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26 | 07.11 plus Technik Schon 1995 kam Henning Schroll, Ge- schäftsführer des Landwirtschaftsbetrie- bes Gut Dennin auf die Idee, den alten Braunkohlekessel des Gutes durch eine Strohanlage zu ersetzen. Für den gebürti- gen Dänen waren solche Anlagen nichts Neues, denn beim nördlichen Nachbarn ist das Heizen mit Stroh aufgrund einfacherer rechtlicher Rahmenbedingungen schon länger verbreitet. Sein Hauptmotiv waren wirtschaftliche Überlegungen, denn schon damals sah der Landwirt den Anstieg der Öl- und Gaspreise voraus. Nachwachsende Rohstoffe für die Energiegewinnung zu nutzen, liegt im Trend der Zeit. Wenn sich Heizenergie aus vermeintlichen Abfallstoffen gewinnen lässt, wird es noch interessanter, wie das Beispiel einer Strohverbrennungsanlage in Mecklenburg-Vorpommern zeigt. Gut Dennin heizt Ställe und Wohnungen mit Stroh Gut Dennin geht neue Wege Gedacht, getan – 1995 wurde auf Gut Den- nin eine 600 Kilowatt-Strohanlage des dä- nischen Herstellers Passat Energi in Betrieb genommen und wurde damit zum ersten strohbeheizten Betrieb im Land. Die Anlage verbraucht im Jahr rund 300 Tonnen Stroh, die von 80 Hektar der eigenen Flächen stammen. Insgesamt werden auf Gut Den- nin etwa 570 Hektar Getreide angebaut, der Rohstoff steht also ausreichend zur Verfü- gung. Das restliche Stroh wird aus Gründen der Nährstoffbilanz wieder untergepflügt. Mit der anfallenden Wärme heizt der Betrieb Schweineställe, Wohnungen und Wirtschaftsräume. Die phosphor- und kalihaltige Asche wird dem anfallenden Dung untergemischt und als Dünger wieder ausgebracht, sodass die Nähr- stoffkreisläufe geschlossen sind. Schroll bereut seine damals ungewöhnliche Entscheidung bis heute nicht, denn die Anlage läuft seit Beginn ohne nennens- werte Störungen. Auch seine Überlegun- gen zur Wirtschaftlichkeit sind aufgegan- gen (siehe Tabelle). Es rechnet sich Bild | Gut Dennin Bild | Gut Dennin

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26 | 07.11plus

Technik

Schon 1995 kam Henning Schroll, Ge-schäftsführer des Landwirtschaftsbetrie-bes Gut Dennin auf die Idee, den alten Braunkohlekessel des Gutes durch eine Strohanlage zu ersetzen. Für den gebürti-gen Dänen waren solche Anlagen nichts Neues, denn beim nördlichen Nachbarn ist das Heizen mit Stroh aufgrund einfacherer rechtlicher Rahmenbedingungen schon länger verbreitet. Sein Hauptmotiv waren wirtschaftliche Überlegungen, denn schon damals sah der Landwirt den Anstieg der Öl- und Gaspreise voraus.

Nachwachsende Rohsto� e für die Energiegewinnung zu nutzen, liegt im Trend der Zeit. Wenn sich Heizenergie aus vermeintlichen Abfallsto� en gewinnen lässt, wird es noch interessanter, wie das Beispiel einer Strohverbrennungsanlage in Mecklenburg-Vorpommern zeigt.

Gut Dennin heizt Ställe und Wohnungen mit Stroh

Gut Dennin geht neue WegeGedacht, getan – 1995 wurde auf Gut Den-nin eine 600 Kilowatt-Strohanlage des dä-nischen Herstellers Passat Energi in Betrieb genommen und wurde damit zum ersten strohbeheizten Betrieb im Land. Die Anlage verbraucht im Jahr rund 300 Tonnen Stroh, die von 80 Hektar der eigenen Flächen stammen. Insgesamt werden auf Gut Den-nin etwa 570 Hektar Getreide angebaut, der Rohsto� steht also ausreichend zur Verfü-gung. Das restliche Stroh wird aus Gründen der Nährsto� bilanz wieder untergep� ügt.

Mit der anfallenden Wärme heizt der Betrieb Schweineställe, Wohnungen und Wirtschaftsräume. Die phosphor- und kalihaltige Asche wird dem anfallenden Dung untergemischt und als Dünger wieder ausgebracht, sodass die Nähr-stoffkreisläufe geschlossen sind. Schroll bereut seine damals ungewöhnliche Entscheidung bis heute nicht, denn die Anlage läuft seit Beginn ohne nennens-werte Störungen. Auch seine Überlegun-gen zur Wirtschaftlichkeit sind aufgegan-gen (siehe Tabelle).

Es rechnet sich

Bild | Gut Dennin

Der 600 kW-Strohverbrennungs kessel des dänischen Herstellers Passat Energi ersetzte den alten Braunkohlekessel. Die Brennsto� -kosten sind pro Jahr rund 30.000 Euro niedriger als bei einem Gaskessel.

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Technik

Der innerbetrieblich veranschlagte Strohpreis setzt sich nach Schrolls Einschätzung folgendermaßen zusammen:

Faktor Geschätzte Werte in Euro pro Tonne auf Gut Dennin 2010

Düngerwert 10,00

Produktionskosten 28,00

Lagerung 14,00

Versicherung und sonstiges 5,00

Strom für zerreißen, fördern und belüften(Mehrkosten zu Gas/Öl) 5,00

Risiko 8,00

Summe 70,00

Autorin

Nicole PaulDipl.-Politologin, ist Referentin für Ö� entlichkeitsarbeit bei der Fachagentur Nachwachsende Rohsto� e (FNR). Fachagentur Nachwachsende Rohsto� e e.V. (FNR)Ortsteil Gülzow, Hofplatz 1, 18276 Gülzow-PrüzenT 03843 / 6930-142 E-Mail [email protected]

Rund 300 Tonnen Stroh kommen jedes Jahr ins Strohlager auf Gut Dennin in Mecklenburg-Vorpommern. Auf rund 80 Hektar Getreideanbau� äche werden dazu Großballen gepresst.

Geld sparen trotz hoher InvestitionskostenBei 300 Tonnen Strohverbrauch fallen auf dem Gut dieses Jahr etwa 21.000 Euro Brennsto� kosten an. Im Vergleich dazu würde ein Erdgaskessel bei gleicher Wär-meleistung 141.795 Kubikmeter Erdgas verbrauchen, die Brennsto� kosten lägen bei den heutigen Preisen bei mindestens 49 .000 Euro für ein Jahr. Ähnlich sieht es in der Regel bei allen Biomasseheizungen aus: die Brennsto� kosten sind niedrig, berücksichtigen muss man jedoch hohe Investitionskosten für die Anlage. Auch auf dem Gut war der Strohkessel deut-lich teurer, als es ein neuer Gas- oder Ölbrenner gewesen wäre. Das bestehen-de Heizhaus und Leitungsnetz konnten die Denniner zwar weiter verwenden, dafür mussten sie jedoch eine beheizte Schlauch� lteranlage zwischen Anlage und Schornstein einbauen, um die geforderten Staubgrenzwerte einzuhalten. Insgesamt kostete die Anlage 1995 rund 90.000 Euro, 30.000 Euro davon konnten über Förder-mittel abgedeckt werden. Die verbleiben-den Mehrkosten hatten sich schon nach wenigen Jahren amortisiert, seitdem spart der Betrieb nun jedes Jahr Geld.

Aufwand lohnt sichBleibt die Frage nach der Zulassung: Strohanlagen über 100 Kilowatt Leistung müssen in Deutschland nach der vierten Verordnung des Bundes-Immissionsschutz-gesetzes (4. BImSchV) in Verbindung mit der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) genehmigt werden. Das bedeutet, dass strenge Emissionswerte eingehalten werden müssen. In Dennin führte der TÜV vor Ort Messungen durch, erst dann wurde die Anlage zugelassen. Seitdem fallen alle drei Jahre wiederkeh-rende Prüfungen an – inzwischen eine Routinesache. „Insgesamt war der Geneh-migungsaufwand schon ganz schön groß“, erinnert sich Schroll. Dennoch kann er die Strohlösung seinen Kollegen nur weiter empfehlen.

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