 ff. 98 EuGH C-527/15 Rn 33. 99 EuGH C-527/15 Rn 48. 100 BGH I ZR 11/16, Vorschaubilder III, NJW 2018, 772 (Jani) = MDR 2018, 292 = GRUR 2018, 178 (Ohly) =
MMR 2018, 463 (Kahl) = ZUM 2018, 123 (Conrad/Schubert).
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abgerufen und in Ergebnislisten angezeigt.101 Der BGH ging weiter davon aus, dass der
Tatbestand der „öffentlichen Zugänglichmachung“ Verfügungsmacht und Kontrolle voraus-
setze:
„Die Verknüpfung […] mittels eines elektronischen Verweises (Links) stellt
dagegen keine urheberrechtliche Nutzungshandlung des öffentlichen
Zugänglichmachens dar, weil allein der Betreiber der fremden Internetseite, der das
Lichtbild ins Internet gestellt und dadurch öffentlich zugänglich gemacht hat,
darüber entscheidet, ob es der Öffentlichkeit zugänglich bleibt.“102
Der Tatbestand der „öffentlichen Zugänglichmachung“ würde „durch das tatsächliche Vor-
halten eines Lichtbilds zum Abruf verwirklicht und nicht dadurch, dass der für den Internet-
auftritt Verantwortliche den – unzutreffenden – Eindruck erweckt, er halte das Lichtbild selbst
zum Abruf bereit“.103 Es genüge nach der EuGH-Rechtsprechung für eine „Handlung der
Wiedergabe“, dass es der Nutzer Dritten wissentlich und willentlich Zugang ermögliche, wobei
keine konkrete Kenntnis von den einzelnen zugänglich gemachten Werken erforderlich sei.104
Die vom EuGH entwickelte Kenntnis-Vermutung bei Gewinnerzielungsabsicht wandte der
BGH nicht an:
„[Die Kenntnis-Vermutung greift] unter Berücksichtigung der besonderen
Bedeutung von Suchmaschinen für die Informationsvermittlung im Internet und
damit die Funktionsfähigkeit des Internets nicht für Hyperlinks ein, die von einer
mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Internetseite zu einer Suchmaschine
gesetzt werden. Vom Anbieter einer Suchmaschine kann vernünftigerweise nicht
erwartet werden, dass er sich vergewissert, ob die von den Suchprogrammen
aufgefundenen Abbildungen von Werken oder Lichtbildern rechtmäßig ins Internet
eingestellt worden sind, bevor er diese Abbildungen als Vorschaubilder wiedergibt.
Für einen Internetanbieter wie die Beklagte, der den Besuchern seiner Webseite die
Suchfunktion im Wege eines Links auf die Server des Suchmaschinenbetreibers zur
Verfügung stellt, gilt nichts anderes. […]
Der Zugriff einer Suchmaschine auf andere Internetseiten erfolgt nicht in der
Weise, dass - wie in den vom Gerichtshof der Europäischen Union entschiedenen
Fällen - absichtlich und gezielt einzelne Hyperlinks auf bestimmte andere
Internetseiten gesetzt werden“.105
Wegen der essentiellen Bedeutung von Suchmaschinen für die Nutzung des Internets dürften
keine Prüfpflichten statuiert werden, die den Betrieb von Suchmaschinen gefährden oder
unverhältnismäßig erschweren könnten. Anstatt die Kenntnis von zustimmungslosem
101 BGH I ZR 11/16 Rn 2. 102 BGH I ZR 11/16 Rn 19. 103 BGH I ZR 11/16 Rn 20. 104 BGH I ZR 11/16 Rn 33. 105 BGH I ZR 11/16 Rn 60f.
20
Einstellen ins Internet zu vermuten, müsse die Kenntnis im Falle von Suchmaschinen positiv
festgestellt werden.106
3.9 The Pirate Bay, Bit Torrent und andere Tauschbörsen-Entscheidungen
Der BGH hatte häufig Gelegenheit, sich zum Anbieten geschützter Werke über Online-
Tauschbörsen auszusprechen. Er sah darin eine Erfüllung des Tatbestandes der „öffentlichen
Zugänglichmachung“ iSv § 19a dUrhG und bezeichnete die Rechtsverletzung sogar als
offensichtlich.107 In der Entscheidung The Pirate Bay108 befasste sich der EuGH mit der Frage,
ob nicht nur die anbietenden Nutzer, sondern auch die Betreiber einer Online-Filesharing-
Plattform das Recht der öffentlichen Wiedergabe von Urhebern verletzten, deren Werke über
die Plattform geteilt wurden. Gegenstand der Entscheidung war die Plattform The Pirate Bay,
ein BitTorrent-Indizierer. Die meisten dort angebotenen Torrent-Dateien verwiesen auf Werke,
die urheberechtlich geschützt waren.109 Die Besonderheit des Falls lag darin, dass
The Pirate Bay selbst keine geschützten Werke enthielt. Es bestand aber ein System, durch das
für Nutzer Meta-Informationen über geschützte Werke, die sich auf den Rechnern von Nutzern
befanden, indexiert und kategorisiert wurden, sodass die Nutzer die geschützten Werke anhand
dessen auffinden sowie hoch- und herunterladen konnten.110
Aus seiner bisherigen Rechtsprechung leitete der EuGH ab, dass „grundsätzlich jede Handlung,
mit der ein Nutzer in voller Kenntnis der Sachlage seinen Kunden Zugang zu geschützten
Werken gewährt, eine „Handlung der Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie
2001/29 darstellen kann“.111 Der EuGH hob erneut hervor, dass eine individuelle Beurteilung
anhand unselbständiger und miteinander verflochtener Kriterien erforderlich sei.112 Von
Bedeutung sei insbesondere die „zentrale Rolle des Nutzers“ und die Vorsätzlichkeit seines
Handelns.113 Es sei auch nicht unerheblich, ob die Wiedergabe Erwerbszwecken diene.114 Seine
Linie zu „neuem Publikum“ und „anderem technischen Verfahren“ führte der EuGH fort.115
106 BGH I ZR 11/16 Rn 61ff. 107 BGH 16.05.2013, I ZB 44/12, Rn 12; 16.05.2013, I ZB 50/12, Rn 12; 16.05.2013, I ZB 25/12 NJW 2013,
3039 Rn 12; I ZR 19/14, Tauschbörse I, NJW 2016, 942 = MDR 2016, 171 = GRUR 2016, 176 = MMR 2016,
121 = ZUM 2016, 173 Rn 14; I ZR 97/15 MMR 2017, 618 Rn 16. 108 EuGH C-610/15. 109 EuGH C-610/15 Rn 8ff. 110 EuGH C-610/15 Rn 17. 111 EuGH C-610/15 Rn 32 ff. 112 EuGH C-610/15 Rn 23ff. 113 EuGH C-610/15 Rn 26. 114 EuGH C-610/15 Rn 29. 115 EuGH C-610/15 Rn 28; aaO 44.
21
Der EuGH stellte fest, dass Nutzern von The Pirate Bay Werke derart zur Verfügung gestellt
würden, dass diese an Orten und zu Zeiten ihrer Wahl Zugang zu ihnen hätten. Die Betreiber
von The Pirate Bay würden „in voller Kenntnis der Konsequenzen ihres Verhaltens tätig, um
Zugang zu den geschützten Werken zu gewähren, indem sie auf dieser Plattform die Torrent-
Dateien indexieren und erfassen, die den Nutzern der Plattform ermöglichen, diese Werke
aufzufinden und sie im Rahmen eines ‚Peer-to-peer‘-Netzes zu teilen“.116 Den Betreibern käme
daher eine „zentrale Rolle“ beim Anbieten des Zugangs zu. Die Torrent-Dateien würden auf
eine Weise indexiert, die leichtes Auffinden und Herunterladen ermöglichten. Außerdem böte
The Pirate Bay eine Suchmaschine und einen Index, der die Werke auf der Grundlage ihrer Art,
ihres Genres oder ihrer Popularität in verschiedene Kategorien einteile. Es würde auch über-
prüft, ob ein Werk in die richtige Kategorie eingeordnet wurde, veraltete oder fehlerhafte
Torrent-Dateien würden gelöscht, bestimmte Inhalte aktiv gefiltert. Daher könne nicht von
einer „bloßen Bereitstellung“ von Anlagen gesprochen werden.117
Der OGH entschied bereits einige Monate nach The Pirate Bay in der Entscheidung
Bit Torrent118 über dieselbe Filesharing-Plattform. Der OGH führte seine Line fort, wonach
gegen das Verwertungsrecht nach § 18a UrhG verstoße, wer „unbefugt Sprachwerke, Licht-
bilder oder Filmwerke in einen Internetauftritt zum interaktiven Abruf eingliedert“. Er stellte
aber auch klar, dass es für die Beurteilung eines Internet-Sachverhalts als „öffentliche Wieder-
gabe“ nicht erforderlich sei, dass vom Handelnden selbst urheberrechtlich geschütztes Material
abrufbar gehalten oder übertragen werde.119
„Es genügt vielmehr das technische Erleichtern oder Fördern der Urheberrechts-
verletzung, wenn – wie hier – die sonstigen entsprechenden Tatbestandselemente
vorliegen und sich der Betroffene bewusst war (oder es ihm zumindest bewusst
hätte sein müssen), dass er einen Beitrag zur Urheberrechtsverletzung leistet.“120
3.10 VCAST
An die Internet-Videorecorder-Entscheidungen des BGH erinnert die EuGH-Entscheidung
VCAST.121 Ein Unternehmen bot seinen Kunden im Internet ein System zur Aufzeichnung von
Fernsehsendungen an. Das Unternehmen zeichnete die Sendung auf einem vom Nutzer
angegebenen Speicherplatz auf. Dieser Speicherplatz wurde vom Nutzer bei einem anderen
116 EuGH C-610/15 Rn 35 ff. 117 EuGH C-610/15 Rn 35 ff. 118 OGH 4 Ob 121/17y, Bit Torrent, MR 2017,317 (Daum) = ZTR 2017, 209 = GRUR Int 2018, 479 (Walter) =
ÖBl 2018/33 (Anderl) = ecolex 2018/75 (Zemann). 119 OGH 4 Ob 121/17y. 120 OGH 4 Ob 121/17y. 121 EuGH C-265/16.
22
Anbieter erworben.122 Darin unterscheidet sich VCAST von Internet-Videorecorder I, wo Sen-
dungen auf dem Speicherplatz des aufzeichnenden Unternehmens aufgezeichnet wurden.123
Der EuGH wiederholte, dass der Begriff „Handlung der Wiedergabe“ jede Übertragung
geschützter Werke umfasse, und zwar unabhängig vom eingesetzten technischen Mittel oder
Verfahren.124 Da die ursprüngliche Übertragung im Fernsehen stattgefunden hatte, ging der
EuGH schon wegen Verwendung eines „anderen technischen Verfahrens“ von einer
Wiedergabe aus. Ob eine „Öffentlichkeit“ erreicht wurde, prüfte der EuGH nicht ausführlich.
Vielmehr lag es für ihn „auf der Hand, dass die Gesamtheit der Personen, an die sich dieser
Dienstleister richtet, eine ‚Öffentlichkeit‘“ bildeten.125
3.11 Einstellen ins Internet und Renckhoff
Zum Einstellen ins Internet hatte der BGH bereits mehrfach festgestellt, dass das Recht der
öffentlichen Zugänglichmachung verletzt würde.126 Offener hatte der OGH formuliert, dass
durch Eingliederung eines Werkes in den Internetauftritt zum interaktiven Abruf in das Recht
nach § 18a UrhG eingegriffen würde.127 Der EuGH hatte sich erst in der Rechtssache
Renckhoff128 mit der Thematik zu befassen, die vom BGH zur Vorabentscheidung vorgelegt
worden war. Auf der Internetseite einer Schule war ein Referat einer Schülerin abrufbar
gewesen, das eine Fotografie der Stadt Córdoba enthielt. Sie war zuvor von einer
Reisemagazin-Internetseite heruntergeladen worden, wo sie ohne „beschränkende Maßnahme“
und mit Zustimmung des Rechteinhabers eingestellt war.129
Nach Ansicht des BGH war das Kriterium „neues Publikum“ nicht anzuwenden, da die
Sachlage wesentlich anders sei als in Svensson:
122 EuGH C-265/16 Rn 14 f. 123 BGH I ZR 216/06 Rn 1 f. 124 EuGH C-265/16 Rn 42. 125 EuGH C-265/16 Rn 47f. 126 BGH I ZR 166/07, marions-kochbuch.de, GRUR 2010, 616 = MMR 2010, 556 (Engels) Rn 18 ff; I ZR 68/08,
Restwertbörse, NJW 2010, 2354 = GRUR 2010, 623 Rn 14; I ZR 127/09, Kunstausstellung im Online-Archiv,
GRUR 2011, 415 = MMR 2011, 544 Rn 10; I ZR 55/12, Restwertbörse II, NJW 2014, 775 = MDR 2014, 105 =
GRUR 2013, 1235 = MMR 2014, 190 = ZUM 2014, 142 Rn 16; I ZR 242/15, East Side Gallery, GRUR 2017,
390 = ZUM 2017, 494 Rn 17; I ZR 247/15, AIDA Kussmund, GRUR 2017, 798 (Schack) = MMR 2017, 747 =
ZUM 2017, 766 (Stieper) Rn 13. 127 OGH 4 Ob 178/06i, MR 2007, 84 (Walter) = ÖJZ 2007/44; 4 Ob 111/08i, MR 2008, 357 = ecolex 2009/121
(Schumacher); 4 Ob 236/12b, ÖBl 2013/45 (Gamerith) = ecolex 2013/182 (Horak); 4 Ob 208/09f, Mozart
Symphonie No 41, ÖBl-LS 2010/124 (Büchele) = MR 2010, 206 (Walter). 128 EuGH C-161/17, Renckhoff, ECLI:EU:C:2018:634, ecolex 2018/455 (Hirsch) = MR-Int 2018, 85 (Walter) =
jusIT 2018/64 = RdW 2018/479 = ZTR 2018, 175. 129 EuGH C-161/17 Rn 7.
23
„Für ein gutes Funktionieren des Internets ist es nicht erforderlich, fremde Werke
ohne Zustimmung des Rechtsinhabers auf einer eigenen Internetseite einstellen zu
können. Anders als bei der Benutzung von Hyperlinks oder dem Verfahren des
„Framing“ überwiegt in solchen Fällen das Interesse der Inhaber von
Urheberrechten und verwandten Schutzrechten am Schutz ihres durch Art. 17 Abs.
2 der EU-Grundrechtecharta garantierten Rechts am geistigen Eigentum die durch
Art. 11 der EU-Grundrechtecharta garantierte Freiheit der Meinungsäußerung und
Informationsfreiheit der Nutzer von Schutzgegenständen.“130
Für den BGH war die Schülerin beim Hochladen ihres Referats in voller Kenntnis ihres
Verhaltens tätig geworden, um den Nutzern der Internetseite der Schule Zugriff auf das Referat
einschließlich der Fotografie zu verschaffen, den sie ohne ihr Tätigwerden nicht gehabt
hätten.131 Anders als einem mittels Hyperlinking oder Framing Verlinkenden, komme dem
Nutzer, der das Werk auf seiner eigenen Internetseite einstelle, eine „zentrale Rolle“ zu. Er
eröffne den Zugriff auf das in seiner Zugriffssphäre befindende Werk und nehme damit eine
eigene Verwertungshandlung vor.132
Der EuGH ging von einer „Handlung der Wiedergabe“ aus, da es dafür ausreiche, wenn Zugang
eröffnet würde, ohne dass es darauf ankäme, ob diese Möglichkeit genutzt würde oder nicht.133
Erneut wurde betont, dass für eine Einstufung als „öffentliche Wiedergabe“ ein technisches
Verfahren, das sich vom bisher verwendeten unterscheide, verwendet oder aber ein „neues
Publikum“ erreicht werden müsse.134 Die Rechtsprechung zum „neuen Publikum“ in Svensson
und BestWater sei im speziellen Zusammenhang mit Verlinkung zu mit Zustimmung
zugänglichen Werken zu sehen.135 Denn das Einstellen von Werken auf eine Internetseite trage
nicht wie Hyperlinks zum Funktionieren des Internets und der der Verbreitung von
Informationen bei.136
Zu berücksichtigen sei auch der Charakter des Rechts der öffentlichen Wiedergabe als „Recht
vorbeugender Art“:
„Einem solchen Recht vorbeugender Art würde aber die Wirksamkeit genommen,
falls es nicht als Wiedergabe an ein neues Publikum gewertet würde, wenn auf eine
Website ein Werk eingestellt wird, das zuvor auf einer anderen Website und mit
Zustimmung des Urheberrechtsinhabers veröffentlicht worden ist. Denn ein solches
Einstellen auf eine andere Website als die, auf der die ursprüngliche Wiedergabe
erfolgte, könnte sich dahin auswirken, dass es dem Urheberrechtsinhaber
130 BGH I ZR 267/15, Cordoba, GRUR 2017, 514 = GRUR Int. 2017, 449 = MMR 2017, 610 Rn 35. 131 BGH I ZR 267/15 Rn 24. 132 BGH I ZR 267/15 Rn 36. 133 EuGH C-161/17 Rn 20f. 134 EuGH C-161/17 Rn 24. 135 EuGH C-161/17 Rn 39. 136 EuGH C-161/17 Rn 40.
24
unmöglich oder zumindest erheblich erschwert wird, sein Recht vorbeugender Art
auszuüben und zu verlangen, dass die Wiedergabe des Werks beendet wird,
gegebenenfalls indem dieses von der Website genommen wird, auf der es mit seiner
Zustimmung wiedergegeben worden ist, oder indem die einem Dritten zuvor erteilte
Zustimmung widerrufen wird“.137
Außerdem würde eine Erschöpfung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe eintreten, wenn
kein Erreichen eines „neuen Publikums“ angenommen würde. Eine Erschöpfung widerspräche
aber Art 3 Abs 3 InfoRL. Des Weiteren verlöre der Rechteinhaber die Möglichkeit, eine
angemessene Vergütung für die Nutzung seines Werkes zu verlangen.138
137 EuGH C-161/17 Rn 30 f. 138 EuGH C-161/17 Rn 32 ff.
25
4 ALLGEMEINES
4.1 Literatur
4.1.1 Unionsautonome Auslegung
Der Rechtsprechung des EuGH zum Recht der öffentlichen Wiedergabe wird eine unmittelbar
auf das nationale Recht durchschlagende Wirkung zugesprochen.139 De facto handle es sich um
objektives Recht, das „die nationalen Gerichte ihren Entscheidungen zugrunde zu legen
haben“.140 Der Gerichtshof sehe in Art 3 Abs 1 InfoRL eine Vollharmonisierung,141 wodurch
sowohl die Unter- als auch die Obergrenze des Schutzniveaus festgelegt würde.142 Die
Rechtsprechung habe außerdem eine harmonisierungsintensivierende Tendenz, da der EuGH
auch Vorfragen rechtsfortbildend einbeziehe.143 Für Nordemann bringt die EuGH-
Rechtsprechung oft statt der erhofften Klarheit erhebliche Unsicherheiten. Der EuGH habe
nicht davor zurückgeschreckt, gefestigte nationale Rechtsprechungslinien zur „öffentlichen
Wiedergabe“ beiseite zu schieben und ein neues Konzept durchzusetzen.144
Wie in der EuGH-Rechtsprechung145 wird auch in der Literatur darauf hingewiesen, dass die
EU-Urheberrechtsrichtlinien „öffentliche Wiedergabe“ genauso wenig definieren wie die inter-
nationalen Verträge RBÜ, WCT und WPPT.146 Der ständigen EuGH-Rechtsprechung ent-
spräche es, dass der EuGH „öffentliche Wiedergabe“ als unionsautonomen Begriff verstehe
und die Auslegungskompetenz bei sich sehe.147 Nach Staudegger bahnt sich ein Begriffsinhalt
139 Welp, Der Öffentlichkeitsbegriff im Urheberrecht und die Praxis der internationalen Rechtewahrnehmung,
GRUR 2014, 751 (752). 140 Büchele, Hotelfernsehen im europäischen und im nationalen Urheberrecht. Das "öffentliche" an der
öffentlichen Wiedergabe, ÖBl 2011, 249 (252). 141 Leistner, Copyright at the interface between EU law and national law: definition of “work” and “right of
communication to the public”, JIPLP 2015, 626 (631); Riesenhuber, „Öffentliche Wiedergabe“ in der
Rechtsprechung des EuGH, MR 2018, 19 (21). 142 Riesenhuber, MR 2018, 21; Ungern-Sternberg, Die Rechtsprechung des EuGH und des BGH zum
Urheberrecht und zu den verwandten Schutzrechten im Jahre 2012, GRUR 2013, 248 (250). 143 Leistner/Roder, Die Rechtsprechung des EuGH zum Unionsurheberrecht aus methodischer Sicht – zugleich
ein Beitrag zur Fortentwicklung des europäischen Privatrechts im Mehrebenensystem, ZfPW 2016, 129 (134). 144 Nordemann, Die öffentliche Wiedergabe im Urheberrecht, GRUR 2016, 245 (245). 145 EuGH C-306/05 Rn 33; C-403/08, Premier League, ECLI:EU:C:2011:631, ecolex 2012/32 (Thyri) = NJW
2012, 213 (Sujecki) = EuZW 2012, 466 (Weck) Rn 184; C-283/10, Circul Globus, ECLI:EU:C:2011:772, MR-
Int 2012, 83 (Walter) = GRUR Int. 2012, 150 Rn 31. 146 Handig, Reform und Neuordnung der »öffentlichen Wiedergabe«, ZUM 2013, 273 (273); ders, „Öffentliche
Wiedergabe“ im Wandel, ÖBl 2014, 206 (207). 147 Riesenhuber, MR 2018, 22 f; vgl auch Büchele, ÖBl 2011, 252; Handig, ZUM 2013, 273.
26
an, der künftig abschließend vom EuGH bestimmt wird. Dem müsse ein traditionelles, national
spezifisch gewachsenes Verständnis weichen.148
Walter hält das Unterfangen einer autonomen Auslegung aber für problematisch. Immerhin
seien die Begriffe in den Urheberrechtsrichtlinien und internationalen Verträgen nicht im
luftleeren Raum geschaffen worden, sondern im Kontext eines Basiskonsenses
unterschiedlicher Rechtstraditionen. In verschiedenen Zusammenhängen sei bei der Erlassung
der Urheberrechtsrichtlinien bewusst hingenommen worden, dass bestimmten Begriffen in den
Mitgliedstaaten unterschiedliche Bedeutungen zukommen können.149
4.1.2 Methodik der Auslegung
Nach Riesenhuber hält sich der EuGH bei der Auslegung von Art 3 Abs 1 InfoRL im Großen
und Ganzen an die übliche Methodik des EU-Sekundärrechts.150 Für Walter wendet der EuGH
einen Auslegungskanon an wie ihn auch die nationalen Gerichte anwenden.151 Schwierigkeiten
werden aber darin gesehen, dass Materialien nur begrenzt publik seien, sich der erkennbare
Sinn meist in den ErwGr erschöpfe und systematische Schlüsse nur im Rahmen des EU-Rechts
möglich seien.152 Weniger Bedeutung würde wegen der Mehrsprachigkeit dem Wortlaut zu
kommen.153
Nach Leistner/Roder eignet sich die InfoRL gut für eine richtlinieninterne systematische
Auslegung, da sie Verwertungsrechte, Schranken, technische Schutzmaßnahmen und anderes
übergreifend regle. Der EuGH lege auch richtlinienübergreifend aus, wobei nicht immer klar
sei, wann eine Einschränkung des Grundsatzes einheitlicher Auslegung zu erwarten sei.154 In
der Entscheidung OSA geht der EuGH davon aus, dass Aussagen in der SCF-Entscheidung155,
in der es um „öffentliche Wiedergabe“ iSv Art 8 Abs 2 der RL 2006/115156 geht, nicht auf Fälle
des Art 3 Abs 1 InfoRL übertragen werden können, da die Bestimmungen verschiedene
148 Staudegger, Die Rechtsprechung des EuGH in Urheberrechtssachen, in Staudegger (Hrsg), Geistiges
Eigentum (2012) 1 (31). 149 Walter, Öffentliche Wiedergabe – Hintergrundmusik in Zahnarztpraxis, MR-Int 2012, 14 (21 f). 150 Riesenhuber, MR 2018, 19. 151 Walter, Öffentliche Wiedergabe – Distanzelement, MR-Int 2012, 83 (85). 152 Heerma in Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht4 (2014) § 15 dUrhG Rz 8. 153 Heerma in Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar4 § 15 Rz 8; Riesenhuber, MR 2018, 19. 154 Leistner/Roder, ZfPW 2016, 136f. 155 EuGH, C-135/10, SCF, ECLI:EU:C:2012:140, MR-Int 2012, 14 (Walter) = GRUR 2012, 593 = GRUR Int.
2012, 440 = EuZW 2012, 715. 156 Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum
Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich
des geistigen Eigentums (kodifizierte Fassung), ABl L 2006/376, 28.
27
Zielsetzungen hätten.157 In Reha Training geht der EuGH aber schließlich davon aus, dass die
unterschiedliche Art der geschützten Rechte die Tatsache nicht verschleiern könne, dass die
Rechte an denselben Umstand anknüpfen, nämlich die „öffentliche Wiedergabe“ geschützter
Werke.158 Trotz Unsicherheiten wird deshalb von einer einheitlichen Auslegung des Begriffs
„öffentliche Wiedergabe“ ausgegangen.159 Ungern-Sternberg vermutet, dass der EuGH die
Nichtanwendung der Grundsätze aus SCF auf OSA nur soweit verstanden wissen will, als dem
Erwerbszweck-Kriterium im Rahmen des im Wesentlichen wirtschaftlichen Vergütungsrechts
nach Art 8 Abs 2 RL 2006/115 ein größeres Gewicht einzuräumen sei als beim Ausschließlich-
keitsrecht nach Art 3 Abs 1 InfoRL.160
Da die InfoRL der Umsetzung der WIPO-Verträge diene, die auf die RBÜ Bedacht nähmen,
wird eine völkerrechtskonforme Auslegung der InfoRL für besonders relevant gehalten.161
Art 3 Abs 1 InfoRL im Speziellen baue auf Art 8 WCT und diene dessen Umsetzung.162
Hervorgehoben wird, dass sich der EuGH teils gar nicht auf die einschlägigen Abkommen an
sich, sondern auf Begleitmaterialien, wie Glossare und Kommentare, stütze.163
Schließlich spielt für das Recht der öffentlichen Wiedergabe auch die grundrechtskonforme
Auslegung eine Rolle.164 Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union165 gewährleistet
in Art 11 das Recht auf freie Meinungsäußerung, das die Meinungsfreiheit und die Freiheit
miteinschließt, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf
Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Außerdem ist die Freiheit der Medien und ihre
Pluralität zu achten. Für den EuGH hat das Internet in diesem Rahmen besondere Bedeutung.166
Diese Meinung wird in der Literatur geteilt.167
157 EuGH C-351/12, OSA, ECLI:EU:C:2014:110, ecolex 2013/105 (Zemann) = MR-Int 2014, 35 (Walter) = wbl
2014/90 Rn 35. 158 EuGH C-117/15, Reha Training, ECLI:EU:C:2016:379, ÖBl-LS 2016/23 (Staudegger) = MR-Int 2016, 65
(Walter) = wbl 2016/122 = jusIT 2016/64 (Maier) Rn 28 ff; idS bereits GA, C-117/15, Reha Training,
ECLI:EU:C:2016:109, Rn 30 ff. 159 Handig, ZUM 2013, 274; Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 252. 160 Ungern-Sternberg, Die Rechtsprechung des EuGH und des BGH zum Urheberrecht und zu den verwandten
Schutzrechten im Jahre 2014, GRUR 2015, 205 (207 f). 161 Riesenhuber, MR 2018, 20 f. 162 Axhamn, Internet Linking and the Notion of „New Public“, NIR 2014, 110 (119); EuGH C-403/08 Rn 189. 163 Leistner/Roder, ZfPW 2016, 141 f; aaO 145; Riesenhuber, MR 2018, 20 f. 164 Riesenhuber, MR 2018, 21. 165 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl C 2012/326, 391. 166 EuGH C-160/15 Rn 45. 167 Appl/Bauer, MR 2012, 180 f; Handig, Das Zurverfügungstellungsrecht und die Hyperlinks, ecolex 2004, 38
(40).
28
4.1.3 Funktionaler Ansatz und weite Auslegung
Wie Generalanwältin Trstenjak in ihren Schlussanträgen zur Rechtssache SCF ausgeführt hat,
sind bei der Auslegung des Begriffs „öffentliche Wiedergabe“ grob zwei Ansätze zu
unterscheiden. Der eine stellt auf technische Einzelheiten ab, untersucht etwa die Übermittlung
eines Signals oder den Charakter des empfangenden Geräts. Der andere sieht von technischen
Einzelheiten ab; unabhängig von ihnen steht das Ziel eines angemessenen Schutzes des
Urhebers im Zentrum der Auslegung. Trstenjak bezeichnete ihn als funktionalen Ansatz, den
ersterwähnten als technischen Ansatz.168 Dieser Terminologie wird im Weiteren gefolgt.
Nach Ungern-Sternberg ist die Rechtsprechung des EuGH konsequent auf die Funktion der
Verwertungsrechte nach der InfoRL ausgerichtet, nämlich dem Urheber eine „angemessene
Vergütung“ für die Nutzung seiner Werke zu sichern.169 Der EuGH wähle eine
Gesamtbetrachtung, die sich auf das Verhalten des Nutzers als sozialen Vorgang beziehe, nicht
auf eine technische Analyse.170 Leistner sieht den EuGH aber teilweise auch auf technische
Gegebenheiten abstellend, wenn er die Bedeutung eines „spezifischen technischen Verfahrens“
betone.171
In Orientierung am „hohen Schutzniveau“ geht der EuGH von einer weiten Auslegung der
„öffentlichen Wiedergabe“ aus,172 zu der angemerkt wurde, dass der EuGH sich auch vom
Wortlaut des Art 3 Abs 1 InfoRL nicht bremsen lasse.173 Dazu wurde die Sorge geäußert, eine
weite Auslegung gefährde den angemessenen Interessenausgleich zwischen den Rechten und
Interessen aller Beteiligter.174 Für Riesenhuber setzt der EuGH aber nur scheinbar Interessen
einseitig absolut; gegenläufige Interessen würden nämlich im Rahmen der „Ausnahmen und
Beschränkungen“ von Art 5 InfoRL berücksichtigt. „Hohes Schutzniveau“ sei nicht das höchst
denkbare Schutzniveau.175 Die Orientierung am „hohen Schutzniveau“ kann nach Ungern-
168 GA, 29.06.2011, C-135/10, SCF, ECLI:EU:C:2011:431, Rn 102. 169 Ungern-Sternberg, Die Rechtsprechung des EuGH und des BGH zum Urheberrecht und zu den verwandten
Schutzrechten im Jahr 2017, GRUR 2018, 225 (228); vgl auch Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 252; aA ist
Rosati, die die Rsp für teils inkonsistent hält: Rosati, GS Media and its implications for the construction of the
right of communication to the public within the EU copyright architecture, CMLR 2017, 1221 (1233). 170 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 251. 171 Leistner, Weiterübertragungsfälle zwei Jahre nach Ramses – Eine kritische Bestandsaufnahme vor dem
Hintergrund der EuGH-Rechtsprechung zum Recht der öffentlichen Wiedergabe, CR 2017, 818 (820). 172 EuGH C-306/05 Rn 36; C-403/08 Rn 186; C-607/11, ITV Broadcasting I, ECLI:EU:C:2013:147, MR-Int
2013, 20 (Walter) = EuZW 2013, 425 (Kraft) = GRUR 2013, 500 = GRUR Int. 2013, 380 Rn 20; C-351/12 Rn
23; C-325/14, SBS Belgium, ECLI:EU:C:2015:764, EuZW 2016, 143 (Daum) = MR-Int 2016, 18 = GRUR 2016,
60 = MMR 2016, 333 Rn 14; C-117/15 Rn 36; C-160/15 Rn 27 ff; C-610/15 Rn 22; C-265/16 Rn 40; C-161/17
Rn 18. 173 Zemann, Öffentliche Wiedergabe durch Verkauf eines Medienabspielers, ecolex 2017, 790 (792). 174 GA 08.12.2016, C-527/15, Filmspeler, ECLI:EU:C:2016:938, Rn 34. 175 Riesenhuber, MR 2018, 23.
29
Sternberg daher nicht nur eine weite Auslegung begründen, sondern auch Einschränkungen,
wie das Kriterium der Aufnahmebereitschaft illustriere.176
4.1.4 Das Recht der öffentlichen Wiedergabe als umfassendes Recht
Nach Handig versteht der EuGH das Recht der öffentlichen Wiedergabe als ein „einziges
eigenständiges und umfassendes Verwertungsrecht“177. Der EuGH greife deshalb auch in
Entscheidungen zur „öffentlichen Zugänglichmachung“ auf die Rechtsprechung zu sonstiger
„öffentlichen Wiedergabe“ zurück. Auf Ausformungen wie Sendung oder Zugänglichmachung
stelle der EuGH nicht ab.178 Der EuGH differenziere damit nicht, was in der österreichischen
Rechtsprechung klar getrennt werde.179
Unterschiede gibt es auch zum deutschen Recht. Der Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“
nach § 15 Abs 2 dUrhG gehe weiter als der der InfoRL, da er auch Wiedergaben ohne
Distanzelement umfasst.180 Einen weiteren Unterschied erläutert Ungern-Sternberg: Nach
Art 3 Abs 1 InfoRL habe der Urheber das Recht, die „öffentliche Wiedergabe“ zu erlauben
oder zu verbieten. §15 Abs 2 dUrhG spreche dem gegenüber vom Recht, sein Werk in
unkörperlicher Form zu verwerten.181
Außerdem sei das Recht nach §15 Abs 2 dUrhG als Zusammenfassung fester Verwertungs-
tatbestände konzipiert.182 Der EuGH fasse Art 3 Abs 1 InfoRL aber nicht in diesem Sinne
auf,183 sondern als generalklauselartiges Recht, das sich auf Handlungen Dritter beziehe.184 Ein
Eingriff sei anhand einer Gesamtbetrachtung der maßgeblichen Umstände festzustellen, also
auf Grund einer individuellen Beurteilung der Frage, wer Nutzer sei und ob eine relevante
Nutzung vorliege. Kern dieser Gesamtbetrachtung sei die Prüfung der „zentralen Rolle des
Nutzers“, iSv eigenverantwortlichem und tatbestandsmäßigem Handeln.185 Ausschlaggebend
176 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 252. 177 Handig, ZUM 2013, 274; ders, ÖBl 2014, 208; vgl auch Büchele, Das Urheberrecht im World Wide Web
(2000) 160; ders, ÖBl 2011, 251, wo er von einem Zugestehen des Rechts „en bloc“ spricht. 178 Handig, ZUM 2013, 274; ders, ÖBl 2014, 208; ders, Link zur unerlaubten Veröffentlichung, ÖBl 2017, 56
(59). 179 Handig, ÖBl 2014, 207. 180 Handig, Kein Eingriff in das Urheberrecht durch Setzen von Links, ÖBl 2014, 147 (150); Ungern-Sternberg,
Die Rechtsprechung des EuGH und des BGH zum Urheberrecht und zu den verwandten Schutzrechten im Jahre
2015, GRUR 2016, 321 (324). 181 Ungern-Sternberg, Die Rechtsprechung des EuGH und des BGH zum Urheberrecht und zu den verwandten
Schutzrechten im Jahr 2018, GRUR 2019, 1 (2). 182 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 251. 183 Ungern-Sternberg, Urheberrechtliche Verwertungsrechte im Lichte des Unionsrechts, GRUR 2012, 1198
(1202). 184 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 251; ders, GRUR 2016, 324. 185 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 251 f.
30
sei die individuelle Situation des Nutzers und der Personen, denen er Zugang zum Werk
verschafft. Alle bedeutsamen Kriterien müssten einbezogen werden, sie müssten jedoch nicht
stets alle vorliegen, da sie unselbständig und miteinander verflochten seien und in sehr unter-
schiedlichem Maß vorliegen könnten. Daher könne das Kriterium des Handelns zu Erwerbs-
zwecken gleichzeitig nicht notwendig und doch wesentlich sein.186
4.1.5 Kriterien der „öffentlichen Wiedergabe“
Während teils davon ausgegangen wurde, dass neben „Handlung der Wiedergabe“ und
„Öffentlichkeit“ keine anderen Kriterien eine Rolle spielen würden,187 wird nun von einem
Bündel von Kriterien in einem beweglichen System gesprochen,188 das der Beurteilung der
Frage diene, ob jemand Nutzer sei und ob eine relevante Nutzung vorliege.189 Insbesondere die
Ausführungen zum Kriterium „Erwerbszweck“ werden als Zeichen dafür gesehen, dass die
relevanten Kriterien nicht immer alle vorliegen müssen.190
Riesenhuber kritisiert, für einen solchen Ansatz ließe sich keine Grundlage in
Art 3 Abs 1 InfoRL erkennen.191 Die Betonung verschiedener Kriterien wird auch als inkonsis-
tent192 und „andauernd unsicher“193 bewertet. Kritisiert wurde auch die Unklarheit darüber, wie
die verschiedenen unselbständigen Kriterien einzuordnen seien, da der EuGH nicht klar mache,
wie sie in den Rahmen der beiden kumulativen Tatbestandsmerkmale „Öffentlichkeit“ und
„Handlung der Wiedergabe“ passen.194 Sie brächten daher in gewissem Maße Komplexität und
Verwirrung.195
4.2 Analyse
4.2.1 Der Gegenstand der Bestimmungen
Einer Analyse der Literatur und Rechtsprechung zur „öffentlichen Wiedergabe“ durch
Verlinkung und Einstellen ins Internet vorauszuschicken ist, wie der EuGH mehrfacht
186 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 1202. 187 Grünberger/Podszun, Die Entwicklung des Immaterialgüterrechts im Recht der Europäischen Union in den
Jahren 2013/14 - Teil 1, GPR 2015, 11 (15). 188 Ohly, Keine „öffentliche Wiedergabe“ durch Hyperlinksetzen ohne Gewinnerzielungsabsicht – GS
Media/Sanoma ua, GRUR 2016, 1152 (1156). 189 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 251. 190 Walter, Unionsrechtliche Relevanz von Hyperlinks, MR 2014, 27 (31). 191 Riesenhuber, MR 2018, 24. 192 Rosati, CMLR 2017, 1234. 193 Riesenhuber, MR 2018, 22. 194 Tanghe, Copyright Protection in the Digital Era: Hyperlinking and the Right of Communication to the Public.
The GS Media Case, European Papers 2016, 1215 (1223). 195 Tanghe, European Papers 2016, 1224.
31
festgestellt hat,196 dass sich keine Definition des Begriffs „öffentliche Wiedergabe“ in den EU-
Urheberrechtsrechtlinien findet.
Schon der Satzbau der Bestimmungen in UrhG, dUrhG und InfoRL weist auf
Unterschiedlichkeiten hin.197 Zwar kommt sowohl das Recht der öffentlichen Wiedergabe nach
Art 3 Abs 1 InfoRL als auch das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung bzw
Zugänglichmachung nach § 18a UrhG bzw § 19a dUrhG dem Urheber zu. Die erfassten
Handlungen haben dagegen unterschiedliche Zuordnungspunkte. Nach § 18a UrhG und
§ 19a dUrhG hat der Urheber das Recht, in bestimmter Weise zu handeln. Nach
Art 3 Abs 1 InfoRL hat der Urheber das Recht, zu erlauben oder zu verbieten, dass andere in
bestimmter Weise handeln. Während § 18a UrhG und § 19a dUrhG dem Urheber einerseits ein
negatives Verbotsrecht zugestehen, aber andererseits auch ein positives Nutzungsrecht, nach
dem nur der Urheber berechtigt ist, sein Werk zu verwerten,198 ist das Recht nach
Art 3 Abs 1 InfoRL auf ein negatives Verbotsrecht beschränkt. Dem Urheber werden keine
Handlungen ausschließlich zugeordnet, sein Recht bezieht sich vielmehr auf Handlungen
Dritter.199 Das ist es, was Ungern-Sternberg ausdrückt in seiner Gegenüberstellung des Rechts
des Urhebers nach Art 3 Abs 1 InfoRL, die „öffentliche Wiedergabe“ zu erlauben oder zu
verbieten, und des Rechts des Urhebers nach dUrhG, sein Werk in unkörperlicher Form zu
verwerten.200
Sowohl das österreichische als auch das deutsche Urheberrecht folgen der monistischen
Theorie, der zufolge das Urheberpersönlichkeitsrecht und die Verwertungsrechte ein
einheitliches Recht bilden, das materielle und ideelle Aspekte in einer Rechtsposition vereint.201
Der maßgebliche Gesichtspunkt ist das „ideelle Band zwischen Schöpfer und Schöpfung“ 202.
Daher wird der Urheber in der Nutzung seines Werkes geschützt.203 Nutzer ist, wer Handlungen
vornimmt, die dem Urheber vorbehalten sind. Neben dem Urheber kann das Werk nur
rechtmäßig nutzen, wer über eine rechtsgeschäftliche oder gesetzliche Einwilligung verfügt.204
196 EuGH C-306/05 Rn 33; C-403/08 Rn 184; C-283/10 Rn 31. 197 Vgl Stomper, Links im Urheberrecht, MR 2003, 33 (34). 198 Schulze in Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz6 (2018) § 15 dUrhG Rz 5; Heerma in Wandtke/Bullinger,
Praxiskommentar4 § 15 Rz 2. 199 Ungern-Sternberg, GRUR 2016, 324. 200 Ungern-Sternberg, GRUR 2019, 2. 201 Vgl Appl, Urheberrecht, in Wiebe (Hrsg), Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht (2018) 187 (219); Büchele,
Urheberrecht2 41; Kroitzsch/Götting in Ahlberg/Götting, BeckOK Urheberrecht24 § 15 Rz 12 (Stand 01.04.2019,
beck-online.beck.de); Schulze in Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz6 (2018) § 11 dUrhG Rz 1 f. 202 Appl in Wiebe 219. 203 Schulze in Dreier/Schulze, UrhG6 § 11 Rz 4. 204 Appl in Wiebe 219.
32
Auf EU-Ebene ist das Urheberpersönlichkeitsrecht hingegen nicht harmonisiert, ein Verständ-
nis von Verwertungsrechten als Rechte mit sowohl vermögensrechtlichem als auch urheber-
persönlichkeitsrechtlichem Gehalt ist nicht möglich.205 Daher ist es folgerichtig, dass
Art 3 Abs 1 InfoRL dem Urheber kein positives Nutzungsrecht an seinen Werken zugesteht.
Unklar wird dadurch aber, wann ein Dritter Handlungen vornimmt, die dem negativen
Verbotsrecht nach Art 3 Abs 1 InfoRL unterliegen. Es geht um die Frage, ob jemand als
unmittelbarer Täter tatbestandsmäßig handelt oder etwa als mittelbarer Täter bloß fördernd
agiert,206 das heißt, wer im eigentlichen Sinne Nutzer ist. Aus diesem Grund ist mE der von
Ungern-Sternberg herausgearbeitete Perspektivenwechsel des EuGH berechtigt, der die Person
des Nutzers und die Beurteilung einer Handlung als Nutzerhandlung ins Zentrum rückt,207 eben
nicht auf Handlungen des Urhebers, sondern auf Handlungen Dritter abstellt. Ungern-Sternberg
beschreibt diesen Perspektivenwechsel weiter:
„Der EuGH geht [seit der Entscheidung SGAE] nicht mehr davon aus, dass die
Verwertungsrechte ein Handlungsmonopol des Urhebers umschreiben und Nutzer
nur Handlungen vornehmen, die eigentlich dem Urheber vorbehalten sind. Im
Vordergrund steht nicht der Schutz des Urhebers in seiner Beziehung zum Werk als
einem „geistigen Eigentum“ und die Absicht, dem Urheber die Kontrolle über
jedwede Nutzung seines Werkes zu sichern. Nach der Konzeption des EuGH sind
Gegenstand der Verwertungsrechte vielmehr Handlungen, durch die Nutzer
urheberrechtlich geschützte Werke verwerten“.208
Hervorzuheben ist hier insbesondere: Es geht um Handlungen, durch die Werke verwertet
werden. Ungern-Sternberg deutet damit an, nach welchen Geschichtspunkten
Art 3 Abs 1 InfoRL auszulegen ist. In den ErwGr der InfoRL wird ausführlich erläutert, mit
welchen Zielen die Harmonisierung erfolgt. Es geht darum, „durch die Wahrung eines hohen
Schutzniveaus im Bereich des geistigen Eigentums substantielle Investitionen in Kreativität
und Innovation einschließlich der Netzinfrastruktur fördern“.209 Die Harmonisierung müsse
„von einem hohen Schutzniveau ausgehen“, um die „Erhaltung und Entwicklung kreativer
Tätigkeit im Interesse der Urheber, ausübenden Künstler, Hersteller, Verbraucher, von Kultur
und Wirtschaft sowie der breiten Öffentlichkeit sicherzustellen“.210 Damit Urheber
schöpferisch tätig seien, müssten sie „für die Nutzung ihrer Werke eine angemessene
205 Ungern-Sternberg, Urheberrechtlicher Werknutzer, Täter und Störer im Lichte des Unionsrechts. Zugleich
Besprechung zu EuGH „Phonographic Performance (Ireland)“ und „SCF“, GRUR 2012, 576 (579 f). 206 Appl in Wiebe 288; aaO 290. 207 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 1199 f. 208 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 1199 f. 209 ErwGr 4 InfoRL 2001/29 ABl L 2001/167, 10. 210 ErwGr 9 InfoRL 2001/29 ABl L 2001/167, 10.
33
Vergütung erhalten“.211 Schließlich geht es auch darum, „die notwendigen Mittel für das
kulturelle Schaffen in Europa zu garantieren und die Unabhängigkeit und Würde der Urheber
und ausübenden Künstler zu wahren“.212 Da nicht auf das ideelle Band zwischen Urheber und
Werk abgestellt wird, rücken wirtschaftliche Überlegungen in den Vordergrund. „Hohes
Schutzniveau“ bedeutet ein Schutzniveau, das dem Urheber eine „angemessene Vergütung“
garantiert. Die Gewährleistung einer „angemessenen Vergütung“ ist der leitende Gesichtspunkt
in der Auslegung von Art 3 Abs 1 InfoRL. Das entspricht auch der ständigen Rechtsprechung
des EuGH.213 Von hoher Bedeutung ist dabei, wie Riesenhuber betont, „hohes Schutzniveau“
nicht mit dem höchst denkbaren Schutzniveau gleichzusetzen.214
Zusammenfassend lässt sich daher bereits nach einer grundlegenden Analyse von Wortlaut und
ErwGr der InfoRL ein Grund für die andersartigen Ergebnisse von EuGH auf der einen, von
OGH und BGH auf der anderen Seite finden. Letztere gehen von Rechtsgrundlagen aus, die
Handlungen des Urhebers zum Gegenstand haben und nach dem Gesichtspunkt des ideellen
Bandes zwischen Urheber und Werk zu interpretieren sind. Der EuGH dagegen stellt auf eine
Rechtsgrundlage ab, die dem Urheber ein Recht an Handlungen Dritter unter dem
Gesichtspunkt zugesteht, eine „angemessene Vergütung“ zu gewährleisten. Wie Ungern-
Sternberg ausführt, bedingt diese geringere Reichweite des Schutzzweckes der InfoRL auch
eine geringere Reichweite der in der InfoRL geregelten Verwertungsrechte. „Untergeordnete,
beiläufige oder eher zufällige Verwendungen“215 werden nicht umfasst. Er spricht davon, dass
es sich um „wirkliche Werknutzungen“ handeln muss.216 Gerade das ist nach dem
Gesichtspunkt der Gewährleistung einer „angemessenen Vergütung“ zu bewerten. Die
herausgearbeitete Unterschiedlichkeit der Rechtsgrundlagen weist auf eine besondere Heraus-
forderung für die Rechtsprechung von OGH und BGH hin: Eine richtlinienkonforme
Auslegung ist mit Wortlaut und Systematik von § 18a UrhG und § 19a dUrhG nicht voll in
Einklang zu bringen; das traditionelle nationale Verständnis wird verdrängt und – wie
Staudegger formuliert – der Begriffsinhalt künftig abschließend vom EuGH bestimmt.217
211 ErwGr 10 InfoRL 2001/29 ABl L 2001/167, 10. 212 ErwGr 11 InfoRL 2001/29 ABl L 2001/167, 10. 213 EuGH C-306/05 Rn 36; C-160/15 Rn 30; C-527/15 Rn 27; C-610/15 Rn 27; C-161/17 Rn 18. 214 Riesenhuber, MR 2018, 23. 215 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 580. 216 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 580. 217 Staudegger, Die Rechtsprechung des EuGH in Urheberrechtssachen, in Staudegger (Hrsg), Geistiges
Eigentum (2012) 1 (31).
34
4.2.2 Weite oder enge Auslegung?
Ein weiterer Unterschied drängt sich auf zwischen dem Wortlaut von Art 3 Abs 1 InfoRL und
dem in § 18a UrhG und § 19a dUrhG. Das Recht der öffentlichen Wiedergabe nach
Art 3 Abs 1 InfoRL ist einheitlich formuliert. Die Rede ist von „öffentliche[r] Wiedergabe
einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung“. Die Behandlung als ein „einziges
eigenständiges und umfassendes Verwertungsrecht“218 ist daher folgerichtig. Es ist nicht
Teilaspekt eines einheitlichen Rechts, sondern steht selbständig neben anderen Rechten.
Sowohl im deutschen als auch im österreichischen Recht betten sich die Rechte nach
§ 18a UrhG bzw § 19a dUrhG demgegenüber ein in ein einheitliches Recht,219 trotz unter-
schiedlicher Systematik. Das dUrhG sichert dem Urheber einen umfassenden, lückenlosen
Schutz durch demonstrative Aufzählung der ihm vorbehaltenen Verwertungsrechte in
§ 15 dUrhG.220 Das österreichische UrhG gewährt dem Urheber „kein totales Beherrschungs-
recht, das jede Benutzung des Werks durch andere ausschließt, sondern nur bestimmte Be-
fugnisse, die in den §§ 14-18 UrhG erschöpfend aufgezählt sind“.221 § 18a UrhG regelt daher
eines der taxativ aufgezählten Verwertungsrechte, die dem Urheber vorbehalten sind und über
die hinaus dem Urheber kein Schutz zukommt.222 Über die „Zugänglichmachung“ hinaus-
gehende von Art 3 Abs 1 InfoRL mitumfasste Aspekte sind dabei bereits „durch das
weitgefasste Senderecht des Urhebergesetzes sowie durch den zweiten Fall des § 18 Abs. 3
abgedeckt“.223
Aus Urheber-Perspektive kommt ihm nach der Regelung der InfoRL das in einem einzigen
Tatbestand umschriebene Recht der öffentlichen Wiedergabe neben anderen Rechten zu; nach
deutschem und österreichischem Urheberrechtsgesetz hingegen ein Urheberrecht als solches,
das Umschreibungen in den zahlreichen Tatbeständen der Verwertungsrechte findet. Ungern-
Sternberg spricht bezüglich letzterem von einer Zusammenfassung fester Verwertungs-
tatbestände,224 während es sich bei Art 3 Abs 1 InfoRL demgegenüber um ein generalklausel-
artiges Recht handle.225
218 Handig, ZUM 2013, 274; ders, ÖBl 2014, 208. 219 Vgl Appl in Wiebe 219; Kroitzsch/Götting in Ahlberg/Götting, BeckOK24 § 15 Rz 12; Schulze in UrhG6
§ 11 Rz 1 f. 220 Heerma in Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar4 § 15 Rz 15; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG6 § 15 Rz 30. 221 Ciresa in Ciresa, Österreichisches Urheberrecht20 (2018) § 14 UrhG Rz 4. 222 Anderl in Kucsko/Handig, urheber.recht2 § 14 UrhG Rz 1 (Stand 01.04.2017, www.rdb.at); Appl in Wiebe
219; Büchele, Urheberrecht2 42. 223 ErläutRV 40 BlgNR 22. GP 30. 224 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 1202; ders, GRUR 2013, 251. 225 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 251; ders, GRUR 2016, 324.
35
Wenn eine Handlung nicht unter den Tatbestand des Art 3 Abs 1 InfoRL fällt, gibt es demnach
kein Auffangbecken in einem umfassenderen Recht. Um dennoch dem Urheber eine
„angemessene Vergütung“ zu garantieren, die einem „hohen Schutzniveau“ entspricht, muss
Art 3 Abs 1 InfoRL daher weit ausgelegt werden. Der EuGH liegt daher richtig, wenn er seine
weite Auslegung neben ErwGr 23 InfoRL auch auf die Ziele der InfoRL stützt.226 Eine weite
Auslegung verlangt auch die umfassende Formulierung des Tatbestandes des
Art 3 Abs 1 InfoRL. Eine Formulierung, die eine Vielzahl von Phänomenen umfassen soll,
muss notwendigerweise abstrakt sein und lässt eine enge Auslegung anhand konkreter
Merkmale nicht zu. Das wird sich insbesondere am Kriterium „Handlung der Wiedergabe“
zeigen. Es entspricht einem weiten, abstrakten Verständnis, nicht auf eine technische Analyse
abzustellen,227 sondern im Sinne des funktionalen Ansatzes auf das Verhalten des Nutzers mit
Hinblick auf die Sicherung einer „angemessenen Vergütung“ des Urhebers.228 Ungern-
Sternberg spricht vom Verhalten des Nutzers als „sozialen Vorgang“, den es durch
Gesamtbetrachtung zu beurteilen gelte.229
Dieselben Erwägungen können in Bezug auf § 18a UrhG und § 19a dUrhG so nicht angestellt
werden. Den Bestimmungen geht es gerade um die Erfassung eines Tatbestandes, der durch die
technologische Entwicklung besonders relevant geworden war, der aber auch zuvor schon als
vom Urheberrecht erfasst angesehen wurde.230 Da sie eindeutig auf die Erfassung bestimmter
technologischer Phänomene ausgerichtet sind, liegt es nahe, das Verständnis der Bestimm-
ungen inhaltlich mit entsprechenden Erwägungen anzureichern, also gerade nicht zu abstra-
hieren, sondern einen konkreten Sinn zu finden. Ein Konkretisierungsbedürfnis entsteht auch
gerade aus der Notwendigkeit, das Verwertungsrecht der „öffentlichen Zugänglichmachung“
von anderen Verwertungsrechten abzugrenzen. Diese Erwägungen sprechen gegen eine weite
Auslegung von § 18a UrhG und § 19a dUrhG. Sie treffen allesamt aber nicht auch auf
Art 3 Abs 1 InfoRL zu, weshalb mE ein weiterer Grund für die verschiedentliche Auslegung
gefunden ist.
Aufgrund der erläuterten systematischen Unterschiede zwischen österreichischem und
deutschem Urheberrechtsgesetz sind diese Schlüsse in ihrer Tragweite jedoch für § 18a UrhG
einzuschränken: Nach der taxativen Regelung des UrhG entfällt der Schutz des Urhebers
außerhalb der Tatbestände der Verwertungsrechte genauso wie nach Art 3 Abs 1 InfoRL. Der
226 EuGH C-306/05 Rn 36; C-160/15 Rn 30; C-527/15 Rn 27; C-610/15 Rn 27; C-161/17 Rn 18. 227 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 251. 228 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 251; ders, GRUR 2018, 228. 229 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 251. 230 Dreier in Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz6 (2018) § 19a dUrhG Rz 3; Gaderer in Kucsko/Handig,
urheber.recht2 § 18a UrhG Rz 1 (Stand 01.04.2017, www.rdb.at).
36
weite Schutz des Urhebers ist so nicht im gleichen Ausmaß gewährleistet wie nach dUrhG. Ein
gewisses Bedürfnis nach einer weiten Auslegung besteht daher auch im österreichischen Ur-
heberrecht.
4.2.3 Tatbestandsvoraussetzungen und individuelle Beurteilung
In der EuGH-Rechtsprechung wird ständig und leitsatzartig wiederholt, dass die „öffentliche
Wiedergabe“ zwei kumulative Tatbestandselemente hat; nämlich „Handlung der Wiedergabe“
und das Erreichen einer „Öffentlichkeit“.231 Daneben werden eine Vielzahl weiterer Kriterien
genannt, die „unselbständig und miteinander verflochten“ seien und im „Einzelfall in sehr
unterschiedlichem Maß“ vorliegen können.232 Dafür sei eine individuelle Beurteilung
erforderlich.233
Von einem Missverständnis von Art 3 Abs 1 InfoRL geht Tanghe aus, wenn er den EuGH dafür
kritisiert, nicht klar zu machen, wie die verschiedenen unselbständigen Kriterien im Rahmen
der beiden kumulativen Tatbestandsmerkmale „Öffentlichkeit“ und „Handlung der
Wiedergabe“ einzuordnen seien.234 Eine „Handlung der Wiedergabe“ und das Erreichen einer
„Öffentlichkeit“ sind kumulative begriffliche Voraussetzungen einer „öffentlichen
Wiedergabe“. Wie Ungern-Sternberg ausführt, werden aber vom Recht der öffentlichen
Wiedergabe nach Art 3 Abs 1 InfoRL „untergeordnete, beiläufige oder eher zufällige
Verwendungen“ nicht umfasst; es muss sich um „wirkliche Werknutzungen“ handeln.235 Neben
dem Vorliegen der begrifflichen Voraussetzungen der „öffentlichen Wiedergabe“ ist daher zu
klären, ob auch das Recht der öffentlichen Wiedergabe greift. Das ist der Fall, wenn es sich
nach dem Gesichtspunkt der Sicherung einer „angemessenen Vergütung“ um eine „wirkliche
Werknutzung“ handelt. Der Beurteilung dieser Frage dienen unselbständige und miteinander
verflochtene Kriterien. Es ist in diesem Sinne auf erster Stufe zu prüfen, ob die
Tatbestandsmerkmale einer „öffentlichen Wiedergabe“ vorliegen, dann auf zweiter Stufe, ob
es sich um eine „wirkliche Werknutzung“236 handelt. Diese Zweistufigkeit würde vermischt,
wenn man einzelne Kriterien starr einem der beiden Tatbestandsmerkmale zuordnete. Eine
Kategorisierung kann nur der Übersichtlichkeit dienen.
231 EuGH C-607/11 Rn 31; C-466/12 Rn 16; C-325/14 Rn 15; C-117/15 Rn 37; C-160/15 Rn 32; C-527/15 Rn
29; C-138/16, AKM, ECLI:EU:C:2017:218, ÖBl-LS 2017/13 (Handig) = MR 2017, 75 (Walter) = ecolex
2017/282 (Zemann) Rn 22; C-610/15 Rn 24; C-265/16 Rn 41; C-161/17 Rn 19. 232 EuGH C-117/15 Rn 35; C-610/15 Rn 25. 233 EuGH C-160/15 Rn 33; C-610/15 Rn 23. 234 Tanghe, European Papers 2016, 1223. 235 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 580. 236 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 580.
37
Um dem Urheber eine „angemessene Vergütung“ für die Nutzung seiner Werke zu sichern, ein
„hohes Schutzniveau“ zu gewährleisten, ist eine individuelle Beurteilung, wie sie der EuGH
verlangt, mE gefordert. Denn geschützt ist nicht das „höchst denkbare Schutzniveau“,237 daher
sind im Einzelfall auch Einschränkungen möglich.238 Es ist dabei eine Gesamtbetrachtung
erforderlich, in die, wie Ungern-Sternberg erläutert, alle maßgeblichen Umstände
einzubeziehen sind.239 Im Zentrum der Erwägungen, ob eine „wirkliche Werknutzung“ vorliegt,
steht die „zentrale Rolle des Nutzers“, wobei genügt, dass ihm das Handeln anderer zurechenbar
ist. 240 Die unselbständigen Kriterien müssen nicht notwendigerweise alle vorliegen.241 Die
individuelle Beurteilung, die der EuGH verlangt, widmet sich also der Nutzungshandlung als
offenem Typus, nicht als klar definiertem Begriff. Dass eine auf eine derartige individuelle
Beurteilung abstellende Rechtsprechung als inkonsistent242 und „andauernd unsicher“243
kritisiert wird, liegt zu einem gewissen Grad in der Natur der Sache.
In diesem Zusammenhang problematisch ist eine von Leistner/Roder hervorgehobene Tendenz
in der EuGH-Rechtsprechung, wonach der EuGH einmal entwickelte abstrakte Aussagen
leitsatzartig wiederholt; ein Vergleich der verschiedenen vorgelegten Sachverhalte finde dabei
kaum statt. Der EuGH beschränke sich vielmehr vor allem auf die Bestätigung seiner
Rechtsprechungslinien durch Zitat grundlegender Urteile, wobei so Aussagen auch auf anders
gelagerte Sachverhalte ausgedehnt würden.244 Das zeigt sich gerade in der Rechtsprechung zur
„öffentlichen Wiedergabe“ durch Verlinkung und Einstellen ins Internet: Kriterien werden
leitsatzartig in verschiedensten Fällen wiederholt, obwohl sie zu sehr konkreten Sachverhalten
entwickelt wurden. Das impliziert eine gewisse Erstarrung des beweglich245 gedachten
Systems.
237 Riesenhuber, MR 2018, 23. 238 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 252. 239 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 251. 240 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 1200. 241 Vgl Leistner, CR 2017, 821. 242 Rosati, CMLR 2017, 1234. 243 Riesenhuber, MR 2018, 22. 244 Leistner/Roder, ZfPW 2016, 158. 245 Leistner, Die „The Pirate Bay”-Entscheidung des EuGH: ein Gerichtshof als Ersatzgesetzgeber, GRUR 2017
(757).
38
5 WIEDERGABE
5.1 Literatur
5.1.1 „Handlung der Wiedergabe“
a) Zugang und Übertragung
Dass auch der Begriff der „Handlung der Wiedergabe“ vom EuGH weit ausgelegt wird, wird
in der Literatur als folgerichtig bewertet.246 Zustimmung findet insbesondere, dass der EuGH
nicht auf die konkret angewandte Technik abstellt.247 Kritisiert wird aber, dass sich die
Auslegung des Begriffs vom engen Wortsinn einer „Wiedergabe“ weit entfernt habe.248
Die wesentliche Besonderheit der „Zugänglichmachung“ gegenüber „passiven“249 Wieder-
gabeformen wird im interaktiven Element gesehen.250 Nicht nur der Werkgenuss, sondern auch
die eigentliche Übertragung erfolge auf individueller Basis.251
Zur Bedeutung des Begriffs „Übertragung“, der in ErwGr 23 InfoRL erwähnt wird,252 bietet die
Literatur ein uneinheitliches Bild. Die Rechtsprechung sei in dieser Hinsicht inkonsistent.253
Die European Copyright Society geht in ihrer Stellungnahme zur Rechtssache Svensson davon
aus, eine „Handlung der Wiedergabe“ setze eine „Übertragung“ voraus, das heißt eine
technische Emission. Das Setzen eines Hyperlinks sei daher keine „Handlung der Wiedergabe“,
weil das Werk tatsächlich nicht übertragen würde. Dasselbe gelte für Framing.254 Dieser
Meinung ist auch Arezzo, die eine Erklärung des EuGH vermisst, warum beim Hyperlinking
246 Riesenhuber, MR 2018, 23. 247 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 578; vgl auch zur mit Art 3 Abs 1 InfoRL wortgleichen Formulierung in
Art 8 WCT: Hugenholtz/van Velze, Communication to a New Public? Three Reasons Why EU Copyright Law
Can Do Without a „New Public”, IIC 2016, 797 (800).
248 Anderl/Heinzl, Von Piraten und Filmspelern - der Begriff der öffentlichen Wiedergabe in der Judikatur des
EuGH, ecolex 2017, 995 (997).
249 Appl in Wiebe 231. 250 Arezzo, Hyperlinks and Making Available Right in the European Union – What Future for the Internet After
Svensson? IIC 2014, 524 (533); Gaderer in Kucsko/Handig, urheber.recht2 § 18a Rz 19; Handig, ecolex 2004,
38.
251 Arezzo, IIC 2014, 533.
252 „Dieses Recht sollte jegliche entsprechende drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Übertragung oder
Weiterverbreitung eines Werks, einschließlich der Rundfunkübertragung, umfassen.“ ErwGr 23 InfoRL 2001/29
ABl L 2001/167, 10. 253 Rosati, CMLR 2017, 1233.
254 European Copyright Society, Opinion on the Reference to the CJEU in Case C-466/12 Svensson,
https://europeancopyrightsociety.org/opinion-on-the-reference-to-the-cjeu-in-case-c-46612-svensson/ Rz 10
(abgefragt 13.06.2019); aaO Rz 35; aaO Rz 53.
39
eine „Übertragung“ erfolge. Da Hyperlinks nur den Zugang erleichtern würden, sei der BGH-
Linie in Paperboy der Vorzug zu geben.255
„Handlung der Wiedergabe“ an eine „Übertragung“ zu binden, wurde als extreme Position
kritisiert.256 Es würde dabei ignoriert, dass das Konzept der „öffentlichen Zugänglichmachung”
von Art 3 Abs 1 InfoRL mitumfasst sei. Gerade daraus ergebe sich, dass für eine „Handlung
der Wiedergabe“ eine Übertragung nicht erfolgen müsse.257 Die digitalen Technologien, die die
„Zugänglichmachung“ zu umfassen bestimmt sei, würden gerade keine „Übertragung“
voraussetzen; das bloße Verschaffen von Zugang reiche aus.258 ErwGr 23 InfoRL verwende die
Begriffe „Wiedergabe“ und „Übertragung“ austauschbar; sie würden sich nicht notwendiger-
weise gegenseitig definieren oder eingrenzen.259 Stattdessen wird ErwGr 23 InfoRL im Sinne
der Voraussetzung eines Distanzelements gedeutet.260
b) Hyperlinking und Framing
Intensiv war insbesondere die Diskussion zur Einstufung von Hyperlinks, zunächst im Fahr-
wasser der BGH-Entscheidung Paperboy und der Auffassung, „Zugänglichmachung“ setze
Kontrolle darüber voraus, das Werk zum Abruf bereitzuhalten.261 Gaderer formuliert, es müsse
„in der Hand des Anbieters liegen, ob und wie lange das Werk der Öffentlichkeit zum Abruf
bereit gehalten wird“.262 Daher könne nach der Rechtsprechung von BGH und OGH nur jemand
ein Werk zugänglich machen, der über das Originalwerk oder ein Vervielfältigungswerk
verfüge.263 Für Handig liegt der entscheidende Punkt in der Abhängigkeit des Zugangs von der
Entscheidung des Rechteinhabers.264 Nach der hA handelt es sich beim Setzen von Hyperlinks
aber lediglich um eine Erleichterung, nicht um eine tatsächliche Eröffnung von Zugang.265
255 Arezzo, IIC 2014, 538 f; glA Tanghe, European Papers 2016, 1223 f. 256 Tsoutsanis, Why copyright and linking can tango, JIPLP 2014, 495 (498). 257 Axhamn, NIR 2014, 119; Ungern-Sternberg, GRUR 2016, 324.
258 Tsoutsanis, JIPLP 2014, 499; vgl auch Axhamn, NIR 2014, 110. 259 Headdon, An epilogue to Svensson: the same old new public and the worms that didn't turn, JIPLP 2014, 662
(663). 260 Appl, MR 2018, 37.
261 Vgl Götting in Ahlberg/Götting, BeckOK Urheberrecht24 § 19a dUrhG Rz 3 (Stand 01.04.2019, beck-
online.beck.de); Bullinger in Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht4 (2014) § 19a dUrhG
Rz 10; Ciresa in Ciresa, Österreichisches Urheberrecht20 (2018) § 18a UrhG Rz 3; Gaderer in Kucsko/Handig,
urheber.recht2 § 18a Rz 19; Ungern-Sternberg, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Urheberrecht
und zu den verwandten Schutzrechten in den Jahren 2008 und 2009 (Teil I), GRUR 2010, 273 (278).
262 Gaderer in Kucsko/Handig, urheber.recht2 § 18a Rz 19. 263 Stomper-Rosam, Urheberrecht & Links: Die ich rief, die Geister … MR 2013, 227 (227). 264 Handig, ecolex 2004, 40.
265 Appl/Bauer, MR 2012, 186f; aaO 190; Büchele, Links auf frei zugängliche Werke verletzen Urheberrecht
nicht, ecolex 2014, 355 (357); Burgstaller/Krüger, Anmerkung zu OGH 17.12.2002, 4 Ob 248/02b, MR 2003,
35 (37); Fuchs/Farkas, Kann der EUGH dem Paperboy das (Best)Water reichen? ZUM 2015, 110 (111);
Handig, ecolex 2004, 40; Walter, Hyperlinks und Suchmaschinen, MR 2011, 313 (320 f); vgl auch Stomper-
40
Thumbnails würden demgegenüber vom Suchmaschinenbetreiber gespeichert, wodurch er
Kontrolle ausübe und sein Handeln als „Zugänglichmachung” einzustufen sei.266
Dass der EuGH in der Entscheidung Svensson entgegen der Rechtsprechung von OGH und
BGH das Setzen von Hyperlinks als „Handlung der Wiedergabe“ einstuft, wurde als
Konsequenz seines weiten Verständnisses dieses Begriffs gewertet.267 Diese Einstufung von
Hyperlinking und die Nichtbeachtung von Aspekten wie Verfügungsmacht und Kontrolle,
wurde als undifferenziert kritisiert.268
Die auf Svensson folgende BestWater-Entscheidung zu Framing wurde vor allem als eine
Fortsetzung und Bestätigung des Ansatzes beurteilt, den der EuGH in Svensson begründet hatte;
die aufgestellten Grundsätze würden kaum ergänzt.269 Appl kritisiert daran, es handle sich bei
Hyperlinking und Framing um sehr unterschiedliche und technologisch klar getrennte
Nutzungsformen. Für das Nutzungserlebnis spiele es keine Rolle, von welchem Ort Daten
abgerufen würden.270 Dieser Meinung ist auch Dietrich, der Framing mit Blick auf die
Sicherung „angemessener Vergütung“ für den Urheber von seiner Zustimmung abhängig
machen will.271 Ott merkte demgegenüber an, auch beim Framing würde kein Werk zum Abruf
bereitgehalten.272
c) Filmspeler und The Pirate Bay
Dass der EuGH in Filmspeler auch den Verkauf multimedialer Medienabspieler als „Handlung
der Wiedergabe“ erfasst, hält Walter für innovativ. Der EuGH stelle den Verkauf eines solchen
mit einschlägigen Add-Ons ausgerüsteten Geräts einer Verwertungshandlung gleich. Aus
diesem Grund sei es auch nicht um konkrete Werke, sondern allgemein um die geschaffene
Möglichkeit gegangen, Urheberechte zu verletzen.273 Nach Büchele/Kerbler für Filmspeler
entscheidend sind die installierten Add-Ons mit Hyperlinks auf ein „eindeutig rechtswidriges
Rosam, MR 2013, 227; Ungern-Sternberg, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Urheberrecht und
zu den verwandten Schutzrechten in den Jahren 2010 und 2011 (Teil I), GRUR 2012, 224 (227). 266 Leistner, IIC 2011, 423f. 267 Grünberger/Podszun, GPR 2015, 16.
268 Appl, MR 2018, 40; Bauer, Happy Linking? Das EuGH-Urteil C-466/12 zur urheberrechtlichen Zulässigkeit
des Verlinkens, ZTR 2014, 39 (42).
269 Appl/Bauer, Hyperlinking und Embedded Content im Lichte der EuGH-Rsp, MR 2015, 151 (152); Rosati,
CMLR 2017, 1223.
270 Appl, MR 2018, 41; glA Appl/Bauer, MR 2012, 189f. 271 Dietrich, Anmerkung zu EuGH 13.2.2014, C-466/12, MMR 2014, 260 (263). 272 Ott, Die urheberrechtliche Zulässigkeit des Framing nach der BGH-Entscheidung im Fall »Paperboy«, ZUM
2004, 357 (362).
273 Walter, Verkauf multimedialer Medienabspieler – Streaming und Rechtmäßigkeit der Quelle, MR-Int 2017,
33 (40).
41
Inhaltsangebot“.274 Auch im Lichte des in Filmspeler entwickelten Ansatzes, das Bereitstellen
von Mitteln für eine „Handlung der Wiedergabe genügen zu lassen“,275 hält Appl die
Einbindung einer „derart distanten Handlung“ wie in The Pirate Bay für überraschend; der
Anwendungsbereich des Rechts der öffentlichen Wiedergabe würde ausgeweitet.276
Dennoch wird weiter auf Einschränkungen im Verständnis von „Handlung der Wiedergabe“
hingewiesen. Es reiche nicht aus, wenn das Verfahren für die Übertragung rein technischer
Natur sei und der Übertragende sich als bloßer Verteiler in keiner autonomen Stellung
befinde.277 Der Handelnde müsse mehr als eine neutrale, passive Rolle spielen.278 Nach Ungern-
Sternberg handelt es sich dort um eine bloße Bereitstellung von Einrichtungen, wo der
Handelnde lediglich für geeignete Rahmenbedingungen der Werknutzung sorgt.279 Es sei die
Funktion anderer Kriterien, die Abgrenzung von „Handlungen der Wiedergabe“ von bloßen
Werkübermittlungen zu bewerkstelligen.280
5.1.2 Zustimmung und Einwilligung
Pihaljarinne führt aus, in der frühen Literatur hätten Konstrukte konkludenter Lizenzerteilung
Bedeutung erlangt.281 Es sei angenommen worden, durch Einstellen von Inhalten ins Internet
zu freiem Zugang würde in die Verlinkung von diesen Inhalten eingewilligt. Die Rechtfertigung
für diese Überlegung finde sich darin, dass das Internet technisch und finanziell auf Verlinkung
basiere.282 Die BGH-Entscheidung Vorschaubilder I wurde als Manifestation solcher Über-
legungen betrachtet,283 wobei Leistner hervor hebt, dass der BGH nicht von einer konkludenten
Lizenzerteilung, sondern einer konkludenten Einwilligung ausgeht.284 Er stimmt den
Erwägungen des BGH jedenfalls soweit zu, als die Inhalte ohne Manifestation eines gegen-
teiligen Willens eingestellt würden.285 Leistner weist auch darauf hin, dass die Annahme einer
konkludenten Einwilligung dort scheitere, wo bereits das Einstellen der Inhalte ins Internet
274 Büchele/Kerbler in FS Walter 145. 275 Fischer, Öffentliche Wiedergabe durch Peer-to-Peer Filesharing-Plattformen, MR 2017, 187 (192). 276 Appl, MR 2018, 43f. 277 Nordemann, GRUR 2016, 246; vgl auch Riesenhuber, MR 2018, 24. 278 Fischer, MR 2017, 192.
279 Ungern-Sternberg, GRUR 2018, 229. 280 Ungern-Sternberg, GRUR 2018, 229 f. 281 Pihaljarinne, Setting the limits for implied license in copyright and linking discourse – the European
perspective, IICR 2012, 700 (700). 282 Pihaljarinne, IICR 2012, 700; idS Büchele, World Wide Web 219 f; Stomper, Urheberrechtliche Aspekte von
Links, ÖBl 2002, 212 (213 f); Stomper-Rosam, MR 2013, 229; aA Handig, ecolex 2004, 39. 283 Arezzo, IIC 2014, 542. 284 Leistner, IIC 2011, 417. 285 Leistner, IIC 2011, 429.
42
ohne Zustimmung des Rechteinhabers erfolgt sei.286 Dieser Meinung ist auch Ohly, der die
Entscheidung Vorschaubilder II in diesem Zusammenhang für problematisch hält, da es um
möglicherweise unrechtmäßig eingestellte Bilder gehe.287 Grünberger erklärt dies damit, dass
nach dem BGH die automatisierten Verfahren der Suchmaschinen nicht rechtmäßig und
unrechtmäßig eingestellte Inhalte unterscheiden könnten.288 Aus demselben Grund können
nach Cruquenaire ausdrücklich ausgesprochene, aber nicht durch Maßnahmen bekräftigte
Verlinkungsverbote nicht ins Gewicht fallen.289 Ohly geht auch davon aus, dass die Ein-
willigungslösung aus Vorschaubilder I und II noch immer nicht überholt ist.290 Entsprechendes
hätte die Entscheidung Vorschaubilder III angedeutet; diese, auf der anderen Seite, sei aber von
der EuGH-Rechtsprechung in Renckhoff überholt.291
5.1.3 „Zentrale Rolle des Nutzers“
a) Zentrale Rolle und unerlässliches Tätigwerden
Vor allem in der Literatur vor der GS Media-Entscheidung wurde vertreten, das Kriterium der
„zentralen Rolle des Nutzers“ liefe auf die Unerlässlichkeit seines Tätigwerdens hinaus. Gerade
die Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet zur Rechtssache GS Media gaben ihr Aufwind.
Wathelet setzt „unerlässliches Tätigwerden“ mit „zentraler Rolle“ gleich und versteht es als
Voraussetzung für die Annahme einer „Handlung der Wiedergabe“. Das Setzen von Hyperlinks
in GS Media sei keine „Handlung der Wiedergabe“, denn das Tätigwerden des Linksetzers sei
für den Zugang zu den verlinkten Inhalten nicht unerlässlich.292 Daher würde auch kein „neues
Publikum“ erreicht.293 Tanghe hält es für überzeugend, mit dem „unerlässlichen Tätigwerden“
auf ein klares und objektives Kriterium zu setzen.294 Er räumt allerdings ein, dass die starke
Betonung der Unerlässlichkeit des Tätigwerdens nicht direkt der Rechtsprechungslinie des
EuGH entspringt, sondern der Feder Wathelets.295
286 Leistner, IIC 2011, 433. 287 Ohly, GRUR 2018, 187. 288 Grünberger, Zugangsregeln bei Verlinkungen auf rechtswidrig zugänglich gemachte Werke, ZUM 2016, 905
(914). 289 Cruquenaire, Electronic Agents as Search Engines: Copyright related aspects, IJLIT 2001, 327 (336); aA
Büchele, World Wide Web 236; Stomper, ÖBl 2002, 214. 290 Ohly, GRUR 2018, 188. 291 Ohly, Unmittelbare und mittelbare Verletzung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe nach dem „Córdoba“-
Urteil des EuGH, GRUR 2018, 996 (1001). 292 GA 07.04.2016, C-160/15, GS Media, ECLI:EU:C:2016:221, Rn 57 ff. 293 GA C-160/15 Rn 70. 294 Tanghe, European Papers 2016, 1224. 295 Tanghe, European Papers 2016, 1218.
43
b) Zentrale Rolle und Kenntnis
Andere Autoren gehen von einem engen Zusammenhang der Kriterien „zentrale Rolle“,
„neuem Publikum“ und „Kenntnis“ aus.296 Es gehe um die Kenntnis oder Absicht des Nutzers,
einem Publikum Zugang zu Werken zu schaffen, die es ohne seine Dienstleistung nicht hätte.297
Daher hebe der EuGH in The Pirate Bay insbesondere die Kenntnis von rechtswidrigen
Nutzungen hervor.298 In Handigs Systematisierungsversuch der Kriterien der EuGH-
Rechtsprechung für eine „öffentliche Wiedergabe“ gem Art 3 Abs 1 InfoRL versteht er
„zentrale Rolle“ als „Absicht, eine Dienstleistung anzubieten“.299
Für Ungern-Sternberg ist Kern der „zentralen Rolle des Nutzers“ die „volle Kenntnis“ der
Folgen seines Verhaltens.300 Die „öffentliche Wiedergabe“ sei als „sozialer Vorgang“ zu
verstehen.301 Es sei folgerichtig, von der „zentralen Rolle des Nutzers“ auszugehen und in einer
Gesamtbetrachtung auch subjektive Kriterien zu prüfen.302 Die „wirkliche“ Nutzungshandlung
müsse abgegrenzt werden von einer bloßen Werkverwendung, das ist eine „untergeordnete,
beiläufige oder eher zufällige Verwendung, die nicht als bewusste Wiedergabe wahrgenommen
wird“.303 Erforderlich sei neben der tatsächlichen Zugänglichmachung auch, dass die Handlung
eine bewusste Dienstleistung sei.304 Der Werknutzer müsse gerade mit der Absicht handeln,
einem Publikum Zugang zu ermöglichen.305 Nutzer sei nur, wer in „voller Kenntnis“ der Folgen
seines Verhaltens tätig würde.306
Auch nach Leistner handelt es sich bei der „vollen Kenntnis des Nutzers“ um den
wesentlichsten Teil einer wertenden Beurteilung der urheberrechtlichen Relevanz einer
„Handlung der Wiedergabe“.307 Leistner will die von Art 3 Abs 1 InfoRL erfassten Handlungen
als unmittelbare und mittelbare unterscheiden. Für unmittelbare Handlungen genüge „volle
Kenntnis“ der Folgen des Handelns. Bei mittelbaren Handlungen stelle sich darüber hinaus
296 Vgl Fischer, Aktuelle Fragen im Sende- und Weiterleitungsrecht, MR 2018, 47 (51); Grünberger, Einheit
und Vielfalt im Recht der öffentlichen Wiedergabe, GRUR 2016, 977 (981 f); Walter, Öffentliche Wiedergabe in
Rehabilitationszentrum - Revision der Zahnarztpraxis-Rechtsprechung? MR-Int 2016, 65 (70). 297 Fischer, MR 2018, 51. 298 Fischer, MR 2017, 191 f. 299 Handig, ZUM 2013, 274. 300 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 581. 301 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 577 f. 302 Ungern-Sternberg, GRUR 2016, 323 f; ders, GRUR 2019, 3; vgl auch ders, Die Rechtsprechung des EuGH
und des BGH zum Urheberrecht und zu den verwandten Schutzrechten im Jahr 2016, GRUR 2017, 217 (220 f). 303 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 580. 304 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 578; ders, GRUR 2015, 208.
305 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 577. 306 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 1200; ders, GRUR 2013, 251 f. 307 Leistner, CR 2017, 821.
44
auch die Frage nach der Abgrenzung von der bloßen Bereitstellung von Einrichtungen iSv
ErwGr 27 InfoRL. Es müssten daher weitere Umstände berücksichtigt werden. Diese
Berücksichtigung in einem beweglichen System von Kriterien stehe in Kontrast zu dem starren
Prüfungsschema, auf das noch die Entscheidungen Svensson und BestWater abgestellt hätten.308
Wie Leistner sieht auch Ohly in der EuGH-Rechtsprechung eine Unterscheidung zwischen
unmittelbaren und mittelbaren Handlungen. Ohly will demjenigen, der selbst Zugang
verschafft, regelmäßig eine Urheberrechtsverletzung anlasten. Es geht ihm dabei im Sinne der
EuGH-Entscheidung Renckhoff um den, der den Werkgenuss überhaupt eröffnet.309 Wer aber
„lediglich die Nutzungshandlung eines Dritten ermöglicht oder fördert, haftet nur, wenn er über
Kenntnis verfügt oder Verkehrspflichten verletzt“.310 Ohly versteht den EuGH in Renckhoff so,
dass ein unmittelbar Handelnder automatische eine „zentrale Rolle“ einnehme, es bei
mittelbaren Eingriffen aber auf eine individuelle Beurteilung unter Einbeziehung subjektiver
Merkmale ankomme.311
Walter will die Bezugnahme des EuGH auf Tätigwerden „in voller Kenntnis“ oder auf Absicht
nicht als Voraussetzung schuldhaften Handelns verstanden wissen. Sie diene lediglich der
Deutlichmachung, dass der Handelnde auf urheberrechtlich relevante Weise tätig werde.312
Die Betonung der „vollen Kenntnis“ sowie die Bedeutung, die dem Kriterium „zentrale Rolle“
zugerechnet wird, stößt auch auf Kritik. Der EuGH habe sich mit dem Fokus auf die Kenntnis
des Handelnden vom Text der Richtlinie schon sehr weit entfernt.313 Riesenhuber sieht für das
Kriterium „Kenntnis“ genauso wenig wie für die ebenfalls verwendeten Begriffe „Absicht“ und
„Vorsätzlichkeit“ eine Begründung.314 Als subjektives Tatbestandsmerkmal sei es nicht vom
Wortlaut des Art 3 Abs 1 InfoRL her begründbar, der das Recht der öffentlichen Wiedergabe
objektiv formuliere. Andererseits finde es auch systematisch keinen Platz, da
Nutzungsinteressen im Rahmen der Ausnahmen und Beschränkungen gem Art 5 InfoRL, die
individuelle Verantwortlichkeit des Nutzers im Rahmen der Schadenersatzhaftung
berücksichtigt würde.315
308 Leistner, GRUR 2017, 757 f.
309 Ohly, GRUR 2018, 996; aaO 998. 310 Ohly, GRUR 2018, 996.
311 Ohly, GRUR 2018, 998.
312 Walter, Hotelzimmerfernsehen - Öffentliche Wiedergabe von Tonträgern, MR-Int 2012, 23 (29). 313 Anderl/Heinzl, ecolex 2017, 997. 314 Riesenhuber, MR 2018, 29. 315 Riesenhuber, MR 2018, 23; aaO 29.
45
Walter sieht ein Abweichen des EuGH vom dogmatischen Grundverständnis urheberrechtlicher
Ausschlussrechte. Anders als nach herkömmlichem kontinental-europäischen Verständnis
würden bewusst Fragen der Rechtswidrigkeit der Handlungsweise mit der Frage vermischt, ob
schuldhaftes Handeln vorliege. Den vom EuGH gewählte Ansatz finde man auch im Bereich
der Haftung von Internet-Plattformen und sei der Common Law-Tradition verpflichtet.316
c) Bezugspunkt der Kenntnis
Nach Neubauer/Soppe lässt der EuGH außerdem eine Bezugnahme auf konkrete
urheberrechtlich geschützte Werke vermissen. Damit wende der EuGH ein Grundprinzip des
Urheberrechts nicht an, wonach Urheber „für ‚ihre Werke‘ Schutz genießen und
Urheberrechtsverletzungen damit stets der Anknüpfung an ein konkret verletztes Werk
bedürfen“.317 Nach Fischer genügt die Kenntnis von der Möglichkeit von Urheberrechts-
verletzungen.318 Auch Leistner spricht von einer Wendung vom Erfordernis konkreter Kenntnis
zum Erfordernis „allgemeiner Kenntnis der möglichen Erschließung (auch) rechtswidrigen
Materials“.319 Im Abstellen auf konkrete Kenntnis sei GS Media im Vergleich zur restlichen
EuGH-Rechtsprechung inkonsistent gewesen.320 Dass der EuGH auch den Betreibern der
Filesharing-Plattform The Pirate Bay eine „zentrale Rolle“ wegen strukturierter Erfassung und
erleichterter Zugänglichmachung der Inhalte zugeschrieben hat, bezeichnet Leistner kritisch als
„lapidar“.321
5.1.4 Kenntnis-Vermutung
Im Besonderen wurde in der Literatur kritisch besprochen die vom EuGH in GS Media
begründete Vermutung der Kenntnis bei Handeln mit „Gewinnerzielungsabsicht“. Grünberger
sieht sieben Argumente des EuGH in GS Media für eine Differenzierung zwischen Handeln mit
oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.
„(1.) Der Betreffende weiß nicht und ‚kann vernünftigerweise nicht wissen‘, dass
dieses Werk im Internet ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers veröffentlicht
wurde. (2.) Er handelt ‚im Allgemeinen nicht in voller Kenntnis der Folgen seines
Tuns, um Kunden Zugang zu einem rechtswidrig im Internet veröffentlichten Werk
zu verschaffen‘. (3.) Die fehlende Zugangsbeschränkung bildet eine Vertrauens-
grundlage des Inhalts, dass ‚grundsätzlich das gesamte Internetpublikum darauf
bereits auch ohne diese Handlung zugreifen‘ kann. (4.) Es ist insbesondere für
Einzelpersonen – diese handeln im Regelfall ohne Gewinnerzielungsabsicht –
316 Walter, Öffentliche Wiedergabe und Hyperlinking, MR-Int 2017, 23 (28). 317 Neubauer/Soppe, Anmerkung zu EuGH 26.04.2017, C-527/15, GRUR 2017, 610 (616). 318 Fischer, MR 2017, 192. 319 Leistner, GRUR 2017, 755. 320 Leistner, GRUR 2017, 757. 321 Leistner, GRUR 2017, 757.
46
‚schwierig‘ zu überprüfen, ob die verlinkte Website geschützte Werke öffentlich
zugänglich macht. (5.) Es ist für diese Nutzer realistisch betrachtet aufgrund der
damit verbundenen Transaktionskosten prohibitiv, wenn sie nachprüfen müssten,
ob die Rechteinhaber die Zugänglichmachungen erlaubt haben und ob sich der
Websitebetreiber insoweit auf eine ununterbrochene Rechtekette stützen kann. (6.)
Der Inhalt kann nachträglich geändert werden. (7.) Die Nichtberücksichtigung
dieser Umstände hätte negative Auswirkungen auf die Meinungsäußerungs- und
Informationsfreiheit“.322
Nach Ohly hat der EuGH in der GS Media-Entscheidung offengelassen, wie weit die Ver-
mutung reichen solle, sodass der BGH die Kenntnis-Vermutung in Vorschaubilder III nicht
anwenden musste.323 Mehrere Autoren halten die Aufstellung der Kenntnis-Vermutung für
ungerechtfertigt.324 Handig hält das angegangene Problem für eine Konsequenz mangelnder
Ressourcen, die Einpersonenunternehmen genauso treffe wie nichtkommerziell handelnde
Personen.325
5.1.5 Erwerbszweck
Handig merkt an, der EuGH spreche uneinheitlich von „Erwerbszweck“, „Gewinnerzielungs-
absicht“ oder auch von „wirtschaftlichem Vorteil“. Dass der EuGH die Begriffe klar abgrenzen
wolle, könne aufgrund der vielen erforderlichen Übersetzungen nicht angenommen werden.326
In diesem Zusammenhang wird der EuGH dafür kritisiert, Detailfragen offengelassen zu
haben.327 Leistner nimmt an, es käme darauf an, dass „beträchtliche Werbeeinnahmen als Teil
eines Geschäftsmodells generiert werden, das mit dem Ziel bereitgestellt und betrieben wird,
einen Gewinn zu erzielen“.328 Nach anderen Autoren geht es um Entgeltlichkeit iSd Art 57
AEUV.329
Für unklar gehalten wird auch, welche Handlungen vom „Erwerbszweck“ erfasst sein
müssten.330 Rosati merkt an, das Setzen eines Hyperlinks selbst könne Bezugspunkt sein,
genauso aber auch seine Umgebung.331 Im Lichte der EuGH-Rechtsprechung sieht Rosati
bessere Argumente für letztere Variante. Dabei bestünde aber Gefahr, dass die Kenntnis-
322 Grünberger, ZUM 2016, 915.
323 Ohly, GRUR 2018, 188.
324 Appl, MR 2018, 41; Handig, ÖBl 2017, 60; kritisch auch Staudegger in Staudegger/Thiele 42. 325 Handig, ÖBl 2017, 60.
326 Handig, ÖBl 2014, 209. 327 Faludi, Communication to the Public in EU Copyright Law, MR 2018, 7 (10); Leistner, GRUR 2017, 755. 328 Leistner, GRUR 2017, 758. 329 Handig, ÖBl 2014, 209; Volkmann, Verlinkung & Haftung: Bedeutet die EuGH-Trilogie das Aus für die
Informationsfreiheit und den Meinungsaustausch im Internet? CR 2017, 36 (38). 330 Faludi, MR 2018, 10; Rosati, CMLR 2017, 1236. 331 Rosati, CMLR 2017, 1236.
47
Vermutung nach GS Media fast immer anzuwenden sei, würden doch die meisten Internetseiten
mit „Gewinnerzielungsabsicht“ betrieben.332
Auch die Heranziehung des Kriteriums „Erwerbszweck“ wird als unbegründet kritisiert.333 Die
Anwendung sei andauernd unsicher geblieben.334 Welp hält das Erfordernis eines
„Erwerbszweck“ für damit unvereinbar, dass nach monistischer Theorie „vermögens- und
persönlichkeitsrechtliche Bestandteile des Urheberrechts untrennbar mit einander verwoben
sind. Der persönlichkeitsrechtliche Kern der Verwertungsrechte ist jedoch auch bei Nutzungen
abseits von Erwerbszwecken betroffen.“335
Axhamn hält die EuGH-Line für konsequent, da diese davon ausgehe, dem Recht der
öffentlichen Wiedergabe seien inhärente Schranken auf der Grundlage ökonomischer
Erwägungen gesetzt.336 Auch Grünberger bewertet den Einsatz des Kriteriums „Erwerbs-
zweck“ nicht als beliebig. Der EuGH behandle das Kriterium durchwegs, wenn es um Fragen
von Vergütungsansprüchen ginge.337 Ungern-Sternberg hält es für richtig, auch auf Motive des
Nutzers abzustellen.338 Eine Gesamtbetrachtung müsse alle bedeutsamen Kriterien einbeziehen,
es müssten aber nicht alle Kriterien stets vorliegen. Deshalb betrachte der EuGH den „Erwerbs-
zweck“ als ein wesentliches, aber nicht notwendiges Indiz.339
5.2 Analyse
5.2.1 Das bloße Erfordernis des Verschaffens von Zugang
Wie bereits erläutert, ist das Recht der öffentlichen Wiedergabe nach Art 3 Abs 1 InfoRL weit
und bezogen auf seine Funktion auszulegen, Urhebern ein „hohes Schutzniveau“, eine „ange-
messene Vergütung“ für die Nutzung ihrer Werke zu sichern. Wesentlich ist eine Gesamt-
betrachtung des Verhaltens des Nutzers.340
Wie ErwGr 25 InfoRL klarstellt, geht es bei der „Zugänglichmachung“ um den Zugang zur
interaktiven Übertragung auf Abruf. ME kommt es daher auf eine tatsächliche Übertragung
332 Rosati, CMLR 2017, 1236. 333 Handig, ÖBl 2014, 210; Riesenhuber, MR 2018, 29.
334 Riesenhuber, MR 2018, 22; aaO 28f. 335 Welp, GRUR 2014, 752.
336 Axhamn, NIR 2014, 131; vgl Leistner, JIPLP 2015, 633. 337 Grünberger, GRUR 2016, 982.
338 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 1200.
339 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 1202; ders, GRUR 2013, 251 f.
340 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 251.
48
nicht an, sondern lediglich auf das Verschaffen eines Zugangs zur Übertragung. Das entspricht
auch der hA.341
Für die Auslegung der „Handlung der Wiedergabe“ ist weiter wesentlich, dass diese als
umfassender Begriff sowohl Sendung als auch „Zugänglichmachung“ umfasst. Der Begriff ist
daher notwendigerweise abstrakter als die Begriffe der „Zugänglichmachung“ nach
§ 19a dUrhG und der Zurverfügungstellung nach § 18a UrhG. Eine Herausarbeitung konkreter
inhaltlicher Voraussetzungen bietet sich daher nicht an. So stellt sich die Annahme einer
„Handlung der Wiedergabe“ bei jedweder Art des Verschaffens von Zugang zwar als denkbar
inhaltsleer, aber als richtig dar. Auf Verfügungsmacht über ein Werkstück und Kontrolle über
den Zugang ist nicht abzustellen.
Der OGH erkennt dies schließlich auch an. Nachdem er zunächst noch davon ausging, dass eine
Zurverfügungstellung iSv § 18a UrhG „eine entsprechende Verfügungsmacht und Kontrolle
des Zugangs über das Werk“ voraussetzte,342 stellt er inzwischen doch fest, dass es nicht ent-
gegenstehe, wenn „vom Handelnden selbst kein urheberrechtlich geschütztes Material abrufbar
gehalten oder übertragen“ würde.343 Der BGH hält demgegenüber nach wie vor fest: „Der
Tatbestand der öffentlichen Zugänglichmachung wird durch das tatsächliche Vorhalten […]
zum Abruf verwirklicht“.344 § 19a dUrhG erfordere, dass sich das geschützte Werk „in der
Zugriffssphäre des Vorhaltenden“ befinde.345 Diese unterschiedlichen Rechtsprechungslinien
sind der andersgearteten Systematik der Urheberrechtsgesetze geschuldet.346 Da das öster-
reichische UrhG die dem Urheber vorbehaltenen Verwertungsrechte taxativ aufzählt, muss in
richtlinienkonformer Auslegung die Rechtsprechung zu § 18a UrhG das Erfordernis der Kon-
trolle über den Zugang aufgeben. Der BGH kann demgegenüber an seiner Rechtsprechung
festhalten, da die demonstrative Aufzählung der vorbehaltenen Verwertungsrechte nach
§15 dUrhG auch die Annahme unbenannter Verwertungsrechte erlaubt.
„Soweit Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG weitergehende Rechte als die in
§ 15 Abs. 2 Satz 2 UrhG benannten Rechte der öffentlichen Wiedergabe verlangt,
ist daher in richtlinienkonformer Auslegung des § 15 Abs. 2 UrhG ein unbenanntes
Recht der öffentlichen Wiedergabe anzunehmen.“347
341 Axhamn, NIR 2014, 119; Gaderer in Kucsko/Handig, urheber.recht2 § 18a UrhG Rz 19; Schulze in
Dreier/Schulze, UrhG6 § 15 Rz 36; Tsoutsanis, JIPLP 2014, 499; Ungern-Sternberg, GRUR 2016, 324. 342 OGH 4 Ob 105/11m. 343 OGH 4 Ob 121/17y. 344 BGH I ZR 11/16 Rn 20. 345 BGH 16.05.2013, I ZR 46/12, Rn 8. 346 Vgl Büchele, World Wide Web 162. 347 BGH 09.07.2015, I ZR 46/12 Rn 17.
49
5.2.2 Einzelbewertung
Da sie die „Zugänglichmachung“ mitumfasst, reicht es für das Vorliegen einer „Handlung der
Wiedergabe“ aus, wenn Zugang verschafft wird. Auf Grundlage dieses weiten Verständnisses
lassen sich verschiedene Phänomene der digitalen Inhaltsvermittlung als „Handlung der
Wiedergabe“ einstufen. Ob eine „Öffentlichkeit“ erreicht wird und ob das Recht der öffent-
lichen Wiedergabe greift, zeigt sich hier noch nicht. Das übersieht Arezzo, wenn sie an der
Svensson-Entscheidung kritisiert, durch kurzes Abfertigen der „Handlung der Wiedergabe“
erfolge nur eine oberflächliche Auseinandersetzung mit den Umständen.348 Es findet vielmehr
eine Verlagerung hin zu anderen Kriterien statt.349
Das Einstellen von Inhalten ins Internet ist jedenfalls vom Begriff der „Handlung der
Wiedergabe“ erfasst. Dies war in der Literatur auch stets unbestritten.350 Einstellen setzt ja auch
die geforderte Verfügungsmacht und Kontrolle voraus. Dass mit Renckhoff dem EuGH über-
haupt ein Fall des Einstellens ins Internet vorgelegt wurde, liegt nicht an der fraglichen
Einstufung als „Handlung der Wiedergabe“.351
Thumbnails an sich – das heißt, die mit ihnen einhergehende Verlinkung nicht berücksicht-
igend – sind ebenso ins Internet eingestellte Inhalte, wobei der jeweiligen Internet-Such-
maschine Verfügungsmacht und Kontrolle zu kommt. Eine andere Beurteilung ist daher nicht
gerechtfertigt.
Auch das Setzen von Hyperlinks ist im Rahmen dieses weiten Verständnisses als „Handlung
der Wiedergabe“ einzustufen. Wie der EuGH in Svensson richtig feststellt, bieten Hyperlinks
direkten Zugang zu den verlinkten Inhalten.352 Das entspricht Stompers ursprünglicher
Einschätzung.353 Auf dieser Stufe nicht anders zu bewerten ist auch Framing. Zwar kommt dem
Framenden genauso wenig wie dem Linksetzer Verfügungsmacht und Kontrolle zu, relevant ist
aber schließlich nur, dass dem Nutzer ebenso direkter Zugang verschafft wird.
Zugang zu digitalen Inhalten bieten auch Internet-Videorecorder. Dem EuGH ist daher in seiner
Beurteilung von Internet-Videorecordern zuzustimmen genauso wie dem BGH.354
348 Arezzo, IIC 2014, 539. 349 Vgl Grünberger/Podszun, Die Entwicklung des Immaterialgüterrechts im Recht der Europäischen Union im
Jahr 2015 – Teil 1, GPR 2016, 23 (26); Walter, MR 2014, 31. 350 Handig, ecolex 2004, 38; Stomper, ÖBl 2002, 212 f. 351 Ohly, GRUR 2018, 997. 352 EuGH C-466/12 Rn 18. 353 Stomper, ÖBl 2002, 213; aA später Stomper-Rosam, MR 2013, 227. 354 EuGH C-265/16 Rn 46; BGH I ZR 216/06 Rn 26.
50
Klar ist zunächst auch die Einstufung des Anbietens von Inhalten über Internet-Tauschbörsen.
Wie durch das Einstellen ins Internet wird Zugang zu den Inhalten verschafft. Schwieriger
scheint die Einstufung einer „derart distanten Handlung“ 355 wie das Betreiben einer Internet-
Tauschbörse. ME kann aber auch hier nichts anderes gelten als für Linksetzer. Zwar kommt
den Betreibern keine Verfügungsmacht und Kontrolle zu, wohl aber verschaffen sie durch das
Betreiben der Internet-Tauschbörsen Zugang zu den über sie angebotenen Inhalten. Die Distanz
fällt auf dieser Stufe der Prüfung eines Eingriffs ins Recht der öffentlichen Wiedergabe noch
nicht ins Gewicht. Das Betreiben von UUC-Plattformen, wie etwa YouTube, kommt dem
Betreiben von Internet-Tauschbörsengleich und ist ebenso als „Handlung der Wiedergabe“
einzustufen.356
5.2.3 Die Relevanz der Handlung
Wie oben ausgeführt, kommt es auf eine Gesamtbetrachtung der Umstände an, wie sie von
Ungern-Sternberg formuliert wurde. Er spricht davon, „untergeordnete, beiläufige oder eher
zufällige Verwendungen“ von „wirklichen Werknutzungen“ abzugrenzen.357 ME dasselbe
gemeint ist mit der „urheberrechtlichen Relevanz“ der Handlung und der Betonung, es müsse
sich um autonome, eigenständige Akte handeln.358 Es geht um die Herausarbeitung der wieder-
gaberechtlichen Relevanz359 der Handlung unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer „ange-
messenen Vergütung“ für den Urheber.
Ein negatives Verbotsrecht ist nicht an sämtlichen, möglicherweise überaus geringfügigen
Verwendungen zur Sicherung einer „angemessenen Vergütung“ erforderlich. Das folgt zum
einen aus dem Ziel eines hohen, nicht etwa höchst denkbaren Schutzniveaus.360 Die Interessen
des Urhebers werden daher nicht absolut gesetzt, im Einzelfall sind auch Einschränkungen
möglich.361 Zum anderen ist der von ErwGr 31 InfoRL geforderte angemessene „Rechts- und
Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern sowie
zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern und Nutzern von Schutzgegen-
ständen“ mE bereits bei Auslegung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe zu berücksichtigen.
In der Herausarbeitung der wiedergaberechtlichen Relevanz der Handlung, müssen daher alle
355 Appl, MR 2018, 43. 356 Vgl Appl, MR 2018, 44 f. 357 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 580. 358 Axhamn, NIR 2014, 125; Leistner, CR 2017, 821; Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 578. 359 Im Gegensatz zum „wiedergaberechtlichen Nullum“, vgl Büchele, Zur urheberrechtlichen Haftung eines
Linksetzers, ÖBl 2012, 175 (182); ders, ecolex 2014, 355 (357). 360 Vgl Riesenhuber, MR 2018, 23. 361 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 252.
51
maßgeblichen Umstände einbezogen werden.362 Eine Gesamtbetrachtung einer Handlung ist
aber nicht möglich, wenn nur isoliert ihre objektiven Merkmale untersucht werden. Auch
subjektive Elemente sind für die Relevanz einer Handlung von Bedeutung; sie sind daher
bereits bei der Auslegung von Art 3 Abs 1 InfoRL zu berücksichtigen, nicht erst und nicht aus-
schließlich im Rahmen der Ausnahmen und Beschränkungen nach Art 5 InfoRL. 363. Im
Ergebnis ist es berechtigt umfassend zu untersuchen, ob die Rolle des Nutzers als „zentral“
bezeichnet werden kann.
5.2.4 Ist eine Unterscheidung unmittelbarer und mittelbarer Handlungen sinnvoll?
Sowohl nach Leistner als auch nach Ohly deutet die EuGH-Rechtsprechung eine
Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Handlungen an, wobei es nur bei
mittelbaren Handlungen auf eine individuelle Beurteilung anhand eines beweglichen Systems
von Kriterien ankäme.364 Ein unmittelbar Handelnder würde iSd Renckhoff-Entscheidung
automatisch eine „zentrale Rolle“ einnehmen, ein „neues Publikum“ würde in aller Regel
erreicht.365 Eine solche Differenzierung ist in Renckhoff in der Tat angedeutet, wenn der EuGH
die Entscheidungen Svensson und BestWater nicht anwenden will, weil diese im Zusammen-
hang mit Hyperlinking ergangen seien.366 In weiterer Folge bezieht der EuGH sich aber doch
auf eine umfassende Beurteilung mit Rücksicht auf einen angemessenen Interessenausgleich,
die Intensität der Handlung und ihre Relevanz für das als „Recht vorbeugender Art“ aus-
gestaltete Recht der öffentlichen Wiedergabe. ME differenziert der EuGH bei Abstellen auf
eine Gesamtbetrachtung so nicht etwa zwischen unmittelbaren und mittelbaren Handlungen.
Vielmehr ergibt sich gerade aus dieser stets anzuwendenden Gesamtbetrachtung, dass bei der
unmittelbaren Handlung des Einstellens ins Internet auf andere Kriterien nicht im selben
Ausmaß abzustellen ist wie bei „distanten“367 Handlungen. Das entspricht einem beweglichen
System, bei dem die verschiedenen relevanten Merkmale einmal stärker, einmal schwächer
ausgeprägt sein können.
Es zeigt sich aber auch gerade an der Entscheidung Renckhoff, dass der EuGH selbst dann bei
Herausarbeitung der wiedergaberechtlichen Relevanz der Handlung auf Kriterien zurückgreift,
wenn diese in individueller Beurteilung konkreter, völlig anders gearteter Fälle entwickelt
wurden. Mit diesem leitsatzartigen Festhalten an einmal entwickelten Kriterien erstarrt das
362 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 251. 363 AA Riesenhuber, MR 2018, 23; aaO 29.
364 Leistner, GRUR 2017, 757; Ohly, GRUR 2018, 998. 365 Ohly, GRUR 2018, 998 366 EuGH C-161/17 Rn 37 ff. 367 Appl, MR 2018, 43.
52
bewegliche System und die erforderliche Gesamtbetrachtung aller maßgeblicher Umstände zur
Bewertung der „zentralen Rolle des Nutzers“ weicht einem Abklopfen fester Tatbestands-
elemente.
5.2.5 Abstrakte Kenntnis genügt
Im Rahmen der Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände genügt mE abstrakte
Kenntnis des Nutzers von den Folgen seines Verhaltens, das heißt allgemeine Kenntnis „der
möglichen Erschließung (auch) rechtswidrigen Materials“.368 Es zeigt sich dann erst im
Zusammenspiel mit anderen Umständen, ob es für eine Einstufung als „wirkliche
Werknutzungshandlung“ reicht. Konkrete Kenntnis davon, dass eine „Handlung der
Wiedergabe“ bestimmte rechtswidrig zugängliche geschützte Werke betrifft, fällt in dieser
Gesamtbetrachtung stärker ins Gewicht. Diese konkrete Kenntnis zeichnete gerade die
GS Media-Entscheidung aus. The Pirate Bay und Filmspeler führen vor, dass auch allgemeine
Kenntnis genügt. Wie Leistner ausführt, handelt es sich in diesen Fällen aber um
verletzungsgeneigte Konstellationen.369 Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Umstände ist
von wiedergaberechtlicher Relevanz der jeweiligen Handlungen auszugehen. Pauschalisierte
Übertragungen auf andere Fälle sind aber nicht ohne weiteres möglich. Das betrifft
insbesondere eine Übertragung der The Pirate Bay-Entscheidung auf Fälle anderer UUC-
Plattformen, wie etwa die Videoplattform YouTube, bei der es fraglich ist, ob allgemeine
Kenntnis genügt. Dementsprechend hat der BGH dem EuGH unter anderem die folgende Frage
mit weitreichender Berücksichtigung maßgeblicher Umstände zur Vorabentscheidung
vorgelegt:
„Nimmt der Betreiber einer Internetvideoplattform, auf der Nutzer Videos mit
urheberrechtlich geschützten Inhalten ohne Zustimmung der Rechtsinhaber
öffentlich zugänglich machen, eine Handlung der Wiedergabe […] vor, wenn
– er mit der Plattform Werbeeinnahmen erzielt,
– der Vorgang des Hochladens automatisch und ohne vorherige Ansicht oder
Kontrolle durch den Betreiber erfolgt,
– der Betreiber nach den Nutzungsbedingungen für die Dauer der Einstellung des
Videos eine weltweite, nicht-exklusive und gebührenfreie Lizenz an den Videos
erhält,
– der Betreiber in den Nutzungsbedingungen und im Rahmen des
Hochladevorgangs darauf hinweist, dass urheberrechtsverletzende Inhalte nicht
eingestellt werden dürfen,
– der Betreiber Hilfsmittel zur Verfügung stellt, mit deren Hilfe Rechtsinhaber auf
die Sperrung rechtsverletzender Videos hinwirken können,
– der Betreiber auf der Plattform eine Aufbereitung der Suchergebnisse in Form
von Ranglisten und inhaltlichen Rubriken vornimmt und registrierten Nutzern eine
368 Leistner, GRUR 2017, 755. 369 Leistner, GRUR 2017, 759.
53
an von diesen bereits angesehenen Videos orientierte Übersicht mit empfohlenen
Videos anzeigen lässt,
– sofern er keine konkrete Kenntnis von der Verfügbarkeit
urheberrechtsverletzender Inhalte hat oder nach Erlangung der Kenntnis diese
Inhalte unverzüglich löscht oder unverzüglich den Zugang zu ihnen sperrt?“370
Für Appl bieten gerade Plattformen wie YouTube dem Nutzer „nicht bloß neutrale
Infrastrukturdienste an, sondern bündeln hochgeladene Inhalte der Plattformnutzer zu einem
einheitlichen Nutzererlebnis“. Charakteristisch sei die Indizierung, Kategorisierung und Durch-
suchbarkeit der Inhalte.371 Darüber hinaus lassen sich UUC-Plattformen, wie YouTube, nach
Appl/Homar in ihren Nutzungsbedingungen umfassende Nutzungsbefugnisse einräumen, um
eine eigenständige Verwertung der Inhalte zu ermöglichen. Auf gerade diese eigenständige
Verwertung käme es UUC-Plattformen auch an. Das alles spräche dafür, Betreibern von UUC-
Plattformen eine „zentrale Rolle“ zuzuschreiben.372 Dem ist mE zuzustimmen. Zwar ist
YouTube nicht derart auf rechtswidrige Inhalte ausgerichtet wie The Pirate Bay und das
Geschäftsmodell von YouTube hängt nicht im gleichen Maße an der Rechtswidrigkeit der
Inhalte. Die Rahmen-Handlungen auf YouTube sind aber wesentlich ausgebauter, die Rolle von
YouTube im Vergleich zu The Pirate Bay wesentlich aktiver, „zentraler“.
5.2.6 Kenntnis-Vermutung
ME ist Handig voll zuzustimmen, wenn er darauf hinweist, das mit der Kenntnis-Vermutung
bei Gewinnerzielungsabsicht angegangene Problem sei eine Konsequenz mangelnder
Ressourcen und treffe daher Einpersonenunternehmen genauso wie nichtkommerziell
handelnde Personen.373 Bei Gewinnerzielungsabsicht Kenntnis zu vermuten, ist viel zu
pauschal und entspricht nicht einer individuellen Beurteilung unter Berücksichtigung aller
maßgeblichen Umstände. Selbst wenn das Ergebnis, mit dem die Formulierung dieser
Vermutung in GS Media einherging, richtig erscheint,374 so ist doch nicht zu übersehen, dass
mit dieser allgemeinen Formulierung eine weitere Erstarrung im beweglichen System erfolgt.
Positiv ist der vom BGH in Vorschaubilder III gewählte Ansatz, auch die Kenntnis-Vermutung
nur nach individueller Beurteilung der maßgeblichen Umstände anzuwenden.375
370 BGH I ZR 140/15, YouTube, GRUR 2018, 1132 (Ohly) = MMR 2019, 37. 371 Appl, MR 2018, 45.
372 Appl/Homar in Redlich/Moritz/Wulfsberg 152 ff.
373 Handig, ÖBl 2017, 60.
374 Vgl Zemann, Hyperlinks zu zustimmungslos online gestellten Werken, ecolex 2016, 1087 (1088).
375 Vgl BGH I ZR 11/16 Rn 60f.
54
6 ÖFFENTLICHKEIT
6.1 Literatur
6.1.1 Allgemeines
Mit dem Begriff „Öffentlichkeit“ werden in der Literatur verschiedene inhärente Bedeutungen
verbunden. Er sei etwa als Gegenteil von „privat“ zu verstehen,376 eine nicht unter
„Öffentlichkeit“ fallende Gruppe müsse wirtschaftlich unbedeutend sein;377 hervorgehoben
wird aber durchgängig das Fehlen einer Definition in den völker- und europarechtlichen
Rechtsquellen.378 Der EuGH gehe in autonomer Auslegung von einem einheitlichen
Öffentlichkeitsbegriff aus.379 Nach Ungern-Sternberg verbleibt den Mitgliedstaaten daneben
kein Spielraum bei der Auslegung.380
In der Literatur zur österreichischen Rechtsprechung wird „Öffentlichkeit“ demgegenüber nicht
als einheitlicher Begriff aufgefasst. Vielmehr sei eine kontextbezogene Auslegungspraxis zu
erkennen.381 Angesichts der Entwicklung der EuGH-Rechtsprechung gilt das nationale Ver-
ständnis aber als überholt.382 Ob die Definition des §15 Abs 3 dUrhG weiter anwendbar ist, ist
umstritten. Schulze geht grundsätzlich von ihrer Anwendbarkeit aus.383 Ungern-Sternberg
empfiehlt, Abs 3 leg cit zu streichen.384 Als jedenfalls überholt gilt das Abstellen auf eine
Mehrzahl von Personen, wobei bereits zwei Personen reichen würden.385 Auch in der
Abgrenzung zur „Nichtöffentlichkeit“ werden erhebliche Unterschiede zur EuGH-Linie
gesehen: nicht nur private Kreise seien nichtöffentlich, auf wechselseitige Beziehungen würde
nicht abgestellt.386 Dem Konzept „privater bzw familiärer Kreise“ kommt nach Handig über-
haupt keine große Bedeutung in der EuGH-Rechtsprechung zu.387
376 Hugenholtz/van Velze, IIC 2016, 799. 377 Ginsburg, The (new?) right of making available to the public, in Vaver/Bently (Hrsg), Intellectual Property in
the New Millennium (2004) 234 (236). 378 Axhamn, NIR 2014, 126; Ginsburg in Vaver/Bently 236; Handig, ZUM 2013, 273; ders, ÖBl 2014, 207;
Hugenholtz/van Velze, IIC 2016, 799. 379 Handig, ÖBl 2014, 207. 380 Ungern-Sternberg, Die Rechtsprechung des EuGH und des BGH zum Urheberrecht und zu den verwandten
Schutzrechten im Jahre 2013, GRUR 2014, 209 (211). 381 Appl in Wiebe 220. 382 Anderl in Kucsko/Handig, urheber.recht2 § 14 Rz 12; vgl auch Appl in Wiebe 220. 383 Schulze in Dreier/Schulze, UrhG6 § 15 Rz 40. 384 Ungern-Sternberg, GRUR 2016, 325. 385 Kroitzsch/Götting in Ahlberg/Götting, BeckOK24 § 15 Rz 26; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG6 § 15 Rz 39 ff;
vgl auch Heerma in Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar4 § 15 Rz 20. 386 Handig, ZUM 2013, 275; ders, ÖBl 2014, 211 f; Ungern-Sternberg, GRUR 2016, 325; aA Walter, MR-Int
2012, 22. 387 Handig, ZUM 2013, 275.
55
Die EuGH-Rechtsprechung zum Begriff „Öffentlichkeit“ wurde als wenig konsistent
kritisiert,388 der EuGH ziehe eine Vielzahl von „nahezu beliebigen“ Kriterien heran.389 Ungern-
Sternberg beurteilt positiver. Es gehe dem EuGH nur um „wirkliche“ Werknutzungen, weshalb
es sich um „Leistungsempfänger“ handeln müsse, also ein aufnahmebereites Publikum einer
Dienstleistung.390 Dabei zähle, dass sich das Angebot eines Dienstleisters insgesamt an eine
„Öffentlichkeit“ richte, was in der VCAST-Entscheidung konsequent angewandt worden sei.391
Auch nach Leistner geht es um die Herausarbeitung der urheberrechtlichen Relevanz einer
Handlung.392 In diesem Zusammenhang findet in der Literatur Zustimmung, das Erreichen einer
„Öffentlichkeit“ nach einer Gesamtbetrachtung zu beurteilen.393 Zustimmung findet auch, die
„sukzessive Öffentlichkeit“ einzubeziehen. Dieses Verständnis entspräche insbesondere dem
Wesen der „Zugänglichmachung“ über das Internet.394 Der Ort der Wiedergabe sei nicht
wesentlich,395 vielmehr sei auch die Wiedergabe an privaten Orten oder Orten mit privatem
Charakter umfasst.396
Uneinigkeit herrscht in der Literatur im Hinblick darauf, welche Elemente der
Öffentlichkeitsbegriff des EuGH beinhaltet und wie diese zu kategorisieren sind. Von mehreren
Autoren wird eine zweigliedrige Kategorisierung vorgeschlagen, mit „recht viele Personen“
und „unbestimmte Zahl“ auf der einen, „neues Publikum“ und „anderes technisches Verfahren“
auf der anderen Ebene.397 Appl nennt als zusätzliche Kriterien, dass der Zugang nicht auf
besondere Personen beschränkt sein dürfe, keine wechselseitigen persönlichen Beziehungen
vorliegen dürfen und die Rezipienten „aufnahmebereit“ sein müssten.398
Für die Beurteilung von „recht viele Personen“ ist nach Handig die Anzahl der Personen
wesentlich.399 Eine Nutzung unterhalb einer bestimmten Mindestschwelle sei urheberrechtlich
388 Welp, GRUR 2014, 751. 389 Briem, Die Auslegung des Begriffs der „öffentlichen Wiedergabe“ in der Entscheidungspraxis des EuGH –
zugleich Anmerkung zu EuGH, 16.03.2017, C-138/16,, GRUR Int 2017, 493 (496). 390 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 1201; aaO 1203. 391 Ungern-Sternberg, GRUR 2018, 230. 392 Leistner, CR 2017, 821. 393 Leistner, JIPLP 2015, 633; Walter, MR-Int 2012, 22; Grünberger, ZUM 2016, 909. 394 Arezzo, IIC 2014, 533 f; Büchele, Urheberrecht2 50; Handig, ecolex 2004, 40; Walter, Ministerialentwurf
einer UrhGNov 2002 – Ausgewählte Aspekte, MR 2002, 217 (218). 395 Büchele, ÖBl 2011, 252; Handig, ÖBl 2014, 208. 396 Handig, ZUM 2013, 274. 397 Grünberger/Podszun, GPR 2016, 26; Grünberger, ZUM 2016, 909; Ohly, GRUR 2018, 997. 398 Appl, MR 2018, 37 f; vgl auch Handig, ZUM 2013, 274. 399 Handig, ÖBl 2014, 210.
56
nicht bedeutsam,400 wobei teilweise eine konkrete de minimis-Schwelle gefordert wird.401 Als
Folge des Kriteriums „recht viele“ verweist Ungern-Sternberg überdies darauf, dass auch ein
nicht mehr privater Personenkreis außerhalb des Öffentlichkeitsbegriffs liegen könne.402
„Unbestimmte Zahl“ wird im Sinne von „Personen allgemein“ verstanden,403 was nach Appl
eine Beschränkung auf besondere Personen ausschließt.404 Nach Riesenhuber kann es sich dem-
gegenüber durchaus um bestimmte Personen handeln. Was zähle sei, dass ihre Anzahl an-
fänglich nicht feststehe.405 Für Walter geht es um die Abgrenzung der „Öffentlichkeit“ von
einer Gruppe von Privatpersonen.406
6.1.2 „Neues Publikum“
Besonders umstritten ist das Kriterium „neues Publikum“. Das zeigt sich nicht zuletzt an der
schieren Masse an Stellungnahmen, die in der Literatur veröffentlicht wurden. Aus ihnen ist
kein einheitliches Bild zu gewinnen. Nach Appl/Bauer fand das Kriterium „neues Publikum“
vor Svensson nur gelegentlich Anwendung,407 nach Dietrich handelte es sich nicht um kein
zwingendes Kriterium.408 Mit BestWater habe das Kriterium aber an Bedeutung gewonnen.409
a) Tatsächliches Publikum im Internet
Schon die Prämisse des Kriteriums im Rahmen der „öffentlichen Wiedergabe“ digitaler Inhalte
stößt auf Kritik. Es beruhe auf der Annahme, im Internet frei zugängliche Inhalte würden sich
an sämtliche Internetnutzer richten. Das sei nur theoretisch richtig, tatsächlich hänge das
Publikum von der Verbreitung einer Internetseite ab.410 Das tatsächliche Publikum sei auch
durch die Menge zugänglicher Informationen beschränkt.411
b) „Neues Publikum“ und RBÜ
Die ausführliche Kritik, die Hugenholtz/van Velze am Kriterium „neues Publikum“
formulieren, baut auf den völkerrechtlichen Grundlagen des Rechts der öffentlichen
Wiedergabe auf, im Besonderen auf der Bestimmung Art 11bis Abs 1 ii RBÜ. Diese sehe für
400 Handig, ZUM 2013, 276; ders, ÖBl 2014, 213. 401 Briem, GRUR Int 2017, 497; Nordemann: GRUR 2016, 246. 402 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 252. 403 Handig, ÖBl 2014, 212. 404 Appl, MR 2018, 38. 405 Riesenhuber, MR 2018, 25. 406 Walter, MR-Int 2016, 71. 407 Appl/Bauer, MR 2015, 153. 408 Dietrich, MMR 2014, 262. 409 Appl/Bauer, MR 2015, 154. 410 Arezzo, IIC 2014, 528; Dietrich, MMR 2014, 262; Riesenhuber, MR 2018, 33. 411 Riesenhuber, MR 2018, 33.
57
Neusenden412 ein zusätzlich zu erfüllendes Kriterium vor, nämlich das Neusenden durch ein
Sendeunternehmen, das sich vom ursprünglichen Sendeunternehmen unterscheide.413 Das
Kriterium „neues Publikum“ sei für Art 11bis Abs 1 ii ausdrücklich zurückgewiesen und durch
das funktionalere Kriterium des „anderen Sendeunternehmens“ ersetzt worden,414 da es schwer
sei, zwischen ursprünglichem und neuem Publikum zu unterscheiden. Hugenholtz/van Velze
halten diese Argumente insbesondere auch auf Wiedergabeformen im Internet anwendbar, wo
die Möglichkeit einer Unterscheidung zwischen ursprünglichem und „neuem Publikum“ so gut
wie nicht vorhanden sei.415
Erstmals erwähnt in einem urheberrechtlichen Vorlageverfahren wurde das Kriterium noch vor
Inkrafttreten der InfoRL durch Generalwanwalt La Pergola in seinen Schlussanträgen zur
Rechtssache EGEDA. Zur Auslegung herangezogen hat La Pergola dabei den WIPO-Leitfaden
zu Art 11bis Abs 1 iii RBÜ, nicht etwa zu Abs 1 ii.416 Anders als La Pergola hätten, wie
Hugenholtz/van Velze ausführen, sowohl Generalanwältin Sharpston als auch der EuGH in der
Rechtssache SGAE nicht Abs 1 iii angewandt, sondern Art 11bis Abs 1 ii RBÜ. In ihren
Schlussanträgen habe Sharpston aber dennoch dieselbe Stelle des WIPO-Leitfadens zitiert wie
La Pergola. Hugenholtz/van Velze sehen in dieser fehlerhaften Heranziehung des WIPO-
Leitfadens die Grundlage für Sharpstons Abstellen auf ein „neues Publikum“ für
Art 3 Abs 1 InfoRL. Trotz dieses fragwürdigen Ursprungs des Kriteriums „neues Publikum“
sei die SGAE-Entscheidung zur Grundlage späterer Entscheidungen geworden.417 Die
Heranziehung des WIPO-Leitfadens wird auch von anderen Autoren kritisiert.418
c) „Neues Publikum“ als subjektives Kriterium?
In Anknüpfung an die EuGH-Definition des „neuen Publikums“, wird es als ein Publikum
verstanden, „das die Inhaber des Urheberrechts nicht hatten erfassen wollen, als sie die
ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten.“419 Dazu wurde kritisch angemerkt, dass diese
Formulierung ein Verständnis von „neues Publikum“ als subjektives Kriterium nahelege,420
412 Zu „Neusenden“ als Übersetzung von „rebroadcasting“ siehe die Anmerkung des Übersetzers zu
GA 13.07.2006, C-306/05, SGAE, ECLI:EU:C:2006:479, Rn 48. 413 Hugenholtz/van Velze, IIC 2016, 799. 414 Hugenholtz/van Velze, IIC 2016, 808; glA Riesenhuber, MR 2018, 28; Walter, Gemeinschaftsantennen und
Rundfunkvermittlungsanlagen im Recht der Berner Übereinkunft, GRUR Int 1974, 119 (121); Ohly, GRUR
2018, 1000. 415 Hugenholtz/van Velze, IIC 2016, 808 f. 416 GA 09.09.1999, C-293/98, Egeda, ECLI:EU:C:1999:403, Rn 21. 417 Hugenholtz/van Velze, IIC 2016, 803 f. 418 Dietrich, MMR 2014, 262; Leistner/Roder, ZfPW 2016, 145. 419 EuGH C-466/12 Rn 27. 420 Appl/Bauer, MR 2015, 153; Axhamn, NIR 2014, 128.
58
obwohl Dritten die Reichweite einer vertraglichen Erlaubnis zur Wiedergabe für gewöhnlich
gar nicht bekannt sein könne.421 Schließlich wird es aber objektiv verstanden;422 durch frei
zugängliches Einstellen ins Internet werde die Absicht ausgedrückt, dass sich die ursprüngliche
Wiedergabe an alle Internetnutzer richte.423 Dementsprechend habe der EuGH mit dem
Abstellen auf „beschränkende Maßnahmen“ klargestellt, dass es nicht ausschließlich auf den
Willen des Rechteinhabers ankomme, sondern ihm nach außen Ausdruck verliehen werden
müsste.424 An die Effizienz der Maßnahmen seien gewisse, aber nicht besonders strenge
Mindestanforderungen zu stellen.425 Walter spricht von ernsthaften Maßnahmen.426 Daher sei
nicht jede Willensäußerung beachtlich, insbesondere kein bloßes Verlinkungsverbot.427 Für
relevant gehalten wird in diesem Sinne nicht so sehr der subjektive Wille des Rechteinhabers,
als vielmehr die objektive Tatsache, dass eine Zustimmung vorliegt.428
Für Ohly ist weiter unklar, ob „neues Publikum“ subjektiv oder objektiv zu verstehen ist. In
Svensson würde der subjektive Wille keine Rolle spielen, vielmehr ginge es um einen
schematischen Vergleich des Publikums. In anderen Urteilen des EuGH-Linie fänden sich Züge
einer Einwilligungskonstruktion, ähnlich der BGH-Entscheidungen Vorschaubilder I und II. In
Renckhoff wende der EuGH sowohl subjektive als auch objektive Maßstäbe an.429 In beiden
Lesarten sei das Kriterium „neues Publikum“ ungeeignet:
„Als objektive ‚Zugangsregel‘ trifft der Gedanke des ‚neuen Publikums‘ nicht den
richtigen Kern. Das Fehlen eines ‚neuen Publikums‘ indiziert weder, dass der
Urheber ökonomisch keine schützenswerten Interessen an der Kontrolle
sukzessiver Nutzungshandlung gegenüber demselben Publikum hat, noch, dass
öffentliche Zugangsinteressen überwiegen. […] Schließlich ist ein Verständnis als
konkludente Einwilligung zwar konstruktiv denkbar: Nimmt der Urheber im
Internet Handlungen vor, die sozialtypisch als Gestattung verstanden werden, so
muss er sich am sozialen Sinn seiner Handlung festhalten lassen. Der Begriff des
‚neuen Publikums‘ verschleiert diese Wertung aber ebenso wie die vom EuGH
verwendeten unscharfen Begriffe vom Publikum, das der Urheber ‚hat erfassen
wollen‘ oder an das er ‚dachte‘.“430
421 Hugenholtz/van Velze, IIC 2016, 810. 422 Handig, ÖBl 2014, 150; Walter, MR-Int 2016, 70. 423 Axhamn, NIR 2014, 128. 424 Appl/Bauer, MR 2015, 153. 425 Appl, MR 2018, 40. 426 Walter, MR 2014, 31. 427 Appl, MR 2018, 40; Heidinger, Webradio - Kabelweitersendung - Linkhaftung - Umgehung einer
Vorspannwerbung („preroll“), MR 2016, 135 (139). 428 Arezzo, IIC 2014, 542 f; vgl auch European Copyright Society, Opinion Rz 6. 429 Ohly, GRUR 2018, 997 ff. 430 Ohly, GRUR 2018, 1000.
59
d) Erschöpfungswirkung
Angemerkt wird auch, dass das Kriterium „neues Publikum“ zu einer faktischen Erschöpfung
des Rechts der öffentlichen Wiedergabe im Internet führe;431 der Gedanke, dass der Urheber
nicht zweimal dasselbe verbieten können, widerspräche der Nichterschöpfung nach
Art 3 Abs 3 InfoRL.432
e) Fehlen einer Zustimmung
Auf Kritik gestoßen sind auch die Folgen einer e contrario-Interpretation der Svensson-
Entscheidung, wonach bei Fehlen einer Zustimmung stets ein „neues Publikum“ erreicht
würde,433 was Appl/Bauer als den Extremfall eines „neuen Publikums“ beschreiben.434
Kritisiert wurde in diesem Zusammenhang insbesondere, dass weder die Vorlagefrage des BGH
noch die EuGH-Entscheidung zur Rechtssache BestWater auf diese Thematik eingehen.435
Bedeutend an der GS Media-Entscheidung ist nach Rosati, dass der EuGH seiner Svensson-
Linie nicht streng folgt.436 Ein strenges Befolgen der Linie hätte zum einen verschiedene
Interessen nicht gebührend berücksichtigt, zum anderen wäre sie an praktische Grenzen
gestoßen. Sicherzustellen, dass alle verlinkten Inhalte rechtmäßig ins Internet eingestellt sind
und bleiben, hätte eine beinahe unmögliche Aufgabe dargestellt.437
Der EuGH löst die Problematik nach Appl durch Abgehen vom bisher starren Beurteilungs-
rahmen.438 Im Rahmen einer auf die „zentrale Rolle des Nutzers“ ausgerichteten „wertenden
Betrachtung des Systems beweglicher Kriterien“439 dient das Kriterium „neues Publikum“ nach
Leistner der Beurteilung der urheberrechtlichen Relevanz einer „Handlung der Wiedergabe“.440
Dem ähnelt die Einschätzung Ungern-Sternbergs, der das bewusste Wenden an ein „neues
Publikum“ als Indiz für die Kennzeichnung einer Handlung als eigenverantwortliches
tatbestandmäßiges Handeln zu Zwecken der Werknutzung versteht.441 Es gehe um die Unter-
scheidung relevanter Werknutzungshandlugen von bloßen Werkübermittlungen,442 ob es sich
431 Hugenholtz/van Velze, IIC 2016, 811. 432 Riesenhuber, MR 2018, 27 f. 433 Axhamn, NIR 2014, 129; Rosati, CMLR 2017, 1223. 434 Appl/Bauer, MR 2015, 155. 435 Appl/Bauer, MR 2015, 155; Fuchs/Farkas, ZUM 2015, 117; Headdon, JIPLP 2014, 666; Mezei, Enter the
matrix: the effects of CJEU case law on linking and streaming technologies, JIPLP 2016, 778 (783). 436 Rosati, CMLR 2017, 1223. 437 Rosati, CMLR 2017, 1231. 438 Appl, MR 2018, 41. 439 Leistner, CR 2017, 821. 440 Leistner, CR 2017, 821. 441 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 251 f. 442 Ungern-Sternberg, GRUR 2018, 229.
60
um eine autonome Dienstleistung für ein Publikum handle, das „typischerweise“ nicht schon
Zugang habe.443 In diesen Rahmen passt es schließlich auch, wenn Grünberger den Sinn des
Kriteriums „neues Publikum“ darin sieht, öffentlichkeitsrelevante von nicht öffentlichkeits-
bezogenen Nutzungshandlungen zu unterscheiden und den passivlegitimierten Nutzer zu
individualisieren.444
6.1.3 „Anderes technisches Verfahren“
Einhellig wird das Kriterium „anderes technisches Verfahren“ in der Literatur als
Alternativkriterium zum „neuen Publikum“ verstanden. Wo ein „anderes technisches
Verfahren“ verwendet würde, sei die Prüfung eines „neuen Publikums“ nicht erforderlich,445
was sich in der VCAST-Entscheidung niederschlagen würde.446 Grünberger sieht es gar als
bloße Konkretisierung des Kriteriums „neues Publikum“. Ein „neues Publikum“ liege nämlich
stets vor, wenn ein „anderes technisches Verfahren“ verwendet würde.447 Sowohl Leistner als
auch Ungern-Sternberg gehen davon aus, dass es bei Vorliegen eines „anderen technischen
Verfahrens“ nicht auf eine Gesamtbetrachtung anhand eines Systems beweglicher Kriterien
ankommt.448
In der Literatur wird angemerkt, dass der EuGH das Kriterium nicht wörtlich nehme449 und
nicht besonders streng beurteile, wann ein „anderes technisches Verfahren“ vorliege.450 Nach
Axhamn geht es wesentlich darum, ob unabhängige Akte der „öffentlichen Wiedergabe“
vorliegen.451 Ähnlich geht es nach Walter darum, ob der Nutzer mit der „Öffentlichkeit“ in eine
selbständige Interaktion tritt. Es sei deshalb eine funktionale Betrachtung angebracht, die
Formulierung „technisches Verfahren“ missverständlich.452 Kritisch bewertet er daher sowohl
die Entscheidung BestWater zu Framing als auch die Entscheidung Filmspeler zu
Medienabspielern. In beiden Fällen hätte der EuGH von einem „anderen technischen
Verfahren“ ausgehen müssen.453
443 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 578. 444 Grünberger, GRUR 2016, 981 f. 445 Anderl/Heinzl, ecolex 2017, 996; Appl, MR 2018, 41; Axhamn, NIR 2014, 125; Leistner, CR 2017, 821. 446 Fischer, Aufzeichnung von Fernsehprogrammen für Dritte - öffentliche Wiedergabe, MR-Int 2017, 113
(116). 447 Grünberger, ZUM 2016, 909. 448 Leistner, CR 2017, 821; Ungern-Sternberg, GRUR 2014, 211. 449 Ungern-Sternberg, GRUR 2018, 229. 450 Anderl/Heinzl, ecolex 2017, 996. 451 Axhamn, NIR 2014, 125. 452 Walter, Framing - Inline-Linking, MR-Int 2014, 120 (123). 453 Walter, MR-Int 2017, 40.
61
6.1.4 Aufnahmebereitschaft
Das Kriterium der „Aufnahmebereitschaft“ findet in der Rechtsprechung und Literatur zur
„öffentlichen Wiedergabe“ durch Verlinkung und Einstellen ins Internet kaum Erwähnung. Der
Zweck des Kriteriums wird darin gesehen, bloß zufällige Werkvermittlungen an Rezipienten
vom Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ auszunehmen.454 Es wird bezweifelt, ob ihm
selbständige und allgemeine Bedeutung zukommt.455
Ausführlich findet das Kriterium Platz in den Erläuterungen Ungern-Sternbergs. Der EuGH
verstehe aufgrund seiner funktionsbezogenen Auslegung die „öffentliche Wiedergabe“ nicht
als einseitige Dienstleistung. Es handle sich vielmehr um einen Kommunikationsvorgang
zwischen Nutzer und Empfängern.456 Rein tatsächlicher Zugang reiche nicht, es müsse sich bei
der „Öffentlichkeit“ vielmehr um „Leistungsempfänger“ handeln, die aufnahmebereit seien.457
Vorschaubilder II sei dadurch überholt. An „Aufnahmebereitschaft“ fehle es beim Publikum
im Falle der Suchergebnislisten von Bildersuchmaschinen:
„Bei dem meist flüchtigen Durchgehen solcher Listen ist dem Internetnutzer in aller
Regel nur an den gesuchten Informationen gelegen sowie an der Möglichkeit, bei
„Treffern“ mit Hilfe der Links, die den Vorschaubildern (mäßiger Qualität)
unterlegt sind, wesentlich detailreichere Werkabbildungen abrufen zu können. Erst
diese werden dann näher betrachtet“.458
6.2 Analyse
6.2.1 Die festen Merkmale des Öffentlichkeitsbegriffs
Der EuGH klärt in seinen Urteilen zum Recht der öffentlichen Wiedergabe stets zunächst das
Vorliegen einer „Handlung der Wiedergabe“ und das Erreichen einer „Öffentlichkeit“, wobei
er sogleich klarstellt, unter „Öffentlichkeit“ eine „unbestimmte Zahl“ „recht vieler“ Personen
zu verstehen. Erst dann wendet sich der EuGH anderen Merkmalen zu. Dies spricht mE dafür,
„unbestimmte Zahl“ und „recht viele Personen“ als feste Merkmale des Öffentlichkeitsbegriffs
zu verstehen, nicht als Merkmale eines beweglichen Systems, die einmal mehr, einmal weniger
oder auch gar nicht vorliegen können. Da beide Merkmale aber offen formuliert sind, ist auch
in diesem Rahmen eine individuelle Beurteilung möglich.
ME ist es sinnvoller, von einer mehrstufigen Prüfung eines Eingriffs ins Recht der öffentlichen
Wiedergabe zu sprechen, als von einem zweigliedrigen Öffentlichkeitsbegriff. Zunächst wird
454 Appl, MR 2018, 38; Walter, MR-Int 2016, 71. 455 Faludi, MR 2018, 9; Grünberger; GRUR 2016, 982; Riesenhuber, MR 2018, 29. 456 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 579; ders, GRUR 2012, 1200; aaO 1203. 457 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 578. ders, GRUR 2012, 1201. 458 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 253.
62
das Vorliegen einer „Handlung der Wiedergabe“ und das Erreichen einer „Öffentlichkeit“ im
Sinne einer „unbestimmten Zahl“ „recht vieler Personen“ geprüft. Dann ist durch individuelle
Beurteilung der Rolle des Nutzers unter Berücksichtigung aller maßgeblicher Umstände zu
prüfen, ob die „öffentliche Wiedergabe“ wiedergaberechtlich relevant ist, das heißt, ob das
Recht der öffentlichen Wiedergabe greift. In diese Beurteilung kann die jeweilige Ausprägung
der „Öffentlichkeit“ genauso hineinspielen wie die Intensität der Zugangsverschaffung. Im
Rahmen der Gesamtbetrachtung finden dann sowohl nutzerbezogene Merkmale wie
„Erwerbszweck“ als auch empfängerkreisbezogene459 wie „neues Publikum“ und
„Aufnahmebereitschaft“ ihren Platz. Ihre Behandlung im Rahmen der „Öffentlichkeit“ ist daher
gerechtfertigt.460 Sie sind aber im engeren Sinn keine Kriterien des Öffentlichkeitsbegriffs,
sondern selbständige Merkmale.461
6.2.2 Der Gehalt des Öffentlichkeitsbegriffs
Die Berücksichtigung sukzessiver und kumulativer Wirkungen ist für ein die
„Zugänglichmachung“ mitumfassendes Recht der öffentlichen Wiedergabe jedenfalls
folgerichtig.462 Gerade die Internetsachverhalte, auf die der Begriff der „Zugänglichmachung“
abzielt, wären andernfalls nicht erfassbar. Dass es sich bei einer „Öffentlichkeit“ um eine
„unbestimmte Zahl“ handeln soll, entspricht dem engeren Wortsinn, der eine Abgrenzung von
„privat“ verlangt.463 Folgerichtig ist, das Abstellen auf „recht viele Personen“ demgegenüber
als Bruch mit dem bisherigen Verständnis zu bewerten.464 Die Berechtigung dieses Merkmals
findet sich nämlich in der Ausrichtung der InfoRL auf Sicherung einer „angemessenen
Vergütung“. Dieses Ziel erfordert nicht die Erfassung jedweder Personenmehrheit.465
Die Ausrichtung auf die Sicherung einer „angemessenen Vergütung“ rechtfertigt auch die
Einbeziehung der Aufnahmebereitschaft des Publikums.466 Gerade an diesem Merkmal zeigt
sich der Versuch, zufällige von „wirklichen“ Werknutzungen abzugrenzen. Dass der EuGH
nicht ständig auf die Aufnahmebereitschaft des Publikums zurückgreift ist mE folgerichtig, da
im Rahmen der Gesamtbetrachtung nicht stets alle Merkmale vorliegen müssen. Gerade
Internetnutzer dürften in der Regel aufnahmebereit sein. Das liegt bei interaktiven
Wiedergabeformen sogar in der Natur der Sache – anders als bei passiven Wiedergabeformen,
459 Vgl Handig, ZUM 2013, 274; ders, ÖBl 2014, 208. 460 Vgl Arezzo, IIC 2014, 534; Walter, MR-Int 2016, 70. 461 Vgl Riesenhuber, MR 2018, 27. 462 Handig, ecolex 2004, 38. 463 Hugenholtz/van Velze, IIC 2016, 799. 464 Vgl Nordemann, GRUR 2016, 246; Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 252; ders, GRUR 2014, 211. 465 Vgl Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 1201. 466 Vgl Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 1203.
63
im Rahmen derer der EuGH das Merkmal erstmalig berücksichtigt hat.467 Die Nicht-
Berücksichtigung der „Aufnahmebereitschaft“ im Rahmen der Rechtsprechung zur „öffent-
lichen Wiedergabe“ durch Verlinkung und Einstellen ins Internet ist daher mE richtig. Nicht
zuzustimmen ist Ungern-Sternberg, wenn er keine Aufnahmebereitschaft des Publikums bei
Internet-Bildsuchmaschinen annimmt.468 Er vermischt dabei mE die Bereitschaft zur Aufnahme
mit der tatsächlichen Aufnahme bestimmter Bilder.
6.2.3 „Neues Publikum“, „anderes technisches Verfahren“ und RBÜ
a) Das Kriterium „neues Publikum“ in Sharpstons Schlussanträgen
Die von einigen Autoren vorgebrachte, historisch fundierte Kritik, das Abstellen auf ein „neues
Publikum“ sei mit Art 11bis Abs 1 ii RBÜ nicht in Einklang zu bringen,469 ist mE verfehlt.
Festzuhalten ist zunächst, dass Generalanwältin Sharpston, als durch sie erstmals in einem
Verfahren zu Art 3 Abs 1 InfoRL auf das „neue Publikum“ abgestellt wurde, nicht etwa ein bei
Revision der Berner Übereinkunft ausdrücklich verworfenes Kriterium statt des schließlich
verwendeten heranzieht. Sie meint nur, der „Kern der Wirkung“ sei derselbe.470 Um diese Sicht
zu untermauern, führt sie die Ausführungen im WIPO-Leitfaden zu Art 11bis Abs 1 iii RBÜ
an. Dabei hebt sie grafisch hervor, worauf es ihr ankommt:
„Wie bei einer Übertragung einer Rundfunksendung durch Draht wird ein
zusätzlicher Hörerkreis geschaffen (Absatz 1 Nummer 2), so dass auch in diesem
Fall das Werk anderen Hörern (und möglicherweise Zuschauern) zugänglich
gemacht wird, als der Urheber bei der Erteilung seiner Erlaubnis im Auge hatte.“471
Es kommt ihr eben auf die Art 11bis Abs 1 ii RBÜ zugeschriebene Wirkung an, mag diese auch
erst bei den Erläuterungen zu Abs 1 iii leg cit aufscheinen. Völlig ungerechtfertigt ist daher die
Kritik von Hugenholtz/van Velze, die Sharpston und dem im Wesentlichen gleich argumen-
tierenden EuGH eine Vermischung von Art 11bis Abs 1 ii RBÜ und iii leg cit sowie das
Zitieren der falschen Stelle im WIPO-Leitfaden vorwerfen.472 Worauf es mit dem Abstellen auf
das Erreichen eines „neuen Publikums“ ankommen soll, macht der von Sharpston zitierte
Abschnitt in Generalanwalt La Pergolas Schlussanträgen zur Rechtssache Egeda klar:
467 Siehe EuGH, C-135/10 Rn 91. 468 Ungern-Sternberg, GRUR 2013, 253. 469 Hugenholtz/van Velze, IIC 2016, 808; Riesenhuber, MR 2018, 28; Ohly, GRUR 2018, 1000. 470 GA C-306/05 Rn 50. 471 GA C-306/05 Rn 50. Hervorhebungen durch Sharpston. Eine deutsche Version des WIPO-Leitfadens existiert
nicht. Die englische Version lautet: „Just as, in the case of a relay of a broadcast by wire, an additional audience
is created (paragraph (1) (ii)), so, in this case too, the work is made perceptible to listeners (and perhaps viewers)
other than those contemplated by the author when his permission was given.” Masouyé, Guide to the Berne
Convention for the Protection of Literary and Artistic Works (Paris Act, 1971) (1978) Art 11bis Rz 12. 472 Hugenholtz/van Velze, IIC 2016, 804.
64
„[Es erscheint klar], daß im vorliegenden Fall die Beklagte die Person ist, die für
[…] gebotene Möglichkeit des Zugangs zum geschützten Werk verantwortlich ist.
Ohne die Zweitverwendung durch die Beklagte hätten nämlich die Gäste, obwohl
sie sich innerhalb des vom Satelliten erfaßten Bereichs aufhalten, nicht auf andere
Weise das gesendete Werk betrachten können; sie sind daher in diesem Sinne im
Vergleich zum Publikum der Erstsendung ein ‚neues‘ Publikum.“473
Es geht also darum, ob die Beklagte für den Zugang verantwortlich gemacht werden kann, das
heißt, ob ein „wirklicher Nutzer“ eine „wirkliche Nutzungshandlung“ vornimmt – nicht nur
eine „untergeordnete, beiläufige, oder eher zufällige Verwendung“474 – für die eine eigene
Erlaubnis erforderlich ist. Angesprochen ist einmal mehr die wiedergaberechtliche Relevanz
der „Handlung der Wiedergabe“.475 Dabei vergleicht La Pergola in Wahrheit nicht nur ein
Publikum mit einem anderen, sondern auch eine Handlung mit einer anderen. Es gibt eine erste
Sendung an ein gewisses Publikum und eine andere, „neue“ Sendung an ein anderes Publikum.
b) Publikumsbezug der „Handlung der Wiedergabe“
Da die „öffentliche Wiedergabe“ als Kommunikationsvorgang476 notwendig die „Handlung der
Wiedergabe“ in Beziehung zur „Öffentlichkeit“ setzt, ist auch eine gegebene Erlaubnis zu einer
„Handlung der Wiedergabe“ immer nur in Bezug auf eine bestimmte „Öffentlichkeit“, ein
bestimmtes Publikum zu sehen. Der Bezugspunkt der Handlung ist daher ein maßgeblicher
Umstand in der Beurteilung ihrer wiedergaberechtlichen Relevanz. Ist das Publikum gegenüber
dem einer anderen „öffentlichen Wiedergabe“ ein anderes, erweitertes477 („neues“) Publikum,
spricht das dafür, dass auch die „Handlung der Wiedergabe“ eine andere, „neue“ Handlung ist,
die einer „neuen“ Erlaubnis bedarf.
c) „Neuer Nutzer“ und RBÜ
Eine Handlung impliziert ebenso einen Handelnden. Eine „wirkliche“ Nutzungshandlung
macht den Handelnden zum „wirklichen“ Nutzer. Bei einer Gesamtbetrachtung der Umstände
einer „Handlung der Wiedergabe“, darunter das erreichte Publikum, wird daher der Handelnde
immer mitbetrachtet. Erreicht eine „Handlung der Wiedergabe“ ein „neues Publikum“, wird
nicht nur die Handlung zu einer wiedergaberechtlich relevanten Nutzung, sondern auch der
Handelnde zu einem wiedergaberechtlich relevanten Nutzer, in der Diktion Ungern-Sternbergs
473 GA C-293/98 Rn 22. 474 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 580. 475 Vgl Grünberger, GRUR 2016, 981 f; Leistner, CR 2017, 821; Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 578; ders,
GRUR 2013, 251 f; ders, GRUR 2018, 229. 476 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 579. ders, GRUR 2012, 1200; aaO 1203. 477 Büchele/Kerbler in FS Walter 147.
65
zu einem „wirklichen“478 Nutzer. Dieser Nutzer ist gegenüber anderen Nutzern iSv
Art 3 Abs 1 InfoRL ein „neuer Nutzer“, der einer eigenen Erlaubnis für seine Handlungen
bedarf. Grünberger spricht davon, das „neue Publikum“ diene der Individualisierung des
passivlegitimierten Nutzers.479 Auf den Nutzer stellt genauso Art 11bis Abs 1 ii RBÜ ab, auch
wenn er nicht vom „anderen Nutzer“, sondern vom „anderen Sendeunternehmen“ spricht.
Daher ist das Kriterium „neues Publikum“ in der Tat nach Sharpston als „Kern der Wirkung“480
mit Art 11bis Abs 1 ii RBÜ vereinbar.
d) „Neues Publikum“ und Zustimmung
Sinn des Kriteriums „neues Publikum“ wie der anderen Kriterien im Rahmen der erforderlichen
Gesamtbetrachtung ist es, zu klären, ob eine Handlung wiedergaberechtlich relevant ist und
daher einer Erlaubnis bedarf. Es kommt der Zustimmung des Rechteinhabers so maßgebliche
Bedeutung zu, aber nur als objektives Element. Liegt sie für eine „öffentliche Wiedergabe“ vor,
ist eine weitere nur erforderlich, wenn andere Handlungen nicht bloß untergeordnet sind. In
Beurteilung dieser Frage spielen zwar subjektive Umstände in der Person des Handelnden, nicht
aber des Urhebers, eine Rolle.
e) „Beschränkende Maßnahmen“
Diese Linie deckt sich insoweit mit der des OGH in der Entscheidung Preroll-Werbung481, als
dieser die Beachtlichkeit eines verbalen Verlinkungsverbotes ablehnt. Wie der OGH aus-
drücklich feststellt, steht diese Haltung im Gegensatz zu der des BGH, wie er sie in
Die Realität II – wenn auch nur nebenbei – formuliert hat; schon Verlinkungsverbote sind für
den BGH „beschränkende Maßnahmen“.482 Der OGH betrachtet schließlich aber bereits das
Schalten von Preroll-Werbung als „beschränkende Maßnahme“. Grund dafür ist eine
Betrachtungsweise, die auf wirtschaftliche Gesichtspunkte abstellt, nicht auf technische
Schutzmaßnahmen. Wie Büchele/Kerbler ausführen, wird dadurch einerseits selbst die
Zulässigkeit von Deep-Links fraglich. Andererseits könnten ursprünglich rechtmäßig gesetzte
Hyperlinks durch nachträgliches Schalten von Preroll-Werbung unrechtmäßig werden,
während sie beim Treffen technischer Maßnahmen schlicht ins Leere liefen.483 Die OGH-Linie
478 Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 580. 479 Grünberger, GRUR 2016, 982. 480 GA C-306/05 Rn 50. 481 OGH 4 Ob 249/15v. 482 BGH 09.07.2015, I ZR 46/12 Rn 35. 483 Büchele/Kerbler in FS Walter 148.
66
zu „beschränkenden Maßnahmen“ ist auch widersprüchlich: Wenn schon die „simple
Gestaltung der Startseite (dh Platzierung von irgendeiner Werbung) eine Verlinkung auf die
dahinterliegenden Seiten verhindern“ könnte, so käme das im Ergebnis doch wieder der
Beachtlichkeit eines bloßen Verlinkungsverbotes gleich.484
f) „Neues Publikum“ in der Rechtsprechung zur „öffentlichen Wiedergabe“ durch
Verlinkung und Einstellen ins Internet
Auch am Kriterium „neues Publikum“ zeigt sich die Tendenz des EuGH zu leitsatzartigen
Wiederholungen. Die damit einhergehende Erstarrung des beweglichen Systems rächt sich
gerade in der Entscheidung Renckhoff. Die Umstände des Falls – die wesentlich intensivere
„Zugänglichmachung“ durch Einstellen ins Internet als das Setzen von Hyperlinks in
Svensson – hätten erlaubt, dem „neuen Publikum“ nicht die gleiche Bedeutung zu schenken.
Stattdessen hält der EuGH daran fest und müht sich ab, das Erreichen eines „neuen Publikums“
zu bejahen, da er jedenfalls von wiedergaberechtlicher Relevanz ausgehen will.
Dass sich das Publikum bei Einstellen ins Internet zu freiem Zugang auf sämtliche Internet-
nutzer erstrecke, trifft nur theoretisch zu; tatsächlich ist das Publikum etwa von der Verbreitung
einer Internetseite oder der verwendeten Sprache abhängig.485 Auch im Internet frei
zugängliche Inhalte können daher einem anderen Publikum zugänglich gemacht werden.
g) Wiedergaberechtliche Relevanz durch Verwendung eines „anderen technischen
Verfahrens“
Es scheint sinnvoll, von wiedergaberechtlicher Relevanz auszugehen, wenn eine Handlung sich
von einer anderen klar und erheblich unterscheidet, weshalb dem EuGH in seinem Abstellen
auf ein „anderes technisches Verfahren“ ebenso zuzustimmen ist, wie den Lehrmeinungen, die
in einem solchen Fall keine Gesamtbetrachtung der Umstände für erforderlich halten.486 Ebenso
richtig ist es dann, dieses Merkmal nicht allzu streng zu verstehen, da nur bei klar
unterschiedlichen Handlungen von vornherein von einer Eigenständigkeit der Handlung
ausgegangen und auf eine Gesamtbetrachtung der Umstände verzichtet werden kann. Eine
„Handlung der Wiedergabe“ ist dann derart verschieden von einer erlaubten „Handlung der
Wiedergabe“, dass sie selbst bei Erreichen desselben Publikums dem Recht der öffentlichen
Wiedergabe unterliegt. Das trifft mE nicht zu auf Hyperlinking und Framing als klassische
Funktionen des WWW. Auf das Senden von Fernsehsendungen und das Hochladen von
484 Heidinger, MR 2016, 140. 485 Vgl Dietrich, MMR 2014, 262. 486 Vgl: Leistner, CR 2017, 821; Ungern-Sternberg, GRUR 2014, 211.
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Aufzeichnungen derselben ins Internet dagegen schon. Dem EuGH ist daher sowohl in seiner
diesbezüglichen Gleichbehandlung von Hyperlinking und Framing als auch in seiner
Beurteilung in VCAST zuzustimmen.
68
RESÜMEE
EuGH, BGH und OGH haben wesentlich unterschiedliche Bestimmungen anzuwenden. Das ist
die Ursache für die verschiedenen, in der Rechtsprechung zur „öffentlichen Wiedergabe“ durch
Verlinkung und Einstellen ins Internet verfolgten Ansätze. § 18a UrhG und § 19a dUrhG sind
als feste Tatbestände konzipiert, die eine spezifische technologische Entwicklung erfassen
sollen. In einem solchen Rahmen ist es möglich, auf konkrete inhaltliche Kriterien abzustellen.
Art 3 Abs 1 InfoRL ist in seiner Formulierung umfassender und daher notwendig abstrakter. So
können scheinbar technisch klar unterschiedliche Phänomene wie Hyperlinking, Framing und
das Betreiben einer Filesharing-Plattform allesamt erfasst werden, da sie auf die ein oder andere
Weise Zugang verschaffen.
§ 18a UrhG und § 19a dUrhG sind darüber hinaus Teilaspekte eines einheitlichen Rechts, das
dem Urheber umfassende Kontrolle über sein Werk sichert. Art 3 Abs 1 InfoRL ist weniger
weitreichend. Er gewährt dem Urheber kein positives Nutzungsrecht, sondern lediglich ein
negatives Verbotsrecht zur Sicherung einer „angemessenen Vergütung“ für die Nutzung seiner
Werke im Rahmen eines „hohen Schutzniveaus“. Vom Recht der öffentlichen Wiedergabe
erfasst ist nicht jede Nutzung, sondern nur eine, die für die Sicherung einer „angemessenen
Vergütung“ relevant ist. Eine Beurteilung dieser Frage ist nicht durch starres Prüfen eines
Tatbestandes möglich, sondern muss individuell anhand einer Gesamtbetrachtung erfolgen.
Dabei sind sowohl Umstände in der Person des Nutzers als auch den Empfängerkreis
betreffende von Bedeutung.
Die frühe Rechtsprechung von BGH und OGH stellt sich mit der Voraussetzung klarer
Kriterien, wie Verfügungsmacht und Kontrolle, und einer deutlichen Unterscheidung zwischen
Zugang-Verschaffen und Zugang-Erleichtern nachvollziehbar und übersichtlich dar.
Demgegenüber wirken die Ergebnisse der EuGH-Rechtsprechung befremdlich: das Setzen von
Hyperlinks ist jedenfalls eine „Handlung der Wiedergabe“; aber ob schließlich auch das Recht
der öffentlichen Wiedergabe greift, ist von den jeweiligen Umständen abhängig. Ent-
scheidungen sind so schwer vorhersehbar.
Festere Kriterien drohen aber vom technischen Fortschritt überholt zu werden. Eine gewisse
Unvorhersehbarkeit muss hingenommen werden, wenn Urhebern auch an Nutzungen digitaler
Inhalte eine „angemessene Vergütung“ zustehen soll. Außerdem sind die EuGH-
Entscheidungen so unvorhersehbar nicht: Ungern-Sternberg, dessen Linie in dieser Arbeit im
Großen und Ganzen gefolgt wurde, hat noch vor der Svensson-Entscheidung auf den
Perspektivenwechsel vom Urheber zum Nutzer und seine Folgen hingewiesen. Die folgenden
69
EuGH-Entscheidungen betten sich gut in diese Thesen ein, was für Ungern-Sternberg spricht,
aber auch für die Kohärenz der EuGH-Rechtsprechung. Die teils bemängelte Inkonsistenz in
der Anwendung von Kriterien liegt größtenteils in der Natur einer gesamtbetrachtenden
individuellen Beurteilung.
Dieses Bild von der Judikatur des EuGH verliert allerdings etwas an Glanz durch sein
leitsatzartiges Wiederholen von Kriterien, die zu bestimmten Einzelfällen aufgestellt wurden,
dann aber wie feste Tatbestandselemente behandelt werden. Das betrifft im Besonderen die
pauschal aufgestellte Vermutung der Kenntnis bei Handeln mit Gewinnerzielungsabsicht, aber
auch das ständige Einbeziehen des Kriteriums „neues Publikum“. Positiver stellt sich sein
Umgang mit dem Kriterium „Aufnahmebereitschaft“ dar, das folgerichtig für die „öffentliche
Wiedergabe“ durch Verlinkung und Einstellen ins Internet keine Rolle spielt.
Ein unangenehmer Beigeschmack dieser im „luftleeren“ Raum der EU-Urheberrechtsricht-
linien erfolgten Auslegung verbleibt. OGH und BGH sind gezwungen, in europarechts-
konformer Auslegung § 18a UrhG und § 19a dUrhG einen Gehalt zuzuschreiben, der dem
Wortlaut und der Systematik dieser Bestimmungen nicht gerecht wird. Wie Vorschaubilder III
zeigt, können sie dabei aber durchaus positive, korrigierende Akzente setzen.
I
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(Walter) = GRUR Int. 2012, 150.
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EuGH 07.03.2013, C-607/11, ITV Broadcasting I, ECLI:EU:C:2013:147, MR-Int 2013, 20
(Walter) = EuZW 2013, 425 (Kraft) = GRUR 2013, 500 = GRUR Int. 2013, 380.
EuGH 13.02.2014, C-466/12, Svensson, ECLI:EU:C:2014:76, NJW 2014, 759 = GRUR 2014,
360 (Leenen) = GRUR Int. 2014, 392 = EuZW 2014, 265 (Schmidt-Wudy) = MMR 2014, 260
(Dietrich) = ZUM 2014, 289 (Höfinger) = AFP 2014, 243.
EuGH 27.02.2014, C-351/12, OSA, ECLI:EU:C:2014:110, ecolex 2013/105 (Zemann) = MR-
Int 2014, 35 (Walter) = wbl 2014/90.
EuGH 21.10.2014, C‑348/13, Bestwater, ECLI:EU:C:2014:2315, MR-Int 2014, 120 (Walter)
= GRUR Int. 2014, 1160 (Dietrich) = EuZW 2015, 28 (Schmidt-Wudy) = MMR 2015, 46
(Solmecke).
VIII
EuGH 19.11.2015, C-325/14, SBS Belgium, ECLI:EU:C:2015:764, EuZW 2016, 143
(Daum) = MR-Int 2016, 18 = GRUR 2016, 60 = MMR 2016, 333.
EuGH 31.05.2016, C-117/15, Reha Training, ECLI:EU:C:2016:379, ÖBl-LS 2016/23
(Staudegger) = MR-Int 2016, 65 (Walter) = wbl 2016/122 = jusIT 2016/64 (Maier).
EuGH 08.09.2016, C-160/15, GS Media, ECLI:EU:C:2016:644, NJW 2016, 3149 = GRUR
2016, 1152 (Ohly) = GRUR Int. 2016, 1056 = EuZW 2016, 785 (Schmidt-Wudy) = ZUM
2016, 975 (Leistner) = AFP 2017, 38.
EuGH 16.03.2017, C-138/16, AKM, ECLI:EU:C:2017:218, ÖBl-LS 2017/13 (Handig) = MR
2017, 75 (Walter) = ecolex 2017/282 (Zemann).
EuGH 26.04.2017, C-527/15, Filmspeler, ECLI:EU:C:2017:300, NJW 2017, 1933 (Zurth) =
GRUR 2017, 610 (Neubauer/Soppe) = GRUR Int. 2017, 527 = EuZW 2017, 515 (Lueg) =
MMR 2017, 460 (Stender-Vorwachs/Steege).
EuGH 14.06.2017, C-610/15, The Pirate Bay, ECLI:EU:C:2017:456, GRUR 2017, 790 =
GRUR Int. 2017, 782 = MMR 2017, 518 = MR 2017, 187 (Fischer).
EuGH 29.11.2017, C-265/16, VCAST, ECLI:EU:C:2017:913, MR-Int 2017, 113 (Fischer) =
GPR 2019, 66 (Forgó) = ecolex 2018/77 (Albrecht) = GRUR 2018, 68 (Kianfar) = MMR
2018, 80 (Beberich).
EuGH 07.08.2018, C-161/17, Renckhoff, ECLI:EU:C:2018:634, ecolex 2018/455 (Hirsch) =
MR-Int 2018, 85 (Walter) = jusIT 2018/64 = RdW 2018/479 = ZTR 2018, 175.
Schlussanträge der GA
GA 09.09.1999, C-293/98, Egeda, ECLI:EU:C:1999:403.
GA 13.07.2006, C-306/05, SGAE, ECLI:EU:C:2006:479.
GA, 29.06.2011, C-135/10, SCF, ECLI:EU:C:2011:431.
GA, 23.02.2016, C-117/15, Reha Training, ECLI:EU:C:2016:109.
GA 07.04.2016, C-160/15, GS Media, ECLI:EU:C:2016:221.
GA 08.12.2016, C-527/15, Filmspeler, ECLI:EU:C:2016:938.
IX
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2003, 719 (Wiebe) = GRUR 2003, 958.
BGH 22.04.2009, I ZR 216/06, Internet-Videorecorder I, NJW 2009, 3511 (Rössel) = GRUR
2009, 845 (Becker) = MMR 2009, 620 (Brisch).
BGH 12.11.2009, I ZR 166/07, marions-kochbuch.de, GRUR 2010, 616 = MMR 2010, 556
(Engels).
BGH 25.03.2010, I ZR 47/08, Autobahnmaut, NJW-RR 2010, 1633 = GRUR 2010, 1004 =
MMR 2011, 188 = ZUM 2010, 965.
BGH 29.04.2010, I ZR 69/08, Vorschaubilder I, BGHZ 185, 291 = NJW 2010, 2731 = GRUR
2010, 628 = MMR 2010, 475 (Rössel) = ZUM 2010, 580.
BGH 29.04.2010, I ZR 68/08, Restwertbörse, NJW 2010, 2354 = GRUR 2010, 623.
BGH 29.04.2010, I ZR 39/08, Session-ID, NJW 2011, 769 = GRUR 2011, 56 = NJ 2011, 85 =
MMR 2011, 47 = ZUM 2011, 49.
BGH 05.10.2010, I ZR 127/09, Kunstausstellung im Online-Archiv, GRUR 2011, 415 =
MMR 2011, 544.
BGH 19.10.2011, I ZR 140/10, Vorschaubilder II, MMR 2012, 383 (Spindler) = ZUM 2012,
477 (Conrad) = NJW 2012, 1886 = MDR 2012, 662 = GRUR 2012, 602.
BGH 11.04.2013, I ZR 152/11, Internet-Videorecorder II, NJW-RR 2014, 112 = GRUR
2013, 618 = MMR 2013, 522 = ZUM 2013, 556 = AFP 2013, 254.
BGH 16.05.2013, I ZR 46/12, Die Realität I, MMR 2013, 596 (Ott) = ZUM 2013, 662
(Schapiro/Jenssen) = MDR 2013, 801 = GRUR 2013, 818 = GRUR Int. 2013, 826 = EuZW
2013, 600.
BGH 16.05.2013, I ZB 44/12.
BGH 16.05.2013, I ZB 50/12.
BGH 16.05.2013, I ZB 25/12 NJW 2013, 3039.
BGH 20.06.2013, I ZR 55/12, Restwertbörse II, NJW 2014, 775 = MDR 2014, 105 = GRUR
2013, 1235
X
BGH 10.04.2014, I ZR 46/12 MMR 2014, 615 = ZUM 2014, 900.
BGH 11.06.2015, I ZR 19/14, Tauschbörse I, NJW 2016, 942 = MDR 2016, 171 = GRUR
2016, 176 = MMR 2016, 121 = ZUM 2016, 173.
BGH 09.07.2015, I ZR 46/12, Die Realität II, MMR 2016, 190 (Dietrich) = ZUM 2016, 365
(Fuchs/Farkas) = NJW 2016, 2273 = MDR 2016, 105 = GRUR 2016, 171.
BGH 06.10.2016, I ZR 97/15 MMR 2017, 618.
BGH 19.01.2017, I ZR 242/15, East Side Gallery, GRUR 2017, 390 = ZUM 2017, 494.
BGH 23.02.2017, I ZR 267/15, Cordoba, GRUR 2017, 514 = GRUR Int. 2017, 449 = MMR
2017, 610.
BGH 27.04.2017, I ZR 247/15, AIDA Kussmund, GRUR 2017, 798 (Schack) = MMR 2017,
747 = ZUM
BGH 21.09.2017, I ZR 11/16, Vorschaubilder III, NJW 2018, 772 (Jani) = MDR 2018, 292 =
GRUR 2018, 178 (Ohly) = MMR 2018, 463 (Kahl) = ZUM 2018, 123 (Conrad/Schubert).
BGH 13.09.2018, I ZR 140/15, YouTube, GRUR 2018, 1132 (Ohly) = MMR 2019, 37.
OGH-Entscheidungen
OGH 17.12.2002, 4 Ob 248/02b, METEO-Data, MR 2003,35 (Burgstaller/Krüger) = wbl
2003/120 = ecolex 2003/112 (Tonninger) = ÖBl 2003/53 (Fallenböck/Reitböck) = GRUR Int
2003, 863 (Handig) = SZ 2002/171.
OGH 21.12.2011, 4 Ob 252/04v RdW 2005, 264 = ecolex 2005/120 (Zankl) = MR 2005,183
(Walter) = ÖBl-LS 2005/185 = ÖBl 2005/52 (Fallenböck).
OGH 20.09.2011, 4 Ob 105/11m, Vorschaubilder/123people.at, MR 2011,313 (Walter) =
ecolex 2012/29 (Anderl) = jusIT 2012/3 = wbl 2012/38 = ÖBl 2012/45 (Büchele) = GRUR Int
2012, 817 = SZ 2011/118.
OGH 09.08.2011, 4 Ob 101/11y, Mozart Symphonie No 41 II, ecolex 2011/405 (Heil) = MR
2011, 311 (Walter) = jusIT 2011/100 (Handig) = RdW 2011/688 = ÖBl 2012/11 (Büchele) =
SZ 2011/103.
XI
OGH 23.02.2016, 4 Ob 249/15v, Preroll‑Werbung, GRUR Int 2016, 589 (Walter) = ecolex
2016/275 (Zemann) = MR 2016,135 (Heidinger) = ÖBl 2016/34 (Plasser) = jusIT 2016/48
(Staudegger) = RdW 2016/407 = ZTR 2016,175 = SZ 2016/14.
OGH 24.10.2017, 4 Ob 121/17y, Bit Torrent, MR 2017,317 (Daum) = ZTR 2017, 209 =
GRUR Int 2018, 479 (Walter) = ÖBl 2018/33 (Anderl) = ecolex 2018/75 (Zemann).
OGH 21.11.2006, 4 Ob 178/06i, MR 2007, 84 (Walter) = ÖJZ 2007/44.
OGH 26.08.2008, 4 Ob 111/08i, MR 2008, 357 = ecolex 2009/121 (Schumacher)
OGH 12.02.2013, 4 Ob 236/12b, ÖBl 2013/45 (Gamerith) = ecolex 2013/182 (Horak)
OGH 23.02.2010, 4 Ob 208/09f, Mozart Symphonie No 41, ÖBl-LS 2010/124 (Büchele) =
MR 2010, 206 (Walter)
XII
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre hiermit an Eides statt durch meine eigenhändige Unterschrift, dass ich die
vorliegende Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und
Hilfsmittel verwendet habe. Alle Stellen, die wörtlich oder inhaltlich den angegebenen Quellen
entnommen wurden, sind als solche kenntlich gemacht.
Die vorliegende Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form noch nicht als Magister-
/Master-/Diplomarbeit/Dissertation eingereicht.
Datum Unterschrift