internationalisierung der universitäten – herausforderungen für … · 11/1996 bis 10/2011...
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Tagungsband zur 58. Jahrestagungder Kanzlerinnen und Kanzler
der Universitäten Deutschlands
Internationalisierung der Universitäten – Herausforderungen für Hochschulmanagement
und -verwaltung
24. bis 26. September 2015
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Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, verehrte Gäste,
ich freue mich sehr, dass wir in unserem 350. Jubiläumsjahr die nunmehr 58. Kanzlerjahrestagung vom 24. bis 26. September mit dem aktuellen Thema “Internationalisierung der Universitäten – Herausforderungen für Hochschulmanagement und -verwaltung“ ausrichten dürfen.
Internationalisierung ist seit vielen Jahren ein zentrales, strate- gisches Ziel deutscher Universitäten. Im Fokus der Diskus- sion stehen dabei überwiegend akademische Kernthemen wie internationale Studienprogramme, Studierendenmobilität oder internationale Forschungskooperationen. Die Jahres-tagung der Kanzlerinnen und Kanzler widmet sich demgegenüber vor allem der Frage, welche Herausforderungen die Internationalisierung für die von Kanzlerinnen und Kanzlern verwalteten Ressorts mit sich bringt. Internationalisierung ist mittlerweile ein Querschnittsthema geworden, das in viele Verwaltungsbereiche wie Personalrekrutierung und -entwicklung, Service für Studierende, Forschungsmanagement, aber auch Campusentwicklung und Infrastruktur hineinreicht.
Ziel der Tagung ist es daher, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie die Hochschul-verwaltungen dazu beitragen können, eine professionelle und interkulturelle Willkommenskultur zu etablieren und unsere Universitäten als international attraktive Studienorte und Arbeitgeber weiterzuentwickeln. Wir hoffen und erwarten, dass wir mit diesem Fokus der Internationalisierung über die Veranstaltung hinaus nachhaltige Impulse für die Professionalisierung deutscher Universitäten geben können.
Die Jahresberichte der Universitäten, der Arbeitskreise der Kanzlervereinigung und der Wissen- schaftsorganisationen verdeutlichen sowohl die Dynamik in der Hochschullandschaft als auch die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen in der Hochschulpolitik. Ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen sowie den Wissenschaftsorganisationen für die Beteiligung am Tagungsband recht herzlich bedanken.
Ihr Frank Eisoldt Kanzler der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort ................................................................................................................................... 5 Übersicht der bisherigen Jahrestagungen der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands................................................................................. 8 Im Jahr 2014/2015 ausgeschiedene Kanzlerinnen und Kanzler ........................................... 11 Bericht des Bundessprechers ............................................................................................. 17
Berichte aus den Ländern Baden-Württemberg ........................................................................................................... 29 Bayern ................................................................................................................................. 33 Berlin ................................................................................................................................... 37 Brandenburg ........................................................................................................................ 39 Bremen ................................................................................................................................ 43 Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) ................................................................................ 47 Hessen ................................................................................................................................ 49 Mecklenburg-Vorpommern ................................................................................................... 51 Niedersachsen...................................................................................................................... 53 Nordrhein-Westfalen ............................................................................................................ 61 Rheinland-Pfalz .................................................................................................................... 67 Saarland .............................................................................................................................. 73 Sachsen ................................................................................................................................ 77 Sachsen-Anhalt ................................................................................................................... 85 Schleswig-Holstein .............................................................................................................. 93 Thüringen ............................................................................................................................. 99
Berichte aus den Arbeitskreisen Datenverarbeitung .............................................................................................................. 109 Dienst- und Tarifrecht ..........................................................................................................113 Fortbildung...........................................................................................................................115 Hochschulbau ......................................................................................................................119 Hochschulfinanzierung ....................................................................................................... 121 Hochschulmedizin .............................................................................................................. 123 Studentenwerke .................................................................................................................. 129
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Berichte aus den Wissenschaftsorganisationen + Beschlüsse KMK Alexander von Humboldt-Stiftung ....................................................................................... 137 Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) ......................................................................... 149 Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD) ........................................................... 159 Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ....................................................................... 173 Deutscher Hochschulverband (DHV) ................................................................................. 181 Deutschen Studentenwerks (DSW) ................................................................................... 219 Fraunhofer-Gesellschaft ..................................................................................................... 227 Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) .................................................................. 267 Helmholtz-Gemeinschaft .................................................................................................. 279 Hochschulrektorenkonferenz (HRK) .................................................................................. 289 Leibniz-Gemeinschaft ......................................................................................................... 297 Max-Planck-Gesellschaft .................................................................................................. 301 VolkswagenStiftung ............................................................................................................311 Verein zur Förderung des deutschen Wissenschaftsrechts e. V. ....................................... 315 Zentrum für Wissenschaftsmanagement e. V. (ZWM) Speyer ........................................... 319 Beschlüsse der Kultusministerkonferenz ............................................................................ 325
Sponsoren ...........................................................................................................................417
Impressum ...........................................................................................................................418
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Übersicht der bisherigen Jahrestagungen der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
1 1957 Frankfurt am Main 23 1980 München
2 1959 Berlin 24 1981 Freiburg
3 1960 Aachen 25 1982 Gießen
4 1961 Hamburg 26 1983 Lübeck
5 1962 München 27 1984 Wuppertal
6 1963 Kiel 28 1985 Augsburg
7 1964 Heidelberg 29 1986 Bremen
9 1966 Göttingen 30 1987 Frankfurt am Main
10 1967 Berlin 31 1988 Osnabrück
11 1968 Saarbrücken 32 1989 Bochum
12 1969 Münster 33 1990 Hamburg
13 1970 Regensburg 34 1991 Tübingen
14 1971 Mainz 35 1992 Leipzig
15 1972 Hannover 36 1993 Erlangen
16 1973 Konstanz 37 1994 Karlsruhe
17 1974 Würzburg 38 1995 Aachen
18 1975 Hamburg 39 1996 Berlin
19 1976 Köln 40 1997 Ulm
20 1977 Berlin 41 1998 Darmstadt
21 1978 Trier 42 1999 Greifswald
22 1979 Köln 43 2000 Frankfurt (Oder)
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44 2001 Münster 52 2009 Leipzig
45 2002 Halle (Saale) 53 2010 München / Freising
46 2003 Chemnitz 54 2011 Hamburg
47 2004 Rostock 55 2012 Düsseldorf
48 2005 Weimar 56 2013 Nürnberg
49 2006 Mainz 57 2014 Ulm
50 2007 Gießen 58 2015 Kiel
51 2008 Jena
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Im Jahr 2015 ausgeschiedene Kanzlerinnen und Kanzler
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Name: Dr. jur. Michael Breitbach
Universität: Justus-Liebig-Universität Gießen
Geboren: 1947 in Frankfurt am Main
Kanzler: 1995–2014
Beruflicher Werdegang:
1995–2014 Kanzler der Universität Gießen
1989–1995 Verwaltung der Universität Gießen (zuletzt Leiter der Zentral- und Rechtsabteilung)
1982–1989 Fachhochschullehrer an der Verwaltungs-fachhochschule in Wiesbaden (Staats- und Verfassungsrecht; Politikwissenschaft)
1981–1982 Rechtsanwalt in Marburg
1975–1980 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Öffentliches Recht und Steuerrecht an der Justus Liebig-Universität
1975 2. Staatsexamen
1971 1. Staatsexamen
1966–1971 Studium Rechtswissenschaft in Frankfurt am Main und Heidelberg
Weitere Funktionen:
– Leitung des Kanzler-Arbeitskreises „Leistungsorientierte Mittelvergabe und Zielvereinba- rungen“,
– Herausgabe von Handreichungen zu Fragen der Zielvereinbarungen, der Berufungsverfahren und der Personalmittelbudgetierung; Empfehlungen zur Gestaltung von Steuerungssystemen auf der Ebene Land/Hochschule
– Mitglied des Arbeitskreises „Medizin“, Mitarbeit an „Empfehlungen zum Abschluss von Kooperationsvereinbarungen in der Hochschulmedizin“ sowie am Positionspapier der HRK „Zur Verantwortung der Universitäten für die Hochschulmedizin im wissenschaftlichen Wettbewerb“
– Mitglied des Arbeitskreises „Fortbildung“, Mit-Veranstalter/Referent zahlreicher Tagungen zur Hochschulreform
– Gastgeber der 50. Jahrestagung der Universitätskanzler 2007 in Gießen
– Veröffentlichungen u.a. zu Fragen der Hochschulreform und zur Universitätsgeschichte
Im Jahr 2015 ausgeschiedene Kanzlerinnen und Kanzler
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Name: Prof. Dr. jur. utr. Dr. Robert Kuhn
Universität: Universität Kassel
Geboren: 1957 in Köln
Kanzler: 2007–2014
Beruflicher Werdegang:
2007–2014 Kanzler der Universität Kassel
1996 Deutsche Forschungsgemeinschaft, Bonn, zunächst als Haushaltsreferent, dann als Leiter der Gruppe Finanzen
1991 Finanzministerium Nordrhein-Westfalen,Haushaltsabteilung
1989 Eintritt in die nordrhein-westfälische Finanz-verwaltung, Finanzämter Köln-Süd und Brühl
1988 Wissenschaftlicher Mitarbeiter Universität zu Köln
1988 2. Juristisches Staatsexamen in Düsseldorf
1987 Promotion zum Dr. jur. utr. an der Universität zu Köln
1984 Referendariat in Aachen und Köln, Speyer-Semester
1983 1. Juristisches Staatsexamen in Köln
1978–1983 Studium der Rechtswissenschaften in Köln und Bonn
Neue Wirkungsstätte:
seit Oktober 2014 Professor für Grundlagen des Öffentlichen Rechts und Steuerrecht, Institut für Wirtschaftsrecht, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Universität Kassel
Im Jahr 2015 ausgeschiedene Kanzlerinnen und Kanzler
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Im Jahr 2015 ausgeschiedene Kanzlerinnen und Kanzler
Name: Staatssekretär Markus Hoppe
Universität: Georg-August-Universität Göttingen
Geboren: 1966 in Göttingen
Vizepräsident: 2004–2014
Hochschulausbildung
10/1988 bis 07/1993 Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität Göttingen Abschluss: Diplom-Kaufmann
Weitere Aktivitäten
05/1990 bis 11/1990 Vorsitzender des Allgemeinen Studentenausschusses
01/1990 bis 12/1991 Studentisches Mitglied im Vorstand des Studentenwerkes
10/1991 bis 03/1992 Tutor am Institut für Wirtschafts- und Sozialpsychologie
07/1990 bis 12/1993 Mitarbeiter des Landtagsabgeordneten Thomas Oppermann
Berufliche Tätigkeiten
09/1993 bis 01/1997 Geschäftsführer des SPD-Bezirks Hannover, verantwortlich für die Kreisverbände Northeim-Einbeck und Göttingen sowie für die Wirtschaftsführung des Bezirks Hannover
01/1997 bis 07/1997 Referent für Wirtschaft, Technologie und Verkehr, Nds. Staatskanzlei
08/1997 bis 10/1998 Persönlicher Referent des Ministerpräsidenten Gerhard Schröder, Nds. Staatskanzlei
11/1998 bis 10/1999 Referatsleiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur
09/1999 bis 06/2004 Referatsleiter für Mittelfristige Finanzplanung und Haushaltsmanagement, Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur
07/2004 bis 12/2014 Hauptberuflicher Vizepräsident der Georg-August-Universität Göttingen, Stiftung Öffentlichen Rechts
seit 12/2014 Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft
Staatssekretär Markus Hoppe
geboren am 18.10.1966 in Göttingen
Hochschulausbildung
10/1988 bis 07/1993
Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität Göttingen
Abschluss: Diplom-Kaufmann Weitere Aktivitäten 05/1990 bis 11/1990
Vorsitzender des Allgemeinen Studentenausschusses
01/1990 bis 12/1991
Studentisches Mitglied im Vorstand des Studentenwerkes
10/1991 bis 03/1992
Tutor am Institut für Wirtschafts- und Sozialpsychologie
07/1990 bis 12/1993
Mitarbeiter des Landtagsabgeordneten Thomas Oppermann
Berufliche Tätigkeiten
09/1993 bis 01/1997
Geschäftsführer des SPD-Bezirks Hannover Verantwortlich für die Kreisverbände Northeim-Einbeck und Göttingen sowie für die Wirtschaftsführung des Bezirks Hannover
01/1997 bis 07/1997
Referent für Wirtschaft, Technologie und Verkehr, Nds. Staatskanzlei
08/1997 bis 10/1998
Persönlicher Referent des Ministerpräsidenten Gerhard Schröder, Nds. Staatskanzlei
11/1998 bis 10/1999
Referatsleiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur
09/1999 bis 06/2004
Referatsleiter für Mittelfristige Finanzplanung und Haushaltsmanagement, Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur
07/2004 bis 12/2014
Hauptberuflicher Vizepräsident der Georg-August-Universität Göttingen, Stiftung Öffentlichen Rechts
seit 12/2014 Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft
Ehrenamtliche Arbeit 11/1996 bis 10/2011
Mitglied des Kreistages Göttingen
09/2000 bis 06/2004
Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion Göttingen
04/2002 bis Mitglied des Verwaltungsrates und des Kreditausschusses der Sparkasse
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Im Jahr 2015 ausgeschiedene Kanzlerinnen und Kanzler
Ehrenamtliche Arbeit
11/1996 bis 10/2011 Mitglied des Kreistages Göttingen
09/2000 bis 06/2004 Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion Göttingen
04/2002 bis 12/2011 Mitglied des Verwaltungsrates und des Kreditausschusses der Sparkasse Göttingen
seit 10/1998 Mitglied des Beirates Ehemaliger Stipendiatinnen und Stipendiaten der Friedrich-Ebert-Stiftung
Neue Wirkungsstätte:
seit Oktober 2014 Professor für Grundlagen des Öffentlichen Rechts und Steuer recht, Institut für Wirtschaftsrecht, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Universität Kassel
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Im Jahr 2015 ausgeschiedene Kanzlerinnen und Kanzler
Name: Dr.-Ing. Heiko Schultz
Geboren: 1949 in Neubrandenburg
Kanzler: 1990 – 2014
Beruflicher Werdegang:
1971 - 1975 Studium an der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar (HAB) im Fach Bauingenieurwesen
1975 - 1982 Koordinierungsingenieur, später Leiter im Bereich Hochschulbauten an der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar
1982 – 1986 Promotion
anschließend Technischer Leiter eines Planungsbüros
1990 – 2014 Kanzler und Mitglied der Universitätsleitung der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar (seit 1996 Bauhaus-Universität Weimar).
Weitere Funktionen:
Von September 2003 bis September 2006 war Herr Dr. Schultz Bundessprecher der Kanzler der Universitäten der Bundesrepublik Deutschland. Er leitete unter anderem den Arbeitskreis Fortbildung im Sprecherkreis der Universitätskanzlerinnen und -kanzler Deutschlands und war Vorstandsmitglied im Verein zur Förderung des deutschen und internationalen Wissenschaftsrechts sowie Mitglied des Arbeitskreises Hochschulbauten.
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Bericht des Bundessprechers
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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Bericht des Bundessprechers
Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über die Inhalte und Themengebiete, die die Arbeit des Bundessprechers, des Sprecherteams und des Sprecherkreises im letzten Jahr intensiver beschäftigt haben:
I. Vernetzung von Sprecherteam und KanzlerarbeitskreisenNach der wegweisenden Klausurtagung des Sprecherteams mit den Landessprechern und den Arbeitskreisvorsitzenden im Juli 2014 lag im letzten Jahr ein wichtiger Fokus der Arbeit von Sprecherteam und Sprecherkreis auf der Begleitung der Tätigkeit der Kanzlerarbeitskreise, die fast sämtlich vom „ruhestandsbedingten Ausscheiden“ langjähriger Leistungs- träger geprägt waren. So hat sich unter anderem der neu gegründete Arbeitskreis Hochschulfinanzierung unter der Leitung von Herrn Dr. Rainer Ambrosy, Kanzler der Universität Duisburg-Essen, personell „frisch“ aufgestellt und in Abstimmung mit dem Sprecherkreis seine inhaltliche Ausrichtung auf der Basis von ehemals drei Arbeitskreisen neu justiert. Frau Regina Zdebel, Kanzlerin der FernUniversität in Hagen, hat ihre Tätigkeit als Leiterin des bisher von Frau Dr. Marina Frost geleiteten Kanzlerarbeitskreises „Dienst- und Tarifrecht“ aufgenommen und wird sich zukünftig auch weitergehenden Fragen zum Hochschulpersonal annehmen.
Besonderer Aufmerksamkeit bedürfen die Fortbildungsveranstaltungen im Kanzlerkreis, um die sich der Arbeitskreis Fortbildung unter der Leitung von Frau Dr. Dagmar Steuer-Flieser, Kanzlerin der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, kümmert. Neben „der Bewältigung des Generationswechsels“ im Kollegenkreis steht hier auch die Öffnung für weitere Formate (z. B. aktuelle Werkstattberichte) an.
Auf Arbeitskreisebene wurden die aktuellen kanzlerrelevanten Themen aufgegriffen, die bundesweite Beachtung finden, wie „gute wissenschaftliche Arbeit“ und Selbstverpflichtungs-erklärungen zur Befristungsproblematik, Projektpauschalen in der DFG- und BMBF For-schungsförderung, der (weitreichende) Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Hoch-schul-Governance an der Medizinischen Hochschule Hannover sowie die „Dauerbrenner“ Bestandserhaltung im Hochschulbau und IT-Campus-Management-Systeme. Die näheren Informationen zur Arbeit der Arbeitskreise können den einzelnen Berichten der Arbeitskreis-vorsitzenden in diesem Tagungsband entnommen werden. Systembedingt laufend geprägt wird die Arbeit des Bundessprechers und seines Teams vom Spannungsbogen zwischen „Länderbezogenheit“ und „Bundesbedeutung“ und vom Austarieren des richtigen Verhältnisses von Kooperation und Kompetition.
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II. Vertreter der Kanzlervereinigung in nationalen Gremien 1. Herr Klaus-Joachim Scheunert zum Vertreter der Kanzlervereinigung in der Programm-arbeitsgruppe des Statistischen Bundesamts „Berechnungsverfahren der FuE-Koeffi-zienten“ entsendet
Bereits seit dem letzten Jahr vertritt Herr Klaus-Joachim Scheunert, Kanzler der Techni-schen Universität Hamburg-Harburg, die Kanzlervereinigung in der neu gegründeten Programmarbeitsgruppe des Statistischen Bundesamts „Berechnungsverfahren der FuE-Koeffizienten“. Das Statistische Bundesamt hat beschlossen, das Berechnungsverfahren der FuE-Koeffizienten , die in der Hochschulstatistik die Anteile von Forschung und Lehre abgrenzen, einer Überprüfung zu unterziehen. Hierzu wurde die vorstehend genannte Programmarbeits-gruppe gegründet, in der neben Herrn Scheunert auch der frühere Dresdner TU-Kanzler Wolf-Eckhard Wormser vom Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung in Speyer und Herr Professor Dr. Claus Weihs, Inhaber des Lehrstuhls für Computergestützte Statistik an der Technischen Universität Dortmund, als Hochschulvertreter tätig sind.
2. Herr Christian Zens als Ständiger Gast im Verwaltungsrat des DFN-Vereins entsendet
Nachdem Herr Thomas Schöck, Kanzler a. D. der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, zum Ende des letzten Jahres in den Ruhestand getreten war, hat der Sprecherkreis beschlossen, Herrn Christian Zens, Kanzler der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) und Vorsitzender des Kanzlerarbeitskreises Hochschul-IT, als Ständigen Gast in den Verwaltungsrat des DFN-Vereins zu entsenden. Der DFN-Verein (Verein zur Förderung eines Deutschen Forschungsnetzes) ist die zentrale Einrichtung der Wissenschaft in Deutschland für die Entwicklung und den Betrieb einer ihr eigenen Kommunikationsinfrastruktur, dem Deutschen Forschungsnetz. Der Verwaltungsrat ist der erweiterte Vorstand des Vereins. Er koordiniert die Arbeiten des Vereins, indem er insbesondere über die Planung der wissenschaftlichen/technischen Aktivitäten beschließt, über Beginn und Beendigung von Projekten und größeren Projektabschnitten entscheidet, und grundsätzliche Fragen der Finanzplanung, insbesondere den Jahreswirtschaftsplan, berät.
3. Frau Professorin Dr. Ulrike Gutheil als Vertreterin der Kanzlervereinigung in der Ständigen Kommission für Organisation, Hochschulmanagement, Governance und Personalstrukturen der HRK entsendet
Aufgrund Beschlusses des Sprecherkreises in der Sprecherkreissitzung vom 25.11.2014 vertritt fortan Frau Professorin Dr. Ulrike Gutheil, Kanzlerin der Technischen Universität Berlin, die Kanzlervereinigung in der Ständigen Kommission der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) für Organisation, Hochschulmanagement, Governance und Personalstrukturen. Diese Kommission wird von Frau Professorin Dr. Ulrike Beisiegel, Präsidentin der Georg-August-Universität Tübingen, geleitet. Als eine von sieben Ständigen Kommissionen der HRK spielt sie eine große Rolle bei der Vorbereitung von Beschlüssen des Senats und der Mitgliederversammlung der HRK und soll unterschiedliche Auffassungen und Optionen im Vorfeld und unter Einbeziehung von Experten abklären und werten helfen.
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4. Herr Dr. Friedhelm Nonne als Vertreter der Kanzlervereinigung im Fachbeirat des HIS Institut für Hochschulentwicklung e. V. (HIS HE e. V.) zu den Themenfeldern „Strukturfragen des Hochschul- und Wissenschaftssystems“ sowie „Hochschul- und Wissenschaftssteuerung“ entsendet
Das HIS Institut für Hochschulentwicklung e. V. (HIS HE e. V.) hat beschlossen, neben dem bereits bestehenden Fachbeirat „Hochschulbau“ einen weiteren Fachbeirat einzurichten, der sich mit den beiden nicht bau- und infrastrukturbezogenen Themenfeldern „Strukturfragen des Hochschul- und Wissenschaftssystems“ sowie „Hochschul- und Wissenschaftssteuerung“ befassen soll. Auf Anfrage des HIS HE e. V. haben die Sprecherkreismitglieder in ihrer Sprecherkreissitzung vom 12.05.2015 beschlossen, Herrn Dr. Friedhelm Nonne, Kanzler der Philipps-Universität Marburg, als Vertreter der Kanzlervereinigung in diesen neuen Fachbeirat zu entsenden.
III. DAAD-Kanzlerreise Vom 15. bis 20.03.2015 fand das seit vielen Jahren „bewährte“ Format der hochschulpolitischen Informationsreise der internationalen DAAD-Akademie (iDA) statt. Die Reise führte in diesem Jahr nach Spanien, und zwar an die wichtigen Universitäts- und Wissenschaftsstandorte Madrid, Salamanca und Barcelona. Teilgenommen haben 16 Präsidenten und Kanzler deutscher Universitäten, begleitet von der Generalsekretärin des DAAD, Frau Dr. Dorothea Rüland. Besucht wurden unter anderem das spanische Bildungsministerium, die deutsche Botschaft in Madrid, die Universidad Autónoma de Madrid, die Universität Salamanca, das Goethe-Institut in Madrid, der Wissenschaftspark „Parque de Recerca Biomèdica de Barcelona (PRBB)“ und die Konferenz der katalanischen Universitätsrektoren. Die Teilnehmer erhielten auf dieser Reise einen Einblick in die aktuelle spanische Hochschulpolitik und konnten wieder viele interessante Gespräche auf hochschul- und forschungspolitischer Ebene führen. Die erneut gelungene Reise ist einmal mehr das Ergebnis einer fruchtbaren Zusammenarbeit der Universitätskanzler mit dem DAAD. Als Reiseziel für die hochschulpolitische Informationsreise 2016 des DAAD ist Kolumbien geplant, das sich in Südamerika als Land mit den aktuell größten Veränderungen zeigt.
IV. Gesprächstermin zum Austausch des Sprecherkreises mit dem DHV am 12.06.2015 Am 12.06.2015 fand das traditionelle Gespräch zum Meinungsaustausch des Sprecherkreises mit dem Präsidium des Deutschen Hochschulverbands (DHV) in der Geschäftsstelle des DHV in Bonn statt. Dabei wurden die folgenden Themen behandelt:
• W-Besoldung,
• Zahlenmäßiges Personalverhältnis zwischen Wissenschaft und Wissenschaftsverwaltung,
• Planungssicherheit bei Zielvereinbarungen,
• Zukunft des wissenschaftlichen Nachwuchses,
• Selbstverpflichtungserklärungen der Universitäten/Zukunft des WissZeitVG,
• Berufungsverfahren.
Bericht des Bundessprechers58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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Der DHV-Vorstand betonte, dass für ihn die Thematik des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) bzw. die in den einzelnen Ländern erfolgten Selbstverpflichtungserklärungen ein eminent wichtiges Thema sind, dass aber allein schon aus juristischen Erwägungen heraus die klaren Vorgaben des Arbeitsrechts immer vor irgendwelchen Selbstverpflichtungserklärungen zu gelten haben. Die teilnehmenden Kanzler erläuterten die existenzielle Bedeutung einer „Personalpolitik mit Augenmaß“ für das dauerhafte Funktionieren der Universitäten in Forschung und Lehre.
Bei der zentralen Thematik „Berufungsverfahren“ untermauerte der DHV seine Position, dass er mit der von ihm angestoßenen Zertifizierung nach wie vor die Bedeutung „wertschätzen-der Berufungsverfahren“ herausstellen wolle. Sogenannte „graue Verhandlungen“ werde der DHV nicht akzeptieren. In einer konstruktiven Gesprächsrunde machten der Bundessprecher und die Kanzlervertreter klar, dass die juristischen Vorgaben für Berufungsverfahren selbstverständlich eingehalten werden, dass die Universitäten aber auch die Lebenswirklichkeit des „Wettbewerbs um die besten Köpfe“ zur Kenntnis zu nehmen hätten.
V. Klausurtagung 2015 Vom 12. bis 14. Juli 2015 fand nach dem Jahr 2014 zum zweiten Mal eine gemeinsame Klausur- tagung der Sprecherkreismitglieder mit den Arbeitskreisvorsitzenden und dem Kanzler-beauftragten für Patentfragen der Kanzlervereinigung im Deutsch-Italienischen Zentrum für Wissenschaft, Forschung und Kultur „Villa Vigoni e.V.“ statt. Schwerpunkt der Tagung war der inhaltliche und personelle Fortschritt der Tätigkeit der Arbeitskreise, insbesondere im Vergleich zu den auf der Klausurtagung 2014 erarbeiteten Zielen. Weitere Themen waren darüber hinaus u. a. die Zukunft der Exzellenzinitiative nach 2017 und die unterschiedlichen Governance-Strukturen an den deutschen Universitäten in den einzelnen Bundesländern sowie die Rolle der Kanzlerinnen und Kanzler im „Spannungsfeld“ zwischen Präsidiumsmitglied und „staatlicher Verwaltungsleitung“. Die Klausurtagung ist aufgrund des besonders intensiven Austauschs der Sprecherkreismitglieder mit den Arbeitskreisvorsitzenden und dem Patentbeauftragten erneut auf großen Anklang bei allen Teilnehmern gestoßen und sollte nach Möglichkeit als „konstruktives Erfolgs-Format“ für die Zukunft beibehalten werden.
VI. Erfahrungsaustausch mit dem ungarischen Wissenschafts-ministerium geplant Das ungarische Wissenschaftsministerium hat über den Honorarkonsul Dr. Barabás László anlässlich von Hochschulreformen in Ungarn Interesse an einem Erfahrungsaustausch zur Rolle der Kanzlerinnen und Kanzler von Universitäten mit der deutschen Kanzlervereinigung angemeldet. Der Sprecherkreis hat sich diesbezüglich offen gezeigt. In einem nächsten Schritt wird die ungarische Seite mit konkreten Planungen für entsprechende Gespräche an die deutsche Kanzlervereinigung herantreten.
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VII. Neuwahlen des Bundessprechers und des Sprecherteams für die Amtszeit 2015 bis 2018/Anpassung der Amtszeiten Mit der diesjährigen Kanzlerjahrestagung in Kiel läuft die dreijährige Amtszeit des aktuellen Bundessprechers Albert Berger und seines Sprecherteams, bestehend aus Herrn Dr. Rainer Ambrosy, Kanzler der Universität Duisburg-Essen, und Herrn Dr. Klaus Bartholmé, Kanzler der Friedrich-Schiller-Universität Jena, aus. Dem seit 30 Jahren geübten informellen Regle- ment folgend wird der aktuelle Bundessprecher seinen Platz frei machen und der Mitglieder- versammlung auf der Basis einer Erörterung im Sprecherkreis einen Nachfolgevorschlag unterbreiten. In diesem Zusammenhang hat der Sprecherkreis in seiner Sprecherkreissitzung vom 12.05.2015 beschlossen, die dreijährigen Amtszeiten des Bundessprechers und des Sprecherteams künftig nicht mehr auf den jeweiligen Termin einer Jahrestagung zu legen, sondern fix jeweils am 1. Oktober beginnen und am 30. September enden zu lassen. Nachdem die Mitgliederversammlung seit der Jahrestagung 2014 in Ulm bereits am Vormittag des ersten Veranstaltungstages der Kanzlerjahrestagung stattfindet, ist diese Änderung die sinnvolle organisatorische Konsequenz.
VIII. Ende der aktuellen Amtszeiten der Vorsitzenden der Arbeitskreise Fortbildung, Hochschulbau und Hochschulmedizin Gemäß Plenumsbeschluss der Kanzlervereinigung vom 28. September 2012 auf der Kanzlerjahrestagung in Düsseldorf ist die Amtszeit der Arbeitskreisvorsitzenden nunmehr auf drei Jahre befristet. Eine zweimalige Wiederbestellung ist möglich. Demnach steht für die dies-jährige Kanzlerjahrestagung in Kiel die (Wieder-)Wahl der Vorsitzenden der Arbeitskreise Fortbildung, Hochschulbau und Hochschulmedizin im Plenum an.
IX. Kanzler-Personalien an den Universitäten und in den LändernIm vergangenen Jahr haben sich ferner die folgenden personellen Veränderungen ergeben:
Herr Oliver Grimm, Kanzler der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig, war vom 1. September 2014 für ein halbes Jahr zum kommissarischen Kanzler der Universität Leipzig bestellt. Bisher war dort der langjährige Personaldezernent der Univer-sität Leipzig, Herr Dr. Fritz König, mit der Wahrnehmung der Geschäftsaufgaben beauftragt. Seit dem 16. Februar 2015 ist nun Frau Professorin Dr. Birgit Dräger Kanzlerin an der Univer-sität Leipzig. Sie war zuvor Prorektorin für Struktur und Finanzen an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Herr Dr. Jan Tamm, Leiter des Dezernats Haushaltsangelegenheiten der Universität Rostock, vertritt Herrn Dr. Mathias Neukirchen vom 1. Oktober 2014 bis 30. Mai 2017 für die Zeit von dessen Abordnung an die Vietnamese-German University als Kanzler an der Universität Rostock.
Herr Dr. Michael Breitbach, Kanzler der Justus-Liebig-Universität Gießen, ist zum 30.11.2014 in den Ruhestand eingetreten. Seine Nachfolgerin ist Frau Dr. Susanne Kraus. Frau Dr. Kraus
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war bisher Leiterin des Dezernats Recht, zentrale Aufgaben, Sicherheit und Angelegenheiten der Studierenden an der Universität Gießen.
Herr Markus Hoppe, Hauptberuflicher Vizepräsident für Finanzen und Personal der Georg-August- Universität Göttingen, wurde am 06.12.2014 zum Staatssekretär des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft ernannt. Noch bis voraussichtlich Ende September 2015 ist daher Herr Professor Dr. Norbert Lossau, Hauptberuflicher Vizepräsident der Universität Göttingen für das Ressort Forschungs- und Informations-Infrastrukturen sowie Gebäudemanagement, auch mit der Wahrnehmung der Aufgaben als Hauptberuflicher Vizepräsident für Finanzen und Personal der Universität Göttingen beauftragt. Voraussichtlich ab dem 01.10.2015 wird dann Herr Dr. Holger Schroeter, bisher kaufmännischer Direktor beim Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg, das Amt des Vizepräsidenten für Finanzen und Personal übernehmen.
Frau Andrea J. Aulkemeyer ist seit dem 01.01.2015 neue Vizepräsidentin für Wirtschaftsführung und Administration an der Medizinischen Hochschule Hannover. Sie folgt damit Herrn Holger Baumann nach, der im Februar 2014 als Geschäftsleiter ans Inselspital Bern gewechselt war. Frau Aulkemeyer war zuvor Alleingeschäftsführerin des kommunalen Klinikums in Wilhelmshaven.
Herr Dr. Horst Henrici ist seit dem 1. Januar 2015 Nachfolger des in den Ruhestand getretenen Kanzlers Dr. Heiko Schultz an der Bauhaus-Universität Weimar. Herr Dr. Henrici war bisher Leiter der Abteilung I – Studierendenservice an der Technischen Universität Berlin.
An der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg ist Herr Jörg Stahlmann ebenfalls am 1. Januar 2015 zum Vizepräsidenten für Verwaltung und Finanzen ernannt worden. Herr Stahlmann war zuvor mit der Wahrnehmung der Geschäftsaufgaben des Vizepräsidenten beauftragt.
Am 1. Januar 2015 wurde ferner Herr Professor Dr. Recardo Manzke an der Humboldt-Universität zu Berlin mit der Wahrnehmung der Geschäftsaufgaben des Vizepräsidenten für Haushalt, Personal und Technik beauftragt. Herr Professor Manzke war bis 2014 Vorsitzender der Kommis-sion für Haushaltsfragen des Akademischen Senats der Humboldt-Universität und ab 2014 Senior Advisor an der Humboldt-Universität.
An der Universität Koblenz-Landau ist zum 31. Januar 2015 die Amtszeit von Frau Simone Mertel-Scherer als Kanzlerin ausgelaufen. Bis auf weiteres ist dort Herr Michael Ludewig als stellvertretender Kanzler tätig.
An der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wurde am 28. April 2015 Herr Markus Leber zum Kanzler ernannt. Herr Leber war zuvor Leiter des Kanzlerbüros und stellvertretender Kanzler an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Außerdem hat es einen Wechsel der Landessprecher im Sprecherkreis gegeben:
Herr Dr. Manfred Efinger, Kanzler der Technischen Universität Darmstadt, ist seit dem 01.10.2014 neuer Landessprecher Hessen und damit Nachfolger von Herrn Dr. Robert Kuhn.
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X. Tabellarische Übersicht
Aktivitäten des Bundessprechers, des Sprecherteams und des Sprecherkreises 2014/201525. bis 27. September 2014 57. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten
Deutschlands, Universität Ulm14. Oktober 2014 Jahrestagung des ZWM e. V., München23. bis 24. Oktober 2014 Vor-Ort-Besuch und Sitzung des Kanzlerarbeitskreises Hoch-
schulmedizin an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg28. bis 29. Oktober 2015 Seminar des Kanzlerarbeitskreises Fortbildung in Kooperation
mit dem Zentrum für Wissenschaftsmanagement (ZWM) Speyer e.V. „Wie wissenschaftsadäquat ist New Public Management? Erfahrungen und Perspektiven“, Universität Gießen
18. November 2014 ZEIT-Konferenz Hochschule & Bildung, Berlin25. November 2014 Außerordentliche Sitzung des Sprecherkreises, Technische Uni-
versität München11. Dezember 2014 Festakt der Justus-Liebig-Universität Gießen zur Übergabe
des Kanzleramts von Dr. Michael Breitbach an Susanne Kraus, Gießen
12. Januar 2015 Sitzung des Sprecherkreises, Technische Universität München15. bis 20. März 2015 Hochschulpolitische Informationsreise der Internationalen
DAAD-Akademie (iDA), Spanien23. bis 24. März 2015 Jahresversammlung des Deutschen Hochschulverbands – 65.
DHV-Tag mit Gala der Deutschen Wissenschaft, Mainz9./10. April 2015 Vor-Ort-Besuch und Sitzung des Kanzlerarbeitskreises Hoch-
schulmedizin an der Medizinischen Universität Wien16. April 2015 Dialog der Hochschulen, Pressehaus Zeit-Verlag Hamburg4. Mai 2015 Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der deutschen Mu-
sikhochschulen, Berlin11. Mai 2015 Sitzung des Sprecherkreises, Technische Universität München11. Juni 2015 Jahresversammlung der Mitgliedshochschulen der Deutsch-
Französischen Hochschule in München12. Juni 2015 Traditioneller Meinungsaustausch des Sprecherkreises mit dem
Präsidium des DHV, Bonn12. bis 14. Juli 2015 Klausurtagung des Sprecherkreises mit den Vorsitzenden der
Arbeitskreise und dem Patentbeauftragten der Kanzlervereini-gung sowie Sitzung des Sprecherkreises, Deutsch-Italienisches Zentrum für Wissenschaft, Forschung und Kultur „Villa Vigoni e. V.“
Albert Berger Kanzler der Technischen Universität München Bundessprecher der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Bericht des Bundessprechers58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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Berichte aus den Ländern
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Baden-Württemberg 1. Allgemeine hochschulpolitische Situation des Landes / HochschulfinanzierungDie hochschulpolitische Debatte in Baden-Württemberg war im Berichtszeitraum vor allem von den Verhandlungen um die Neuregelung der Hochschulfinanzierung (Nachfolgeregelung Solidarpakt II) bestimmt.
Die zwischen Land und Hochschulen geschlossenen Solidarpakte I + II regelten als Steuerungs-instrument seit 1997 die finanzielle Grundausstattung der Universitäten. Der aktuelle Solidar- pakt II lief Ende 2014 aus.
Nach mehrmonatigen gemeinsamen Verhandlungen aller Hochschularten mit dem Wissen-schafts- und dem Finanzministerium wurden im Juli 2014 zunächst die Eckpunkte der Nachfolgeregelung unter dem Titel „Perspektive 2020 – Hochschulfinanzierungsvertrag Baden-Württemberg 2015 – 2020“ fixiert. Diese bildeten die Grundlage für die am 9. Januar 2015 von den Partnern unterzeichnete, gleichlautende Vereinbarung für alle Hochschularten und die Hochschulmedizin.
In grundsätzlicher Fortführung der bisherigen Regelung stellt das Land den staatlichen Hochschulen im Zeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2020 finanzielle Planungssicherheit in Aussicht. Im Einzelnen sieht der Hochschulfinanzierungsvertrag insbesondere vor, die Grundfinanzierung entsprechend den Empfehlungen des Wissenschaftsrates jährlich um 3 % zu erhöhen. Diese Erhöhung soll einerseits durch die Umschichtung der Mittel der Ausbauprogramme Hochschule 2012 und Master 2016 sowie der Mehrheit der Qualitäts-sicherungsmittel in den Grundhaushalt der Hochschulen vollzogen werden. Hinzu kommen insbesondere die Leistungen des Landes durch die auch weiterhin garantierte Ausfinanzierung der Besoldungs- und Tarifsteigerungen bezüglich des Personals im Stellentableau, die Verstetigung der genannten Ausbauprogramme ab 2018 sowie durch den substantiellen Einsatz von Mitteln aus der Entlastung des Landes Baden-Württemberg durch den Bund in der BAföG-Finanzierung.
Beim Übergang vom derzeit gültigen Solidarpakt II zum neuen Hochschulfinanzierungsvertrag wurden alle 2014 noch nicht abgeflossenen Mittel nach den bisherigen Regelungen des Solidarpakts II vollständig übertragen. Entsprechend der bisherigen Regelungen verzichtet das Land in den kommenden Jahren ferner auf Kürzungen, Stelleneinsparungen und sonstige Haushaltssperren, wobei die Flexibilität der Mittelbewirtschaftung und die Möglichkeit zur Kapitalisierung von Stellen erhalten bleiben. Die im Bereich der Universitäten während der Laufzeit beider Solidarpakte nicht angepassten Energiekostenansätze im Haushalt werden den Universitäten auf dem Niveau der Energiekostendefizite im Haushaltsjahr 2013 ausgeglichen und im Hinblick auf zukünftige Preissteigerungen im Umfang von drei Prozent p.a. dynamisiert.
Neben den Modalitäten der Hochschulfinanzierung beabsichtigt das Land, während der Laufzeit des Hochschulfinanzierungsvertrags zusätzlich ein Sonderprogramm für den Hochschulbau in Höhe von zusätzlichen 100 Mio. € jährlich aufzulegen. Im Bereich der Qualitätssicherungsmittel steht ab dem 01.10.2015 ein Teilbetrag von 11,7 Prozent, d.h. ca. 20 Millionen Euro jährlich, den Studierenden für die eigenständige Finanzierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Lehre zur Verfügung. Sonderbedarfe der Hochschulmedizin werden ebenfalls anerkannt; hierfür stehen Mittel in Höhe von 20 Millionen Euro zur Verfügung.
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Gegenstand des Hochschulfinanzierungsvertrags ist auch die Realisierung von Qualitätszielen, deren Erreichung sich die Hochschulen in den nächsten sechs Jahren widmen werden. Im Wesentlichen sind hier zu nennen:
• Gute Arbeit an den Hochschulen: Befristungen sollen sich künftig nach Dauer der Drittmittelgewährung oder der Qualifikationsphase richten. Die Hochschulen werden eine Selbstverpflichtung zur Befristung von Arbeitsverträgen im wissenschaftlichen und wissenschaftsunterstützenden Bereich verabschieden.
• Studienplätze: Die Hochschulen erklären sich bereit, grundsätzlich während der Laufzeit des Hochschulfinanzierungsvertrags mindestens das Studienplatzangebot des akademischen Jahres 2013/14 für Studierende im ersten Fachsemester in den grundständigen Studiengängen, bereinigt um Sondereffekte in Folge des doppelten Abiturjahrgangs, zu gewährleisten.
• Abbruchquoten: Die Hochschulen setzen ihre Anstrengungen fort, auch angesichts einer zunehmenden Heterogenität der Studierenden, die Studienerfolge weiter zu verbessern.
• Promotionen: Die promotionsberechtigten Hochschulen und Zusammenschlüsse setzen die gemeinsam vereinbarten Qualitätsstandards im Promotionsverfahren konsequent um.
• Strategiefähigkeit und Steuerung: Die Hochschulen erarbeiten mit dem MWK aussagekräftige und messbare Kennziffern in den zentralen Leistungsdimensionen, z.B. Lehre und Studium, Forschung, wissenschaftlicher Nachwuchs, Gleichstellung, akademische Weiterbildung, Wissens- und Technologietransfer.
• Übertragung der bisherigen Rücklagen der Hochschulen: Die Hochschulen erarbeiten zusammen mit dem Land ein transparentes und leistungsfähiges Rücklagenmanagement.
• Energieeffizienz: Die Hochschulen unterstützen das Energie- und Klimaschutzkonzept der Landesregierung, die CO2-Emissionen der Landesgebäude bis 2020 um 40 Prozent zu senken. Bei der Sanierung werden vorbildliche Energiestandards umgesetzt.
• Gleichstellung: Die Hochschulen entwickeln verfahrensgerechte und ambitionierte Standards bei der Durchführung von Berufungsverfahren. Darüber hinaus stellen sie den Gleichstellungsbeauftragten eine Mindestausstattung bereit.
• Open-Access: Die Hochschulen sind bestrebt, das Open-Access-Prinzip in der Hochschullandschaft weiter zu verankern
Mittlerweile hat das Land den für die Umsetzung des Hochschulfinanzierungsvertrags notwendigen Nachtragshaushalt 2015/16 beschlossen.
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2. Hochschulgesetzgebunga) Reform der W-Besoldung: Das Gesetz zur Reform der W-Besoldung ist am 12. Dezember
2014 in Kraft getreten. Das Grundgehalt von W1 wurde rückwirkend zum 1. Januar 2014 um 300 Euro erhöht. Die Grundgehälter von W2 und W3 wurden rückwirkend zum 1. Januar 2013 um 749,32 bzw. 517,71 Euro erhöht, wobei mit der Erhöhung der Grundgehälter auch eine teilweise Umwidmung bereits gewährter Leistungsbezüge verbunden ist. Bei Hochschullehrern mit höheren Leistungsbezügen können Nachzahlungen ausbleiben.
b) Reform der Lehrerausbildung: Zum Wintersemester 2015/2016 sollen in Baden-Württemberg die Lehramtsstudiengänge auf ein Bachelor-Master-System umgestellt werden. Hierzu hatte am 03.12.2013 die Landesregierung Eckpunkte für eine umfassende Reform der Lehrerausbildung beschlossen (Rahmenvorgabenverordnung Lehramtsstudiengänge – RahmenVO-KM). Politisches Ziel der Lehramtsreform ist es, polyvalente, lehramtsbezogene Bachelor-Studiengänge einzurichten und damit die Möglichkeit zu erhalten, beim Master of Education Zulassungsvoraussetzungen zu definieren und die besten Bewerber/innen für den Beruf des Lehrers/der Lehrerin auswählen zu können. Konkret wird dazu auch die Kooperation zwischen Universitäten und Pädagogischen Hochschulen verstärkt, die u.a. gemeinsam verantwortete Master of Education (voraussichtlich ab 2018/19) einrichten können. Alle Lehramtsstudierenden erhalten künftig eine Grundbildung zu Fragen der Inklusion. Ein Masterabschluss ermöglicht ebenso wie bisher das Erste Staatsexamen den Zugang zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt.
c) Tenure Track für Juniorprofessuren: Die Hochschulen können künftig Juniorprofessor/innen bei guter Leistung eine feste Stelle zusagen. Mit Änderungen des Landeshochschulgesetzes und des Staatshaushaltsgesetzes wurden hierfür die rechtlichen und materiellen Voraussetzungen geschaffen.
Der Tenure Track bietet nach einer Bewährungszeit die Chance auf eine Lebenszeit-Professur. Das soll die Hochschulen im Südwesten attraktiver für junge Wissenschaftler/innen machen. Die klassische Juniorprofessur ist bislang auf sechs Jahre begrenzt.
3. Prüfungen des LandesrechnungshofsNeben Einzelprüfungen hat der Landesrechnungshof Baden-Württemberg im Berichtszeitraum an allen bzw. den betroffenen Landesuniversitäten Prüfungen vorgenommen zu den Aspekten
• Vergabe von Gutachten/Beratungsleistungen durch Landesbehörden
• Verwendung der Qualitätssicherungsmittel bei den Universitäten
• Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung
• Einbeziehung der Medizinischen Fakultäten in das Belegstichprobenverfahren des Rech- nungshofs.
Dr. Matthias Schenek Kanzler der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg im Breisgau
Baden-Württemberg
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Bayern Im Berichtszeitraum seit der Kanzlertagung 2014 hat sich in Bayern folgende Entwicklung im Bereich der Universitäten ergeben:
1. AllgemeinDas Berichtsjahr war in Bayern geprägt insbesondere durch die Diskussion über den Umgang mit Befristungen nach dem WissZeitVG. Eine vom Wissenschaftsministerium eingesetzte Arbeitsgruppe, der Vertreter/innen der wissenschaftlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, der Frauenbeauftragten sowie Kanzler/-innen der bayerischen Hochschulen (Universitäten und Fachhochschulen) angehörten, erarbeitete zunächst einen Entwurf für Grundsätze zum Umgang mit Befristungen nach dem WissZVG. Dieser wurde anschließend vom Ministerium mit den Hochschulverbünden erörtert und überarbeitet.
Am 19. März 2015 wurden die „Grundsätze der staatlichen bayerischen Hochschulen zum Umgang mit Befristungen nach dem WissZeitVG und zur Förderung von Karriereperspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs“ im Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst durch die Vertreter der Hochschulverbünde unterzeichnet.
Die „Grundsätze“ enthalten insbesondere:
- die Ausrichtung der Gesamtbeschäftigungsdauer von jungen Menschen, die sich wissenschaftlich qualifizieren, am üblichen Zeitrahmen der entsprechenden Qualifikation, z.B. für eine Promotion von 2 bis 4 Jahren oder eine Habilitation von 4 bis 6 Jahren.
- die Mindestbefristung bei einer Erstbeschäftigung von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Regelfall von einem Jahr,
- eine Betreuungsvereinbarung zum Qualifikationsziel und der dafür notwendigen Arbeitszeit,
- in der Regel mindestens eine Halbtagsstelle für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die sich weiterqualifizieren,
- im Regelfall keine Beschäftigung von Lehrkräften für besondere Aufgaben mehr nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz, sofern sie keine nennenswerte eigene Forschungstätigkeit ausüben,
- eine Anpassung der Beschäftigungsdauer wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Drittmittelprojekten in der Regel an die Projektlaufzeit,
- neue Unterstützungs- und Beratungsangebote für werdende Eltern bei Unterbrechungen ihrer Qualifikationsphase sowie
- Beratungs- und Informationsangebote für den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Zudem soll eine höchstrangig besetzte Expertengruppe mit internationaler Beteiligung bestellt werden, die sich mit den Karriereperspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses befassen soll. Die Grundsätze, die seit der Unterzeichnung gelten, werden nach drei Jahren evaluiert. Ein weiteres Thema war die kooperative Promotion mit den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. Unter Moderation des Bayerischen Wissenschaftsministeriums wurde
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im Juni 2015 eine neue Form der Zusammenarbeit bei Promotionsvorhaben von Bayerns Universitäten und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften erarbeitet. Unter dem gemeinsamen Dach eines neu zu errichtenden Bayerischen Wissenschaftsforums (BayWISS) werden Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen von Universitäten und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften künftig Doktorandinnen und Doktoranden gemeinsam betreuen. Ohne Hinweis auf ihre akademische Herkunft werden sie ihre Promotionsurkunde erhalten, auf der die beteiligten Universitäten und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften genannt sind.
Das Bayerische Wissenschaftsforum BayWISS soll als Plattform zum Austausch, zur Koordinierung und zur Stärkung der Kooperation beider Hochschularten in Forschung, Lehre und Weiterbildung dienen. BayWISS wird dazu Fachforen einrichten, das erste ist das Fachforum „Verbundpromotionen“. In den Lenkungsrat des Bayerischen Wissenschaftsforums entsenden Universität Bayern e.V. – Bayerische Universitätenkonferenz und Hochschule Bayern e.V. jeweils drei Mitglieder, der Vorsitz wechselt.
2. HochschulgesetzgebungÄnderungen der Gesetzgebungen waren aufgrund der sogenannten Paragraphenbremse zunächst nicht zu verzeichnen, da für eine neue Vorschrift zwei alte Vorschriften genannt werden müssen, die außer Kraft treten. Es wird immer schwieriger, diese Voraussetzungen zu erfüllen. Allerdings erreichte die Hochschulen im Juni eine Anhörung zu einer geplanten Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes. U.a. ist die Einführung eines Studienorientierungsverfahrens beabsichtigt.
3. FinanzierungDie bayerische Staatsregierung investiert in den Jahren 2015 und 2016 über 280 Mio. Euro, die durch die vollständige Übernahme der Kosten für das BaföG durch den Bund ab 2015 frei werden, in die Hochschulen. Dabei stehen rund 200 Mio. Euro zur Verstärkung der Grundausstattung, u.a. für den Betrieb von Forschung und Lehre, zur Verfügung.
4. Integriertes BerichtswesenDie Bemühungen des Wissenschaftsministeriums um ein integriertes Berichtswesen (monetär und nicht-monetär) sind mittlerweile weit fortgeschritten. Größter Diskussionspunkt mit den beiden Hochschulverbänden ist die Ermittlung der kapazitären Auslastung der Universitäten und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. Ein vom Institut für Hochschulforschung vorgeschlagenes Berechnungsmodell wurde von den Universitäten stark kritisiert und zwischenzeitlich überarbeitet. Gleichwohl ist auch dieses überarbeitete Modell seitens der Universitäten noch nicht konsensfähig.
5. InformationstechnologieDas Bayerische Kabinett hat im März 2015 auf Initiative von Bayerns Wirtschaftsministerin Aigner und von Wissenschaftsminister Spaenle das Konzept zum Zentrum Digitalisierung Bayern (ZD.B) verabschiedet. Das ZD.B ist einer der zentralen Bausteine der Strategie BAYERN DIGITAL (siehe den letztjährigen Jahresbericht) zur Förderung des digitalen Aufbruchs in Wirtschaft und Wissenschaft in Bayern. Mit dem ZD.B soll eine neue Forschungs- und Kooperationsform geschaffen werden. Thematische Plattformen werden als Bindeglieder zwischen Hochschulforschung, außeruniversitärer Forschung und industrieller Entwicklung aufgebaut, zunächst zu Schlüsselthemen der Digitalisierung wie „IT-Sicherheit“, „Digitalisierte
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Produktion, „Vernetzte Mobilität“, „Digitale Medizin/Gesundheit sowie „Digitalisierung im Energiebereich“.
Dazu werden je zehn neue Professuren an Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften geschaffen, um die bereits vorhandenen Forschungskompetenzen im Digitalisierungsbereich weiter auszubauen.
Eine eigens eingesetzte unabhängige, hochkarätig besetzte Expertenkommission unter Vorsitz von Prof. Dr. Peter Liggesmeyer, dem Leiter des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering IESE und Präsident der Gesellschaft für Informatik (GI e.V.) in München, soll in einem ersten Schritt definieren, in welchen zukunftsweisenden Themenfeldern die zusätzlichen Professuren in Bayern ausgeschrieben werden. Nach der Identifizierung relevanter Forschungs- und Lehrgebiete sollen sich die bayerischen Universitäten sowie Hochschulen für angewandte Wissenschaften um die neuen Professuren bewerben. Von der Expertenkommission soll dann eine entsprechende Zuordnungsempfehlung abgegeben werden. Mit den sich daran anschließenden Berufungsverfahren auf die neuen Stellen soll ein Netz gespannt werden, von dem auch neue Impulse in die Regionen ausgehen sollen. Die Expertenkommission soll ihre Arbeit bis Ende des Jahres 2015 abschließen. 2016 sollen die Berufungsverfahren beginnen.
Bayern
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Berlin 1. Allgemeine Situation des LandesDie Finanzsituation des Landes ist seit Jahren unverändert, d.h. die Berliner Universitäten sind weiterhin aufgefordert, ihren Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts zu leisten. Die im Jahr 2013 verhandelten Hochschulverträge für die Jahre 2014-17 wurden im Herbst 2013 unterschrieben und bilden nach wie vor die Grundlage für die Haushaltsbewirtschaftung im Jahr 2015.
2. Informationen zur HochschulgesetzgebungNach dem das Land Berlin bundesweit bisher immer fast das Schlusslicht bei der Pro- fessorenbesoldung war, wurde nunmehr mit dem Berliner Professorenbesoldungsände-rungsgesetz (BerLProfBesÄndG) vom 7.4.2014 eine seit langem überfällige, wenngleich aus Sicht der Universitäten nicht zufriedenstellende Lösung gefunden. Die Grund- gehälter der Professoren/-innen steigen demnach in den Besoldungsgruppen
W2 um rund 650 € und W3 um rund 465 €.
Darüber hinaus werden diese Steigerungsbeträge nach den gesetzlichen Vorgaben auf bisher ggf. gewährte Leistungsbezüge zur Hälfte angerechnet.
In der Besoldungsgruppe W 1 wurde die Regelung über die Gewährung einer nicht ruhegehaltfähigen Zulage geändert, mit der Folge, dass die Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren künftig in der ersten Phase ihres Dienstverhältnisses eine Zulage in Höhe von 200 € und in der auf eine positive Evaluation folgenden zweiten Phase ihrer Dienstzeit eine Zulage in Höhe von 460 € erhalten.
Trotz dieser Erhöhungen ist festzustellen, dass sich die Professorenbesoldung in Berlin im Vergleich aller Bundesländer somit weiterhin im deutlich unteren Bereich einer Vergleichstabelle befindet.
Darüber hinaus ist der Vergaberahmen anders als in verschiedenen anderen Bundesländern immer noch nicht abgeschafft. Die daraus resultierenden bürokratischen Hemmnisse erschweren somit auch in Zukunft die Gewinnung von herausragenden Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen für das Land Berlin
3. Erfahrungen mit neuen Leitungs- und EntscheidungsstrukturenEs sind keine Änderungen hinsichtlich der jeweiligen Leitungsstrukturen zu berichten.
4. HaushaltssituationDie mit allen Berliner Universitäten abgeschlossenen Hochschulverträge für die Periode 2014 bis 2017 werden weiterhin angewandt.
Wie bereits im Bericht zum Vorjahr dargestellt wurde, wird zur Beseitigung des grundsätzlich anerkannten Investitionsstaus in den Universitäten und Hochschulen des Landes Berlin im Rahmen einer bei der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung angesiedelten
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Arbeitsgruppe an einem „Masterplan Hochschulbausanierung“ gearbeitet. Ziel ist es nunmehr durch die Beauftragung eines externen Gutachtens neben dem bereits vorliegenden Gutachtens der HIS GmbH eine weitere Meinung zur Höhe des Sanierungsstaus einzuholen, um im politischen Umfeld eine ausreichende Grundlage für endgültige finanzwirksame Entscheidungen zu schaffen.
Darüber hinaus wurde im Land Berlin entschieden, dass die durch die Umschichtung vom Bund auf das Land Berlin entfallenden Bafög-Mittel in Höhe von 64 Mio. im Jahr 2015 im Umfang von 32 Mio. € in den Universitätsbereich fließen sollen. Jede der 3 Berliner Universitäten erhält somit 4,8 Mio. € zusätzlich zum investiven Landeszuschuss. Diese Mittel können allerdings nur projektbezogen für vom Land Berlin auf Antrag bewilligte Einzelmaßnahen zum Abbau des Investitionsstaus eingesetzt werden. Ähnlich dem Konjunkturprogramm unterliegt die Projektabwicklung strengen Abrechnungsmodalitäten, die über die normalen Haushaltsbewirtschaftungsgrundsätze hinausgehen.
5. ImmobilienmanagementIm Vergleich zum Vorjahr sind keine neuen Sachverhalte zu berichten. Die bereits praktizierte Zusammenarbeit der Berliner Universitäten im Rahmen des Kooperationsmodells wird weiterhin vorangetrieben.
Der Abschluss von Mieter-Vermieter-Modellen zwischen den Universitäten und ihren Fachbereichen wird ebenfalls vorangetrieben.
6. Prüfungen des RechnungshofesVom Rechnungshof wurden erneut eine Vielzahl von verschiedenen Einzelprüfungen in den Berliner Universitäten durchgeführt.
7. TarifentwicklungWie schon bei der Professorenbesoldung erwähnt sind die Einkommen im Tarifbereich im Vergleich zu anderen Bundesländern noch nicht auf einem gleichwertigen Niveau. Nach den letzten Tarifverhandlungen zum TV-L (2,1 % zuzüglich 0,5% wegen des bestehenden Rückstandes zum Bund rückwirkend zum 1.3.2015) bewegen sich die Einkommen der Beschäftigten derzeit bei Bis zum Jahr 2017 sollen die noch bestehenden Einkommensunterschiede auch unter Berücksichtigung künftiger Tarifsteigerung im Bereich des TV-Ls durch eine jeweils um 0,5%ige „Zusatzsteigerung“ ausgeglichen werden.
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Brandenburg 1. Allgemeine SituationNachdem sich in der brandenburgischen Hochschullandschaft in den letzten Jahren einige strukturelle Veränderungen, z.B. die Neugründung der BTU Cottbus-Senftenberg oder die Umwandlung der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) zur Filmuniversität Babelsberg, ergeben hatten sowie Veränderungen in der Hochschulsteuerung, insbesondere durch eine mehrjährige Planungssicherheit und den Abschluss von Hochschulverträgen für den Zeitraum 2014-2018, anstanden, wurden diese Strukturen im Berichtsjahr weiter ausgearbeitet und stabilisiert. Durch die Novelle des Hochschulgesetzes wurden vor allem die Themen Durchlässigkeit, gute Arbeit in der Wissenschaft und die Stärkung der Rolle der Studierenden in den Gremien akzentuiert.
Die Studierendenzahlen liegen landesweit im Mittel der vergangen fünf Jahre bei rund 49.700, mit einem Spitzenwert von 51.000 im Studienjahr 2012/13.
2. HochschulverträgeUm die Planungssicherheit und die Entwicklungsmöglichkeiten der Hochschulen zu verbessern, wurde in Brandenburg im Jahr 2013 eine Rahmenvereinbarung zwischen Land und Hochschulen beschlossen. Das Land gewährt mit der Rahmenvereinbarung im Zeitraum bis 2018 verbindliche Globalzuweisungen und sog. Personalverstärkungsmittel für Besoldungs- und Tarifanpassungen. Darüber hinaus sagt es die Möglichkeit zur Rücklagenbildung durch die Hochschulen und die Zweckbindung der Bundesmittel für den Hochschulbau über 2013 hinaus zu.
Die Rahmenvereinbarung wurde in 2013/14 durch einzelne, bilaterale Hochschulverträge unter Verwendung eines Gliederungsentwurfes des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) ergänzt und ausgefüllt. Sie gelten für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2018. Im Jahr 2017 wird die Zielerreichung evaluiert und im Jahr 2018 auf Grundlage der Evaluationsergebnisse über eine Fortschreibung der Rahmenvereinbarung einerseits sowie der bilateralen Hochschulverträge andererseits entschieden.
Auf Basis der Hochschulverträge mussten die Hochschulen nunmehr ihre aktualisierten Struktur- und Entwicklungspläne vorlegen.
3. HochschulfinanzierungDie Landesregierung will die weitere Entwicklung der Hochschulen 2015 bis 2019 mit zusätzlich 100 Millionen Euro unterstützen. Dies ist in dem Ende 2014 abgeschlossenen Koalitionsvertrag festgelegt. Im Jahr 2015 ist landesweit ein Aufwuchs von zehn Millionen Euro vorgesehen, der Großteil davon geht in die Grundfinanzierung, ein weiterer Teil in projektbezogene Finanzierungen.
Aus den BAföG-Mitteln wird der brandenburgische Landeshaushalt für den 5-Jahres-Zeitraum 2015 bis 2019 um ca. 185 Mio. EUR entlastet, d.h. die BAföG-Entlastung würde damit teilweise an den Hochschulbereich weitergegeben.
Die Hochschulfinanzierung im Land Brandenburg wurde durch die Landesregierung ab dem Jahr 2014 in einem sog. „4-Töpfe-Modell“ neu geordnet (Topf 1: Zuweisung für laufende Zwecke;
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Topf 2: Hochschulpakt 2020-Basisanteil; Topf 3: Mittel für Profil- und Strukturbildung; Topf 4: Haushaltsgebundene Finanzierung und Studienplatzerweiterungsprogramm).
Das Mittelvergabemodell des Landes, das etwa 75% dieser Mittel umfasst, war für 2013/14 „eingefroren“, die Hochschulbudgets wurden überrollt. Für den Zeitraum ab 2015 wurde nunmehr in einem zweistufigen Verfahren, zunächst unter Einbeziehung externer Berater und dann durch Einsetzung einer Arbeitsgruppe aus Vertreter/innen der Hochschulen und des MWFK, ein neues Mittelverteilungsmodell erarbeitet, das im Juni 2015 bereits für das laufende Jahr in Kraft gesetzt wurde. Das Modell verteilt die Grundfinanzierung der Hochschulen im Land (Zuweisung für laufende Zwecke, sog. Topf 1) in drei Säulen: einem festen Sockelbetrag (40% der Mittel), einer nachfrageorientierten Säule (30%) und einer leistungsbezogenen Säule (30%).
4. HochschulgesetzgebungÜber das am 30.4.2014 in Kraft getretene Gesetz zur Neuregelung des Hochschulrechts wurde im letztjährigen Länderbericht ausführlicher berichtet. Zentrale Anliegen des Gesetzes waren die Umsetzung der KMK-Vorgaben zur Verbreiterung des Hochschulzugangs (Stichwort: Durchlässigkeit), Regelungen zur Thematik „Gute Arbeit in der Wissenschaft“ sowie die Stärkung der Studierenden in den Gremien. Die Hochschulen sind derzeit mit der Umsetzung der neuen Regelungen beschäftigt.
5. Personalentwicklung, GleichstellungAlle staatlichen brandenburgischen Universitäten haben inzwischen die Charta „Familie in der Hochschule“ unterzeichnet. Durch ihre Mitwirkung im Best Practice-Club wollen sie dazu beitragen, mit kreativen Ideen die Vereinbarkeit von Familienaufgaben mit einem Studium oder mit Lehre und Forschung als profilschärfendes Element im Wissenschaftssystem zu thematisieren und die Attraktivität der Universitäten für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler durch familienorientierte Rahmenbedingungen weiter zu steigern. Die Charta, der bundesweit inzwischen rund 70 Einrichtungen beigetreten sind, wurde von der BTU Cottbus-Senftenberg mitentwickelt.
Die Universität Potsdam hat im Oktober 2014 zum fünften Mal das Prädikat „Total E- Quality“ erhalten. Für ihr außergewöhnlich großes und kontinuierliches Engagement für die Chancengleichheit aller Beschäftigten wurde ihr zusätzlich der Total E-Quality-Nachhaltig-keitspreis verliehen.
6. Studium und LehreDie Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) hat als Stiftungsuniversität mit dem MWFK eine Zielvereinbarung abgeschlossen, die u.a. das Vorhaben enthält, eine vierte, internationale Fakultät als gemeinsame Einrichtung mit der polnischen Partneruniversität Adam Mickiewicz aus Poznań zu gründen. Inhaltlich soll die neue Fakultät das Thema „Digital Humanities“ in den Mittelpunkt von Forschung und Lehre stellen.
Der Gründungsbeauftrage der BTU Cottbus-Senftenberg, Dr. Birger Hendriks, unterzeichnete am 31. März 2014 die Brandenburger Erklärung für mehr Durchlässigkeit zwischen Berufs- und Hochschulbildung. Brandenburgerinnen und Brandenburger sollen sich dadurch nach einer Ausbildung auch ohne Abitur leichter akademisch weiterbilden können. Umgekehrt sollen an Hochschulen erworbene Kompetenzen stärker für eine Ausbildung im Lehrbetrieb anerkannt werden.
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Am 22. Mai 2014 wurde die BTU Cottbus-Senftenberg in Berlin im Rahmen der Fachkonferenz zur internationalen Mobilität deutscher Studierender ausgezeichnet. Das Akademische Auslandsamt der BTU zählt zu den besten im Wettbewerb der Kampagne ‚‘go out! studieren weltweit‘‘.
Zur Stärkung der Lehrerbildung hat die Universität Potsdam am 10. Dezember 2014 das Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung (ZeLB) gegründet. Das ZeLB ist eine gemein- same dezentrale Organisationseinheit der lehrerbildenden Fakultäten mit Entscheidungs-, Steuerungs- und Ressourcenkompetenz, die mit den Fakultäten die Gesamtverantwortung für Lehrerbildung und Bildungsforschung trägt.
Die Universität Potsdam befindet sich unter den erfolgreichen Hochschulen in der Qualitäts-offensive Lehrerbildung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Mit der Auswahl, die das BMBF Anfang März 2015 bekannt gab, ist eine Förderung in Millionenhöhe verbunden, mit der die Universität in den kommenden drei Jahren ihr Vorhaben „Professionalisierung – Schulpraktische Studien – Inklusion: Potsdamer Modell der Lehrerbildung“ sukzessive realisieren kann.
7. ForschungIn den Hochschulverträgen mit dem Land Brandenburg sind für alle Universitäten auch strukturelle Aktivitäten zur Förderung der Forschung vorgesehen, die zum Teil mit zusätzlichen Mitteln unterstützt werden.
Die zentrale Zielsetzung der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) in Bezug auf Entwicklungsperspektive, Leitbild und Vision ist die weitere Entwicklung der Universität als innovative Forschungs- und Lehreinrichtung mit originärem Profil im Zentrum Europas und an der Schnittstelle zwischen Westeuropa und Mittel-/Ost-Europa. Die Schärfung ihres Profils durch das Leitmotiv “B/Orders in Motion” und die Institutionalisierung dieses Forschungsschwerpunktes im 2013 gegründeten Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION soll wesentlich dazu beitragen, diese Entwicklung der Viadrina zu einer kleinen Spitzenuniversität am Rande Deutschlands und in der Mitte Europas voranzutreiben.
Auf der Grundlage einer Evaluation ihrer Profilbereiche hat die Universität Potsdam ihre Schwerpunktsetzung in der internen Forschungsförderung neu geordnet. Ein nach den Entwicklungsständen der evaluierten Bereiche gestuftes Förder- und Unterstützungskonzept wurde implementiert. Ziele sind der Ausbau der Forschungsstärken der Universität, die Stärkung ihrer internationalen Sichtbarkeit sowie der Chancen zur Einwerbung von koordinierten Programmen und größeren Forschungsprojekten.
Die Universität Potsdam hat ein neues Tenure-Track-Modell für Juniorprofessuren entwickelt. Es ermöglicht den schrittweisen Aufstieg von einer W1-Professur auf eine unbefristete, voll ausgestattete Professur und schafft so attraktive Perspektiven für den wissenschaftlichenNachwuchs. Voraussetzung für den Tenure-Track ist, dass die Juniorprofessur mit einer Lebenszeitprofessur des Strukturplans (W2/W3) verbunden ist, die vier bis acht Jahre nach Besetzung der Juniorprofessur durch Emeritierung frei wird. Das Tenure-Track-Modell wird den Fakultäten als Option für vorgezogene Neubesetzungen von Professuren angeboten. Die Juniorprofessuren werden mit Hinweis auf den Tenure-Track international ausgeschrieben.
Brandenburg
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Im Dezember 2014 begann die erste Auflage des Förderprogramms BRAIN (Brandenburg Research Academy and International Network), mit dem hochqualifizierten Nachwuchs-wissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern aus dem Ausland ein zweijähriger Gastaufenthalt an brandenburgischen Hochschulen ermöglicht wird. Insgesamt erhalten zehn herausragende Post-Doktoranden das BRAIN-Stipendium, die an vier Brandenburger Hochschulen arbeiten werden. Drei Wissenschaftlerinnen und sieben Wissenschaftler konnten sich im Bewerbungsverfahren durchsetzen. Sie kommen aus Australien, Frankreich, Indien, Italien, Kamerun, den Niederlanden, Pakistan, Portugal, Serbien und Spanien. Die Gastaufenthalte werden an der Universität Potsdam, der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg, der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) und der Technischen Hochschule Wildau (FH) durchgeführt.
8. PersonaliaAm 17. Juli 2014 übernahm der Gründungspräsident der BTU Cottbus-Senftenberg, Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach, die Amtsgeschäfte vom Gründungsbeauftragten Dr. Birger Hendriks. Mit der Amtseinführung lud Prof. Steinbach alle Mitglieder der BTU Cottbus-Senftenberg zum direkten Dialog mit ihm im Präsidenten-Blog ein. Das Blog wird seitdem intensiv zum Informationsaustausch und zur Kommunikation mit dem Präsidenten genutzt.
Am 01. Dezember 2014 übernahm Frau Prof. Dr. Christiane Hipp das Amt der hauptberuflichen Vizepräsidentin für Forschung an der BTU Cottbus-Senftenberg.
Am 4. Dezember 2014 trat Prof. Dr. Alexander Wöll das Amt des Präsidenten der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) in Nachfolge von Dr. Gunter Pleuger an. Prof. Wöll hatte zuvor eine Professur für ost- und westslawische Philologie an der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald inne.
9. Prüfungen des LandesrechnungshofesDer Landesrechnungshof Brandenburg prüft zurzeit die Thematik der Bleibeverhandlungen mit Professorinnen und Professoren.
An der Universität Potsdam läuft aktuell eine Prüfung zur Haushalts- und Wirtschaftsführung 2013 und 2014.
Karsten Gerlof Kanzler der Universität Potsdam
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Bremen 1. Allgemeine Bemerkungen zur Situation im Land Die finanzielle Situation des Landes hat sich im Jahr 2014 nicht grundlegend verändert. Sämtliche bisherigen Maßnahmen zur Reduzierung der Staatsverschuldung wurden beibehalten bzw. erweitert. Es besteht unverändert ein genereller Einstellungsstopp für den gesamten bremischen öffentlichen Dienst. Allerdings konnte für die Universität erreicht werden, dass Professorinnen- und Professorenstellen, Stellen des wissenschaftlichen Mittelbaus sowie Stellen mit besonderen, sehr universitätsspezifischen Anforderungsprofilen von dieser Maßnahme ausgenommen sind.
2. Informationen zur HochschulgesetzgebungDas Bremische Hochschulgesetz wurde in 2015 mit einer Novelle geändert. Wesentliche Änderungen betreffen die Einführung einer gesetzlich verankerten Zivilklausel mit dem Ziel, dass Hochschulen des Landes ausschließlich friedliche Zwecke in Forschung, Lehre und Studium verfolgen. Der Gesetzgeber hat außerdem bestimmt, dass die Hochschulen eine Forschungsdatenbank für Drittmittelprojekte führen müssen, die mindestens die Projekttitel, wesentliche Inhalte und Zielsetzungen von Drittmittelprojekten, die Identität der Drittmittelgeber, die Fördersumme und die Laufzeit der Projekte umfasst, soweit deren Veröffentlichung nicht gegen gesetzliche Schutzrechte verstößt. Drittmittelverträge müssen zudem ab einer Summe von 50.000 € veröffentlicht werden, soweit nicht vertragliche Verpflichtungen oder gesetzliche Schutzrechte dagegen sprechen.
Das Bremische Studienkontengesetz wurde entfristet, so dass Studiengebühren nun unbefristet ab dem 15. Hochschulsemester erhoben werden können.
Ebenso wurden die zunächst befristet eingeführten Reformklausel zur Erprobung neuer Governance- und Organisationsstrukturen, die eine Abweichung von der Grundordnung darstellen, verstetigt.
3. ZielvereinbarungenIm Jahr 2000 haben der Senator für Bildung und Wissenschaft sowie die Universität erstmalig einen Kontrakt geschlossen, in dem im Wesentlichen lediglich Ziele vereinbart worden sind. In sog. Perspektivgespräche mit den Dekanaten werden die verabredeten Ziele in die Universität getragen und mit Leben erfüllt, indem Zielsetzungen und Initiativen der Fachbereiche mit den übergeordneten Zielen synchronisiert und abgestimmt werden. Die künftige Zielvereinbarung für die Jahre 2015 bis 2018 wurde im Juni 2015 zwischen Rektor und Senatorin abgeschlossen.
4. WissenschaftsschwerpunkteZur weiteren Profilierung der interdisziplinären Forschung hat die Universität Bremen sechs Wissenschaftsschwerpunkten (Meeres-, Polar- und Klimaforschung, Sozialer Wandel, Sozialpolitik und Staat, Materialwissenschaften und ihre Technologien, Minds – Media – Machines, Logistik und Gesundheitswissenschaften) institutionalisiert. Sie liegen im Sinne einer Matrixstruktur quer zu den wissenschaftlichen Disziplinen, den Fächern, die zwölf Fachbereichen zugeordnet werden. Die Wissenschaftsschwerpunkte tragen durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit wesentlich zur weiteren Forschungsstärke der Universität Bremen bei. Sie werden teilweise vom Rektorat und mit Sondermitteln des Landes gezielt gefördert und sind deutlich im Rahmen der Exzellenz-Initiative positioniert. Die Wissenschaftsschwerpunkte kooperieren eng mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Bremen.
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5. Einführung eines Campus-Management-SystemsDie Universität hat die Beschaffung eins Campus-Management-Systems (CaMS) im Frühjahr 2014 als europaweiten Interessenbekundungswettbewerb ausgeschrieben und im Ergebnis dessen sechs potentielle Anbieter zur Angebotsabgabe aufgefordert. Ende 2014 wurde durch einen fachkundigen und repräsentativen Kreis aus 20 Universitätsmitgliedern eine Auswahlentscheidung zugunsten der Firma Datenlotsen mit dem Produkt CampusNet getroffen. Nach Auftragsvergabe und Projektinitialisierung hat im Mai 2015 die Konzeptionsphase begonnen. Mit Jahresbeginn 2016 soll die Implementierung in den Teilprojekten Studierendenverwaltung sowie Bewerbung und Zulassung starten. Ziel ist eine vollständige Ablösung aller relevanten Softwaresysteme im Student-Life-Cycle bis Ende 2018.
6. HaushaltssituationDie Haushaltsentwicklung ist real gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert geblieben.
Die Zuschüsse des Landes haben sich gegenüber 2013 leicht erhöht, hierbei handelt es sich aber nahezu ausschließlich um Mittel zum Ausgleich von Tarif- und Besoldungserhöhungen.
Problematisch sind nach wie vor die seit Jahren nahezu unveränderten Zuschüsse für konsumtive Ausgaben. Somit muss die Universität alle Kostensteigerungen in diesem Bereich - insbesondere auf dem Energiesektor – weiterhin im Rahmen des Grundhaushaltes finanzieren.
Das Land Bremen hat jedoch in 2014 den Wissenschaftsplan 2020 beschlossen, der u. a. die Finanzausstattung der Universität bis 2020 mit einem leichten nominellen Aufwuchs sichert und den Ausgleich der durch Tariferhöhungen bedingten Mehrausgaben gewährleistet. Ebenso wird die Universität an den durch den Bundesentscheid freiwerdenden Bafög-Mitteln partizipieren.
7. ImmobilienmanagementDurch verschiedene Einsparverordnungen wie ENEV, Passivhausrichtlinie für öffentliche Bauten in Bremen und des Bremer Klimagesetzes ergeben sich regelhaft erhebliche Mehrkosten in der Bauausführung. Hier ist mit Kostensteigerungen bei Bau und Sanierung zwischen 5 bis hin zu 15% zu rechnen.
Im Zuge der Vorbereitung von Teilsanierungsmaßnahmen in zwei Gebäuden der Universität wurden bei Schadstoff-Messungen unzulässig hohe Belastungen der Raumluft ermittelt. Ursache sind PCB-belastete dauerelastische Fugenmaterialien, die in den Anfang der 70er Jahre errichteten Gebäuden verbaut wurden.
Gemäß den Richtlinien des Landes Bremen ist bei den vorgefundenen Belastungswerten eine mittelfristige Sanierung (innerhalb von 2 Jahren) erforderlich.
Die Höhe der zusätzlichen Kosten zur Beseitigung der PCB-Belastung wird zu Zeit durch Probesanierungen einzelner repräsentativer Flächen ermittelt. Der Höhe nach noch nicht belegbar, werden jedoch erhebliche Steigerungen der Sanierungskosten für die beiden Gebäude erwartet.
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Für alle weiteren aus den 70er Jahren stammenden Gebäude wird gegenwärtig die Erstellung eines PCB-Katasters vorbereitet. Auch für diese Gebäude sind baujahrbedingt eine PCB-Belastung und damit ein entsprechender Sanierungsbedarf zu erwarten.
8. Vorgenommene Prüfungen des RechnungshofesIm Jahr 2014 ist die „Prüfung von Leistungsbezügen an Hochschullehrende“ und die „Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung eines In-Instituts“ abgeschlossen worden.
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Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) 1. Allgemeine politische SituationBedingt durch Neuwahlen wird Hamburg seit April 2015 durch einen rot-grünen Senat regiert. Die bisher von der SPD geführte Behörde für Wissenschaft und Forschung (BWF) wird seit April 2015 durch die neue zweite Bürgermeisterin, Frau Katharina Fegebank, von den Grünen geleitet und um das Themengebiet der Gleichstellung erweitert.
2. HochschulgesetzgebungIm Juli 2014 wurde eine Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes beschlossen, welche das Ziel hat die demokratischen Strukturen an den Hochschulen und die Hoch-schulautonomie zu stärken, die politische Verantwortung für die Hochschulen sicherzustellen, die Bedingungen für Studium und Lehre zu verbessern sowie Entscheidungsverfahren effizienter zu gestalten.
Unter der Führung des neuen rot-grünen Senats ist keine erneute Novellierung des Hochschul- gesetzes zu erwarten
3. Kapazitätsgesetz – ZulassungszahlenIm April 2014 trat das Gesetz zur Neuordnung des Kapazitätsrechts in Kraft. Neben der Durchführung der bisherigen Kapazitätsberechnung war eine Vereinbarung über Ausbildungskapazitäten mit der zuständigen Behörde zu erstellen sowie eine Satzung über Zulassungshöchstzahlen mit Begründung zu beschließen. Ende 2014 lagen bereits eine Reihe von Beschlüssen des Verwaltungsgerichts vor, die die bereits im Vorfeld geäußerten verfassungsmäßigen Bedenken gegen das Gesetz bekräftigten und den „Zulassungsklagen“ stattgaben. Die ersten Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts bestätigten zudem die erstinstanzlichen Entscheidungen.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung ist zur Überbrückung der Zeit bis zu einer prozessualen oder gesetzgeberischen Lösung der Problematik zum 1. Juni 2015 ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Neuordnung des Kapazitätsrechts in Kraft getreten, mit dem für das Wintersemester 2015/16 und das Sommersemester 2016 eine befristete Sonderlösung geschaffen wurde. Diese besteht im Wesentlichen darin, dass für den genannten Zeitraum zu den Regelungen der alten Kapazitätsverordnung zurückgekehrt wird. Derzeit hat eine AG mit Vertreterinnen und Vertretern der Behörde und der Hochschulen ihre Arbeit aufgenommen, um die nötige Novellierung des Kapazitätsrechts zu diskutieren.
4. Haushalt und HochschulvereinbarungEs gelten nach wie vor die in 2012 abgeschlossenen Hochschulvereinbarungen mit einer Laufzeit bis zum Jahr 2020. Diese sichern den Hochschulen ab dem Jahr 2014 einen jährlichen Zuwachs in Höhe von 0,88%.
Die Finanzlage erschwert sich aufgrund der in 2014 und 2015 erfolgten Tarifabschlüsse, welche zu Mehrbelastungen für den Haushalt führen und durch den vereinbarten Zuwachs nicht gedeckt sind. Ein finanzieller Ausgleich für diese Mehrbelastungen ist nicht absehbar.
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Im Rahmen der dritten Phase des Hochschulpaktes laufen in Abstimmung zwischen Hochschulen und Behörde derzeit die Planungen für die Bereitstellung weiterer zusätzlicher Studienanfängerplätze. Die Hamburger Hochschulen sollen hierfür rund 405 Millionen Euro zusätzlich erhalten.
5. HochschulbauÖffentliche Bauvorhaben sollen zukünftig im Rahmen eines Mieter-Vermieter-Modells errichtet, bewirtschaftet und genutzt werden. Für ein neu zu errichtendes Gebäude der Naturwissenschaften der Universität Hamburg (170 Millionen Euro Bauvolumen) kommt dieses Modell im Rahmen der Errichtung von Hochschulbauten zum ersten Mal zum Tragen. Die Universität erhält dabei die notwendigen Mietzahlungen ergänzend zum Globalbudget. In den Mietzahlungen sind Mittel zum Bauunterhalt, zur Instandhaltung und zur Bewirtschaftung für eine Laufzeit von 20 Jahren enthalten.
Die Universität übernimmt während der Nutzung des Gebäudes das infrastrukturelle und technische Gebäudemanagement selbst. Hierzu erfolgte eine detaillierte Abstimmung mit dem Vermieter.
6. Prüfungen des RechnungshofsDie Prüfung „Drittmittelmanagement an der Universität Hamburg (UHH)“ wurde mit einer Ergebnisvereinbarung abgeschlossen. Für die Prüfung „Entwicklung im Hochschulbau; Erste Baumaßnahmen am Campus Bundesstraße“ wurde die Prüfungsmitteilung vorgelegt. Mit der Prüfung „Beteiligungsgesellschaften der BWF und der Hochschulen“ wurde begonnen.
7. Personelle VeränderungenIm Berichtszeitraum hat es keine personellen Veränderungen gegeben.
Hamburg, 23. Juli 2015 gez. Dr. Martin Hecht Kanzler der Universität Hamburg
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Hessen 1. Hochschulpakt 2016-2020Der in sehr schwierigen Verhandlungen zwischen Land und den Hochschulen ausgehandelte Hessische Hochschulpakt 2016-2020 wurde am 23. Februar 2015 von allen staatlichen Hoch-schulen unterzeichnet und der Öffentlichkeit vorgestellt. Die wesentlichen Elemente dieses Paktes sind:
• Die 13 staatlichen Hochschulen des Landes erhalten im Vertragszeitraum ca. neun Milliarden Euro.
• Das Gesamtbudget steigt in 2016 auf ca. 1,9 Mrd. Euro. Der größte Anteil entfällt auf das sog. Grundbudget (ca. 1,1 Mrd. Euro), das nach der Zahl der Studierenden in der Regelstudienzeit bemessen wird.
• Das sog. Erfolgsbudget steigt 2016 um 30 Mio. Euro auf 257 Mio. Euro. Es wird in diesem Umfang mit Mitteln aus dem Bund-Länder-Hochschulpakt 2020 aufgestockt. Der Parameter „Drittmittel“ wird innerhalb des Erfolgsbudgets für die Laufzeit des Paktes gedeckelt.
• Die sog. Sondertatbestände umfassen in 2016 ein Volumen von ca. 190 Mio. Euro.
• Die Mittel des Bund-Länder-Hochschulpaktes 2020 werden in 2016 auf 300 Mio. Euro erhöht. Die Verteilung dieser Mittel erfolgt zukünftig bei den Universitäten nach der Zahl aller Studienanfänger im 1. Hochschulsemester. Die bisherige Verteilung der Mittel nach der Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger im Vergleich zur Basiszahl 2005 wird nicht mehr praktiziert.
• Das Hochschulbudget wird ab 2016 mit einem Prozent über der Inflationsrate, maximal drei Prozent pro Jahr, gesteigert.
• Die Leistungen zur Verbesserung der Qualität der Lehre und der Studienbedingungen (QSL-Mittel) werden auf dem bisherigen Niveau fortgeführt.
• Die Hochschulen bauen budgetwirksam 440 Stellen ab. Davon entfallen allein auf die Universität Frankfurt 241 und auf die TU Darmstadt 115 Stellen.
• Die Mittel des LOEWE-Programms als zentrales Instrument der hessischen Forschungspolitik werden um ca. 1/3 reduziert.
• Die Mittel im Bauprogramm HEUREKA werden um 20% reduziert.
2. HochschulrechtZurzeit wird die Novelle des Hessischen Hochschulgesetzes und des TUD-Gesetzes beraten. Beide Gesetze wurden Ende letzten Jahres noch einmal um ein Jahr verlängert, um 2015 ausreichend Zeit für eine eingehende Beratung beider Gesetze in den Hochschulen und im Hessischen Landtag zu haben. Nach entsprechenden Rückmeldungen der Hochschulen zu Erfahrungen mit den hochschulrechtlichen Regelungen und zu ersten Entwürfen, liegt zwischenzeitlich ein Gesetzentwurf (Drucks. 19/1980) vor. Dieser sieht eine etwas stärkere Partizipation der Studierenden in den Gremien vor. Eine zunächst seitens der Hochschulen
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befürchtete Aufgabe der mühsam erwirkten Hochschulautonomie zugunsten einer zunehmenden, ministeriellen Detailsteuerung wird mit der Novelle nicht angestrebt. Vorgesehen ist insbesondere die, wenn auch nur befristete, Verlängerung des TUD-Gesetzes, das der Universität neben der Arbeitgeberfunktion und der Dienstherrneigenschaft auch sämtliche Befugnisse im Bereich Grundstücks- und Bauangelegenheiten überträgt, ohne der Universität, wie von ihr wiederholt vorgeschlagen, in letzter Konsequenz auch die Bauherrneigenschaft zu übertragen. Die Verpflichtung der Universitäten Darmstadt (seit 01.01.2005) und Frankfurt (seit 01.01.2008), Professorinnen und Professoren vorrangig in einem Angestelltenverhältnis zu beschäftigen wurde aufgegeben, da die Beschäftigungen, wie es in der Gesetzesbegründung heißt, bundesweit weiterhin in der Regel in einem Beamtenverhältnis erfolgt. Die den Hochschulen attestierten Wettbewerbsnachteile sind aus Sicht der TU Darmstadt bisher nicht eingetreten, da finanzielle Nachteile kompensiert und attraktive Angebote im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung unterbreiten werden konnten. Mit dem Wegfall der Verpflichtung entfällt nun aber auch die Zusage, entsprechende Mehrkosten zu finanzieren, womit künftig die Beschäftigung in einem Beamtenverhältnis wieder die Regel sein wird. Vorgesehen ist nun auch Professuren als sog. Qualifikationsprofessuren, nicht nur in W1, sondern auch W2, mit oder ohne Entwicklungszusagen, angelehnt an das System eines tenure track, einzurichten. Dabei soll die Bezeichnung „Juniorprofessur“ aufgegeben werden. Das Ministerium behält sich außerdem vor, Hochschulen für angewandte Wissenschaften durch besonderen Verleihungsakt ein befristetes und an Bedingungen geknüpftes Promotionsrecht für solche Fachrichtungen zu verleihen, in der sie eine ausreichende Forschungsstärke nachgewiesen haben. Dem Hinweis der Universitäten, die Voraussetzungen zumindest im Einzelfall durch den Wissenschaftsrat zu begutachten und evaluieren zu lassen, ist das Ministerium nicht gefolgt.
3. TarifverträgeNach Abschluss der Tarifverhandlungen der TdL und des Landes Hessen, haben die TU Darmstadt und die JWG-Universität Frankfurt jeweils mit den Gewerkschaften Tarifverhandlungen geführt. Neben den Forderungen zur Erhöhung der Tabellenentgelte wurde ähnlich wie in den Verhandlungen mit dem Land Hessen, seitens der Gewerkschaften die Befristung von Beschäftigungsverhältnissen problematisiert. Das Land Hessen hat für den Schulbereich zugesagt, dass eine Zielvereinbarung außerhalb des Tarifvertrages angestrebt wird, mit den Regelungsgegenständen „Deckelung des Anteils der befristeten Arbeitsverhältnisse“ und „Entfristung der Arbeitsverhältnisse nach einer bestimmten Anzahl von Jahren mit befristeter Beschäftigung“. Während das Land Hessen weiter zugesagt hat, noch in diesem Jahr Gespräche zur Befristungspraxis im Hochschulbereich aufzunehmen, haben die TU Darmstadt und die JWG-Universität Frankfurt lediglich vereinbart, zusammen mit den Gewerkschaften zu prüfen, ob und wenn ja, welche Vereinbarungen ggf. außerhalb der jeweiligen Tarifverträge in diesem Zusammenhang getroffen werden sollten. Die Forderung der Gewerkschaften, studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte in den Geltungsbereich des Tarifvertrages aufzunehmen, wurde nur in Darmstadt und Frankfurt erhoben. Während die TU Darmstadt diese Forderung abgelehnt und lediglich weitere Gespräche zu den Beschäftigungsbedingungen dieser Personengruppe zugesagt hat, hat die JWG-Universität Frankfurt zugesagt, im Rahmen der Fortentwicklung des Tarifrechts zeitnah Verhandlungen zur Personengruppe der Hilfskräfte führen, mit dem Ziel, diese bis Anfang nächsten Jahres abgeschlossen zu haben.
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Mecklenburg-Vorpommern 1. Allgemeine Situation des Landes (ggf. Koalitionsvereinbarung)Die Landesregierung hat zugesagt, die Mittel, die im Landeshaushalt dadurch frei werden, dass der Bund seit 01.01.2015 die Kosten des BAföG vollständig übernommen hat, vollständig für Wissenschaft und Bildung einzusetzen. Die bisher für das Studierenden-BAföG eingesetzten Mittel (knapp 20 Mio. EUR p.a.) sollen den Hochschulen und Universitätsmedizinen (einschl. Hochschulbau) zugutekommen, die bisher für das Schüler-BAföG eingesetzten Mittel (knapp 10 Mio. EUR p.a.) den Schulen.
2. Hochschulgesetzgebung (ggf. neue Leitungs- und Entscheidungsstrukturen)Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat den Hochschulen den Referentenentwurf einer Novellierung des Landeshochschulgesetzes zukommen lassen, die 2016 in Kraft treten soll. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs ist der veränderte Ablauf der Hochschulentwicklungsplanung. Gegenüber dem gegenwärtigen Prozess, der zunächst Entwicklungspläne der Hochschulen, dann Eckwerte der Hochschulentwicklung der Regierung und des Landtags und schließlich Zielvereinbarungen zwischen der Regierung und den Hochschulen vorsieht, soll die Reihenfolge künftig sein: 1. Eckwerte, 2. Zielvereinbarungen, 3. Hochschulentwicklungspläne. Dieses Vorhaben wird von den Hochschulen kritisch gesehen.
Die Regierung hat dem Landtag zudem den Entwur f einer Novellierung des Studentenwerksgesetzes vorgelegt (zu den Inhalten vgl. den Jahresbericht 2014), die 2015 in Kraft treten soll.
3. Hochschulentwicklungsplanung und ZielvereinbarungenDer Landtag hat am 02.07.2015 die von der Regierung vorgelegten „Eckwerte der Hochschulentwicklung 2016 - 2020“ gebilligt. Auf dieser Basis sind binnen drei Monaten Zielvereinbarungen zwischen dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur einerseits und den Hochschulen andererseits abzuschließen.
4. HochschulfinanzierungDie Landesregierung hatte den Landesrechnungshof gebeten, die Auskömmlichkeit der Hochschulhaushalte zu prüfen. Am 19.12.2014 stellte dieser das Ergebnis seiner Prüfung vor, dem zufolge die Finanzierung der Hochschulen des Landes - nicht zuletzt wegen einer sehr teuren Fächerstruktur mit einem überdurchschnittlichen Medizinanteil - in den einzelnen Fächern unterdurchschnittlich ausfällt. Zugleich legte er Vorschläge für die Verwendung der sog. „BAföG-Mittel“ vor, auf deren Grundlage Landesregierung und Hochschulen sich auf einen Hochschulfinanzkorridor für den Doppelhaushalt 2016/17 und die Mittelfristige Finanzplanung bis 2020 einigten.
5. PersonalwesenIm Rahmen hochschulpolitischer Konferenzen hat die Landesregierung gegenüber den Hochschulen, den Gewerkschaften und der Öffentlichkeit ihr Interesse an Mindeststandards für die Beschäftigung wissenschaftlicher Mitarbeiter/innen, an Karriereperspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs und an praktizierter Gleichstellung von Frauen an den Hochschulen deutlich gemacht.
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6. Bau / LiegenschaftenDas Anliegen der Hochschulen, die Bauherreneigenschaft zu bekommen, stößt in der Landesregierung nach wie vor auf Ablehnung.
Aus den „BAföG-Mitteln“ (vgl. 1.) wurde der Hochschulbau-Korridor um 5 Mio. EUR p.a. aufgestockt, die Mittel für Bauunterhaltung um weitere 2,2 Mio. EUR jährlich.
7. Hochschul-ITDie Hochschulen des Landes sind im Aufsichtsrat und in beiden Beiräten der HIS vertreten. Zwischen den Vertretern in den HIS-Gremien und den Hochschulen wurde ein Konsultationsprozess etabliert, der sicherstellen soll, dass die Interessen der Hochschulen bei der Entwicklung der Genossenschaft und insbesondere ihrer Software gewahrt werden.
Die Hochschulen haben dem Land gegenüber deutlich gemacht, dass sie dessen Verbleib in der Genossenschaft begrüßen würden.
8. Prüfungen des RechnungshofsKeine weiteren neben der erwähnten Systemprüfung von Haushaltsaufstellung, -vollzug und Rechnungslegung der Hochschulen (vgl. die Ausführungen unter 4.).
9. PersonaliaDr. Mathias Neukirchen wurde von der Universität Rostock zum 01.10.2014 auf seinen Wunsch beurlaubt, um die Aufgaben des Vizepräsidenten für Administration an der Vietnamese-German-University Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam zu übernehmen. Amtierender Kanzler der Universität Rostock ist seit dem 01.10.2014 Dr. Jan Tamm, zuvor und zugleich Finanzdezernent der Universität.
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Niedersachsen 1. Studium und Lehre
Entwicklung der Studierendenzahlen in NiedersachsenMit rund 192.000 Studierenden im Wintersemester 2014/15 ist die Zahl des Vorjahres deutlich übertroffen worden. Der außergewöhnlich große Zuwachs von 8 Prozent gegen über dem Wintersemester 2013/14 dürfte zu einem erheblichen Teil auf den Wegfall der Studienbeiträge zurückgehen. Damit hat das Bundesland etwa 39 Prozent mehr Studierende als noch im Wintersemester 2007/08. Besonderen Zulauf hatten in diesem Zeitraum die Fachhochschulen zu verzeichnen, deren Studierendenzahlen sich von ca. 37.200 auf 58.700 entwickelt und damit um etwa 58 Prozent gesteigert haben.
WS
2007/08
WS
2008/09
WS
2009/10
WS
2010/11
WS
2011/12
WS
2012/13
WS
2013/14
WS
2014/15
Universitäten und
gleichgestellte
Hochschulen
97.595 98.097 99.855 102.274 108.938 114.352 119.599 129.813
Kunsthochschulen 2.258 2.294 2.411 2.428 2.390 2.352 2.438 2.492
Fachhochschulen 37.181 39.227 40.834 44.605 49.063 51.849 54.450 58.740
Verwaltungs-
fachhochschuIen
731 621 827 902 1.026 1.073 1.084 1.098
insgesamt 137.765 140.239 143.927 150.209 161.417 169.626 177.571 192.143
Quelle: Landesamt für Statistik Niedersachsen, Destatis
2. Forschung
Transparenz in der ForschungIn Niedersachsen haben die Anforderungen an die Forschungsberichterstattung durch die Leitlinie für Transparenz in der Forschung1 und deren Verankerung in den Zielvereinbarungen der Hochschulen eine neue Qualität erreicht. Die Leitlinie thematisiert die Darstellung einzelner Forschungsprojekte und ihrer Ergebnisse, die Einrichtung einer Senatskommission sowie generell die Herstellung von mehr Öffentlichkeit.
Die Erzeugung der hierzu erforderlichen Projektlisten in den Hochschulen stellt aus unterschiedlichen Gründen eine Herausforderung dar. In diesem Zusammenhang sind beispielsweise die verteilte Datenhaltung in Hochschulen oder die Nichtabbildung von Forschungskontexten durch Verwaltungssysteme zu nennen.2 Darüber hinaus gilt es, in den Listen einen angemessenen Informationsgehalt für die Öffentlichkeit herzustellen und Auftraggeber und Projekttitel in vertraulichen Auftragsforschungsprojekten zu verschlüsseln. Eine mehr oder weniger händische Erstellung wird deshalb erforderlich sein. Stichtag für die Veröffentlichung ist der 31. März 2016.
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1 www.mwk.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/leitlinien-garantieren-transparenz-in-der-forschung-131196.html
2 Ebert, Barbara et al.. (2015). Forschungsinformationssysteme in Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Positionspapier. Zenodo. 10.5281/zenodo.14828
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Die Anforderungen der Leitlinie legen die Einführung von IT-basierten Forschungsinfor-mationssystemen nahe, wenn komfortable Recherche- und Verwaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen sollen. Mit ihnen können beispielsweise bereits jetzt im Internet zugängliche Informationen3 über eine Vielzahl öffentlich geförderter Projekte effizient einbezogen werden. Ebenso ermöglichen sie, dazugehörige Publikation über eine Portalfunktion zu verknüpfen. Nicht zuletzt erleichtern sie auch den kostenfreien Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen (Open Access) der Projekte, da sie auch Publikationsmetadaten wie den Digital Object Identifier (DOI) erfassen und darstellen können.
Eine Umfrage der Arbeitsgruppe „Informationsinfrastrukturen“ der Landeshochschulkonferenz hat ergeben, dass Forschungsinformationssysteme noch nicht weit verbreitet sind, viele Hochschulen aber deren Einführung planen. Hemmnisse stellen der hohe organisatorische Aufwand und die damit verbundenen Kosten dar. Die Leitlinie spricht darüber hinaus ein landesweites Forschungsinformationssystem an. Zur Vorgehensweise bei dessen Einführung ist jedoch noch nichts bekannt.
InformationsinfrastrukturenDie Landeshochschulkonferenz hat auf Initiative der Universität Göttingen eine Arbeitsgruppe zum Thema „Informationsinfrastrukturen – Stand und Perspektiven in Niedersachsen“ gebildet. Ausgangspunkt waren die Empfehlungen der Kommission „Zukunft der Informationsinfrastrukturen“ im Auftrag der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (2011) sowie darauf aufbauend des Wissenschaftsrats (2012) für Informationsinfrastrukturen in Deutschland.
Die Arbeitsgruppe konzentriert sich auf die Handlungsfelder „Forschungsdatenmanagement“, „Zugang zu elektronischer/digitaler Information“ mit den Schwerpunkten Lizenzierung und Open Access sowie „Forschungsinformationssysteme“. Zusätzlich werden Querschnittsthemen wie die Governance von Informationsinfrastrukturen an den Hochschulen in den Blick genommen. Sie arbeitet gut verzahnt mit dem Kreis der Leiterinnen und Leiter der Hochschulrechenzentren (LANIT) sowie dem Niedersächsischen Beirat für Bibliotheksangelegenheiten. Auf Bundesebene findet ein Austausch mit der Arbeitsgruppe „Digitale Information in Forschung und Lehre“ der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) statt.
Ziel ist eine Standortanalyse für das Land Niedersachsen sowie darauf aufbauende Handlungsempfehlungen für die Hochschulen und das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK). Dabei sind die Anforderungen für eine Forschungsförderung wie z.B. durch die DFG oder die Europäische Kommission in Horizont 2020 sowie die Leitlinie des Landes für Transparenz in der Forschung zu berücksichtigen.
Die Arbeitsgruppe bereitet einen Abschlussbericht für den Herbst 2015 vor.
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3 Hierzu gehören das bereits in der Leitlinie des Landes erwähnte GEPRIS der DFG (gepris.dfg.de) und die deutschen Forschungsberichte (www.tib.uni-han-
nover.de/de/tibub/ueber-uns/spezialsammlungen/deutsche-forschungsberichte.html), die als Pflichtveröffentlichung u.a. bei BMBF- und BMWi-Projekten in der
Technischen Informationsbibliothek Hannover abgegeben werden müssen.
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3. Rechtlicher Rahmen
Novellierung des Niedersächsischen HochschulgesetzesDurch den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Beteiligungskultur innerhalb der Hochschulen soll das Niedersächsische Hochschulgesetz novelliert werden. Ziel ist, der aktuellen, auf die MHH bezogenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.06.2014 Genüge zu tun und die Beteiligungskultur durch Erweiterung der studentischen Mitwirkungsmöglichkeiten zu stärken und die Einflussmöglichkeiten der Personalräte und der Gleichstellungsbeauftragten zu erweitern. Für die zuletzt genannten Punkte sieht der Anhörungsentwurf unter anderem eine Promovierendenvertretung vor, welche unter anderem Empfehlungen an die Organe der Hochschule aussprechen kann und das Recht zur Stellungnahme zu den Promotionsordnungen hat. Den Studierenden wird im Entwurf ein Initiativrecht eingeräumt, mit dem sie Organe der Hochschule verpflichten können, sich mit bestimmten Angelegenheiten zu beschäftigten. Sofern in der Grundordnung die hauptberufliche Vizepräsidentschaft für Studium, Lehre und studentische Belange vorgesehen wird, kann laut Entwurf die Wahl nur im Einvernehmen mit der Studierendenvertretung im Senat erfolgen. Weiter soll dem Senat nunmehr ein Mitglied der Personalvertretung mit beratender Stimme angehören. An den Sitzungen des Hochschulrats bzw. Stiftungsrats nehmen künftig ein Mitglied der Studierenden, die Gleichstellungsbeauftragten und ein Mitglied des Personalrats beratend teil. Bei der Abwahl von Präsidiumsmitgliedern steht zukünftig angesichts der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei einem Dissens zwischen Senat und Hochschulrat bzw. Stiftungsrat dem Senat das Letztentscheidungsrecht zu.
Novellierung des Niedersächsischen PersonalvertretungsgesetzesDas Land Niedersachsen hat den Anhörungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes und des Niedersächsischen Richtergesetzes vorgelegt. Die Beteiligungsrechte der Personalräte sollen hierdurch deutlich erweitert werden. Zum einen ist die Bildung eines Wirtschaftsausschusses in Dienststellen mit in der Regel 200 Beschäftigten auf Antrag des Personalrats vorgesehen. Die Mitglieder bestimmt der Personalrat, die Dienststelle hat an den Sitzungen, die mindestens vierteljährlich stattfinden sollen, teilzunehmen. Problematisch ist diese Regelung im Hinblick auf die durch Art. 5 Abs. 3 GG garantierte Wissenschaftsfreiheit. Wissenschaftliche und wirtschaftliche Entscheidungen sind oft untrennbar miteinander verbunden, so insbesondere die beabsichtigten Partnerschaften mit Privaten, worunter unter Umständen die Drittmittelprojekte der Hochschulen verstanden werden könnten.
In den Hochschulen soll darüber hinaus die Mitbestimmung auf die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Lehrkräfte für besondere Aufgaben und die wissenschaftlichen Hilfskräfte ausgeweitet werden. Ein Mitbestimmungsrecht besteht insbesondere im Hinblick auf die Befristung. Bei den übrigen Beschäftigten wird ein Mitbestimmungsrecht im Hinblick auf die Befristung erst bei der zweiten Befristung eingeführt.
Die Hochschulen haben in sog. Vorabgesprächen auf den deutlich erhöhten Verwaltungsaufwand hingewiesen.
Niedersächsische Technische HochschuleDer Niedersächsische Landtag hat im Dezember 2014 beschlossen, das Gesetz zur Errichtung der Niedersächsischen Technischen Hochschule (NTH) im Jahr 2015 nicht anzuwenden. Damit ist
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die Mitgliedschaft der TU Braunschweig, der TU Clausthal und der Leibniz Universität Hannover in den Organen der gemeinsamen Hochschule ausgesetzt. Die in dem Verbund begonnenen Vorhaben, insbesondere in der Forschung, werden allerdings fortgeführt. Dabei ist künftig jeweils diejenige Mitgliedshochschule verantwortlich, die am jeweiligen Projekt maßgeblich beteiligt ist. Die Leibniz Universität hat als letzte Sitzhochschule darüber hinaus die Aufgabe übernommen, die sonstigen Geschäfte der NTH weiterzuführen und ihre Haushaltsmittel zu verwalten.
Der Gesetzesänderung ging eine durch die Wissenschaftliche Kommission Niedersachsen begleitete Evaluation der NTH voraus. Im Ergebnis stellten die Gutachterinnen und Gutachter fest, dass sich die NTH – gemessen an ihren Zielen – mit Ausnahme der forschungsorientierten Projektförderung als nicht erfolgreich genug erwiesen habe. Neben einer Bewertung der Erfüllung der Aufgaben der NTH hat sich die Evaluationsgruppe auch zur Tragfähigkeit der Grundidee, den Perspektiven der Weiterentwicklung sowie der Einbettung der NTH in die niedersächsische Wissenschaftslandschaft geäußert.
Das MWK hat aus dem Evaluationsbericht die Schlussfolgerung gezogen, die NTH in der bestehenden Form nicht weiterzuführen und hat die oben erwähnte Gesetzesänderung in die Wege geleitet. Gleichzeitig hat es der Technischen Universität Braunschweig und der Leibniz Universität den Auftrag erteilt, einen Masterplan für die künftige Zusammenarbeit der beiden Hochschulen vorzulegen. Dieser soll ein ambitioniertes und zukunftsweisendes Konzept wissenschaftlicher Zusammenarbeit enthalten, das auch weitere Hochschulen und außeruniversitäre Partner umfassen kann. Die TU Clausthal ist aufgefordert, einen eigenen Masterplan vorzulegen.
4. Steuerung der Hochschulen
ZielvereinbarungenDas MWK hat im Dezember 2014 Zielvereinbarungen mit den Hochschulen abgeschlossen, die eine Laufzeit von 2014 bis 2018 haben. Im Unterschied zu ihren Vorgängerinnen sehen diese erstmals vor, dass die globale Landeszuführung bzw. die Finanzhilfe der Hochschulen abgesenkt wird, wenn Ziele nicht erreicht werden.
Die Zielvereinbarung sanktioniert nichtausgeschöpfte Studienplatzkapazitäten ab dem Studienjahr 2015/16. Im Regelfall müssen diese bis zum Studienjahr 2015/16 zu 70 Prozent und bis zum Studienjahr 2017/18 zu 80 Prozent ausgeschöpft werden. Gelingt es nicht, diese Ausschöpfung durch ein Anwachsen der Zahl der Einschreibungen oder durch strukturelle Veränderungen zu erreichen, kommt es zu einer Reduzierung des Globalhaushaltes. Diese errechnet sich aus einer finanziellen Bewertung der freigebliebenen Studienplätze mit den sog. Clusterpreisen des Hochschulpakts 2020.
Die hierdurch freiwerdenden Finanzmittel sollen zum Abbau von Unterfinanzierungen im niedersächsischen Hochschulsystem eingesetzt werden. Eine Umverteilung soll in der Landeshochschulkonferenz beraten werden.
Mit zusätzlichen Mitteln des Landes soll ein Ausbauziel von jeweils 230 Bachelor- bzw. 200 Master-Studienplätzen im Lehramt Sonderpädagogik bis zum Wintersemester 2017/18 an den Universitäten Hannover und Oldenburg erreicht werden.
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Ferner werden strategische Ziele im Rahmen von zwölf Leitlinien der Landeshochschulentwicklung formuliert. Diese Leitlinien beziehen sich auf die Themen Schwerpunktbildungen und Kooperationen, Verbesserungen der Studienqualität, Teilhabe und Bildungspotenziale, offene Hochschule und Fachkräftenachwuchs, Wissenschaft für nachhaltige Entwicklung, Stärkung von Forschung und Innovation, Geschlechtergerechtigkeit, Internationalisierung, Attraktivität des Berufsfelds Wissenschaft, Übergang in die Berufstätigkeit, Lehrerbildung sowie Transparenz in der Forschung.
FachhochschulentwicklungsprogrammDas Fachhochschulentwicklungsprogramm wurde im Jahr 2014 konkretisiert. Insgesamt werden 3.400 Studienanfängerplätze, die bisher aus dem Hochschulpakt finanziert wurden, in landesmittelfinanzierte Plätze umgewandelt. Die Grundkapazität der Fachhochschulen wird damit dauerhaft um mehr als ein Drittel angehoben. Darüber hinaus dient das Programm der Weiterentwicklung der Forschung an den Fachhochschulen.
Zur Verstetigung der Studienanfängerplätze stockt das Land den Haushalt der sechs niedersächsischen staatlichen Fachhochschulen dauerhaft um jährlich 64 Millionen Euro auf. Dies entspricht einem Aufwuchs der Landesmittel um 25 Prozent. 44 Millionen Euro davon setzt das Land ein, um die Haushalte der Fachhochschulen direkt auszuweiten. Dies entspricht rund 2.400 Studienanfängerplätzen. Weitere Mittel im Umfang von 20 Millionen Euro jährlich für umgerechnet rund 1.000 Studienanfängerplätze werden für innovative Studiengänge bereitgestellt. Damit soll es den Fachhochschulen ermöglicht werden, ihr Profil zu schärfen und regionalpolitisch bedeutsame Projekte umzusetzen.
Für die Forschungsförderung an Fachhochschulen werden u.a. Sondermittel und weitere Finanzierungen in Höhe von insgesamt rund 100 Milionen Euro in den nächsten Jahren bereitgestellt. Dabei sind insbesondere Mittel aus dem sog. VW-Vorab im Rahmen des Programms „Fachhochschulforschung als Motor regionaler Entwicklung (Forschungsperspektive FH)“ im Umfang von zehn Millionen Euro hervorzuheben. Hinzu kommen Mittel aus der aktuellen EU-Förderperiode in Höhe von mehr als 40 Millionen Euro aus EFRE und Landesmitteln für infrastrukturelle Maßnahmen sowie 20 Millionen Euro zur Verbesserung der Betreuung und Beratung von Studierenden.
5. Hochschulfinanzen
StudienqualitätsmittelMit Abschaffung der Studienbeiträge zum 30.09.2014 wurde in § 14a Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) geregelt, dass das Land den Hochschulen in staatlicher Verantwortung zur Sicherung und Verbesserung der Qualität der Lehre und der Studienbedingungen, für jede Studierende und jeden Studierenden in einem grundständigen Studiengang oder in einem konsekutiven Masterstudiengang während der Regelstudienzeit zzgl. einmalig vier weiteren Semestern Studienqualitätsmittel gewährt. Der gezahlte Betrag für jeden Studierenden richtet sich nach § 11 Abs. 4 und § 14 Abs. 2 NHG und beläuft sich auf 440,81 Euro. Studienqualitätsmittel müssen innerhalb von zwei Jahren nach Zahlung zweckentsprechend verausgabt sein. Hierzu sind semesterweise Verwendungsnachweise an das MWK abzugeben.
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Über die Verwendung der Studienqualitätsmittel entscheidet das Präsidium im Einvernehmen mit der Studienqualitätskommission, welche mindestens zur Hälfte mit Studierenden besetzt sein muss und von den Hochschulen spätestens zum Wintersemester 2014/15 gebildet werden musste
6. Hochschulbau
SanierungsstauDie Hochschulen des Landes haben dem MWK im Jahre 2013 Berichte zum Sanierungsstau bei den Hochschulgebäuden des Landes und den Stiftungshochschulen in einem Umfang von rund 2 Mrd. Euro vorgelegt. Hieraus wurden im Jahr 2014 auf Seiten des Landes keine Schlussfolgerungen gezogen. Immerhin wurde im Dezember 2013 ein sog. Sondervermögen zur Nachholung von Investitionen durch energetische Sanierung und Infrastruktursanierung von Landesvermögen für zunächst vier Jahre eingerichtet, an dem die Hochschulen (ohne Stiftungen) mit 2,68 Mio. Euro pro Jahr partizipieren. Hierzu müssen die Hochschulen jährlich Vorschläge vorlegen, die insbesondere zur energetischen Sanierung beitragen. Der Kurztitel für dieses Sonderprogramm ist „GESA“ (Energetische Sanierung landeseigener Gebäude). Es wird davon ausgegangen, dass das Programm über eine erste Laufzeit von vier Jahren hinaus fortgesetzt wird.
BauherrenschaftAus der im Koalitionsvertrag der niedersächsischen Landesregierung (2013 – 2018) festgehaltenen Formulierung: „Die rot-grüne Koalition wird […] den Hochschulen zukünftig auf Antrag die Bauherrenschaft übertragen, um den Hochschulen im Baubereich mehr Autonomie zu geben“ ist im Hochschulentwicklungsvertrag (01.01.2014 bis 31.12.2018) zwischen der Landesregierung und den Hochschulen festgehalten: „Den Hochschulen kann auf Antrag die Bauherreneigenschaft übertragen werden, sofern die rechtlichen, finanziellen, baufachlichen und personalwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Abstimmung mit dem Finanzministerium geregelt sind.“ Anfang 2014 wurden die Hochschulen vom MWK aufgefordert, entsprechende Anträge zu stellen. Sechs von 14 Hochschulen haben eine entsprechende Interessenbekundung zur Übernahme der Bauherrenschaft abgegeben, davon drei in Gänze. In einer ministeriellen Arbeitsgruppe unter Beteiligung des Niedersächsischen Landesrechnungshofs und ohne Beteiligung der Hochschulen wurde im Laufe des Jahres 2014 vorgelagert ein Verfahren zur Optimierung der Prozessstrukturen im Hochschulbau eingeläutet, zu dem sowohl die Hochschulen als auch die Staatlichen Bauämter einen umfänglichen Fragenkatalog zu beantworten hatten. Diese Antworten liegen derzeit zur Bewertung in den Ministerien vor. Eine Entscheidung über die Anträge auf Übertragung der Bauherreneigenschaft soll voraussichtlich im ersten Halbjahr 2016 fallen.
Prüfungen des LandesrechnungshofsDer Niedersächsische Landesrechnungshof (LRH) prüft derzeit zwei Themenbereiche an den Hochschulen des Landes: Weiterbildung und Berufungsverfahren. Zum Thema Weiterbildung wurden alle Hochschulen aufgefordert, einen umfangreichen Fragebogen zu beantworten. Die Fragen zielen zum einen auf die Finanzierung, welche wiederum im Hinblick auf Kalkulation nach Vollkosten, wirtschaftliche Tätigkeit und EU-Trennungsrechnung untersucht wird. Zum anderen liegt das Interesse des LRH auf der Kooperation mit externen Partnern. Das Ergebnis der Prüfung liegt derzeit noch nicht vor, da auch Vor-Ort Erhebungen des LRH vorgesehen sind.
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Zum Thema Berufungsverfahren prüft der LRH an einzelnen Standorten Verfahren und den Abläufe. Dabei liegt das Augenmerk der Prüfung insbesondere auf den Stiftungshochschulen und auf den Hochschulen, die das Berufungsrecht erhalten haben.
Darüber hinaus prüft der LRH das niedersächsische Stiftungsmodell auf verschiedenen Feldern, in denen die Hochschulen einen Zugewinn an Autonomie erhalten haben (z.B. Berufungsrecht, Bauherreneigenschaft, Finanzmanagement).
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Nordrhein-Westfalen 1. Allgemeine Situation des LandesDas Berichtsjahr war wesentlich geprägt von der Novellierung des Hochschulgesetzes durch die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen. Bis zum heutigen Tag prägt der zur Novellierung führende schwierige Prozess das Verhältnis zwischen den Universitäten und dem Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen (Ministerium).
Das Hochschulzukunftsgesetz ist am 1. Oktober 2014 in Kraft getreten. Das Ministerium hat zukünftig mehr Steuerungsmöglichkeiten der juristisch selbstständigen Hochschulen. Dies zeigt sich z.B. im Bereich der Hochschulplanung. Es wird aktuell federführend vom Ministerium für die gesamte Hochschullandschaft auf der Basis von vom Landtag gebilligten Planungsgrundsätzen ein Landeshochschulentwicklungsplan entwickelt. Die allgemeine Entwicklung der Landesplanung geht, wie bereits im Vorjahr berichtet, dahin, Studienplätze von den Universitäten an die Fachhochschulen zu verlagern. Ziel ist es, das derzeitige Verhältnis von 70 zu 30 auf 60 zu 40 zu verändern.
Ein weiteres Thema der Universitäten des Landes Nordrhein-Westfalen ist die „Hochschul-vereinbarung 2016“, die aktuell verhandelt wird und als Übergangslösung für eine darauffolgende fünfjährige Hochschulvereinbarung gelten soll. Diese Vereinbarung soll den Universitäten den Zuschuss des Landes sichern. Ferner werden mit jeder Hochschule einzeln Hochschulverträge verhandelt, die die Ziel- und Leistungsvereinbarungen ablösen.
2. Informationen zum HochschulzukunftsgesetzWie im Jahresbericht für die Jahre 2013 und 2014 berichtet, wurden Ende November 2012 von dem Ministerium die „Eckpunkte zu dem Entwurf des Hochschulzukunftsgesetzes“ vorgestellt. Zuvor wurde im Frühjahr 2011 von Seiten des Ministeriums die Diskussion zur Novellierung des Hochschulrechts durch die Initiierung eines „offenen Dialogprozesses“ eingeleitet.
Nun ist das Hochschulzukunftsgesetz am 1. Oktober 2014 in Kraft getreten.
Zusammengefasst lässt sich zum Verfahren konstatieren: Es ist viel Zeit und damit auch viel Geld in den Diskussionsprozess geflossen. Eine zufriedenstellende Partizipation stellte dieses insbesondere deshalb nicht dar, da eine die Kritikpunkte inhaltlich aufgreifende, die Fragen der Universitäten beantwortende, möglicherweise auch diese ausräumende Diskussion leider kaum stattfand.
Die Universitäten müssen sich nun mit der Umsetzung des Hochschulzukunftsgesetzes beschäftigen.
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Von den einzelnen Punkten des Hochschulzukunftsgesetzes sollen folgende hier näher erwähnt werden:
• Landeshochschulentwicklungsplanung
• Rahmenvorgaben
• Rahmenkodex „Gute Beschäftigungsbedingungen für das Hochschulpersonal“
Landeshochschulentwicklungsplanung
Grundsätzlich muss das Land eine Möglichkeit haben, seine Interessen über eine abgestimmte Landesplanung wahrnehmen zu können. Es ist daher legitim, dass das Parlament den Anspruch hat, Ziele der Landeshochschulentwicklungsplanung zu verabschieden. Diese Möglichkeit sah allerdings auch schon das vorherige Hochschulgesetz vor.
Zur Steuerung des Hochschulwesens beschließt das Ministerium auf der Grundlage vom Landtag gebilligter Planungsgrundsätze den Landeshochschulentwicklungsplan als Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Landtag.
Bereits in der Diskussion zum Hochschulzukunftsgesetz haben die Hochschulen betont, dass bei der Erstellung des Landeshochschulentwicklungsplans elementar wichtig ist, sie über dessen Ziele zu informieren und angemessen in die Planung mit einzubeziehen. Vertreter der Hochschulleitungen sind nun Mitglieder in einem sog. „Gemeinsamen Ausschuss“. Weitere Mitglieder dieses Ausschusses sind Vertreter des Ministeriums und des Expertenrats. Die Aufgabe dieses Ausschusses ist es, das Verfahren zu begleiten. Inhaltliche Arbeit soll nicht in dem Ausschuss geleistet werden. Die Inhalte des Landeshochschulentwicklungsplanes werden von dem sog. „Expertenrat“ formuliert. Die Expertinnen und Experten sind Persönlichkeiten aus der Wissenschaft und der Wirtschaft, die nicht aus Nordrhein-Westfalen stammen. Jede Expertin/ jeder Experte ist Patin/ Pate für einen der sieben Planungsgrundsätze.
Diese lauten:
Planungsgrundsatz 1„Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen sollen sich entlang der Empfehlungen des Wissenschaftsrates nach ihren Aufgaben und Schwerpunkten differenzieren.“
Planungsgrundsatz 2„Die Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen sollen gestärkt werden. Ziel ist es, nach Auslaufen des Hochschulpakts ein Verhältnis von 40 zu 60 bei der Aufteilung der Aufnahmekapazitäten zwischen Fachhochschulen und Universitäten in Nordrhein-Westfalen zu erreichen.“
• Planungsgrundsatz 3„Die Fächervielfalt an den Hochschulen des Landes wird bewahrt. Dies gilt insbesondere für den Bestand der „Kleinen Fächer“, für die bei Bedarf auch standortübergreifende Konzepte und Verbundstrukturen (weiter)entwickelt werden können.“
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Planungsgrundsatz 4„Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen verbessern die strukturellen Voraussetzungen für den Studienerfolg einer zunehmend heterogenen Studierendenschaft.“
Planungsgrundsatz 5„Die Studienqualität soll weiter verbessert und der Stellenwert von Studium und Lehre an den Hochschulen strukturell gestärkt werden.“
Planungsgrundsatz 6„Die Hochschulen haben ihre Forschungsleistung kontinuierlich gesteigert und international sichtbare Profilschwerpunkte entwickelt. Weitere Förderimpulse des Landes berücksichtigen im Einklang mit der Förderpolitik der Europäischen Union eine an zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen ausgerichtete, problemlösungsorientierte und auf Umsetzungs- und Verbreitungsfähigkeit von Lösungen abzielende Forschung.“
Planungsgrundsatz 7„Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen vertiefen ihre Zusammenarbeit untereinander sowie mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen.“
Im November 2015 soll der erste Entwurf des Gesamtdokumentes des Landeshochschulent-wicklungsplans vorliegen. Dann haben die Hochschulen bis Mitte Februar 2016 Zeit, Stellung zu nehmen.
RahmenvorgabenDie sog. Rahmenvorgaben können als ein neues Instrument nicht nur die Bereiche Wirtschaftsführung, Rechnungswesen, Nachweis der sachgerechten Verwendung der Mittel sowie Jahresabschluss umfassen, sondern sich auch auf den Bereich Personalverwaltung ausdehnen. Damit kann tief in die Selbstständigkeit der Universitäten eingegriffen werden. Die Universitäten werten diese Regelung als ein zum Ausdruck kommendes Misstrauen gegenüber den Hochschulen und so besteht die Besorgnis, wie zukünftig eine gute, die Aufgabenstellung und die gezeigten Leistungen der Universitäten respektierende vertrauensvolle Arbeitsbasis zwischen den formal selbstständigen Hochschulen und dem Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung geschaffen werden soll.
Das Instrument der Rahmenvorgabe wurde von den Hochschulen in der Diskussion strikt abgelehnt, ist aber dennoch Bestandteil des Hochschulzukunftsgesetzes geworden. Es verunklart die Rechtslage in einem sowieso schon sehr stark rechtlich normiertem Bereich (Personalwesen und Finanzwesen). Damit entsteht außerdem die Schwierigkeit, Verantwortlichkeiten für bestimmte Entscheidungen dem Land oder den Hochschulen zuzurechnen.
Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat in seiner Sitzung am 18.03.2015 dem Entwurf der Rahmenvorgabengrundsätzeverordnung zugestimmt. In dieser werden die für den Erlass von Rahmenvorgaben geltenden Grundsätze geregelt.
Rahmenkodex „Gute Beschäftigungsbedingungen für das Hochschulpersonal“Die Hochschulen, die Landespersonalrätekonferenzen und das Ministerium sollen einen Rahmenkodex für gute Beschäftigungsbedingungen vereinbaren.
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Die Universitäten setzen sich bereits heute, wie auch in der Vergangenheit, stets für gute Beschäftigungsbedingungen aller Beschäftigten ein und nutzen jegliche gesetzliche Möglichkeiten diese weiter zu verbessern. Die Universitätsleitungen in Nordrhein-Westfalen haben vor diesem Hintergrund am 1. Dezember 2014 die sog. „Dortmunder Erklärung“ mit Muster-Leitlinien guter Beschäftigungsbedingungen für das Personal an den nordrhein-westfälischen Universitäten unterzeichnet. Ziel und großes Anliegen ist es, innerhalb des finanziellen und rechtlichen Rahmens gute und verlässliche Beschäftigungsbedingungen und Karrieremöglichkeiten zu bieten. Auf Basis dieser Muster-Leitlinien sollen im Laufe des Jahres 2015 in allen Universitäten des Landes nach Beteiligung der Personalräte, Hochschulräte und Senate Leitlinien guter Beschäftigung verabschiedet werden.
Auch der Rahmenkodex war ursprünglich als Selbstverpflichtung gedacht und geht auf eine Vereinbarung mit dem Land in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen IV zurück. Durch das Hochschulzukunftsgesetz ist er nun gesetzlich normiert. Die Beratungsrunden der Vertreter der Hochschulleitungen, der Landespersonalrätekonferenzen und seit 2014 auch der Gewerkschaften unter der Leitung des Ministeriums dauerten seit Dezember 2012 an. Die Politik wollte einen Abschluss vorantreiben. Am 3. Juni 2015 fand die Abschlussveranstaltung statt, in der der finale Text des Rahmenkodexes verabschiedet wurde.
Einer genaueren Prüfung bedarf es aber, wie es zu beurteilen ist, dass durch den Rahmenkodex Regelungen aufgestellt werden, die der Landesgesetzgeber im Wege des Gesetzes nicht regeln könnte, weil im Bereich des Arbeitsrechts eine vorrangige Gesetzgebungskompetenz des Bundes besteht. Diese und andere rechtlichen Fragen sind bisher noch nicht abschließend geklärt.
3. HochschulfinanzierungDie Landesregierung will die Finanzierung der Hochschulen deutlicher und transparenter an die von den Hochschulen übernommenen gesellschaftlichen Aufgaben binden und in Richtung Budgetierung weiterentwickeln. Laut dem Hochschulzukunftsgesetz entwickelt das Ministerium ein Reformmodell der staatlichen Finanzierung der Hochschulen im Sinne einer strategischen Budgetierung. Es kann zur eigenverantwortlichen Steuerung der Hochschulen mit dem Ziel der Stärkung ihrer Leistungsfähigkeit für die Hochschulen durch Rechtsverordnung anordnen, das Reformmodell zu erproben.Im Oktober 2013 hat zum Thema „Weiterentwicklung der Hochschulfinanzierung (Budgetierung)“ ein Workshop im Ministerium stattgefunden. In diesem haben auch Vertreter von Hochschulen und Ministerien anderer Bundesländer ihre Modelle vorgestellt. Im Ministerium werden Überlegungen für eine Grundfinanzierung der Hochschulen für Lehre und Forschung auf der Grundlage eines „Preis“-Modells verfolgt. Das Ministerium hat eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, in der für die Universitäten Hochschulplaner und Finanzdezernenten mitwirken, die erste Überlegungen zu einer „Strategischen Budgetierung“ anstellt. Ferner soll ab dem 1. Januar 2016 zwischen dem Land und den Hochschulen ein sog. Liquiditätsverbund hergestellt werden.
Mit der Übernahme der gesamten Kosten für das Bafög ab 2015 hatte der Bund die Länder jährlich um 1,2 Milliarden Euro entlastet. Nordrhein-Westfalen spart jedes Jahr knapp 280 Millionen Euro. In die Hochschulen fließen diese Gelder aber nicht. Die Mittel werden für die frühkindliche Bildung, für den Ausbau der offenen Ganztagsschulen im Primarbereich sowie
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für die schulische Inklusion ausgegeben. Insbesondere mit Blick auf die nicht ausreichende Grundfinanzierung der Universitäten wird diese Entwicklung stark kritisiert.
4. ImmobilienmanagementWie im Bericht der Jahre 2013 und 2014 beschrieben, hat die nordrhein-westfälische Landesregierung im Februar 2008 an der Universität zu Köln und der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg einen Modellversuch zum dezentralen Liegenschaftsmanagement gestartet, der im Juli 2013 das Ende der ersten Stufe erreicht hat. Die Planungs-, Ressourcen-, Betreiber- und Bauherrenverantwortung wurden bei der Universität zusammengeführt, so dass ein eigenverantwortliches Bauen der Universität gegeben war. Im Bereich des Immobilienmanagements sollte im Rahmen eines Modellprojektes die bestmögliche Lösung für die Organisation und Finanzierung der Bau- und Bauunterhaltungsaufgaben gefunden werden.
Das Hochschulzukunftsgesetz bestätigt das Verfahren des dezentralen Liegenschafts-managements für die Modellhochschulen. Zugleich wird aber die Bestimmung des bis 30.09.2014 geltenden Hochschulfreiheitsgesetzes zum Modellversuch, die den Auftrag formuliert, die Übertragung der Hochschulliegenschaften auf die Hochschulen zu erproben, außer Kraft gesetzt. Die Bemühungen der Hochschulen zu einer erneuten Öffnungsklausel im Hochschulzukunftsgesetz haben keine Wirkung gezeigt.
Neben und bei der Verwertung des Ergebnisses des Modellprojektes bleibt aber auch das Verhältnis zum Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen (BLB NRW) ein wichtiges Thema im Immobilienmanagement. Die Universitäten mieten einen Großteil ihrer Gebäude zentral vom BLB NRW an. Der BLB NRW, bei dem es sich um ein teilrechtsfähiges Sondervermögen handelt, hat bei seiner Gründung im Jahr 2001 im Eigentum des Landes Nordrhein-Westfalen stehende Liegenschaften – mit Ausnahme weniger Sonderliegenschaften – übertragen bekommen. Auftrag des BLB NRW ist es, die übertragenen Grundstücke für Zwecke des Landes nach kaufmännischen Grundsätzen zu erwerben, zu bewirtschaften, zu entwickeln und zu verwerten.
Das mit dem BLB NRW verwirklichte Liegenschaftsmanagement ist in den Augen der Universitäten unverändert keine wissenschaftsadäquate Form der Gestaltung und Entwicklung der Hochschulgebäude. Ungeachtet dessen erarbeiten die Hochschulen gemeinsam mit dem Ministerium und dem BLB NRW Ansätze für eine verbesserte Kooperation. Es wurden beispielsweise Checklisten entwickelt, mit denen die Bauprojekte bewertet wurden, um ein „best practice“ Beispiel herauszuarbeiten.
Im November 2014 hat das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen ein „Eckpunktepapier zur Neuausrichtung des Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW“ veröffentlicht. Dieses beschreibt neben der Ausgangslage und der betrieblichen Defizite des BLB NRW die Rahmenbedingungen seiner Neuausrichtung sowie die Maßnahmen zur Zielerreichung.
Das laufende Hochschulmodernisierungsprogramm (2009 bis 2015) soll ab dem Jahr 2016 durch das Hochschulbaukonsolidierungsprogramm fortgesetzt werden. Das Land sichert zu, die im laufenden Programm nicht fertig gestellten Projekte zu Ende zu führen und begonnene Sanierungen weiter zu betreiben. Eine erhöhte finanzielle Belastung der Hochschulen liegt aber in der Erhöhung des Eigenanteils des Hochschulbaukonsolidierungsprogrammes. Es ist
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vorgesehen, dass sich die Hochschulen mit einem Eigenanteil von insgesamt 130 Mio. € an dem Hochschulbaukonsolidierungsprogramm beteiligen. Damit steigt die Eigenbeteiligung der Hochschulen an der baulichen Bestandssanierung auf ca. 11 %. Speziell bei Universitäten, die signifikante Baumaßnahmen durchführen müssen, führt dies zu erheblichen finanziellen Mehrbelastungen.
5. MindestlohngesetzAm 16.08.2014 ist das Tarifautonomiestärkungsgesetz in Kraft getreten. Kernelement des Gesetzes ist dessen Artikel 1 mit dem Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz – MiLoG), mit dem ab dem 01.01.2015 ein Mindestlohn von brutto 8,50 € je Zeitstunde für jede Arbeitnehmerin und jeden Arbeitnehmer sowie für bestimmte Praktikantinnen und Praktikanten eingeführt wird.Das MiLoG gilt auch für die Hochschulen, insbesondere auch für studentische Hilfskräfte und wissenschaftliche Hilfskräfte.
Obwohl im Normalfall die Zahlung des Mindestlohns erfüllt sein wird, so werden die Hochschulen trotzdem durch das neue Gesetz vor sehr große Herausforderungen gestellt. Zum Beispiel grenzt das MiLoG im wissenschaftlichen Bereich die Flexibilität deutlich ein. Die Kanzlersprecherin NRW bemüht sich, die Politik für die Umsetzungsprobleme des MiLoG in den Hochschulen zu sensibilisieren. Inwieweit dies erfolgreich sein wird, ist aber fraglich.
6. EFREIm November 2014 ist die Rahmenrichtlinie über die Gewährung von Zuwendungen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung im Zielbereich Investitionen in Wachstum und Beschäftigung (EFRE) in der Förderperiode 2014-2020 im Land Nordrhein-Westfalen beschlossen worden.So sehr die Universitäten die Mittel aus dem EFRE begrüßen, so sehr gab es auch Verfahrensunklarheiten und rechtliche Fragen, insbesondere zum Datenschutz, die eine vorbehaltlose Beteiligung an dem Programm erschwert haben. Das Ministerium sowie der Projektträger sind sehr bemüht Lösungen zu finden, die diese Bedenken minimieren.
Hagen, 2. Juli 2015
gez.: Regina Zdebel
Kanzlerin der FernUniversität in Hagen
Sprecherin der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten des Landes Nordrhein-Westfalen
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Rheinland-Pfalz 1. Allgemeines Der Landesrechnungshof hat in 2014 eine Prüfung zum Abschluss und zur Abwicklung von Werkverträgen an der TU Kaiserslautern begonnen. Deutschlandstipendien wurden von allen Universitäten des Landes vergeben, nicht alle konnten das Kontingent voll ausschöpfen.Die Stipendienstiftung des Landes für den wissenschaftlichen Nachwuchs hat ihre Mittelkürzung aus 2012/2013 um ca. 35 % (von 1,5 Mio. Euro auf 972.000 Euro) auch im Doppelhaushalt 2014/2015 beibehalten.
2. HaushaltFür die Finanz- und Personalausstattung der Hochschulen sind in Rheinland-Pfalz zwei Modelle geschaffen worden: das Mittelbemessungsmodell (MBM) für den Bereich Forschung und Lehre, das Personalbemessungskonzept für die personelle Ausstattung, das jedoch wegen der Unvereinbarkeit mit dem Hochschulpakt derzeit ausgesetzt ist. Hinzu kommt, dass über die Veranschlagung eine „Deckelung“ gegeben ist und damit der Veränderung der Bedarfs- und Leistungsparameter nur durch Umverteilung zwischen den Hochschulen Rechnung getragen wird. Dem über alle Hochschulen steigenden Finanzbedarf, abgesehen von Tarif- und Besoldungsanpassungen auf der Grundlage ministerieller Berechnungen, dienen verschiedene Sonderprogramme. Die in 2012 und 2013 erfolgte Ansatzkürzung aufgrund der Erhöhung der professoralen Lehrverpflichtung von 8 auf 9 SWS wird nicht ausgeglichen. Mit dem Doppelhaushalt 2014/2015 hat sich die Schere zwischen Grundfinanzierung im Hochschulkapitel und Ergänzungsfinanzierungen aus verschiedenen Sonderprogrammen weiter geöffnet: Die Grundfinanzierung bleibt unverändert, eine Anpassung an gestiegene Kosten oder veränderte Aufgaben bzw. veränderten Bedarf erfolgt nicht. Zusatzfinanzierungen über Sonderprogramme werden i.d.R. im kompetitiven Verfahren und zeitlich befristet gewährt und in Vereinbarungen zwischen Hochschule und Wissenschaftsministerium mit quantitativen und qualitativen Leistungszielen unterlegt.
Für die Abschaffung der Studienkonten-Regelung für Langzeitstudierende wurde vom Land keine Kompensation gewährt.
Die für den Doppelhaushalt 2014/2015 angesetzten Tarif- und Besoldungssteigerungen basieren auf den Ansätzen 2013. Damit wurde der im Doppelhaushalt 2012/2013 eingetretene zwangsläufige Mehrbedarf nicht berücksichtigt. Der Besoldungs- und Tarifanstieg für den Haushalt 2014/2015 hingegen wurde bei der Veranschlagung berücksichtigt: für Beamte sind –entsprechend der Koalitionsvereinbarung aus dem Jahr 2011– 1 % p.a. angesetzt, für die Beschäftigten haben sich die Tarifparteien auf + 2,65 % in 2013 und + 2,95 % in 2014 verständigt.
Die Hochschulen bleiben von der für den Rest der Landesverwaltung geltenden Effizienzdividende ausgenommen, die eine jährliche Absenkung der Personalausgaben um 1,5 % bedeutet hätte.
Die Haushaltsansätze bei den Sachaufwendungen und Investitionen werden – wie schon in den vorangegangenen Jahren – überrollt.
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Neu geschaffen wurden landesweit 100 Stellen, die zeitlich befristete Beschäftigungsverhältnisse aus dem Hochschulpakt in Servicebereichen (dezentrale und zentrale Verwaltung) ablösen sollen. Damit wurde ein erster Schritt zur Verstetigung der durch den Hochschulpakt ausgeweiteten Hochschulfinanzierung getan, der aber noch weit vom Bedarf entfernt ist.
Im Rahmen des Hochschulpaktes 2020 ist das Land Rheinland-Pfalz ein verlässlicher Partner der Hochschulen und honoriert -wie vereinbart- eingetretene Steigerungen bei den Einschreibungen. Die verabredeten Ziele der Phase I wurden nicht nur erreicht, sondern darüber hinaus zusätzliche Studienanfängerinnen und -anfänger aufgenommen. Für die Phase II (2011 - 2015) wurden neue quantitative Zielvereinbarungen abgeschlossen. Für die in den Jahren 2011 - 2013 erreichte Überfüllung der Zielzahlen erhielten die Hochschulen bereits erste Abschläge auf die vereinbarten zusätzlichen Mittel. Für qualitative Maßnahmen konnten in begrenztem Rahmen Programmbudgets vereinbart werden.
Die Entwicklung im Einzelnen ist der folgenden Tabelle zu entnehmen. Diese enthält die mit dem Ministerium vereinbarten quantitativen Ziele für beide Phasen sowie die jeweils erreichten Studienanfängerzahlen.
Abweichungen Hochschulerstsemester-Studierende im Vergleich zum Studienjahr 2005 (Ist-Zunahme)
Studienanfänger im 1. Hochschulsemester im Vergleich zum Studienjahr 2005 (Ist-Zunahme)
Universität Soll 2007 - 2010 Ist 2007 - 2010 Soll 2011 - 2015 Ist 2011 - 2014
Kaiserslautern 453 1.923 2.000 2.433
Koblenz- Landau 489 1.535 1.685 2.897
Mainz 1.286 2.544 3.322 2.050
Trier 668 1.044 1.055 1.340
Zur Finanzierung profilbildender Forschungsschwerpunkte und -zentren haben die rheinland-pfälzischen Hochschulen seit Beginn der Forschungsinitiative bis Ende 2013 Landesmittel zusätzlich zur Grundfinanzierung in Höhe von über 100 Mio. Euro erhalten. (Gefördert wurden seit 2008 zunächst die vier Universitäten, seit 2010 auch die sieben Fachhochschulen des Landes.) Für die Fortsetzung der Initiative in den Jahren 2014 bis 2016 sind im Haushalt weitere 60 Mio. Euro (d.h. 20 Mio. Euro jährlich) eingeplant.
Hierzu wurden am 21.02.2014 Zielvereinbarungen für die Jahre 2014 bis 2016 unterzeichnet, in denen die wegweisenden Forschungsfelder der einzelnen Hochschulen zur weiteren Profilbildung beschrieben sind und vereinbart ist, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um die Förderung ungekürzt und für die beabsichtigte Laufzeit zu erhalten.
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Da künftig der Bund den Anteil der Länder an der Finanzierung des BAföG übernimmt, werden in Rheinland-Pfalz 35 Mio. Euro frei, die mit einem Teilbetrag von 10 Mio. Euro im Bereich der Schulen, insbesondere im Hinblick auf das politische Ziel der „Inklusion“, verwandt werden sollen. 25 Mio. Euro werden den Hochschulen zugerechnet. Vom auf den Hochschulbereich entfallenden Anteil sind wiederum 9 Mio. Euro für die Hauptgrup¬pe 5 (Sachausgaben) und 16 Mio. Euro für die Schaffung von 200 (ausfinanzierten) Stellen vorgesehen. Diese sollen zur Verbesserung der Studienbedingungen, zur Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen, zur Förderung des wissenschaftlichen Nach¬wuchses oder profilbildende Maßnahmen eingesetzt werden. Von den 200 Planstellen gehen 68 an die Fachhochschulen und 112 an die Universitäten. 20 Stellen verbleiben in einem Stellen-Pool des Ministeriums. Einzelheiten sind zwischen dem Wissenschaftsministerium und den Hochschulen in Zielvereinbarungen verbindlich festgelegt. Politischen Zielsetzungen, beispielsweise die vermehrte - über 50 % - hinausgehende Tenure-Track-Option bei Juniorprofessuren, sollen in diesem Rahmen angemessen berücksichtigt werden.
Die freiwerdenden Ressourcen aus dem BAföG-Länderanteil sollen ab 2015 ebenso wie die 100 Stellen in die Hochschulhaushalte übergeführt werden.
3. Immobilienmanagement In Rheinland-Pfalz wurden die Hochschulimmobilien zum 01.01.2007 in den Landesbetrieb Liegenschafts-und Baubetreuung (LBB) integriert. Seitdem besteht zwischen dem LBB und den Hochschulen ein Mietverhältnis. Hierdurch soll unter kaufmännischen Gesichtspunkten eine ganzheitliche Betrachtung der Immobiliennutzungskosten und der Immobilienentwicklung gewährleistet werden. Seit 01.01.2009 wird das Mietverhältnis auf Basis einer Nutzungsentgeltvereinbarung abgewickelt.
Nach einer aktuellen Studie der HIS HE waren die Bau- und Instandsetzungsmittel in Rheinland-Pfalz in den Jahren 2008 bis 2012 mit 29 % unterfinanziert.
4. Hochschulgesetz Mit Gesetz vom 24.07.14 wurde das HochSchG letztmals geändert. Inhaltlich geht es bei der Änderung um die Einführung hochschuleigener Publikationsorgane für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen. Neben Hochschulsatzungen sind in den hochschuleigenen Publikationsorganen auch die Satzungen der Studierendenschaft und des Studierendenwerkes zu veröffentlichen.
TransparenzgesetzIn Rheinland-Pfalz ist die Einführung eines Transparenzgesetzes geplant. In einer gemeinsamen Stellungnahme zum Gesetzentwurf sprachen sich die Universitäten und die Fachhochschulen des Landes dafür aus, dass Tätigkeiten der Hochschulen im Bereich der Wissenschaft, Forschung und Lehre nicht vom Anwendungsbereich des Transparenzgesetzes erfasst sein sollen.
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Patentverbund Forschung Rheinland-Pfalz – Fortführung ab 2016Die Geschäftsstelle Patentverbund wechselt von der Uni Mainz an die TU Kaiserslautern zum 01.01.2016. Die Finanzierung des Patentverbundes Forschung soll ab Januar 2016 durch den Bund und das Land fortgeführt werden. Start der neuen Signo-Förderperiode (Laufzeit 4 Jahre) soll Januar 2016 sein; die Richtlinie ist bisher nicht veröffentlicht.
5. Studium und Lehre Bachelor / Master Die Entwicklungen im Bereich Studium und Lehre sind nach wie vor maßgeblich durch die neue Studienstruktur mit Bachelor- und Masterabschlüssen bestimmt, die jetzt vollständig umgesetzt ist. Die Universitäten arbeiten intensiv an einer Reduzierung der Anlaufschwierigkeiten, insbesondere im Rahmen der Reakkreditierungsverfahren. Einige Universitäten streben die Systemakkreditierung an, diese ist für die Universität Mainz seit 2011 bereits genehmigt. Die sich aus der Mehrstufigkeit des Bologna-Systems ergebende Notwendigkeit eines zusätzlichen und sehr aufwändigen Bewerbungsverfahrens für die Masterstudiengänge stellt die Hochschulen allerdings vor erhebliche personelle und organisatorische Probleme. Dies nicht nur in den Studierendensekretariaten, die personell massiv aufgestockt werden müssen, sondern auch die Fächer und Fachbereiche müssen qualifiziertes Personal zur fachinhaltlichen Prüfung der Bewerbungsanträge innerhalb kürzester Zeit bereit halten.
Als zusätzlicher Problembereich erweist sich zudem die Sicherstellung eines verzögerungsfreien Übergangs vom Bachelor- zum Masterstudium. Hier hat das Ministerium im Rahmen einer Gesetzesänderung die Möglichkeit geschaffen, dass Studierende unter bestimmten Bedingungen auch ohne vollständigen Bachelorabschluss bereits das Masterstudium beginnen können. In der Umsetzung ergeben sich allerdings erhebliche Schwierigkeiten dadurch, dass es keine landes- oder bundesweit einheitlichen Standards über die vorzulegenden Leistungsbescheinigungen gibt.
Mehrfach- bzw. Paralleleinschreibungen in zulassungsfreien Studiengängen an verschiedenen Hochschulstandorten bereiten Probleme u.a. bei der Umsetzung des § 68 Abs. 1 Nr. 3 HochSchG (Verlust des Prüfungsanspruchs in dem gewählten Studiengang), da die Informationen über einen möglichen Verlust des Prüfungsanspruchs an einer anderen Hochschule nicht verfügbar sind.
Dialogorientiertes Serviceverfahren (DoSV) / StudienplatzbörseIm Jahr 2014 wurden nach Durchführung der nach Landesrecht vorgegebenen Zahl von Nachrückverfahren frei gebliebene Studienplätze an die „Studienplatzbörse“ gemeldet. Die Universitäten versuchen zudem, durch „gemeinsame Zeitfenster“ die Problematik der Mehrfachbewerbungen zu entschärfen. Insgesamt, so ist festzustellen, haben die Hochschulen einen pragmatischen Weg gefunden, wie sie mit den hohen Bewerberzahlen sowie dem Problem der Mehrfachbewerbungen halbwegs vertretbar umgehen. Die Hochschulen in Rheinland-Pfalz können hierbei nachweisen, dass sie sämtliche verfügbaren Studienplätze besetzen. Dort, wo nach Abschluss der Verfahren evtl. noch Kapazitäten frei sind, stehen keine Bewerberinnen und Bewerber mehr zur Verfügung.
Die Hochschulen des Landes Rheinland-Pfalz sind aktuell ab dem Wintersemester 2015/2016 verpflichtet, die Vergabeverfahren in den zulassungsbeschränkten Studiengängen unter Mitwirkung der SfH durchzuführen; wie das Ministerium angekündigt hat, soll diese
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Verpflichtung letztmals auf das Wintersemester 2016/17 verschoben werden. Bereits zum WS 2013/2014 wurden im DoSV Cluster in Psychologie und mit Einschränkungen in Wirtschaftswissenschaften und Rechtswissenschaften gebildet. Die Universitäten Koblenz-Landau, Mainz und Trier nehmen seitdem mit dem Studiengang Psychologie (B.Sc.) (bzw. Mainz zusätzlich mit Wirtschaftswissenschaften und Rechtswissenschaften) teil. Aus Sicht der Hochschulen hat sich durch die Teilnahme am DoSV kein Entlastungseffekt, sondern auf Grund der erforderlichen Koordinierung sowie der erhöhten Bewerberinformation und -betreuung ein erhöhter Arbeitsaufwand ergeben. Da durch die Teilnahme am DoSV auch kein schnelleres und besseres Annahme- und Einschreibeergebnis erzielt werden konnte, fällt das vorläufige Fazit der beteiligten Hochschulen kritisch aus. Die rheinland-pfälzischen Hochschulen werden zum WS 2015/2016 mit einer reduzierten Anzahl an Studiengängen am DoSV zur Erprobung teilnehmen. Die TU Kaiserslautern wird sich am DoSV mit dem Bachelorstudiengang Lebensmittelchemie beteiligen. Das zuständige Ministerium hat mitgeteilt, dass ab dem Wintersemester 2016/17 alle zulassungsbeschränkten Studiengänge in das DoSV einzubinden sind. Hierbei wurde auch angekündigt, die Vorlesungszeiten der Fachhochschulen an die der Universitäten anzugleichen.
Studierende an rheinland-pfälzischen Hochschulen in Bachelor-und Master-Studiengängen im WS 2014/15 *
Studierende
Hochschule in Bachelor-Studiengängen in Master-Studiengängen zusammen
Universität Mainz 15.869 5.741 21.610
TU Kaiserslautern 5.417 5.704 11.121
Universität Trier 7.173 2.613 9.786
Univ. Koblenz-Landau 10.072 3.575 13.647
sonstige Hochschulen 785 646 1.431
Fachhochschulen 34.346 6.750 41.096
Gesamt 73.662 25.029 98.691
Quelle: Studierendenstatistik Stat. Landesamt Rheinland-Pfalz
* ohne Beurlaubte, Studienkollegiatinnen/Studienkollegiaten, Teilnehmerinnen/Teilnehmer am Deutschkurs und Gasthörerinnen/Gasthörer
6. IT-StrukturDie zunehmende Digitalisierung durchdringt insbesondere auch alle Bereiche der Hochschulen, von der Lehre über die Forschung bis hin zur Verwaltung. Vor diesem Hintergrund prüfen derzeit die rheinland-pfälzischen Hochschulen in einem IT-Arbeitskreis im Auftrag der Landeshochschulpräsidentenkonferenz Rheinland-Pfalz die Möglichkeiten, durch gezielte
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Kooperationen zwischen den Hochschulen Synergieeffekte zu erzielen, die es erlauben, die wachsenden Aufgaben im IT-Bereich gemeinsam erfolgreich bewältigen zu können. Mögliche gemeinsame Aufgabenfelder hierfür sind beispielsweise Sync&Share, Backup, Dokumenten- und Forschungsdatenmanagement und viele weitere höhere Dienste.
7. Personalwesen
BeamtenbesoldungDas Bundesverfassungsgericht hat das Landesbesoldungsgesetzes Rheinland-Pfalz (Besoldungserhöhung von 2012 bis 2016 um jeweils ein Prozent) für verfassungskonform erklärt und hierbei Kriterien für die Ermittlung der Besoldungshöhe bestimmt (Urteil vom 05.05.2015, 2 BvL 7/09 u.a.).
Der Ministerrat hat im April 2015 einen Gesetzentwurf zur Übernahme des Ergebnisses der Tarifverhandlung 2015 beschlossen. Die Bezüge sollen demnach rückwirkend zum 01.03.2015 basierend auf den Tabellenwerten mit dem Stand 31. Dezember 2014 um 2,1 Prozent sowie zum 01.03.2016 um 2,3 Prozent, mindestens aber um 75 Euro, erhöht werden.
RuhestandDie Regelaltersgrenze (derzeit Vollendung des 65. Lebensjahres) steigt nach einem Gesetzentwurf ab dem Jahr 2016 stufenweise an: Für die Geburtsjahrgänge 1951 bis 1954 um je einen Monat und ab dem Jahrgang 1955 um je zwei Monate pro Jahrgang. Für alle nach 1963 Geborenen gilt somit die neue Regelaltersgrenze von 67 Jahren. Die ergänzende Sonderregelung für Wissenschaftler (Eintritt in den Ruhestand in Abhängigkeit vom Semesterende) bleibt nach derzeitigem Kenntnisstand unberührt. Gleichzeitig soll ein neues Arbeitszeitmodell eingeführt werden, um den Übergang in den Ruhestand flexibel gestalten zu können.
Kaiserslautern, im Juli 2015 Stefan Lorenz Landessprecher Rheinland-Pfalz
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Saarland 1. Allgemeines 2014 war für die Universität des Saarlandes (UdS) sowohl im positiven als auch im negativen Sinne ein besonders ereignisreiches Jahr. Auf einem Höhepunkt ihrer Leistungsentwicklung als mittelgroße Universität mit fünf Sonderforschungsbereichen, sechs Graduiertenkollegs, einem Exzellenzcluster und einer Graduiertenschule, zahlreichen DFG- und EU-Projekten (bei Drittmitteleinnahmen von knapp 80 Millionen Euro insgesamt) musste und muss sich die Universität mit den vom Land in Folge der Schuldenbremse vorgenommenen Einsparungen (und deren Folgen) im Globalhaushalt bis 2020 befassen.
Auf der Grundlage der Begutachtung des saarländischen Hochschulsystems durch den Wissenschaftsrat mit Abschlussbericht im Januar 2014 wurde im ersten Halbjahr 2014 in intensiven Erörterungen durch mehrere Arbeitsgruppen zwischen Staatskanzlei und Hochschulen über Sparmaßnahmen an den Hochschulen, Kooperationspotenziale zwischen den Hochschulen und Gestaltungsoptionen für die Zukunft diskutiert. Dies mündete in einen Landeshochschulentwicklungsplan, der im Dezember 2014 im Entwurf vorgelegt und im Frühjahr 2015 vom saarländischen Ministerrat verabschiedet und durch den Landtag bekräftigt wurde.
Zur Erreichung der Sparvorgaben muss die Universität einen deutlichen Rückbau einleiten. Dies wird bei Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen und ohne Eingriffe in Berufungszusagen sowie unter Wahrung des Vertrauensschutzes für Doktoranden (vom Land vorgegebene Bedingungen) nur unter größten Anstrengungen möglich sein. Dies gilt umso mehr, als das Land ungeachtet dessen davon ausgeht, dass die Universität den Leistungserwartungen des Landeshochschulentwicklungsplans entspricht. Auf diesen Zielkonflikt haben Universitätsleitung, Senat und Universitätsrat gegenüber dem Land mehrfach deutlich hingewiesen.
Das Präsidium der UdS hat eine Finanzplanung bis 2020 vorgelegt, die nunmehr strukturelle Einsparungen von ca. 12 % bei den Fakultäten und ca. 18% bei der zentralen Verwaltung und den zentralen Einrichtungen vorsieht. Die Sparplanung für die Fächer befindet sich noch in der finalen Abstimmung zwischen Präsidium und Fakultäten. In einem Projekt „Strukturentwicklung Zentrale Einrichtungen“ wurden Maßnahmen erarbeitet, die bis hin zur Schließung von Einrichtungen und Einführung von Gebührenmodellen reichen. In der zentralen Verwaltung wurde eine intensive Evaluation durchgeführt, aus der etwa 75 Maßnahmen zur Reduktion von Ausgaben (darunter ein signifikanter Stellenabbau in den Verwaltungsreferaten) oder Erhöhung von Einnahmen (darunter z.B. Verwaltungskostenbeitrag für Studierende, Zweit- und Langzeitstudiengebühren, Parkgebühren u.ä.) resultieren, die nun ebenfalls umgesetzt werden sollen.
Im Oktober 2014 trat die sog. kleine UG-Novelle in Kraft, die u.a. Mindestlaufzeiten für befristete Verträge im akademischen Mittelbau einführte aber auch mehr Flexibilität bei der Ausschreibung von Professuren einräumt. Angekündigt ist eine „große Gesetzesnovelle“ mit der Zielsetzung eines landeseinheitlichen Hochschulgesetzes.
Mit Gesetz zur Neuregelung der Professorenbesoldung vom 21. Januar 2015 hat das Saarland unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Februar 2012 die Bestimmungen zur Professorenbesoldung rückwirkend zum 1. Januar 2013 wie folgt geändert:
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Das System von jeweils einem festen Grundgehalt in den Besoldungsgruppen W 1 bis W 3 und ergänzenden variablen Leistungsbezügen in den Besoldungsgruppen W 2 und W 3 wurde beibehalten. Die Grundgehälter in den Besoldungsgruppen W 2 und W 3 wurden um 550 Euro bzw. 450 Euro erhöht. Bereits gewährte Leistungsbezüge werden auf die erhöhten Grundgehälter angerechnet. Dies erfolgt grundsätzlich bis zur Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den bisherigen und den erhöhten Grundgehältern. Bei unbefristeten Leistungsbezügen sind 20% von der Anrechnung ausgenommen. Der „Vergaberahmen“ für Leistungsbezüge wurde für Hochschulen mit Globalhaushalt aufgehoben.
Der Landesrechnungshof hat gerade seine im August 2014 begonnene „Orientierungsprüfung“ zum Thema Personalbewirtschaftung an der Universität des Saarlandes abgeschlossen; die Prüfmitteilung wird in Kürze erwartet.
2. HaushaltSeit 2004 hat die UdS einen Globalhaushalt und bilanziert. Die Gesamterträge der UdS betrugen in 2014 328,0 Mio. Euro (Vorjahr: 335,1,1 Mio. Euro), denen Aufwendungen in Höhe von 317,6 Mio. Euro (Vorjahr: 323,3 Mio. Euro) gegenüberstanden. Aufgrund der starken Drittmittelbilanz ist das Berichtsjahr insgesamt als gutes Geschäftsjahr zu bewerten und konnte mit einem Jahresüberschuss von 10,3 Mio. Euro (Vorjahr: 11,8 Mio. Euro) abgeschlossen werden. Zu konstatieren ist hierbei, dass die Landeszuwendungsquote auf 64% (Vorjahr: 64%) verharrt. Bei einem leichten Rückgang im Personalbestand ist der Personalaufwand um 1,9% gestiegen, was deutlich unter der Tarifsteigerung für 2014 liegt und damit die Sparbemühungen der Universität verdeutlicht.
3. ImmobilienDie UdS ist Eigentümerin der Gebäude des Campus Saarbrücken und Dudweiler, in Homburg ist sie wirtschaftliche Nutzerin. Die Umstrukturierung des Landesbauhaushaltes von ressortbezogenen Budgets in ein Gesamtbudget für alle Hochbauausgaben im Jahr 2013 erschwert weiterhin die Planung dringend erforderlicher Sanierungen. Neue Maßnahmen können nicht verlässlich definiert werden.
Die Grundproblematik langer Nutzungszeiten älterer Gebäude (in etwa die Hälfte der Gebäude wurde in den 60er und den 70er Jahren errichtet) ohne ausreichende Sanierungsmittel verschärft sich zunehmend. Die Universität hat beim Land angemahnt, dass die für Hochbaumaßnahmen der UdS vorgesehenen (ohnehin schon zu niedrigen) Haushaltsansätze auch in der geplanten Höhe abfließen müssen, um die bestehende Problematik nicht noch weiter zu verschärfen.
Um festzustellen, wie hoch die Risiken in den einzelnen Gebäuden sind, hat die Universität 2014 eine Zustandsbewertung ihrer Liegenschaften durchgeführt. Dazu wurden die Kategorien Bausubstanz, Nutzung und Bauart der einzelnen Gebäude beurteilt und mit Gefährdungsindices belegt. Als Ergebnis resultiert ein Gefahrendiagramm, in das alle Gebäude eingeordnet sind. Das Diagramm ist mit den Ampelfarben grün, gelb und rot hinterlegt und verschafft so einen schnellen Überblick über den Zustand der Gebäude. Es zeigt auf, wo hohe Risiken bestehen und wo eine umfassende Sanierung erforderlich ist. Schließungen aus Sicherheitsgründen werden nicht zu vermeiden sein, da die erforderlichen Sanierungen nicht umgehend umgesetzt werden können.
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4. Studium und Lehre Die Universität des Saarlandes erweiterte im Jahr 2014 ihr Studienangebot um den innovativen Bachelor-Studiengang „Cybersicherheit“. Die Gesamtzahl der Studienfächer (123) bleibt allerdings unverändert, da zeitgleich der Licence-Studiengang „Allemand“ durch Neukonzeption im Masterstudiengang „Literatur-, Kultur- und Sprachgeschichte des deutschsprachigen Raums“ aufgegangen ist.Mit über 18.200 Studierenden (davon ca. 17% Ausländer) hielt die UdS die seit einigen Jahren sehr hohen Studierendenzahlen mit einem Frauenanteil von 52% stabil.
5. PersonalwesenIm Jahr 2014 traten drei neue Professorinnen und sieben neue Professoren den Dienst an der Universität des Saarlandes an. Davon wurden sieben Nachbesetzungen von in Ruhestand getretenen beziehungsweise wegberufenen Professorinnen und Professoren und drei neu eingerichtete Professuren besetzt. Von den sieben Nachbesetzungen wurde eine Professur zunächst für die Dauer von fünf Jahren eingerichtet. Unter den neu eingerichteten Professuren befand sich die Juris-Stiftungsprofessur für Rechtsinformatik, die für die Dauer von fünf Jahren eingerichtet wurde. Eine befristet eingerichtete Professur wurde für die Dauer von drei Jahren verlängert. Weiterhin traten drei Juniorprofessoren den Dienst an. Im Rahmen von Rufabwehrverfahren konnten zwei Professorinnen und drei Professoren an der Universität gehalten werden. Ein Professor hat die Universität verlassen (ohne Abwehrverhandlungen zu führen). Zwei Juniorprofessorinnen und ein Juniorprofessor haben die Universität verlassen. Die Juniorprofessorinnen und der Juniorprofessor folgten Rufen an andere Universitäten.
Im wissenschaftlichen Bereich waren 1.905 Vollzeitäquivalente zu verzeichnen, davon 74% befristet. Insgesamt wurden in 2014 in 7.987 Fällen Verträge neu abgeschlossen und geändert. Zwei Drittel davon betreffen den Bereich der wissenschaftlichen und studentischen Hilfskräfte. Im Bereich der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (ohne studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte) erfolgten 112 Stellenausschreibungen. Im Bereich des Verwaltungs-und technischen Personals wurden im Berichtsjahr 550 Verträge mit Beschäftigten abgeschlossen. Der Personalrat wurde in nahezu 1.350 Fällen beteiligt. Es gab im Jahr 2014 insgesamt 101 Stellenausschreibungen. Ende 2014 wurden wie in den Vorjahren Leistungsbezüge für besondere Leistungen in Forschung und Lehre in Form von Einmalzahlungen an die Professorinnen und Professoren ausgezahlt.
2014 lehrten und forschten 43 Professorinnen an der Universität des Saarlandes. Der prozentuale Anteil von 15,4 % liegt dabei weiter fast fünf Prozentpunkte unter dem Bundesdurchschnitt. Gleichwohl war die Universität des Saarlandes im Antragsverfahren des BMBF-Professorinnenprogramms 2014 eine von zehn Hochschulen bundesweit, die mit einer Spitzenbewertung begutachtet wurden.
Saarbrücken, im Mai 2015
Dr. Roland Rolles Universität des Saarlandes
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Sachsen 1. Studium und Lehre
1.1. Studentenzahlen Zum Wintersemester 2014/2015 waren an den sächsischen Hochschulen insgesamt 112.574 Studenten immatrikuliert. Im Vergleich zum Vorjahr sank somit die Studentenzahl um 820 (0,7 Prozent). Die Zahl der Studienanfänger, die im Jahr 2014 erstmals ein Hochschulstudium begannen, betrug 21.395. Das waren 790 bzw. 3,8 Prozent mehr als in 2013.
71,7 Prozent (80.701) aller Studenten waren an den vier Universitäten des Freistaates Sachsen eingeschrieben.
Im Wintersemester 2014/2015 waren 15.472 (Vorjahr 13.610) ausländische Studenten eingeschrieben, dies sind 13,8 % (Vorjahr 12,0 %) der Gesamtstudenten an Sachsens Hochschulen. Von den ausländischen Studenten kamen die meisten aus der Volksrepublik China (2.371) und Österreich (1.707) (Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen).
1.2. Hochschulpakt
Maßnahmenpaket zur Reduzierung der ÜberlastUm der Überlast an den sächsischen Hochschulen Rechnung zu tragen, wurde im Jahr 2012 von der Sächsischen Staatsregierung ein Maßnahmenpaket zur Reduzierung der Überlast („Überlastpaket“) beschlossen. Ziel des Überlastpaketes ist es, angesichts der unerwartet hohen Nachfrage, die Lehrangebote an den sächsischen Hochschulen in ausreichendem Umfang und angemessener Qualität bereitzustellen.
Zum Wintersemester 2012/2013 wurden den Hochschulen in Sachsen Mittel für insgesamt 145 zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse zur Verfügung gestellt. Das SMWK hat beschlossen, diese Beschäftigungsverhältnisse befristet bis zum 31.12.2016 als Reaktion auf die Überlast in strukturbestimmenden Lehreinheiten zu finanzieren. Ab dem Wintersemester 2013/2014 wurden in Sachsen weitere 155 Beschäftigungsverhältnisse geschaffen, die ebenfalls bis zum 31.12.2016 befristet sind.
Seit der Landtagswahl 2014 regiert eine CDU-SPD-Koalition im Freistaat Sachsen. Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst ist Frau Dr. Eva-Maria Stange. Die neue Regierungskoalition hält an dem Regelwerk der bisherigen Hochschulentwicklungsplanung fest. Zur Umsetzung der standortspezifischen Ausdifferenzierung und Schwerpunktbildung sollen mit den Hochschulen entsprechende Zielvereinbarungen abgeschlossen werden. Ziel ist, die Qualität in Forschung und Lehre weiter zu verbessern. Für die Gewährleistung des dazu notwendigen Ausstattungsniveaus der Hochschulen sollen bis zum Auslaufen des Hochschulpaktes III auch die zur Verfügung stehenden Bundesmittel genutzt werden. Nach dem Willen der Koalition soll die Gesamtstudentenzahl bis 2025 von derzeit ca. 106.500 auf 95.000 (einschließlich Humanmedizin) an den staatlichen Hochschulen abgesenkt werden. Unter der Voraussetzung, dass sich die staatlichen Hochschulen mit dem Freistaat Sachsen auf eine entsprechende „Hochschulentwicklungsplanung 2025“ bis zum Ende des Jahres 2016 verständigen, ist die Koalition zum Abschluss einer langfristigen Zuschussvereinbarung mit einer Laufzeit bis 2025
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bereit und wird auf den geplanten Stellenabbau von 754 Stellen ab 2017 verzichten. Sollte es zu keiner Verständigung mit den Hochschulen auf die genannte „Hochschulentwicklungsplanung 2025“ kommen und dadurch der Stellenabbau bei allen oder einzelnen Hochschulen notwendig werden, so wird dieser Abbau schrittweise nach den jeweiligen Studentenzahlen auf die Hochschule bzw. die Hochschulen verteilt, die sich nicht an der genannten Vereinbarung beteiligen.
2. Stand der HochschulgesetzgebungAm 18. Oktober 2012 trat das Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Bestimmungen in Kraft. Einzelne Regelungen, u.a. die Eingliederung des Internationalen Hochschulinstitutes Zittau in die Technische Universität Dresden, traten zum 1. Januar 2013 in Kraft. Das Sächsische Hochschulgesetz (SächsHSG) wurde umbenannt in „Sächsisches Hochschulfreiheitsgesetz (SächsHSFG)”.
Nach dem Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz sehen Zielvereinbarungen zwischen dem SMWK und den Hochschulen nunmehr auch Regelungen zu den Immatrikulations- und Absolventenzahlen sowie den Leitlinien der inhaltlichen und organisatorischen Hochschulstruktur, einschließlich deren personeller, sachlicher und finanzieller Ausstattung, vor. Da der Grad der Zielerreichung maßgeblich die Zuweisung staatlicher Mittel beeinflusst, ist der Abschluss von Zielvereinbarungen besonders bedeutsam für die Hochschulen. Für den Fall, dass sich das SMWK und die Hochschule nicht auf den Abschluss einer Zielvereinbarung einigen, werden Zielvorgaben einseitig durch das SMWK festgesetzt.
Im Bereich der Lehre wurden die Regelungen hinsichtlich der Durchlässigkeit des Bildungssystems beim Hochschulzugang erweitert. Beruflich Qualifizierten wird der Zugang zu den Hochschulen erleichtert, indem bestimmte Abschlüsse der beruflichen Aufstiegsfortbildung und beruflichen Fortbildung zum Hochschulzugang berechtigen. Zudem wurde die Anrechnung von Studien- und Prüfungsleistungen zum Regelfall erklärt. Die Anrechnung kann nunmehr lediglich bei wesentlichen Unterschieden verwehrt werden. Der so genannte ”Freiversuch” (vorfristige Ablegung einer Prüfung, welche im Fall des Nichtbestehens als nicht durchgeführt gilt) wurde auf die nichtmodularisierten Studiengänge beschränkt. Fachhochschul- und Universitätsabsolventen sind zukünftig bei der Zulassung zur Promotion gleich zu behandeln.
Das Sächsische Hochschulfreiheitsgesetz sieht zudem Studiengebühren bei Überschreitung der Regelstudienzeit um mehr als vier Semester in einer Höhe von 500,00 Euro für jedes weitere Semester vor.
Als eine Schwächung der Studentenräte wurde die Austrittsoption von diesen kritisiert. Studenten können nun nach Ablauf eines Semesters ihren Austritt aus der verfassten Studentenschaft erklären und sind u.a. von der Beitragszahlung an die verfasste Studentenschaft befreit.
Strukturell wurden die Zuständigkeiten des Senates beschränkt. So ist dieser in Berufungsverfahren nur noch bei deren Einstellung (§ 60 Abs. 4 S. 9 SächsHSFG) und bei dem Erlass von Studien- und Prüfungsordnungen gar nicht mehr zu beteiligen. Des Weiteren wurden die Regelungen zum Hochschulrat ergänzt. So können die Hochschulen eigene Regelungen zu einer Reisekostenvergütung ihrer externen Hochschulratsmitglieder treffen. Der Haftungsmaßstab der Hochschulratsmitglieder wurde im Sinne einer Haftung lediglich für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz definiert.
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Um die Autonomie der Hochschulen zu erweitern und deren Flexibilität zu stärken, sieht das Sächsische Hochschulfreiheitsgesetz vor, dass das Rektorat im Einvernehmen mit dem Hochschulrat die Übernahme der Bewirtschaftung der selbst genutzten Liegenschaften sowie die Lösung vom Stellenplan für ihr nichtverbeamtetes Personal beschließen kann.
3. Forschung
Forschung an der TU ChemnitzSeit 2009 haben sich die Drittmitteleinnahmen der TU Chemnitz nahezu verdoppelt und im Jahr 2014 eine Summe von 81,3 Mio. Euro (im Durchschnitt 621.000 Euro je Professur) erreicht.
Die TU Chemnitz gehört seit 2012 zu den exzellenten Universitäten und Hochschulen in Deutschland. An der TU Chemnitz wurde das Exzellenzcluster mit dem Titel „Technologiefusion für multifunktionale Leichtbaustrukturen“ (MERGE) eingerichtet, der von 2012 bis 2017 mit 33,7 Millionen Euro gefördert wird. MERGE ist deutschlandweit das einzige Cluster auf dem zukunftsweisenden Technologiefeld „Leichtbau“, das zu den Schlüsseltechnologien der Zukunft zählt. Der Exzellenzcluster „MERGE“ strahlt auf die studentische Ausbildung in vielen Studienangeboten aus. Beispielsweise profitiert der neue Master-Studiengang Merge Technologies for Resource Efficiency von den Forschungsergebnissen. Zudem sind Chemnitzer Wissenschaftler am Exzellenzcluster „Center for Advancing Electronics Dresden (cfaed)“ beteiligt. Beide Spitzencluster sind stark in die drei Kernkompetenzen/Forschungsschwerpunktfelder der TU Chemnitz „Intelligente Systeme und Materialien“, „Energieeffiziente Produktionsprozesse“ und „Faktor Mensch in der Technik“ eingebunden.
Die Sonderforschungsbereiche 692 „Hochfeste aluminiumbasierte Leichtbauwerkstoffe für Sicherheitsbauteile“ und SFB/Transregio 39 „Großserienfähige Produktionstechnologien für leichtmetall- und faserverbundbasierte Komponenten mit integrierten Piezosensoren und -aktoren – PT-PIESA“ wurden positiv evaluiert und von der DFG um weitere vier Jahre verlängert.
Zur Unterstützung einer erfolgreichen Transferstrategie wurde als zentrale Schnittstelle der Universität zu Wirtschaft und Gesellschaft die Akademie für Wissenstransfer an der TU Chemnitz zu einem Zentrum für Wissens- und Technologietransfer weiterentwickelt. Zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses wurde 2014 das Zentrum für den wissenschaftlichen Nachwuchs gegründet, das sich als fachübergreifende Koordinierungs- und Serviceeinrichtung versteht.
Forschung an der TU DresdenNeben der Umsetzung der Maßnahmen der Exzellenzinitiative , insbesondere:
• der Graduiertenschule „Dresden International Graduate School for Biomedicine and Bioengineering“ (DIGS-BB),
• der Exzellenzcluster
• „Center for Advancing Electronics Dresden“ (cfaed) und
• „Center for Regenerative Therapies Dresden“ (CRTD) sowie
• der Realisierung des Zukunftskonzepts „Die Synergetische Universität“
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wird die Forschung der TU Dresden im Berichtszeitraum u. a. durch folgende Großprojekte gekennzeichnet:
• OncoRay - Zentrum für Innovationskompetenz für medizinische Strahlenforschung in der Onkologie. Im September 2013 wurde mit der Inbetriebnahme des Protonenbeschleunigers (Zyklotron) das neue Domizil des „Nationalen Zentrums für Strahlenforschung in der Onkologie – OncoRay“ auf dem Campus der Dresdner Hochschulmedizin eingeweiht. Mit Fertigstellung der Protonen-Behandlungseinheit im August 2014 besichtigten die Bundesforschungsministerin Prof. Johanna Wanka und der Sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich das Forschungszentrum.
• Am 17.3.2015 unterzeichneten die EWE AG und die TU Dresden einen Kooperationsvertrag, um einen wichtigen Beitrag für das Gelingen der Energiewende und das Erreichen der CO2-Emissionsziele zu leisten: Zum einen ist die Vernetzung von dezentralen und steuerbaren Erzeugern und Verbrauchern von Elektroenergie auf regionaler Ebene geplant. Zum anderen soll der Strommarkt dauerhaft mit dem Wärmemarkt verknüpft werden.
• Schaufenster Bayern - Sachsen „Elektromobilität verbindet“ im Rahmen der Initiative der Bundesregierung „Schaufenster Elektromobilität“: Die TU Dresden beteiligt sich seit Mitte 2013 an fünf Forschungsprojekten mit einem gesamten Mittelvolumen von über 6 Mio. EUR.
• Dresden ist Partnerstandort des in Heidelberg ansässigen „Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen“ (NCT). Die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg, der Technischen Universität Dresden, dem Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der TU Dresden und dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf sowie eine Rahmenvereinbarung wurden im März 2015 unterzeichnet. Ziel ist eine patientenorientierte Forschung zur individualisierten Präzisionsonkologie, um Patienten maßgeschneiderte Therapien anzubieten.
• Im Oktober 2014 nahm die im Rahmen des Emmy Noether Programms (DFG) geförderte Nachwuchsforschergruppe zur theoretischen Simulation von Teilchenkollisionen ihre Arbeit auf. Die Modellierungen dienen der Auswertung der am Large Hadron Collider (LHC) des CERN in Genf gemessenen Daten für Teilchenkollisionen. Die Gruppe wird unter anderem am ATLAS-Experiment des CERN teilnehmen. Der Förderzeitraum beläuft sich auf 5 Jahre.
Folgende DFG-Großprojekte konnten durch die TU Dresden neu eingeworben werden:
• Sonderforschungsbereich SFB 1143 „Correlated Magnetism: From Frustration To Topology“, Prof. Vojta, Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften, 1. Förderperiode: 01.01.2015 – 31.12.2018
• Schwerpunktprogramm SPP 1796 „FFlexCOM - Frequency Flexible Bendable Electronics for Wireless Communication Systems”, Prof. Ellinger, Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik
• Schwerpunktprogramm SPP 1886 „Polymorphe Unschärfemodellierungen für den numerischen Entwurf von Strukturen“, Prof. Kaliske, Fakultät Bauingenieurwesen
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Sachsen58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
• Schwerpunktprogramm SPP 1894 „Volunteered Geographic Information: Interpretation, Visualisierung und Social Computing“, Prof. Burghardt, Fakultät Umweltwissenschaften
• Forschergruppe FOR 2089 „Dauerhafte Straßenbefestigungen für zukünftige Verkehrsbelastungen: Gekoppeltes System Straße - Reifen - Fahrzeug“, Prof. Kaliske, Fakultät Bauingenieurwesen, 1. Förderperiode: 01.11.2014 – 31.10.2017
In der EU-Forschung dominieren Förderungen über die Instrumente des 7. Forschungs-rahmenprogramms (FP 7) sowie des Rahmenprogramms für Forschung und Innovation HORIZON 2020. In den ersten Ausschreibungsrunden von HORIZON 2020 in 2014 war die TU Dresden insgesamt mit 25 Projekten erfolgreich, unter anderem mit 15 Verbundvorhaben sowie mit zwei Projekten im Rahmen des JU ECSEL. In den 2014er Aufrufen des European Research Councils (ERC) hat die TU Dresden je einen „Starting Grant“, einen „Consolidator Grant“ sowie einen „Advanced Grant“ eingeworben. Zusammen mit den Anwerbungen im Berichtszeitraum kamen somit 7 ERC Grants für die TU Dresden hinzu. Insgesamt werden derzeit 18 ERC-Grants an der TU Dresden betreut. Darüber hinaus ist hervorzuheben, dass die TU Dresden in der noch im 7. Forschungsrahmenprogramm erstmals ausgeschriebenen prestigeträchtigen Initiative FET-Flagship an den beiden bewilligten Großprojekten „Graphene“ und „Human Brain Project“ beteiligt ist.
Forschung an der TU Bergakademie FreibergMit Drittmitteleinnahmen in Höhe von 64 Mio. Euro im Jahr 2014 konnte die TU Bergakademie Freiberg einen erneuten Rekord erzielen. Auf Drittmittel pro Professor gerechnet sind das 744 Tsd. Euro.
Im Berichtszeitraum wurde die Arbeit in den Großforschungsprojekten
− SFB 920 Multifunktionale Filter für die Metallschmelzefiltration – ein Beitrag zu Zero Defect Materials,
− SFB 799 TRIP-Matrix-Composite - Design von zähen, umwandlungsverstärkten Verbundwerkstoffen und Strukturen auf Fe-ZrO2-Basis,
− Schwerpunktprogramm 1418 der DFG: Feuerfest-Initiative zur Reduzierung von Emissionen (FIRE),
− Landesexzellenzinitiative Sachsen Spitzentechnologiecluster Funktionales Strukturdesign neuer Hochleistungswerkstoffe durch Atomares Design und Defekt-Engineering (ADDE),
− DFG-Nachwuchsforschergruppe zum Thema „Funktional gradierte Strukturen auf Basis hochmanganhaltiger Eisenbasiswerkstoffe – Vom TWIP-Effekt zur Superelastizität“ und
− Zentrum für Innovationskompetenz (ZIK) Virtuhcon (Virtual High Temperature Conversion, virtuelle Hochtemperatur-Konversionsprozesse)
fortgesetzt bzw. um weitere Förderzeiträume verlängert.
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Vom Europäischen Institut für Innovation und Technologie (EIT) wurde die Knowledge and Innovation Community (KIC) Raw Materials mit einer Kofinazierungsssumme von 410 Mio. Euro bewilligt. Die TU Bergakademie Freiberg ist neben dem Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) einer der führenden deutschen Partner im Konsortium. Erstmals bekommt mit diesem Forschungskonsortium Deutschland das Hauptquartier mit Sitz des KIC Management Teams. Ziel ist es, die Versorgung der europäischen Industrie mit dringend benötigten Rohstoffen zu sichern.
Der Wissenschaftsrat und die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) haben an der TU Bergakademie Freiberg den Bau eines „Zentrums für Hochtemperatur-Stoffwandlung“ (ZeHS) mit 41,5 Mio. Euro nach Art. 91b GG bewilligt und die einzigartige interdisziplinäre Fachkompetenz und herausragende Rolle im Bereich der Werkstoffwissenschaft und Verfahrenstechnik gewürdigt. Die Arbeiten am ZeHS zielen auf die Entwicklung ressourcen- und energieeffizienter Technologien im Bereich der Grundstoffindustrie. Dabei sollen Prozess- und Materialanforderungen in der chemischen Industrie sowie der Keramik-, Glas- und Baustoffindustrie umfassend analysiert und bewertet werden.
Forschung an der Universität LeipzigEines der beiden vom BMBF eingerichteten Big-Data-Kompetenzzentren für die Forschung zum Umgang mit großen Datenmengen in Deutschland entsteht in Sachsen als gemeinsames Projekt der Technischen Universität Dresden, der Universität Leipzig sowie weiterer Forschungspartner (Competence Center for Scalable Data Services and Solutions Dresden/Leipzig). Mit der Bewilligung durch das BMBF wird das Zentrum in seiner vierjährigen Aufbauphase zunächst mit mehr als 5 Millionen Euro gefördert.
Nachdem die Universität Leipzig im Ergebnis eines längeren Prozesses ihre Forschung zukünftig in den drei strategischen Forschungsfeldern „Nachhaltige Grundlagen für Leben und Gesundheit“, „Intelligente Methoden und Materialien“ und „Veränderte Ordnungen in einer globalisierten Welt“ mit insgesamt neun Profilbereichen fokussiert, konzentriert die Hochschulmedizin ihre Forschungsaktivitäten thematisch auf die Bereiche „Erforschung von Zivilisationserkrankungen“, „Erforschung von Hirnerkrankungen und Kognitionsstörungen“ und „Forschung auf dem wachsenden Gebiet der Regenerationsmedizin, des Organersatzes und der Zelltherapie“. Diese Schwerpunkte werden 2014 durch die erfolgreiche Einwerbung bzw. Beteiligung an großen Forschungsvorhaben weiter gestärkt. So durch die Beteiligung an der „Nationalen Kohorte“, einem von Bund, den beteiligten Ländern und der Helmholtz-Gesellschaft finanzierten Verbundprojekt, und mit mehreren Projekten im DFG-Schwerpunktprogramm zur „Rolle regulatorischer Nukleinsäuren in der Hirnentwicklung, Plastizität und bei Erkrankungen des Nervensystems“.
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4. HaushaltFür die vier Universitäten sind bzw. waren laut derzeitiger Haushaltsplanung des Freistaates Sachsen die folgenden Zuschüsse vorgesehen:
2014 603,1 Mio. Euro 2015 591,0 Mio. Euro.
Entsprechend dem neuen Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz wurden Zielvereinbarungen zwischen SMWK und den Hochschulen abgeschlossen, die zum 01.01.2014 in Kraft traten. In diesem Zusammenhang wurde die Hochschulsteuerungsverordnung erneuert; nunmehr ist u. a. die Verteilung des Gesamtbudgets nach dem 3-Säulen-Modell (90 % Grund-, 2 % Leistungs- und 8 % Innovationsbudget) vorgesehen. Das Innovationsbudget unterteilt sich dabei in das Zielvereinbarungsbudget und in das Initiativbudget, aus welchem das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst zentral hochschulübergreifende Programme oder einzelne Maßnahmen von besonderer Bedeutung (mit einem Anteil von 25 Prozent am Innovationsbudget) finanziert. Außerdem wurde eine Zuschussvereinbarung zwischen dem Freistaat Sachsen und den Hochschulen abgeschlossen. Die Zuschussvereinbarung hat eine Laufzeit von Januar 2014 bis Dezember 2016. Die Hochschulen erhalten finanzielle und personelle Planungssicherheit bis zum Ende des Jahres 2016.
Im Rahmen des Hochschulentwicklungsplanes wurde in den vier Wissenschaftsregionen (Chemnitz, Dresden, Freiberg und Leipzig) weitergearbeitet. Neben den Wissenschaftsforen in Dresden und Leipzig, welche ihre Arbeit aufnahmen, fand auch erstmals am 13.06.2014 das Wissenschaftsforum „Campus Sachsen“ als landesweite Form statt, das fortan jährlich veranstaltet werden soll.
Initiiert von der Landesregierung und mit der Zuschussvereinbarung festgelegt wird in Sachsen daran gearbeitet, an den Hochschulen ein einheitliches ERP-System einzuführen. Ein Vergabeverfahren ist vorbereitet und soll bis Ende 2015 abgeschlossen werden; die Einführung ist bis 2018 an allen sächsischen Hochschulen vorgesehen. Die TU Dresden beteiligt sich aufgrund einer bereits vorhandenen ERP-Lösung nicht.
5. Personelle AusstattungAuf Grundlage des Hochschulentwicklungsplanes Sachsen ist seitens der Sächsischen Staatsregierung ab dem Haushaltsjahr 2013 bis 2020 ein Stellenabbau im Hochschulbereich beschlossen worden. Dabei sollen ca. 8% der 9.021 Stellen an den Hochschulen des Freistaates Sachsen abgebaut werden. Zunächst vollzogen wird der Stellenabbau nur bis zum Jahr 2016, danach wird der Stellenabbau ausgesetzt, wenn sich die Hochschulen auf den unter 1.2. beschriebenen neuen Hochschulentwicklungsplan verständigen. Ausgenommen von Stellenabbau ist die TU Dresden aufgrund des Erfolges in der dritten Förderlinie der Exzellenzinitiative des Bundes.
Parallel zum Stellenabbau hat die Staatsregierung ein Maßnahmenpaket zur Reduzierung der Lehrüberlast an den sächsischen Hochschulen beschlossen. Im Bereich der Lehre wurden zunächst in 2012 145 zusätzliche Stellen, ab 2013 weitere 155 Stellen befristet bis Ende 2016 zur Verfügung gestellt. Ergänzend wurde den Hochschulen die Möglichkeit eingeräumt, Leerstellen für vorgezogene Berufungen (bis zu einem Jahr) zu beantragen.
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Zur Absicherung des langfristigen Lehrerbedarfs unter Beibehaltung der Qualität der Schule auf hohem Niveau wurde als weitere Maßnahme das „Bildungspaket 2020“ ins Leben gerufen. Im Bereich der Lehrerausbildung führte die Kapazitätserhöhung von ca. 1.000 auf mindestens 1.700 Studienanfänger pro Jahr zu einer Zuführung von 95 Stellen für den Zeitraum 2013 – 2016 (siehe Stellenentwicklungsbericht der Sächsischen Staatsregierung zum Haushaltsplan 2013/2014).
Am 01.04.2014 ist die Reform des Sächsischen Dienstrechts in Kraft getreten. Dies betrifft neben der Überarbeitung des Sächsischen Beamtengesetzes und des Sächsischen Beamtenversorgungsgesetzes auch eine Überarbeitung des Sächsischen Besoldungsgesetzes und somit der W-Besoldung. Bestandteil der Änderung ist insbesondere eine Anhebung des Grundgehaltes sowie die Einführung von Erfahrungsstufen.
6. Prüfungen des RechnungshofesAußertarifliche Vergütungen an den Universitätsklinika in Dresden und Leipzig (Jahresbericht Sächsischer Rechnungshof 2014, S. 174).
gez. Dr. Andreas Handschuh Kanzler der TU Bergakademie Freiberg 17. Juli 2015
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Sachsen-Anhalt 1. Hochschulentwicklung und ZielvereinbarungenIm Berichtsjahr 2014/15 lag der Schwerpunkt der konzeptionellen Arbeit der Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt (HS LSA) in der Erstellung neuer Hochschulentwicklungspläne in Verbindung mit dem Abschluss neuer Zielvereinbarungen zwischen dem Land und den Bildungseinrichtungen. Die mittelfristigen - bis ins Jahr 2014 wirkenden - Aufgabenstellungen wurden von den Empfehlungen des Wissenschaftsrates (WR) vom Juli 2013 abgeleitet und durch Beschlüsse der Landesregierung ergänzt.
Dieser Prozess war gekennzeichnet durch hochschulseitig unannehmbare Kürzungsvorgaben des Landes, massive Studierenden- und Beschäftigtenproteste sowie letztendlich die Einigung im sogenannten „Bernburger Frieden“ vom Herbst 2014, einer Vereinbarung zwischen dem Ministerpräsidenten des LSA und den Hochschulrektoren. Diese bestand in einer Reduzierung des jeweiligen Grundbudgets um 1,5 % für die Jahre 2015 bis 2019. Die Zielvereinbarungen wurden Anfang 2015 planmäßig unterschrieben. Die hochschulspezifischen Details werden derzeit erarbeitet.
Die Empfehlungen des WR vom Juli 2013 werden an der Martin-Luther-Universität (MLU) intensiv diskutiert; die Ergebnisse werden bis Ende 2015/ Beginn 2016 in Form einer Stellungnahme vorliegen.
Gegenwärtig befassen sich drei Arbeitsgruppen, die vom Rektorat begleitet werden, mit den unterschiedlichen Themen der Empfehlungen des WR. So arbeitet eine Fachgruppe an der zukünftigen Strukturierung der drei Philosophischen Fakultäten der MLU. Im Fokus steht dabei die Frage, ob die vom WR empfohlene Fächerzuweisung zu zwei Philosophischen Fakultäten zu einer inhaltlich und organisatorisch sinnvollen Neugliederung und zu Synergieeffekten führen kann.
Hinsichtlich einer Konzentration des Portfolios der Kleinen Fächer steht die MLU mit den Partneruniversitäten des Hochschulverbandes Halle-Jena-Leipzig in zwei Arbeitsgruppen (Orientwissenschaften, Altertumswissenschaften) in engem Kontakt. Des Weiteren steht die zukünftige Struktur und organisatorische Entwicklung der Medien- und Kommunikationswissenschaften sowie weiterer – in der Hochschulstrukturplanung des Landes benannter Fächer – an der Uni Halle auf der Agenda. Diese Überlegungen sind eingebunden in eine Strukturdebatte, mit dem Ziel, eine finanzielle Umsetzung der Hochschulstrukturplanung des LSA gemäß der zu erzielenden Budgetzielgrößen zu erarbeiten. Dies ist Bestandteil der Zielvereinbarung zwischen dem LSA und der MLU für den Zeitraum 2015 bis 2019 und muss bis zum WS 2015/16 vorgelegt werden; reicht inhaltlich aber bis über 2020 hinaus. Für den Hochschulentwicklungsplan (HEP) der Universität bildet dies die Grundlage für konkrete Maßnahmen. Die Empfehlungen des Wissenschaftsrates sowie kurzfristige und langfristige Planungen werden dabei nicht getrennt betrachtet; vielmehr wird darauf geachtet, dass bei der Strukturdebatte zur Erreichung der Budgetzielgröße keine Maßnahmen ergriffen werden, die eine spätere Weiterentwicklung von Einrichtungen und/oder Studiengängen beeinträchtigen könnten.
Für die Otto-von-Guericke-Universität (OVGU) war der Berichtszeitraum in hohem Maße geprägt durch die seitens der Regierungskoalition im Koalitionsvertrag vereinbarten Evaluierung der Wissenschaftslandschaft des LSA und der damit einhergehenden Forderung, auf der
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Grundlage der Handlungsempfehlungen des WR den noch aus dem Jahr 2004 stammenden Hochschulstrukturplan zu aktualisieren. Hierzu wurde durch das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt (MW) ein Entwurf eines Strukturentwicklungsplans vorgelegt, der in seiner Fassung vom Mai 2014 der OVGU als Grundlage für die Erstellung des eigenen HEP diente. Anhand der im Strukturentwicklungsplan aufgeführten zahlreichen Handlungsoptionen, die eine noch schärfere Profilbildung und eine weitere Verbesserung der Leistungen der HS LSA in den Bereichen Forschung, Lehre und Weiterbildung ermöglichen sollen, wurde der HEP erstellt und konnte Ende 2014 dem MW übergeben werden.
2. HochschulgesetzgebungEine grundlegende Novellierung des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (HSG LSA) ist seit längerer Zeit geplant, doch mit einer Novelle ist vor den Landtagswahlen im Jahr 2016 nicht mehr zu rechnen. Lediglich eine begrenzte Änderung, die im Wesentlichen die vollständige Übertragung des Berufungsrechts auf die Hochschulen enthalten würde, wird derzeit diskutiert. Auch wenn diese Änderung aus Sicht der Hochschulen begrüßenswert wäre, so verbleibt doch darüber hinaus ein Bedarf an einer grundlegenden Novellierung des HSG LSA mit einer Verbesserung der Systematik und Straffung des Gesetzes.
3. Studium und LehreZu Beginn des Jahres 2014 startete die Landeshochschulmarketingkampagne „Der beste Platz für dein Talent“ (ab Oktober 2014 in „Platz für dein Talent“ umbenannt), die aus Mitteln des Hochschulpaktes (HSP) finanziert wird und Sachsen-Anhalt als attraktiven Studienstandort bekannter machen soll. Mit verschiedenen Online- und Offlinemaßnahmen soll insbesondere nach dem Auslaufen der länderübergreifenden Kampagne „Mein Campus“ und der Nachfolgekampagne „Studieren in Fernost“ der Grundstein für ein erfolgreiches Landeshochschulmarketing gelegt werden.
An der OVGU sind die Studiengänge in der Regel akkreditiert bzw. reakkreditiert. Die OVGU hat bereits verschiedene Maßnahmen zur Bewertung und Sicherung der Lehrqualität entwickelt. Wesentliche Elemente des aktuellen Qualitätssicherungssystems sind in der Ordnung zur Qualitätssicherung festgeschrieben; deren wichtige Bestandteile die interne und externe Evaluation sind.
Die Gestaltung der Studieneingangsphase erfährt zurzeit besondere Aufmerksamkeit. Die im Vorjahr entwickelten Beratungs- und Begleitangebote für die Studienanfänger werden sukzessive überarbeitet und sind etabliert. Dabei werden Studierende einbezogen und in Schulungsprogrammen auf die Anforderungen an ein Mentoring vorbereitet.
Mit dem Aufbau des Zentrums für wissenschaftliche Weiterbildung (ZWW) im Jahr 2014 im Rahmen eines Ideenwettbewerbs vom Ministerium für Arbeit und Soziales des LSA wurde ein von beiden Magdeburger Hochschulen gemeinsam initiierter Grundstein zur Effektivierung und zum Ausbau des Dialogs der Hochschulen mit der Wirtschaft auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Weiterbildung gelegt. Erste gemeinsame Produkte konnten seitdem geschaffen werden und das Zentrum agiert als kollektiver Zusammenschluss für weiterbildungsinteressierte Berufstätige und Unternehmen.
Auch an der MLU sind die Studiengänge in der Regel akkreditiert bzw. reakkreditiert. Zudem hat die MLU mehrere qualitätssichernde Maßnahmen etabliert. So ist die zentrale interne
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Evaluation, die durch das Evaluationsbüro im Prorektorat für Studium und Lehre durchgeführt wird und in einer entsprechenden Evaluationsordnung rechtlich verankert ist, ein wichtiges Instrument der hochschulinternen Qualitätssicherung in Studium und Lehre. In diesem Zusammenhang werden Lehrveranstaltungsevaluationen und Modulevaluationen an allen Fakultäten und Einrichtungen durchgeführt. Darüber hinaus wird der Lehr- und Studienprozess in verschiedenen Studiengängen und –programmen regelmäßig in 4 Schritten abgebildet. Es gibt hierzu Studieneingangsbefragungen, Zwischenevaluationen, Studienabschlussbefragungen und Absolventenbefragen. Letztere werden seit 2008 in Kooperation mit dem Internationalen Zentrum für Hochschulforschung in Kassel (INCHER) durchgeführt. Ergänzend dazu werden seit 2013 Studienabbrecher und Studienwechsler befragt. Ein Augenmerk der zentralen internen Evaluation gilt auch den verschiedenen Bemühungen der MLU den Einstieg für Studienanfänger zu erleichtern. Neben einer Befragung aller Bewerber zum Bewerbungsverfahren an der MLU wurden Aktivitäten und Veranstaltungen der Fakultäten und Fachschaften zum Studienbeginn evaluiert. Die durch die zentrale interne Evaluation kontinuierlich gewonnenen Daten liefern wichtige Aussagen über die Güte der fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzvermittlung und Studienorganisation. Neben der internen Evaluation unterzieht die MLU ihre Bachelor- und Masterstudiengänge auch einer umfangreichen Programmakkreditierung.
4. Auswirkungen des demographischen Wandels / Hochschulpakt 2020Mit nur 2.477 Studienanfängern im ersten Hochschulsemester im Jahr 2014 hat die MLU die Zielvorgaben des HSP 2020 nicht erfüllt, diese lagen bei 2.601 Studienanfängern im ersten Hochschulsemester. Zum WS 2014/15 lag der Anteil der westdeutschen Studienanfänger an der MLU mit 30,5 % nur leicht unter den Ergebnissen des Vorjahres.
Trotz der zunehmend wachsenden Schwierigkeiten im Hinblick auf die Folgen des demographischen Wandels konnten im Berichtszeitraum an der OVGU - wie auch schon in den Vorjahren - die Studierendenzahlen noch einmal erhöht werden. So erhöhte sich die Zahl der Gesamtstudierenden von 14.104 zum WS 2013/14 auf 14.248 (inkl. Medizin) zum WS 2014/15 und den mit 1.668 im Rahmen des HSP 2020 vorgegebenen Studienanfänger im ersten Hochschulsemester steht mit 2.315 eine beachtliche Übererfüllung zum WS 2014/15 gegenüber. Dabei beläuft sich der Anteil der westdeutschen Studierenden (ohne Berlin) an der Gesamtanfängerzahl im Land auf 41,86 % (Vorjahr 41,69 %).
5. InternationalisierungDie weitere Internationalisierung ist eine vordringliche Aufgabenstellung für die HS LSA. Neben wesentlichen inhaltlichen Aspekten der Zusammenarbeit mit ausländischen Bildungseinrichtungen in Lehre und Forschung sowie im Rahmen studentischer Austauschprojekte stehen Fragen der Studierendenakquise im Fokus der Arbeit akademischer Auslandsämter.
Von den insgesamt 19.537 Studierenden zum Beginn des Wintersemesters 2014/2015 waren an der MLU insgesamt 9,66 % Bildungsausländer (1.888).Gegenüber den Vorjahren 2012 und 2013 mit 9,01% und 8,92 % bei leicht sinkender Gesamtstudierendenzahl ergab sich für die MLU im Jahr 2014 eine Steigerung der Zahl der internationalen Studierenden um 3,2 % (+59). 81,3 % aller an der MLU eingeschriebenen internationalen Studierenden absolvierten 2014 ein Vollstudium an der Universität. Durch ein DAAD-Stipendium wurden 89 Studierende aus 31 Ländern an der MLU gefördert. An der MLU werden 4 Double-Degree-Programme angeboten, weitere befinden sich im Aufbau. Die MLU unterhält 466 internationale Kooperationen weltweit, davon
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59 Kooperationen auf Universitätsebene. Schwerpunktregionen sind Ost- und Südostasien sowie Osteuropa und der Arabische Raum.
Von den insgesamt 14.248 Studierenden der OVGU zum Beginn des Wintersemesters 2014/15 waren insgesamt 14,4% Ausländer (2.056 Personen). 32,5% aller immatrikulierten ausländischen Studierenden studierten in Bachelor-, 49,4% in Masterstudiengängen, 6% in Weiterbildungs- und Zertifikatsstudienkursen und 12,11% waren als Doktoranden immatrikuliert. Gegenüber dem Jahr 2013 mit ca. 12,4% ausländischen Studierenden gab es bei einer moderaten Steigerung der Gesamtzahl immatrikulierter Studierender an der OVGU im Jahr 2013 eine Steigerung der Zahl internationaler Studierender um 7,8% (+134) und im Jahr 2014 eine nochmalige Steigerung um ca. 10,8% (+200). 89% aller an der OVGU eingeschriebenen internationalen Studierenden absolvierten 2014 ein Vollstudium. Durch ein DAAD-Stipendium wurden im Jahr 2014 86 Studierende aus 37 Ländern an der OVGU gefördert.
6. HaushaltssituationMit Abschluss der Zielvereinbarungen für die Jahre 2015 bis 2019 tritt eine relative Planungs-sicherheit, insbesondere durch die Festschreibung des Landeszuschusses für diesen Zeitraum ein. Allerdings stellen die jährlich festgeschriebenen Budgetkürzungen (MLU 2 Mio. € und OVGU 1,25 Mio. €) die Hochschulen vor große Herausforderungen. Die Folge sind Strukturmaßnahmen, die zwangsläufig negativen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und damit auch auf das Leistungsspektrum vorrangig im hoheitlichen Bereich von Studium und Lehre sowie die Attraktivität des Studienstandortes Sachsen-Anhalt haben werden.
Die MLU hat nun kurzfristig ein Konzept zur finanziellen Umsetzung der „Strukturplanung gemäß der zu erzielenden Budgetgrößen“ vorzulegen. Konkret bedeutet dies neben der zu erwirtschaftenden 10%igen Eigenbeteiligung an den Tarifsteigerungen sowie dem Ausgleich fehlender Investitionsmittel, sehr wahrscheinlicher Betriebskostensteigerungen und möglicher Inflation auch die Verdichtung und Verschlankung von Strukturen vor allem unter finanziell wirksamen Gesichtspunkten. Zugleich ist durch die Vorgaben des HSP 2020 die Erweiterung von Kapazitäten vor allem unter quantitativ wirksamen Aspekten gefordert. Die inhaltlich verantwortbare Umsetzung dieser gegenläufigen Zielsetzungen ist gegenwärtig Inhalt der Diskussion zur konkreten Hochschulstrukturplanung der Universität und der damit verbundenen Stellen- und Kapazitätsplanung. Haushaltsseitig wurde für den Prozess Vorsorge getroffen durch die Entflechtung von Haushalts- und Hochschulpaktmitteln in der Bewirtschaftung ab 2015 sowie durch die Bildung einer Rücklage im Jahr 2014. Offen sind gegenwärtig die Risiken aus Rückzahlungsverpflichtungen, die in signifikanten Größenordnungen entstehen könnten, wenn die Vorgaben des HSP nicht erreicht werden.
Der im Jahr 2014 seitens der OVGU erstellte HEP wurde unter der klaren Prämisse erstellt, Zukunftsperspektiven für die OVGU zu entwickeln, die es trotz aller Sparzwänge ermöglichen, auch weiterhin exzellente Lehre und Forschung betreiben zu können. Die Einrichtung eines Umbaukorridors und der Einsatz der Hochschulpaktmittel sind dabei von grundlegender Bedeutung.
Unter Berücksichtigung der mit jeder Tarifanpassung weiter anwachsenden 10%igen Selbstbeteiligung an den Tariferhöhungen und der auch weiterhin kontinuierlich ansteigenden Bedarfe im Bereich von Energiekosten, der Tarifanpassungen im Dienstleistungsgewerbe, der
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Bereitstellung elektronischer Medien etc. wurden Maßnahmen lokalisiert und Strukturszenarien erstellt, welche zu personellen, finanziellen oder auch räumlichen Einsparungen führen sollen. Hierzu zählen neben der profilbildenden Neugliederung von Fakultäten einschließlich der nachgeordneten Struktureinheiten, der Neustrukturierung einzelner zentraler Bereiche, die Schaffung einer Zentralwerkstatt bzw. zentraler Prüfungsämter, die Betreibung eines eigenen Blockheizkraftwerkes oder die Nutzung der Einnahmepotentiale der berufsbegleitenden Weiterbildung etc.
Die OVGU wird durch die vorgeschlagenen Maßnahmen aufgrund der Einstellung von Studienprogrammen, vorrangig die Fakultät Humanwissenschaften betreffend, voraussichtlich 200 Studienanfänger/Jahr verlieren. Inwieweit die Schließung von Studienprogrammen zu einer Attraktivitätsbuße und damit zu einem Verlust von Studienplätzen auch in nicht unmittelbar betroffenen Programmen führt, ist schwer abzuschätzen.
Ungeachtet der aktuellen Strukturplanung muss das LSA gemeinsam mit den Hochschulen zukünftig zu einem Verteilungsmodell kommen, in den die realen Kosten in Lehre (z. B. durch eine studiengangbezogene Betrachtung) und Forschung abgebildet werden. Dann wären die Hochschulen zukünftig auch in der Lage, Handlungsoptionen und deren Auswirkungen auf die Grundfinanzierung als Bestandteil einer strategischen Planung zu nutzen.
7. Bau- und LiegenschaftsmanagementIm LSA konnte nach langer Diskussion zwischen den Ministerien MW und MF und den HS LSA am 18.12.2014 eine Vereinbarung zum Liegenschaftsmanagement der HS LSA geschlossen werden. Ausgangspunkt für diese Vereinbarung war der Antrag der Hochschulen gemäß § 108 des HSG LSA auf Eigentumsübertragung der Liegenschaften auf die Hochschulen. Mit der Vereinbarung obliegt den Hochschulen die Aufgabe des eigenständigen Bau- und Liegenschaftsmanagements gemäß den gesetzlich bestehenden Regelungen von allen zum Stichtag 31.12.2014 genutzten Liegenschaften.
Für die Aufgabenerfüllung durch die Hochschulen gelten die Gesetze, einschlägige Erlasse sowie die RLBau LSA in der jeweils geltenden Fassung. Die Finanzierung kleiner Baumaßnahmen sowie der Bauunterhalt erfolgen weiterhin aus dem für den Hochbau zuständigen Einzelplan 20. Für diese Baumaßnahmen übernehmen die Hochschulen Bauherrenfunktion – bis zu einer Obergrenze von 850 bzw. 650 T€ pro Einzelmaßnahme. Die Finanzierung großer Baumaßnahmen erfolgt aus dem Landeshaushalt über Einzelanträge der Hochschulen auf Basis des Perspektivprogramms Hochschulbau.
Nehmen die Hochschulen Leistungen des Landesbetriebs Bau- und Liegenschaftsmanagement (BLSA) in Anspruch, sind diese entsprechend zu vergüten. Gleichzeitig verpflichten sich die Hochschulen, in enger Abstimmung mit dem BLSA, zu einem entsprechenden Berichtswesen und zu einer Abstimmung der strategischen Flächenentwicklung. Die Vereinbarung wurde zunächst befristet für fünf Jahre abgeschlossen, verlängert sich aber automatisch um weitere fünf Jahre, sofern sie nicht von einem Partner mit einer Frist von zwei Jahren gekündigt wird. Damit konnte die Autonomie der Hochschulen im Bau- und Flächenmanagement sowie im Betrieb der Hochschulflächen gewahrt bleiben.
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Ebenfalls zum Ausgang des Jahres 2014 konnten die Zielvereinbarungen zwischen den einzelnen Hochschulen und dem MW für den Zeitraum 2015 bis 2019 geschlossen werden. In den Zielvereinbarungen wurden konkrete Festlegungen hinsichtlich der Flächenentwicklung der einzelnen Hochschulen getroffen. So ist weiterhin die Grundlage des Flächenbedarfs der jeweiligen Hochschule der in der Hochschulstrukturplanung 2004/05 definierte Bedarf. Die Hochschulen schreiben diesen auf Grundlage eines Flächennutzungs- und Flächenentwicklungsplanes in Abstimmung mit dem BLSA bis zum WS 2016/17 fort. In diesem Zusammenhang erfolgt auch eine Überprüfung aller Baumaßnahmen des Perspektivprogramms Hochschulbau auf Konformität mit dem Hochschulstrukturplan des Landes bzw. den Hochschulentwicklungsplänen der einzelnen Hochschulen. Über die Flächennutzung hat die jeweilige Hochschule im Rahmen der jährlichen Berichterstattung dem MW zu berichten.
Für die MLU wird derzeit der erste Forschungsbau im LSA nach Art. 91 b Abs. 1 GG durch den BLSA realisiert. Es handelt sich dabei um das „Proteinzentrum Halle“ mit einer Nutzfläche von 5.350 m². Die Fertigstellung des 39,4 Mio. € teuren Neubaus ist für 2017 geplant.
Bereits in diesem Jahr konnten Gebäude des Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Zentrums der MLU zur Nutzung übergeben werden, dessen Bezug im Laufe des Jahres abgeschlossen wird. Herzstück des 52 Mio. € teuren Bauvorhabens ist der Neubau einer Zentralbibliothek mit über 4.000 m² Nutzfläche, der im Oktober 2015 in Betrieb gehen wird.
An der OVGU begann mit dem Einzug der Forschergruppen am 29.01.2014 die Nutzung des Forschungsneubaus Systembiologie. Die Systembiologie liegt an der Schnittstelle zwischen Biologie, Medizin, System- und den Ingenieurwissenschaften. Zukünftig können 110 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen dort arbeiten. Zudem wurde zum Sommersemester 2014 mit der Fertigstellung des Gebäudeteils D im Gebäude 40 die Gesamtsanierung des Gebäudes abgeschlossen und steht damit der Fakultät für Humanwissenschaften wieder vollständig für Lehre und Forschung zur Verfügung.
Weiterhin sind an der OVGU derzeit bereits über 90% der Hauptnutzflächen barrierefrei zugänglich. Mit dem Einbau von Fahrstühlen und den geplanten weiteren Gebäudesanierungen wird sich in den nächsten Jahren die barrierefreie Zugänglichkeit noch weiter verbessern.
8. IT-BereichMit der Eintragung in das Genossenschaftsregister am 02.05.2014 ist die Umwandlung der HIS GmbH in die eingetragene Genossenschaft HIS eG vollzogen worden. Damit gehen die Rechte und Pflichten der HIS GmbH auf die Genossenschaft über, die sich als Selbstversorgungseinrichtung ihrer Mitglieder versteht. Somit liegen die strategische Ausrichtung und der künftige Funktionsumfang der Hochschulmanagementsoftware in den Händen der Hochschulen. Die Fortführung bereits bestehender Nutzungs- und Supportvereinbarungen für Softwareprodukte der HIS erfordern den Beitritt der Hochschulen zur Genossenschaft.
Der Kanzler-Arbeitskreis LSA hat in seiner 104. Beratung am 14.02.2014 festgestellt, dass alle HS LSA der HIS eG beitreten wollen. Nach § 113 HSG LSA ist dazu die Zustimmung des zuständigen Ministeriums bei Beteiligung von Hochschulen an Unternehmen einzuholen. Diese wurde am 21.05.2014 erteilt. Inzwischen sind alle HS LSA der HIS eG beigetreten und haben (als einziges Bundesland) jeweils einen Vertreter für die beiden Beraterkreise der
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Genossenschaft nominiert, welche auch bei der ersten Generalversammlung der HIS eG durch Wahl bestätigt wurden. Über die Ergebnisse der Arbeit in den Beraterkreisen ist eine regelmäßige Berichterstattung und Beratung mit den Hochschulen geplant. Das LSA selbst hat die Mitgliedschaft in der HIS eG gekündigt.
Die HS LSA sind gegenüber dem Landtag, den Ministerium sowie weiteren externen und internen Anspruchsgruppen aufgefordert, ihrer Berichtspflicht nachzukommen. Dazu ist in den Zielvereinbarungen zwischen Land und Hochschulen festgelegt worden, dass ein hochschulübergreifendes Berichtswesen im Land eingeführt werden soll. Die beiden Universitäten des Landes werden gemeinsam mit dem Wissenschaftszweig des Ministeriums dazu ein Pilotprojekt durchführen. Die Fachhochschulen und die Kunsthochschule des Landes werden HISinOne BI einführen, sich aber die Option eines späteren Beitritts zur im Rahmen des Pilotprojektes implementierten Berichtswesen-Software offen halten.
Am Ende des vergangenen Jahres wurde im Universitätsarchiv der OVGU die professionelle Archivsoftware „Augias“ eingeführt. Schrittweise werden die bisher genutzten MS-Access-Datenbanken in das neue System überführt. In „Augias“ können die unterschiedlichen Archivbestände – dienstliches Schriftgut, Bilder, Videos, und Tonträger aber auch Studenten-, Personal- und Promotionsakten in einem System verwaltet werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, bereits digitalisierte Dokumente und Bilder einzubinden und damit am Computer für alle Mitarbeiter zugänglich zu machen. 2015 wird das Teilarchiv auf dem Medizincampus in „Augias“ eingebunden, so dass ein gemeinsames Arbeiten auch campusübergreifend möglich sein wird.
9. Prüfung der RechnungshöfeIm Jahr 2014 gab es an den HS LSA keine Schwerpunktprüfungen des Landesrechnungshofes. Allerdings erfolgte im Jahr 2014 eine Prüfungsankündigung mit dem Thema „Zahlungen von Zulagen nach § 16 Abs. 5 TV-L an Beschäftigte des Landes“. Die Vorortprüfung an der MLU erfolgte erst im Februar 2015. Auskunftsgemäß prüft der Landesrechnungshof im Anschluss an weiteren HS LSA Erst nach Abschluss dieser Prüfungen soll eine Prüfungsmitteilung erfolgen.
Die Prüfung der „Vergabe von Transfergutscheinen durch die Hochschulen“ wurde im September 2014 ohne Vorortprüfung an der MLU als erledigt erklärt. Die zugrundeliegenden Unterlagen wurden im Dezember 2013 durch den Landesrechnungshof abgefordert.
Daneben wurde die Schwerpunktprüfung „Prüfung der Personalwirtschaft der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität“ in 2014 abgeschlossen. Die Prüfungsankündigung datiert vom Juli 2009.
Die Betriebsprüfung der MLU durch das Finanzamt Halle für die Jahre 2008 bis 2011 wurde im Jahr 2014 fortgesetzt. Prüfungsschwerpunkte waren die Betriebe gewerblicher Art (BgA), insbesondere der BgA Marketing/Sponsoring. In die Prüfung der Auslandssachverhalte wurden erstmals die Verträge der ausländischen Gastprofessoren einbezogen. Die Ergebnisse der Betriebsprüfung liegen seit Januar 2015 in Form eines Teilberichts vor, da zurzeit seitens des MF geprüft wird, inwieweit die Umsatzsteuererklärungen der Medizinischen Fakultät in die Umsatzsteuererklärung der Hochschule einbezogen werden müssen.
Volker Zehle Sprecher der Kanzler des Landes Sachsen-Anhalt
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Schleswig-Holstein 1. Allgemeine HochschulpolitikIm September 2014 kam es zum Rücktritt der Bildungsministerin und in Folge zu einem Neuzuschnitt der Ressorts, der dazu geführt hat, dass der Wissenschaftsbereich inkl. des zuständigen Staatssekretärs seither dem Sozialministerium angegliedert ist, das nun Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung (MSGWG) heißt, während die Zuständigkeit für Schulen im neu besetzten Bildungsministerium, nun als Ministerium für Schule und Berufsbildung (MSB) bezeichnet, verblieben ist.
Das MSGWG hat zum Jahresende 2014 den Diskussionsprozess um die „große Hochschulgesetznovelle“ wieder aufgenommen und im Juni 2015 mit der Vorlage eines Gesetzentwurfes den parlamentarischen Gesetzgebungsprozess gestartet.
Darüber hinaus hat die Ministerin im Dezember 2014 eine Hochschulkommission eingerichtet, in der die Präsidien der Hochschulen und das MSGWG unter Beteiligung von Vertretern weiterer Ressorts über die Perspektiven des schleswig-holsteinischen Hochschulsystems und die Möglichkeiten einer Verbesserung der (finanziellen) Planungssicherheit beraten.
An den Universitäten des Landes kam es im Berichtszeitraum zu keinen Veränderungen in der Besetzung der Stellen für Präsidentinnen und Präsidenten oder der Kanzlerinnen und Kanzler.
2. HochschulfinanzierungNachdem das Land im Jahr 2014 zunächst beschlossen hat, die freiwerdenden BAFöG-Mittel ausschließlich im Schulbereich einzusetzen (und an dieser Entscheidung festhält), konnten die Hochschulen im Zuge der Verhandlungen um die Regelungen zum Hochschulpakt III vor dem Hintergrund des doppelten Abi-Jahrgangs 2016 die Notwendigkeit deutlich machen, dass der Unterfinanzierung der Schleswig-Holsteinischen Hochschulen und den dauerhaft gestiegenen Studierendenzahlen auch durch eine Anhebung der Globalzuschüsse Rechnung getragen werden muss.
Anfang Juli 2015 haben die regierungstragenden Fraktionen verkündet, das Hochschulsystem des Landes ab dem Haushalt 2016 mit jährlich 10 Mio. Euro zusätzlich zu stärken und diesen Betrag bis 2019 in 5 Mio. Euro-Schritten auf 25 Mio. Euro anwachsen zu lassen. Dies entspräche einem Zuwachs der Grundhaushaltsmittel von rd. 9%.
Darüber hinaus wurde den Hochschulen zugesagt, den Landesanteil an den HSP-Finanzierungen im Umfang von 30 Mio. Euro dauerhaft im Hochschulsystem zu belassen. Mit den Hochschulen soll eine Zielvereinbarung geschlossen werden, in der die konkrete Verteilung dieser Mittel auf die Hochschulen festgelegt werden, um auf dieser Basis in den kommenden Landeshaushalten Stellenhülsen auszubringen, die den Hochschulen eine unbefristete Beschäftigung von Personal ermöglichen würden, dass zunächst weiter aus HSP-Mitteln finanziert werden muss.
Über den HSP III würden Mittel in einem durchschnittlichen Umfang von bis zu 90 Mio. Euro pro Jahr an die Hochschulen in Schleswig-Holstein fließen, so dass Mittel im Umfang von rd. 30 % der Grundhaushaltsmittel über den HSP zusätzlich an die Hochschulen fließen. Man kann aber auch argumentieren, dass rd. 25% der regulären Aufgaben der Hochschulen aus Sondermitteln des HSP finanziert werden.
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3. Große Hochschulgesetznovelle Der Entwurf der Landesregierung zur Änderung des Hochschulgesetzes ist durch folgende wesentliche Inhalte gekennzeichnet:
- Die Leitungsstrukturen, insbesondere die Aufgabenverteilung zwischen dem Hochschulrat, dem Präsidium und dem Senat, werden neu geordnet. Dabei wird der Hochschulrat wird von Aufgaben der Genehmigung von Satzungen in Selbstverwaltungsangelegenheiten entlastet.
- Die Mitbestimmungsrechte der Studierenden im Senat und im Fachbereichskonvent werden gestärkt, u.a. mit der Einführung eines Widerspruchsrechts in Angelegenheiten der Lehre, des Studiums und der Prüfungen.
- Die Förderung der Gleichstellung als Aufgabe der Hochschulen wird im Gesetz deutlicher herausgestellt und die Position der Gleichstellungsbeauftragten an der Hochschule weiter gestärkt.
- Der Diversity-Ansatz wird neu im Hochschulgesetz verankert. Flankierend dazu wird das Amt einer oder eines Beauftragten für Diversität eingeführt.
- Die Hochschulen erhalten den gesetzlichen Auftrag, sich für gute Beschäftigungs-bedingungen ihres Personals einzusetzen. Hierzu sollen sie Regelungen in einem Verhal- tenskodex erlassen, der unter anderem nähere Vorgaben für die Befristung von Arbeits-verträgen sowie Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf enthalten soll.
- Für Juniorprofessorinnen und -professoren wird die Möglichkeit eines Tenure Track stärker herausgehoben.
- Die Hochschulen können in ihre Verfassung Regelungen zur Beschäftigung von bereits in den Ruhestand eingetretenen Professorinnen und Professoren aufnehmen, damit diese sich als Seniorprofessorinnen oder Seniorprofessoren für die Hochschule einsetzen und an Forschungsvorhaben teilhaben können.
- Die Zugangs- und Zulassungsbedingungen für beruflich qualifizierte Studienbewerberinnen und -bewerber werden erleichtert.
- Die Rolle der Fachhochschulen bei der akademischen Ausbildung wird gestärkt. Absolventinnen und Absolventen von Fachhochschulen erhalten über die Einführung eines Promotionskollegs Schleswig-Holstein eine zusätzliche Promotionsgelegenheit.
Im Beteiligungsverfahren zwischen erster und zweiter Kabinettsbehandlung konnten die Hochschulen zudem erreichen, dass die Öffnungsklausel zur Übertragung der Bauherreneigenschaft im Einzelfall, die bisher nur für das Klinikum möglich war, auf die Hochschulen ausgedehnt wird.
Im Verfahren der Bestellung der Kanzlerin bzw. des Kanzlers soll der einschlägige § 25 Abs. 2 folgende Fassung erhalten, in der insbesondere das bisherige alleinige Vorschlagsrecht der Präsidentin bzw. des Präsidenten ersetzt wird:
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„Die Kanzlerin oder der Kanzler wird vom Senat auf Grundlage einer voraus-gegangenen Ausschreibung gewählt. Zur Vorbereitung der Wahl richten der Hochschulrat und der Senat eine gemeinsame Findungskommission ein, die aus zwei Mitgliedern des Hochschulrates, vier Mitgliedern des Senates und der Präsidentin oder dem Präsidenten besteht. Senat und Hochschulrat entsenden dabei mindestens ein weibliches Mitglied. Aus dem Senat ist für jede Mitgliedergruppe nach § 13 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 ein Mitglied zu nominieren. Den Vorsitz führt die Präsidentin oder der Präsident. Die Findungskommission legt nach Anhörung der Gleichstellungsbeauftragten einen Wahlvorschlag vor, der der Zustimmung von mindestens fünf Stimmen der Mitglieder des Hochschulrates und des Senates bedarf; der Wahlvorschlag soll mindestens zwei Kandidatinnen oder Kandidaten enthalten. Die Präsidentin oder der Präsident kann einzelne Kandidatinnen oder Kandidaten ablehnen. Die Vorschlagsliste wird dem Senat zur Durchführung der Wahl vorgelegt. Die Hochschule kann weitere Rechte und Pflichten der Findungskommission sowie Einzelheiten des Verfahrens in einer Satzung regeln. Die Amtszeit der Kanzlerin oder des Kanzlers beträgt sechs Jahre. Wiederwahl ist möglich. Auf eine Ausschreibung kann nach einer ersten Wiederwahl verzichtet werden, wenn die amtierende Kanzlerin oder der amtierende Kanzler sich 15 Monate vor Ablauf der Amtszeit bereit erklärt, das Amt für eine weitere Amtsperiode zu übernehmen, die Präsidentin oder der Präsident dem Verzicht auf die Ausschreibung zustimmt und der Senat die Kanzlerin oder den Kanzler mit der Mehrheit seiner Mitglieder im Amt bestätigt.“
Die Hochschulen des Landes waren in den Prozess der Erarbeitung des Gesetzentwurfes über die Landesrektorenkonferenz eingebunden, so dass sich kein grundlegender Widerstand gegen die Gesetzesnovelle abzeichnet. Die Hochschulen des Landes betrachten die geplanten Änderungen weder als deutliche Ausweitung noch als erhebliche Einschränkung der Autonomie und der Handlungsfähigkeit der Hochschulen.
Bisher noch nicht durchsetzen konnten sich die Hochschulen in ihren Forderungen nach einer Abschaffung der Stellenpläne, die inzwischen im Verhältnis des Landes zu den Hochschulen weitgehend ohne Steuerungsfunktion sind. Die Hochschulen werden diesen Punkt im weiteren Gesetzgebungsprozess als zentrale Forderungen weiter vortragen.
4. Promotionsrecht für FachhochschulenMit der geplanten Hochschulgesetznovelle sollen die Promotionsmöglichkeiten für FH-Absolventen über die bisherigen Möglichkeiten für gemeinsame Promotionsverfahren an den Universitäten hinaus deutlich erweitert werden. FH-Absolventinnen und -absolventen soll durch das Promotionskolleg ein verlässlicher Rahmen zur Durchführung von Promotionsvorhaben geboten werden. Zur Qualitätssicherung werden die Betreuung und die Begutachtung der Promotion in verschiedene Hände gelegt. Eine Gutachterin oder ein Gutachter muss aus einer Universität stammen. Fachhochschulprofessorinnen und -professoren können sich am Promotionskolleg beteiligen, wenn ihre Forschungsstärke durch eine externe Begutachtung positiv evaluiert wurde, sie eine Zweitmitgliedschaft an einer schleswig-holsteinischen Universität erworben haben oder wenn sie zusätzliche wissenschaftliche Leistungen im Rahmen einer Juniorprofessur oder durch eine Habilitation nachweisen können.
5. Hochschulbau Unabhängig von der in ihrer konkreten Ausgestaltung noch offenen Frage der Ausweitung der Hochschulautonomie im Baubereich hat die Landesregierung mit dem Nachtragshaushalt 2015
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den Hochschulen die Möglichkeit eröffnet, sich mit Zustimmung der Ministerien aus Mitteln der Grundfinanzierung an Hochschulbaumaßnahmen zu beteiligen oder diese vollständig zu übernehmen.
6. Stiftungsuniversität LübeckDie rechtsfähige Körperschaft öffentlichen Rechts „Universität zu Lübeck“ (Universität) ist mit Wirkung vom 1. Januar 2015 per Gesetz als Hochschule des Landes in eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Lübeck (Stiftungsuniversität) überführt worden. Die Vorschriften des Hochschulgesetzes gelten für die Stiftungsuniversität entsprechend, sofern das Gesetz über die Stiftungsuniversität zu Lübeck (StiftULG) keine abweichenden Regelungen trifft.
Abweichungen betreffen insbesondere
- die Übernahme des Eigentums an Grundstücken und Gebäuden sowie an beweglichen Vermögensgegenständen inkl. Übernahme der Bauherrenverantwortung gegenüber der weiterhin einzubindenden Gebäudemanagement Schleswig-Holstein (GMSH)
- die Bildung eines Stiftungsrates (mit der Übernahme der gesetzlichen Aufgaben des Hochschulrates) und eines Stiftungskuratoriums
- die Übernahme der Dienstherrnfähigkeit und der Befugnisse der obersten Dienstbehörde
- den Ersatz von Stellenplänen durch Personalkostenobergrenzen
- der Einführung der kaufmännischen Buchführung
Die Finanzierung der Aufgaben der Stiftungsuniversität erfolgt unverändert insbesondere aus jährlichen Globalzuweisungen des Landes sowie zusätzlich aus Pauschalzuweisungen des Landes für die Beamtenversorgung
Mit Blick auf die Interessen der Studierenden und Mitarbeitenden hat das Land im Gesetz sichergestellt, dass es keine Studiengebühren geben werde, die Mitbestimmungsrechte gewahrt und die Absicherung der Arbeitnehmer berücksichtigt werden.
7. Internationale Semesterzeiten an der Europa-Universität Flensburg Nach der Umbenennung zur Europa-Universität Flensburg (EUF) im Jahr 2014 bemüht sich die EUF, vom Land die Zustimmung zu einem Wechsel in den internationalen Semester-Kalender nach dem Vorbild der Universität Mannheim zu erhalten. Aufgrund der besonderen Verflechtung mit Dänemark konnte bereits in diesem Jahr für Teilbereiche der EUF ein Wechsel erreicht werden. Im Herbst 2015 sollen die Erfahrungen der Umstellung ausgewertet und auf dieser Basis über den Wechsel aller Studiengänge der EUF oder eine Rückkehr zu den alten Zeiten entschieden werden.
8. Universitätsklinikum (UKSH)Nach einem etwa 2-jährigen Verhandlungsprozess haben sich die Landesregierung, der Vorstand des Universitätsklinikums sowie die beiden Präsidien der Universitäten Kiel und Lübeck auf eine Gesetzesnovelle zum UKSH geeinigt. Angestoßen wurde der Prozess von einem Gutachten des Wissenschaftsrates aus dem Jahre 2011, das eine stärkere Profilbildung
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in der Forschung an den beiden UKSH-Standorten Kiel und Lübeck sowie eine bessere Koordinierung von F&E und Krankenversorgung anmahnte. Die umfassende Reform, die derzeit in eine Neufassung des Hochschulgesetzes umgearbeitet wird, sieht u.a. die Stärkung der beiden (zukünftig hauptamtlichen) Dekane/innen (Vollmitgliedschaft im Vorstand des UKSH, Sprecherfunktion in neu zu schaffenden „Campusdirektionen“) sowie eine Neuverteilung von zentralen und dezentralen Aufgaben äquivalent zu einem Holding-Modell (mit zwei nicht-rechtsfähigen, aber operativ stärker eigenständigen Campi Lübeck und Kiel) vor. Daneben werden die Finanzströme für Forschung und Lehre in der Universitätsmedizin neu geordnet (Wegfall des Medizinausschusses) und an Zielvereinbarungen analog zu den Globalhaushalten der Universitäten geknüpft.
Die Landesregierung plant, den Referentenentwurf für die Novelle in der zweiten Jahreshälfte 2015 vorzulegen.
9. Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge an den UniversitätsstandortenDas Land verfügt derzeit nicht über hinreichende Kapazitäten zur Bewältigung der Flüchtlingszahlen und plant deshalb, an den drei Universitätsstandorten Kiel, Flensburg und Lübeck auf Landesgrundstücken noch im Jahr 2016 zusätzliche Erstaufnahmeeinrichtungen mit einer Kapazität von jeweils etwa 600 Plätzen zu errichten, die baulich so konzipiert werden sollen, dass eine Nachnutzung insbesondere als Studentenwohnheim möglich ist.
Nachdem in Lübeck zunächst der Erwerb eines geeigneten Grundstückes am Widerstand der Stadt gescheitert ist, laufen für die Standorte Kiel und Flensburg bereits Ausschreibungen und noch im Spätsommer 2015 sollen in der Nähe dieser Standorte jeweils provisorische Einrichtungen ihren Betrieb aufnehmen, der dann nach Fertigstellung der Gebäude an den Hochschulen dorthin verlagert werden soll.
10. Prüfungen des LandesrechnungshofesIm Berichtszeitraum hat der Landesrechnungshof (LRH) im Hochschulbereich mit den eigenen Einnahmen der Hochschulen auseinandergesetzt und festgestellt, dass diese ihre Möglichkeiten zur Gebührenerhebung nicht ausschöpfen. Der Landtag wird vom LRH aufgefordert, die gesetzlichen Möglichkeiten für Studienbeiträge zu erweitern, und – wenn schon nicht für alle Studierenden – zumindest für Langzeitstudierende und Zweitstudienbewerbern Studienbeiträge zu erheben. Hierfür ist jedoch im Land derzeit keine Mehrheit erkennbar.
In seinen Bemerkungen 2015 äußert sich der LRH auch erneut kritisch zu den Rücklagen der Hochschulen, die zum Jahresende 2013 trotz anerkannter Unterfinanzierung der schleswig-holsteinischen Hochschulen weiter gestiegen seien. Der LRH konstatiert jedoch auch, dass es hierfür vielfältige Gründe gebe, die zumeist nicht von den Hochschulen zu verantworten seien, die insbesondere eine stärkere Planungssicherheit benötigen würden.
Gez. Frank Kupfer Kanzler Europa-Universität Flensburg
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Thüringen 1. Allgemeine Situation/Entwicklung Nach umfangreichen Diskussionen in den Thüringer Hochschulen und mit dem zuständigen Ministerium zu Inhalten, Zielrichtungen und Finanzierungen wurden Ende des Jahres 2013 durch die Thüringer Hochschulen die Struktur- und Entwicklungspläne für den Zeitraum bis 2020 vorgelegt. Erst im Mai 2014 hat dann die Landesregierung basierend auf der Rahmenvereinbarung III sowie den zwischen Ministerium und Hochschulen abgeschlossenen Ziel- und Leistungsvereinbarungen sowie den Struktur- und Entwicklungsplänen der Hochschulen die Hochschulstrategie Thüringen 2020 beschlossen. Das Fehlen dieser landespolitischen Rahmensetzungen hatte die Erarbeitung der Struktur- und Entwicklungspläne der Hochschulen erheblich erschwert. Die Abfolge wurde auch im Abschlussbericht des Landesrechnungshofes zur Prüfung von „Finanzierung, Rechnungs- und Berichtswesen der Hochschulen des Landes Thüringen“ als abweichend von der gesetzlich verankerten Systematik und falscher Aufeinanderfolge der Steuerungsinstrumente erheblich kritisiert. Wesentliche Eckpunkte eines parallel verlaufenen Dialogprozesses waren die Bestandszusage für alle Thüringer Hochschulstandorte sowie die Forderung nach weiterer Vernetzung der Hochschulen und verstärkter verwaltungsmäßiger Kooperation.
Die im Jahr 2012 zwischen den Hochschulen und dem Land geschlossene Rahmenvereinbarung III mit einer Laufzeit bis 2015 geht von erheblichen Kostensenkungs- und Personalabbaupfaden aus, die nunmehr umzusetzen sind und die Thüringer Hochschulen zu Einsparmaßnahmen im Umfang von rund 300 Vollzeitstellen zwingen.
Zur Absicherung und Aufrechterhaltung der Ausbildungskapazitäten wurden Vereinbarungen zwischen dem Ministerium und den Hochschulen getroffen, den Personalabbau über die Laufzeit unter Zuhilfenahme von Mitteln des Hochschulpaktes 2020 zu strecken. Dennoch stellt dieses Abbauszenario die Hochschulen vor erhebliche Probleme, die sich insbesondere zulasten des befristeten wissenschaftlichen Personals auswirken werden.
Derzeit finden die Gespräche der Hochschulen mit dem nach dem Regierungswechsel neu gebildeten Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft zur Vorbereitung der Rahmenvereinbarung IV statt, die ab 1.1.2016 mit einer Laufzeit von vier Jahren in Kraft treten soll. In Arbeitsgruppen werden die Grundsätze der künftigen Finanzierung, die Überleitungsrechnung für das Jahr 2016 sowie die abzuschließenden Ziel- und Leistungsvereinbarungen zum Teil kontrovers diskutiert. Auf der Basis des abgesenkten Niveaus - als kalkulatorische Grundlage für die Finanzierung der Hochschulen ab 2016 wurden seitens des Landes die Zielzahlen nach erfolgtem Personalabbau vorgegeben - wird gegenwärtig von einem jährlichen Zuwachs der Landesmittel von 3% ab 2016 sowie einer Aufstockung um weitere 1% für ein sogenanntes Strategiebudget des Ministeriums ausgegangen. Insgesamt wird sich das Hochschulbudget in ein zentrales Budget, das der Finanzierung hochschulübergreifender Tatbestände dient, und ein s.g. Vereinbarungsbudget unterteilen, bei dem beabsichtigt ist, 85% der Mittel als Grundbudget auszureichen und 15% indikatorbezogen über Ziel- und Leistungsvereinbarungen zu verteilen. Die Diskussionen zur neuen Mittelverteilung, insbesondere zur Höhe des Finanzierungsniveaus 2016 jeder einzelnen Hochschule als Ausgangspunkt für die Folgejahre, finden derzeit statt.
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Im Berichtszeitraum wurden erneut Zuweisungen im Rahmen des Hochschulpaktes 2020 zur Ergänzung der nicht zureichenden Landesmittel für die Grundfinanzierung der Hochschulen eingesetzt. Die Bereitstellung erfolgte projektbezogen in teilweise sehr detaillierten Programmlinien. Diese Verfahrensweise erschwert die Nachweispflicht, stellt erhöhte Anforderungen an die Bewirtschaftung und wurde auch vom Rechnungshof kritisiert.
Die Zahl der Studienanfänger ist im Studienjahr 2014/15 aufgrund der demografischen Entwicklung in den neuen Bundesländern leicht gesunken. Gleichzeitig ist der relative Anteil der Studienanfänger aus den alten Bundesländern sowie der ausländischen Studienanfänger angestiegen. Aufgrund des Auslaufens der „doppelten Jahrgänge“ sowie des Wegfalls von Studiengebühren in benachbarten Bundesländern und dem damit verbundenen Wegfall des Anreizes, einen Studienort in Thüringen zu wählen, konnte dieser Aufwuchs den demographisch bedingten regionalen Rückgang jedoch nicht kompensieren.
Die Zahl der Studienanfänger konnte an der Universität Erfurt zum Wintersemester 2014/15 annähernd auf dem Niveau des Jahres 2013 gehalten werden (in 2011: 1.072, in 2012: 1.114, in 2013: 1.193). Die Gesamtzahl der Studierenden an der Universität ist in 2014 mit 5.710 (in 2012: 5.596, in 2013: 5.731) Studierenden vergleichbar mit dem 2013 erreichten Höchststand. Die konsekutive Lehramtsausbildung hat sich mit insgesamt 703 Studierenden als eine tragende Säule im Studienangebot der Universität Erfurt etabliert.
An der TU Ilmenau kamen 54 % der deutschen Studienanfänger aus den alten Bundesländern. Diese Entwicklung ist erfreulich, ein Grund hierfür wird auch in den seit Jahren erzielten Spitzenplätzen in einschlägigen Rankings gesehen. Besonders erfreulich ist die Anzahl der Studienanfänger, die aus dem Ausland kommen. Der Anteil internationaler Studierender an den Studienanfängern liegt bei 25,9%.
Auch an der Bauhaus-Universität Weimar stammten 54 % der deutschen Studienanfänger aus den alten Bundesländern, der Anteil der internationalen Studienanfänger lag bei 31 %.
Zu Beginn des Wintersemesters 2014/15 war an der FSU Jena mit 18.916 Studierenden ein Rückgang um 3,8 % im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Der Anteil der aus dem Ausland oder den alten Bundesländern stammenden Studienanfänger ist gleichzeitig von 57 % auf 59 % - davon aus dem Ausland 26 % - gestiegen, während der Anteil der aus Thüringen stammenden Studienanfänger mit 23,5 % gegenüber 27 % im Wintersemester 2013/14 erneut zurückgegangen ist.
In der jährlich vom DZHW durchgeführten Befragung zur Studienzufriedenheit unter den immatrikulierten Studierenden erzielte die FSU Jena erneut Spitzenwerte: 71% der Studierenden äußerten sich rundum zufrieden mit den Bedingungen im Studium und rund 81% der Befragten studieren sehr gerne an der Universität Jena. Beim europaweiten „Student Satisfication Award 2014“ des „StudyPortals“ (www.stexx.eu) belegte die FSU Jena einen hervorragenden zweiten Platz. Sie erzielte 9,5 von 10 Skalenpunkten und ist damit in Deutschland punktgleich mit der Universität Göttingen platziert.
Nachdem im Zusammenhang mit der Lehrstrategie der TU Ilmenau die Implementierung
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des Projektes der „Basic Engineering School“ erfolgreich verlaufen war, beteiligte sich die Universität auch an der 2. Runde des Bund-Länder-Wettbewerbs „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ erfolgreich. Das eingeworbene Projekt „BASICplus– Realisierung einer offenen Studienplattform für die berufsbegleitende und durchgängige Aus- und Weiterbildung in den Ingenieurfächern“ dient ebenfalls dem Anliegen, mit einem geänderten Einstieg in das Ingenieurstudium die Erfolgsquoten positiv zu beeinflussen.
Um herausragende Ideen in der Lehre zu würdigen und die Attraktivität der Lehre weiter zu erhöhen, wurde im Rahmen der Immatrikulationsfeier am 15. Oktober 2014 erstmals der »Lehrpreis der Bauhaus-Universität Weimar« vergeben, der Bestandteil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Programms »Studium.Bauhaus« ist. Im Februar 2014 wurde an der Bauhaus-Universität Weimar im Rahmen der beiden vom BMBF geförderten Projekte »Studium.Bauhaus« und »Professional.Bauhaus« das E-Learning Labor (eLab) als fächerübergreifendes Service-Angebot für Lehrende und Studierende gegründet.
Mit der erfolgreichen Bewerbung innerhalb des Bund-Länder-Programms zur Förderung der Lehrerbildung kann eine nachhaltige Profilierung des Ausbildungsmodells der FSU Jena unterstützt werden. Unter dem Leitthema „Professionalisierung von Anfang an“ ist das Jenaer Modell der Lehrerbildung auf eine ausgewogene Wissenschafts- und Berufsfeldorientierung hin angelegt. Eine besondere Stärke liegt dabei im fachdidaktisch und bildungswissenschaftlich begleiteten Praxissemester, das die Studierenden in der Mitte ihres Studiums absolvieren. Daran anknüpfend geht es künftig verstärkt darum, eine systematischere Aufarbeitung dieser Praxiserfahrungen zu erreichen.
An 64 Studierende der TU Ilmenau wurden im Jahr 2014 im Rahmen des Deutschlandstipendien-Programms Stipendien vergeben. Auf Initiative der Stipendiaten, der Stifter und der Universität wurde ein Stipendiaten-Stifter-Netzwerk gegründet. Auch die Bauhaus-Universität Weimar beteiligte sich weiterhin an der Initiative Deutschlandstipendium. Dank der Unterstützung privater Förderer konnten zum Sommersemester 2014 12 Deutschlandstipendien vergeben werden. An der FSU Jena wurden 53 Deutschlandstipendien vergeben, die von 29 privaten Förderern zur Verfügung gestellt wurden.
Alle Universitäten schätzen ein, dass neben der schwierigen Akquise der Verwaltungsaufwand für die vergebenen Stipendien unverhältnismäßig hoch ist. Ein Erreichen der möglichen Förderhöchstquote wird als nicht realistisch angesehen.
Die FSU Jena hat sich im Berichtsjahr nach mehrjähriger Vorbereitung dem Begutachtungs-verfahren zur Systemakkreditierung unterzogen. Ziel ist es, der Universität funktionsfähige Evaluationsverfahren und Monitoringmechanismen zu bescheinigen, auf deren Grundlage die Universität künftig in autonomer Verantwortung die hohe Qualität ihrer Studiengänge gewährleisten kann. Die Akkreditierungsentscheidung wird durch die Akkreditierungskommission von ACQUIN auf der Basis des Gutachtens und der Stellungnahme der Universität im Sommer 2015 getroffen werden.
Die Einnahmen aus der Zuwendungsforschung liegen an der Universität Erfurt mit 6,1 Mio. € unter den Vorjahreswerten (in 2012: 7.025 TEUR, in 2013: 7.438 TEUR). Eine Ursache liegt
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im Zusammenfallen des Auslaufens mehrerer Projekte mit hohem Finanzvolumen. Für die Folgejahre wird auf Grund der regen Antragstätigkeit und der zwischenzeitlichen Bewilligung mehrerer umfangreicher Projekte mit Einnahmen aus der Zuwendungsforschung auf dem durchschnittlichen Niveau der letzten Jahre gerechnet. Die Zuwendungen der DFG stellen mit rund 40% weiterhin den größten Anteil dar.
Die Drittmitteleinnahmen der TU Ilmenau (ohne Landesmittel) sind mit knapp 40,9 Mio. € im Jahr 2014 gegenüber dem Vorjahr um 3,9 Mio. € gestiegen. Da diese Entwicklung nicht mit einem entsprechenden Anstieg der Grundfinanzierung einhergeht, führt dies im Bereich der Verwaltung der Mittel zu entsprechend höheren Belastungen des Personals. Vor gleichen Problemen stehen auch die anderen Universitäten Thüringens.
Mit insgesamt 12,9 Mio. EUR konnten die Drittmitteleinnahmen (ohne DAAD, ohne Projektmittel des Landes) der Bauhaus-Universität Weimar nach einem deutlichen Aufwuchs in den Vorjahren auf einem stabilen Niveau gehalten werden. Die verausgabten Drittmittel lagen 2014 bei 19,9 Mio. EUR.
An der FSU Jena betrugen die neu eingeworbenen Drittmittel im Jahr 2014 75,1 Mio. € (ohne Universitätsklinikum UKJ). 25,2 Mio. € davon entfielen auf Bewilligungen der DFG, 15,0 Mio. € kamen vom Bund und 5,2 Mio. € von der Europäischen Union. Die Drittmittelausgaben blieben mit 93,4 Mio. € (davon rd. 25 Mio. € UKJ) auf hohem Niveau.
Das Jahr 2014 war Auftakt für die neue Förderperiode der EU in den neuen Programmen von Horizon 2020. Im Jahr 2014 haben an der FSU insgesamt elf neue Projekte, darunter fünf im 7. Rahmenprogramm und sechs im Programm Horizon 2020, ihre Arbeit aufgenommen, Die FSU zieht mit insgesamt 71 Projekten aus dem 7. Rahmenprogramm der EU, von denen acht an der FSU koordiniert werden, eine positive Abschlussbilanz. Von den sechs neuen über Horizon 2020 eingeworbenen Projekten werden drei in Jena koordiniert
Im Rahmen der Auftragsforschung hat die Universität Jena im Jahr 2014 für insgesamt 100 private Unternehmen und öffentliche Partner 202 Aufträge bearbeitet, das Auftragsvolumen stieg um 2,3 Mio. € auf 6,9 Mio. €.
2. Personal und akademischer NachwuchsFehlende Redundanzen und weiterer Abbau beim haushaltsfinanzierten Personal, Fluktuation und Anstrengungen zu Gewinnung hochqualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchses sind einige der Herausforderungen, denen sich die Hochschulen im personellen Bereich stellen müssen. Dazu kommen deutlich steigende Aufgaben angesichts noch immer zunehmender Berichtspflichten und unterschiedlicher, immer detaillierter werdender Verwendungsnachweise verschiedener Fördermittelgeber. Zudem reicht der Freistaat Thüringen selbst Mittel des Hochschulpaktes 2020 an die Hochschulen verstärkt projektbezogen aus, was die Mittelbewirtschaftung und die Nachweisführung unnötig erschwert.
Die in Verbindung mit der Struktur- und Entwicklungsplanung geforderte Kosteneinsparung und der damit verbundene Stellenabbau werden derzeit durch zusätzliche HSP 2020-Mittel abgefedert. Allerdings führen diese Mittel nur zu einer kurzfristigen Planungssicherheit, die für die Einrichtung und Weiterentwicklung von Studiengängen einerseits und die Profilierung der
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Forschung andererseits nicht förderlich ist. Langfristige finanzielle Planungssicherheit kann nur durch eine verlässliche, auf mehrere Jahrzehnte angelegte Bund-Länder-Finanzierung erreicht werden.
An der Universität Erfurt waren zum 01.12.2014 insgesamt 610 Personen beschäftigt (508,0 VZÄ4), was einem leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahr entspricht (2013: 606 Personen, 505,0 VZÄ).
Das novellierte Hochschulgesetz ermöglicht den Hochschulen, eigene Berufungs- und Karrierekonzepte zu etablieren und somit echte Tenure-Track- bzw. Career-Track-Berufungen durchzuführen. Die Universität Erfurt beabsichtigt, die Möglichkeit in den Folgejahren im Sinne einer strategischen Berufungsplanung zu nutzen.
Gegenwärtig sind an der TU Ilmenau etwa 44%, an der Bauhaus-Universität Weimar etwa 40 % und an der FSU Jena rund 56 % des wissenschaftlichen Personals drittmittelfinanziert beschäftigt. Dies stellt quantitativ und qualitativ hohe Anforderungen an die Verwaltungen, die mit nahezu konstantem Personal diese gestiegenen Aufgaben zu bewältigen haben.
Um die zahlenmäßige Ausstattung der Professuren mit wissenschaftlichen Mitarbeitern auf einem universitär angemessenen Level zu halten, wird derzeit an der TU Ilmenau an einem Konzept „Zukunftsfähige Universität“ gearbeitet. Das bedeutet einerseits, die Zahl der Professuren zu verringern, indem mittelfristig Dopplungen in Wissenschaftsgebieten – auch fakultätsübergreifend – beseitigt werden, und die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter pro Professur zu erhöhen, andererseits Verwaltungspersonal im Ergebnis von Prozessanalysen abzubauen und Verwaltungsstrukturen in den Fakultäten zu vereinheitlichen und mit höherer Verantwortung auszustatten.
Im Jahr 2014 sowie zu Beginn des Jahres 2015 wurden an der TU Ilmenau, der Bauhaus-Universität Weimar sowie an der FSU Jena, angelehnt an die Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz, Richtlinien verabschiedet, die Mindeststandards für die Befristung von Personal festlegen.
Die Bauhaus-Universität Weimar verfügt mit der Bauhaus Research School über eine zentrale wissenschaftliche Einrichtung, die allen Mitglieder der in Weimar eingerichteten strukturierten Promotionsprogramme sowie auf Antrag allen individuellen Promovierenden und Postdoktoranden zur Verfügung steht. Sie verfolgt das Ziel, an den Schnittstellen der Forschungsschwerpunkte neue strukturierte Graduiertenprogramme zu etablieren sowie gute Rahmenbedingungen für Promovierende zu schaffen. Die Empfehlungen der DFG zur Erstellung von Betreuungsvereinbarungen bilden die Basis einer von der Bauhaus Research School erarbeiteten „Betreuungserklärung für Promotionsvorhaben an der Bauhaus-Universität Weimar“.
Die Bauhaus-Universität Weimar hat sich 2014 erfolgreich mit einem hochschulweiten Konzept unter dem Titel „Welt.Raum.Bauhaus“ in einem neuen Förderformat des DAAD „IPID4all – Internationale Promovieren in Deutschland –for all“ beworben. Das Projekt soll die internationale Sichtbarkeit der Bauhaus-Universität Weimar erhöhen und besonders geeignete internationale Graduierte für eine Promotion in Weimar gewinnen.
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Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist für die FSU eine Aufgabe von herausgehobener Bedeutung. Promovierende und Postdocs erhalten daher umfangreiche Unterstützung in ihrer Qualifizierung für eine Hochschullehrerlaufbahn oder eine andere Tätigkeit in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Zum 31.12.2014 waren 2.521 Promovierende an der FSU (ohne Medizin) registriert, davon 1.147 weibliche (45,5 %) und 530 Ausländer (21,0 %). 659 Doktorandinnen und Doktoranden promovieren in strukturierten Programmen (26,1 %). Im Jahr 2014 wurden 13 Absolventen einer Fachhochschule promoviert. Die FSU unterstützt dieses Anliegen u. a. durch eine Kooperationsvereinbarung mit der Ernst-Abbe-Hochschule Jena. Für die überfachliche Weiterqualifizierung konnten Postdoktorandinnen und Postdoktoranden im vergangenen Jahr aus ca. 90 Kursen der Graduierten-Akademie wählen.
Im Jahr 2014 etablierte sich der Rat der Doktorandinnen und Doktoranden der FSU Jena (DR.FSU) universitätsweit als wichtiger Ansprechpartner für alle Fragen, die den wissenschaftlichen Nachwuchs betreffen. Die Einrichtung einer eigenständigen Promovierendenvertretung hatte auch bundesweite Strahlkraft: Der DR.FSU hat im Jahr 2014 viele Promovierende anderer Universitäten beraten, die ebenfalls die Gründung eines Promovierendenrates planen. Auf regionaler Ebene wurde außerdem damit begonnen, ein Thüringer Promovierendennetz aufzubauen, an dem die Universitäten Weimar, Erfurt und Ilmenau beteiligt sind.
Auf Vorschlag des Rektors und im Benehmen mit dem Senat wählte der Universitätsrat der Bauhaus-Universität Weimar am 17. Juni 2014 Herrn Dr. Horst Henrici zum neuen Kanzler, der am 1. Januar 2015 sein Amt aufnahm.
3. Bau- und LiegenschaftsmanagementDie nach wie vor unzureichende Ausstattung des Bauhaushalts des Landes führte auch im vergangenen Jahr wieder dazu, dass die egrenzten Haushaltsmittel der Hochschulen zur Verstärkung von Bauunterhaltsmaßnahmen verwendet werden mussten.
Die derzeitige Rahmenvereinbarung mit dem Land trägt der Entwicklung der Betriebskosten in keiner Weise Rechnung, indem nur ein jährlicher Aufwuchs in Höhe von 2 % gewährt wird. Hinzuweisen ist dabei auch auf den Anstieg der Lohnkosten im Zuge der Umsetzung des Mindestlohngesetzes beispielsweise im Reinigungsgewerbe und beim Wachschutz. Die hieraus resultierenden erhöhten Kosten werden durch die Dienstleister an die Hochschulen weitergereicht.
Die Auslastung der flächenbezogenen Studienplätze an der TU Ilmenau ist mit etwa 200 % weiterhin außerordentlich hoch, sodass Anmietungen erforderlich und weitere Baumaßnahmen umzusetzen sind. An großen Baumaßnahmen erfolgten an der TU die Fortsetzung der Modernisierung des historischen Faradaybaus, die Erneuerung des Kommunikations- und Multimedianetzes sowie der Neubau eines Büro- und Laborgebäudes für das Forschungsprojekt „Thüringer Innovationszentrum Mobilität“ im Rahmen eines Bauträgervertrages. Ein weiteres Laborgebäude hierfür steht als Mietobjekt kurz vor der Fertigstellung. Vorbereitet werden derzeit die Planungen für den Neubau des Universitätsrechenzentrums. Darüber hinaus besteht dringender Bedarf an Sanierungen von Gebäuden zur Einhaltung des Brandschutzes.
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4 Der Wert entspricht der Berechnung nach der Systematik des Statistischen Bundesamtes.
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Die Universität Erfurt hat ihre konzeptionelle Planung zur künftigen Gebäudestruktur auf dem Campus auch im Jahr 2014 weiter verfolgt und konkretisiert. Ein wichtiger Baustein in diesem Zusammenhang ist die Planung eines neuen Forschungsgebäudes zur Unterbringung des Max-Weber-Kollegs sowie der Willy Brandt School. Die Universität wird in Abstimmung mit dem Ministerium im kommenden Jahr einen Vorantrag nach Artikel 91b GG stellen.
Insgesamt bleibt die räumliche und bauliche Situation an der Universität Erfurt sehr angespannt. Dies liegt einerseits an fehlenden Flächen für Lehre und Forschung und andererseits am immensen Sanierungs-/Modernisierungsstau von über 60 Mio. EUR, der auch in 2014 nicht signifikant abgebaut werden konnte. Situationsverschärfend wirkt sich aus, dass auf Grund von Mängeln im Brandschutz die Universitätsleitung zu Beginn des Jahres 2015 gezwungen war, das Audimax-Gebäude zu sperren. Damit kann der größte Vorlesungsraum der Universität mit ca. 600 Plätzen nicht mehr genutzt werden, es musste eine Ausweichfläche angemietet werden.
Die FSU Jena bewirtschaftet rund 130 Gebäude, von denen 38 unter Denkmalschutz stehen. Der Umfang der angemieteten Flächen ist in den vergangen 7 Jahren um 80% auf inzwischen mehr als 23.000 qm angewachsen. Zwar ist die flächenbezogene Überlast aufgrund zurückgegangener Studierendenzahlen geringer geworden, dennoch verbleibt ein zu realisierender Neubaubedarf von rund 40.000 qm HNF, u.a. um unwirtschaftliche Gebäude in Streulagen und Anmietungen aufgeben zu können.
An der FSU Jena wurde im Herbst 2014 ein Neubau „Zentrum für Angewandte Forschung“ in Betrieb genommen, an dessen Finanzierung sich die Universität mit eigenen Mitteln beteiligen musste. Im Zentrum der aktuellen Planungen steht die Vorbereitung eines baulichen Großvorhabens auf dem innerstädtischen Inselplatz, auf dem der seit langem überfällige Neubau des Universitätsrechenzentrums, die Bibliothek für die naturwissenschaftlichen und vorklinisch-theoretischen Fächer, sowie Gebäude für die Mathematik-Informatik und die Psychologie realisiert werden sollen. Baubeginn soll im Frühjahr 2018 sein, das derzeit geplante Bauvolumen beträgt 110 Mio. €.
4. Prüfungen durch den Thüringer RechnungshofDer Thüringer Rechnungshof hat zu Beginn des Jahres 2015 seinen Abschlussbericht zur vorangegangenen Prüfung „Finanzierung, Rechnungs- und Berichtswesen der Hochschulen des Landes“ vorgelegt. Es erfolgte eine Auswertung des in Bezug auf die Steuerungsmechanismen des Landes außerordentlich kritischen Berichts gemeinsam mit dem Ministerium. Bestandteil des Berichts waren auch kritische Ausführungen zum kaufmännischen Rechnungswesen an den Thüringer Hochschulen. Diese Kritik richtete sich jedoch nicht gegen das Rechnungswesen selbst, sondern gegen die aus Sicht des Rechnungshofs mangelnde Nutzung der ableitbaren Informationen insbesondere durch das zuständige Ministerium.
Des Weiteren gab es nochmals Abstimmungen mit den Universitäten zu der bereits seit 2013 andauernden Prüfung „IT-Gesamtplanung ausgewählter Hochschulen des Freistaates Thüringen“. Ein Abschlussbericht liegt derzeit noch nicht vor.
Der Bericht zur Prüfung der „Bewirtschaftung von Gästeunterkünften durch die Thüringer Hochschulen“ wurde im vergangenen Jahr vorgelegt. Die TU Ilmenau und die FSU Jena haben im Ergebnis der Prüfung sowohl Benutzungsordnungen als auch Entgeltordnungen bzw. –richtlinien aktualisiert oder neu beschlossen.
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An der TU Ilmenau fand eine Prüfung der Handvorschüsse und Geldannahmestellen durch den Thüringer Rechnungshof statt. Anlass der Prüfung war die geplante Überarbeitung der besonderen Bestimmungen für Geldannahmestellen und Handvorschüsse und die Feststellung von möglichem Änderungsbedarf. Dazu wurden verschiedene Einrichtungen der Landesverwaltung sowie exemplarisch eine Universität und eine Fachhochschule geprüft. Die Auswertung erfolgte im Rahmen des Abschlussgespräches.
5. HochschulrechnungswesenSeit 2010 wenden alle Thüringer Hochschulen das kaufmännische Rechnungswesen an, das seinerzeit in einem gemeinsamen Projekt auf der Basis von HIS-FIBU eingeführt wurde. Die Jahresabschlussprüfung 2014 findet bei den Thüringer Hochschulen derzeit statt. Als Problem tritt immer drängender in den Vordergrund, dass das Ministerium die Jahresabschlüsse 2010 noch immer nicht bei allen Hochschulen und die Jahresabschlüsse 2011 und 2012 generell nicht festgestellt hat. Problematisch bleibt auch weiterhin die Arbeit mit der Software HIS-FIBU.
Das gemeinsame Projekt der Thüringer Hochschulen zur Einführung der kaufmännischen Buchführung soll daher durch die Einführung eines neuen ERP-Systems (geplanter Start 01.01.2018) in enger Kooperation der Hochschulen fortgesetzt werden. In der „Hochschulstrategie 2020“ hat das Land hierfür eine finanzielle Unterstützung zugesagt. Im Jahr 2014 nahmen die verantwortlichen Gremien des Projekts die Arbeit auf, und es wurden erste wichtige strategische Entscheidungen gefällt. Die Leitung des künftigen ERP-Kompetenzzentrums hat Mitte 2015 die Arbeit aufgenommen. Bis Ende 2015 soll die Auswahl des externen Dienstleisters zur Unterstützung der Vorbereitung und Erstellung der Ausschreibung für das künftige ERP-System erfolgt sein.
Als erhebliches Hindernis für die Arbeit der Hochschulen wirkte sich die bis Mitte des Jahres 2015 andauernde vorläufige Haushaltsführung auf Grund des Fehlens eines beschlossenen Landeshaushaltes für das Jahr 2015 aus. Hintergrund ist der Regierungswechsel im Herbst des Jahres 2014.
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Berichte aus den Arbeitskreisen
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Hochschul-IT Mitglieder des Arbeitskreises Hochschul-IT, Stand: Juli 2015: • Christian Zens, Kanzler der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) – Vorsitzender - • Dr. Rainer Ambrosy, Kanzler der Universität Duisburg-Essen • Dr. Christian Berthold, Geschäftsführer der CHE Consult GmbH • Dr. Andrea Bör, Kanzlerin der Universität Passau • Dr. Wolfgang Flieger, Kanzler der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald • Jan Gerken, Kanzler der Universität Erfurt • Dr. Oliver Grundei, Kanzler der Universität zu Lübeck • Prof. Dr. Ulrike Gutheil, Kanzlerin der Technischen Universität Berlin • Oliver Heller, Kanzler der Hochschule Rosenheim • Helmut Köstermenke, Vizepräsident für den Bereich der Wirtschafts- und Personal- verwaltung der Hochschule Ruhr West • Stefan Lorenz, Kanzler der Technischen Universität Kaiserslautern • Jens Andreas Meine, Kanzler der Hochschule Bremen • Heidi Mikoteit-Olsen, Kanzlerin der Hochschule Koblenz • Martin Pilger, Leiter des Hochschul-IT-Zentrums, Universität des Saarlandes • Frau Dr. Christiane Reinhardt, Vizepräsidentin für Wirtschafts- und Personal- verwaltung der Hochschule Bochum • Ulf Richter, Kanzler der Universität Siegen • Dr. Matthias Schenek, Kanzler der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg • Dietmar Smyrek, Hauptamtlicher Vizepräsident der Technischen Universität Braunschweig
Arbeitskreissitzungen:
Der Arbeitskreis tagte im Berichtszeitraum dreimal:
• 20.11.2014 an der TU Braunschweig • 19.03.2015 an der FH Rosenheim • 25.06.2015 an der EUV Frankfurt (Oder)
Arbeitsschwerpunkte:
Nachdem im vorangegangenen Berichtszeitraum das Selbstverständnis des Arbeitskreises und die Entwicklung eines Leitbildes umfangreich diskutiert worden war, konnte dasselbe nunmehr in folgender endgültiger Fassung verabschiedet werden:
Leitbild des Arbeitskreises Hochschul-IT
1. Der Arbeitskreis trägt den Namen „Arbeitskreis Hochschul-IT“.
2. Die Legitimation des Arbeitskreises wird abgeleitet von den Aufgaben und der Funktion der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten. Die Kanzler/-innen repräsentieren die Hochschulleitungen und agieren daher auf der obersten Managementebene.
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3. Der Arbeitskreis greift aktuelle hochschulübergreifende Themen und Trends von strategischer Relevanz auf und tauscht sich zu diesem Zweck regelmäßig mit anderen Institutionen, nicht zuletzt dem Sprecherkreis aus. Der Arbeitskreis kann sich der Expertise Dritter bedienen, z.B. ZKI und DFN, und entsprechende Aufträge erteilen. Der Arbeitskreis agiert produkt- und anbieterunabhängig. Der Arbeitskreis beschäftigt sich nicht mit technischen Details.
4. Das Spektrum der Themen ist breit angelegt. Es umfasst die Kernbereiche der Tätigkeit der Kanzler/-innen, insbesondere in den Aufgabengebieten Organisation, Personal, Finanzen, aber auch rechtliche Aspekte und den Datenschutz.
5. Die Ergebnisse der Arbeit werden dokumentiert und Kolleg/-innen als Hilfestellung zur Verfügung gestellt. Das Material soll geeignet sein, auch hochschulpolitische Diskussionen zu unterstützen. Ergebnisse können auch Workshops und Fortbildungsveranstaltungen sein.
6. Der Arbeitskreis setzt sich zusammen aus den von den Landessprechern benannten Kolleginnen und Kollegen. Die Mitgliedschaft wird ausschließlich persönlich wahrgenommen. Der Arbeitskreis wird ergänzt um fünf ständige Gäste aus dem Kreis der FH-Kanzler/ -innen, die vom Bundessprecher der FH-Kanzler benannt werden. Über die Aufnahme weiterer ständiger Gäste entscheidet der Vorsitzende/ die Vorsitzende.
7. Der Arbeitskreis gibt sich eine Binnenorganisation, die es ihm ermöglicht, die relevanten Themen zu identifizieren, zu bearbeiten und zu dokumentieren sowie sich regel- mäßig auszutauschen.
Der gemeinsam mit dem Arbeitskreis Fortbildung konzipierte Workshop zum Thema „CMS als Change Management“ ist erfolgreich durchgeführt worden. Der AK Hochschul-IT dankt Frau Kollegin Dr. Steuer-Flieser für die Unterstützung in der Vorbereitung.
Der Arbeitskreis hat sich wiederum mit aktuellen Themen rund um das IT-Recht und den Datenschutz auseinandergesetzt und sich über die aktuellen IT-Trends informiert. Schwerpunkte waren §§ 52a, 52 b UrhRG und § 8 TelemedienG. Darüber hinaus wurden die Themen Microsoft Lizenzpolitik, Digitalisierung, MOOC und e-learning vertieft behandelt.
Die weiteren in der ursprünglichen Jahresplanung vorgesehenen Themenschwerpunkte konnten nicht aufgegriffen werden.
Bericht zu den Themen des AK Hochschul-IT für 2015/16Der Arbeitskreis will sich drei Schwerpunktthemen widmen, die anhand ihrer hochschulpolitischen Bedeutung besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Dabei wird der Arbeitskreis auf den noch offenen Themenkatalog des abgelaufenen Berichtszeitraums zurückgreifen. Vorrangig will sich der Arbeitskreis den Themen Verbünde (auch länderübergreifend), IT-Outsourcing, IT-Compliance und IT-Governance widmen. Ergänzt werden soll der Katalog erneut mit einem Schwerpunkt IT-Recht und Datenschutz. Es ist darüber hinaus geplant, eine Sitzung mit
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der ZKI-Frühjahrstagung zu koordinieren. Der vielfach an den Arbeitskreis herangetragene Wunsch zu einer Fortsetzung des Workshops Campus Management Systeme soll ebenfalls aufgegriffen werden und in Abstimmung mit dem Arbeitskreis Fortbildung mit konkreten Fra-gen und Hilfestellungen angeboten werden.
Dank Der Arbeitskreis dankt den Mitgliedern für ihre engagierte Mitarbeit.
15. Juli 2015 Christian Zens Vorsitzender des Arbeitskreises Hochschul-IT
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Dienst- und Tarifrecht A. Rückblick
Der Arbeitskreis Dienst- und Tarifrecht hat am 21.11.2014 zum ersten Mal unter neuem Vorsitz getagt. Die bisher konstruktive Zusammenarbeit wird fortgeführt.
Im Einzelnen wurden neben einer Vielzahl von Einzelthemen insbesondere folgende Themen erörtert:
Bemühungen in den einzelnen Bundesländern zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen
In mehreren Bundesländern gab und gibt es Bemühungen zur Verbesserung der Arbeits-bedingungen an Hochschulen. So wurde in Nordrhein-Westfalen mit der sogenannten „Dortmunder Erklärung“ eine Selbstverpflichtung der Universitäten verabschiedet, der im Jahr 2015 der Rahmenkodex „Gute Beschäftigungsbedingungen für das Hochschulpersonal“ folgte. Dieser wurde in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit Vertretern der Hochschulen, der Landespersonalrätekonferenzen, der Gewerkschaften und des Wissenschaftsministeriums erarbeitet. Er liegt nun den Hochschulen mit dem Ziel der Unterzeichnung vor. Wie er allerdings rechtlich wirkt, wird derzeit noch intensiv geprüft. Auch in Bayern wurden vom Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst Grundsätze der staatlichen bayerischen Hochschulen zum Umgang mit Befristungen nach dem WissZeitVG und zur Förderung von Karriereperspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs gegeben. Parallel zu den Bemühungen aus der Politik erarbeiten viele Hochschulen Selbstverpflichtungen hinsichtlich guter Arbeitsbedingungen.
Mindestlohngesetz
Am 16.08.2014 ist das Tarifautonomiestärkungsgesetz vom 11.08.2014 in Kraft getreten. Kernelement des Gesetzes ist dessen Artikel 1 mit dem Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz – MiLoG), mit dem ab dem 01.01.2015 ein Mindestlohn von brutto 8,50 € je Zeitstunde für jede Arbeitnehmerin und jeden Arbeitnehmer sowie für bestimmte Praktikantinnen und Praktikanten eingeführt wird.
Mit dem MiLoG wurde die Arbeitszeitflexibilität für bestimmte Personengruppen eingeschränkt, welches zu Problemen im Hochschulbereich führen kann. Im wissenschaftlichen Bereich ist eine sehr flexible Arbeitszeitgestaltung zur Durchführung von Forschungsarbeiten und wissenschaftlichen Aufgaben unerlässlich und sowohl von den Hochschulen als auch insbesondere von den Beschäftigten gewünscht.
Auch die Dokumentationspflicht stellt die Hochschulen vor Herausforderungen, da sie verpflichtet sind, z.B. für jede studentische Hilfskraft in einem Mini-Job – und dies ist der Regelfall – Beginn, Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzuzeichnen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass z.B. eine studentische Hilfskraft morgens eine halbe Stunde arbeitet, dann eine Vorlesung besucht, dann wieder arbeitet usw. An großen Hochschulen arbeiten bis zu 5000 Hilfskräfte, der Großteil davon in Mini-Jobs. Für eine derartige Anzahl von Beschäftigten die Dokumentationspflichten
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nach dem MiLoG zu erfüllen, obwohl jede Hochschule die geleisteten Stunden mit mind. 8,50 € bezahlt, ist äußerst aufwendig und nahezu unmöglich.
Tarifverhandlungen
Die Tarifrunde TV-L 2015 wurde erfolgreich beendet. Die Laufzeit ist vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2016. 2015 wird es eine Entgelterhöhung von +2,1 % und 2016 wird es eine Entgelterhöhung von +2,3 % (mindestens 75 €) geben. Die Übertragung auf Beamtinnen und Beamte beginnt drei Monate später und beträgt +1,9 % und ab 2016 +2,1 %.
B. Ausblick
Novellierung des WissZeitVG
Noch im Jahr 2015 soll das WissZeitVG novelliert werden. Der bisherige Zeitplan sieht vor, dass das novellierte WissZeitVG am 01.01.2016 in Kraft treten wird. Die Regierungsfraktionen im Bund haben Eckpunkte zur Novellierung vorgelegt:
• Unsachgemäße Kurzbefristungen sollen unterbunden werden. • Aus dem WissZeitVG soll sich künftig klar ergeben, dass die sachrundlose Befristung nur zulässig ist, wenn eine Qualifizierung ausdrücklich als Teil des Arbeitsverhältnisses vereinbart ist. • Die Mobilität von Nachwuchswissenschaftlerinnen und –wissenschaftlern soll unter- stützt werden. • Nicht nur die Betreuung eigener Kinder sondern auch die Betreuung von Stief- und Pflegekindern verlängert den zulässigen Befristungsrahmen. • Studentische Hilfskrafttätigkeiten, die einen Studienabschluss nicht erfordern, sollen sowohl während eine Bachelor- als auch während eines Masterstudiums ohne Anrechnung auf den Befristungsrahmen bleiben. • Die Anwendbarkeit der Regelung des WissZeitVG zur Befristung wegen Drittmittel- finanzierung auf nicht-wissenschaftliches Personal soll entfallen. • Das Gesetz soll vier Jahre nach Inkrafttreten der Novelle evaluiert werden.
Hagen, 8. Juli 2015 gez. Regina Zdebel Kanzlerin der FernUniversität in Hagen Sprecherin der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten des Landes Nordrhein-Westfalen Vorsitzende des Arbeitskreises Dienst- und Tarifrecht
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Fortbildung Der folgende Bericht umfasst den Zeitraum von der Jahrestagung 2013 in Ulm bis zur bevor-stehenden Jahrestagung 2015 in Kiel. Er bezieht die zweite Hälfte des Jahres 2015 ein und liefert einen Ausblick auf die Programmperspektiven 2016.
Im Berichtszeitraum wurden bisher drei Sitzungen durchgeführt, eine am Vorabend der Jahrestagung 2014 (14.09.2014), eine zweite am 29.01.2014. Eine dritte wird am 27.07.2014, eine vierte am Vorabend der Jahrestagung (23.9.2015) stattfinden.
Der AK Fortbildung hat seine Kooperationen mit anderen Arbeitskreisen des Sprecherkreises sowie Weiterbildungseinrichtungen wie dem Verein zur Förderung des deutschen & internationalen Wissenschaftsrechts e. V., dem ZWM Speyer und dem DAAD erfolgreich fortgeführt und intensiviert.
Der AK agiert nach wie vor wirtschaftlich erfolgreich. Die Seminare sind sehr gut besucht; der Teilnehmerkreis setzt sich dabei sowohl aus der operativen als auch aus der Leitungsebene zusammen.
1. Fortbildungsangebote zweite Hälfte 2014 und erste Hälfte 2015 Kurs III/110 Campusmanagement – Ein ganzheitliches Projekt der Hochschulleitung 13. und 14. Oktober 2014, Westfälische Wilhelms-Universität Münster Dr. Reiko Liermann (Referent des Kanzlers, Universität Leipzig), Dietmar Smyrek, Dr. Dagmar Steuer-Flieser, Christian Zens
Auf dem Seminar wurden die neuesten Entwicklungen im Bereich Campusmanagement-Systeme vorgestellt und Einführungsszenarien anhand von Praxisbeispielen diskutiert. In einem öffentlichen Teil referierten Anwender aus Universitäten und Fachhochschulen zu aktuellen Entwicklungsständen bzw. Projekten/Projektphasen. In einem internen Teil (ohne Software-Anbieter) wurden Workshops angeboten, in denen Entscheidungshilfen erarbeitet, Ausschreibungsfragen geklärt und weitere gemeinsame Ziele und Schritte vereinbart werden können. Das Seminar war mit 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sehr gut besucht.
Kurs III/111 Wie wissenschaftsadäquat ist New Public Management? Erfahrungen und Perspektiven in Kooperation mit dem Zentrum für Wissenschaftsmanagement (ZWM) Speyer e.V. 28. und 29. Oktober 2014, Universität Gießen Dr. Michael Breitbach, Dieter Kaufmann, Prof. Dr. Hanns H. Seidler (Vorstandsmitglied des Zentrums für Wissenschaftsmanagement (ZWM))
Das Seminar beleuchtete die unterschiedlichen Perspektiven auf New Public Management und zeigte sowohl einen Rückblick auf Nutzen und Ergebnisse als auch einen Ausblick auf Chancen und zukünftige Entwicklungen auf. Die Veranstaltung hat mit 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern stattgefunden.
Fortbildung58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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Kurs III/112 Studiengebühren und Hochschulfinanzierung in Kooperation mit dem DAAD 08. und 09. Dezember 2014, Technische Universität Berlin Dr. Gabriele Althoff (Leitung, Internationale DAAD-Akademie), Dr. Heiko Schultz
Das Seminar, das den Stand der Diskussionen in Deutschland aufzeigen und den Blick auf die Situation in den USA, Großbritannien, Skandinavien, Niederlande und Tschechien richten sollte, musste leider wegen der geringen Resonanz und der politischen Brisanz des Themas abgesagt werden.
Kurs III/113 Die Hochschule zum attraktiven Lernraum entwickeln – Investition in die Zukunft?! in Kooperation mit der Deutschen Initiative für Netzwerkinformation e.V. (DINI) 18. Mai 2015, TU Dortmund Dr. Fabian Franke (Direktor der Universitätsbibliothek Bamberg), Hans-Dieter Weckmann (Leiter des Zentrums für Informations- und Medientechnologie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Lernräume der Deutschen Initiative für Netzwerk- information (DINI))
Auf dem Seminar wurden Konzepte hochschulischer Lernräume auf der Basis aktueller technologischer und medialer Entwicklungen, curricularer wie raumplanerischer Anforderungen vorgestellt. An der Veranstaltung haben 50 Personen teilgenommen.
2. Fortbildungsangebote zweite Hälfte 2015 Kurs III/114 Sicherheit auf dem Campus – Gefahrenlagen, Prävention und Krisenmanagement in Kooperation mit dem Kanzlerarbeitskreis Studentenwerke 5. und 6. Oktober 2015, Humboldt-Universität, Berlin Jens Apitz, Achim Meyer auf der Heyde, Nicolai Preuße (Referatsleiter Deutsches Studentenwerk), Dr. Johann Peter Schäfer, Hans-Joachim Völz
Der erste Tag ist der Identifikation von Gefahrenlagen und der Vorstellung von Praxisbeispielen gewidmet. Der zweite Tag wird die Themen Krisenprävention, kommunikation, management und nachbereitung behandeln. Parallele Workshops werden Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch bieten.
Kurs III/115 „Was gehört uns allen?“– Der Schutz geistigen Eigentums in der aktuellen Hochschulpraxis 22. und 23. Oktober 2015, Folkwang-Universität Essen Jann Bruns (Vizepräsident der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover), Michael Fricke (Kanzler der Folkwang Universität der Künste), Dietrich Koska (Kanzler der Kunstakademie Düsseldorf), Hans-Joachim Völz (Kanzler der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin), Dr. Eva Stumpf-Wirths (Kanzlerin der Hochschule für Musik Würzburg)
Im Zentrum stehen sowohl aktuelle Entwicklungen des Urheberrechts als auch Fragestellungen, die in der täglichen Praxis eine Rolle spielen. Angesprochen werden Hochschulleitungen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Öffentlichkeitsarbeit, Stabstellen, die sich mit der
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Verwertung von Rechten beschäftigen, sowie insbesondere auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus künstlerischen Hochschulen und Fakultäten von Universitäten und Fachhochschulen, die sich mit dem Schutz geistigen Eigentums beschäftigen.
Kurs III/116 Die Rolle der Internationalisierung für die Personalentwicklung in Kooperation mit dem DAAD 7. und 8. Dezember 2015, Philipps-Universität Marburg Dr. Gabriele Althoff (Leitung, Internationale DAAD-Akademie), Dr. Dagmar Steuer-Flieser
Das Seminar wird am ersten Tag mit einem Überblicksvortrag „Personalentwicklung und Internationalisierung“ beginnen. Daran schließen sich Vorträge zu den Effekten von Internationalisierung auf die klassischen Dezernate und den daraus entstehenden erforderlichen Zusatzkenntnissen im Personaldezernat und Justitiariat an. Der zweite Tag widmet sich möglichen Belohnungs- und Anreizsystemen und stellt zwei Praxisbeispiele vor. 3. Programmperspektiven für das Jahr 2016
Konzipiert ist eine Veranstaltung zum Thema „Gesundheitsfördernde Hochschulen“, die am am 7./8. oder 14./15. März 2016 stattfinden wird. Sie wird vorbereitet von Dr. Uwe Klug, Dr. Thorsten Mundi (ZWM), Daniela Schweitzer (Hochschule Karlsruhe Technik und Wirtschaft), Dr. Christina Stötzel (Gesundheitsmanagement Universität Bamberg).
Darüber hinaus sind ist ein Seminar zum Thema „Hochschulautonomie im internationalen Vergleich“ (in Kooperation mit dem DAAD) und eine Wiederauflage des Seminars „Campusmanagement-Systeme“ geplant.
4. Schriftenreihe des AK Fortbildung
Die Beiträge zur Tagung „Transfer von Studienangeboten ins Ausland“ (25./ 26. Oktober 2012, Universität Leipzig) sind im Bauhaus-Universitätsverlag Weimar erschienen.
Die Dokumentation der Veranstaltung „Bauen für die Wissenschaft – Konzepte für die Anpassung der baulich-technischen Infrastruktur von Universitäten an die Wissenschaftsentwicklung“ (15./16. Mai 2014, Leibniz-Universität Hannover) ist bereits im Druck. In Arbeit sind die Dokumentationen der Veranstaltungen „Campusmanagement – ein ganzheitliches Projekt der Hochschulleitung“ (13./14. Oktober 2014, Westfälische Wilhelms-Universität Münster) und „Wie wissenschaftsadäquat ist New Public Management?
Erfahrungen und Perspektiven“ (in Kooperation mit dem Zentrum für Wissenschaftsmanagement (ZWM) Speyer e.V., 28./29. Oktober 2014, Universität Gießen).
Fortbildung58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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5. Mitglieder und ständige Gäste Mitglieder und Gäste aktuell
Vorsitz Dr. Dagmar Steuer-Flieser Kanzlerin der Universität Bamberg
MitgliederJens Apitz Kanzler der Universität Konstanz; Vertreter von HUMANEDr. Margot Bock (seit 1/2015) Kanzlerin der TU IlmenauDr. Michael Breitbach (bis 9/2014)
Kanzler der Justus-Liebig-Universität Gießen a.D.
Frank Eisoldt (seit 2/2015) Kanzler der Christian-Albrechts-Universität KielDr. Georg Frischmann Vizepräsident der Technische Universität ClausthalDr. Marina Frost (bis 7/2015) Kanzlerin der Humboldt-Universität zu Berlin a.D.Dr. Ulrike Graßnick Kanzlerin der Universität TrierDr. Oliver Grundei Kanzler der Universität zu LübeckDr. Ulrike Gutheil Kanzlerin der Technischen Universität BerlinDr. Friedhelm Nonne (seit 1/2015)
Kanzler der Philipps-Universität Marburg
Dr. Heiko Schultz (bis 9/2014) Kanzler der Bauhaus-Universität Weimar a.D.Matthias Schwarte Kanzler der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
GästeJann Bruns Vizepräsident der Hochschule für Musik, Theater und Medien
HannoverDieter Kaufmann Vorstandsvorsitzender des ZWM, Kanzler der Universität Ulm
Dietrich Koska Kanzler der Kunstakademie DüsseldorfProf. Ulf Pallme König Vorsitzender des Vereins zur Förderung des deutschen
& internationalen Wissenschaftsrechts e.V., Kanzler der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf a.D.,
Dr. Stefan Schwartze Administratives Vorstandsmitglied des Helmholtz-Zentrums Potsdam
Daniela Schweitzer Kanzlerin der Hochschule Karlsruhe – Technik und WirtschaftChristoph Tschumi Verwaltungsdirektor der Universität BaselDr. Franz Wurm Vizerektor für Finanzen der Medizinischen Universität Wien,
Vorsitzender des Forums Budget der österreichischen Universitätenkonferenz
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Hochschulbau58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Hochschulbau
I. Mitglieder und Sitzungen des AKDem AK Hochschulbau gehören neun Kolleginnen und Kollegen aus sechs Bundesländern sowie aus Luxemburg an (vgl. hierzu auch Abschnitt IV). Darüber hinaus ist der Leiter des HIS-Institut für Hochschulentwicklung e.V., Herr Dr. Stratmann, Mitglied des AK. Der AK wird in seinen Sitzungen durch leitende Mitarbeiter aus den Bau- und Technikverwaltungen verschiedener Universitäten unterstützt. Seit der 57. Jahrestagung konnte aus terminlichen Gründen nur eine Sitzung in der Bergischen Universität Wuppertal stattfinden.
II. ThemenschwerpunkteDer AK hat neben dem laufenden Erfahrungs- und Informationsaustausch programmgemäß seine Arbeit an den zwei Schwerpunktthemen der baulich-technischen Bestandssicherung der Hochschulgebäude und dem wissenschaftsadäquaten Liegenschaftsmanagement fort-gesetzt. Angesichts der begrenzten Kapazitäten des AK sollen konkrete Aktivitäten zum zweiten Themenschwerpunkt zunächst zurückgestellt werden.
III. Baulich-technische BestandssicherungMit der Erhebung von Soll und Ist des baulichen Bestandserhalts der Universitäten in staatli-cher Trägerschaft, die im Jahr 2014 in enger Zusammenarbeit mit der HIS-Hochschulentwicklung erfolgte, war für das deutsche staatliche Hochschulsystem erstmals eine zuverlässige Aussage über die Größenordnung des baulichen Sanierungsrückstands möglich. Die Arbeit des AK konzentrierte sich darauf, die Ergebnisse der Fachöffentlichkeit1, Wissenschaftsorganisationen sowie der Politik nahe zu bringen und für die Notwendigkeit nachhaltiger Gegenmaßnahmen zu sensibilisieren.
Die Bilanz dieser Bemühungen fällt unterschiedlich aus. Eine vertiefte Betrachtung und Nut-zung des Erhebungsansatzes auf der Ebene der Bundesländer war lediglich in Hessen fest-zustellen. In den meisten Ländern haben die Fachverwaltungen dagegen zunächst Zurück-haltung geübt, die auch dann aufrechterhalten wurde, nachdem die zunächst geäußerten Methodeneinwände entkräftet werden konnten. Ausgehend vom baden-württembergischen Wissenschaftsministerium wurde jüngst jedoch auf Ebene der KMK eine länderübergreifende Arbeitsgruppe gebildet, die Handlungsbedarfe und Handlungsansätze für den Bereich der baulichen Bestandssicherung ermitteln und bewerten soll. Besonders hilfreiche Unterstützung hierfür ging von der Geschäftsstelle des Wissenschaftsrats und auch vom Vorsitzenden des Wissenschaftsrates, Herrn Professor Prenzel, aus, der in der Frage eine sehr klare Position eingenommen und auf vielerlei Weise kommuniziert hat.
Als Schlüsselfrage für eine Dynamisierung des Hochschulbaus gilt vielen nach wie vor, dass der Bund in ein Finanzierungskonzept eingebunden werden kann. Die durch Grundgesetz-änderung Ende 2014 eingetretene Lockerung des Kooperationsverbotes hat die rechtlichen Rahmenbedingungen hierfür zwar wesentlich verbessert, mit Blick auf den bestandserhal-tenden Hochschulbau jedoch noch keine politische Wende in Sicht gebracht. Der AK wird verstärkt auf die Entwicklung einer Strategie für den Hochschulbau hinwirken, die die Chancen auf seine Anerkennung als wichtige Gemeinschaftsaufgabe im Bereich Wissenschaft und Forschung verbessern. Er ist zu der Auffassung gelangt, dass für den Hochschulbau im Bereich Energieoptimierung / Ressourceneffizienz ein sachlicher Handlungsbedarf mit hoher
1 Z.B. im Themenheft „Hochschulbau“ der Zeitschrift Forschung & Lehre, März 2015, u.a. mit zwei Beiträgen aus dem AK Hochschulbau heraus
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Priorität liegt, der zugleich Aussicht auf Anschlussfähigkeit an einen mehrheitsfähigen politi-schen Diskurs eröffnet. Hier kann zudem auf gute Einzelerfahrungen von Universitäten ver-wiesen werden, und es gibt eine Reihe größerer Forschungsprojekte zum energieoptimierten Hochschulbau (z.B. „EnEff Campus“-Projekte).
Darüber hinaus bittet er die Kanzlerinnen und Kanzler darum, der baulichen Bestandssiche-rung in den hochschulpolitischen Diskursen ihrer Länder verstärkt Geltung zu verschaffen.
Der AK hat sich schließlich für eine Fortschreibung der Erhebung in geeigneten Abständen ausgesprochen, um die Datenbasis aktuell zu halten. Dies kann und sollte auch künftig durch die HIS-Hochschulentwicklung geschehen. Ein entsprechender Vorschlag wird in den ent-sprechenden Fachbeirat der HIS-Hochschulentwicklung eingebracht werden, in dem der AK Hochschulbau durch zwei Mitglieder (Roland Kischkel und Frank Kupfer) vertreten ist.
IV. Arbeitsfähigkeit und Zusammensetzung des AK HochschulbauDer AK verfügt aufgrund personeller Veränderungen nur noch über eine eingeschränkte Ak-tionsfähigkeit, was es dringlich erscheinen lässt, neue Mitglieder zu gewinnen. Hierzu wer-den gezielt Kolleginnen und Kollegen aus den bisherig nicht beteiligten Bundesländern an-gesprochen (Bayern, Hessen und der gesamte Osten Deutschlands).
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Hochschulfinanzierung
1. RückblickIm Rahmen der Klausurtagung Mitte Juli 2014 hatten die Ländersprecher und der Sprecherkreis die Neukonzeption des Arbeitskreises Hochschulfinanzierung festgelegt. Ziel war eine Fokussierung auf strategisch wesentliche Themen wie Rücklagenpolitik, Bilanzanalyse sowie Overhead/Beihilfe mit dem Ziel, aktuelle wissenschaftliche und politische Diskussionen mitzugestalten und zu konkretisieren. Insbesondere aber sollte der kollegiale Meinungsaustausch zu diesen und ähnlichen Themen intensiviert werden. Ergebnisse sollen nach Möglichkeit durch Publikationen einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht werden.
2. „Abschlussarbeiten“ aus den bisherigen zusammengefassten Arbeitskreisen2.1 Bisheriger Unterarbeitskreis „Steuerung interner Dienstleister“
Die bisherigen Arbeitsergebnisse wurden in Schriftform zusammengefasst und überarbeitet und anschließend im UAK diskutiert. Es ist ferner geplant, die Arbeitsergebnisse im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung bekannt zu geben und zu diskutieren.
2.2 Fortführung des bisherigen Arbeitskreises Hochschulrechnungswesen mit dem Schwerpunktthema „Hochschulsteuerung mittels der Analyse von Jahresabschlüssen: Möglichkeiten und Grenzen“
Zusammen mit HIS HE wurden die Ergebnisse der in 2013 durchgeführten Workshops in einem Teilbericht zusammengefasst. Die Veröffentlichung soll noch in 2015 erfolgen und in „Empfehlungen zur Gestaltung eines Hochschulrechnungswesens“ der Kanzlerinnen und Kanzler einmünden.
3. Sitzungen3.1 Konstituierende erste Sitzung des Arbeitskreises am 26.01.2015
Unter Teilnahme von 25 Kolleginnen und Kollegen fand die erste Sitzung an der Universität Duisburg-Essen mit folgenden Themen statt: • Selbstverständnis des Arbeitskreises und Termine • Gutachten von Prognos/KPMG „Auswirkung der Einführung von Projektpauscha- len in die BMBF-Forschungsförderung auf die Hochschulen in Deutschland“ (Vortrag von Herrn Klaus-Peter Beyer, KPMG) • Kaufmännisches Rechnungswesen • Ergebnisse aus dem Arbeitskreis „Hochschulsteuerung mittels der Analyse von Jahresabschlüssen“ • Integrierte kaufmännische Planung (Investitionsplan, Liquiditätsplan, Wirtschaftsplan) • Rücklagenbildung • Unionsrahmen für staatliche Beihilfen • Abschlussbericht des „ehemaligen“ Unterarbeitskreises 5 „Steuerung interner Dienstleister“
Im Rahmen dieser Sitzung konnten die wesentlichen zukünftigen Themen sowie die Arbeitsorganisation des Arbeitskreises festgelegt werden. So sollen z. B. für die einzelnen Themen Expertenrunden stattfinden, an denen einzelne Kanzler/innen/Experten aus den Universitätsverwaltungen und bei Bedarf Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, externe Gutachter, HIS etc. teilnehmen.
Hochschulfinanzierung58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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Es sollen im Ergebnis neue Leitlinien für das Rechnungswesen entwickelt werden, Vorschläge für zweckgebundene Rücklagen im Zuge der Rücklagenbildung unterbreitet werden, die Rolle der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in den Hochschulen kritisch analysiert werden, Kennzahlen für Hochschulen (extern/intern) und weitere Fragestellungen beantwortet werden.
Der Arbeitskreis Hochschulfinanzierung wird in seiner zweiten Sitzung im Vorfeld der Kanzlerjahrestagung 2015 diese Themen konkretisieren.
3.2 Workshop „Hochschulsteuerung mittels der Analyse von Jahresabschlüssen“ am 05.05.2015 in Hannover
Der Workshop diente primär der Diskussion über die programmatischen Fokussierungen der weiteren Arbeit. Es wurde die weiterhin bestehende Bedeutung des Themas diskutiert.
Dabei bestand weitestgehend Übereinstimmung dahingehend, den vorgelegten internen Zwischenbricht über die ersten drei Workshops in eine Form zu überführen, die in einem erweiterten Rahmen publiziert werden kann. Eine Erstfassung wird in Kürze vorgelegt werden.
Die Diskussion ergab folgende Themenkomplexe, zu denen sich jeweils Arbeitsgruppen konstituierten:
1. Kennzahlenbildung: Der Kanzlerarbeitskreis hat die Absicht, Empfehlungen zur Bildung tatsächlich aussagekräftiger Kennzahlen zu entwickeln. Eine Vorberei- tungsgruppe soll den Entwurf eines Kennzahlenkatalogs formulieren, der eine Einheitlichkeit/Vergleichbarkeit/Diskussionsgrundlage schaffen soll. Anknüpfungs- punkte sollen die entsprechenden Sets in Österreich oder Niedersachsen sein bzw. das vom Hochschulkompetenzzentrum Rechnungswesen NRW formulierte Kennzah- lenset. An dieser Vorbereitungsgruppe nehmen sieben Personen teil.
2. Rücklagen und Risiken: Auch zu diesem Thema wurde eine Vorbereitungsgruppe unter Teilnahme von zehn Personen definiert.
3. Anwendung des HGB auf den Jahresabschluss von Hochschulen: Für vielfältige Irritationen bei der Gestaltung von Bilanz und Ergebnisrechnung hat die Orientierung am Handelsrecht – insbesondere den dortigen Vorgaben für große Kapitalgesellschaften – gesorgt. Hier sind eine Reihe von Detailregelungen des dritten Buches HGB in der Anwendung auf Hochschulen widersprüchlich. Zudem stimmen teilweise Regelungen der Länder für die Rechnungslegung der Hochschulen mit dem Handelsrecht nicht überein. Auch hier wurde eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Thematik befassen soll personell mit vier Personen besetzt.
4. Weiterentwicklung des Hochschulrechnungswesens: Hier hat sich eine Arbeits- gruppe das Ziel gesetzt, ein Referenzmodell für einen aussagefähigeren Jahres- abschluss zu erarbeiten. An dieser Arbeitsgruppe nehmen drei Personen teil.
4. VeröffentlichungenAmbrosy, Rainer: Die Liquidität steuern; in: DUZ 07/2014, Seite 73-75
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Hochschulmedizin
1. AllgemeinesFür den vorliegenden Berichtszeitraum ist besonders herauszustellen, dass sich Anfragen an den Arbeitskreis in Bezug auf die Mitarbeit an verschiedenen Fragestellungen betreffend der Hochschulmedizin gehäuft haben. Somit hat die Arbeit des Arbeitskreises über die Grenzen des Kreises der KanzlerInnen ein stärkeres Gewicht bekommen. Themen des Arbeitskreises werden zeitnah nicht nur unter dessen Mitgliedern diskutiert, sondern verstärkt auch mit dem Medizinausschuss des Wissenschaftsrats oder der HRK. Gleichzeitig ermöglicht diese gestärkte Verflechtung, dass neue Problemfelder einschließlich des Stands des politischen Diskurses in den Arbeitskreis hineingetragen werden. Von diesem starken Austausch profitiert nicht nur der Arbeitskreis, sondern es stärkt auch das Weiterkommen in kritischen Fragestellungen.
2. Ergebnisse aus den SitzungenIm vorliegenden Berichtszeitraum wurde der Rhythmus der traditionell dreimaligen Treffen beibehalten. Die Anzahl der ständig Anwesenden hat sich stabil erhöht von 15 auf ca. 18 Personen. Als Gäste nahmen an den jeweiligen Sitzungen Herr Dr. Franz Wurm, Vizerektor für Finanzen der Medizinischen Universität Wien, sowie Herr Dr. Dirk Böhmann (DHV) und Frau Dr. Beatrix Schwörer (Wissenschaftsrat) teil.
Die Themen rund um die Hochschulmedizin fokussieren nicht mehr nur die zugespitzte finanzielle Lage der Mehrzahl der Universitätsklinika, sondern auch grundsätzliche Fragen der Governance sowie die zahlreichen Veränderungen im Bereich der Medizinerausbildung und der Franchise Studiengänge.
2.1. Erste Sitzung: 23. und 24. Oktober 2014
Am 23. und 24. Oktober 2014 tagte der Kanzlerarbeitskreis an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Von besonderen Interesse des „Vor-Ort-Besuchs“ waren die Finanzierung der Hochschulmedizin in Sachsen-Anhalt und der Umgang der Universität Magdeburg einschließlich des Uniklinikums mit der hochschulpolitischen Situation im Land. Der Minister für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt, Herr Hartmut Möllring, war in diesem Zusammenhang an einem Gespräch und einer Diskussion mit dem Arbeitskreis interessiert.
2.1.1. Vor-Ort-Besuch des Universitätsklinikums Magdeburg (23. Oktober)
Die Berichte sowohl des Rektors als auch der kaufmännischen Leitung zeigten eine starke Verbindung zwischen der Universität und der Universitätsmedizin. Neben der gemeinsamen Themenfindung aufgrund des Fächerspektrums, ist die Mittelknappheit, die auf beiden Seiten besteht, eine Ursache für das Suchen von Synergien. Seitens der Universitätsleitung wird eine Zuspitzung der finanziellen Lage erwartet. Da in den Folgejahren weder die Tarifsteigerung im vollen Umfang noch der Inflationsausgleich vom Land getragen werde. Einsparungen und Kostensenkungen verschaffen lediglich für eine geringe Zeit von 2 bis 3 Jahren Handlungsspielraum. Folgend werden die Einsparungen gänzlich durch Steigerung der Energiekosten, Inflation, hohe Aufwendungen oder ähnliches aufgebraucht. Erschwerend kommt die Unterfinanzierung der Studienplätze hinzu. So sind in Sachsen-Anhalt 55.000 Studierende an einer Hochschule eingeschrieben, lediglich 39.000 Studienplätze seien ausfinanziert. In der Hochschulmedizin zeigt sich die Problematik wie folgt. Im Jahr werden 200.000 ambulante
Hochschulmedizin
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Fälle behandelt, wobei lediglich 61.000 ausfinanziert seien. Umgerechnet wird jeder Fall mit ca. 50€ vergütet. Das bedeutet, dass ein Großteil der ambulanten Fälle nicht finanziert bzw. nicht ausfinanziert ist.
2.1.2. Sitzung des Arbeitskreises (24. Oktober)
Die reguläre Sitzung des Kanzlerarbeitskreises befasste sich schwerpunktmäßig mit dem Thema „Overhead“ und den sich darum ergebenden Diskurs. Weitere Themen waren der Umgang mit dem Ergebnis der Verfassungsbeschwerde gegen die organisatorische Ausgestaltung der Medizinischen Hochschule Hannover (BvR 3217/07) und die Schwerpunktsetzung des Arbeitskreises im laufenden Berichtsjahr.
OverheadZentraler Diskussionspunkt der Sitzung war die Kritik am Overhead. Die Anwesenden stellten zusammenfassend fest, dass mit der Skandalisierung des Themas im Fall der Charité durch die Wirtschaftsprüfer, eine einseitige Betrachtung stattfinden würde. Der Fokus läge auf der Prüfung der Programmpauschale nach dem HGB. Unikliniken und die Medizinischen Fakultäten würden so Unternehmen gleichgesetzt. In Bezug auf die Medizin bestünde jedoch die Schwierigkeit den Nachweis der abzurechnenden Kosten trennscharf zu erbringen.
Wichtig ist eine stringente Argumentation, die eine unterschiedliche Behandlung des Overheads in der Medizinischen Fakultät und den restlichen Fakultäten der Universität nicht zulässt. Die Anwesenden verständigten sich darauf nach Außen geschlossen in der Argumentation aufzutreten.
Umgang mit dem Ergebnis der Verfassungsbeschwerde gegen die organisatorische Ausgestaltung der Medizinischen Hochschule Hannover (BvR 3217/07)Der Bundesverfassungsgerichtsbescheid zur organisatorischen Ausgestaltung der Medizinischen Hochschule Hannover (BvR 3217/07) wurde unter dem Aspekt der daraus folgenden Konsequenzen diskutiert.
Da das Thema sehr komplex ist und in dieser Sitzung nicht umfassend geklärt werden konnte, wird beschlossen eine Sondersitzung des Arbeitskreises einzuberufen. Wichtig sei es Lösungsansätze zu finden, wie mit dem Urteil aus Sicht der KanzlerInnen umgegangen werden kann und eine Sprachfähigkeit der KanzlerInnen zu erlangen.
Diskussion über die weitere Schwerpunktsetzung des Arbeitskreises Aufgrund der Brisanz des MHH Urteils wurde beschlossen, dieses in den Fokus der nachfolgenden Sitzungen zu stellen. Alle anderen genannten Themen werden je nach politischer Sachlage behandelt und priorisiert.
2.2. Zweite Sitzung: Sondersitzung zum MHH-Urteil (30. Januar 2015)
Zur fachkundigen Erörterung des BVerfG-Urteils (BvR 3217/07) wurde der Verfassungsrechtler Professor Wolfgang Löwer (Universität Bonn) als Sachverständiger geladen.
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Seiner ersten Einschätzung nach wirkt das Urteil nicht nur in die Universitätsmedizin, sondern in die gesamte Universität hinein. Das Urteil trifft eine Aussage über das Vorhandensein der Möglichkeit zur Partizipation der WissenschaftlerInnen an Steuerungsfragen des Klinikums bzw. der Universität. Diese Möglichkeit muss unabhängig von der Organisationsstruktur bestehen. Das bedeutet, dass Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit durch vorhandene Strukturen nicht erlaubt seien. Jedoch würden strukturelle Bedenken kompensiert, wenn die Möglichkeit der Abwahl bestünde (Abwahlregelung). Folglich werden Sachwidrigkeiten zugelassen, wenn eine Abwahl einer Person zugelassen werden würde.
Kritik der Anwesenden zu dieser Interpretation des Urteils wurde dahingehend geäußert, dass mit der Abwahl bereits erfolgte Schäden nicht rückgängig gemacht werden könnten. Fraglich ist auch welche Einflussnahme den WissenschaftlerInnen in Bezug auf Entscheidungen des Vorstands bestände. Aus dieser Betrachtungsweise folgt die Frage nach der Reichweite der Wissenschaftsfreiheit im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Entscheidungen des Klinikums.
Der Verlauf der Diskussion zeigte, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema nicht nur für die Medizin sondern drüber hinaus für die gesamte Universität mehr Fragen aufwirft als befriedigende Antworten gefunden werden. Daher einigt sich der Arbeitskreis darauf den Diskurs rund um das Urteil weiterhin zu beobachten, ohne jedoch selbst mit einer Interpretation in die Öffentlichkeit vorzustoßen.
2.3. Dritte Sitzung: 9. und 10. April 2015
Am 09. und 10. April 2015 tagte der Kanzlerarbeitskreis an der Medizinischen Universität Wien mit Blick auf die DAAD-Reise des Arbeitskreises im Jahr 2006. Neben den politischen Entwicklungen im Bereich der Hochschulmedizin stand auch der Vergleich zwischen Deutschland und Österreich in Bezug auf die Auswirkungen der politischen Entscheidungen auf die Hochschulmedizin im Fokus der Reise.
Die reguläre Sitzung des Kanzlerarbeitskreises befasste sich schwerpunktmäßig mit dem MHH-Urteil und HRK Stellungnahme zu Franchise Studiengängen.
2.3.1. Vor-Ort-Besuch der Medizinischen Universität Wien
Zu Beginn der Sitzung wurde die Medizinische Universität Wien und ihr Umfeld vorgestellt. Dazu gehört unter anderem das Projekt „Universitätsmedizin Wien 2020“.
Das Modell der Medizinischen Universität hat im Laufe der letzten 10 Jahre seit seiner gesetzlichen Etablierung in Österreich deutliche Veränderungen bewirkt. Allerdings sind auch die Finanzierungprobleme nicht nachhaltig gelöst, sondern werden durch die getrennte Finanzierung positiv der KV nur überdeckt.
Nach der Einführung in die Besonderheiten der österreichischen Gesundheitspolitik und die Auswirkungen auf die Medizinische Universität Wien, wurde den TeilnehmerInnen die Möglichkeit der Besichtigung der Zahnklinik sowie des Präklinisch Bildgebendes Labors einschließlich des Hochfeldzentrums ermöglicht.
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2.3.2. Sitzung des Arbeitskreises
I. Aktueller Stand der Diskussionen zum MHH-Urteil Die Ergebnisse aus der Sondersitzung des Arbeitskreises wurden unter den Anwesenden kritisch diskutiert. Die Anwesenden bestätigten die vorgeschlagene Vorgehensweise den Diskurs rund um das Urteil weiterhin zu beobachten, ohne jedoch selbst mit einer Interpretation in die Öffentlichkeit vorzustoßen.
II. HRK Stellungnahme zu Franchise Studiengängen Die Stellungnahme der HRK zu den Franchise Studiengängen wurde von den TeilnehmerInnen positiv aufgenommen. Die weiterhin bestehenden gesetzlichen Probleme müssen jedoch weiterhin beobachtet und bewertet werden.
3. Übergreifende hochschulpolitische Arbeit des ArbeitskreisesDie Zusammenfassung gibt einen Überblick über den Austausch des Arbeitskreises mit hochschulpolitischen Einrichtungen.
3.1. Wahrgenommene Termine des Vorsitzenden
Der Vorsitzende hat an folgenden Veranstaltungen teilgenommen: • 19.12.14 HRK/ Medizin AG • 09.03.15 DHV/ AG Hochschulmedizin • 21.04.15 MFT • 22.04.15 Frühjahrsforum der Deutschen Hochschulmedizin (VUD/MFT) • 24.04.15 HRK/ Medizin AG
Ferner hat der Vorsitzende an den Sitzungen des Medizinausschusses teilgenommen.
3.2. Themenschwerpunkte der hochschulpolitischen Arbeit
3.2.1. WR
Der Unterzeichner ist Mitglied im Medizinausschuss des Wissenschaftsrats. Er wurde außerdem in die Arbeitsgruppe „Perspektiven der Universitätsmedizin“ berufen.
3.2.2.HRK
Der Vorsitzende hat an der Erstellung des HRK Papiers „Franchising-Modelle in der Medizin und Medical Schools“ mitgewirkt. Darüber hinaus hat er an den Sitzungen der AG „Organisatorische und rechtliche Rahmenbedingungen in der Universitätsmedizin“ teilgenommen.
3.2.3. AG Hochschulmedizin des DHV
Herr Kaufmann nahm an den Sitzungen der AG Hochschulmedizin des DHV teil. Dabei wurden folgende Themen schwerpunktmäßig besprochen: Medizinstudium, Franchise- Modelle und Finanzierung.
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4. Planungen für den nächsten Berichtszeitraum4.1. Termine der Arbeitskreissitzungen
Nachdem die Bund-Länder AG zur Krankenhausreform jüngst einen Systemzuschlag für die Finanzierung der besonderen Aufgaben der Hochschulmedizin abgelehnt hat, sehen sich die Universitätsklinika weiterhin mit dem Problem der wachsenden Kosten bei gleichbleibenden DRGs konfrontiert. Wie sich die Sonderrolle der Universitätsklinika in Zukunft besser finanzieren lässt, muss unter diesem Gesichtspunkt diskutiert werden. Daher plant der Kanzlerarbeitskreis erneut drei Sitzungen für den nächsten Berichtszeitraum. Außerdem ist in Bezug auf das genannte Thema eine engere Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Finanzierung geplant. Darüber hinaus ist hinsichtlich des Sanierungsstaus mit dem Arbeitskreis Hochschulbau eine Kooperation geplant.
Die nächste Sitzung des Arbeitskreises ist am 16. Oktober 2015 geplant.
4.2. Themen
Folgende Themen, die bereits auch teilweise im vergangenen Berichtszeitraum analy-siert und diskutiert wurden, werden auch im nächsten Jahr auf der Agenda stehen: • Diskussion über die Beteiligung des Kanzlerarbeitskreises am politischen Diskurs zur Lösung der wirtschaftlichen Probleme der Universitätsklinika • Auswirkungen der wirtschaftlichen Probleme der Universitätsklinika auf die Medizinische Fakultäten • Beobachtung des Diskurses rund um das MHH-Urteil (BvR 3217/07) und bei Bedarf Verfassen einer Stellungnahme des Kanzlerarbeitskreises • Corporate Governance - Rollenkonflikte der Hochschulleitung in der Funktion als Aufsichtsratsmitglied der Universitätsklinik unter dem Gesichtspunkt der rechtlichen und wirtschaftlichen Verflechtung • Entwicklungen in Bezug auf das Medizinstudium und Franchise Studiengänge • Mögliche Veranstaltung des Vereins für Wissenschaftsrecht zu spezifischen Themen des Hochschulmedizinrechts wird anberaumt
Ulm, im Juli 2015
Dieter Kaufmann Vorsitzender AK Hochschulmedizin
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Studentenwerke
Der gemeinsame Arbeitskreis der Hochschulkanzlerinnen/Hochschulkanzler und Geschäfts-führerinnen/Geschäftsführer der Studentenwerke hat im Berichtsjahr zwei Sitzungen durchgeführt: • 27. Sitzung am 19. Januar 2015 • 28. Sitzung am 19. Juni 2015
Beide Sitzungen fanden in der Geschäftsstelle des Deutschen Studentenwerks am Monbijouplatz 11 in 10178 Berlin statt.
Studentenwerke
Mitglieder des Arbeitskreises:
a) Studentenwerke Fritz Berger Geschäftsführer des Hochschul-Sozialwerks WuppertalEberhard Hoffmann Geschäftsführer des Studentenwerks HannoverClaus Kaiser Geschäftsführer des Hochschul-Sozialwerks WuppertalAchim Meyer auf der Heyde Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks Anne-Marie Oswald Geschäftsführerin des Studentenwerks im Saarland e.V.Nicolai Preuße Referatsleiterin Deutsches Studentenwerk Dr. Ralf Schmidt-Röh Geschäftsführer des Studentenwerks Thüringen Michael Ullrich Geschäftsführer des Studentenwerks Würzburg b) Fachhochschulen / Hoch- schulen für Angewandte Wissenschaften: Thomas Losse Kanzler der Fachhochschule Schmalkalden Gerhard Sarich Kanzler der Hochschule Aschaffenburg
c) Kunst- und Musikhochschulen:Hans-Joachim Völz Kanzler der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“, Berlin
d) Universitäten:Jens Apitz Kanzler der Universität Konstanz Dr. Manfred Efinger Kanzler der TechnischenUniversität Darmstadt Dr. Wolfgang Flieger Kanzler der Universität Greifswald
Dr. Roland Kischkel Kanzler der Bergischen Universität Wuppertal Dr. Dagmar Steuer-Flieser Kanzlerin der Universität BambergDr. Susann-Annette Storm Kanzlerin der Universität MannheimVolker Zehle amtierender Kanzler der Universität Magdeburg
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Beratungsschwerpunkte: Der Arbeitskreis hat sich in diesem Jahr mit folgenden Themen schwerpunktmäßig beschäftigt: 1. Internationalisierungsstrategie der Wissenschaftsministerinnen und -minister von Bund und Ländern: Zusätzliche Anforderungen auf die einzelnen Bereiche des Studentenwerks 2. Sicherheit auf dem Campus: Planung des Seminars „Sicherheit auf dem Campus – Gefahrenlagen, Prävention und Krisenmanagement“
3. Zusammenarbeit Hochschule-Studentenwerke: a) Beihilferechtliche Aspekte für Studentenwerke b) Gegenseitige Nutzung von Einrichtungen der Hochschulen und Studenten- werke durch die Beschäftigten
4. Übertragung der BAföG-Finanzierung auf den Bund: Verwendung der freiwerdenden Landesmittel
5. Aktualisierung der Broschüre „Service- und Beratungsleistungen für Studierende im Hochschulbereich“
6. Fortführung des Arbeitskreises und weitere Planungen
1. Internationalisierungsstrategie der Wissenschaftsministerinnen und -minister von Bund und Ländern: Zusätzliche Anforderungen auf die einzelnen Bereiche des StudentenwerksDie Wissenschaftsministerinnen und -minister von Bund und Ländern haben am 12. April 2013 beschlossen, bis zum Jahr 2020 die Zahl der ausländischen Studierenden auf rund 350.000 zu steigern1; zugleich soll nach den Strategiezielen des DAAD der Studienerfolg ausländischer Studierender von derzeit etwa 50 auf 75 Prozent steigen und sich damit dem Niveau der deutschen Studierenden angleichen2.
Damit gehen große Herausforderrungen für die Hochschulen und ebenso für die Studenten-werke einher, so insbesondere bei der Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum und der be-sonderen Unterstützung internationaler Studierender.
In Abstimmung mit dem Arbeitskreis wurde vom DSW ein Arbeitspapier erstellt, welches die sich konkret aus der Internationalisierung der Hochschulen ergebenden Anforderungen an die einzelnen Arbeitsbereiche der Studentenwerke darstellt. Dieses Arbeitspapier wurde in der Sitzung am 19. Januar mit einer redaktionellen Ermächtigung an den Vorsitzenden und das DSW beschlossen und befindet sich derzeit in der redaktionellen Abstimmung. Es soll dann an die Hochschulen weitergeleitet werden, die ihrerseits die sich für sie ergebenden Anforderungen aus der Internationalisierungsstrategie der Wissenschaftsministerinnen und -minister hinzufügen mögen. 1 Vgl. Strategie der Wissenschaftsminister/innen von Bund und Ländern für die Internationalisierung der Hochschulen in
Deutschland (Beschluss der 18. Sitzung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz am 12. April 2013 in Berlin), Seite 8. 2 Vgl. Deutscher Akademischer Austauschdienst: Strategie DAAD 2020, Seite 12.
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2. Sicherheit auf dem Campus: Planung des Seminars „Sicherheit auf dem Campus – Gefahrenlagen, Prävention und Krisenmanagement“
Der gemeinsame Arbeitskreis hat sich mit dem Thema „Sicherheit auf dem Campus“ weiter befasst und dem Arbeitskreis Fortbildung im Sprecherkreis der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands im Herbst 2014 ein erstes Konzept für ein Seminar zu die-sem Thema vorgeschlagen.
Das geplante Seminar wurde inzwischen inhaltlich ausgearbeitet. Die organisatorischen Rahmenbedingungen sind geklärt. Das Seminar „Sicherheit auf dem Campus – Gefahrenla-gen, Prävention und Krisenmanagement“ findet am 5. und 6. Oktober 2015 in den Räumen der Humboldt-Universität zu Berlin statt.
3. Zusammenarbeit Hochschule-Studentenwerke: a) Beihilferechtliche Aspekte für die Studentenwerke Vor dem Hintergrund konkreter Sachverhalte in einzelnen Studentenwerken hat das DSW die KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH gebeten, eine beihilferechtliche Beurteilung der Zuschüsse an die Studentenwerke vorzunehmen. Erste Ergebnisse wurden im Arbeitskreis erörtert. Im Hinblick auf die Zusammenarbeit von Hochschulen und Studentenwerken bestehen laut KPMG keine beihilferechtlichen Bedenken, wenn Hochschulmitarbeiterinnen und -mitarbeiter die Mensen der Studentenwerke nutzen. Zur Sicherung einer beihilfe- rechtlich unschädlichen Gewährung öffentlicher Zuschüsse entwickelt die KPMG derzeit eine Checkliste für die Studentenwerke.
b) Gegenseitige Nutzung von Einrichtungen der Hochschulen und Studenten- werke durch die Beschäftigten An einzelnen Hochschulstandorten gibt es bei der gegenseitigen Nutzung von Einrich- tungen der Hochschulen und Studentenwerke durch die Beschäftigten der jeweils anderen Institution – auch vor dem Hintergrund der Anwendung beihilferechtlicher Bestimmungen – wohl Unklarheiten und in der Folge Entgelterhöhungen, die Benachteili- gungen für die Beschäftigten der jeweils anderen Institution darstellen. Als Beispiele wurden in diesem Zusammenhang unter anderem benannt: • Die Behandlung des Studentenwerks als „Dritte“, womit die Sonderstellung als Teil der „Hochschul-Familie“ gegenüber privaten Firmen oder Organisationen außerhalb der Hochschule aufgehoben würde • Das Erfordernis zur Abgabe einer mehrseitigen Verpflichtungserklärung zur ILO- Kernarbeitsnorm vor der Vergabe von Catering- oder Lieferaufträgen über 500,- EUR • Die Kündigung der (bezahlten) Anbindung der Wohnheime ans Hochschul- Rechenzentrum • In Rechnungstellung bisher kostenfreier Leistungen
Auch fordern manche Rechnungshöfe verstärkt die Studentenwerke auf, (voll)-kostendeckende Preise für Essen der Hochschulbediensteten zu berechnen.
Hochschulen und Studentenwerke wirken auf Basis der Hochschul- und Studentenwerks-gesetze zum Wohl der Studierenden zusammen. Zugleich stehen ihre jeweiligen Angebote auch den Beschäftigten gegenseitig offen. Daher besteht ein gemeinsames Interesse an vereinfachenden
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Regelungen, was der Arbeitskreis auch grundsätzlich so sieht. Daher sollen weitere Hinweise gesammelt und in einer der nächsten Sitzungen – gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Experten – diskutiert werden. Im Anschluss daran will sich der Arbeitskreis auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen.
Darüber hinaus soll bei der Novellierung von Hochschul- und Studentenwerksgesetzen schon jetzt darauf geachtet werden, dass die Zusammenarbeit von Hochschulen und Stu-dentenwerken berücksichtigt und in den Gesetzestext explizit aufgenommen wird – bei-spielsweise indem Studentenwerke Dienstleistungen für Hochschulen übernehmen (kön-nen).
4. Übertragung der BAföG-Finanzierung auf den Bund: Verwendung der freiwerdenden LandesmittelDer Arbeitskreis verfolgt in seinen Sitzungen regelmäßig die für das Zusammenwirken von Hochschulen und Studentenwerken relevanten gesetzgeberischen Aktivitäten und setzt sich ebenso regelmäßig mit der Finanzierung von Hochschulen und Studentenwerken auseinan-der.
Seit dem 1. Januar 2015 hat der Bund die BAföG-Ausgaben gemäß § 56 BAföG vollständig übernommen. Die Länder sollten die dadurch bei ihnen frei werdenden bisherigen BAföG-Mittel in Höhe von jährlich 1,17 Mrd. Euro für den Bildungsbereich verwenden.
Nach bisherigen Erkenntnissen kommen diese Gelder – wenn überhaupt – nur zum Teil den Hochschulen, und nur in einem sehr geringen Umfang den Studentenwerken zugute.
Der Arbeitskreis kommt überein, dass Hochschulen und Studentenwerke unabdingbar zu-sammen gehören. Daher müssen auch für die von den Studentenwerken bereitgestellte so-ziale Infrastruktur entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden.
An die Länder wird appelliert, dass die frei werdenden Gelder vollständig in den Bildungs- und Hochschulbereich fließen müssen, und zwar unter Berücksichtigung der Studentenwer-ke zur Sicherung einer adäquaten Infrastruktur für Studierende und Hochschulen.
5. Aktualisierung der Broschüre „Service- und Beratungsleistungen für Studierende im Hochschulbereich“Der gemeinsame Arbeitskreis nimmt seit 2005 in einem Arbeitspapier die Entwicklung der Service- und Beratungsleistungen für Studierende im Hochschulbereich mit einer Bestands-aufnahme und der Beschreibung von Handlungsoptionen auf.
Der Arbeitskreis hat das zuletzt 2012 erschienene Papier – unter Berücksichtigung der Er-kenntnisse aus den Workshops zu dem Seminar „Campus Kompakt“ vom November 2013 – überarbeitet und aktualisiert.
Das Papier ist eine Bestandsaufnahme vor dem Hintergrund sich verändernder Bedingungen an den Hochschulen und den heutigen Herausforderungen für ein erfolgreiches Studium. Es bietet dem Adressaten einen Orientierungsrahmen, die Situation der eigenen Hochschule beziehungsweise des eigenen Studentenwerks oder des Hochschulstandorts zu überprüfen, ob die in dem Papier beschriebenen Anforderungen bereits ausreichend im Blick sind. Fer-ner enthält es Handlungsempfehlungen und -optionen für die Gestaltung der eigenen Ser-vice- und Beratungsangebote, für die Verbesserung der Zusammenarbeit der Akteure und für die Gewinnung von Partnern, die es (noch) „mit ins Boot zu holen“ gilt.
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6. Fortführung des Arbeitskreises und weitere PlanungenFür das nächste Jahr sind folgende Vorhaben vorgesehen:
• Zusammenarbeit Hochschulen-Studentenwerke: Fortführung des Themas „Gegen- seitige Nutzung von Einrichtungen der Hochschulen und Studentenwerke durch die Beschäftigten“ • Diversity • Campus Kompakt • Sicherheit auf dem Campus • Ausbau der Zusammenarbeit: Kooperation zwischen Studentenwerken und Hochschulen
Die Mitglieder des Arbeitskreises haben ein einstimmiges Votum für eine Fortsetzung des gemeinsamen Arbeitskreises, der seit Anfang 2005 besteht und viel Positives für die Zu-sammenarbeit und das Verhältnis zwischen Hochschulen und Studentenwerken bewirkt hat, abgegeben.
Jens Apitz, Kanzler der Universität Konstanz, Vorsitzender des gemeinsamen Arbeitskreises
Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des DSW
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Berichte aus den Wissenschaftsorganisationen
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Alexander von Humboldt-Stiftung
1. Einleitung
Das Humboldt-Forschungsstipendienprogramm für promovierte Nachwuchswissen-schaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler aus dem Ausland und das Humboldt-Forschungspreisprogramm für etablierte Spitzenforscher im Ausland sind seit Jahrzehnten die Hauptpfeiler der Förderaktivitäten der Alexander von Humboldt-Stiftung. Ohne Fächer- und Länderquoten werden die Stipendien und Preise allein auf Grundlage wissenschaftlicher Exzellenz vergeben. Mit ihrer Hilfe kommen die Geförderten nach Deutschland, um ein selbst gewähltes Forschungsprojekt mit einem Gastgeber und Kooperationspartner durchzuführen. Einmal Humboldtianer, immer Humboldtianer: Vor dem Hintergrund der starken internationalen Konkurrenz um die Wissenseliten der Welt ist es auch nach der ersten Förderung das Ziel der Humboldt-Stiftung, die Verbindung zu den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu halten und zu vertiefen, nachdem diese in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind. Neben den umfangreichen Alumni-Fördermaßnahmen ist die individuelle Betreuung der Stipendiaten seit 1953 das Markenzeichen der Stiftung. Die Pflege der Kontakte zu allen Humboldtianern weltweit ist eine zentrale Aufgabe der Humboldt-Stiftung, ebenso wie die Förderung wissenschaftlicher Kontakte der Humboldtianer untereinander.
2. Neues über die Förderprogramme der Humboldt-Stiftung und weitere Aktivitäten
2.1. Humboldt LifeMit Humboldt Life verfügt die Stiftung seit 2014 über ein eigenes soziales Netzwerk, in dem sich aktuelle Stipendiaten, Preisträger und Alumni untereinander sowie mit ihren Kooperationspartnern in Deutschland austauschen und vernetzen können. Deutsche Wissenschaftler, die Gastgeber eines Humboldtianers sind oder waren, sind herzlich eingeladen, Humboldt Life zu nutzen und ihren eigenen wissenschaftlichen Nachwuchs zur Teilnahme einzuladen und so an das weltweite Netzwerk der Stiftung heranzuführen.
2.2. Deutsche Forschungslehrstühle in Afrika Aus Mitteln des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wird die Humboldt-Stiftung in den nächsten Jahren fünf Forschungslehrstühle in Afrika besetzen: einen bilateralen Forschungslehrstuhl an einer südafrikanischen Universität und vier weitere im Fachbereich Mathematik an Standorten des African Institute for Mathematical Sciences (AIMS) in Südafrika, Ghana, Kamerun und Tansania. Gesamtziel der Initiative ist die Stärkung der deutsch-afrikanischen wissenschaftlichen Zusammenarbeit und der Aufbau wissenschaftlicher Kapazitäten in Afrika. Gleichzeitig hat die Initiative den Charakter eines Pilotprogramms zur Erprobung eines in dieser Ausrichtung neuartigen Förderinstruments des BMBF, das den Titel „Deutsche Forschungslehrstühle“ trägt. Die Ausschreibung des ersten Deutschen Forschungslehrstuhls „Mathematik und ihre Anwendungen“ am AIMS Ghana wurde im April 2015 veröffentlicht. Für die Förderung eines Lehrstuhls mit einer Laufzeit von 4 Jahren stellt das BMBF der Humboldt-Stiftung jeweils 560.000 Euro bereit. AIMS Ghana ist Teil der AIMS-Next Einstein Initiative (AIMS-NEI). Ziel dieser Initiative ist die Errichtung eines koordinierten Netzwerks von 15 überregionalen Exzellenzzentren in Afrika. Innerhalb der nächsten Dekade soll so ein Beitrag zur Deckung des Bedarfs an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern
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mit mathematischer Ausbildung geleistet werden. Das 2003 gegründete erste AIMS-Zentrum in Südafrika dient als Vorbild für AIMS Ghana und weitere in Afrika entstehende Institute. Bereits 2012 wurde von der Humboldt-Stiftung ein Forschungslehrstuhl am AIMS Senegal eingerichtet.
Die Programminitiative Deutsche Forschungslehrstühle in Afrika ist ein weiterer Beitrag der Humboldt-Stiftung für eine stärkere Kooperation mit Schwellen- und Entwicklungsländern. Dazu gehören auch der Georg Forster-Forschungspreis, die Sonderinitiative zur Förderung von Transformationsländern in Nordafrika - so ist die Humboldt-Stiftung zum Beispiel auch im Deutschen Wissenschaftszentrum in Kairo vertreten - die Neville Alexander-Gedächtnisinitiative sowie der Aufbau eines „African-German Network of Excellence in Science“ (AGNES).
2.3 Humboldt-Stiftung kooperiert mit neuen PartnernDie Humboldt-Stiftung hat ihr Netz an Kooperationspartnern 2014 weiter ausgebaut. Über die bewährte Förderung durch ihre staatlichen Zuwendungsgeber hinaus wird die Stiftung durch die Kooperation mit und zusätzlicher finanzieller Unterstützung von öffentlichen Wissenschaftseinrichtungen, Stiftungen und Unternehmen in die Lage versetzt, auf die seit Jahren steigende Anzahl hervorragender Stipendienanträge zu reagieren. Auswahl und Förderung in den Programmen mit Beteiligung von privaten Kooperationspartnern folgen den etablierten Verfahren und Richtlinien des Humboldt-Forschungsstipendienprogramms. Geförderte führen ein selbst gewähltes Forschungsprojekt mit einem wissenschaftlichen Gastgeber in Deutschland durch. Sie werden als Humboldtianer Teil des weltweiten Humboldt-Netzwerks und profitieren vom Renommee der Humboldt-Stiftung. Auch nach dem ersten Forschungsaufenthalt unterstützen die Alumni-Fördermaßnahmen der Humboldt-Stiftung flexibel die individuellen Lebenswege und Entwicklungen der Geförderten. Die Kooperationspartner finanzieren nicht nur Stipendien und Preise, sondern ermöglichen häufig Zusatzangebote, wie beispielsweise Besuche beim Kooperationspartner, Einladungen zu Veranstaltungen sowie Kontaktvermittlung in die jeweiligen Netzwerke des Kooperationspartners. Als wichtige neue Kooperationspartner sind im Berichtsjahr unter anderem die Stiftung Charité, die Carl Friedrich von Siemens Stiftung sowie die Technische Universität München hinzugekommen.
3. Bewährte Förderprogramme Zu den bewährten und international hoch angesehenen Programmen der Stiftung gehören nach wie vor:
3.1 Die Stipendien(1) das Humboldt-Forschungsstipendien-Programm in den Varianten für Postdoktoranden bzw. erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, das für die Schwellen- und Entwicklungsländer ergänzt wurde durch das Georg Forster-Forschungsstipendienprogramm, ebenfalls in den Varianten für Postdoktoranden bzw. erfahrene Wissenschaftler.
(2) das Feodor Lynen-Forschungsstipendienprogramm für Postdoktoranden sowie erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die von ehemaligen Humboldt-Stipendiaten zu einem Forschungsaufenthalt im Ausland eingeladen werden.
(3) das Bundeskanzler-Stipendienprogramm und
(4) das Internationale Klimaschutzstipendienprogramm
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3.1.1 Das Alexander von Humboldt- und Georg Forster ForschungsstipendienprogrammIm Jahr 2014 wurden insgesamt 2.176 Bewerbungen für Forschungsstipendien von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem Ausland durch die Auswahlgremien der Stiftung entschieden. Dies stellt gegenüber dem Vorjahr (1785 entschiedene Bewerbungen) einen Anstieg um fast 22 % dar. Die Zahl der Bewilligungen konnte 2014 nach der Reduzierung in den beiden Vorjahren (2012: 452; 2013: 500) auf 643 wieder deutlich angehoben werden. Diese Anhebung war vor allem durch zusätzliche finanzielle Mittel der neuen Kooperationspartner der Stiftung insbesondere der Siemens-Stiftung sowie die 40 % Ko-Finanzierung des Georg Forster Forschungsstipendienprogramms durch die Europäische Forschungsförderung im Rahmen des 8. Forschungsrahmenprogramms möglich. Die Erfolgsquote blieb nahezu unverändert. Die Zahl der entschiedenen Bewerbungen von Frauen in den beiden Forschungsstipendienprogramm stieg 2014 erfreulicherweise weiter an und lag mit 660 gut 15 % über der Vorjahreszahl. Im Humboldt-Forschungsstipendienprogramm führt China mit 84 ausgesprochenen Bewilligungen die Statistik der Herkunftsländer im Jahr 2014 an, gefolgt von den USA mit 70 sowie Großbritannien mit 34 und Italien mit 30 Bewilligungen. Auch im Jahr 2014 konnten erneut 22 Bewilligungen an Bewerberinnen und Bewerber aus Brasilien ausgesprochen werden. Dies ist auf die erfolgreiche Kooperation der Humboldt-Stiftung mit CAPES (Coordenacao de Aperfeicoamento de Pessoal de Nivel Superior) zurück zu führen. Die Liste der am häufigsten vertretenen Fachgebiete im Humboldt-Forschungsstipendienprogramm wird erstmals angeführt von den Biowissenschaften mit 92 ausgesprochenen Bewilligungen gefolgt von der Chemie/Pharmazie mit 82 und der Physik mit 69 Bewilligungen. In den Geisteswissenschaften lagen die Historiker mit 28 Bewilligungen vor den Philosophen mit 22 Bewilligungen, während bei den Ingenieuren die Werkstoffwissenschaften mit 19 Bewilligungen das Feld anführen.
Das analog zum Humboldt-Forschungsstipendium gestaltete Georg Forster-Forschungs-stipendienprogramm, das sich an Wissenschaftler aus Schwellen- und Entwicklungsländern richtet, zeigt sich als ein wirkungsvolles Instrument beim Aufbau wissenschaftlicher Kapazitäten und der Erforschung eigener Problemlösungsstrategien in den Herkunftsländern der Forschungsstipendiaten. Gefördert werden kann, wer neben höchster wissenschaftlicher Qualifikation ein Forschungsvorhaben vorlegt, das für die weitere Entwicklung des Herkunftslandes von hoher Relevanz und besonders zum Austausch von Wissen und Methoden zwischen Deutschland und dem Herkunftsland oder der Herkunftsregion geeignet ist. Im Jahr 2014 gingen 313 Bewerbungen ein, von denen 99 Stipendien bewilligt wurden. Für die Attraktivität von Stipendienprogrammen sind neben der Dotierung die damit verbundenen Nebenleistungen relevant. Die Alexander von Humboldt-Stiftung bietet ihren Stipendiatinnen und Stipendiaten aktuell Unterstützung bei der Krankenversicherung sowie verschiedene Familienzulagen. Im Unterschied zu einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsvertrag bietet die Alexander von Humboldt-Stiftung in ihren Stipendienprogrammen allerdings keine Beitragsoptionen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung an. Mit dem in 2013 begonnenen EU-finanzierten Programm Georg Forster-Forschungsstipendien (HERMES) hat die Alexander von Humboldt-Stiftung zum ersten Mal ein Programm aufgelegt, das in Bezug auf bestimmte Nebenleistungen mit Regelungen zur sozialen Absicherung in einem Arbeitsvertrag vergleichbar ist, da u.a. Leistungen zur Zukunftssicherung und zur Absicherung von Zeiten der Arbeitslosigkeit Bestandteil sind. Aus der zusätzlichen EU-Finanzierung, die die nationalen Haushalte entlastet, konnte die Humboldt-Stiftung zudem die Aufstockung des Georg Forster-Forschungsstipendienprogramms auf knapp 100 Stipendien für das Jahr 2014 erzielen und die Zahlung verbesserter Leistungen für die in 2014 und 2015 ausgewählten Stipendiatinnen und Stipendiaten finanzieren.
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3.1.2 Das Feodor Lynen StipendienprogrammIm Feodor Lynen Stipendienprogramm wurden von den 218 eingegangenen Bewerbungen 99 Bewilligungen ausgesprochen. Unter den erfolgreichen Bewerbern lag der Anteil von Wissenschaftlerinnen bei 30,3 %. Bevorzugte Zielländer des deutschen Nachwuchses blieben die USA sowie die weiteren angelsächsischen Länder.
3.1.3 Das Bundeskanzler-StipendienprogrammDie jährlich insgesamt bis zu 50 Bundeskanzler-Stipendien gehen an Nachwuchskräfte aus Brasilien, China, Indien, Russland und den USA, die in ihrem Werdegang im besonderen Maße Führungspotenzial bewiesen haben. Damit setzt die AvH ihre Exzellenzförderung in einem anderen Karrieresegment fort. Im Jahr 2014 wurden 5 Stipendien an brasilianische, 7 an chinesische, 6 an indische, 8 an russische und 10 an US-amerikanische Nach-wuchsführungskräfte vergeben.
3.1.4 Das Internationale KlimaschutzstipendienprogrammAus Mitteln der Internationalen Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vergibt die AvH jährlich bis zu 20 Internationale Klimaschutzstipendien an Nachwuchsführungskräfte aus außereuropäischen Schwellen- und Entwicklungsländern, die im Themenfeld Klima- und Ressourcenschutz in ihren Ländern in Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung tätig sind; die Förderleistungen entsprechen annähernd jenen im Bundeskanzler-Stipendienprogramm.
3.2 Die Preise(1) das Humboldt-Forschungspreisprogramm für international ausgewiesene Spitzen-wissenschaftler ergänzt durch den Georg Forster Forschungspreis für ausgewiesene Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftler aus Schwellen- und Entwicklungsländern
(2) der Friedrich Wilhelm Bessel-Preis,
(3) der Max-Planck-Forschungspreis
(4) der Anneliese Maier-Forschungspreis sowie
(5) der Sofja Kovalevskaja-Preis
3.2.1 Der Humboldt-Forschungspreis und Georg Forster-ForschungspreisNeben der Vergabe von Forschungsstipendien an jüngere ausländische Wissenschaftler zeichnet die Humboldt-Stiftung ausländische Wissenschaftler aller Länder und Fachgebiete, von denen auch in der Zukunft Spitzenleistungen erwartet werden können, in Würdigung bisheriger international anerkannter Leistungen mit Humboldt-Forschungspreisen aus. Diese Preise sind mit 60.000 EUR dotiert. Mit der Verleihung des Humboldt-Forschungspreises werden die Preisträger eingeladen, Forschungsvorhaben eigener Wahl für einen Zeitraum von mehreren Monaten an deutschen Forschungsinstitutionen in Kooperation mit ihren deutschen Fachkollegen durchzuführen. Im Jahr 2014 hat die Humboldt-Stiftung 74 Preisträgerinnen und Preisträger mit dem Humboldt-Forschungspreis ausgezeichnet. Zum dritten Mal hat die Alexander von Humboldt-Stiftung auch Georg Forster-Forschungspreise vergeben: In diesem Jahr waren es aufgrund der starken Antragslage sogar acht Preise. Zwei Forscherinnen und
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sechs Forscher aus Argentinien, Brasilien, Kongo, Mongolei, Peru, Südafrika, Türkei und der Ukraine wurden 2014 für ihre wissenschaftliche Arbeit ausgezeichnet. Die Preisträger sind durch ihre bisherige Forschung international sichtbar geworden und sollen mit ihrer Arbeit helfen, entwicklungsrelevante Fragestellungen zu lösen. Sie sind nach Deutschland eingeladen, um hier Kooperationen mit Kolleginnen und Kollegen zu etablieren und auszubauen.
3.2.2 Der Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreis Darüber hinaus lagen dem “Ausschuss für die Vergabe von Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreisen” im Jahr 2014 insgesamt 54 Nominierungen zur Entscheidung vor. Der Ausschuss vergab 22 Friedrich Wilhelm-Bessel-Forschungspreise.
3.2.3 Max-Planck-ForschungspreisDer mit je 750.000 Euro dotierte Max-Planck-Forschungspreis wurde 2014 an Prof. Dr. Robert Schoelkopf, Yale University, USA, und Prof. Dr. Jörg Wrachtrup von der Universität Stuttgart vergeben. Der Preis wurde im Fachbereich der Naturwissenschaften zum Thema „Quantum Nano Science“ ausgeschrieben. Der Max-Planck-Forschungspreis, der internationale Forschungspreis der Alexander von Humboldt-Stiftung und der Max-Planck-Gesellschaft, wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanziert. Mit ihm werden deutsche und ausländische Wissenschaftler besonders zukunftsträchtiger Disziplinen gefördert. Ausgezeichnet werden jeweils eine im Ausland und eine in Deutschland tätige Forscherpersönlichkeit, die bereits international anerkannt ist und von der im Rahmen einer Kooperation weitere wissenschaftliche Spitzenleistungen und Impulse für das Fachgebiet erwartet werden. Der Preis wird im jährlichen Wechsel jeweils in einem Teilgebiet der Natur- und Ingenieurwissenschaften, der Lebenswissenschaften oder der Geistes- und Sozialwissenschaften ausgeschrieben.
3.2.4 Anneliese Maier-ForschungspreisEnde November 2014 fand die vierte Auswahl im Anneliese Maier-Forschungspreisprogramm statt. Dabei wurden diesmal elf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 72 Nominierungen ausgewählt. Die Verleihung der Preise findet im Herbst 2015 in Leipzig statt. Dieser Kooperationspreis soll die Internationalität der Geistes- und Sozialwissenschaften in Deutschland unterstützen und wird jährlich an herausragende ausländische Forscherpersönlichkeiten aus allen Bereichen der Geistes- und Sozialwissenschaften vergeben. Mit dem Preisgeld von 250.000 Euro können über einen Zeitraum von fünf Jahren Forschungskooperationen mit Fachkollegen in Deutschland finanziert werden. Nominiert werden Forscherinnen und Forscher von wissenschaftlichen Kooperationspartnern an deutschen Universitäten und Forschungseinrichtungen.
3.2.5 Sofja Kovalevskaja-PreisDie Alexander von Humboldt-Stiftung hat 2014 zum siebten Mal den mit bis zu 1,65 Millionen Euro dotierten Sofja Kovalevskaja-Preis an junge Forschertalente vergeben, die damit in einer frühen Phase ihrer Karriere Risikokapital für innovative Projekte erhalten. Die Humboldt-Stiftung hat den Preis in den letzten Jahren erfolgreich neu konzipiert und somit auf die mobilen Lebensläufe junger Wissenschaftler reagiert. Der Preis ist somit gegenüber ähnlicher Programme stärker auf die Erstansprache von Forscherinnen und Forschern fokussiert, deren Kontakte zu Deutschland noch nicht sehr ausgeprägt sind. Die Stiftung plant jährlich 8 Preise auszuschreiben und damit das Programm zu erweitern. Die Ausschreibung für das Jahr 2015 ist bereits erfolgt. Die Preisträgerinnen und Preisträger werden an deutschen Gastinstituten
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eigene Forschungsgruppen aufbauen und dort fünf Jahre lang forschen. Der Preis wird vom Bundesforschungsministerium finanziert. Die Preisverleihung durch Forschungsministerin Johanna Wanka und den Präsidenten der Humboldt-Stiftung Helmut Schwarz findet in Berlin statt.
4. Die Alexander von Humboldt-Professur
Vier Spitzenwissenschaftlerinnen und ein Spitzenwissenschaftler aus dem Ausland sind im Mai in Berlin mit der Alexander von Humboldt-Professur ausgezeichnet worden. Die Preisträger wurden von deutschen Universitäten nominiert und werden nun in Halle, Göttingen, Berlin, München und Tübingen forschen. Hochschulen in ganz Deutschland können demnach mit den weltweit besten Adressen für Forscher mithalten – nicht nur in den Metropolen München und Berlin. Darüber hinaus werden zunehmend exzellente Forscherinnen für die Humboldt-Professur gewonnen.
Mit dem höchst dotierten internationalen Preis für Forschung in Deutschland zeichnet die Humboldt-Stiftung führende und in Deutschland tätige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Disziplinen aus. Hochschulen und außeruniversitäre Forschungsinstitutionen in Deutschland erschließen sich wissenschaftliche Expertise aus dem Ausland und erfahren auf diese Weise Unterstützung bei ihrer eigenen strategischen (Neu-)Orientierung. Zudem erhalten sie die Chance, etablierte Spitzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus dem Ausland dauerhaft für die eigene Einrichtung zu gewinnen, ihre internationalen Kooperationen zu stärken und die sich hieraus ergebenden Verbindungen zu verfestigen. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierte Alexander von Humboldt-Professur ermöglicht die Durchführung langfristiger zukunftsweisender Forschungen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Deutschland. Das Preisgeld in Höhe von 5 Millionen Euro für experimentell arbeitende und 3,5 Millionen Euro für theoretisch arbeitende Wissenschaftler ist für die Finanzierung des besonderen „Impacts“ der ersten fünf Jahre in Deutschland bestimmt. Vorschlagsberechtigt sind die deutschen Hochschulen; darüber hinaus können außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in Deutschland eine Nominierung gemeinsam mit einer deutschen Hochschule einreichen. Die Nominierungen erfolgt durch die Rektoren bzw. Präsidenten der jeweiligen Hochschule und müssen die strategische Zielsetzung der Universitäten stützen.
5. Netzwerke Die Vergabe von Stipendien und Preisen ist für die AvH ein Instrument, um ein internationales Wissenschaftler-Netzwerk aufzubauen, fortzuentwickeln und zu erneuern, dessen Mitglieder aktive Partner der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik sind und wesentliche Beiträge zur Internationalisierung des Forschungsstandortes Deutschland leisten. Aus diesem Grund kommt Maßnahmen zur Gestaltung des Netzwerks ein hoher Stellenwert zu, und ein erheblicher Teil des Budgets der AvH geht in gezielte Alumni-Aktivitäten, um die einmal gewonnenen Personen langfristig an Deutschland zu binden und so Wissenschaftlern in Deutschland zu ermöglichen, herausragende internationale Kontakte zu pflegen. Das Netzwerk und die damit verbundene Alumniarbeit sind das Markenzeichen der AvH und das Alleinstellungsmerkmal im Kanon der vielfältigen Forschungsförderer: „Einmal Humboldtianer, immer Humboldtianer.“
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5.1 Gemeinsam denken: Netzwerktagungen, Jahrestagung, Studienreise, Kolloquien, Kollegs, Preisträgerforum, soziales NetzwerkKernbestandteil der Netzwerkarbeit sind Veranstaltungen, auf denen sich Geförderte fachlich und persönlich begegnen. Die Netzwerkarbeit beginnt mit dem ersten Deutschlandaufenthalt der Geförderten, zu dessen Beginn sie zu einer Netzwerktagung eingeladen werden. Im Jahr 2014 fanden Netzwerktagungen in Berlin und Würzburg statt. Humboldtianer begegnen sich wieder im Rahmen der Jahrestagung und dem damit verbundenen traditionellen Empfang beim Bundespräsidenten, der 2014 über 570 internationalen Forscherinnen und Forscher und deren Familien aus über 70 Ländern im Garten des Schloss Bellevue begrüßen konnte. Sie setzen den Kontakt fort im Rahmen einer Studienreise, bei der sie Deutschland kennen lernen. Die Preisträger der AvH werden darüber hinaus zu einem Symposium mit Preisverleihung sowie, nach fachlichen Schwerpunkten zusammen mit ausgewählten Forschungsstipendiaten, zum Humboldt-Preisträger-Forum nach Bonn eingeladen. Vom 08. bis 11.10.2014 traf sich Humboldtianerinnen und Humboldtianer zum 4. Bonner Humboldt-Preisträger-Forum. Gemeinsam mit ihren internationalen Kolleginnen und Kollegen aus dem Netzwerk der Alexander von Humboldt-Stiftung diskutierten sie unter dem Thema „Herrschaft in der Antike: Praktiken und Diskurse“ aktuelle und drängende Fragen ihrer Disziplin. Mit dem jährlich stattfindenden Bonner Humboldt-Preisträger-Forum fördert die Humboldt-Stiftung die Vernetzung ihrer Forschungspreisträger mit Nachwuchswissenschaftlern und deutschen Gastinstitutionen. Darüber hinaus soll die Konferenz dazu beitragen, das Profil der Wissenschaftsstadt Bonn zu schärfen.
Nach Abschluss des ersten Forschungsaufenthaltes setzen sich die Netzwerkaktivitäten im Ausland fort. Humboldtianer können über ein „Humboldt Netzwerk Online“ und das im Mai 2014 neu gestartete soziale Netzwerk „Humboldt Life“ mit anderen Humboldtianern in ihrem Land oder Fachgebiet Kontakt halten. Darüber hinaus sind über 120 Humboldt-Alumni-Vereinigungen in mehr als 70 Ländern aktiv. In Kolumbien und der Schweiz befinden sich derzeit zwei neue Alumni-Vereinigungen in der Gründungsphase.
Die AvH veranstaltet pro Jahr in der Regel ein bis zwei große Humboldt-Kolloquien im Ausland und lädt zu diesen Treffen die Alumni des jeweiligen Gastlandes und der Region ein. 2014 fand ein Kolloquium in Kenia statt. Humboldtianer können das Netzwerk selbst gestalten, indem sie über das sehr erfolgreiche Instrument der Humboldt-Kollegs Fachkonferenzen organisieren, zu denen sie u.a. andere Humboldtianer sowie Nachwuchswissenschaftler einladen. Geförderten aus Deutschland ermöglicht die Humboldt-Stiftung die Vernetzung vor Antritt ihres Stipendiums, nach ihrer Rückkehr nach Deutschland sowie im Rahmen der Veranstaltungen der Humboldt-Stiftung im Ausland.
Mit mehr als 70 Treffen, Reisen und Tagungen in Deutschland und im Ausland pflegte die Stiftung ihr Netzwerk im Jahr 2014. Hiermit trug sie über den wissenschaftlichen Dialog hinaus zur grenzüberschreitenden kulturellen Verständigung bei, besonders in politisch schwierigen Regionen.
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5.2 Lebendige Kooperation: Einladungen zu erneuten Forschungsaufenthalten, Humboldt-Alumni-PreisAlumni haben die Möglichkeit, nach Abschluss des ersten Forschungsaufenthaltes in Deutschland und der Rückkehr ins Ausland die Förderung eines erneuten Aufenthaltes in Deutschland zu beantragen. Forschungsaufenthalte von bis zu 3 Monaten können zur Fortsetzung bzw. zum Abschluss von Forschungen, die während des ersten Forschungsaufenthaltes in Deutschland begonnen wurden, oder aber zur Initiierung neuer gemeinsamer Forschungsprojekte mit Fachkollegen in Deutschland genutzt werden. Darüber hinaus lädt die AvH auch gezielt Alumni („Wiedereinladungen“), die aufgrund ihrer herausragenden wissenschaftlichen Arbeiten oder ihrer wichtigen wissenschafts- bzw. kulturpolitischen Funktion für die deutsche Wissenschaft, Wirtschaft und Politik von besonderer Bedeutung sind, zu erneuten Aufenthalten nach Deutschland ein. Zur Pflege internationaler Kontakte können geförderte Wissenschaftler aus Deutschland die Förderung erneuter Forschungsaufenthalte bei Alumni der Humboldt-Stiftung im Ausland beantragen. Jährlich vergibt die Alexander von Humboldt-Stiftung bis zu drei Preise zur Förderung innovativer Netzwerkideen an Alumni im Ausland. Der Humboldt-Alumni-Preis ist mit einem Förderbetrag von bis zu 25.000 Euro dotiert. Im Berichtsjahr ging er an Humboldtianer aus Kamerun, Kuba und Polen.
5.3 Das Potential der Partner nutzbar machen: Rückkehrstipendien, Gerätebeihilfen, InstitutspartnerschaftenNach erfolgreichem Abschluss des von der Alexander von Humboldt-Stiftung geförderten Forschungsaufenthalts in Deutschland können Forschungsstipendiaten, die an Institutionen in Entwicklungs- oder Schwellenländern bzw. Ländern in Mittel- und Osteuropa zurückkehren, ein Rückkehrstipendium beantragen. Das Gerätebeihilfenprogramm soll Humboldtianer in devisenschwachen Ländern in die Lage versetzen, das in Deutschland begonnene Forschungsvorhaben an ihrem Institut im Heimatland in Kooperation mit den wissenschaftlichen Gastgebern oder weiteren Fachkollegen in Deutschland erfolgreich weiterzuführen. Für den Kauf hierfür notwendiger Geräte gewährt die Humboldt-Stiftung Beihilfen in Höhe von bis zu 20.000 Euro. Die Alexander von Humboldt-Stiftung bietet im Rahmen ihres Alumni-Programms die Möglichkeit, durch die Förderung einer Institutspartnerschaft verschiedene Maßnahmen zu längerfristigen Kooperationen zwischen bereits durch die Alexander von Humboldt-Stiftung geförderten Wissenschaftlern (Alumni) im Ausland und Fachkollegen In Deutschland zu bündeln. In die Zusammenarbeit sollen auch Doktoranden und Postdoktoranden integriert werden, die als potentielle Bewerber für ein Forschungsstipendium der AvH in Frage kommen. Institutspartnerschaften können über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren mit bis zu 55.000 Euro gefördert werden.
6. Bedingungen der Internationalisierung gestalten: Beratung von Politik und Wissenschaft
Durch ihr umfangreiches Netzwerk in Deutschland und im Ausland und durch die täglichen Kontakte und Gespräche mit Wissenschaftlern verfügt die AvH über ein großes Erfahrungswissen in Bezug auf zahlreiche Fragen der internationalen Forschermobilität. Sie ist in besonderer Weise dafür prädestiniert, Erfahrungen und Rückmeldungen aus ihrem Netzwerk zu bündeln, zu analysieren, zu interpretieren und sie für forschungspolitische Diskussionen verfügbar zu machen – mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen eines Forschungsaufenthaltes in Deutschland zu optimieren.
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6.1 Das International Advisory BoardDas International Advisory Board der Alexander von Humboldt-Stiftung ist ein unabhängiges, international besetztes Expertengremium, das die Stiftung in Strategiefragen berät. Das Board widmet sich Themen der Forschermobilität und Internationalisierung und bietet Raum zur Diskussion aktueller forschungspolitischer Themen. Jedes Jahr lädt das International Advisory Board einen ausgewählten Kreis international führender Persönlichkeiten aus Forschung, Wissenschaftsmanagement und –politik sowie Vertreter der Bundesregierung und der Partnerorganisationen der Stiftung zum „Forum zur Internationalisierung der Wissenschaft“ nach Berlin ein. Die Inhalte der Diskussion können von allen beteiligten Institutionen zur eigenen Strategieentwicklung genutzt werden. Außerdem werden zentrale Diskussionspunkte einer breiten Öffentlichkeit durch eine Sonderveröffentlichung zur duz - Deutsche Universitätszeitung - zugänglich gemacht. Im November 2014 kamen rund 75 internationale Expertinnen und Experten aus Forschung und Wissenschaftsmanagement zum 8. Forum zur Internationalisierung der Wissenschaft zusammen. Unter dem Titel „Beyond Bibliometrics – Identifying the Best“ diskutierten sie globale Perspektiven zu den Vor- und Nachteilen quantitativer Methoden zur Bewertung wissenschaftlicher Leistungen und Potentiale und kamen zu dem Schluss, dass Bibliometrie in vielen Kontexten zu kurz greift bzw. eine ungeeignete Methode der akademischen Leistungsbemessung darstellt.
6.2 Vertrauenswissenschaftler in Deutschland und im AuslandEine der großen Herausforderungen der AvH besteht darin, das Wissen über die Chancen und Möglichkeiten des Forschungsstandortes Deutschland und die Förderprogramme der AvH an die richtigen Zielgruppen zu vermitteln. Die ehrenamtlichen Vertrauenswissenschaftler der Alexander von Humboldt-Stiftung informieren im In- und Ausland an Hochschulen und Forschungseinrichtungen über den Forschungsstandort Deutschland sowie insbesondere über die Förderprogramme und das internationale Netzwerk der Stiftung. Sie sind als Alumni, Gastgeber, Ratgeber oder Gutachter für die Stiftung aktiv. Momentan sind 52 Humboldtianer in 40 Ländern als Vertrauenswissenschaftler aktiv, Vertrauenswissenschaftler in weiteren Ländern sollen hinzukommen.
7. EURAXESS Deutschland und „Nationale Kontaktstelle Mobilität“ In den Arbeitsbereichen „EURAXESS Deutschland“ und „Nationale Kontaktstelle Mobilität“ bringt die AvH ihre Expertise auf europäischer Ebene ein: Information und Beratung international mobiler Forscherinnen und Forscher, die sich für Forschungsaufenthalte in Europa interessieren, sind die Ziele des Europaweiten Netzwerks „EURAXESS – Researchers in Motion“, dessen nationale Koordinierungsstelle die Alexander von Humboldt-Stiftung ist. Die Alexander von Humboldt-Stiftung ist durch ihre Aufgaben im EURAXESS-Netzwerk die erste und wichtigste Anlaufstelle für international mobile Forscher mit Ausgangs- und Zielland Deutschland geworden. Darüber hinaus hat die AvH in Deutschland ein „Netzwerk der Forscherberater“ aufgebaut, Personen, die an Universitäten und Forschungseinrichtungen international mobile Forschende beraten. Als Teil des Netzwerks von Nationalen Kontaktstellen der Bundesregierung für das EU-Forschungsrahmenprogramm bietet die Nationale Kontaktstelle Mobilität aktiv Information und Beratung deutscher Einrichtungen sowie Forscherinnen und Forscher zu den Marie Skłodowska-Curie-Maßnahmen des EU-Programms Horizont 2020 (2014-2020) an. Das Serviceangebot der „Nationalen Kontaktstelle Mobilität“ umfasst neben der individuellen Beratung in allen Phasen der Förderung auch die Mitwirkung an der Programmgestaltung der EU sowie die Erstellung
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von Analysen zu den Mobilitätsmaßnahmen der EU-Forschungsrahmenprogramme. Im Mai 2014 fand der 20. Workshop EURAXESS Deutschland für Forscherberater/innen in Bonn statt. Es trafen sich rund 120 Forschungsberater/innen des Netzwerks in der Alexander von Humboldt-Stiftung, um aktuelle Themen zur internationalen Mobilität von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie zur Forscherberatung in der Praxis zu diskutieren.
8. Erhöhte Sichtbarkeit durch Strategie für die regionale
Schwerpunktsetzung Seit 2012 verfolgt die Humboldt-Stiftung eine Strategie für Schwerpunktländer für die Zeit bis 2016. Ziel von Länderstrategiepapieren der AvH ist es, jeweils für bestimmte Zeiträume Schwerpunkte zu definieren, in denen Anstrengungen in bestimmten Regionen konzentriert werden, um damit begrenzte Ressourcen optimal einzusetzen. Für den genannten Zeitraum sind dies: Türkei, Korea, Äthiopien, Kenia und Kolumbien.
8.1 Verbundprojekt Internationales Forschungsmarketing und Ideenwettbewerb „Forscher-Alumni deutscher Universitäten“Forscher-Alumni sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in Deutschland als Doktoranden, Postdoktoranden oder auf einer fortgeschrittenen Karrierestufe geforscht und ihre wissenschaftliche Laufbahn danach in einem anderen Land fortgesetzt haben. Sie sind ideale Multiplikatoren, um in ihren fachlichen Netzwerken Nachwuchsforschende über die Möglichkeiten eines Forschungsaufenthaltes in Deutschland zu informieren und sie für die Chancen, die dieser bietet, zu begeistern. Aufbauend auf ihrer jahrzehntelangen Erfahrung in der Alumni- und Netzwerkarbeit engagiert sich die Alexander von Humboldt-Stiftung seit einigen Jahren dafür, Forscher-Alumni-Arbeit an Universitäten und Forschungseinrichtungen in Deutschland zu stärken. Im Rahmen verschiedener Wettbewerbsrunden konnten innerhalb der letzten Jahre fast 30 Einrichtungen in Deutschland in ihrer Forscher-Alumni-Arbeit gestärkt werden. Zudem wird ein Austausch zwischen den für Forscher-Alumni-Arbeit Zuständigen organisiert. Die Maßnahmen der Alexander von Humboldt-Stiftung sind Teil des Verbundprojekts „Internationales Forschungsmarketing“, das die Alexander von Humboldt-Stiftung, der Deutsche Akademische Austauschdienst, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Fraunhofer-Gesellschaft gemeinschaftlich durchführen. Ziel des Projekts ist es, für den Forschungsstandort Deutschland im In- und Ausland zu werben und sein Profil im globalen Wissenschaftsmarkt zu schärfen. Alle im Rahmen des Projekts stattfindenden Maßnahmen sind Bestandteil der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Initiative „Werbung für den Innovations- und Forschungsstandort Deutschland“ unter der Marke „Research in Germany“.
8.2 Das Frontiers of Research-ProgramDie bi-nationalen Frontiers of Research-Symposien führen herausragende Nachwuchs-wissenschaftler aus Deutschland mit Kollegen aus den USA, Japan, Großbritannien, China, Indien, Israel, Brasilien und der Türkei für den wissenschaftlichen Austausch über ihre Fächergrenzen hinaus zusammen. Im Rahmen dieser Symposien können Nachwuchsforscher neue Ansätze der interdisziplinären Zusammenarbeit diskutieren und auch das gegenseitige Verständnis erweitern. Gleichzeitig dienen die Symposien dazu, Kontakte zwischen künftigen Führungskräften in der Wissenschaft aus den beteiligten Ländern zu ermöglichen und zu vertiefen. Die Tagungen, die Gelegenheit für den internationalen wie den interdisziplinären Austausch bieten und auch der Kooperation der AvH mit Partnerorganisationen im Ausland dienen, finden
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abwechselnd in Deutschland und im jeweiligen Partnerland statt. Im Berichtszeitraum fanden Frontiers-Tagungen mit deutschen und indischen, japanischen, israelischen und türkischen Nachwuchstalenten in Deutschland statt; weitere Konferenzen in den USA und Brasilien.
8.3 Alumniportal Deutschland Die Alexander von Humboldt-Stiftung ist Partnerorganisation im vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanzierten Alumniportal Deutschland (APD). Das Alumniportal ist ein qualifiziertes soziales globales Netzwerk für Personen, die in Deutschland oder einer deutschen Einrichtung studiert, geforscht, gearbeitet oder sich weitergebildet haben. Die Kooperationspartner der Stiftung im APD sind die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, das Goethe-Institut und der Deutsche Akademische Austauschdienst. Mit dem Alumniportal stellt die Alexander von Humboldt-Stiftung ihren Alumni erstmals die Möglichkeit zur Verfügung, sich auf einer datengeschützten Seite im Internet untereinander sowie mit weiteren Deutschland-Alumni persönlich zu vernetzen.
9. Querschnittsaussage: ProgrammevaluationDie Alexander von Humboldt-Stiftung legt seit jeher großen Wert auf die Evaluation, Qualitätskontrolle und Rechenschaftslegung ihrer Tätigkeit. Mit dem 2006 verabschiedeten Evaluationskonzept werden die Programme der Stiftung unter Einbindung eines internen Projektteams in der Regel von externen sozialwissenschaftlichen Instituten evaluiert. Gesteuert werden die Evaluationen von einem wissenschaftlichen Beirat. Auf der Grundlage der Ergebnisse aus den Programm-Evaluationen wurde das Konzept 2012 zu einem Evaluations- und Monitoringkonzept weiterentwickelt, welches zum Ziel hat, auch die übrigen Berichts- und Nachweispflichten der Stiftung zu unterstützen. Grundbaustein der stiftungsweiten Qualitätskontrolle sind statistische Analysen über die Auswahl- und Förderaktivitäten der Stiftung, welche eine zuverlässige Datenbank voraussetzen.
Stand: Juni 2015
Rückfragen wenden Sie bitte an: Dr. Katja Hartmann Alexander von Humboldt-Stiftung Leiterin Berlin-Büro Markgrafenstr. 37 10117 Berlin Tel. 030/ 20 45 55 36 E-Mail: [email protected]
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Centrum für Hochschulentwicklung – Impulse, Initiativen, Informationen –
CHE StrategieIm Jahr 2014 feierte das CHE sein 20-jähriges Jubiläum. Die Jubiläumstagung am 4./5. Dezember 2014 in Berlin „Wenn Studieren zum Normalfall wird – Handlungsoptionen für Hochschulen und Politik“ griff die aktuelle Herausforderung für das deutsche Hochschulsystem auf. Denn in Deutschland gibt es derzeit einen Wandel, der weit über die bisherigen Veränderungen im Hochschulsystem hinausreicht: Hochschulbildung wird zum Normalfall. Immer größer wird die Zahl der Studierenden und Studieninteressierten und immer heterogener die Gruppe der Studierenden. Welche Fragen und Herausforderungen sich daraus ergeben, fasst die im Sommer 2014 veröffentlichte Broschüre „Hochschulbildung wird zum Normalfall – Ein gesellschaftlicher Wandel und seine Folgen“ zusammen. Die Publikation „Wenn Studieren der Normalfall wird, 20 Jahre CHE – Ein Blick auf neue Herausforderungen für Studierende, Hochschulen und Politik“ erschien als Beilage zur Oktober-Ausgabe 2014 der Deutschen Universitätszeitung duz. In dieser schilderten Studierende, Lehrende, Hochschulleitungen und Politiker ihre Erfahrungen zum Thema. Das CHE will mit seinen Projekten und Studien alle Beteiligten (Studierende, Hochschulen, Politik) dabei unterstützen, mit dieser unvermeidbaren Entwicklung umzugehen und sie zu gestalten.
Weitere Informationen unter www.che.de/normalfall-studium.
Die daraus abgeleiteten strategischen Felder bis 2016 lauten:
• Eigenverantwortliche Hochschulen: Das CHE tritt weiterhin für einen größtmöglichen Autonomiegrad für die einzelnen Hochschulen ein. Die Hochschulen können ihre Belange und Obliegenheiten am besten in eigener Verantwortung regeln. Dabei geht es nicht darum, den Staat als Akteur zu verdrängen, sondern zur Autonomie passende Rollen von Ministerien und Parlamenten zu entwickeln.
• Vielfältige Hochschulprofile: Auf der Ebene des Hochschulsystems gilt es, ungelöste Fragen zu bearbeiten wie die Einseitigkeit von Anreizsystemen und Profilbildung zugunsten reiner Forschungsexzellenz. Hochschulen haben jedoch mehr Aufgaben und sehen sich einer Vielfalt von Ansprüchen gegenüber. Daher gilt es, vielfältige Hochschulprofile sichtbar zu machen und ihre Ausprägung im Hochschulsystem zu unterstützen.
• Transparente Leistungen: Leistungstransparenz bleibt eine wichtige Voraussetzung dafür, Studierwilligen und Studierenden geeignete Orientierung zu bieten. Dies ist die Maßgabe für die Weiterentwicklung des nationalen CHE Rankings. Daten und Informationen müssen dafür zielgruppengerecht aufbereitet und dargestellt werden. Gleiches gilt auch für das internationale Ranking U-Multirank, welches umfassende Daten auf institutioneller Ebene sowie fachbezogen liefert. Wie auch in anderen globalen Rankings wird die Leistung in der Forschung aufgezeigt, aber darüber hinaus bietet U-Multirank auch Leistungstransparenz hinsichtlich weiterer Hochschulprofile in Lehre, Wissenstransfer, regionalem Engagement und internationaler Orientierung. Mit dem Ziel der Leistungstransparenz sollen zudem Strukturen im Hochschulsystem transparent gemacht werden, wie es etwa im Rahmen des Monitors zur Lehrerbildung geschieht.
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• Adäquate Strukturen und Prozesse: Das CHE wird weiter daran mitwirken, die Strukturen und Prozesse in den Hochschulen und im Hochschulsystem zu optimieren. Dazu gehört auch, die großen Veränderungen der vergangenen Jahre auf Effekte und (Miss-)Erfolgsfaktoren hin zu überprüfen. So etwa die Frage, wie beispielsweise die Karrieren von Juniorprofessor(inne)n im Vergleich zu traditionell berufenen Professor(inne)n verlaufen? Stärken und Schwächen der Neuentwicklungen sollen aufgezeigt werden und auf der Basis fundierter Analysen handfeste Vorschläge entwickelt werden, um die eingeschlagenen Wege zum Erfolg zu bringen und Fehlentwicklungen zu stoppen bzw. zu korrigieren.
• Handlungsfähige Akteure: Das CHE wird weiter innovative, neue Formate der Weiter-bildung entwickeln und anbieten, um strukturierte Personalentwicklung im Hochschul- und Wissenschaftsmanagement zu ermöglichen. Ein Fokus liegt dabei auch auf Angeboten für Führungskräfte.
• Informationsplattformen: Das CHE möchte unterschiedliche Zielgruppen über die Veränderungen im Hochschulsystem informieren und Orientierung schaffen, um für notwendige Entscheidungen Unterstützung zu bieten. Dabei werden verschiedene Zielgruppen innerhalb und außerhalb der Hochschulen in den Blick genommen, z.B. Studierende, Studierwillige ohne Abitur, Hochschulratsmitglieder etc.
Die Projekte lassen sich zum Teil mehreren strategischen Feldern zuordnen. Die folgende Darstellung beschränkt sich jeweils auf die Nennung des Strategiefelds, das bei der Initiierung des jeweiligen Projekts im Vordergrund stand. Das Thema „Studieren als Normalfall“ ist ein übergeordnetes Leitmotiv, das sich über alle Strategiefelder hinwegzieht.
Strategiefeld „eigenverantwortliche Hochschulen“Hochschulmanager(in) des Jahres: Gemeinsam mit der Wochenzeitung „Die ZEIT“ wurde im November 2014 im Rahmen der ZEIT-Konferenz „Hochschule Bildung“ in Berlin die Auszeichnung „Hochschulmanager des Jahres“ an den Hans Müller-Steinhagen, Rektor der TU Dresden, verliehen. Die Auswahl erfolgte wie in den vorangegangenen Jahren in einem mehrstufigen Verfahren unter Verwendung von Indikatoren, einer Befragung der Hochschulleitungen sowie auf Basis einer Endauswahl durch eine Jury. Ein Themenschwerpunkt war die Öffnung der Hochschulen, zum Beispiel die Förderung der Beteiligung nicht-traditioneller Studierender oder die Durchlässigkeit zwischen Studium und Beruf. Der Auswahlprozess für die Auszeichnung in 2015 hat im Sommer 2015 begonnen.
Forum Hochschulräte: Das „Forum Hochschulräte“, eine Initiative des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft und der Heinz Nixdorf Stiftung in Kooperation mit dem CHE, richtet sich als Veranstaltungsreihe an alle Hochschulratsmitglieder aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft und bietet ihnen die Möglichkeit zum Informations- und Erfahrungsaustausch. Im Rahmen des Forums drehte sich im September 2014 der Austausch um „Führung in der Wissenschaft: Führungsstrukturen, Führungskulturen, Führungskräfte“. Im März 2015 ging es um Möglichkeiten und Grenzen politischer Einflussnahmen von Hochschulräten. (Ergebnisse und Präsentationen unter www.forum-hochschulraete.de). Der Newsletter „update“ informiert Hochschulräte zweimal pro Jahr über aktuelle Diskussionen rund um die Hochschulratsarbeit, Gesetzesänderungen in den Ländern, relevante neue Publikationen und neu berufene Hoch-schulräte. Er kann unter [email protected] abonniert werden.
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Familie in der Hochschule: Das CHE und die Robert Bosch Stiftung engagierten sich gemeinsam weiter für das Programm „Familie in der Hochschule“, um den gesellschaftspolitischen Wandel zu einer familienunterstützenden Hochschule voranzutreiben und die Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen durch familienfreundliche Konzepte zu verbessern. Die Charta „Familie in der Hochschule“ wurde im Januar 2014 erstmals veröffentlicht. Im Juni 2015 fand die Jahrestagung des Clubs statt, auf der interessierte Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen zum zweiten Mal die Möglichkeit hatten, die Charta zu unterzeichnen. 69 Hochschulen und wissenschaftliche Institutionen aus dem gesamten Bundesgebiet und erstmalig auch aus Österreich haben sich mittlerweile durch ihre Unterzeichnung der Charta auf die darin formulierten Grundsätze der Familienorientierung verpflichtet. www.familie-in-der-hochschule.de
Hochschulnamen: Das CHE hat sich in einer von der Universität zu Lübeck beauftragten Stellungnahme zu einer möglichen neuen Namensgebung geäußert und die zur Diskussion stehenden Namensvorschläge anhand von zehn Kriterien bewertet und im Juni 2015 öffentlich vorgestellt. www.che.de/downloads/CHE_Stellungnahme_Namenswechsel_UzL.pdf
Strategiefeld „ Transparente Leistungen und Strukturen des Hochschulsystems“Monitor Lehrerbildung: Das gemeinsame Projekt von Bertelsmann Stiftung, CHE, Deutsche Telekom Stiftung und Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft bereitet neben vergleichenden Daten- und Faktenübersichten zur ersten Phase der Lehrerbildung auch Schwerpunktthemen auf und bringt damit Transparenz in das Feld der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern an deutschen Hochschulen. Im Herbst 2014 wurden die Länder und Hochschulen erneut befragt, um weiterhin aktuelle Daten zur ersten Phase der Lehrerbildung bereitstellen zu können. Im April 2015 wurde die Broschüre „Inklusionsorientierte Lehrerbildung - vom Schlagwort zur Realität?!“ veröffentlicht. Die Publikation zeigt, dass sich Länder und Hochschulen auf unterschiedliche Weise auf den Weg gemacht haben, um angehende Lehrerinnen und Lehrer angemessen auf die Herausforderungen der Heterogenität/Inklusion vorzubereiten. www.monitor-lehrerbildung.de
Studieren ohne Abitur: In dem vom CHE und vom Stifterverband für die Deutsche Wissen-schaft initiierten Online-Studienführer sind mittlerweile über 6.500 Studienangebote für Studieninteressierte ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung registriert. Der Online-Studienführer bietet neben einer detaillierten Übersicht über die rechtlichen Rahmenbedingungen in den Bundesländern auch ein bundesweites Daten-Monitoring zur Entwicklung des Studiums ohne Abitur und Fachhochschulreife in Bund und Ländern sowie weiterführende Kontaktinformationen. Die Daten wurden im April 2015 aktualisiert. Kooperationspartner sind der Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), die Stiftung für Hochschul-zulassung „hochschulstart.de“ sowie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). www.studieren-ohne-abitur.de
Der Numerus Clausus-Check 2015: Die Zulassungsbeschränkungen an Hochschulen auf Basis der Hochschulkompass-Daten für das Wintersemester 2015/16 wurden auf Länderebene, nach Hochschultypen und in ausgewählten Fächergruppen einzeln und in Kombination der Indikatoren betrachtet. Zudem fand ein Vergleich mit dem NC-Check 2014 statt. Einzelne Analysen wurden in Länderberichten dargestellt. In 12 der 16 Bundesländer sind demnach die NC-Beschränkungen im Vergleich zur ersten Erhebung gesunken, im Detail sind die Entwicklungen jedoch sehr heterogen. www.che.de/numerus-clausus-check
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CHE-Studienkredit-Test: Der CHE-Studienkredit-Test entstand 2015 in Zusammenarbeit mit dem Handelsblatt in seiner zehnten Auflage. Er bewertet anhand von 21 Kriterien Vor- und Nachteile von 31 aktuellen Studienkreditangeboten. Datenbasis sind Selbstauskünfte der Anbieter. Mit seinen zahlreichen Detailinformationen bietet er eine transparente Marktübersicht für Studierende und Studieninteressierte. www.CHE-Studienkredit-Test.de
CHE Ranking: Im Mai wurde das Hochschulranking 2015 mit den aktuellen Daten in den Fächern Physik, Mathematik, Informatik, Pharmazie, Geographie, Geowissenschaften, Sport, Pflege, Medizin und Zahnmedizin veröffentlicht. Erstmals wurden bei diesen Fächern in die Übersichtslisten auch nicht-gerankte Daten aufgenommen. Im ZEIT Studienführer wird beispielhaft für beschreibende Indikatoren im Ranking die Zahl der Hauptfachstudierenden ausgewiesen, für Physik wurde das Forschungsprofil abgebildet. Auch im Onlineranking wurde die Möglichkeit umgesetzt, beschreibende Indikatoren in die individuell gestaltbare Übersichtsliste einzubeziehen. www.che-ranking.de
Masterranking: Im Fach Informatik wurden im Rahmen der Erhebungen zum Hochschulranking 2015 auch Masterstudierende befragt. Die Veröffentlichung des Masterrankings erfolgt jeweils zeitversetzt im Winter im Magazin ZEIT Campus und wird dann auch in die Internetdarstellung des CHE Hochschulrankings eingespielt.
Für das Hochschulranking 2016 wird ein umfangreiches Fächerspektrum untersucht. Für die Fächer Anglistik, Germanistik, Romanistik, Erziehungswissenschaften, Psychologie, Architektur, Bauingenieurwesen, Elektrotechnik und Informationstechnik, Angewandte Naturwissenschaften (FH/HAW), Maschinenbau, Mechatronik, Maschinenbau, Materialwissenschaften und Werkstofftechnik, Verfahrenstechnik und Prozessingenieurwesen sowie Biologie und Chemie werden aktuelle Daten erhoben. Voraussichtlicher Termin der Veröffentlichung ist Mai 2016.
U-Multirank: Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der ersten Runde von U-Multirank im Mai 2014 startete im Juni 2014 die Datenerhebung für die zweite Runde von U-Multirank, deren Ergebnisse Ende März 2015 veröffentlicht wurden. Neben einer Aktualisierung der hochschulbezogenen Daten wurden drei neue Fächer einbezogen: Informatik, Psychologie und Medizin. U-Multirank ist multi-dimensional, d.h. es vergleicht die Hochschulen in verschiedenen Leistungsbereichen und erlaubt es den jeweiligen Nutzern, verschiedene Typen von Hochschulen bezüglich der Aspekte zu vergleichen, die sie vorrangig interessieren. Die Profile und Stärken einer international ausgerichteten Forschungsuniversität werden genauso ausgewiesen wie die einer auf Lehre und Regionalität ausgerichteten Hochschule.
Insgesamt haben sich mehr als 750 Hochschulen aktiv an den Datenerhebungen beteiligt. Darüber hinaus wurden öffentlich zugängliche Daten (Publikationen und Patente) zu weiteren rund 450 Forschungsuniversitäten erhoben. Aus Deutschland beteiligen sich 54 Hochschulen aktiv. Die dritte Ausgabe von U-Multirank mit den neuen Fächern Mathematik, Chemie, Biologie, Soziologie, Geschichte und Soziale Arbeit wird im März 2016 veröffentlicht werden. Hochschulen, die an U-Multirank teilnehmen wollen, können sich auf der Webseite registrieren. Das CHE ist gemeinsam mit CHEPS (Center for Higher Education Policy Studies, Niederlande) und CWTS (Centre for Sience and Technology Studies from Leiden University) federführend für das Projekt verantwortlich. www.umultirank.org
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Ranking in Spanien: Ziel ist es, mit Partnern im Ausland nationale Rankings nach CHE-Methode aufzubauen. In Spanien wurde am 8. Juni 2015 die zweite Ausgabe eines nationalen Hochschulrankings nach dem Vorbild des CHE Rankings veröffentlicht. Das CYD Ranking basiert auf den Daten, die für das internationale Hochschulranking U-Multirank und das spanische Ranking gemeinsam erhoben worden sind. www.rankingcyd.org/
Strategiefeld „Adäquate Strukturen und Prozesse“ Qualitätsnetzwerk „Duales Studium“: Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft hat das CHE beauftragt, ein Qualitätsnetzwerk deutscher Hochschulen zum Thema „Duales Studium“ zu leiten. Gemeinsam haben die Mitwirkenden des Qualitätsnetzwerkes Empfehlungen für die quantitative und qualitative Weiterentwicklung des dualen Studiums sowie für zukunftsweisende Kooperationen zwischen Berufsbildungs- und Hochschulwelt erarbeitet. Daraus entsteht ein praxisorientiertes Handbuch zum dualen Studium.
Mitwirkende Hochschulen sind:
• Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
• Fachhochschule Bielefeld
• Fachhochschule Brandenburg
• Staatliche Studienakademien Dresden und Leipzig der Berufsakademie Sachsen
• FOM Hochschule, Essen
• Westfälische Hochschule Gelsenkirchen
• Technische Hochschule Mittelhessen
• Universität Kassel
• Duale Hochschule Baden-Württemberg, Mannheim
• Hochschule München
Start des Qualitätsnetzwerkes war im Herbst 2013. Die Ergebnisse der Arbeit des Quali-tätsnetzwerkes werden gegenwärtig unter Hinzunahme eigener Arbeiten vom CHE in ein praxisorientiertes Handbuch zur Qualitätsentwicklung im dualen Studium überführt, welches am 29. September 2015 im Rahmen einer der Abschlusstagung des Projekts vorgestellt wird. www.che.de/TagungDualesStudium
Berufsbegleitende und duale Studiengänge: Gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung unter- sucht das CHE seit Anfang Juni 2014 Trends im Bereich von Studiengängen an der Schnittstelle von Beruf und Studium. Es werden besonders erfolgreiche und zukunftsträchtige Studiengänge identifiziert und analysiert, um Zukunftsperspektiven für diesen Bereich aufzuzeigen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Bedürfnissen von berufsbegleitend und dual Studierenden. Diese werden über eine Online-Befragung von Stipendiat(inn)en der Hans-Böckler-Stiftung sowie über Gruppeninterviews ermittelt. Das Forschungsprojekt wird so
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auch empirisch fundiertes Wissen über die Möglichkeiten der Ausgestaltung der ideellen und finanziellen Förderung berufsbegleitend und dual Studierender generieren. Die Ergebnisse sollen im Frühjahr 2016 vorliegen.
Karrierewege von Juniorprofessor(inn)en: Ein Forschungsprojekt zur Entwicklung der Juniorprofessur im deutschen Wissenschaftssystem zielte auf einen Vergleich der Karrierewege unterschiedlicher Berufsgruppen ab und bezieht Professor(inn)en, Juniorprofessor(inn)en und Nachwuchswissenschaftler(innen) in Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen ein. Das Vorhaben wurde umgesetzt von den drei Kooperationspartnern Institut für Hochschulforschung der Universität Halle-Wittenberg (HoF), Deutsche Gesellschaft für Juniorprofessur (DGJ) und CHE, mit finanzieller Förderung von der Hans-Böckler-Stiftung. Zentrale Ergebnisse eines Vergleichs neuer und traditioneller Karrierewege in der Wissenschaft wurden im September 2014 in der Reihe „Im Blickpunkt“ unter dem Titel „Was wird aus Juniorprofessor(inne)n?“ veröffentlicht. www.che.de/downloads/Blickpunkt_Karriereentwicklung_Juniorprofessur_2014.pdf
Evaluation des Förderprogramms „Stiftungsjuniorprofessuren mit Tenure Track“: Das CHE evaluiert das Förderprogramm „Stiftungsjuniorprofessuren mit Tenure Track“, welches der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft gemeinsam mit der Claussen-Simon-Stiftung im Jahr 2005 gestartet hat. Hauptzielrichtung der Evaluation soll nicht die Beurteilung der Fördermaßnahmen im Einzelfall sein, es soll vielmehr die systematische Bedeutung des Themas im deutschen Hochschulwesen in den Blick genommen werden. Die Evaluationsergebnisse sollen auch Hinweise für die im deutschen Wissenschaftssystem geführte Debatte um die regelhafte Ausstattung von Juniorprofessuren mit Tenure Track geben. Der Evaluationsbericht wurde im Herbst 2014 übergeben.
Mittelverteilung in Brandenburg: Eine Expertengruppe unter Beteiligung des CHE legte in Brandenburg die Basis für ein neues Mittelvergabemodell. Die gesamte Finanzierung der Hochschulen in Brandenburg basiert zukünftig auf drei Säulen: 40 Prozent Grundfinanzierung, 30 Prozent der Mittel richten sich nach der Studiennachfrage an den jeweiligen Hochschulen aus und mit 30 Prozent werden besondere Leistungen der Hochschulen honoriert.
Hochschulfinanzierung in Lettland: Ein internationales Expertengremium der Weltbank mit CHE-Geschäftsführer Prof. Dr. Frank Ziegele als Senior Advisor hat nach einer vorhergehenden Stärken-Schwächen-Analyse des bisherigen Finanzierungssystems für Lettland ein Drei-Säulen-Modell aus Grundfinanzierung, leistungsbezogener Finanzierung und Zielvereinbarungen zur Finanzierung von Zukunftsprojekten vorgeschlagen. Das lettische Kabinett hat den Vorschlag, der von allen Stakeholdern unterstützt wurde, im Juni 2015 gebilligt.
Strategiefeld „Vielfältige Hochschulprofile
Forschungsprojekt FIFTH: Im Oktober 2013 startete das Projekt FIFTH: „Facetten von und Indikatoren für Forschung und Third Mission an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (FIFTH)“. Das Projekt wird aus der BMBF-Förderlinie „Leistungsbewertung in der Wissenschaft“ für drei Jahre gefördert. Ziel ist die Entwicklung eines Katalogs von Indikatoren, mit denen die Leistung der deutschen Fachhochschulen (FH)/Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) im Bereich der Forschung sowie der forschungsbezogenen Aspekte von Third Mission
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operationalisiert und gemessen werden kann. Ein Expert(inn)enkreis begleitet das gesamte Projekt. Vier Ergebnispapiere sind bisher aus dem Projekt heraus veröffentlicht:
1. Third Mission at UAS: Teaching, Research and more?! Achievements of Universities of applied sciences with regard to society. Results of a qualitative survey (April 2015)
2. Third Mission an Fachhochschulen - „Welche Missionen haben Hochschulen? Third Mission als Leistung der Fachhochschulen für die und mit der Gesellschaft.“ Ergebnisse einer qualitativen Befragung (Februar 2015)
3. Forschung an Fachhochschulen aus der Innen- und Außenperspektive: Rolle der Forschung, Art und Umfang. Ergebnisse einer qualitativen Befragung (Januar 2015)
4. Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen - Über die Lage und Zukunft von Fachhochschulen im Hochschulsystem aus Sicht von Fachhochschulleitungen. Ergebnisse einer qualitativen Befragung. (Dezember 2014)
http://fifth-projekt.de/fifth-veroeffentlichungen.html
Anfang 2015 wurden Hochschulleitungen sowie Professor(inn)en an FH/HAW um eine Einschätzung zu bestimmten Facetten von Forschung und Third Mission gebeten sowie dazu befragt, wie aktiv sie in den Bereichen bereits sind und welche Hemmnisse und Fördermaßnahmen von und für Forschung und Third Mission bestehen. www.fifth-projekt.de
Digitalisierung der Lehre: Digitalisierung der Lehre: Im aktuellen Kalenderjahr wurde die Arbeit im Projekt „Hochschulforum Digitalisierung“ (HFD) fortgeführt. Zusammen mit dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und der Hochschulrektorenkonferenz führt das Kooperationsprojekt HFD die Experten-Community - die Vertreter von Hochschulen, führenden Unternehmen und der Politik - zusammen, um sich systematisch mit den Chancen und Herausforderungen der digitalen Hochschullehre auseinanderzusetzen. Das Hochschulforum Digitalisierung bündelt und moderiert als nationale, unabhängige Plattform den Dialog über die Digitalisierungspotentiale der deutschen Hochschulen. In sechs Themengruppen beschäftigen sich die Expert(inn)en mit den verschiedenen Facetten der Digitalisierung und den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Hochschullehre:
1. Neue Geschäftsmodelle, Technologien & Lebenslanges Lernen,
2. Internationalisierung & Marketingstrategien,
3. Change Management & Organisationsentwicklung,
4. Innovationen in Lern- und Prüfungsszenarien,
5. Curriculum Design & Qualitätssicherung,
6. Governance & Policies
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Die Themengebiete „Innovationen in Lern- und Prüfungsszenarien“ und „Change Management und Organisationsentwicklung“ werden koordiniert durch das CHE. Das Hochschulforum arbeitet handlungsorientiert: Ergebnisse werden konkrete und für die Praxis verwertbare „Produkte“ wie Empfehlungen (z.B. strategische Handlungsoptionen für Hochschulen), Praxisbeispiele und Lösungsansätze sein. In der Themengruppe „Innovationen in Lern- und Prüfungsszenarien“ wurden 169 nationale und internationale Praxisbeispiele von digitalen Prüfungsszenarien untersucht und im März 2015 unter dem Titel „Digitales Prüfen und Bewerten” veröffentlicht. Für Hochschulen, die zukünftig digitale Prüfungsformate einsetzen möchten, wurden aus den Ergebnissen konkrete Handlungsoptionen abgeleitet und unter dem Titel „E-Assessment als Herausforderung“ veröffentlicht. Im Rahmen des Themenfeldes „Change Management und Organisationsentwicklung“ wurden mit 15 Vertreter(inne)n ausgewählter Hochschulen im deutschsprachigen Raum leitfadengestützte Interviews durchgeführt, um Fallbeispiele zu internen Veränderungsprozessen bei der Integration digitaler Lern- und Lehrformate zu sammeln und fallübergreifend zu analysieren. Mitglieder der Themengruppe haben einen Workshop auf der Hochschulwege-Konferenz in Weimar veranstaltet und werden die bisherigen Ergebnisse der Arbeiten (Fallbeispiel-Analysen sowie ein durch diese informiertes Change Modell) im September 2015 veröffentlichen.http://hochschulforumdigitalisierung.de
Strategiefeld „Handlungsfähige Akteure“ – Personalentwicklung im Hochschul- und Wissenschaftsmanagement
Hochschulkurs – Fortbildung für das Wissenschaftsmanagement: Das Fortbildungs-programm gibt es mittlerweile in verschiedenen Formaten von eintägigen Inhouse-Workshops bis hin zu geschlossenen Jahresprogrammen. Informationen zu den Veranstaltungen unter www.hochschulkurs.de
Workshops: Die Workshops im Hochschulkurs sind zweitägig und haben mindestens 15, höchstens 27 Teilnehmer(innen). Es fanden folgende Workshops im SoSe 2014 und WiSe 2014/2015 statt: „Jahresprogramm Fakultätsmanagement“, „Konflikte in der Fakultät und Hochschule – schwierige Gespräche und Umgang mit Widerstand“, „Die Rolle des Dekans: Führungskraft oder Primus inter Pares?“, „In der Vielfalt liegt die Kraft: heterogene Teams effektiv und mit Freude führen“, „Strategieentwicklung für Hochschulen und Fakultäten“ „Projektmanagement an Hochschulen“, „Modernes Fakultätsmanagement“
Jahresprogramme: Das CHE hat basierend auf der Methode des „Peer Learning“ das Fort- bildungsformat „Jahresprogramm“ etabliert. In den Jahresprogrammen bilden die Teilnehmer(innen) über ein Jahr eine feste Lerngruppe zu einem spezifischen Thema, die themenfokussiert Inputs erhält, sich gegenseitig berät und auch an Projekten arbeitet. Die Größe der Lerngruppen ist mit maximal 15 Personen klein gehalten, um einen intensiven Austausch zu ermöglichen. Jahresprogramme werden erneut zu den Themen „Aufbau und Implementierung von QM-Systemen in Hochschulen“ (Start Januar 2015), und „Fakultätsmanagement“ (Start April 2015) angeboten. Die Jahresprogramme umfassen vier zweitägige Module.
Führung als Chance: Seit 2013 wird eine Führungsfortbildung für Vizepräsident(inn)en und Prorektor(inn)en angeboten. Sie wurde vom CHE konzipiert und wird mit der HRK als Projekt-partner durchgeführt. „Führung als Chance“ thematisiert in drei Workshops Führungsrollen, Personalführung und interne Kommunikation sowie Führung im externen Spannungsfeld
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von Politik, Wirtschaft und Medien. Dieser Teil enthält auch ein Medientraining. Das zweite Jahresprogramm „Führung als Chance - systematischer Erfahrungsaustausch und Kompetenzerweiterung“ endete im Mai 2015. Ein dritter Jahrgang, für den eine erneute Förderung durch den Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft vereinbart wurde, wird im Januar 2016 beginnen und im September 2016 abgeschlossen sein.
CHE-Forum: Gute Berufungen von Professor(inn)en sind Voraussetzung für gute Lehre und gute Forschung an Hochschulen. Das CHE hatte dieses Thema bereits für Universitäten mit einem Workshop zu Berufungsverfahren in 2014 bearbeitet. Nun wurde es im April 2015 in Kassel mit dem CHE-Forum „Berufungen an Fachhochschulen: Herausforderungen, Strategien und Verfahren“ mit Blick auf die Fachhochschulen wieder aufgegriffen. „Werkstattberichte“ über Berufungsstrategien und gute Verfahren standen im Vordergrund, denn die FHs stehen mit Wirtschaft und öffentlichen Institutionen im Wettbewerb um die besten Köpfe.
International Deans´ Course (IDC): Der IDC wird seit 2007 vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), dem CHE, der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und der Hochschule Osnabrück in Kooperation mit der Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) durchgeführt. Die Teilnehmer(innen) durchlaufen zuvor ein Bewerbungs- und Auswahlverfahren. Der IDC besteht aus drei Teilen: 10 Tage Fortbildung in Deutschland im Juni/Juli mit 30 deans oder heads of department von afrikanischen oder südostasiatischen Hochschulen, einer Tagung in Heimatländern der Teilnehmer(innen) im Herbst, und eine dritte, 5-tägige Veranstaltung im Februar/März in einem Herkunftsland der Teilnehmer(innen).
Im November 2014 fand der zweite Teil des Asien-IDC an der Universiti Kebangsaan Malaysia (UKM) in Malaysia statt: Die Teilnehmer(innen) stellten erste Ergebnisse ihrer Projektaktionspläne vor und ein Tag widmete sich dem Thema change management. Im Februar 2015 wurde an der Gadjah Mada-Universität in Yogyakarta (Indonesien) der dritte und letzte Teil des DAAD Programms „International Deans’ Course“ (IDC) Asien erfolgreich abgeschlossen. Die 33 teilnehmenden Dekaninnen und Dekane sowie Heads of Department kamen aus Hochschulen in Indonesien, Malaysia, Myanmar, Vietnam, Thailand, Timor-Leste, Laos und den Philippinen.
Der neue IDC Africa ist mit 30 Teilnehmer(innen) aus Äthiopien, Ghana, Kamerun, Kenia, Malawi, Nigeria, Uganda und dem Sudan gestartet. Vom 22. Juni – 3. Juli 2015 fand Teil I des Programms an der Hochschule Osnabrück und in Berlin statt. Das CHE war dabei mitverantwortlich für die Themen-Tage strategic faculty management, financial management, project management, conflict management und leadership.
CHE Consult GmbH CHE Consult berät Hochschulen und Fakultäten in strategierelevanten Bereichen, die nicht unter der Maßgabe der Gemeinnützigkeit stehen.
Im Auftrag des Stifterverbandes begleitet CHE Consult den Qualitätszirkel Studienerfolg, bei dem sechs Hochschulen im Rahmen eines Wettbewerbs ausgezeichnet wurden und ihre Projekte und Erfahrungen zur Verbesserung des Studienerfolgs in einen intensiven Austausch einbringen. Im Rahmen dieses Qualitätszirkels ist ein Handbuch zum Thema Studienerfolg erstellt worden, das im Sommer 2015 erscheinen wird.
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Im Auftrag der Stiftung Mercator erstellt CHE Consult einen erneuten Bericht zu Erfolgsbe-dingungen wissenschaftlicher Metropolregionen. Die Studie, in der die Regionen Berlin und München, Hannover/Braunschweig/Clausthal sowie Rhein/Main als Vergleichsfolien für das Ruhrgebiet herangezogen werden, soll im Herbst 2015 erscheinen. Es werden Empfehlungen vorgestellt, die aus einer Analyse von Inputdaten, von Leistungsdaten der Wissenschaft und von sozioökonomischen Daten sowie von Erkenntnissen aus Interviews mit Expert(inn)en erarbeitet worden sind.
Mit dem Berlin International College (BIC) gründete CHE Consult ein Tochterunternehmen, das internationale Studierende auf ein Studium in Deutschland vorbereitet. BIC ist Partner deutscher Hochschulen, die sich für ausgewählte Studiengänge internationalen akademischen Nachwuchs sichern und diesen auf ein Studium in Deutschland vorbereiten wollen. Das BIC ist derzeit auf die MINT-Fächer sowie Betriebswirtschaft konzentriert. Die Studieninteressenten werden sprachlich bis zum geforderten Niveau geschult und bei Bedarf zur Feststellungsprüfung geführt (in Kooperation mit dem Studienkolleg der TU Berlin). Zusätzlich werden sie auf die Mathematik des ersten Semesters und die Anforderungen des Studiums in Deutschland vorbereitet. BIC bietet seit 2015 auch Sprachkurse zur Vorbereitung auf TestDaF und FSP an.
Internationale Projekte: Das Befragungsinstrument memo© zur Messung von Effekten der Internationalisierung ist international positioniert und wird von den Hochschulen genutzt. Eine Großstudie für die Europäische Kommission zu Effekten von ERASMUS wurde abgeschlossen. Diese sehr breit angelegte Evaluation mit mehr als 78.000 Teilnehmern basiert auf umfangreichen Online-Befragungen verschiedener Zielgruppen: Den europäischen Hochschulen, den Studierenden, dem Hochschulpersonal, Alumni der Hochschulen sowie Unternehmen als Arbeitgeber von Hochschulabsolventen mit Auslandserfahrung. Aktuell wird eine Folgeuntersuchung zu regionalen Mustern für die Europäische Kommission durchgeführt. Zudem wird an der UFV Madrid ein Monitoring-System (CHECIM) zur Messung von Internationalisierung etabliert und in einem fünfjährigen Projekt betreut. Dazu wird an dieser Hochschule erstmalig für alle Studierenden ein Employability Scan mittels memo© durchgeführt.
Das Studierendensurvey-Instrument CHE-Quest wird für Studierendenbefragungen an Univer- sitäten genutzt. Finnland wendete den Ansatz in einer landesweiten Befragung der Master-studierenden an. Die Informationen sollen helfen, das Studienangebot und die Studien-qualität zu verbessern.
Internationalisierung im Bildungssystem: Mit Unterstützung des BMBF führt CHE Consult bis 2016 eine Studie zur Internationalisierung im Bereich des nicht-wissenschaftlichen Personals durch (InHoPe-Studie). Der Beitrag des nicht-wissenschaftlichen Personals zur Internationalisierung ihrer Hochschule ist weitgehend unerforscht. Elemente der Studie sind Online-Befragungen in den Jahren 2014, 2015 und 2016. Ein interaktives Forum bietet die Möglichkeit für den Austausch und die Diskussion.
Juli 2015 Dr. Jörg Dräger Prof. Dr. Frank Ziegele Geschäftsführer CHE Gemeinnütziges Centrum für Hochschulentwicklung
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Programme und Entwicklungen des DAAD 2013/2014
1. Entwicklungen des DAAD-Budgets Das Gesamtbudget des DAAD ist im Jahr 2014 gegenüber dem Vorjahr um 10,8 Mio. Euro gestiegen und betrug 440,6 Mio. Euro. Die wichtigsten Geldgeber sind das Auswärtige Amt (AA), das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie die Europäische Union.
2. Entwicklung der Gefördertenzahlen des DAAD Die Gesamtübersicht der Geförderten des Jahres 2014 (siehe Anlage 1) weist rund 121.000 vom DAAD unterstützte Studierende, Graduierte und WissenschaftlerInnen auf. Davon kamen ca. 48.000 aus dem Ausland und rund 73.000 aus Deutschland.
Die Geförderten verteilen sich auf drei zentrale Förderbereiche: Im Rahmen der Individual-förderung unterstützte der DAAD 2014 ca. 30.000 Einzelpersonen, die sich in wettbewerblichen Verfahren erfolgreich behaupteten. Dieser Förderbereich verbindet sich mit dem strategischen Ziel, Stipendien für die Besten zu vergeben.Im Rahmen seiner Projektförderung unter-stützt der DAAD die deutschen Hochschulen und ihre ausländischen Partner in ihren Inter-nationalisierungsaktivitäten. Dieser Förderbereich ist somit instrumentell für das strategische Ziel der Schaffung weltoffener Strukturen an deutschen Hochschulen. In diesem Förderbereich konnten 2014 knapp 52.000 Personen unterstützt werden.
Schließlich umfasst die Gesamtzahl von 121.000 Geförderten auch die im Rahmen der Funktion des DAAD als Nationale Agentur für Erasmus geförderten deutschen Studierenden, Graduierten und WissenschaftlerInnen in EU-Mobilitätsprogrammen. Mehr als 40.000 Personen profitierten 2014 von Mobilitätszuschüssen für Auslandsaufenthalte im Rahmen dieser Förderung. Als Entsendeland für Erasmus-Geförderte lag Deutschland 2014 damit auf Rang 2 hinter Spanien und vor Frankreich.
Bei der regionalen Verteilung der deutschen DAAD-Geförderten (ohne EU-Mobilitätsprogram-me) nach Zielregion liegen die Region Nord-, Süd- und Westeuropa mit rund 6.700 Geförderten (21 Prozent) und die Region Asien-Pazifik mit über 6.700 Geförderten (21 Prozent) wie auch 2013 vor den Regionen Mittel- und Osteuropa, GUS (ca. 5.700 Geförderte; 18 Prozent) und Nord-amerika (ca. 5.700 Geförderte; 18 Prozent). Die Geförderten aus dem Ausland kommen zu einem knappen Drittel aus der Region Mittel- und Osteuropa sowie den GUS-Staaten (ca. 15.000 Geförderte; 31 Prozent). Ein weiteres Drittel der ausländischen Geförderten kommt aus den Herkunftsregionen Asien-Pazifik (ca. 8.100 Geförderte; 17 Prozent) und Lateinamerika (ca. 8.400 Geförderte; 17 Prozent).
Bei der Fächerverteilung liegen die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften vorne (33 Prozent). Es folgen Sprach- und Kulturwissenschaften (21 Prozent) vor den Ingenieur- wissenschaften (17 Prozent). Der Anteil der Mathematik und Naturwissenschaften an allen Geförderten lag 2014 bei 15 Prozent.
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Der Anteil der Frauen unter den DAAD-Geförderten blieb 2014 konstant im Vergleich zum Vorjahr bei 52 Prozent. Dabei bestehen allerdings substantielle Unterschiede in den einzelnen Zielgruppen: So lag der Frauenanteil bei den grundständig Studierenden bei 55 Prozent. Der Frauenanteil der geförderten Graduierten (inkl. Doktoranden) lag bei 48 Prozent. Bei der Kategorie „WissenschaftlerInnen und HochschullehrerInnen“ (inkl. Postdoktoranden) lag der Anteil bei 38 Prozent. Die DAAD-Gefördertenzahlen reflektieren somit das allgemeine Phänomen abnehmender Frauenanteile in höheren akademischen Hierarchiestufen im Hochschulbereich.
3. Förderung der Mitgliedshochschulen im Vergleich Seit dem Jahr 2000 erstellt der DAAD für seine Mitgliedshochschulen hochschulbezogene Auswertungen, sogenannte „Förderbilanzen“, die auch im Internet abrufbar sind (https://www.daad.de/der-daad/zahlen-und-fakten/de/29285-daad-foerderranking/). Sie enthalten Informationen zu Förderbeträgen des DAAD für die einzelnen Hochschulen und zwar in absoluten (Gesamtförderung) und relativen (bezogen auf die Anzahl der Studierenden im 5. und 6. Hochschulsemester) Zahlen.
Beim Ranking der Gesamtförderbeträge der DAAD-Mitgliedshochschulen für das Jahr 2014 (siehe Anlage 2) liegt die Freie Universität Berlin an erster Stelle mit einem Gesamtförderbetrag von rund 9 Mio. Euro. Auf Platz 2 liegt die Technische Universität München mit einer Fördersumme von rund 7,3 Mio. Euro. An dritter Stelle folgt die Humboldt-Universität zu Berlin mit rund 6,7 Mio. Euro Gesamtförderung.
Bei den an den Studierenden im 5./6. Hochschulsemester relativierten Förderbeträgen (siehe Anlage 3), liegt die Bauhaus-Universität Weimar mit 3.570 Euro Ausgaben pro Studierendem auf dem ersten Platz. Es folgen die TU Bergakademie Freiberg (3.197 Euro/Studierendem) und die Kunsthochschule für Medien Köln (3.064 Euro/Studierendem).
4. Neue Entwicklungen im Programmbereich
4.1. Überblick über die wichtigsten neuen Programme und Entwicklungen (Auswahl)
Im Zeitraum 2014/2015 konnten zahlreiche neue Programme ausgeschrieben werden. Eine Auswahl:
Führungskräfte für Syrien / Leadership for Syria (LfS)Das AA-finanzierte Sonderstipendienprogramm “Führungskräfte für Syrien/Leadership for Syria” (LfS) dient der akademischen Aus- und Fortbildung von syrischen Nachwuchswissenschaftlern in Deutschland. In Zeiten des Bürgerkriegs im Heimatland und vor dem Hintergrund von Flucht und Vertreibung soll damit ein nachhaltiger Beitrag zum Aufbau einer Elite von zukünftigen Führungskräften geleistet werden, die eine zentrale Rolle beim Wiederaufbau des Landes spielen soll. LfS bietet Stipendien zum Studium in Deutschland für qualifizierte Bewerber aller Fachrichtungen, die in Deutschland einen Bachelor, ein Master- oder ein Promotionsstudium absolvieren möchten (mit Ausnahme von Human-, Zahn- und Tiermedizin sowie Jura, Kunst, Architektur und Musik). Für alle LfS-Stipendiaten wird zusätzlich ein obligatorisches Begleitstudium in den Bereichen „Gute Regierungsführung, Zivilgesellschaft und nachhaltiges Projektmanagement“ angeboten, das studienbegleitend im „blended-learning“ Verfahren zu absolvieren ist.
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Aufstockung des Programms Führungskräfte für Syrien (LfS) durch das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-WestfalenDas Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen beteiligt sich am LfS-Programm und stellt zusätzliche Stipendien zur Verfügung für Studierende, die an nordrhein-westfälischen Hochschulen ein Masterstudium absolvieren sollen. Die Kandidaten unterlagen denselben Bewerbungs- und Auswahlbedingungen, wie solche im regulären LfS-Programm. Auch nehmen sie ebenso wie die regulären LfS-Stipendiaten an allen programmbegleitenden Maßnahmen des LfS-Programms teil.
Baden-Württemberg-Programm zur Studienförderung von Flüchtlingen aus SyrienMit dem Ziel, das Potenzial studienbefähigter Flüchtlinge aus Syrien auszuschöpfen und ihnen eine neue Perspektive zu geben, stellt das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK) Mittel zur Verfügung, um Flüchtlingen aus Syrien, die aktuell ihren Wohnsitz in Baden-Württemberg haben, die Aufnahme oder Fortsetzung eines Studiums an einer Landeshochschule zu ermöglichen. Die Förderung soll es den Stipendiaten ermöglichen, ihre Zukunft in Baden Württemberg aktiv zu gestalten. Das Programm wird im Auftrag des MWK vom DAAD administriert. Im Rahmen dieses Programms werden Stipendien für ein Bachelor- oder Masterstudium aller Fächer an einer Landeshochschule angeboten. An einem Studium der Human-, Zahn- und Tiermedizin sowie Kunst, Musik und Jura Interessierte können sich bewerben, sofern sie bereits zum Studium im entsprechenden Fach an einer Landeshochschule zugelassen sind oder sich bereits im Studium an einer Landeshochschule befinden. Stipendiaten, die noch keine ausreichenden Deutschkenntnisse vorweisen können, werden mit einem bis zu 15-monatigen Deutschkurs gefördert. Stipendiaten, die ein Bachelor-Studium planen, jedoch nicht über eine direkte Hochschulzugangsberechtigung verfügen, wird der Besuch eines Studienkollegs ermöglicht. Zusätzlich zum Fachstudium können die Stipendiatinnen und Stipendiaten studienbegleitend ein optionales Begleitstudium zu sozial- und politikwissenschaftlichen Themen im ‚blended learning‘ Verfahren absolvieren.
“New Perspectives for Young Syrians and Jordanians” - Master’s Scholarships for
Jordanians and Syrians in JordanDas Programmziel besteht darin, jungen syrischen Flüchtlingen und Jordaniern neue Zukunftsperspektiven zu eröffnen, indem sie ihre Fachkompetenz über ein Masterstudium erhöhen. Dazu werden Studienstipendien an ausgewählte Graduierte für Masterstudien in Jordanien vergeben. Das Studium kann an einer der folgenden Universitäten aufgenommen werden: German Jordanian University (GJU), University of Jordan (UJ), Jordan University for Science and Technology (JUST) und Yarmouk University. Bewerbungsberechtigt sind syrische Flüchtlinge, die in Jordanien als Flüchtlinge registriert sind, sowie Jordanier mit Wohnsitz in Jordanien. Um syrischen Stipendiaten den Übergang in das jordanische Hochschulsystem zu erleichtern, ist dem Studienbeginn ein drei-monatiges, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Propädeutikum an der German Jordanian University (GJU) vorgeschaltet.
DAAD-Drittland Stipendienprogramm für Graduierte aus Bangladesch und Nepal für ein Studium am IIT Bombay in IndienMit dem BMZ-finanzierten Drittlandstipendienprogramm unterstützt der DAAD seit den 60erJahren die Ausbildung von Hochschullehrernachwuchs und Fachkräften in besonders entwicklungsrelevanten Disziplinen vor Ort. Der Ausbau des Programms nach Südasien verfolgt
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das Ziel, herausragenden Graduierten aus Bangladesch und Nepal eine Ausbildung an einer der führenden Hochschulen Südasiens, dem Indian Institute of Technolgy (IIT) Bombay, zu ermöglichen.
Förderung der Internationalisierung exzellenter Fernstudienangebote deutscher HochschulenDas aus Mitteln des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft finanzierte Sonderprogramm des DAAD soll deutsche Hochschulen mit bestehenden Fernstudienangeboten darin unterstützen, sich mit ihren Fernstudienangeboten verstärkt auf dem internationalen Bildungs- und Weiterbildungsmarkt zu positionieren. Ziel des Programms ist es, die internationale Sichtbarkeit des Fernstudienangebots deutscher Hochschulen zu stärken, Akzente in der Betreuung und Unterstützung exzellenter internationaler Studierender in Fernstudienangeboten zu setzen und internationale Fernstudiengänge als Segment transnationaler Bildungsangebote aus Deutschland zu fördern.
Erasmus+ internationale Mobilität2015 wird das Programm Erasmus+ im Hochschulbereich um die neue Förderlinie „internationale Mobilität“ (Mobilität mit Partnerländern) ergänzt. Mit der neuen Förderlinie wird zukünftig die Mobilität aus dem außereuropäischen Ausland nach Europa und in die Gegenrichtung unterstützt. Damit wird das Erasmus-Programm, in dem bisher die Mobilität innerhalb Europas (Mobilität mit Programmländern) gefördert wurde, sinnvoll erweitert. Die neue Programmlinie speist sich aus verschiedenen Teilbudgets der EU (Entwicklungs-zusammenarbeit, Nachbarschaft, Heranführungshilfe, Partnerschaft) und wird von den teilnehmenden Hochschulen und Mobilitätskonsortien abgewickelt.
STIBET II – Modellprojekte zur Verbesserung der WillkommenskulturMit der neuen, aus Mitteln der Auswärtigen Amts finanzierten Programmkomponente STIBET II sollen Modellprojekte zur Verbesserung der Willkommenskultur gefördert werden. Ziel des Programms ist es Projekte zu initiieren, die geeignet sind den Studienerfolg ausländischer Studierender zu erhöhen, die Studieneingangsphase zu erleichtern, die soziale Integration zu verbessern, die fachliche Studienbetreuung auszubauen, die interkulturelle Kompetenz von Studierenden und Hochschulpersonal zu stärken und die Integration von ausländischen Absolventen in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Dabei sollen in erster Linie Ansätze entwickelt werden, die modellhaften Charakter besitzen und auch auf andere Hochschulen übertragbar sind.
PPP: Australien Universities Australia – DAAD Joint Research Cooperation SchemeDas aus dem Haushalt des BMBF sowie durch die Universities Australia finanzierte Programm „Universities Australia-DAAD Joint Research Cooperation Scheme“ ist ein bilaterales Forschungsförderungsprogramm, das 2014 zwischen dem DAAD und dem Universities Australia vereinbart wurde. Ziel des Programms ist die Intensivierung der Kooperation zwischen australischen und deutschen Forschergruppen, die gemeinsam an einem spezifischen wissenschaftlichen Vorhaben arbeiten.
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4.2 Test für ausländische Studierende (TestAS)
Der Studierfähigkeitstest für Ausländer aus Nicht-EU-Staaten TestAS (www.testas.de) wird weiterhin weltweit angeboten. Für die Abnahme des Tests, der neben einem allgemeinen Kernbereich der Studierfähigkeit auch wahlweise vier Schwerpunktgebiete prüft, gibt es derzeit drei Termine pro Jahr. Die Administration liegt beim TestDaF-Institut mit Sitz in Bochum.
Den Hochschulen steht mit dem Studierfähigkeitstest ein Instrument zur Verfügung, um in einem internationalen Bewerberkreis mit heterogenen Bildungsvoraussetzungen nach Qualität und Profilwünschen auszuwählen. Die prognostische Aussagekraft und Qualität des TestAS konnte 2015 in einer Validitätsstudie zum TestAS nachgewiesen werden. Die Studie zeigt, dass sich der Erfolg im Studium gut durch den TestAS vorhersagen lässt und dass die studienfeldspezifischen Module des TestAS gute Prognosen für den akademischen Erfolg im entsprechenden Studienfeld erlauben. Auch der kürzlich veröffentlichte Hochschulbildungsreport 2020, den der Stifterverband für die Wissenschaft gemeinsam mit McKinsey herausgibt, unterstreicht die Bedeutung des Einsatzes standardisierter Tests wie TestAS zum Zwecke einer Auswahl ausländischer Studierender nach Leistungskriterien.
Eine weitere Nutzungsmöglichkeit des Tests besteht im Zusammenhang mit dem erweiterten Hochschulzugang für ausländische Bewerber in Nordrhein-Westfalen, die im Heimatland eine Hochschulzugangsberechtigung haben, nach den Bewertungsvorschlägen der KMK jedoch in Deutschland nicht unmittelbar zugangsberechtigt sind. Der § 49 des nordrhein-westfälischen Hochschulgesetzes wurde Anfang 2012 entsprechend ergänzt und erlaubt nun, dass Hochschulen für diese Bewerber Zugangsprüfungen einführen. Die an einem Pilotprojekt teilnehmenden Hochschulen haben sich alle für den TestAS als Zugangsprüfung entschieden und setzen diesen bereits ein. Ziel ist es, besonders qualifizierte Studienbewerber zu identifizieren und für ein Studium in NRW zu gewinnen.
Auch in Brandenburg wurde 2014 der Hochschulzugang in vergleichbarer Weise geändert. Derzeit wird eine entsprechende Rechtsverordnung erarbeitet, auf deren Grundlage die Hochschulen zukünftig Studierfähigkeitstests, und damit auch TestAS, bei der Auswahl ausländischer Studienbewerber einsetzen können.
4.3 uni-assist
Die Arbeits- und Servicestelle für ausländische Studienbewerber uni-assist, die 2013 ihr 10-jähriges Bestehen feiern konnte, verzeichnet inzwischen 167 Mitgliedshochschulen. Die Zahl der Bewerbungen steigt weiterhin deutlich an: Für das WS 2014/15 und das SoSe 2015 bearbeitete uni-assist Bewerbungen von insgesamt 65.494 Personen mit 137.212 Hauptanträgen (Steigerung von 19% gegenüber dem Vorjahr). Die Prüfung von Masterbewerbungen entspricht derzeit einem Anteil von 56,7% am Gesamtgeschäft.
Da uni-assist zu erheblichen Verwaltungsentlastungen für die Hochschulen und zu größerer Kundenfreundlichkeit für die Bewerber (insbesondere bei Mehrfachbewerbungen) beiträgt, sollten die bisher nicht teilnehmenden Hochschulen ihre Beteiligung nochmals prüfen. Uni-assist bietet darüber hinaus weitere Leistungen an, die für Mitgliedshochschulen interessant sind, (z.B. statistische Auswertungen, etwa zu den Hauptherkunftsländern der Bewerber, zu Entwicklungen der Bewerberzahlen etc.).
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4.4 Internationales Hochschul- und Forschungsmarketing / GATE-Germany
Das internationale Hochschul- und Forschungsmarketing für den Studien- und Forschungs-standort Deutschland wird im DAAD in folgenden drei Linien durchgeführt:
a) Kampagne „Study in Germany – Land of Ideas“
b) Kampagne „Research in Germany – Land of Ideas“
c) GATE-Germany, das Konsor tium für internationales Hochschulmarketing
a) Kampagne „Study in Germany – Land of Ideas“Im Rahmen einer internationalen Imagekampagne wird seit 2001 ein umfassendes, strategisch ausgelegtes Systemmarketing für den Studienstandort Deutschland durchgeführt. Sie wird multimedial durch die Website www.study-in.de begleitet. Die Website informiert ausländische Studierende über das Studieren und Leben in Deutschland. Zu den Angeboten der Website zählen unter anderem eine Studiengangsuche sowie Städte-Informationen zu den Hochschulstädten mit den meisten ausländischen Studierenden. Die Seite verzeichnete im Jahr 2014 mehr als 1,5 Millionen Besucher.
Die Imagekampagne strahlt grundsätzlich weltweit aus. Neben internationaler Bewerbung über Anzeigenschaltungen erfolgen einzelne Maßnahmen in jährlich neu festgelegten engeren Zielregionen und Ländern. Mittels Anzeigen, Flyern, Plakaten, Internet-Bannerwerbung, Filmen, einer Testimonial-Kampagne usw. wird in den Ländern geworben, in denen Informations-veranstaltungen verschiedenster Art stattfinden.
Zeitpunkt und Ort dieser Maßnahmen bestimmen sich z.B. durch feststehende und in der Zielregion bekannte Termine klassischer Hochschul-, Multiplikatoren- und anderer Veran-staltungen (vor allem Messen), die erfahrungsgemäß die gewünschten Zielgruppen in großer Zahl ansprechen und z.B. von deutschen Hochschulen regelmäßig in größerer Zahl frequentiert werden. Durch die Bündelung weiterer öffentlichkeitswirksamer Maßnahmen, regelmäßig durchgeführter Veranstaltungen deutscher Vertretungen der Kultur, Politik und Wirtschaft oder regionaler Veranstaltungen mit Deutschlandbezug werden gewünschte Synergieeffekte erzielt.
b) Kampagne „Research in Germany – Land of Ideas“Im Rahmen des Verbundes “Internationales Forschungsmarketing”, zu dem neben dem DAAD die Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH), die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Fraunhofer-Gesellschaft gehören, werden Maßnahmen durchgeführt, um die internationale Sichtbarkeit der deutschen Forschung im Ausland zu erhöhen, (Nachwuchs)Wissenschaftler zu gewinnen und Kooperationen anzubahnen. Die Kampagne wird vom BMBF finanziert.
Zu den beim DAAD koordinierten Maßnahmen des internationalen Forschungsmarketings unter der Marke „Research in Germany – Land of Ideas“ gehört zum einen die Organisation und Durchführung internationaler Veranstaltungen, die die Sichtbarkeit des Forschungsstandorts Deutschland erhöhen, Kooperationen fördern und Nachwuchswissenschaftler für den Standort interessieren sollen. Dies sind z.B. Standpräsenzen und Gemeinschaftsauftritte deutscher Forschungs(förder)einrichtungen auf internationalen Karrieremessen, fachbezogene
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Delegationsreisen und Informationsseminare zum Forschungsstandort Deutschland sowie Informations- und Pressereisen für ausländische Journalisten. Im Jahr 2014 fanden außerhalb von Deutschland insgesamt 51 Veranstaltungen in 24 Ländern statt. An den Veranstaltungen im Ausland beteiligten sich insgesamt 53 deutsche Hochschulen und außeruniversitäre Forschungsinstitutionen teilweise mehrfach und mit verschiedenen Unterorganisationen.
Zum anderen ist der DAAD im Rahmen der Medienarbeit des Forschungsmarketings für die Onlinekommunikation verantwortlich und veröffentlicht Informationsbroschüren. Die Onlinekommunikation umfasst die redaktionelle Betreuung des Internetportal www.research-in-germany.org (2014: 1,42 Mio. Besucher) sowie die Betreuung der Social Media Kanäle Facebook (2014: 157.000 Fans) sowie Twitter (6.200 Follower). Die „Research in Germany“-Publikationsreihe umfasst mehrere Broschüren, mit denen über den Forschungsstandor t Deutschland, Fördermöglichkeiten sowie Karrieremöglichkeiten informiert wird. Im Jahr 2014 wurden über insgesamt 60.000 Exemplare von „Research in Germany“-Publikationen über das DAAD-Bestellsystem vertrieben. Für Hochschulen gibt es vielfältige Beteiligungsmöglichkeiten an Maßnahmen des internationalen Forschungsmarketings: www.research-in-germany.org/beteiligung.
c) Konsortium für internationales Hochschulmarketing GATE-GermanyGATE-Germany unterstützt deutsche Hochschulen durch zahlreiche Dienstleistungen in den Bereichen „Marketing-Expertise“ und „Marketing-Instrumenten“ dabei, im Ausland die eigene Institution und ihre Angebote zu positionieren. Die Aktivitäten des Konsortiums, zusammenhängend dargestellt in dem Katalog „Internationales Hochschulmarketing mit GATE-Germany – unsere Leistungen auf einen Blick“ und auf der Website www.gate-germany.de, werden von Marktstudien und qualitätssichernden Maßnahmen gestützt. GATE-Germany bietet den Hochschulen Präsenzseminare, Webinare, einen alle zwei Jahre stattfindenden Marketing-Kongress, die Publikationsreihe „Länderprofile“, die Schriftenreihe Hochschulmarketing sowie auf der GATE-Webseite eine Reihe von kurzen Online-Publikationen unter dem Titel „Marketingwissen Kompakt“ zum Aufbau ihrer fachlichen und regionalen Marketing-Expertise an.
Vom 2.-3. Juli fand bereits zum siebten Mal der GATE-Germany Marketing-Kongress in Bonn statt, auf dem sich 180 interessierte Hochschulvertreter über Entwicklungen und Trends im internationalen Hochschulmarketing ausgetauscht haben. Die Dokumentation der Konferenz ist zu finden unter: www.gate-marketingkongress.de. Die Publikationsreihe „Länderprofile“ stellt verschiedene Zielländer des Hochschulmarketings vor und informiert über Hochschulen, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft vor Ort. Seit Anfang 2014 erschienen Ausgaben zu Italien, Mexiko und Tunesien. Die Schriftenreihe Hochschulmarketing vermittelt detailliertes Wissen über Hochschullandschaft, Marketingpotenziale und wichtige Marketinginstrumente ausgewählter Bildungsmärkte, wobei die regionalspezifische Expertise des DAAD-Außennetzwerks zugänglich gemacht wird. Im Jahr 2014 erschienen die Studien „Hochschulmarketing in Russland. Einblicke in den Bildungsmarkt und erfolgreiche Marketing-Strategien für deutsche Hochschulen“ sowie „Hochschulmarketing in Mittel- und Südosteuropa. Ungarn, Rumänien, Bulgarien - lang gewachsene Traditionen und neue Perspektiven in der Hochschulzusammenarbeit. Einblicke in die Marketingansätze deutscher Hochschulen“.
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GATE-Germany bietet den Hochschulen zahlreiche Marketing-Instrumente wie die Teilnahmen an internationalen Hochschulmessen, Werbemaßnahmen für den Studienstandort Deutschland und die „Marketing-Services“.
Die von GATE-Germany organisierten Teilnahmen deutscher Hochschulen an internationalen Bildungsmessen umfassten 2014 und im ersten Halbjahr 2015 zahlreiche für das internationale Hochschulmarketing wichtige Standorte. Stark nachgefragt von Seiten der Hochschulen waren im Raum Asien z.B. die Veranstaltungen in Indien, China, Taiwan und Indonesien sowie in Lateinamerika Chile, Peru, Mexiko, Kolumbien und Brasilien.
Der Jahreskalender der Messen umfasst inzwischen über 300 Veranstaltungen, an denen sich deutsche Hochschulen beteiligen und ihre Institution interessierten und qualifizierten Studierenden und jungen WissenschaftlerInnen weltweit vorstellen können. Die größeren Messeteilnahmen von GATE-Germany beinhalten ein umfangreiches Rahmenprogramm vor Ort mit Hochschulbesuchen, Matchmaking-Veranstaltungen und Besuchen deutscher Auslandsschulen. Steigendes Interesse verzeichnen zudem seit Jahren die internationalen Netzwerkmessen, auf denen sich Hochschulvertreter aus aller Welt zu aktuellen Themen im Bereich Hochschule und Bildung austauschen. Zu nennen sind hier insbesondere die NAFSA in den USA, die APAIE im Raum Asien-Pazifik sowie die EAIE in Europa.
Im Bereich der „Marketing Services“ von GATE-Germany haben im Jahr 2014 rund 200 Institutionen individuelle Dienstleistungen wie Anzeigenkampagnen für die Rekrutierung für internationale Bachelor-, Master- und Promotionsprogramme über DAAD-Medien, internationale Bildungsmarktanalysen und die Durchführung von Webinaren und Bewerbertests in Auftrag geben. Das ergab ein Gesamtvolumen von über 1.100 Marketingaktivitäten. Beliebteste Zielländer sind nach wie vor die BRIC-Staaten, mit einer Interessenszunahme an den sog. MINT-Länder (hauptsächlich Mexiko, Türkei und Indonesien).
Einen Beitrag zur Vermarktung internationaler Studiengänge an deutschen Hochschulen leisten die Publikationsreihen „International Bachelor, Master and Doctoral Programmes in Germany“ und die Publikation „Sprach- und Fachkurse in Deutschland“; in denen die Hochschulen ihre internationalen Programme präsentieren können. Die Inhalte der Broschüren werden in die Internetdatenbank www.daad.de/international-programmes eingespeist, die Anfang 2015 ca. 75.000 Seitenzugriffe täglich verzeichnete und somit zu den beliebtesten Datenbanken im DAAD-Internetauftritt gehört.
4.5 Deutsche Hochschulprojekte im Ausland / Transnationale Bildung
Der DAAD unterstützt in der BMBF-geförderten Programmgruppe „Transnationale Bildung“ (TNB) derzeit 22 Projekte weltweit, darunter drei binationale Hochschulen (GJU, GUC, GUtech) und das German-Russian Institute of Advanced Technologies (GRIAT) in Kasan/ Tatarstan. Das Grundprogramm „TNB – Studienangebote Deutscher Hochschulen im Ausland“ (mit aktuell 16 Förderungen) wird seit 2012 bzw. 2013 durch Ausschreibungen der Programme „TNB – Stärkung und Exzellenz durch Profilbildung (TNB-STEP)“ (derzeit 5 Förderungen) sowie „TNB – Förderung binationaler Hochschulen“ (aktuell eine Förderung) ergänzt. Aus Mitteln des BMBF werden darüber hinaus zwei weitere binationale Hochschulen (TDU und VGU) gefördert. Aus Mitteln des AA wird zudem die Deutsch-Kasachische Universität (DKU) unterstützt.
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Für das von HRK und DAAD gemeinsam herausgegebene Praxishandbuch „Transnationale Bildung“, eine fortlaufend ergänzte Publikation, die beim DAAD abonniert werden kann ([email protected]), befinden sich neue Publikationen zu strategischen und rechtlichen Aspekten sowie zum Thema Forschung in TNB in Vorbereitung. Die bislang erschienenen Beiträge umfassen, neben dem Positionspapier des DAAD zur Transnationalen Bildung, Handreichungen zu den Themen Qualitätsmanagement, rechtliche Fragen der Personalentsendung, Sprachenkonzepte, Marketing und Akkreditierung.
In Ergänzung der in 2014 präsentierten Studie zur Wirkung von TNB in den sog. „host countries“ wurde am 1. Juni 2015 in London bei der Konferenz „Going Global“ vor internationalem Publikum eine zweite von DAAD und British Council gemeinsam in Auftrag gegebene Studie zum Thema Datenerhebungssysteme zu Transnationaler Bildung präsentiert. DAAD und British Council riefen aus diesem Anlass in einer gemeinsamen Erklärung zu vereinten Anstrengungen für die Schaffung einer besseren internationalen Datenbasis zu TNB auf.
Die Türkisch-Deutsche Universität (TDU) hat ihr Lehrangebot zum WS 2014/2015 um zwei zusätzliche Studiengänge in den Fächern „Wirtschaftsingenieurwesen“ sowie „Verwaltungs- und Politikwissenschaften“ erweitert. Ein Jahr nach Aufnahme des Lehrbetriebs in Istanbul zum Wintersemester 2013/14 mit fünf Studiengängen waren an der TDU zum WS 2014/15 bereits 316 Studierende in 8 Bachelor- und Masterstudiengängen eingeschrieben, darunter das im WS 2011/12 gestartete Doppelabschlussprogramm „Master of Science in Manufacturing Technology (MMT)“ mit der TU Dortmund. Zum WS 2015/16 startet ein neues Masterprogramm im Fach Privatrecht, weitere Studiengänge sind in Planung. Alle Studiengänge wurden in enger und partnerschaftlicher Zusammenarbeit der deutschen Hochschulen mit der TDU entwickelt und werden gemeinsam von deutschen und türkischen Hochschullehrern überwiegend in deutscher Sprache unterrichtet. Auf deutscher Seite wird die akademische Verantwortung durch ein Konsortium aus aktuell 32 deutschen Hochschulen getragen. Die Geschäfte des Konsortiums führt der DAAD.
Der Konsortialverein Vietnamesisch-Deutsche Universität e.V., dessen Geschäftsstelle beim DAAD angesiedelt ist, hat 2014 seine Arbeit erfolgreich fortsetzen können. Er verzeichnet zurzeit 37 Mitgliedshochschulen und -institutionen, darunter auch das TU9-Konsortium. Zum WS 2014/15 sind an der VGU über 1.000 Studierende in drei Bachelor- und sieben Masterstudiengängen der Bereiche Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften eingeschrieben.
Zum Wintersemester 2015/16 ist die Erweiterung des Lehrangebots um einen neuen Bachelor-studiengang im Fach Mechatronik geplant. Bis 2017 wird eine Erhöhung der Studierendenzahl in den bereits implementierten Studiengängen angestrebt sowie die Einführung von drei weiteren Studiengängen auf Bachelor- und Masterniveau.
4.6 Internationale DAAD-Akademie (iDA)
Die im Jahr 2006 gegründete „Internationale DAAD-Akademie“(iDA) ist zu einer anerkannten Fortbildungseinrichtung für alle Hochschulangehörigen geworden, die an der Internationalisierung mitwirken. Seit der Gründung haben mehr als 10 000 Hochschulangehörige an circa 600 Seminaren teilgenommen.
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Informationsseminare, Workshops und Sprachkurse richten sich an unterschiedliche Ziel-gruppen aus Verwaltung und Wissenschaft. Seminarreihen zu übergreifenden Themen (Regionalkompetenz, rechtliche Aspekte der Internationalisierung, Mobilität und Diversität) runden das Angebot ab.
In der Reihe „im internationalen Vergleich“ werden darüber hinaus Themen wie Promoven-denbetreuung, Internationalisierungsstrategien oder Hochschulautonomie in vergleichender Perspektive bearbeitet, um damit Impulse für den Internationalisierungs- und Reformprozess an deutschen Hochschulen zu geben. Steigende Nachfrage gibt es nach Inhouse-Seminaren, die auf die spezifische Situation der jeweiligen Hochschule ausgerichtet sind.
Auf großes Interesse stoßen die fachspezifischen Englischkurse, die nach Vorgaben der iDA für diejenigen Dezernate und Arbeitseinheiten der Hochschul- und Fakultätsverwaltung entwickelt wurden, die mit ausländischen Studierenden und Wissenschaftlern im Kontakt sind. Die Sprachkurskonzepte bilden zudem die Grundlage für ein Buch „Englisch für die Hochschulverwaltung. Selbstlernmaterialien und Glossare“, das für alle Interessierten auf der iDA-Website kostenlos zum Download bereitsteht.
Mit dem Arbeitskreis Fortbildung im Sprecherkreis der Universitätskanzlerinnen und –kanzler wurde eine dauerhafte Kooperation vereinbart. Einmal im Jahr wird eine gemeinsame Tagung durchgeführt. Die traditionelle „Kanzlerreise‘“ wird seit 2010 von der iDA konzipiert und inhaltlich begleitet.
5. Kanzler- und Rektorenfortbildungsreisen Um die Kompetenz im Bereich der internationalen akademischen Beziehungen an deutschen Hochschulen zu verbessern und die Vergleichserfahrung im internationalen Management zu ermöglichen, konzipiert und organisiert der DAAD seit 1994 Fortbildungsreisen für Mitglieder der deutschen Hochschulleitungen (vorrangig Kanzler, aber auch Präsidenten und Rektoren) ins Ausland.
Im März 2015 führte die Kanzlerreise nach Spanien. 16 Kanzler, Präsidenten, Rektoren und Vizepräsidenten reisten, begleitet von der Generalsekretärin des DAAD, für eine Woche nach Madrid und Barcelona. Im Bildungsministerium in Madrid, beim Briefing durch den deutschen Botschafter und beim Besuch renommierter spanischer Universitäten wurden Einsichten in die Entwicklungen im Hochschulbereich vor dem Hintergrund der spanischen Wirtschaftskrise vertieft und die Bedingungen für Kooperationen ausgelotet.
6. Weitere Informationen Für weitere Informationen wird auf den Jahresbericht 2013, die Berichte der Außenstellen 2013 sowie die Webseite des DAAD verwiesen, auf der die genannten Berichte auch als PDF zum Download verfügbar sind (http://www.daad.de/portrait/presse/publikationen/11377.de.html).
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Geförderte Geförderte aus dem Ausland aus Deutschland
Geförderte insgesamt davon neu
2013 2014 2013 2014 2013 2014 2014
i. individualförderung – gesamt 20.050 19.994 9.082 9.117 29.132 29.111 18.268
1. nach Status grundständig Studierende 6.501 8.399 2.659 2.486 9.160 10.885 8.328
Studierende mit erstem Abschluss (Graduierte) 11.998 10.241 3.426 3.283 15.424 13.524 6.365
davon Doktoranden 5.053 4.591 1.843 1.899 6.896 6.490 3.366
Wissenschaftler und Hochschullehrer (inkl. Postdoktoranden) 1.551 1.354 2.997 3.348 4.548 4.702 3.575
2. nach Förderdauer < 1 Monat 2.914 2.601 3.193 3.635 6.107 6.236 6.195
1–6 Monate 4.271 3.484 2.666 2.343 6.937 5.827 5.454
> 6 Monate (Langzeitförderung) 12.865 13.909 3.223 3.139 16.088 17.048 6.619
3. A uswahl wichtiger Programme DAAD-Jahresstipendien für Forschung und Studium 4.141 4.199 1.482 1.413 5.623 5.612 2.053
Stipendien im Rahmen von Kooperationsprogrammen 5.824 7.012 32 37 5.856 7.049 3.108
Sur-Place- und Drittlandprogramm 1.281 1.374 1.281 1.374 551
Lektoren 597 608 597 608 121
Langzeitdozenten, Gastdozenten, Lehrstühle 8 164 131 164 139 49
Kongress- und Vortragsreisen 2.566 2.774 2.566 2.774 2.774
Sprach- und Fachkurse 2.684 2.372 2.684 2.372 2.372
Praktikanten 1.844 1.525 1.822 1.819 3.666 3.344 3.246
Forschungsaufenthalte von Hochschullehrern 1.114 847 100 73
1.214 920 890
Anlage 1: DAAD-Förderung für Ausländer und Deutsche
Gesamtübersicht 2013/14 nach Förderbereichen
Kalenderjahr
ii. Projektförderung – gesamt 29.949 28.170 21.707 23.103 51.656 51.273 41.114
1. nach Status grundständig Studierende 8.880 8.602 10.538 12.047 19.418 20.649 18.404
Studierende mit erstem Abschluss (Graduierte) 11.769 10.290 6.425 6.532 18.194 16.822 13.472
davon Doktoranden 3.933 3.304 1.805 1.498 5.738 4.802 3.486
Wissenschaftler und Hochschullehrer (inkl. Postdoktoranden) 9.300 9.278 4.744 4.524 14.044 13.802 9.238
2. nach Förderdauer < 1 Monat 19.530 18.537 12.004 8.115 31.534 26.652 20.575
1–6 Monate 7.675 6.678 8.378 13.562 16.053 20.240 18.209
> 6 Monate (Langzeitförderung) 2.744 2.955 1.325 1.426 4.069 4.381 2.330
3. A uswahl wichtiger Programme PROMOS – Programm zur Steigerung der Mobilität 9.764 11.388 9.764 11.388 11.388
Strukturprogramme f. d. Auslandsstudium (ISAP, Doppelabschluss, Bachelor Plus) 690 641 2.038 2.190 2.728 2.831 1.901
Stipendien- und Betreuungsprogramme (STIBET) 5.125 4.216 5.125 4.216 3.395
Programme des Projektbezogenen Personenaustauschs (PPP) 561 610 1.851 1.591
2.412 2.201 1.476
Hochschuljahr 2012/13 2013/14 2012/13 2013/14 2012/13 2013/14 2013/14
iii. EU-Mobilitätsprogramme – gesamt * 94 90 39.024 40.642 39.118 40.732 40.732
1. nach Status grundständig Studierende 25.977 27.574 25.977 27.574 27.574
Studierende mit erstem Abschluss (Graduierte) 8.914 8.682 8.914 8.682 8.682
davon Doktoranden 75 67 75 67 67
Wissenschaftler und Hochschullehrer (inkl. Postdoktoranden) 94 90 4.133 4.386 4.227 4.476 4.476
2. nach Förderdauer < 1 Monat 93 90 4.106 4.361 4.199 4.451 4.451
1–6 Monate 1 27.865 29.283 27.866 29.283 29.283
> 6 Monate (Langzeitförderung) 7.053 6.998 7.053 6.998 6.998
3. nach Programmen 1. Erasmus-Studierendenmobilität (Auslandsstudium) 28.887 29.982 28.887 29.982 29.982
2. Erasmus-Studierendenmobilität (Auslandspraktikum) 6.004 6.274 6.004 6.274 6.274
3. Erasmus-Personalmobilität (Dozenten, sonstiges Personal) 94 90 4.133 4.386
4.227 4.476 4.476
DaaD-Förderung – gesamt (i + ii + iii)
50.093 48.254 69.813 72.862 119.906 121.116 100.114
In der Aufstellung der Geförderten des DAAD werden drei Förderbereiche unterschieden. In der Individualförderung unterstützt der DAAD grundständig Studierende, Graduierte, Wissenschaftler und Hochschullehrer, die sich erfolgreich um eine Förderung durch den DAAD beworben haben. In der Projektförderung finanziert der DAAD vornehmlich Programme zur Förderung weltoffener Hochschulstrukturen. Als Nationale Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit vergibt der DAAD schließlich Fördermittel an deutsche Hochschulen, die insbesondere akademische Mobilität ins europäische Ausland unterstützen (EU-Mobilitätsprogramme). | * Die Zahl der Geförderten in EU-Mobilitätsprogrammen bezieht sich auf das Hochschuljahr (Oktober 2013 bis September 2014).
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DAAD-‐Gesamtförderbeträge 2014
Referat Monitoring, Evaluation und Studien -‐ S12 Juni 2015
Anlage 2
Rang DAAD-Mitglied Ausgaben in EUR 1 Freie Universität Berlin 8.979.067 2 Technische Universität München 7.337.735 3 Humboldt-Universität Berlin 6.653.037 4 Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 6.275.150 5 Ludwig-Maximilians-Universität München 6.046.056 6 Technische Universität Dresden 6.006.715 7 Universität Leipzig 5.855.545 8 Georg-August-Universität Göttingen 5.551.566 9 Rheinisch-Westf. Technische Hochschule Aachen 5.487.034
10 Technische Universität Berlin 5.431.556 11 Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau 5.411.548 12 Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn 5.310.929 13 Universität zu Köln 4.810.289 14 Universität Duisburg-Essen 4.148.305 15 Eberhard-Karls-Universität Tübingen 4.142.699 16 Ruhr-Universität Bochum 4.058.448 17 Universität Stuttgart 3.995.370 18 Westfälische Wilhelms-Universität Münster 3.948.394 19 Universität Hamburg 3.905.153 20 Justus-Liebig-Universität Gießen 3.591.316 21 Philipps-Universität (Marburg) 3.491.484 22 Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover 3.484.622 23 Techn. Univ. Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig 3.437.420 24 Universität Kassel 3.426.003 25 Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main 3.416.773 26 Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Campus Süd 3.268.221 27 Johannes Gutenberg-Universität Mainz 3.249.566 28 Fachhochschule Köln 2.996.754 29 Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 2.870.882 30 Hochschule Magdeburg-Stendal 2.864.142 31 Technische Universität Darmstadt 2.541.432 32 Universität Hohenheim 2.454.334 33 Friedrich-Schiller-Universität Jena 2.421.368 34 Julius-Maximilians-Universität Würzburg 2.396.741 35 Universität Potsdam 2.383.279 36 Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg 2.336.669 37 TU Bergakademie Freiberg 2.317.534 38 Universität Bremen 2.258.951 39 Universität Bielefeld 2.236.505 40 Universität Konstanz 2.213.431 41 Universität Mannheim 2.192.071 42 Bauhaus-Universität Weimar 2.191.744 43 Universität des Saarlandes (Saarbrücken/Homburg) 2.141.087 44 Universität Passau 2.136.706 45 Technische Universität Dortmund 2.043.241 46 Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 2.038.845 47 Christian-Albrechts-Universität Kiel 1.916.453 48 Universität Regensburg 1.877.148 49 Universität Bayreuth 1.849.062 50 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg 1.822.491
171
Deutscher Akademischer Austausch Dienst58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
DAAD-‐Gesamtförderbeträge 2014 pro Studierende im 5. und 6. Hochschulsemester
Referat Monitoring, Evaluation und Studien -‐ S12 Juni 2015
Anlage 3
Rang DAAD-Mitglied Ausgaben Stud. Ausgaben/Stud. 1 Bauhaus-Universität Weimar 2.191.744 614 3.570 2 TU Bergakademie Freiberg 2.317.534 725 3.197 3 Kunsthochschule für Medien Köln 131.746 43 3.064 4 Handelshochschule Leipzig 114.701 40 2.868 5 Hochschule Magdeburg-Stendal 2.864.142 1088 2.632 6 Staatl. Ho. f. Bild. Künste Städelschule Frankfurt 93.245 38 2.454 7 Freie Universität Berlin 8.979.067 3664 2.451 8 Medizinische Hochschule Hannover 923.617 388 2.380 9 Akademie der Bildenden Künste München 192.940 87 2.218
10 Humboldt-Universität Berlin 6.653.037 3008 2.212 11 HfM u Theat. "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig 251.967 114 2.210 12 Musikhochschule Lübeck 107.607 57 1.888 13 Europa Universität Viadrina Frankfurt/Oder 1.284.185 700 1.835 14 Universität Leipzig 5.855.545 3285 1.783 15 Hochschule für Musik "Franz Liszt" Weimar 150.720 87 1.732 16 Technische Universität Berlin 5.431.556 3230 1.682 17 WHU - Otto Beisheim School of Management 303.898 182 1.670 18 Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main 122.127 74 1.650 19 Universität Hohenheim 2.454.334 1506 1.630 20 Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 6.275.150 3867 1.623 21 Philos.-Theol. Hochschule St. Georgen Frankf./Main 41.350 26 1.590 22 Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau 5.411.548 3504 1.544 23 Georg-August-Universität Göttingen 5.551.566 3636 1.527 24 Technische Universität Ilmenau 1.588.686 1055 1.506 25 Universität Erfurt 1.222.799 865 1.414 26 Hochschule für Musik "C.M. von Weber" Dresden 92.322 66 1.399 27 Hochschule für Musik "Hanns Eisler" Berlin 96.448 72 1.340 28 Techn. Univ. Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig 3.437.420 2593 1.326 29 Universität Konstanz 2.213.431 1684 1.314 30 Hochschule für Musik Karlsruhe 135.425 105 1.290 31 Technische Universität Dresden 6.006.715 4795 1.253 32 Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn 5.310.929 4255 1.248 33 Universität der Künste Berlin 588.694 473 1.245 34 Staatliche Hochschule für Musik Trossingen 95.172 77 1.236 35 Hochschule Reutlingen 1.215.773 1022 1.190 36 HafenCity Universität Hamburg 411.370 348 1.182 37 Hochschule für Künste Bremen 138.835 118 1.177 38 H f Film + Fernsehen "Konrad Wolf" Potsd.-Babelsb. 65.063 57 1.141 39 Universität Ulm 1.696.754 1499 1.132 40 Universität Kassel 3.426.003 3039 1.127 41 Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg 2.336.669 2074 1.127 42 Universität Passau 2.136.706 1913 1.117 43 Technische Universität München 7.337.735 6583 1.115 44 Universität Mannheim 2.192.071 1992 1.100 45 Tierärztliche Hochschule Hannover 304.205 278 1.094 46 Eberhard-Karls-Universität Tübingen 4.142.699 3801 1.090 47 Philipps-Universität (Marburg) 3.491.484 3220 1.084 48 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg 1.822.491 1685 1.082 49 Universität Potsdam 2.383.279 2220 1.074 50 Universität Stuttgart 3.995.370 3759 1.063
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
173
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
I. Wirtschaftspläne 2015/2016 – Jahresrechnung 2014
Bericht zur aktuellen Situation der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die 58. Kanzler-Jahrestagung
vom 24.-26. September 2015
I. Wirtschaftspläne 2015/2016 – Jahresrechnung 2014
Einnahmen
Wirtschaftsplan Rechnungs-Ergebnis
Entwurf 2016 2015 2014
Mio. € Mio. € Mio. €
Bund
für die institutionelle Förderung der DFG 1.195,0 1.137,4 1.083,3
zusätzliche Zuwendung für die institutionelle Förderung der DFG (Programmpauschalen) 397,9 372,2 353,7
für die Allgemeine Forschungsförderung (Sonderfinanzierung „WGL-Einrichtungen“) 11,9 11,5 10,9
für die Förderung der Exzellenzinitiative 393,4 397,1 376,6für die Förderung von Großgeräten an Hochschulen 89,1 80,9 90,2mit sonstiger besonderer Zweckbestimmung 15,7 14,8 8,6Summe 2.103,0 2.013,9 1.923,3
Länder
für die institutionelle Förderung der DFG 822,8 823,7 784,4
Zuwendungen der Länder für programmpauschalen (ergänzende Sonderfinanzierung zur institutionellen Förderung)
4,4 - -
für die Allgemeine Forschungsförderung
(Sonderfinanzierung „WGL-Einrichtungen“)11,3 11,0 10,4
für die Förderung der Exzellenzinitiative 131,1 132,3 132,9
Summe 969,6 967,0 927,7
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft 1,2 1,7 1,7
Zuwendungen der EU 0,7 0,4 0,7
Zuwendungen aus dem privaten Bereich 0,6 0,6 0,5
eigene Einnahmen der DFG 0,8 0,8 0,6
Summe 3,3 3,5 3,5
DFG
Bericht zur aktuellen Situation der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die 58. Kanzler-Jahrestagung
vom 24.-26. September 2015
I. Wirtschaftspläne 2015/2016 – Jahresrechnung 2014
Einnahmen
Wirtschaftsplan Rechnungs-Ergebnis
Entwurf 2016 2015 2014
Mio. € Mio. € Mio. €
Bund
für die institutionelle Förderung der DFG 1.195,0 1.137,4 1.083,3
zusätzliche Zuwendung für die institutionelle Förderung der DFG (Programmpauschalen) 397,9 372,2 353,7
für die Allgemeine Forschungsförderung (Sonderfinanzierung „WGL-Einrichtungen“) 11,9 11,5 10,9
für die Förderung der Exzellenzinitiative 393,4 397,1 376,6für die Förderung von Großgeräten an Hochschulen 89,1 80,9 90,2mit sonstiger besonderer Zweckbestimmung 15,7 14,8 8,6Summe 2.103,0 2.013,9 1.923,3
Länder
für die institutionelle Förderung der DFG 822,8 823,7 784,4
Zuwendungen der Länder für programmpauschalen (ergänzende Sonderfinanzierung zur institutionellen Förderung)
4,4 - -
für die Allgemeine Forschungsförderung
(Sonderfinanzierung „WGL-Einrichtungen“)11,3 11,0 10,4
für die Förderung der Exzellenzinitiative 131,1 132,3 132,9
Summe 969,6 967,0 927,7
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft 1,2 1,7 1,7
Zuwendungen der EU 0,7 0,4 0,7
Zuwendungen aus dem privaten Bereich 0,6 0,6 0,5
eigene Einnahmen der DFG 0,8 0,8 0,6
Summe 3,3 3,5 3,5
DFG
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Der Wirtschaftsplan für 2015 basiert auf einer Steigerung von 5 Prozent und 2016 auf einer Steigerung von 3 Prozent der gemeinsamen Bund-Länder-Zuwendungen, die damit im Jahr 2015 1.983,5 Millionen Euro und im Jahr 2015 2.041,0 Millionen Euro betragen.
Darüber hinaus sehen die Wirtschaftspläne aufgrund der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern über den Hochschulpakt 2020 zusätzliche Bundeszuwendungen für die Finanzierung indirekter Projektausgaben (Programmpauschalen) vor. Für 2015 sind 372,2 Millionen Euro und für 2016 397,9 Millionen Euro für die indirekten Projektausgaben der Programme des Förderhaushalts A veranschlagt. In 2016 erfolgen zudem Zuwendungen der Länder für die Förderung von Programmpauschalen als ergänzende Sonderfinanzierung zur Institutionellen Förderung über 4,4 Millionen Euro.
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Einnahmen gesamt 3.075,9 2.984,4 2.854,5
zuzüglich übertragene Kassenreste aus Vorjahr - - 3,1
Insgesamt 3.075,9 2.984,4 2.857,6
AusgabenWirtschaftsplan Rechnungs-
ErgebnisEntwurf 2016 2015 2014
Mio. € Mio. € Mio. €
Allgemeine Forschungsförderung 1.429,9 1.368,3 1289,6
Sonderforschungsbereiche 648,7 627,8 606,2
Graduiertenkollegs 169,4 164,2 156,8
Emmy Noether-Programm 76,5 69,4 69,7
Leibniz-Programm 22,8 22,1 22,0
DFG-Forschungszentren 24,8 36,0 36,7
Förderung der Exzellenzinitiative 524,5 529,5 505,8
Förderung von Großgeräten an Hochschulen 89,1 80,9 84,5
Förderung aus sonstigen Sonderzuwendungen 18,1 17,5 13,4
Verwaltungsausgaben 72,1 68,7 62,5
Ausgaben insgesamt 3075,9 2.984,4 2.847,2
zuzüglich übertragbare Kassenreste - - 10,4
Insgesamt 3.075,9 2.984,4 2.857,6
Der Wirtschaftsplan für 2015 basiert auf einer Steigerung von 5 Prozent und 2016 auf einer
Steigerung von 3 Prozent der gemeinsamen Bund-Länder-Zuwendungen, die damit im Jahr 2015
1.983,5 Millionen Euro und im Jahr 2015 2.041,0 Millionen Euro betragen.
Darüber hinaus sehen die Wirtschaftspläne aufgrund der Verwaltungsvereinbarung zwischen
Bund und Ländern über den Hochschulpakt 2020 zusätzliche Bundeszuwendungen für die
Finanzierung indirekter Projektausgaben (Programmpauschalen) vor. Für 2015 sind 372,2
Millionen Euro und für 2016 397,9 Millionen Euro für die indirekten Projektausgaben der
Programme des Förderhaushalts A veranschlagt. In 2016 erfolgen zudem Zuwendungen der
Länder für die Förderung von Programmpauschalen als ergänzende Sonderfinanzierung zur
Institutionellen Förderung über 4,4 Millionen Euro.
DFG
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Entsprechend des GWK-Abkommens sind für die Förderung von Großgeräten an Hochschulen der Bundesanteil in Höhe 80,9 Millionen in den Wirtschaftsplan 2015 und 89,1 Millionen in den Wirtschaftsplan 2016 eingestellt worden.
II. Antrags- und Bewilligungssituation Im Jahr 2014 wurden insgesamt 6.938 Projekte mit einem Gesamtbudget von 1.542,7 Millionen Euro neu bewilligt. In der Einzelförderung, weiterhin Kern des vielfältigen Förderangebotes der DFG, wurden 11.189 Neuanträge entschieden, von denen 3.824 ein Bewilligungsvolumen von 791,4 Millionen Euro für die kommenden Jahre zugesprochen wurde. Dies führt zu einer Förderquote von 34,2 Prozent. In der Einzelförderung hatte die DFG im Jahr 2014 über etwa 2400 Neuanträge mehr als noch 2010 zu entscheiden.
In der Einzelförderung hat sich der Anteil an der Gesamtsumme jahresbezogener Bewilli-gungen im Vergleich zu 2013 von 32,3 % auf 30,6 % reduziert (von 849,0 Mio. EUR auf 835,3 Mio. EUR)1. Dieser (leicht) gesunkene Anteil lässt sich mit den harten Begrenzungen der Bewilligungsbudgets für die im Jahr aussprechbaren Bewilligungen, zu denen die DFG in den letzten Jahren aufgrund hoher in den Vorjahren ausgesprochener Bewilligungen gezwungen war, sowie mit einem schnelleren Mittelabrufverhalten in der Einzelförderung erklären.
Darüber hinaus haben sich die jahresbezogenen Bewilligungssummen in 2013/2014 insgesamt genauso auf die jeweiligen Förderprogramme verteilt wie im Jahr zuvor, so dass die Kontinuität des gesamten Förderhandelns der DFG gewahrt bleibt.
2014 befanden sich knapp 29.800 Projekte in der laufenden Förderung – mit einem rechnerisch auf das Berichtsjahr entfallenden Bewilligungsvolumen von rund 2.730 Millionen Euro.
III. Aktuelles
III. 1. Wiederwahl des Präsidenten und der VizepräsidentenDie Mitgliederversammlung der DFG hat am 1. Juli 2015 in Bochum den amtierenden Präsidenten Herrn Professor Dr. Peter Strohschneider erneut gewählt. Er tritt somit seine zweite Amtszeit für vier Jahre im Januar 2016 an. Weiterhin wurden Herr Professor Dr.-Ing. Frank Allgöwer, dessen Fachgebiet die Systemtheorie und die Regelungstechnik sind, sowie die Medizinerin Frau Professor Dr. Leena Kaarina Bruckner-Tuderman für eine weitere Amtszeit von ebenfalls vier Jahren bestellt.
III. 2. Beschlüsse von Bund und Ländern in der GWKDie Deutsche Forschungsgemeinschaft hat die Beschlüsse der Wissenschaftsministerinnen und -minister des Bundes und der Länder in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz vom 30. Oktober 2014 ausdrücklich begrüßt: Die Einigung über die Fortführung und Aufstockung der Programmpauschalen und der Grundsatzbeschluss über eine neue Bund-Länder-Initiative zur Nachfolge der Exzellenzinitiative bewertet die DFG als äußerst positiv. Auch das Bekenntnis zu einem wissenschaftsgeleiteten Verfahren als prägendem Merkmal der neuen Bund-Länder-Initiative ist aus Sicht der DFG überaus ermutigend. Der Beschluss über die dritte Phase des Paktes für Forschung und Innovation gibt der DFG verlässliche Rahmenbedingungen und Sicherheit für die Entwicklung und den Aufwuchs ihrer Mittel für die Förderung bester Forschungsprojekte in den Jahren 2016 bis 2020.
Deutsche Forschungsgemeinschaft58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
1 Die jahresbezogenen Bewilligungen sind nicht mit den im Jahr ausgesprochenen Bewilligungen identisch: Letztere geben die Höhe der im letzten Jahr zugesagten
Bewilligungen an, Erstere kennzeichnen die für alle bereits bewilligten Projekte abrufbaren Fördermittel.
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
III. 3. Novellierung der Satzung der DFGDie Mitgliederversammlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat im Rahmen ihrer Jahresversammlung im Juli 2014 eine Satzungsänderung beschlossen.
Die Grundzüge und wichtigsten Regelungen der überarbeiteten Satzung bedeuten keine Verfassungsänderung der DFG; die Änderungen verfolgen das Hauptziel, die Satzung an die Aufgaben der DFG und ihrer Organe und an die Abläufe im Förderhandeln anzupassen, die sich seit der Wiedergründung der Organisation 1951 vielfältig entwickelt und verändert haben. Die Satzung ist in ihrer neuen Form vor allem realitäts- und praxisnäher geworden, weiterhin ist sie systematischer, transparenter und auch moderner formuliert als die bisherige Satzung.
Die aktuelle Fassung ist im Internet unter folgendem Link zu finden: http://www.dfg.de/dfg_profil/satzung/index.html
III. 4. Bericht zu den Vorbereitungen der Fachkollegienwahl 2015 Die DFG bereitet sich derzeit auf die im Herbst 2015 stattfindende Fachkollegienwahl vor. In der Zeit vom Juli 2014 bis Juli 2015 ging es dabei vor allem um die Erstellung der Liste der Kandi- dierenden.
Mit der Novelle der Wahlordnung Anfang 2014 wurde ein Verfahren eingeführt, das die Auswahl der Kandidierenden in die Hände der vorschlagenden Institutionen legt.
Bis Oktober 2014 wurden der DFG Vorschläge für Kandidierende von dazu berechtigten Institutionen unterbreitet. Vorschlagsberechtigt sind die Mitglieder der DFG, zahlreiche wissenschaftliche Fachgesellschaften und Fakultätentage sowie der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Der Senat der DFG hat die Vorschläge in erster Lesung im März 2015 beraten. Seine Aufgabe beschränkte sich dabei darauf sicherzustellen, dass die Kandidierenden in den für sie passenden Fächern und pro Fach in ausreichender Anzahl zur Wahl stehen.
Ende Juni 2015 hat der Senat die Liste der Kandidierenden in zweiter Lesung verabschiedet und zur Veröffentlichung freigegeben. Sie umfasst über 1700 Kandidierende, die für die 613 Plätze in den Fachkollegien der DFG zur Wahl stehen. Der Anteil weiblicher Kandidaten steigerte sich im Vergleich zur vorherigen Wahl 2011 erneut deutlich und liegt nun bei über 28 Prozent.
Nach der Veröffentlichung der Kandidierendenliste werden rund 150.000 wahlberechtige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Wahlschreiben erhalten und aufgerufen zwischen dem 26. Oktober und 23. November 2015 für ihre Kandidierenden zu stimmen.
Das Wahlportal zur Fachkollegienwahl 2015 mit detaillierten Informationen zu allen Schritten der Fachkollegienwahl 2015 ist unter www.dfg.de/fk-wahl2015 zu finden.
III. 5. Koordinierte Verfahren, Forschungsverbünde und SchwerpunktprogrammeIn dem Berichtszeitraum konnte die DFG 19 neue Forschergruppen, eine Klinische Forschergruppe, 18 neue Schwerpunktprogramme, 31 neue Graduiertenkollegs und 21 neue Sonderforschungsbereiche einrichten.
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III. 6. Internationale ZusammenarbeitDas Deutsch-Türkische Wissenschaftsjahr war ein Schwerpunkt der internationalen Aktivitäten der DFG im Berichtsjahr. „Science Bridging Nations“ – „Wissenschaft verbindet Nationen“: So lautete das Motto des Deutsch-Türkischen Wissenschaftsjahres 2014/2015, das Bundesforschungsministerin Johanna Wanka und ihr türkischer Amtskollege Fikri Işik, Minister für Wissenschaft, Industrie und Technologie der Republik Türkei, gemeinsam in Berlin eröffneten. Mit dem Wissenschaftsjahr sollten neue Impulse für die bilateralen Aktivitäten gesetzt und zugleich auf 30 Jahre deutsch-türkische Partnerschaft zurückgeblickt werden. Im Rahmen der Auftaktveranstaltung unterzeichneten DFG-Präsident Peter Strohschneider und der Präsident der türkischen Partnerorganisation Tübitak, Yücel Altunbaşak, ein neues „Memorandum of Understanding“. Das Abkommen stellt den Ausbau und die Vertiefung der wissenschaftlichen Kontakte auf eine zeitgemäße Grundlage. Im Mittelpunkt des Wissenschaftsjahres standen Themen von großer gesellschaftlicher Bedeutung, die in diversen Fachveranstaltungen erörtert wurden, etwa auf einer von der DFG initiierten internationalen Konferenz „Modernisierung durch Migration?“ im Oktober 2014 in Istanbul, bei welcher die Chancen eines gegenseitigen Austauschs zwischen der Türkei und Deutschland diskutiert wurden. Die Folgekonferenz „Perspektivenwandel durch Migration?“ fand vom 4. – 6. Mai in Bonn statt.
III. 7. 30 Jahre Gottfried Wilhelm Leibniz-PreisSeit 1986 wird im Rahmen des Gottfried Wilhelm Leibniz-Programms der DFG alljährlich der Leibniz-Preis von der DFG verliehen. Auf Initiative des damaligen DFG-Präsidenten Professor Dr. Eugen Seibold sollte mit der Verleihung dieses Preises ein sichtbares Zeichen für die Förderung von herausragenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Deutschland gesetzt werden. 1985 führten der Bund und die Länder das Leibniz-Programm ein und beauftragten die DFG mit seiner Durchführung. In diesem Jahr feiert die DFG das 30-jährige Leibniz-Jubiläum auf doppelte Weise: Im März 2015 standen in Bonn ein Festkolloquium und ein Leibniz-Fest auf dem Programm.
Mit dem Leibniz-Programm zeichnet die DFG besonders hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für ihre bisherigen Arbeiten aus – und schafft zugleich die bestmöglichen Voraussetzungen für ihre kommenden Forschungen auf weiterhin höchstem Niveau. Der Leibniz-Preis ist der renommierteste Forschungsförderpreis in Deutschland mit weiter Strahlkraft in die ganze Welt.
Seit der Einführung des Programms sind insgesamt 328 Leibniz-Preise verliehen worden. Da der Preis in Ausnahmefällen auch geteilt werden kann, ist die Zahl der Ausgezeichneten höher als die der Preise: Insgesamt wurden bislang 354 Nominierte ausgezeichnet, 312 Wissenschaftler und 42 Wissenschaftlerinnen. Sieben von ihnen haben danach für ihre bereits mit dem Leibniz-Preis ausgezeichneten Forschungen auch den Nobelpreis erhalten.
Seinen Trägerinnen und Trägern bringt der Preis neben dem weithin sichtbaren Renommee und einem hohen Preisgeld von inzwischen 2,5 Millionen Euro vor allem die Möglichkeit ein, diese Mittel allein nach ihren Vorstellungen und ohne administrativen Aufwand für ihre weiteren Forschungen zu nutzen. Diese für die Verwendung öffentlicher Gelder ungewöhnliche Freiheit bezeichnete schon bei der ersten Preisverleihung 1986 der damalige, in 2015 verstorbene DFG-Präsident Professor Dr. Hubert Markl als „märchenhafte Freiheit“.
Deutsche Forschungsgemeinschaft58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
III. 8. Ausgesuchte Preise Communicator-Preis Der Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft geht im Jahr 2015 an den Kinder- und Palliativmediziner Boris Zernikow. Der Wissenschaftler von der Universität Witten/Herdecke erhält die mit 50 000 Euro dotierte Auszeichnung für seine engagierte und vielfältige öffentliche Vermittlung der Themen Schmerz, Schmerztherapie und Palliativversorgung bei Kindern und Jugendlichen. Ausgezeichnet werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in besonders vielfältiger, origineller und nachhaltiger Weise ihre Forschungsergebnisse und die ihres Faches in die Medien und die breite Öffentlichkeit außerhalb der Wissenschaft kommunizieren. Mit dem Preis wollen DFG und Stifterverband den immer wichtigeren Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit stärken und zugleich dafür werben, dass die Vermittlung von Wissenschaft in der Wissenschaft selbst einen höheren Stellenwert erhält.
Wettbewerb zu Forschungsmarketingkonzepten Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat erstmals im Rahmen eines Wettbewerbs Ideen zum internationalen Forschungsmarketing ausgezeichnet. Drei Universitäten erhalten zur Umsetzung ihrer Forschungsmarketingkonzepte ein Preisgeld von je 75 000 Euro: die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und die Eberhard Karls Universität Tübingen. Insgesamt hatten sich 21 Hochschulen und Forschungseinrichtungen an dem Wettbewerb beteiligt, der Teil des Verbundprojekts „Internationales Forschungsmarketing“ ist.
Im Fokus des Wettbewerbs stehen Ideen, die die Sichtbarkeit und Attraktivität deutscher Forschung im Ausland steigern und die hoch qualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für Kooperationen mit Deutschland oder für einen Forschungsaufenthalt in Deutschland gewinnen. Die jetzt prämierten Hochschulen überzeugten das international besetzte Auswahlgremium aus Wissenschaftsmanagern, Internationalisierungs-, Kommunikations- und Marketing-Fachleuten durch ihre Erfolg versprechenden Vorschläge.
An dem Verbundprojekt „Internationales Forschungsmarketing“ ist die DFG gemeinsam mit der Alexander von Humboldt-Stiftung, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst und der Fraunhofer-Gesellschaft beteiligt. Unter der Marke „Research in Germany“ werben die beteiligten Organisationen für den Forschungsstandort Deutschland. Das Projekt wird im Rahmen der Initiative „Werbung für den Innovations- und Forschungsstandort Deutschland“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
III. 9. Ausstellungen„MS Wissenschaft“ Anlässlich des Wissenschaftsjahres 2015 „Zukunftsstadt“ widmet sich auch das schwimmende Ausstellungsschiff MS Wissenschaft den unterschiedlichen Aspekten rund um das Leben in der Stadt der Zukunft. Neben Forschungsinstituten aus ganz Deutschland stellen auch einige DFG-geförderte Projekte ihre Arbeit in der Ausstellung vor. Die in den Ausstellungsstücken repräsentierte Forschung versucht Antworten zu finden auf Fragen wie „Was macht eine Stadt aus?“, „Wie funktioniert eine Stadt?“ und „Wie machen wir unsere Städte zukunftsfähig?“. Auch in diesem Jahr laden die vielfältigen Exponate wieder zum Ausprobieren und Mitmachen ein, ferner gibt es Diskussionsveranstaltungen, Filmabende und Workshops.
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Die MS Wissenschaft ist vom 15. April bis 13. September 2015 auf Tour durch deutsche und österreichische Gewässer.
DFG-Mediathek „DFG bewegt“ Mit einer eigenen Mediathek bündelt und erweitert die Deutsche Forschungsgemeinschaft ihr audio-visuelles Informationsangebot rund um Wissenschaft. Sie bietet mittlerweile über 800 Filme und Audiodateien in deutscher und englischer Sprache über DFG-geförderte Forschung und die DFG selbst. Mit dem neuen Angebot sollen Nutzerinnen und Nutzer übersichtlicher und besser sehen und hören, was die DFG als größte Forschungsförderorganisation in Deutschland bewegt. Das Spektrum der Beiträge reicht von historischen Aufnahmen bis hin zu aktuellen Interviews und Mitschnitten. Durch weitere Filme über DFG-geförderte Forschung, Mitschnitte von DFG-Veranstaltungen und andere Beiträge soll die jetzt gestartete Mediathek kontinuierlich erweitert werden.
Die Mediathek ist im Internet unter folgenden Link zu finden: mediathek.dfg.de
Ausstellung „MenschMikrobe“ Nach Abschluss ihrer gemeinsamen Ausstellung „MenschMikrobe – Das Erbe Robert Kochs und die moderne Infektionsforschung“ im Juli 2014 konnten die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das Robert Koch-Institut eine überaus positive Bilanz ziehen: Mehr als 130 000 Besucherinnen und Besucher haben die interaktive Schau während ihrer vierjährigen Tour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz besucht. Die Ausstellung ging auf eine gemeinsame Idee von DFG-Generalsekretärin Dorothee Dzwonnek und Professor Dr. Jörg Hacker, dem ehemaligen Präsidenten des RKI und jetzigen Präsidenten der Leopoldina, zurück und wurde durch die DFG mit Unterstützung des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft sowie in Teilen aus Mitteln des RKI finanziert. Die Wanderausstellung wurde erstmals im Juni 2010 in Berlin präsentiert und war anschließend vor allem an Hochschulen und in wissenschaftlichen Museen zu sehen – unter anderem in Münster, Heidelberg, Wien, Basel und zuletzt in der Leopoldina in Halle.
III. 10. TalkreihenDFG-Talkreihe „ZWANZIG30“ Insgesamt drei Podiumsdiskussionen im Forum der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland umfasst „ZWANZIG30 – Die Talkreihe zur Stadt der Zukunft“, die ein gemeinsames Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Deutschen Museums Bonn ist. Renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diskutieren mit Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben und beleuchten somit viele unterschiedliche Aspekte des futuristischen städtischen Lebens. Unter der Moderation von Ranga Yogeshwar widmete sich der erste Talkabend „Megacities – Städte außer Kontrolle?“ der Diskrepanz der Megacities: Diese Städte gelten als Motoren des globalen Wandels, aber sie sind auch geprägt durch extreme soziale Ungleichheit und ökologische Probleme. Zwei weitere Talkabende zu den Themen „Geld oder Leben – Wem gehört die Stadt?“ und „Stadt 4.0 – Zukunft ohne Müll und Stau?“ werden am 1. Oktober 2015 von Johannes Büchs moderiert.
Podiumsdiskussion „Kunst, Kultur, Kontroversen“ Die Reihe „Kunst Kultur Kontroversen“ findet seit 2013 halbjährlich statt und widmet sich geisteswissenschaftlich und gesellschaftlich relevanten Themen mit aktuellem Bezug. Dabei
Deutsche Forschungsgemeinschaft58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
treten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit verschiedenen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus der Wissenschaftsstadt Bonn in Kontakt und beleuchten dadurch viele Facetten der jeweiligen Thematik. Die Podiumsdiskussion „Voreingenommenheiten und andere Formen von (Ir)rationalität“ im Dezember 2014 beschäftigte sich mit Fragen über Natur und Grenzen der Fähigkeit des Menschen, sich durch die Komplexitäten des alltäglichen Lebens zu navigieren. Die Veranstaltung „Welchen Takt hat die Stadt der Zukunft?“ vom 10. Juni 2015 stand im Kontext des Wissenschaftsjahres 2015 „Zukunftsstadt“. Ausgangspunkt der Diskussion war dabei der Befund, dass das moderne städtische Leben nicht nur einen ungekannten Wohlstand ermöglicht, sondern das Leben auch schneller macht und somit Zeiten des ungeplanten Leerlaufs kurz und selten sind. So wurden Fragen wie „Was bedeutet das für jeden Einzelnen?“ und „Wie sollte man darauf reagieren?“ aufgeworfen und nach dem Podiumsgespräch im Plenum diskutiert.
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Deutscher Hochschulverband im Zeitraum Juli 2014 bis Juli 2015
1. Mitgliederzahlen Der DHV, der sich ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen und kostenpflichtigen Dienstleistungen finanziert, strebt die Zahl von 30.000 Mitgliedern an. Die 30.000er Grenze soll 2016 überschritten werden. Zurzeit gehören dem DHV 29.273 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an. 2. Zukunft des wissenschaftlichen Nachwuchses Von zentraler Bedeutung für die Arbeit des DHV waren im Berichtsjahr die vielfältigen Bestrebungen, die Lage des sogenannten wissenschaftlichen Nachwuchses zu verbessern. Nach Auffassung des DHV ist dies in erster Linie durch eine Verbesserung der Stellensituation auf Professorenebene, in zweiter Linie durch eine Veränderung der Personalstruktur und der Qualifikationswege in der Universität und in dritter Linie durch punktuelle Verbesserungen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) zu erreichen. Leider ist in der Öffentlichkeit zu sehr der Eindruck entstanden, die Änderung des WissZeitVG sei von zentraler Bedeutung für die Lageverbesserung des wissenschaftlichen Nachwuchses. In Wirklichkeit geht es für den wissenschaftlichen Nachwuchs dabei aber nur um längere Befristungsmöglichkeiten. An der Befristung selbst und der unsicheren beruflichen Perspektive ändert sich wenig.
Mit großer Freude und Erwartung hat der DHV die Ankündigung eines eine Milliarde schweren Förderungsprogramms zur Schaffung neuer Professuren mit einer Valuta von ca. 1.000 zusätzlichen Professorenstellen aufgenommen. Sofern sich Bund und Länder einigen, was keineswegs als sicher unterstellt werden darf, könnte ab 2017 für den wissenschaftlichen Nachwuchs eine spürbare Verbesserung eintreten. Soweit es sich um ein Tenure-Programm handeln wird, kann dies nur den derzeit promovierenden und in der ersten Phase der Post-doc-Zeit befindlichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zugutekommen. Es wird – mit und ohne explizierte Altersgrenzen – aber für viele Nachwuchswissenschaftler, die heute in einem etwas vorgerückteren Alter ihrer Karriere sind, nicht mehr zu Hilfe kommen. Sie werden Opfer des u.a. durch die Exzellenzinitiative geschaffenen Flaschenhalses.
Unter Weiterführung der Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Zukunft wissenschaftlicher Karrieren aus dem Juli 2014 hat der DHV für die zukünftige Struktur von Karrierewegen zwischen der Promotionsphase und einer Universitätsprofessur das sogenannte „Y-Modell“ vorgeschlagen. Kernpunkt ist eine Differenzierung in wissenschaftsunterstützende Berufsbilder und einem wissenschaftlichen Nachwuchs, der sich auf den Weg zur Universitätsprofessur begibt. Diese Trennung soll nach der Post-doc-Phase vorgenommen werden. Der wissenschaftliche Nachwuchs soll von wissenschaftlichen Dienstleistungen befreit sein, selbständig und weisungsfrei arbeiten können und – je nach Fachrichtung oder Präferenz der Fakultät – sich qua Evaluation oder Habilitation qualifizieren. Der DHV schlägt dafür die international übliche Bezeichnung einer Assistenz Professur vor. Auf wissenschaftlichen Mitarbeiterstellen (zurzeit über 160.000 Stellen an Universitäten) soll zukünftig nur wissenschaftliche Dienstleistung, aber nicht mehr eine Eigenqualifikation mit dem Berufsziel Universitätsprofessur ermöglicht werden. Mit dem Y-Modell soll erreicht werden, dass jede Fakultät sich nach der Post-doc-Phase zu
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
„Wissenschaft als Beruf“
Qualifikation und Personalstrukturen in der Wissenschaft
nach der Promotion
(Resolution des 65. DHV-Tages in Mainz)
I. Ausgangslage
Der DHV hat zuletzt 2011 für „Mehr Engagement für den wissenschaftlichen Nachwuchs!“
geworben und sich unter anderem für mehr (politischen) Einsatz, mehr perspektivische
Sicherheit auf dem Weg in die Wissenschaft und für mehr Professorenstellen für den in
Deutschland in reichem Umfang vorhandenen hochqualifizierten Nachwuchs eingesetzt
(Anlage). In den seither vergangenen vier Jahren hat sich das Gesamtproblem eher ver- als
entschärft. Nach Einschätzung des DHV sind dafür vor allem folgende Entwicklungen und
Faktoren bestimmend:
1. Flaschenhalssituation
Durch die Exzellenzinitiative, den Hochschulpakt und den Pakt für Forschung und
Innovation, hat sich die Zahl der Qualifikationsstellen innerhalb weniger Jahre von 108.000
auf 158.000, nur gerechnet nach Maßgabe der wissenschaftlichen und künstlerischen
Mitarbeiterstellen, erhöht. Derzeit gibt es schätzungsweise 1.000 Nachwuchsgruppenleiter
und fast 1.500 Juniorprofessoren. Hinzu kommen jährlich 1.700 Habilitanden, die auf der
Suche nach einer qualifizierten Dauerbeschäftigung in der Wissenschaft sind. Dem stehen
an Universitäten und ihnen gleichgestellten Hochschulen derzeit rund 26.000 Professuren
gegenüber. Während die Kultusministerkonferenz ihre Prognosen für die
Studienanfängerzahlen fortlaufend nach oben korrigieren muss, hält die Zahl der
Professuren an wissenschaftlichen Hochschulen in Deutschland mit dem Studierendenboom
nicht Schritt. Bedarf an mehr Professuren ist vorhanden, aber für das Berufsziel „Professur“
fehlt es an Beschäftigungsmöglichkeiten – trotz einer im Vergleich zu anderen
Industrieländern geradezu vorbildlich differenzierten Wissenschaftslandschaft.
2. Brain-Drain
Obwohl es kaum belastbares Material gibt und geben kann, mehren sich die Stimmen, dass
Deutschland mehr qualifizierte Wissenschaftler verliert als hinzugewinnt1. Diese Annahme
1 Vgl. dazu Expertenkommission für Forschung und Innovation: Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2014, Berlin 2014, insbesondere S. 85ff. (http://www.e-fi.de/fileadmin/Gutachten_2014/EFI_Gutachten_2014.pdf).
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seinem eigenen wissenschaftlichen Nachwuchs durch die Zurverfügungstellung einer Assistenz Professur bekennt, ihn fördert, eine Vermengung von wissenschaftlicher Dienstleistung und Eigenqualifikation ausgeschlossen wird und die Chance des wissenschaftlichen Nachwuchses auf eine Universitätsprofessur, insbesondere mittels Tenure Track, erheblich gesteigert wird, was zu einer Reduzierung des sogenannten akademischen Präkariats führen würde. Die Einzelheiten des Modells liegen als Anlage 1 bei.
3. W-Besoldung Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Amtsunangemessenheit der W-Besoldung für Universitätsprofessoren in Hessen haben inzwischen alle Bundesländer – allerdings teilweise mit ungebührlicher Verzögerung – ihre Reformgesetze verabschiedet oder vorgelegt. Mit diesen Gesetzen ist der DHV samt und sonders nicht zufrieden. Das gilt insbesondere für die (partielle) „Anrechnung von Leistungsbezügen auf die erhöhten Grundgehälter“ (Konsumption). Daneben stellt sich die Frage, ob insbesondere in den „Leichtlohnländer“ der Erhöhungsbetrag für die Grundbesoldung den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes an eine amtsangemessene Grundbesoldung genügt.
Der DHV unterstützt zurzeit insgesamt acht Musterprozesse in mehreren Bundesländern mit dem Ziel, dass die beiden Grundfragen („Konsumption“ und „Amtsangemessenheit“) erneut dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werden. In zwei vom DHV nicht unterstützten Verfahren sind vor den Verwaltungsgerichten Trier und Würzburg erstinstanzlich klageabweisende noch nicht rechtskräftige Urteile in Sachen Konsumption ergangen.
Vor dem Hintergrund der allenthalben geforderten Verbesserung der Lage des wissenschaftlichen Nachwuchses hat es der DHV gegenüber aller Bundesländern scharf kritisiert, dass – trotz der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes Nordrhein-Westfalens zur „Nullrunde“, die explizit auf verfassungswidrige Sprünge in der Besoldungsordnung und auf das Ämterabstandsgebot rekurriert – die W1-Grundbesoldung der Juniorprofessoren nicht verbessert wurde. W3 zu erhöhen und W1 unberührt zu lassen, kann nur als Geringschätzung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch die 16 Bundesbesoldungsgesetzgeber gedeutet werden.
Bei aller notwendigen Kritik bleibt es ein großer Erfolg des DHV, dass fast 90 Prozent der Professorinnen und Professoren einzig und allein aufgrund der DHV-Musterklage vor dem Bundesverfassungsgericht höhere Bezüge haben als vorher.
4. „Nullrunde“ Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Richterbesoldung und vor dem Hintergrund der Entscheidung des nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichtshofes scheint es dem DHV für jeden Landesbesoldungsgesetzgeber nur noch mit äußerster Sorgfalt und großen Risiken möglich zu sein, Nullrunden verfassungsfest zu gestalten. Schon die Nichtübernahme von Tarifergebnissen erfordert einen erheblichen vom Bundesverfassungsgericht vorgeschriebenen zu dokumentierenden Abwägungs- und gestatteten Prüfungsaufwand. Insofern ist es nur folgerichtig, dass die gleichwohl in Hessen weiter geltende Ankündigung einer Nullrunde für das Kalenderjahr 2015 einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung unterzogen werden muss.
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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5. Promotionsrecht der Fachhochschulen
Im Berichtszeitraum haben die Länder Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Hessen und Brandenburg angekündigt, den Fachhochschulen ein institutionelles Promotionsrecht zu gewähren. Dabei ist zwischen unterschiedlichen Umsetzungsansätzen zu differenzieren. Der DHV sieht diese Entwicklung weiterhin sehr kritisch. Er setzt weiterhin auf eine Förderung der kooperativen Promotion, die im Freistaat Bayern „Verbundpromotion“ genannt wird. Ein beson- deres Augenmerk gilt bei allen unterschiedlichen Ansätzen, den Fachhochschulen ein eigenständiges Promotionsrecht zu gewähren, der Promotionsbefähigung von Fachhoch-schulabsolventen und der Forschungsqualifikation der als Prüfer in Promotionsverfahren tätigen Fachhochschullehrern. Mit der Erosion des Promotionsrechtes als Alleinstellungsmerkmal der Universitäten gerät die gesamte Architektur des Wissenschaftssystems ins Wanken. Mit welchem Recht will man einer Max-Planck-Gesellschaft ein Promotionsrecht verweigern, wenn es – bei allem Respekt – zweifelsfrei forschungsschwächeren Fachhochschulen eingeräumt wird?
6. Organisation der Universität Nach einer ersten Auswertung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes zur verfassungswidrigen Organisation der Medizinischen Hochschule Hannover nach dem Maßstab einer „substantiellen Gefährdung des organisatorischen Gesamtgefüges“ ergeben sich für mehrere Bundesländer tiefergehende Bedenken, dass ihre Landeshochschulgesetze mit den neuen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes nicht vereinbar sind. Auch dieses obsiegende Urteil vor dem Bundesverfassungsgericht ist auf Betreiben des DHV zurückzuführen. Kläger war der stellvertretende Landesverbandsvorsitzende des DHV in Niedersachsen. Grundsätzlich begrüßt der DHV die seit einigen Jahren deutlich werdende Linie des Bundesverfassungsgerichtes, der hierarchisierten Universität verfassungsrechtliche Grenzen zu setzen.
7. Medizin Die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin (AG Med) in der Bundesärztekammer, Marburger Bund, Medizinischer Fakultätentag, HRK, die Bundesvertretung der Medizinstudierenden, die Bundesvereinigung der Universitätskanzler, vertreten durch Herrn Kanzler Kaufmann, die AMWF und der DHV zusammenarbeiten, hat sich im Berichtszeitraum mit einer Verbesserung der Finanzierung der Hochschulmedizin, den Problemen, die in Hessen durch eine Privatisierung eines Universitätsklinikums entstanden sind, mit dem „Masterplan Medizinstudium 2020“ und der Neugründung von Medical Schools befasst.
8. Mentoring und Coaching Die Geschäftsstelle des DHV hat seine Bemühungen um eine weitere, Professionalisierung und Perfektionierung und seiner Dienstleistungen für die DHV-Mitglieder weiter vorangetrieben. Zwei von drei Berufungsfällen werden – allerdings mit unterschiedlicher Intensität – von den elf Justitiaren des DHV auf Seiten der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler begleitet. Diese Aufgaben bleiben Markenkern des DHV. Darüber hinaus sind inzwischen auch alle Justitiare als DHV-Landesgeschäftsführer unterwegs und haben damit eine weitere, wichtige Aufgabe übernommen.
Deutscher Hochschulverband58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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9. Gütesiegel Das vom DHV im Rahmen eines kooperativen Auditierungsprozesses mit den einzelnen Universitäten vergebene Gütesiegel „Faire und transparente Berufungsverhandlungen“ erfährt bei den Hochschulleitungen, und insbesondere bei den Kanzlern, Zustimmung und Zurückhaltung zugleich. Inzwischen haben die Universitäten RWTH Aachen, Universität Bremen, Universität Kaiserlautern, FH Hagen, die Universität zu Köln und die Universität Duisburg-Essen erfolgreich das Auditierungsverfahren durchschritten und werben mit diesem Siegel z.B. in Ausschreibungstexten. In gleicher Weise unterrichtet der DHV seine Mitglieder insgesamt und insbesondere diejenigen Mitglieder, die einen Ruf einer Universität mit diesem Gütesiegel erhalten haben, über die zu erwartenden guten und zertifizierten Rahmen- und Verhandlungsbedingungen. Auf die Berufenen hat dies mehr als nur psychologische Wirkung. Zurzeit sind zwei weitere Universitäten im Auditierungsverfahren begriffen.
10. DHV-Symposion Das DHV-Symposion 2014 war dem Thema „Ende der Privatheit“ gewidmet. Über 150 Teilnehmer diskutierten im Bonner Wissenschaftszentrum „Privatheit“ aus verschiedenen disziplinären Perspektiven. Die Zusammenführung und der Abgleich unterschiedlicher Fächerperspektiven zu aktuellen, die Öffentlichkeit bewegenden Fragen belebt den Streit der Fakultäten, vitalisiert die universitas litterarum und stärkt die Universität als Institution.
11. Leaders In Science (LIS) Die Personalberatung des DHV unterstützt Hochschulen bei der Besetzung von Leitungs-positionen, vor allem von Präsidenten, Rektoren, Kanzlern, aber auch von Fundraisern. Das Berichtsjahr war durch einen einschneidendes Ereignis gekennzeichnet: Im Oktober 2014 verstarb plötzlich und unerwartet der in den letzten Jahren wichtigste Personalberater von LIS, Herr Prof. Landfried. Zurzeit betreut LIS vier Beratungsfälle in vier unterschiedlichen Bundesländern.
12. DHV-DE Der wissenschaftsspezifische Übersetzungsservice des DHV erzielt eine überproportionale Steigerung von Nachfragen. Die Dienstleistung reicht von einem kritischen Gegenlesen (z.B. eines Aufsatzes in einer hoch gerankten Zeitschrift oder von Bewerbungsunterlagen) bis zur Vollübersetzung. Flankierend dazu gibt der DHV im Herbst 2015 ein Deutsch-Englisches / Englisch-Deutsches Wörterbuch für die Fachsprache Hochschule (Forschung, Lehre, Management) heraus.
13. Weitere Schwerpunktthemen Im Übrigen hat sich der DHV mit vielen Einzelproblemen der 16 Bundesländer, mit der Situation der Lehrbeauftragten (Anlage 2), mit der Chancengerechtigkeit durch barrierefreie Hochschulschulen (Anlage 3), mit den politischen Schuldzuweisungen für universitäre Abbrecherquoten (Anlage 4), der bildungspolitischen Diskussion um den vermeintlichen oder wirklichen „Akademisierungswahn“ (Anlage 5) und der „Transparenz bei Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft“ (Anlage 6) ausführlich befasst.
gez. Hartmer 3.07.2015
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
„Wissenschaft als Beruf“ Qualifikation und Personalstrukturen in der Wissenschaft
nach der Promotion (Resolution des 65. DHV-Tages in Mainz)
I. Ausgangslage
Der DHV hat zuletzt 2011 für „Mehr Engagement für den wissenschaftlichen Nachwuchs!“ geworben und sich unter anderem für mehr (politischen) Einsatz, mehr perspektivische Sicherheit auf dem Weg in die Wissenschaft und für mehr Professorenstellen für den in Deutschland in reichem Umfang vorhandenen hochqualifizierten Nachwuchs eingesetzt (Anlage). In den seither vergangenen vier Jahren hat sich das Gesamtproblem eher ver- als entschärft. Nach Einschätzung des DHV sind dafür vor allem folgende Entwicklungen und Faktoren bestimmend:
1. Flaschenhalssituation Durch die Exzellenzinitiative, den Hochschulpakt und den Pakt für Forschung und Innovation, hat sich die Zahl der Qualifikationsstellen innerhalb weniger Jahre von 108.000 auf 158.000, nur gerechnet nach Maßgabe der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterstellen, erhöht. Derzeit gibt es schätzungsweise 1.000 Nachwuchsgruppenleiter und fast 1.500 Juniorprofessoren. Hinzu kommen jährlich 1.700 Habilitanden, die auf der Suche nach einer qualifizierten Dauerbeschäftigung in der Wissenschaft sind. Dem stehen an Universitäten und ihnen gleichgestellten Hochschulen derzeit rund 26.000 Professuren gegenüber. Während die Kultusministerkonferenz ihre Prognosen für die Studienanfängerzahlen fortlaufend nach oben korrigieren muss, hält die Zahl der Professuren an wissenschaftlichen Hochschulen in Deutschland mit dem Studierendenboom nicht Schritt. Bedarf an mehr Professuren ist vorhanden, aber für das Berufsziel „Professur“ fehlt es an Beschäftigungsmöglichkeiten – trotz einer im Vergleich zu anderen Industrieländern geradezu vorbildlich differenzierten Wissenschaftslandschaft. 2. Brain-Drain Obwohl es kaum belastbares Material gibt und geben kann, mehren sich die Stimmen, dass Deutschland mehr qualifizierte Wissenschaftler verliert als hinzugewinnt1. Diese Annahme
1 Vgl. dazu Expertenkommission für Forschung und Innovation: Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2014, Berlin 2014, insbesondere S. 85ff. (http://www.e-fi.de/fileadmin/Gutachten_2014/EFI_Gutachten_2014.pdf).
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gilt vielleicht nicht für die international gesuchten Spitzenwissenschaftler. Für diese hat Deutschland inzwischen durchaus attraktive Angebote geschaffen. Sie gilt aber für diejenigen, die eine solche Exzellenzprofessur nicht erreichen konnten, gleichwohl aber national und international sehr renommiert sind. 3. Keine gesicherte Perspektive Gerade im internationalen Vergleich macht es sich zunehmend als Wettbewerbsnachteil bemerkbar, dass es für den hochbefähigten wissenschaftlichen Nachwuchs zu wenig perspektivische Sicherheit für seine berufliche Zukunft in Deutschland gibt. Lediglich 15 Prozent der Juniorprofessuren als bundesweit vertretene Personalkategorie und die Assistant Professur der TU München (jährlich 20 Wissenschaftler) kennen einen Tenure Track. Das scheint im internationalen Vergleich zu wenig zu sein. 4. Anstieg befristeter Anstellungen Mangels auskömmlicher Grundfinanzierung sind die deutschen Universitäten zur Erhaltung haushalterischer Flexibilität darauf angewiesen, möglichst viele befristete Arbeitsverhältnisse zu unterhalten. Das führt dazu, dass inzwischen neun von zehn wissenschaftlichen Mitarbeiter an Universitäten befristet eingestellt sind. 5. Wettbewerbsdruck Der internationale Wettbewerb der Universitäten um die besten Köpfe, von dessen Erfolg Renommee, Rankingplätze, Drittmitteleinkommen und Zukunft einer Hochschule maßgeblich abhängen, hat an Dynamik und Härte weiter zugenommen.
II. Reformvorschläge In der vorangehend beschriebenen Problemanalyse besteht weitgehend Einigkeit. Neben den vom DHV 2011 unterbreiteten Vorschlägen für eine Verbesserung der Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses sind kurz zusammengefasst insbesondere folgende Reformvorschläge bislang unterbreitet worden:
1. Beschluss des Deutschen Bundestages vom 27.06.20132 − Der Bundestag hat die Länder aufgefordert, die unsichere Lage des
wissenschaftlichen Nachwuchses zu verbessern. − Die Vertragsdauer wissenschaftlicher Mitarbeiter soll grundsätzlich dem
erforderlichen Zeitbedarf für das Qualifikationsvorhaben entsprechen. − Keine Befürwortung von Dauerstellen für reine Lehrtätigkeit ohne
Forschungsbezug. − Einführung der Associate Professur als unbefristete Position für die besten
Nachwuchswissenschaftler (mit W2- oder W3-Besoldung).
2 Gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen hatte der Deutsche Bundestag den Antrag der CDU/CSU-Fraktion und der FDP-Fraktion „Exzellente Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs fortentwickeln“, BT-Drs. 17/9396 (=http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/093/1709396.pdf) angenommen
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Fehler! Unbekanntes Schalterargument.
− Aufgabe der Juniorprofessur zu Gunsten einer Assistenz-Professur, wodurch internationale Vergleichbarkeit mit dem französischen „Professeur assistant“ und dem amerikanischen „Assistant Professor“ hergestellt werden soll.
2. Hochschulrektorenkonferenz − Forderung 3000 Bundesprofessuren (ohne Kapazitätsanrechnung) zusätzlich zur
Verfügung zu stellen3. − 2014 hat die HRK die Mitgliedshochschulen aufgefordert, Personalentwicklungs-
konzepte zu erstellen4. 3. TUM Faculty Tenure Track − Nicht als Konzept oder Forderung, sondern als praktiziertes Reformmodell hat die
TU München 2012 ein komplett neues Karrieresystem etabliert5. − Herausragende Post-docs erhalten als Assistant Professor mit W2-Besoldung frühe
Selbständigkeit und die Perspektive nach Maßgabe von erfolgreichen Evaluationen nach sechs Jahren zum Associate Professor, danach zum Full Professor (W3) auf Dauer aufzusteigen.
− Die Juniorprofessur wird aufgegeben. Die Fakultät wird durch diese zusätzlichen TUM Faculty Tenure Track-Professuren um 20 Prozent vergrößert.
4. Junge Akademie − Votum für eine schrittweise Abschaffung des Lehrstuhlsystems. − Kostenneutrale Erhöhung der Anzahl der Professuren durch Überführung von
Mitarbeiterstellen in befristete Juniorprofessuren und dauerhafte Professuren6. 5. GEW − Sicherheit und Planbarkeit wissenschaftlicher Karrieren durch unbefristete
Beschäftigungsverhältnisse. − Befristungen an Projektdauer ausrichten. − Ausbau von Tenure Track. − Verhaltenskodizes für gute Arbeit in der Wissenschaft7.
6. Wissenschaftsrat − Der Wissenschaftsrat, der in 2007 noch vorgeschlagen hatte 8, mittelfristig jede
fünfte Professur als sogenannte Lehrprofessur auszuweisen und mit 12 Semesterwochenstunden Lehrdeputat zu belegen, hat im Juli 2014 eine
3 Vgl. dazu Künftiger Beitrag des Bundes zur Finanzierung der Hochschulen. Entschließung der 124. Senats der Hochschulrektorenkonferenz, 11.6.2013, Berlin 2013 (=http://www.hrk.de/uploads/media/Entschliessung_Bundesbeitrag_11062013.pdf).
4 Vgl. dazu den Orientierungsrahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nach der Promotion und akademischer Karrierewege neben der Professur. Empfehlung der 16. HRK-Mitgliederversammlung am 13.5.2014, Frankfurt 2014 (http://www.hrk.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/meldung/hrk-empfehlung-zur-verbesserten-foerderung-von-nachwuchswissenschaftlern-3444/). 5 Vgl. dazu die Pressemitteilung der Technischen Universität München vom 9. August 2012, „Echte Karrierechancen für junge Forscher“ (http://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/lang/article/30012/). 6 Vgl. dazu AG Wissenschaftspolitik der Jungen Akademie: Nach der Exzellenzinitiative: Personalstruktur als Schlüssel zu leistungsfähigeren Universitäten , Berlin 2013 (=http://www.diejungeakademie.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Personalstruktur_2013.pdf). 7 Vgl. dazu insbesondere Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft: Templiner Manifest, Templin 2010 (=http://www.gew.de/Templiner_Manifest.html). 8 Vgl. dazu Wissenschaftsrat: Empfehlungen zu einer lehrorientierten Reform der Personalstruktur an Hochschulen, Berlin 2007 (Drs. 7721-07) (http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/7721-07.pdf).
Deutscher Hochschulverband
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umfassende Neubewertung des Problems „Wissenschaftliche Karriere“ vorgenommen.
− Der Wissenschaftsrat empfiehlt, zusätzliche „Tenure Track-Professuren nach der Post-doc-Phase“ zu installieren. Bis 2025 soll ein schrittweiser Aufwuchs um insgesamt 7.500 Professuren erfolgen, so dass der Anteil der Tenure Track-Professuren bis dahin etwa 1/5 aller Professuren insgesamt betragen soll9.
III. Grundposition des DHV 1. Vielfalt der Qualifikationswege zur Professur beibehalten und fortentwickeln
a) Rechtlich und faktisch gibt es zurzeit in Deutschland mindestens sieben Wege, um sich nach der Promotion für eine Universitätsprofessur zu qualifizieren: − Habilitation (zumeist auf einer befristeten Mitarbeiterstelle) − Juniorprofessur (Laufzeit sechs Jahre) − Nachwuchsgruppenleiter (z.B. ERC-Grant oder Emmy Noether-Stipendiaten) − Assistant Professur mit Tenure Track auf Associate Professur (TU München) − Wissenschaftliche Qualifikation auf einer Stelle als wissenschaftlicher
Mitarbeiter − Qualifikation in der Praxis (z. B. Berufung aus der Industrie) − Qualifikation in einem nicht deutschen Universitätssystem (Berufung aus dem
Ausland) b) Die derzeitige Vielfältigkeit der keineswegs abschließend dargestellten
Qualifikationswege beruht nach Auffassung des DHV vor allem auf folgenden Faktoren: − Aufgabe eines einheitlichen Personalkonzeptes für den wissenschaftlichen
Nachwuchs durch Wegfall des Hochschulrahmengesetzes (HRG). − Stattdessen: Einführung des Wettbewerbsföderalismus, der sich auch in der
Veränderung alter und der Erfindung neuer Personalstrukturen niedergeschlagen hat.
− Aufgrund des Wettbewerbsdrucks: Höhere Autonomie der Universitäten. − Vertiefung der Unterschiede von Fachkulturen, unterschiedliches
Rekrutierungs- und Qualifikationsverfahren für unterschiedliche Fächer. c) Der DHV hält es weder für realistisch noch für wünschenswert, diese Vielfalt
der Qualifizierungswege einzuschränken oder neu zu formatieren. Er hält es vor allem für eine Aufgabe der Fächer über die jeweils für das einzelne Fach angemessenen Qualifikationswege zu bestimmen. Ob und inwieweit beispielsweise die Habilitation eine nicht in jedem Fall notwendige, aber wünschenswerte Regelvoraussetzung für die Berufung auf eine Universitätsprofessur ist, sollte vornehmlich in der Hand des Faches liegen.
d) Ergänzend und damit verschränkt ist es darüber hinaus Aufgabe jeder einzelnen Hochschule, nach dem für sie richtigen und passenden Grundkonzept ihre Personalstruktur zu organisieren. Nicht für jede deutsche Hochschule wird das
9 Vgl. dazu Wissenschaftsrat: Empfehlungen zu Karrierezielen und –wegen an Universitäten, Dresden 2014 (=Drs. 4009-14) (=http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4009-14.pdf).
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Konzept der TUM passen. Wichtig ist allerdings, dass jede Universität im Rahmen ihrer Autonomie ein solches Personalentwicklungskonzept für den wissenschaftlichen Nachwuchs erarbeitet.
e) Dem einzelnen Bundesland als Träger der Universitäten kommt in diesem Konzept vor allem die Aufgabe zu, die von den Universitäten gewünschten und favorisierten Personalkategorien im jeweiligen Landeshochschulgesetz vorzuhalten und in Abstimmungen mit den Universitäten näher auszugestalten. Daneben bleibt das Land der finanzielle Gewährträger für die Entwicklung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
2. Trennung von wissenschaftlichen Mitarbeiterstellen und Qualifikationsstellen
(Y-Modell) a) Zu den Ungereimtheiten der derzeitigen Personalstruktur gehört die Fiktion, dass
dem Grunde nach alle 158.000 wissenschaftlichen Mitarbeiter an Universitäten und ihnen gleichgestellten Hochschulen, davon 90 Prozent auf befristeten Stellen, auf eine Universitätsprofessur berufbar seien. Die Fiktion, dass es nur von der individuellen Tüchtigkeit und Qualifikation des wissenschaftlichen Mitarbeiters abhänge, ob dieses Ziel erreicht werde, hat zweifelsfrei systemische Vorteile. Unter anderem ist damit für fast jede zu besetzende Professur ein zumeist ausreichend großes Reservoir an qualifizierten Bewerbern vorhanden und die individuelle Hoffnung des einzelnen wissenschaftlichen Mitarbeiters, das Endziel Professur zu erreichen, wirkt motivations- und leistungsfördernd. Andererseits darf aber nicht verkannt werden, dass schon angesichts der Zahlenverhältnisse diese systemischen Vorteile mit tiefgehenden persönlichen Enttäuschungen, volkswirtschaftlichen Fehlallokationen und mit einer institutionalisierten persönlichen Abhängigkeit von Wissenschaftlern bis weit über die Mitte ihres Lebens hinaus bezahlt wird und verbunden ist.
b) Vor diesem Hintergrund plädiert der DHV10 für eine stärkere Trennung zwischen wissenschaftlichen Mitarbeitern und Qualifikationsstellen. Nach der Post-doc-Phase sollte es eine Grundsatzentscheidung geben, ob ein junger Nachwuchswissenschaftler die Karriere als wissenschaftlicher Mitarbeiter oder als zukünftiger Hochschullehrernachwuchs einschlägt. Die Zulassung zum Hochschullehrernachwuchs bedarf eines Qualifikationsverfahrens, das berufungsadäquat ist.
c) Eine solche Weggabelung (Y-Modell) hat für den wissenschaftlichen Nachwuchs, der nicht eine Stelle oder Förderung auf einer Qualifikationsstelle erreicht, zum einen den Vorteil, dass er frühzeitig andere Wege innerhalb, aber auch außerhalb der Universität einschlagen kann und zum anderen, dass die als Hochschullehrernachwuchs ausgemachten und qualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine bessere individuelle Förderung, einen konzentrierteren Qualifikationsweg und auch eine weitaus bessere Perspektive auf eine Lebenszeitprofessur erhalten können.
10 In Vertiefung seiner 2011 (Anlage 1, Punkt. III 5) vorgenommenen Überlegungen.
Deutscher Hochschulverband
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d) Auf diese Weise könnte das (wissenschaftliche) „Saatgut der Nation“ als solches besser erkennbar sein und mit einer deutlich stärkeren Gewähr- und Verpflichtungsübernahme von Universität und Land gefördert werden. An den bisherigen Qualifikationswegen (Habilitation, Evaluationen bei Juniorprofessoren und Nachwuchsgruppenleitern) würde sich nichts ändern. Allen Qualifikationsstellen gemein sollte aber eine weitgehende Unabhängigkeit des Hochschullehrernachwuchses sein.
e) Der DHV schlägt vor, diese Qualifizierungsstellen für den Hochschullehrer-nachwuchs als Assistenzprofessur (Assistant Professor) zu bezeichnen. In dieser Personalkategorie könnten Habilitanden, Juniorprofessoren und Nachwuchs-gruppenleiter aufgehen. Wie bei bislang allen Modellen der Qualifizierung von wissenschaftlichem Nachwuchs bedarf es im Einzelnen eines Mentorensystems, mit dem verfahrensmäßig und institutionell die Verantwortung der Fakultät für ihren wissenschaftlichen Nachwuchs gewährleistet wird.
f) Durch das hier vorgeschlagene Y-Modell wird für den Haupt- und Regelweg der Qualifikation, die Habilitation, sichergestellt, dass sie gegenüber anderen Qualifikationswegen nicht benachteiligt wird. Assistant Professoren, die sich habilitieren, können in gleicher Weise mit einem „Tenure Track“ versehen werden. Klar ist damit auch, dass auf wissenschaftlichen Mitarbeiterstellen nicht mehr habilitiert werden sollte (siehe dazu auch die folgende Ziff. 3)
3. Zukunft des wissenschaftlichen Mitarbeiters
a) Nach der hier vorgeschlagenen Differenzierung von wissenschaftlichen Mitarbeiterstellen und Qualifikationsstellen ist es konsequent, dass nach Wegfall der Dienstaufgabe „Qualifikation“ für wissenschaftliche Mitarbeiter die Möglichkeiten größer werden, nach entsprechender Erprobung und positiver Evaluation wissenschaftliche Dienstleistungsaufgaben auch unbefristet wahrnehmen zu können. Zu solchen Aufgaben gehören beispielsweise von der Fakultät vorher zu bestimmende Teile der Lehre, soweit sie nicht von Universitätsprofessoren wahrgenommen werden können oder sollen, aber auch wissenschaftliche Dienstleistungen mit Dauerfunktion, z.B. in den Funktionen des ehemaligen Oberingenieurs oder des bis heute erhaltenen Oberarztes.
b) Neben oder auch anstelle dieser wissenschaftlichen Dienstleistung findet sich in der modernen Universität auch das Feld der wissenschaftsunterstützenden Dienstleistung. Dabei handelt es sich nicht um eine unmittelbar wissenschaftliche Arbeit in Forschung, Lehre und Krankenversorgung, sondern um wichtige und immer wichtiger werdende Unterstützungsaufgaben von Forschung und Lehre. Diese Aufgaben fallen z.B. an im Bereich der Qualitätssicherung, bei der Unterstützung von Drittmittelakquisition und –abwicklung, bei der Prüfungsver-waltung oder auch bei der Geschäftsführung und Administration einer Fakultät oder eines Dienstleistungszentrums. Für diesen wissenschaftsnahen und wissenschaftsunterstützenden Bereich, dessen Notwendigkeit allerdings stetiger Überprüfung bedarf, weil er Stellenkontingente in Anspruch nimmt, die der Wissenschaft nicht mehr zur Verfügung stehen, bedarf es der Entwicklung von Berufsbildern und Qualifikationswegen.
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Fehler! Unbekanntes Schalterargument.
c) In diesem Konzept ist es im Weiteren schlüssig, aber auch notwendig, die auf eine Professur zielende Eigenqualifikation der wissenschaftlichen Mitarbeiter nach der Post-doc-Phase auch arbeits- und dienstrechtlich nicht mehr zur Dienstaufgabe zu machen.
d) Das hier vorgeschlagene Y-Modell einer stärkeren Differenzierung zwischen wissenschaftlicher Dienstleistung und wissenschaftlicher Qualifikation wird nur dann funktionabel sein, wenn im Einzelfall bei begründeten Ausnahmen auch der Weg von einer Qualifikationsstelle zu einer wissenschaftlichen Mitarbeiterstelle und umgekehrt möglich bleibt. Da die Dienstaufgaben aber in beiden Kategorien deutlich umschrieben und voneinander separiert sind, dürften sich solche Ausnahmen allenfalls in der unmittelbaren Zeit nach der Weggabelung des Y-Modells ergeben.
e) Bei einer Trennung von Qualifikation und wissenschaftlicher Dienstleistung würde sich für den späteren Hochschullehrernachwuchs die Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter auf die Promotionszeit und die Post-doc-Zeit beschränken.
f) Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz bleibt von diesem Modell weitgehend unberührt.
4. Mehr Tenure Track für Qualifikationsstellen
a) Der DHV hält die vom Wissenschaftsrat vorgeschlagene Quote von ca. 25 Prozent (bis 2025) von Tenure Track-Stellen als Zielgröße für akzeptabel, insbesondere unter der Voraussetzung, dass tatsächlich 7.500 neue Professorenstellen bis zu diesem Zeitpunkt geschaffen würden. Nach Maßgabe des Vorstehenden hält der DHV es allerdings weiterhin für richtiger, den Fakultäten und Universitäten im Rahmen ihres Personalplanungskonzeptes größtmögliche Freiheit über die Zahl von Tenure Track-Stellen zu geben. Zweifelsfrei kann und sollte eine Hochschule nur einen Teil der Professorenstellen mit Nachwuchswissenschaftlern der eigenen Universität über den Tenure Track besetzen. Auch zukünftig wird jede Universität einen wesentlichen Teil der Professuren mit Bewerbern von außen besetzen.
b) Tenure Track und das rechtliche oder wissenschafts-ethisch motivierte Verbot der Hausberufung stehen im Widerspruch zueinander. Der DHV plädiert dafür, die für Juniorprofessoren in den meisten Bundesländern geltenden Regelungen auch auf Tenure Track-Stellen anzuwenden. Danach darf eine Tenure Track-Stelle nur dann vergeben werden, wenn der Stelleninhaber vor Antritt der Stelle die Universität gewechselt hat oder während seiner Doktoranden- oder Post Doc-Zeit mindestens zwei Jahre außerhalb der die Tenure Track-Stelle vergebenden Universität gearbeitet hat. Dem steht der Ruf auf eine Juniorprofessur oder vergleichbare Position an eine andere Universität gleich.
c) Ein Tenure Track macht aus Sicht des DHV nur dann Sinn, wenn er stellenmäßig hinterlegt ist. Ein Tenure Track unter Haushalts- und Stellenvorbehalt ist kein Tenure Track. Gerade vor diesem Hintergrund sind Tenure Track-Stellen als vorgezogene Berufungen ein etabliertes und wirksames Mittel der Personalplanung.
d) Tenure Track-Stellen sind auch ein Mittel des Wettbewerbs. Der DHV sieht in der Tenure Track-Option auch ein Mittel, in Berufungsverfahren nach Maßgabe der
Deutscher Hochschulverband
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Fehler! Unbekanntes Schalterargument.
Bewerberlage flexibel zu reagieren oder während der Qualifikationszeit mit dem Tenure Track Bleibebindungen zu erzeugen. Die mit einem solchen flexiblen Einsatz des Tenure Tracks verbundenen haushaltsrechtlichen Schwierigkeiten dürfen allerdings dabei nicht übersehen werden.
5. Zusätzliche Professuren und deren Finanzierung
a) Der DHV unterstützt die Empfehlung des Wissenschaftsrates, kapazitätsneutral zusätzliche 7.500 Professuren zu schaffen. Ohne sich auf Zahlen einzulassen, hat der Wissenschaftsrat empfohlen, diese neuen Professuren aus zusätzlichen, neuen Finanzmitteln, die Bund und Länder zur Verfügung stellen müssten, aber auch aus der Umwidmung von wissenschaftlichen Mitarbeiterstellen zu finanzieren. Mit Letzterem nimmt der Wissenschaftsrat einen Vorschlag der Jungen Akademie auf.
b) Der DHV steht diesem Vorschlag skeptisch gegenüber. Nach Maßgabe einzelner universitärer Personalentwicklungskonzepte mag es aus fachlichen und strukturellen Gründen sinnvoll und notwendig sein, frei werdende Mitarbeiterstellen zu Professuren umzuwidmen. Als flächendeckende Methode der Finanzierung von Professuren hält der DHV dies für einen problematischen Weg. Es darf nicht übersehen werden, dass die wissenschaftlichen Mitarbeiter, einen wesentlichen und unverzichtbaren Beitrag für die erfolgreiche Einwerbung und Abwicklung von Drittmittelvorhaben leisten. Viele Lehrstühle mit einer Vielzahl von Mitarbeitern sind nur aufgrund ihrer Größe in der Lage, die Drittmittelvolumina zu generieren, auf die die deutsche Universität angesichts ihrer schlechten Grundfinanzierung angewiesen ist. Im Weiteren hält der DHV, bei aller Notwendigkeit einer Differenzierung, nichts von einer Universitätsprofessur, die ihren Namen mangels ausreichender Ausstattung oder ausufernder Lehrverpflichtungen nicht verdient. Er hält nach Maßgabe des hier niedergelegten Konzeptes an der Dreiteilung von Universitätsprofessuren, Qualifikations-professuren und wissenschaftlichen Dienstleistern fest. Im Übrigen widersetzt er sich nach den Erfahrungen der 70er und 80er Jahre jeder Form der Überleitung von wissenschaftlichen Mitarbeitern zu Professoren außerhalb von regulären Berufungsverfahren.
6. Weitere Karriereaspekte
Im Hinblick auf die für den wissenschaftlichen Nachwuchs und den Mittelbau wichtigen Punkte „angemessene Bezahlung“,“ Erstberufungsalter“, „Vereinbarkeit von Wissenschaft und Familie“ und „Karrierezentren für nicht berufene Wissenschaftler“ erneuert und bestätigt der DHV seine 2011 aufgestellten Grundsätze und Forderungen.
Mainz, 24. März 2015
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Resolution des 61. DHV-Tages in Potsdam
„Mehr Engagement für den wissenschaftlichen Nachwuchs!“
I. Die Bedeutung des wissenschaftlichen Nachwuchses
Das Gedeihen von Gesellschaft und Kultur ist für Staaten wie die Bundesrepublik, de-
ren wichtigste Ressource kluge Köpfe sind, eine Überlebensfrage. Der wissenschaftli-
che Nachwuchs an den Universitäten personifiziert einen großen und bedeutenden Teil
der Innovationsfähigkeit unseres Landes. Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nach-
wuchswissenschaftler stellen zugleich die künftigen akademischen Lehrer der Funkti-
onseliten. Der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses kommt daher zentrale
Bedeutung zu. Mit großer Sorge hat der Deutsche Hochschulverband wiederholt kon-
statieren müssen, dass Deutschland dieser Kernaufgabe nur unzureichend nachkommt.
II. Die Sorgen des wissenschaftlichen Nachwuchses Die Zukunftsaussichten des wissenschaftlichen Nachwuchses haben sich in den letzten
Jahren trotz Hochschulpakt und Exzellenzinitiative eher verschlechtert als verbessert.
Der DHV macht diesen Befund an folgenden Tatsachen fest:
1. Streichung von Professorenstellen
Die Zahl der Universitätsprofessuren stagniert trotz steigender Studierendenzah-
len. Seit über zehn Jahren gibt es in Deutschland kaum mehr als 24.000 Univer-
sitätsprofessuren. Die Berufungs- und Berufschancen des wissenschaftlichen
Nachwuchses sind mithin objektiv schlechter als vor zehn Jahren. Es steht zu-
dem zu befürchten, dass das Wissenschaftssystem in Deutschland durch gezielte
Programme wie z. B. die Exzellenzinitiativen immer mehr qualifizierte Wissen-
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands Deutscher Hochschulverband
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schaftler hervorbringt, die durch einen immer enger werdenden Flaschenhals zur
Professur gelangen wollen.
2. Unberechenbare Karriere und sozialer Absturz
Für das Gelingen einer Karriere in der Wissenschaft sind die Unberechenbar-
keiten einer Haushaltslage häufig entscheidender als die nachweisbar erbrachte
Leistung. Dieses Gefühl von Ohnmacht entmutigt viele Nachwuchswissen-
schaftler. Auch für den hochqualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchs gibt
es keine ausreichend gesicherte Perspektive für eine Karriereplanung. Weil es
an gesicherten fächerspezifischen Informationen über die Berechenbarkeit von
Karrierechancen fehlt, bleibt das Gelingen einer wissenschaftlichen Karriere bis
zur Erstberufung eine Zitterpartie. Nachwuchswissenschaftler sind viel zu oft
auf sich gestellte Einzelkämpfer, die sich zeitlich befristet von Stelle zu Stelle
oder Stipendium hangeln. Statt W2 oder W3 droht am Ende eines langjährigen
Qualifikationsweges Hartz IV.
3. Hohes Erstberufungsalter
Das durchschnittliche Alter für die Erstberufung auf eine Professur liegt hierzu-
lande im Mittel bei 41 Lebensjahren. Für eine berufliche Neuorientierung ist
das im Falle eines Scheiterns einer akademischen Karriere zu spät.
4. Unattraktive Bezahlung
Im Gegensatz zu anderen Lebens- und Arbeitsbereichen, in denen eine zeitliche
Befristung und unsichere Perspektiven mit einem finanziellen Risikozuschlag
ausgeglichen werden, hat sich die finanzielle Situation des wissenschaftlichen
Nachwuchses weiter verschlechtert. Die oft inakzeptable Honorierung von
Lehraufträgen und Lehrstuhlvertretungen, auf die viele Nachwuchswissen-
schaftler essentiell angewiesen sind, die niedrigen Entgelte für wissenschaftli-
che Mitarbeiter und Juniorprofessoren und die gerade für Nachwuchswissen-
schaftler als Spargesetz wahrgenommene „W-Besoldung“ eröffnen keine at-
traktive Karriere.
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
3
5. Nachwuchswissenschaftler in der Sackgasse
Wer den Sprung auf eine Professur in Deutschland verpasst, hat in der Univer-
sität kaum noch Berufschancen. Stellen als unbefristete wissenschaftliche Mit-
arbeiter sind selten. Unvollendete akademische Karrieren führen stattdessen in
ein Nischendasein als oftmals unbezahlter Lehrbeauftragter. Die chronische
Unterfinanzierung der Hochschulen führt dazu, dass viele Fakultäten fast die
Hälfte ihres Lehrprogramms mit Lehrbeauftragten bestreiten müssen – mit stei-
gender Tendenz.
III. Bessere Förderung für den wissenschaftlichen Nachwuchs
Der DHV appelliert an Bund und Länder, ihrer Verantwortung für den wissenschaftli-
chen Nachwuchs in Deutschland durch bessere und attraktivere Karrieremöglichkeiten
gerecht zu werden. 1 Dazu sind folgende Maßnahmen notwendig und geeignet:
1. Mehr Professuren
Die Zahl der Universitätsprofessuren muss bundesweit deutlich steigen. Um sich
wie die Schweiz der Relation von 40 Studierenden pro Universitätsprofessor zu
nähern, müssen Bund und Länder zusätzliche Universitätsprofessuren einrich-
ten. Das käme dem wissenschaftlichen Nachwuchs, aber auch den Studierenden
zugute, die sich im globalen Wettbewerb um Arbeitsplätze mit einer wissen-
schaftlich fundierten (Aus-)Bildung profilieren wollen.
2. Senkung des durchschnittlichen Erstberufungsalters
Um die Attraktivität einer wissenschaftlichen Karriere zu erhöhen, begrüßt der
Deutsche Hochschulverband gezielte Maßnahmen, die auf eine Reduzierung
des durchschnittlichen Erstberufungsalters von derzeit 41 Jahren auf eine Uni-
versitätsprofessur zielen. So haben diejenigen, die nicht zum Zuge kommen,
mehr Zeit, sich beruflich neu zu orientieren. Zwischen Promotion und Beru-
fungsfähigkeit sollten im Regelfall nicht mehr als sechs Jahre liegen. Die Beru-
fung von Bewerberinnen und Bewerbern in einem frühen Lebensalter kann eine
Variable der leistungsorientierten Mittelvergabe sein, um Anreize für die Errei-
chung dieses Ziels zu setzen.
1 Vgl. zuletzt die Resolution des 58. DHV-Tages „Zur Zukunft des wissenschaftlichen Nachwuchses“, Stuttgart, 2008.
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands Deutscher Hochschulverband
4
3. „Tenure track“
Nachwuchswissenschaftler brauchen mehr planbare Perspektiven. Dazu gehö-
ren „Tenure-track“-Stellen, die nach einer positiven evaluierten Qualifikations-
zeit eine unbefristete Beschäftigungsperspektive als Professor eröffnen. Wenn
ausländische Universitäten im globalen Wettbewerb um die besten Köpfe sol-
che konkreten Perspektiven für hochqualifizierte Nachwuchswissenschaftler
anbieten, muss es einer deutschen Universität möglich sein, beim Instrumenta-
rium der Personalbindung und –gewinnung gleichzuziehen.
Allerdings kann nicht jede Nachwuchsstelle mit einer „tenure track“-Option
ausgeschrieben und vergeben werden. „Tenure track“ ist ein Mittel der Exzel-
lenzförderung. Über die Ausschreibung als „tenure track“-Stelle sollte aus-
schließlich die Fakultät selbst entscheiden. Der „tenure track“ muss sich zudem
auf alle Qualifikationswege erstrecken. Habilitanden und Nachwuchsgruppen-
leiter dürfen nicht von dieser Option ausgeschlossen bleiben.
4. Gleichwertige Qualifikationswege zulassen und fördern
Zur Professur führt kein „Königsweg“. Die wissenschaftlichen Qualifikations-
wege Habilitation, Juniorprofessur oder Leiter einer Nachwuchsgruppe (z.B. im
Rahmen des Emmy-Noether-Programms) stehen nach Ansicht des DHV
gleichwertig nebeneinander. Nach Maßgabe der Fächerkultur, der Präferenzen
einer Fakultät, vor allem aber nach Maßgabe der Entscheidung des einzelnen
Nachwuchswissenschaftlers selbst soll einer dieser drei gleichwertigen Qualifi-
kationswege gewählt werden. Davon unberührt bleibt insbesondere in den tech-
nischen Fächern die traditionelle Berufung von außen, z. B. aus der Industrie.
5. Mehr Eigenständigkeit und Unabhängigkeit
Der DHV setzt sich für eine größere Eigenständigkeit und Unabhängigkeit des
wissenschaftlichen Nachwuchses ein. Idealiter sollte sich das Maß der Eigen-
ständigkeit am erreichten Qualifikationsstand orientieren. Die Personalkategori-
en „Juniorprofessor“ und „Leiter einer Nachwuchsgruppe“ sind auch aufgrund
der eingeräumten Selbständigkeit für Nachwuchswissenschaftler attraktiv. Die-
ser leistungsfördernde Vorteil sollte auf andere Qualifizierungsstellen übertra-
gen werden. Das setzt voraus, dass anhand der personal- und dienstrechtlichen
198
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
5
Einordnung definiert wird, wer mit welchem zeitlichen Anteil zum wissen-
schaftlichen Nachwuchs zu rechnen ist. Der DHV schlägt vor, in den Landes-
hochschulgesetzen deutlicher zwischen Qualifizierungs- und wissenschaftlichen
Dienstleistungsaufgaben zu differenzieren. Wissenschaftliche Mitarbeiter, die
als Dienstaufgabe die Eigenqualifikation haben oder denen die Gelegenheit dazu
gegeben wird, sollten dafür vertraglich vereinbarte oder dienstrechtlich vorge-
gebene abgrenzbare Zeitkontingente erhalten.
In der wissenschaftlichen Lehre2 gibt es in fast allen Landeshochschulgesetzen
die Möglichkeit, qua Fakultätsbeschluss und/oder Lehrauftrag, wissenschaftli-
che Mitarbeiter mit selbständiger, d.h. nicht unter fachlicher Verantwortung ei-
nes Universitätsprofessors stehenden Lehre, zu betrauen. Der DHV fordert die
Fakultäten auf, von dieser Möglichkeit nach Maßgabe des erzielten Qualifikati-
onsstandes verstärkt Gebrauch zu machen, um dem wissenschaftlichen Nach-
wuchs Gelegenheit zu geben, unter den Bedingungen der Eigenverantwortlich-
keit und Selbständigkeit Lehrerfahrung zu sammeln. Dabei sind auch bereits er-
fahrene Nachwuchswissenschaftler auf Mittelbaustellen einzubeziehen.
6. Vereinbarkeit von Wissenschaft und Familie
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Eltern sind oder es werden wol-
len, müssen an den Universitäten familiengerechte Arbeitsbedingungen finden.
Der DHV bekräftigt zugleich seine Überzeugung, dass der beste Weg zur Be-
hebung der Unterrepräsentanz von Frauen in der Wissenschaft neben gezielten
Förderprogrammen über Hilfen bei der Kinderbetreuung, Teilzeitlösungen und
die Lockerung von dienstrechtlichen Altersgrenzen führt3.
7. Attraktivere Bezahlungsstrukturen durch Reform der W-Besoldung
Ohne eine konkurrenzfähige Vergütungsstruktur wird Deutschland im Kampf
um die besten Köpfe weiter zurückfallen. Der DHV fordert mit Nachdruck eine
Reform der W-Besoldung durch Erhöhung der Grundvergütungen und Flexibi-
lisierung des Vergaberahmens. Zudem muss die Möglichkeit geschaffen wer-
2 Siehe Resolution des 57. DHV-Tages in Bremen: „Exzellenz in der Lehre“ 3 Siehe Resolution des 56. DHV-Tages zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Weimar 2006;
vgl. auch Resolution des 51. DHV-Tages in München: „Zur Förderung von Wissenschaftlerinnen im Hoch-schulbereich“
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands Deutscher Hochschulverband
6
den, auch Nachwuchswissenschaftlern, z. B. Juniorprofessoren und wissen-
schaftlichen Mitarbeitern, Leistungszulagen gewähren zu können.
8. Überbrückungs- und Wartepositionen schaffen
Der Hochschullehrernachwuchs qualifiziert sich dezentral und – schon aus
Rechtsgründen – ohne Bedarfssteuerung. Das führt dazu, dass in den kompete-
tiven Berufungsverfahren der wissenschaftliche Nachwuchs häufig erst nach
einer längeren Frist eine Professorenstelle erlangt. Es bleibt aber auch eine be-
merkenswert große Zahl von Nachwuchswissenschaftlern trotz hoher Qualifi-
zierung ohne den Karriereerfolg „Professur“. Von drei Habilitanden erhält nur
einer eine Professur. Zahlen zur Juniorprofessur liegen bislang nicht vor. Nicht-
berufung darf in vielen Fächern angesichts des Nachfrageüberhangs keineswegs
mit Minderqualifikation gleichgesetzt werden.
Enge Berufsmärkte erfordern dienstrechtliche Wartepositionen, die es ermögli-
chen, eine gewisse Zeit im System zu bleiben und sich von einer Stelle auf eine
Professur zu bewerben. Dem steht strukturell das Wissenschaftszeitvertragsge-
setz mit seiner 12-Jahresgrenze häufig entgegen. Der DHV fordert die Länder
auf, solche Wartepositionen auf Zeit einzurichten und zusammen mit dem Bund
das Wissenschaftszeitvertragsgesetz entsprechend zu flexibilisieren. Auch kann
durch Stipendien eine Entlastung von Flaschenhalseffekten erreicht werden.
9. Leistungsgerechte Vergütung von Lehraufträgen
Der DHV fordert, dass Lehraufträge, die Teil des Pflichtlehrangebotes für die
Studierenden sind, stets vergütet werden müssen. Dies gilt insbesondere für die
von Privatdozenten erbrachte Lehre, die Teil des Pflichtlehrangebotes ist. Wo
Lehrbeauftragte faktisch dauerhaft Lehraufgaben wahrnehmen, müssen reguläre
Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden. Der DHV kritisiert die von vie-
len Universitäten praktizierte Haltung, anstelle einer Lehrstuhlvertretung immer
wieder Lehraufträge zu erteilen, um Kosten zu sparen. Der DHV fordert, Lehr-
stuhlvertretungen für die Dauer eines Semesters – wie es früher üblich war –
und nicht nur für die Vorlesungszeit zu vergüten.
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
7
10. Karrierezentren für nichtberufene Wissenschaftler
Nichtberufene Wissenschaftler sind immer noch ein Tabuthema in den Univer-
sitäten. Je mehr die nicht in der Person und Qualifikation liegenden oder be-
schriebenen strukturellen Gründe für eine Nichtberufung wachsen, desto mehr
sind Staat und Universität gehalten, sich dieses Problems anzunehmen. Es ist
Teil der universitären Personalplanung und des universitären Personalmanage-
ments. Der DHV fordert, dass auf Landes- und im Einzelfall auf Universitäts-
ebene Karrierezentren eingerichtet werden, die Hilfe für nichtberufene Wissen-
schaftler anbieten, um deren Qualifikationspotential außerhalb der Universitä-
ten innerhalb oder außerhalb der Wissenschaft nutzbar zu machen. Die bisheri-
gen Erfahrungen zeigen, dass die örtlich zuständige Agentur für Arbeit häufig
keine ausreichende Sensibilität und Erfahrung mit solchen hochqualifizierten
Spurwechslern aufweist.
11. Verantwortlicher Umgang mit dem Instrument der Qualifizierung
Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist für Hochschullehrer
Dienstpflicht. Zu dieser Pflicht gehört, den jeweiligen Stand der Qualifikations-
fortschritte ebenso zu attestieren wie eventuelle Fehlleistungen und Hemmnisse,
die einer weiteren beruflichen Tätigkeit in der Wissenschaft oder eine Beruf-
barkeit auf eine Professur entgegenstehen können. In vergleichbarer Weise ge-
hört es zu den Aufgaben der Fakultäten, verantwortungsvoll mit dem Instru-
ment der Qualifizierung umzugehen. Die Fachgesellschaften und Fakultätenta-
ge sind aufgerufen, den wissenschaftlichen Nachwuchs durch Statistiken über
die fächerspezifischen Erneuerungsquoten und die grundsätzlichen Aussichten
des wissenschaftlichen Nachwuchses, eine Professur zu erreichen, regelmäßig
zu informieren.
Potsdam, 12. April 2011
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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Zur Situation der Lehrbeauftragten
(Resolution des 65. DHV-Tages in Mainz)
An deutschen Hochschulen gab es laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2013 knapp 94.000
Lehrbeauftragte. Lehraufträge sind eigentlich für erfahrene Personen aus der beruflichen
Praxis gedacht, die das Lehrangebot der hauptberuflich Lehrenden sinnvoll ergänzen sollen,
aber ihren Lebensunterhalt durch einen anderen Hauptberuf bestreiten. Seit die
Studierendenzahlen steigen, jedoch kaum neue Professuren entstehen, übernehmen
Lehrbeauftragte immer häufiger grundständige Lehre. Die Gruppe der Lehrbeauftragten ist
dadurch sehr heterogen geworden und reicht vom gestandenen, gut bestallten Praktiker bis zu
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich selbst dem „akademischen Prekariat“
zuordnen. Von diesen sind viele habilitiert und als Privatdozenten oder außerplanmäßige
Professoren in der Lehre tätig. Jenseits der obligatorischen Titellehre von zwei
Semesterwochenstunden bleiben sie zum Lebensunterhalt oftmals auf Lehraufträge
angewiesen, werden zumeist jedoch nur spärlich pro gehaltener Stunde vergütet, ohne
sozialversicherungsbeschäftigt zu sein. Der DHV nimmt dazu wie folgt Stellung:
1) Der exponentielle Zuwachs von Lehrbeauftragten ist ein sicherer Beleg für die
Unterfinanzierung des gesamten Hochschulsystems. An Universitäten gibt es
inzwischen drei bis vier Mal mehr Lehrbeauftragte als Universitätsprofessoren. Von
einer Ergänzung der wissenschaftlichen Lehre kann keine Rede mehr sein.
Lehrbeauftragte nehmen vitale und essentielle Teile der wissenschaftlichen Lehre
wahr. Damit kommt das gesamte System der universitären Lehre in eine Schieflage.
Der DHV hält fest, dass diese Schieflage fast ausschließlich vom Finanzier der
Hochschulen, Bund und Ländern, verursacht wurde. Für prekäre Verhältnisse unter
Lehrbeauftragten tragen zu allererst sie die Verantwortung.
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
2
2) DHV hält an der Personalkategorie „Lehrbeauftragter“ fest. Lehrbeauftragte sind keine
Arbeitnehmer und sollten es auch nicht werden. Dass die Universitäten in ihrer
finanziellen Not zunehmend zum Instrument des Lehrbeauftragten greifen, um Lücken
im Lehrangebot zu schließen, ist zwar verständlich, aber kritikwürdig.
3) Lehraufträge dienen der Arrondierung des Lehrangebots und der Verklammerung mit
der beruflichen Praxis außerhalb der Universitäten. Der Zweck von Lehraufträgen
liegt nicht darin, Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern vorbehaltene
Lehraufgaben für wenig Geld zu delegieren. Deshalb sollte Pflicht- und
Wahlpflichtlehre grundsätzlich nicht von Lehrbeauftragten wahrgenommen werden.
Wenn Lehrbeauftragte faktisch dauerhaft Dienstaufgaben wahrnehmen, müssen
reguläre Beschäftigungsverhältnisse als Hochschullehrer oder wissenschaftlicher
Mitarbeiter geschaffen werden.
4) Kritikwürdig hält der DHV die von vielen Universitäten praktizierte Haltung, anstelle
einer Professurvertretung einen Lehrauftrag oder weitere Lehraufträge zu erteilen, um
Kosten zu sparen. Professurvertretungen müssen stattdessen für die Dauer eines
Semesters und nicht nur für die Vorlesungszeit vergütet werden.
5) Lehraufträge, die Teil des Pflichtlehrangebotes für die Studierenden sind, müssen in
der Regel vergütet werden. Nach einer Umfrage des DHV aus dem Jahre 2010
bewegte sich an deutschen Universitäten der Hauptkorridor bei der
Lehrauftragsvergütung zwischen 20 und 50 Euro. Mancherorts wird damit der ab
Januar 2015 geltende Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde unterschritten, denn eine
Stunde Lehre erfordert für Vorbereitung und Nachbereitung mindestens zwei
zusätzliche Zeitstunden. Hinzu kommt der Prüfungsaufwand. Die miserable
Honorierung von Lehraufträgen ist inakzeptabel. Eine schrittweise Erhöhung der
Lehrauftragsvergütung auf mindestens 60 Euro pro Lehrveranstaltungsstunde hält der
DHV für dringend geboten. Zur Finanzierung dieser Aufstockung stehen den Ländern
die Mittel zur Verfügung, die durch die Kostenübernahme des BAföG durch den Bund
freiwerden. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat als bislang einziges Bundesland
angekündigt, wie gefordert zu verfahren.
6) Der DHV appelliert an die Hochschulen, die Integration von Lehrbeauftragten zu
befördern. Auch wenn Lehrbeauftragte als Selbständige mit Honorarvertrag zum
203
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands Deutscher Hochschulverband
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nebenberuflichen Personal zählen und damit keine Mitglieder der Hochschule sind,
müssen die Hochschulen ihnen Möglichkeiten eröffnen, universitäre Bibliotheken,
Arbeits- oder Besprechungsräumen zu nutzen.
7) Der DHV fordert die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Weiteren dazu auf,
die Sorgen und Anliegen der Lehrbeauftragten in den akademischen
Selbstverwaltungsgremien aufzugreifen und zu thematisieren.
Mainz, 24. März 2015
204
Chancengerechtigkeit durch barrierefreie Hochschulen Forderungen des Deutschen Hochschulverbandes zur inklusiven Hochschule
(Resolution des 65. DHV-Tages in Mainz)
I. „Eine Hochschule für Alle“?
Nach der letzten Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks sind sieben Prozent aller
Studierenden in Deutschland durch eine Behinderung oder chronische Krankheit im Studium
beeinträchtigt. Die Bundesrepublik bekennt sich zu einem inklusiven Bildungssystem. Als
Signatarstaat der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung hat sie sich
dazu verpflichtet, Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und gleichberechtigt
Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung und lebenslangem Lernen zu ermöglichen. Auch in
den Hochschulgesetzen der Länder sind Teilhaberechte von Studierenden mit Behinderung
oder chronischer Erkrankung verankert.
Von Seiten der Hochschulen und der Studentenwerke sind bereits vielfältige Anstrengungen
unternommen worden, um Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung oder chronischer
Krankheit zu gewährleisten. Zahlreiche Beratungs- und Unterstützungsangebote wurden
aufgebaut; Studien- und Prüfungsordnungen sehen die Gewährung von Nachteilsausgleichen
für Menschen mit Behinderung oder chronischer Krankheit vor. Insgesamt haben sich dadurch
die Studienbedingungen für Studierende mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Vergleich
zu früheren Jahrzehnten deutlich verbessert.
Das von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) nach der deutschen Ratifizierung der UN-
Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung formulierte Leitbild „Eine
205
Deutscher Hochschulverband
- 2 -
Hochschule für Alle“1 ist allerdings noch nicht erreicht. Die HRK selbst hat hierauf in einer
Evaluation2 drei Jahre nach der Verabschiedung ihrer Empfehlung hingewiesen.
II. Forderungen des Deutschen Hochschulverbandes 1. Barrierefreiheit herstellen
Barrierefreiheit bleibt eine Zukunftsaufgabe. Flächendeckend sind nach wie vor weder Hörsäle
und Seminarräume noch Beratungsstellen dem Bedarf Studierender mit Behinderung oder
chronischer Krankheit angepasst. Das gilt für mobilitätseingeschränkte Studierende, vor allem
aber für seh- und hörbeeinträchtigte Studierende.
Ebenso wenig ist an allen Hochschulen ein barrierefreier Zugang zu Informationen und
Dokumenten gegeben. Dabei sind Studierende mit Behinderung und chronischer Krankheit
elementar auf umfassende Unterrichtung und Beratung angewiesen. Die Beratungsstellen der
Hochschulen und Studentenwerke leisten unter schwierigen Umständen Beachtliches. Einen
notwendigen weiteren Ausbau können sie alleine aber nicht stemmen.
2. Ausbau von Weiterbildungsangeboten
Die straffe Organisation und die engen Vorgaben der modularisierten Bachelor- und Master-
Studiengänge stellen Studierende mit Behinderung oder chronischer Krankheit mitunter vor
große Schwierigkeiten. Um Studienbeeinträchtigungen individuell auszugleichen, ist eine
erhöhte Flexibilität der Studienstruktur erforderlich.
Bei der Gewährung von Nachteilsausgleichen kommt den Hochschullehrerinnen und
Hochschullehrern eine besondere Rolle zu. Sie müssen auf der einen Seite darauf achten, dass
Vereinbarungen aus Gründen der Chancengleichheit zu keinen Qualitätsabstrichen führen. Auf
der anderen Seite müssen sie neben Fingerspitzengefühl eine erhöhte Flexibilität an den Tag
legen, um den Belangen von Studierenden mit Behinderung oder chronischer Krankheit
individuell gerecht zu werden. Dies gilt umso mehr, als bei der Mehrheit der Studierenden mit
Behinderung oder chronischer Krankheit Beeinträchtigungen nicht unmittelbar erkennbar sind.
1 Vgl. „Eine Hochschule für Alle“, Empfehlung der 6. Mitgliederversammlung der HRK am 21. April 2009 zum Studium mit Behinderung chronischer Krankheit, Bonn 2009; http://www.hrk.de/uploads/tx_szconvention/Entschliessung_HS_Alle.pdf 2 Vgl. „Eine Hochschule für Alle“, Empfehlung der 6. Mitgliederversammlung der HRK am 21. April 2009 zum Studium mit Behinderung chronischer Krankheit, Ergebnisse der Evaluation, Bonn 2013; http://www.hrk.de/fileadmin/redaktion/hrk/02-Dokumente/02-03-Studium/02-03-08-Barrierefreies-Studium/Auswertung_Evaluation_Hochschule_fuer_Alle_01.pdf
206
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Fehler! Unbekanntes Schalterargument.
− Aufgabe der Juniorprofessur zu Gunsten einer Assistenz-Professur, wodurch internationale Vergleichbarkeit mit dem französischen „Professeur assistant“ und dem amerikanischen „Assistant Professor“ hergestellt werden soll.
2. Hochschulrektorenkonferenz − Forderung 3000 Bundesprofessuren (ohne Kapazitätsanrechnung) zusätzlich zur
Verfügung zu stellen3. − 2014 hat die HRK die Mitgliedshochschulen aufgefordert, Personalentwicklungs-
konzepte zu erstellen4. 3. TUM Faculty Tenure Track − Nicht als Konzept oder Forderung, sondern als praktiziertes Reformmodell hat die
TU München 2012 ein komplett neues Karrieresystem etabliert5. − Herausragende Post-docs erhalten als Assistant Professor mit W2-Besoldung frühe
Selbständigkeit und die Perspektive nach Maßgabe von erfolgreichen Evaluationen nach sechs Jahren zum Associate Professor, danach zum Full Professor (W3) auf Dauer aufzusteigen.
− Die Juniorprofessur wird aufgegeben. Die Fakultät wird durch diese zusätzlichen TUM Faculty Tenure Track-Professuren um 20 Prozent vergrößert.
4. Junge Akademie − Votum für eine schrittweise Abschaffung des Lehrstuhlsystems. − Kostenneutrale Erhöhung der Anzahl der Professuren durch Überführung von
Mitarbeiterstellen in befristete Juniorprofessuren und dauerhafte Professuren6. 5. GEW − Sicherheit und Planbarkeit wissenschaftlicher Karrieren durch unbefristete
Beschäftigungsverhältnisse. − Befristungen an Projektdauer ausrichten. − Ausbau von Tenure Track. − Verhaltenskodizes für gute Arbeit in der Wissenschaft7.
6. Wissenschaftsrat − Der Wissenschaftsrat, der in 2007 noch vorgeschlagen hatte 8, mittelfristig jede
fünfte Professur als sogenannte Lehrprofessur auszuweisen und mit 12 Semesterwochenstunden Lehrdeputat zu belegen, hat im Juli 2014 eine
3 Vgl. dazu Künftiger Beitrag des Bundes zur Finanzierung der Hochschulen. Entschließung der 124. Senats der Hochschulrektorenkonferenz, 11.6.2013, Berlin 2013 (=http://www.hrk.de/uploads/media/Entschliessung_Bundesbeitrag_11062013.pdf).
4 Vgl. dazu den Orientierungsrahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nach der Promotion und akademischer Karrierewege neben der Professur. Empfehlung der 16. HRK-Mitgliederversammlung am 13.5.2014, Frankfurt 2014 (http://www.hrk.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/meldung/hrk-empfehlung-zur-verbesserten-foerderung-von-nachwuchswissenschaftlern-3444/). 5 Vgl. dazu die Pressemitteilung der Technischen Universität München vom 9. August 2012, „Echte Karrierechancen für junge Forscher“ (http://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/lang/article/30012/). 6 Vgl. dazu AG Wissenschaftspolitik der Jungen Akademie: Nach der Exzellenzinitiative: Personalstruktur als Schlüssel zu leistungsfähigeren Universitäten , Berlin 2013 (=http://www.diejungeakademie.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Personalstruktur_2013.pdf). 7 Vgl. dazu insbesondere Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft: Templiner Manifest, Templin 2010 (=http://www.gew.de/Templiner_Manifest.html). 8 Vgl. dazu Wissenschaftsrat: Empfehlungen zu einer lehrorientierten Reform der Personalstruktur an Hochschulen, Berlin 2007 (Drs. 7721-07) (http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/7721-07.pdf).
207
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 1 -
Was besagen Abbrecherquoten? DHV kritisiert politische Schuldzuweisungen
(Resolution des 65. DHV-Tages in Mainz)
I. Hohe Studienabbrecherzahlen
Jeder dritte Bachelor-Studierende der Jahrgänge 2008 und 2009 hat das Universitätsstudium
ohne Abschluss beendet. Hohe Abbrecherzahlen weisen insbesondere die Mathematik und
Naturwissenschaften auf. Zwei von fünf Studierenden erreichen in dieser Fächergruppe keinen
Bachelorabschluss. In den Ingenieurwissenschaften war es lange Zeit jeder zweite,
inzwischen ist es jeder dritte Bachelor-Studierende, in den Rechts-, Wirtschafts- und
Sozialwissenschaften ist es nach wie vor jeder vierte, der das begonnene Fachstudium nicht
abschließt.
II. Politische Schuldzuweisungen
Die staatliche Hochschulpolitik hat die Abbrecherquoten als politisches Problem ausgemacht.
Sie will die Hochschulen zukünftig auf den Studienerfolg verpflichten. Finanzzuweisungen an
die Hochschulen werden inzwischen bundesweit an die Absolventenzahlen im Regelstudium
geknüpft. Faktisch werden dadurch Hochschulen mit hohen Abbrecherquoten bestraft. In
Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland mit der höchsten
Hochschuldichte, kursierten zum Frühjahr 2014 sogar gesetzgeberische Pläne, Höchstquoten
für Studienabbrecher festzuschreiben.
Die dahinterstehende Logik ist stets die gleiche: Den Hochschulen wird relativ unverhohlen
eine (Teil-)Verantwortung für den Studienabbruch zugeschoben. Sie werden daher durch
staatliche Anreiz- und Bestrafungsmechanismen dazu angehalten, die „Drop Out“-Quoten zu
senken.
208
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 2 -
Dazu stellt der Deutsche Hochschulverband (DHV) fest:
1) Keine falschen Konnotationen von „Studienabbruch“
Die Gründe, die zu einem Studienabbruch führen, sind vielfältig. Studienabbrecher sind keine
Versager. Viele Studierende der Philosophischen Fakultät empfinden ein Berufsangebot vor
Abschluss des Studiums als Erfolg. Häufig wechseln Studierende das Fach oder die
Universität, weil sie feststellen müssen, dass ihre ursprüngliche Wahl nicht ihren Interessen
und Fähigkeiten entspricht. Auf einen akademischen Abschluss wollen sie aber keinesfalls
verzichten. Jeder Fall ist deshalb differenziert zu beurteilen und entzieht sich einer pauschalen
Statistik. Richtig ist aber, dass Studienabbrecher finanzielle und personelle Ressourcen der
Hochschulen binden. Bis zu einem gewissen Grad hält der DHV das aber für unvermeidbar.
Bildungsbiographien sind in der Praxis keine planbaren Baukastenmodelle, sondern weisen
Umwege und Brüche auf. Ein freiheitliches System muss das nicht nur ertragen können,
sondern auch für diese Umwege und Brüche Ressourcen zur Verfügung stellen.
Statistisch zählen zu „Studienabbrecher“ im Übrigen auch nur pro forma eingeschriebene
Studierende, die de facto ein Studium niemals aufgenommen und betrieben haben.
2) Abbrecherquoten als Folge der Bildungspolitik
a) Studierquote
Mit dem Kampf gegen zu hohe Abbrecherquoten lenkt die staatliche Bildungspolitik von
ihrem eigenen Versagen ab. Durch die Reformen der letzten Jahre wurden die Schul- und
Studienzeiten verkürzt. Die Hochschulen sehen sich immer mehr dazu genötigt, Studierwillige
durch Brückenkurse zur Hochschulreife zu führen. Hohe Studierquoten, die bildungspolitisch
gewollt sind, müssen zwangsläufig zu hohen Abbrecherquoten führen, wenn die
Ausbildungsqualität auch nur annähernd gleich bleiben soll.
b) Betreuungsrelation
Das vom DHV jährlich aktualisierte Universitätsbarometer weist nach, dass sich das
zahlenmäßige Verhältnis von Studierenden pro Universitätsprofessor kontinuierlich
verschlechtert hat. Es liegt derzeit im Durchschnitt bei 65 Studierenden pro Hochschullehrer.
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands Deutscher Hochschulverband
- 3 -
2012 waren es noch 64 Studierende, 2010 60. Gute Betreuungsrelationen können
Studienabbrüche vermeiden helfen. Vor diesem Hintergrund fordert der DHV Bund und
Länder dazu auf, für eine auskömmliche Grundfinanzierung der Hochschulen zu sorgen und
für die zuletzt vom Wissenschaftsrat zu Recht geforderten zusätzlichen 7.500 Professuren
bundesweit eine Finanzierung zur Verfügung zu stellen.
c) Bologna-Reform
Die staatliche Hochschulpolitik hat selbst durch rigide administrative Vorgaben bei der
Umsetzung der Bologna-Reformen erhöhte Studienabbrecherzahlen begünstigt. Die
modularisierte Studienstruktur hat sich als zu starr erwiesen. Das mit der Bologna-Reform vor
15 Jahren verbundene Versprechen, die Studienabbrecherquoten zu senken, ist unerfüllt
geblieben. Sowohl in den verbliebenen Staatsexamen-Studiengängen als auch in den nunmehr
auslaufenden Magister- und Diplom-Studiengängen fallen die Abbruchraten geringer aus.
3) Keine Abstriche bei Qualitätsstandards
Versuche, Hochschulen für Studienabbrecherquoten politisch haftbar zu machen, sind
autonomie- und wissenschaftsfeindlich. Sie nähren die Vorstellung, für Misserfolge in einem
Studienfach seien vornehmlich die Hochschule - in Person die Hochschullehrer und Dozenten
- verantwortlich. Das ist nach Auffassung des DHV falsch. Hochschulen haben die wichtige
Aufgabe, künftige Generationen für akademische Berufe auszubilden. Für den Studienerfolg
bürgen können sie jedoch nicht. Bei der Vergabe von Hochschulabschlüssen müssen allein
objektive Leistungskriterien ausschlaggebend bleiben. Höchstquoten für Studienabbrecher
sind korrumpierend und laufen auf eine Absenkung von Qualitätsstandards hinaus. Die
Gesellschaft benötigt qualifiziert Ausgebildete, nicht unterqualifizierte Absolventen, deren
Abschlüsse der „Planerfüllung“ politischer Kennzahlen dienen. Der DHV ruft alle
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die als Prüferinnen und Prüfer tätig sind, dazu auf,
ihren gesellschaftlichen Auftrag als Prüfer wahr und ernst zu nehmen. Er fordert zugleich die
staatliche Hochschulpolitik dazu auf, den Studienabbruch nicht zum Gegenstand von
Finanzzuweisungsmodellen zu machen.
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 4 -
4) Mehr Unterstützung für Studienabbrecher
Gleichwohl bleiben Hochschulen dazu aufgerufen, alles zu tun, um Studienabbruch vermeiden
zu helfen. Um generell die Chancen auf einen Studienerfolg zu erhöhen, hält der DHV eine
umfassende Studienberatung für unerlässlich. Auch hochschulinterne Auswahl- und
Aufnahmeverfahren tragen nach Auffassung des DHV dazu bei, den Studienerfolg zu sichern.
Unterstützung benötigen insbesondere diejenigen, die zu der Überzeugung gelangen, dass eine
akademische Ausbildung für sie nicht das Richtige ist. Der DHV beobachtet mit Sorge, dass
seit mehr als zehn Jahren mindestens drei Viertel der Schulabsolventinnen und
Schulabsolventen die hochschulische der beruflichen Ausbildung vorzieht. Der DHV
befürwortet daher alle Bestrebungen, Studienaussteiger für nichtakademische
Ausbildungsberufe zu gewinnen.
Mainz, 24. März 2015
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands Deutscher Hochschulverband
Berufliche und akademische Bildung
nicht gegeneinander ausspielen Thesen des Deutschen Hochschulverbandes zum „Akademisierungswahn“
(Resolution des 65. DHV-Tages in Mainz)
Die Bildungsexpansion geht weiter, der Studierendenboom hält an: Inzwischen sind mehr als
50 Prozent eines Abiturjahrganges an einer Hochschule immatrikuliert. Derzeit studieren 2,6
Millionen Menschen in Deutschland. Prognosen lassen erwarten, dass sich diese Zahlen auch in
den Folgejahren auf vergleichbar hohem Niveau einpendeln werden. Seit dem Jahr 2009 gibt es
mehr Studierende als Auszubildende in Deutschland. Erklärter politischer Wille ist es, die Zahl
der Abiturienten weiter zu erhöhen und den Hochschulzugang für Nicht-Abiturienten stärker zu
öffnen. Das Handwerk setzt darauf, zukünftig vermehrt Fach- und Führungskräfte unter
Studienabbrechern zu rekrutieren, und der Wissenschaftsrat mahnt Gymnasien, Wege in ein
Studium oder in eine betriebliche Lehre „gleichberechtigt aufzuzeigen“. In der Öffentlichkeit
wird zugleich eine Diskussion um den „Akademisierungswahn“ (Julian Nida-Rümelin) geführt.
Zu dieser fortlaufenden Debatte hält der Deutsche Hochschulverband (DHV) fest:
1) Keine staatliche Lenkung
Der DHV bekennt sich zu einem vielfältigen Bildungssystem, das auf Differenzierung und
Durchlässigkeit beruht. Die individuelle Entscheidung, ein Studium oder eine betriebliche
Ausbildung zu beginnen, ist durch die grundgesetzlich verankerte Berufswahlfreiheit geschützt
und verdient (staatlichen) Respekt. Eine politisch intendierte Lenkung von Ausbildungsströmen
darf es in einem freiheitlichen, demokratischen System nicht geben. Allenfalls kann durch
umfassende Informationen über zukünftige Berufsbilder und zu erwartende Entwicklungen auf
dem Arbeitsmarkt die Berufswahlfreiheit mittelbar beeinflusst werden. Insbesondere Schulen
und Hochschulen obliegt die Aufgabe, junge Menschen bei ihrer Entscheidungsfindung
bestmöglich zu beraten.
212
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 2 -
2) Mehr Differenzierung, weniger Nivellierung
Nach Auffassung des DHV benötigt das deutsche Bildungssystem mehr Differenzierung und
weniger Nivellierung. Nur ein differenziertes Ausbildungsangebot, das insbesondere auch
attraktive Angebote für die berufliche Ausbildung vorsieht, kann zur Entlastung der überfüllten
Universitäten beitragen. Dazu gehört insbesondere auch der Ausbau der Fachhochschulen unter
Betonung ihres spezifischen, praxisorientierten Ausbildungsauftrages. Die gegenwärtige
staatliche Bildungspolitik beschreitet bedauerlicherweise den umgekehrten Weg: Mit der
Öffnung des Promotionsrechtes für Fachhochschulen betreibt sie die Einebnung des tertiären
Bildungssektors, obwohl die Differenzierung durch Stärkung der kooperativen Promotion
erhalten bleiben könnte. Diesen Trend gilt es zu stoppen.
3) Qualität vor Quantität
Nivellierung ist stets mit Qualitätseinbußen verbunden. Deutschland, dessen
Innovationsfähigkeit auf dem Zusammenspiel von akademischer und beruflicher Bildung
basiert, kann sich das nicht leisten. Die fortschreitende Inflation von Leistungsbewertungen im
gesamten Bildungssystem hat lediglich die Zahl der Berechtigungsbescheinigungen erhöht, die
Lebenschancen und beruflichen Wirkungsmöglichkeiten junger Menschen aber nicht
vergrößert. Innerhalb aller Bildungssektoren ist für die Rückgewinnung und Gewährleistung
höchster Leistungsstandards Sorge zu tragen: Qualität muss Vorrang vor Quantität haben.
4) Wider die Fixierung auf Akademikerquoten
Quantitative Parameter wie Studienanfänger- und Akademikerquoten, die beispielsweise der
vielbeachteten, jährlich erscheinenden OECD-Auswertung „Bildung auf einem Blick“
zugrunde liegen, sind bundesweit zum Gradmesser für Erfolg und Misserfolg staatlicher
Bildungspolitik avanciert. Dadurch sind die Spezifika des deutschen Bildungswesens aus dem
Blickfeld geraten. Hierzulande gibt es mit dem dualen System der Berufsausbildung ein
weltweit nahezu einzigartiges Modell, um das Deutschland international beneidet wird. Es
generiert mindestens ebenso gut qualifizierte Fachkräfte wie das auf Hochschulabschlüsse
gerichtete System anderer OECD-Mitgliedstaaten. Umso folgenreicher und abträglicher ist die
Fixierung auf Akademikerquoten in Deutschland. Sie leistet einer schleichenden Entwertung
nichtakademischer Abschlüsse Vorschub. Berufliche, vollzeitschulische und akademische
Bildung sind andersartig, verdienen aber gleichermaßen Anerkennung und Förderung. Beides
nimmt Schaden, wenn mit Hilfe des sogenannten Deutschen Qualifikationsrahmens eine
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands Deutscher Hochschulverband
- 3 -
europäische Richtlinie erfüllt wird, nach der bildungsübergreifend die in der Europäischen
Union erreichte individuelle Qualifikation bürokratisch und scheingenau auf einer Skala von
acht Niveaustufen einzuordnen ist. Der beruflichen Bildung erweisen auch jene Verfechter aus
Handel, Handwerk und Industrie einen Bärendienst, die berufliche Qualifikationen mit den
Titeln „Bachelor professional“ und „Master professional“ belegen wollen. Adäquate
Wertschätzung erfährt die berufliche Bildung nur, wenn sie ihre Eigenart selbstbewusst betont.
5) Differenzierung und Durchlässigkeit
Berufliche und akademische Bildung dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden:
Berufsbilder unterliegen stetigen Anpassungsprozessen. In Zeiten des lebenslangen Lernens
erfordert eine sich fortlaufend wandelnde Arbeitswelt vertiefte, auch über die „klassische“
berufliche Lehre hinausgehende Kenntnisse. Um Begabungen individuell entfalten zu können,
ist ein Bildungsangebot der Vielfalt erforderlich, das Übergänge zwischen akademischer und
beruflicher Bildung in beiderlei Richtungen offen hält. Durchlässigkeit ist allerdings auch kein
Selbstzweck. Aus Gründen der Qualitätssicherung kann auf den Nachweis der Eignung nicht
verzichtet werden. Im Hinblick auf den möglichen Studienerfolg muss es aus Sicht des DHV
daher den Hochschulen weiterhin vorbehalten bleiben, die Studienaufnahme von beruflich
Qualifizierten an inhaltliche Voraussetzungen zu knüpfen.
6) Forderung nach bedarfsgerechter Finanzierung
Die anhaltend hohen Studierendenzahlen und die zunehmende Heterogenität der
Studierendenschaft stellen die Hochschulen vor große Herausforderungen. Die finanzielle
Notlage der Universitäten spitzt sich zu: Auch die bisherigen drei Hochschulpakte, die Bund
und Länder seit 2006 aufgelegt haben, können den tatsächlichen Bedarf nur notdürftig
abfedern. Der DHV appelliert daher erneut an Bund und Länder, die Hochschulen finanziell
und personell so auszustatten, dass sie den anhaltenden Studierendenzustrom meistern und
auch künftigen Generationen qualitativ hochwertige Angebote unterbreiten können.
Mainz, 24. März 2015
214
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Fehler! Unbekanntes Schalterargument.
− Aufgabe der Juniorprofessur zu Gunsten einer Assistenz-Professur, wodurch internationale Vergleichbarkeit mit dem französischen „Professeur assistant“ und dem amerikanischen „Assistant Professor“ hergestellt werden soll.
2. Hochschulrektorenkonferenz − Forderung 3000 Bundesprofessuren (ohne Kapazitätsanrechnung) zusätzlich zur
Verfügung zu stellen3. − 2014 hat die HRK die Mitgliedshochschulen aufgefordert, Personalentwicklungs-
konzepte zu erstellen4. 3. TUM Faculty Tenure Track − Nicht als Konzept oder Forderung, sondern als praktiziertes Reformmodell hat die
TU München 2012 ein komplett neues Karrieresystem etabliert5. − Herausragende Post-docs erhalten als Assistant Professor mit W2-Besoldung frühe
Selbständigkeit und die Perspektive nach Maßgabe von erfolgreichen Evaluationen nach sechs Jahren zum Associate Professor, danach zum Full Professor (W3) auf Dauer aufzusteigen.
− Die Juniorprofessur wird aufgegeben. Die Fakultät wird durch diese zusätzlichen TUM Faculty Tenure Track-Professuren um 20 Prozent vergrößert.
4. Junge Akademie − Votum für eine schrittweise Abschaffung des Lehrstuhlsystems. − Kostenneutrale Erhöhung der Anzahl der Professuren durch Überführung von
Mitarbeiterstellen in befristete Juniorprofessuren und dauerhafte Professuren6. 5. GEW − Sicherheit und Planbarkeit wissenschaftlicher Karrieren durch unbefristete
Beschäftigungsverhältnisse. − Befristungen an Projektdauer ausrichten. − Ausbau von Tenure Track. − Verhaltenskodizes für gute Arbeit in der Wissenschaft7.
6. Wissenschaftsrat − Der Wissenschaftsrat, der in 2007 noch vorgeschlagen hatte 8, mittelfristig jede
fünfte Professur als sogenannte Lehrprofessur auszuweisen und mit 12 Semesterwochenstunden Lehrdeputat zu belegen, hat im Juli 2014 eine
3 Vgl. dazu Künftiger Beitrag des Bundes zur Finanzierung der Hochschulen. Entschließung der 124. Senats der Hochschulrektorenkonferenz, 11.6.2013, Berlin 2013 (=http://www.hrk.de/uploads/media/Entschliessung_Bundesbeitrag_11062013.pdf).
4 Vgl. dazu den Orientierungsrahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nach der Promotion und akademischer Karrierewege neben der Professur. Empfehlung der 16. HRK-Mitgliederversammlung am 13.5.2014, Frankfurt 2014 (http://www.hrk.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/meldung/hrk-empfehlung-zur-verbesserten-foerderung-von-nachwuchswissenschaftlern-3444/). 5 Vgl. dazu die Pressemitteilung der Technischen Universität München vom 9. August 2012, „Echte Karrierechancen für junge Forscher“ (http://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/lang/article/30012/). 6 Vgl. dazu AG Wissenschaftspolitik der Jungen Akademie: Nach der Exzellenzinitiative: Personalstruktur als Schlüssel zu leistungsfähigeren Universitäten , Berlin 2013 (=http://www.diejungeakademie.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Personalstruktur_2013.pdf). 7 Vgl. dazu insbesondere Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft: Templiner Manifest, Templin 2010 (=http://www.gew.de/Templiner_Manifest.html). 8 Vgl. dazu Wissenschaftsrat: Empfehlungen zu einer lehrorientierten Reform der Personalstruktur an Hochschulen, Berlin 2007 (Drs. 7721-07) (http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/7721-07.pdf).
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 1 -
Transparenzgebot bei Kooperationen
zwischen Wissenschaft und Wirtschaft (Resolution des 65. DHV-Tages in Mainz)
I. Unparteilichkeit und Transparenz
Der DHV hat bereits 2012 auf die essentielle Bedeutung der Unparteilichkeit von
Wissenschaft für Staat und Gesellschaft, aber auch für die Wissenschaft selbst, vor dem
Hintergrund zurückgehender Grundmittel und immer mehr wachsender Drittmittel
hingewiesen. Dabei hat der DHV zum Transparenzgebot bei Kooperationen zwischen
Wissenschaft und Wirtschaft folgendes ausgeführt:
„Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können dem Verdacht, nicht erkenntnis-, sondern
interessengeleitet zu forschen, durch größtmögliche Transparenz entgegenwirken. Der DHV
begrüßt daher den Verhaltenskodex, mit dem der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft
Unternehmen und Hochschulen nahelegt, ihre Zusammenarbeit für die Öffentlichkeit
nachvollziehbar zu gestalten. Demnach müssen sich z. B. Geldgeber und Hochschule bei der
Einrichtung von Stiftungsprofessuren einvernehmlich über das zu bearbeitende Forschungsfeld
einigen. Der Geldgeber darf später keinen Einfluss auf Forschung und Lehre und die
Veröffentlichung von Forschungsergebnissen nehmen.1
Das sind aber nur erste Schritte. Der DHV ruft alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
dazu auf, alle nicht aus der staatlichen Grundausstattung finanzierten Forschungsprojekte und
Drittmittelprojekte einschließlich der Auftraggeber offenzulegen, z. B. auf der Homepage des
Instituts. Nach Ansicht des DHV können sich die dazu notwendigen Angaben auf den Namen
1Vgl. dazu den „Code of Conduct“ für Stiftungsprofessuren des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft vom 11. August 2011; http://www.stifterverband.info/wissenschaft_und_hochschule/stiftungsprofessuren/code_of_conduct/index.html
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 2 -
des Geldgebers, die Höhe der Förderung und die Dauer der Zuwendung beschränken. Für
DFG-Projekte oder vergleichbare von der öffentlichen Hand finanzierte Forschungsvorhaben
ist das bereits weitgehend Praxis. Sie muss aber insbesondere auf die nicht staatlich
getragenen Drittmittelprojekte sowie insbesondere auf die in Nebentätigkeit durchgeführten
Forschungsprojekte ausgedehnt werden. Ausnahmen sind nur dann möglich, wenn es
berechtigte Interessen des Drittmittelgebers gibt, die Drittmittelbeziehung nicht offen zu legen.
Darüber hinaus appelliert der DHV an alle Fachzeitschriften, die einem Fachbeitrag
zugrundeliegenden Zuwendungsverhältnisse des Autors offenzulegen bzw. die entsprechenden
Angaben vom Autor zu fordern sowie mögliche Interessenkonflikte aufzudecken.“
Der DHV bestätigt und bekräftigt diese Resolution2 nach Maßgabe der nachfolgenden
Konkretisierung.
II. Ausnahmen vom Transparenzgebot
Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zum im Oktober 2014 in Kraft getretenen nordrhein-
westfälischen Hochschulgesetz, aber auch in anderen Bundesländern, ist in letzter Zeit die
Frage aktualisiert worden, ob und gegebenenfalls bei welchen Konstellationen Ausnahmen
vom Transparenzgebot universitärer Forschung möglich und notwendig sind. Der DHV nimmt
dazu wie folgt Stellung:
1. Universitäre Forschung ist grundsätzlich öffentliche Forschung. Geheime Forschung
an Universitäten ist ein prinzipieller Widerspruch. Ausnahmen von diesem Grundsatz
sind begründungs- und rechtfertigungspflichtig.
2. Ausnahmen vom Transparenzgebot sind insbesondere angezeigt, wenn der Schutz
öffentlicher Belange oder die Gefahr der Verletzung von Betriebs- und
Geschäftsgeheimnissen im Raum stehen.
a) Mit dem Transparenzgebot konkurrierende öffentliche Interessen können
insbesondere tangiert sein, wenn das Bekanntwerden des Drittmittelauftrages 2Resolution „Zur Unparteilichkeit von Wissenschaft“, Hannover, 20. März 2012; http://www.hochschulverband.de/cms1/969.html
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands Deutscher Hochschulverband
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geeignet ist, Interessen der inneren und äußeren Sicherheit, der
Landesverteidigung oder internationale Beziehungen zu beschädigen.
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes werden als Betriebs-
und Geschäftsgeheimnisse „alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen,
Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem
begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der
Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat.“ Im Zusammenhang mit
Forschungsvorhaben können im Einzelfall geplante Patentanmeldungen,
Marktstrategien und Investitionsentscheidungen des Drittmittelgebers zum Bereich
der Geschäftsgeheimnisse gerechnet werden. Allein der Umstand, dass ein
Forschungsauftrag zu einem bestimmten Thema, mit einer bestimmten
Fragestellung und in einem bestimmten finanziellen Umfang zum Gegenstand
eines Drittmittelauftrages geworden ist, kann geeignet sein, dem Drittmittelgeber
im Falle der Veröffentlichung des Drittmittelprojektes wirtschaftlichen Schaden
zuzufügen. Allerdings darf diese Gefahr nicht nur rituell behauptet werden,
sondern muss vom Drittmittelgeber im Einzelnen gegenüber der Universität belegt
werden.
3. Die einschlägigen Informationsfreiheitsgesetze sind zu berücksichtigen. Wenn und
soweit Informationsfreiheitsgesetze den Zugang zu Informationen öffnen, kann dieser
nicht vom Drittmittelgeber und / oder der Universität verschlossen werden.
4. Auch für den Fall, dass aus berechtigten Gründen auf eine vollständige
Veröffentlichung des Drittmittelauftrages verzichtet wird, ist dem Transparenzgebot
dadurch Rechnung zu tragen, dass nur einzelne Teile des gesamten
Drittmittelprojektes unter Hinweis auf berechtigte Interessen des Auftraggebers
verschwiegen werden, z.B. Verschweigen des Auftraggebers, der Zuwendungshöhe,
des beauftragten Universitätsinstituts, der Laufzeit usw. Darüber hinaus ist dem
Transparenzgebot auch dadurch Rechnung zu tragen, dass nach Abschluss des
Projektes oder - insbesondere bei Ausnahmen aus Gründen des öffentlichen Interesses
- nach einer zu vereinbarenden Verschwiegenheitsfrist Forschungsergebnisse und
Vertragspartner zu veröffentlichen sind. Eine auf Dauer vereinbarte
Verschwiegenheit universitärer Forschung darf es nicht geben.
218
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
219
Deutsches Studentenwerk (DSW) Das Deutsche Studentenwerk (DSW) ist der Verband der 58 Studentenwerke in Deutschland. Die Studentenwerke fördern als gemeinnützige Sozialunternehmen in enger Zusammenarbeit mit den Hochschulen die rund 2,5 Millionen Studierenden wirtschaftlich, sozial, gesundheitlich und kulturell. Dieser soziale Auftrag der Studentenwerke ist in allen 16 Bundesländern in Studentenwerks- bzw. Hochschulgesetzen verankert. Das Deutsche Studentenwerk (DSW) vertritt die Interessen der Studentenwerke sowie darüber hinaus die sozialpolitischen Belange der Studierenden; dazu betreibt es intensive politische Lobbyarbeit auf Länder-, Bundes- sowie EU-Ebene.
Die Studentenwerke stehen insgesamt vor der Schwierigkeit, dass sie von den Bundesländern inzwischen im Durchschnitt mit weniger als 10% ihrer Gesamteinnahmen unterstützt werden. Der Finanzierungsanteil des Staates ist weiterhin rückläufig. Rund zwei Drittel ihrer Einnahmen erwirtschaften die Studentenwerke selbst, über Umsatzerlöse aus den Wohnheimen oder der Hochschulgastronomie. Gerade zusätzliche Leistungen für ausländische Studierende, wie sie etwa die Internationalisierungsstrategie notwendig mit sich bringt, müssen von der öffentlichen Hand mit entsprechender Finanzierung unterlegt werden. Den kontinuierlichen Rückzug der Länder aus der Finanzierung der Studentenwerke sieht das Deutsche Studentenwerk mit großer Sorge, erst recht angesichts der weiterhin überaus hohen Zahl von Studierenden wie auch Studienanfänger/innen. Das politische Engagement des Deutschen Studentenwerks bei den Bundesländern zielt klar auf eine Umkehr dieses Negativtrends. Im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht gegenüber ihren Landesanstalten des öffentlichen Rechts müssen die Länder die Studentenwerke finanziell wieder stärker unterstützen. Es gibt erste, vorsichtige Signale, dass einzelne Länder umdenken: So will nach der jüngsten Landtagswahl die sächsische Landesregierung ihren Zuschuss an die sächsischen Studentenwerke erhöhen. Der Freistaat Thüringen hat angekündigt, dem Studentenwerk Thüringen anteilig frei werdende BAföG-Mittel für die Sanierung von Studierendenwohnheimen zur Verfügung stellen zu wollen.
„Standortbestimmung Studentenwerke 2020“ Gerade weil die Grundfinanzierung der Studentenwerke unzureichend ist, weil Hochschulreformen und Grundsatzfragen, etwa der Hochschulfinanzierung, politisch auf höchster Ebene verhandelt werden und gleichzeitig die Erwartungen der Politik, der Studierenden und der Hochschulen an die Studentenwerke steigen, hat sich das Deutsche Studentenwerk entschieden, gemeinsam mit den Studentenwerken ein politisches Grundsatzpapier zu erarbeiten. Auf Verbandsebene arbeitete unter dem Vorsitz von DSW-Präsident Prof. Dr. Dieter Timmermann eine elfköpfige Gruppe von Autorinnen und Autoren zusammen. Die Leitfrage war: Welche gesetzlichen, finanziellen, politischen Rahmenbedingungen benötigen die Studentenwerke, um ihren staatlichen Auftrag, gemeinsam mit den Hochschulen die Studierenden zu fördern, am besten erfüllen zu können?
Um diese Frage erschöpfend und auch im Blick auf die künftige Hochschulentwicklung mit einer Zukunftsperspektive beantworten zu können, lud das Deutsche Studentenwerk externe Experten zu den Beratungen mit der Autorinnen- und Autorengruppe ein. Sie referierten unter anderem zur künftigen Entwicklung der Studierendenschaft, der Wohlfahrtspflege auf internationaler wie nationaler Ebene, zur Hochschulentwicklung, zum EU-Beihilfenrecht, zum nationalen Steuer- und
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
220
Gemeinnützigkeitsrecht. Ergebnis ist die „Standortbestimmung Studentenwerke 2020“, in welcher die besondere Charakteristik der Studentenwerke als soziale Dienstleistungs¬unternehmen des öffentlichen Bildungssektors in Deutschland herausgearbeitet und das breite Leistungsportfolio der Studentenwerke dargestellt wird. Gleichzeitig wird in der „Standortbestimmung“ dargestellt, mit welchen Partnern, insbesondere Hochschulen, Studierendenschaften und Städten, die Studentenwerke ihre Kooperationsbeziehungen ausbauen wollen – und welche Erwartungen sie ihrerseits an die Politik und den Gesetzgeber haben.
Die im Deutschen Studentenwerk organisierten 58 Studentenwerke haben den Text auf der 75. DSW-Mitgliederversammlung am 3. Dezember 2014 einstimmig verabschiedet. Mit der „Standortbestimmung“ liegt nun in komprimierter Form ein politisches Grundsatzpapier vor, mit welchem die Studentenwerke und ihr Verband ihre gemeinsame politische Lobbyarbeit unterfüttern können. Es soll insbesondere gegenüber den Ländern wichtige Argumente liefern, warum diese ihre Zuschüsse bzw. Finanzhilfen an die Studentenwerke nicht noch weiter reduzieren dürfen.
Gemeinsamer Arbeitskreis Kanzler/innen - Studentenwerke Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten und Hochschulen sind für die Studentenwerke wichtige und enge Kooperationspartner/innen; in vielen Bundesländern sind Kanzler/innen Mitglied in den Verwaltungs- oder Aufsichtsräten der Studentenwerke. Das Deutsche Studentenwerk trägt dieser bewährten und vertrauensvollen institutionellen Kooperation auf Verbandsebene seit vielen Jahren Rechnung in Form gemeinsamen Arbeitskreises von Kanzlerinnen und Kanzlern sowie Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern von Studentenwerken. Diesem Arbeitskreis, gegründet 2005, gehören sieben Universitätskanzler/innen, zwei Fachhochschul-Kanzler sowie der Kanzler einer Berliner Musikhochschule an. Vorsitzender ist Jens Apitz, Kanzler der Universität Konstanz. Im Jahr 2015 tagte der Arbeitskreis zweimal in der DSW-Geschäftsstelle in Berlin. Man befasste sich unter anderem mit der gemeinsamen Internationalisierungsstrategie von Bund und Ländern, dem Thema Sicherheit auf dem Campus sowie mit der Überarbeitung der Broschüre „Service- und Beratungsleistungen für Studierende im Hochschulbereich“.
Symposium zur Zukunft der Studentenwerke mit Kanzler-Beteiligung Wie die Zusammenarbeit von Hochschulen und Studentenwerken zukünftig noch stärker intensiviert werden kann, welche Anforderungen die Hochschulen, aber auch die Studierenden und die Hochschulstädte, an die Studentenwerke stellen – dies war Thema eines Symposiums zur Zukunft der Studentenwerke im Mai 2015 in der Bochumer Jahrhunderthalle. Veranstaltet wurde es von der Arbeitsgemeinschaft der Studentenwerke Nordrhein-Westfalen und dem Deutschen Studentenwerk; rund 100 Menschen nahmen teil. Die Kanzlerinnen und Kanzler waren zweifach vertreten: durch Manfred Nettekoven, Kanzler der RWTH Aachen, und Heinz-Joachim Henkemeier, Kanzler der Fachhochschule Südwestfalen und Sprecher der Kanzler/innen der Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen. Diversifizierung der Studierenden, Internatio¬nalisierung, Finanzierung zusätzlicher Aufgaben durch die Politik: Das waren die meistdiskutierten Themen des Symposiums.
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Politisches Ringen um zusätzliche Wohnheimplätze Über die Zusammenarbeit von Hochschulen und Studentenwerken hinaus betreibt das Deutsche Studentenwerk intensive politische Arbeit; sie war 2014/2105 stark auf die langwierigen Verhandlungen von Bund und Ländern um die künftige Ausgestaltung der deutschen Wissenschaftspolitik konzentriert. Obwohl sich Bund und Länder im Herbst 2014 auf die Fortsetzung der Exzellenzinitiative sowie eine dritte Phase des Hochschulpaktes und damit einen weiteren Ausbau der Studienplatzkapazitäten geeinigt haben, bleibt die soziale Infrastruktur weiterhin außen vor. Während die Zahl der Studierenden seit dem Jahr 2007 um 36% gestiegen ist, stieg die Zahl der staatlich geförderten Wohnheimplätze für Studierende lediglich um 5%. Das ist ein strukturelles Defizit der Hochschulpakte.
Die Studentenwerke bekräftigten daher über ihren Verband ihre politische Forderung nach einem Bund-Länder-Programm für die Förderung der sozialen Infrastruktur, besonders für den Studierendenwohnheimbau. Hier sieht das Deutsche Studentenwerk großen Handlungsdruck, weil in vielen Hochschulstädten bezahlbarer Wohnraum für Studierende immer knapper wird und sie überdies auf diesen Wohnungsmärkten mit anderen Bevölkerungsgruppen, etwa Familien mit geringen Einkommen, um preisgünstigen Wohnraum konkurrieren. Der Bedarf an zusätzlichen, staatlich geförderten Wohnheimplätzen liegt bei mindestens 25.000. Sollte wie geplant die Internationalisierungsstrategie von Bund und Ländern greifen und sollten rund 70.000 weitere ausländische Studierende bis zum Jahr 2020 nach Deutschland kommen, müssten dringend noch weitere Wohnheimplätze hinzukommen: Das Wohnheim ist mit Abstand die bevorzugte Wohnform ausländischer Studierender. Schon heute sind rund 66.000 der 188.000 Wohnheimplätze bei den Studentenwerken von ausländischen Studierenden belegt; die Studentenwerke betreiben unter anderem Programme mit studentischen Wohnheimtutor/innen, um ausländische Studierende sozial zu integrieren.
Doch ein Bund-Länder-Programm für den Wohnheimbau? Im Berichtszeitraum führte das Deutsche Studentenwerk zahlreiche Gespräche mit der Bundesregierung, vor allem mit den Leitungsebenen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, um die Möglichkeiten einer Bundesförderung für den Wohnheimbau auszuloten. Zwar wurden von beiden Häusern zunächst verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht, dass der Bund nicht zuständig sei, sondern vielmehr die Länder. Das DSW erinnerte die Bundesregierung daran, dass der Bund in der Vergangenheit über das Hochschulbauförderungsgesetz den Mensabau mitfinanzierte und in den 1970er, 1980er und 1990er Jahren an gemeinsamen Programmen mit den Ländern für den Studentenwohnheimbau beteiligt war, und zwar auf der Grundlage des damaligen Artikels 104a Absatz 4 Grundgesetz. Über diese Bund-Länder-Programme wurde vor allem in den alten Bundesländern ein Großteil des heutigen Bestandes geschaffen, nach der Wende auch in den neuen Bundesländern.
Nachdem schließlich Ende 2014 mit Zustimmung der Länder das sogenannte Kooperations-verbot aus dem Grundgesetz gekippt wurde, schien sich der Bund doch bewegen zu wollen. Bei Redaktionsschluss dieses Berichts gibt es zumindest eine Ankündigung des Bundesbauministeriums, 120 Millionen Euro für die Förderung des studentischen Wohnens bereitstellen zu wollen. Das DSW ist überdies Mitglied im „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ des Bundesbauministeriums.
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Einige Länder fördern den Wohnheimbau Bei der Förderung von bezahlbarem Wohnraum für Studierende sind einige Bundesländer durchaus aktiv, sicher nicht zuletzt durch die kontinuierliche politische Lobbyarbeit von Studentenwerken und ihrem Verband. Vorbild-Bundesland ist der Freistaat Bayern, welcher mit einem faktischen Zuschuss von 32.000 Euro pro Wohnheimplatz fördert. Baden-Württemberg und Thüringen haben ebenfalls Zuschussprogramme für den Wohnheimbau. Auch Niedersachen und Thüringen stellen Mittel zur Verfügung. Die Länder bauen mehr, und mehr Länder fördern – das begrüßen die Studentenwerke und ihr Verband ausdrücklich. Im Jahr 2014 waren rund 20.000 Wohnheimplätze entweder bereits im Bau oder in Planung. Ausreichend ist das noch nicht. Es mangelt vor allem an preisgünstigem Wohnraum für Studierende, der sich preislich am BAföG orientiert, das fürs Wohnen derzeit 224 Euro im Monat vorsieht. Nur mit staatlicher Förderung können die Studentenwerke bei Neubauten Mieten auf diesem sozialverträglichen Niveau realisieren.
Besser spät als gar nicht: Das BAföG wird erhöht Zum Wintersemester 2016/2017 wird das BAföG erhöht, um jeweils 7% bei den Bedarfssätzen und bei den Freibeträgen. Ab August 2016 soll das BAföG bundesweit online beantragt werden können. Die Finanzierung übernimmt ab 2015 allein der Bund. Das sind die wesentlichen Punkte der 25. BAföG-Novelle, auf die sich Bund und Länder nach zähen Verhandlungen ebenfalls im Herbst 2014 geeinigt haben. Das Deutsche Studentenwerk hat die grundsätzliche Einigung ausdrücklich begrüßt, hält aber an seiner Forderung fest, dass das BAföG regelmäßig bzw. dynamisch erhöht werden muss. Nun, da der Bund das BAföG alleine finanziert und sich die Bundesregierung beim BAföG nicht mehr mit 16 Ländern ins Benehmen setzen muss, hat der Bund auch den vollen Handlungs- und Gestaltungsspielraum – und kann das BAföG in eigener Regie regelmäßig erhöhen.
BAföG überall online ab August 2016?
Eine Herausforderung für den BAföG-Vollzug, den die Studentenwerke im Auftrag von Bund und Ländern durchführen, sieht das Deutsche Studentenwerk in der Ankündigung der Bundesregierung, ab August 2016 könnten die Studierenden das BAföG bundesweit online beantragen. Derzeit sind in den Bundesländern, die weiterhin für den Vollzug des BAföG zuständig sind, unterschiedliche IT-Lösungen im Einsatz. Gemeinsam mit den Studentenwerken, die mit diesen IT-Systemen durchaus unterschiedliche Erfahrungen machen, fordert das Deutsche Studentenwerk alle 16 Bundesländer auf, sich zu koordinieren und ihre Systeme nach Möglichkeit so weit zu harmonisieren, dass die Studierenden tatsächlich im August 2016 bundesweit ihr BAföG online beantragen können.
Frei werdende BAföG-Ländermittel in die soziale Infrastruktur Dadurch, dass die Länder seit Jahresbeginn 2015 ihren bisherigen Finanzierungsanteil von 35% der BAföG-Kosten nicht mehr leisten müssen, haben sie jährlich rund 1,17 Milliarden Euro zur Verfügung – Geld, das nach dem Willen des Bundes vor allem Hochschulen und Schulen zugute kommen soll. Das Deutsche Studentenwerk fordert – und wird hierin vom Arbeitskreis
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Kanzler/innen - Studentenwerke unterstützt –, diese Mittel, um welche der Bund nun die Länder beim BAföG entlastet, auch in die soziale Infrastruktur fließen zu lassen. Sie waren bisher zweckgebunden für die direkte, unmittelbare Förderung der Studierenden. Nun müssen sie für die indirekte, die mittelbare Förderung der Studierenden verwendet werden.
„Studium+M“: Programm für mehr Studierende mit Migrationshinterund Eine Gruppe von Studierenden erhält in den kommenden Jahren zusätzliche Förderung: Studierende mit Migrationshintergrund. Die Stiftung Mercator hat sich erfreulicher Weise entschieden, über das DSW ein Programm aufzulegen, mit welchem fünf Studentenwerke in Modellprojekten mehr Menschen mit Migrationshintergrund für ein Studium gewinnen und zu einem erfolgreichen Hochschulabschluss führen sollen. Gleichzeitig sollen die Projekte die Willkommens- und Anerkennungskultur für Studierende mit Migrationshintergrund verbessern. Dafür stellt die Stiftung Mercator in den Jahren 2015 bis 2018 eine Projektförderung von insgesamt rund einer Million Euro bereit. Insgesamt bewarben sich 24 Studentenwerke um eine Förderung. Eine sechsköpfige unabhängige Auswahlkommission wählte aus den Anträgen fünf Studentenwerke für eine Förderung aus: das Studierendenwerk Bonn, das Studentenwerk Darmstadt, das Kölner Studierendenwerk, das Studentenwerk Marburg und das Studentenwerk Thüringen. Deren Projekte sollen im Sommer 2015 anlaufen. Seitens des Deutschen Studentenwerks wird das Programm begleitet von seiner Servicestelle Interkulturelle Kompetenz.
Derzeit haben 23 Prozent der Studierenden in Deutschland einen Migrationshintergrund. Sie kommen häufig aus Familien ohne akademischen Hintergrund, sind also klassische Bildungsaufsteiger/innen. Die wirtschaftliche und soziale Förderung durch die Studentenwerke ist für diese Studierendengruppe besonders wichtig. Rund ein Drittel von ihnen erhält BAföG. Im nach wie vor sozial sehr selektiven deutschen Hochschulsystem sehen sich Studierende mit Migrationshintergrund oft Barrieren gegenüber; es mangelt an ideeller und finanzieller Unterstützung.
Allergenkennzeichnung in der Hochschulgastronomie der Studentenwerke
Die Studentenwerke sind die Hochschulgastronomen Deutschlands. In ihren mehr als 825 hochschulgastronomischen Einrichtungen, darunter rund 400 Mensen, bereiten sie im Jahr rund 90 Millionen Essen zu. Die Studentenwerke gehören zu den größten Gemeinschaftsverpflegungsunternehmen Deutschlands. Wie diese wurden sie von einer gesetzlichen Neuerung im Jahr 2014 stark herausgefordert. Seit dem Stichtag 13. Dezember 2014 müssen in Deutschland, in Umsetzung einer EU-Richtlinie, in allen Gastronomiebetrieben die 14 wichtigsten Allergene gekennzeichnet werden. Das Deutsche Studentenwerk hat sowohl gegenüber dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, welches die Allergenkennzeichnung auf nationaler Ebene umsetzte, politisch Stellung bezogen als auch die Studentenwerke bei der praktischen Umsetzung dieser Vorschrift unterstützt – mit mehreren Schulungen, Arbeitshilfen, Checklisten sowie einem „Allergenfächer“ für die Hosentasche. Zum Stichtag hatten praktisch alle Studentenwerke die Allergenkennzeichnung in schriftlicher oder digitaler Form umgesetzt.
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Bundesteilhabegesetz: einheitliche Regelungen für Studierende mit Behinderung Über seine Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS) führte und führt das Deutsche Studentenwerk einen intensiven Dialog mit der Bundesregierung, namentlich dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), aber auch mit den Bundesländern, der Selbsthilfe und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Der Grund: Die Bundesregierung will die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung neugestalten und es gab Überlegungen, die Aufgabe vielleicht künftig etwa den Hochschulen zu überantworten. Das könnte zu kleinteiligen Länder- oder gar individuellen Hochschul-Lösungen führen. Mit einer bundesgesetzlichen Regelung hingegen lassen sich ein einklagbarer Rechtsanspruch und einheitliche Standards der Leistungsvergabe am besten realisieren – unabhängig von der Finanzkraft einzelner Bundesländer oder gar einzelner Hochschulen. Gemeinsam mit der Hochschulrektorenkonferenz dringt das Deutsche Studentenwerk auf eine bundesgesetzliche Regelung der künftigen Eingliederungshilfe für Studierende mit Behinderung. 7% der Studierenden haben eine Behinderung. Für technische oder personelle Hilfe oder für ihre Mobilität können diese Studierenden „Eingliederungshilfe für behinderte Menschen“ nach dem Sozialgesetzbuch XII beantragen. Das wird bisher über die Sozialhilfeträger umgesetzt. Das Gesetzgebungsverfahren läuft weiterhin.
Soziale Lage der Studierenden in Europa – und ihre Identität als EU-Bürger/innen
Auf europäischer Ebene war das Deutsche Studentenwerk vielfältig politisch aktiv. Über den europäischen Studentenwerks-Dachverband „European Council for Student Affairs (ECStA)“ floss Expertise des DSW sowie der vergleichbaren europäischen Partnerorganisationen für „Student Services“ in den „EUROSTUDENT Report V“ ein, eine Vergleichsstudie zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Studierenden in 29 europäischen Ländern. Die Studie liefert für die Arbeit der Studentenwerke bzw. Organisationen für „Student Services“ in Europa strategisch wichtige Daten. Für Deutschland stammen sie aus der aktuellen, 20. DSW-Sozialerhebung.
Neben den „harten“ Fakten zur sozialen und wirtschaftlichen Lage der Studierenden in Europa griff das Deutsche Studentenwerk auch die „weichen“ auf: Mit Förderung der Europäischen Union veranstaltete das Deutsche Studentenwerk als Konsortialführer im Sommer 2014 mit neun weiteren europäischen Partnerorganisationen den „European Citzen Campus“, ein transdisziplinäres Kulturprojekt mit 144 Studierenden aller Fachrichtungen aus sechs europäischen Ländern: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und Portugal. Angeleitet von professionellen Künstlerinnen und Künstlern, haben sich diese Studierenden im „European Citizen Campus“ in verschiedenen Kunstformen erprobt: Tanz, Musik, Malerei, Fotografie, Performance, Cross-over. Es ging darum, ihre Bürgerschaft der Europäischen Union künstlerisch zu bearbeiten. Gibt es unter Studierenden so etwas wie eine europäische Identität, ein Konzept von Unionsbürgerschaft? Wie kann das künstlerisch „übersetzt“ werden? Auf einer Konferenz in Antwerpen wurden die entstandenen Arbeiten im Juni 2015 präsentiert und sowohl kultur- als auch hochschul- wie gesellschaftspolitisch diskutiert. Der Katalog zum „European Citizen Campus“ kann beim Deutschen Studentenwerk bestellt werden.
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DSW-Verdienstmedaille für langjährigen Kanzler der Hochschule Merseburg Die enge Zusammenarbeit der Studentenwerke mit Kanzlerinnen und Kanzlern der Hochschulen findet mitunter auch symbolische Anerkennung: Für seine Verdienste um das Studentenwerk Halle, in dessen Verwaltungsrat er 22 Jahre lang tätig war, ehrte der Verband Dr. Bernd Janson, Kanzler der Hochschule Merseburg, mit der Verdienstmedaille des Deutschen Studentenwerks. Auf Bundesebene war Herr Dr. Janson ebenfalls tätig, just als langjähriges Mitglied des eingangs geschilderten gemeinsamen Arbeitskreises Kanzler/innen – Studentenwerke. Die Verdienstmedaille des Deutschen Studentenwerks wird verliehen an Persönlichkeiten, die sich um die Ziele der Studentenwerke und um das Wohl der Studierenden verdient gemacht haben. Zahlreiche Kanzlerinnen und Kanzler haben die Auszeichnung bereits erhalten.
Berlin, im Juli 2015
Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks www.studentenwerke.de
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FRAUNHOFER-‐GESELLSCHAFT
Fraunhofer-‐Gesellschaft Zentrale Hansastr. 27 c 80686 München Tel: + 49 (0)89/1205-‐1114 Fax: +49 (0)89/1205-‐77-‐1114
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Fraunhofer 58. Jahrestag der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Inhalt
1 Einleitung.................................................................................................................................................. 1
2 Personal und Finanzen ....................................................................................................................... 2 2.1 Auszeichnungen und Preise ............................................................................................................. 3 2.2 Karriere mit Fraunhofer..................................................................................................................... 5 2.3 Gleichstellung von Männern und Frauen.................................................................................... 10 2.4 Nachwuchs ............................................................................................................................................... 12
3 Vernetzung............................................................................................................................................... 17 3.1 Nationale Leistungszentren.............................................................................................................. 18 3.2 Themenspezifische Partnerschaften ............................................................................................ 20 3.3 Kooperationen mit der Max-‐Planck-‐Gesellschaft.................................................................... 21
4 Wissenschaft und Wirtschaft ........................................................................................................... 22 4.1 Forschungsportfolio............................................................................................................................. 22 4.2 Technologie-‐ und Wissenstransfer-‐Strategien......................................................................... 25 4.3 Schutzrechtsverwertung.................................................................................................................... 31 4.4 Ausgründungen...................................................................................................................................... 31 4.5 Weiterbildung für die Wirtschaft ................................................................................................... 32
5 Internationale Zusammenarbeit..................................................................................................... 34 5.1 Internationalisierungsstrategien ................................................................................................... 34 5.2 Gestaltung der europäischen Zusammenarbeit....................................................................... 35 5.3 Beteiligung am Europäischen Forschungsrahmenprogramm .......................................... 37
6 Ausblick ..................................................................................................................................................... 38
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1 Einleitung
Als Forschungsorganisation verbindet Fraunhofer die Grundlagenforschung mit einem klaren Anwendungsbezug und setzt die eigene Vorlaufforschung gezielt zum Nutzen der Gesellschaft ein. Deshalb freut sich Fraunhofer gemeinsam mit den Preisträgerin-‐nen und Preisträgern über die erneute Auszeichnung mit dem Deutschen Zukunftspreis – Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation 2014. Das Fraunhofer-‐Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV erhielt den wichtigsten deutschen Innovationspreis gemeinsam mit der Firma Prolupin GmbH für die Entwicklung und erfolgreiche Markteinführung eines neuen Verfahrens in der Lebensmitteltechnologie. Dieses ermöglicht die Gewinnung von Proteinen aus der Blauen Süßlupine, die als Fleisch-‐ und Milchalternativen eingesetzt werden. Die Anerkennung von Fraunhofer gründet sich entscheidend auf die nachhaltige Aus-‐richtung der Forschung auf Innovationen. Kern der Leistungsstärke ist die enge Vernet-‐zung mit den Universitäten, eine ausreichende Verfügbarkeit von frei einsetzbarer Grundfinanzierung und die konsequente Kundenorientierung innerhalb des Projektge-‐schäfts. Dabei sind Internationalisierung und regionale Präsenz kein Widerspruch. Fraunhofer hat im Herbst 2014 als erste deutschen Forschungsorganisationen einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht und greift damit fundiert in die Debatte um Nach-‐haltigkeit in der Forschung ein: Die Anschlussfähigkeit an internationalen Berichter-‐stattungsstandards wird mit Fraunhofer-‐spezifischen Elementen gekoppelt. Zu Letzte-‐ren gehören z. B. die vielfältigen Aktivitäten rund um die Verwertung der Forschungs-‐ergebnisse wie Lizenzierung und Ausgründungen oder das integrierte Personalmana-‐gement mit Maßnahmen wie eine exzellente Führungskräftequalifizierung oder attrak-‐tive Pfade in der Karriereentwicklung. Gleichfalls werden neue Wege in der Gestaltung der Forschungslandschaft als anwendungsorientierte Einrichtung − beispielsweise durch Stärkung von Synergieeffekten in ausgewählten Regionen oder eine noch aktive-‐re Zusammenarbeit zwischen Universitäten, Instituten und Industrie − aufgegriffen. Abb. 01 Nachhaltige Unter-‐
nehmensführung bedeutet für Fraunhofer, Verantwortung zu über-‐nehmen und die Zukunft aktiv mitzugestalten. In wichti-‐gen Bereichen wie Wissen-‐schaft, Wirtschaft, Personalpoli-‐tik, Gesellschaft und Ressourcen verpflichtet sich Fraunhofer daher zu konkreten Zielen und Maßnahmen.
Als konstruktiver Partner bringt sich Fraunhofer konsequent in die Gestaltung des Forschungsraums in Deutschland und Europa ein. Die vorliegende Darstellung soll in kurzer Form wesentliche Entwicklungslinien von Fraunhofer als aktiver Partner der Universitäten und weiterer Forschungspartner im Hinblick auf den Nutzen von Wis-‐senschaft, Wirtschaft und Gesellschaft geben.
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Fraunhofer konnte seinen Wachstumskurs auch 2014 weiter fortsetzen und hat mit deutlich über 2 Mrd € das Finanzvolumen erneut gesteigert. Die Dynamik resultiert vor allem aus dem Bereich der Vertragsforschung, während die Ausbauinvestitionen auf dem hohen Niveau des Jahres 2013 verblieben. Die Steigerungen innerhalb der Vertei-‐digungsforschung resultieren aus der Zunahme projektbezogener Finanzierung durch das Bundesministerium der Verteidigung. Ein Grund dafür ist auch in der gestiegenen Bedeutung von Sicherheit in der öffentlichen Diskussion zu suchen.
Finanzvolumen der Fraunhofer-Gesellschaft in Mio €
2010 2011 2012 2013 2014
Vertragsforschung 1402 1515 1614 1661 1716
Verteidigungsforschung 93 98 113 114 118
Ausbauinvestitionen 162 236 199 235 226
Gesamt 1657 1849 1926 2010 2060
Innerhalb des Leistungsbereichs der Vertragsforschung sind die zunehmende Nachfra-‐ge aus der Wirtschaft (+40 Mio €) und die gestiegene öffentliche Finanzierung von Bund und Ländern für Forschungsprojekte zu nennen. Im deutlichen Anstieg der EU-‐Erträge zeigt sich erneut der große Erfolg im auslaufenden Forschungsrahmenpro-‐gramm FP7.
Aufwendungen und Erträge im Leistungsbereich Vertragsforschung in Mio €
2010 2011 2012 2013 2014
Laufender Haushalt 1402 1515 1614 1661 1716
Projekterträge (Ertragsanteil in Prozent)
1030 (72)
1101 (71)
1137 (70)
1200 (72)
1272 (73)
Wirtschaftserträge (Ertragsanteil in Prozent)
463 (34)
531 (36)
570 (37)
578 (36)
618 (37)
EU-‐Erträge (Ertragsanteil in Prozent)
65 (5)
71 (5)
88 (6)
92 (6)
106 (6)
Erträge Bund/Länder (Ertragsanteil in Prozent)
406 (26)
405 (24)
382 (21)
431 (23)
445 (24)
Sonstige Erträge 96 94 97 99 103
Die Zahl der Beschäftigten wuchs auf 23 786 (+2,4 Prozent). Hauptverantwortlich ist die Zunahme des wissenschaftlichen, technischen und administrativen Personals. Al-‐lerdings hat sich der relative Zuwachs abgeschwächt (2013: +5,44 Prozent, 2014: +3,98 Prozent). Zudem hat die Anzahl der Diplomandinnen und Diplomanden, Studierenden und der Schülerinnen und Schüler 2014 leicht abgenommen.
2 Personal und Finanzen
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Fraunhofer-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter (inkl. Integrationen)
Jeweils zum 31.12. 2010 2011 2012 2013 2014
Wissenschaftliches, techni-‐sches und administratives Personal
13 202 14 073 15 220 16 048 16 687
Diplomanden, Studenten, Schüler
5 313 5 765 6 403 6 694 6 619
Auszubildende 487 488 470 494 480
Summe 19 002 20 326 22 093 23 236 23 786
Fraunhofer ist bei den Absolvierenden in den technisch-‐naturwissenschaftlich orien-‐tierten Studiengängen ein besonders beliebter Arbeitgeber. In der jährlich aktualisier-‐ten Umfrage belegt Fraunhofer seit Jahren einen der ersten Plätze. Abb. 02 Universum-‐
Befragung von Studentinnen und Studenten 2014 nach den beliebtesten Arbeitgebern in den für Fraunhofer besonders wichtigen Fachgebieten.
Um diese Attraktivität als Arbeitgeber halten bzw. weiter entwickeln zu können, ist es wichtig, frühzeitig die richtigen Weichen zu stellen. Neben den anwendungsorientier-‐ten Fragestellungen bei Fraunhofer zählen eine hervorragende Ausstattung von Ar-‐beitsplätzen, Labors und Werkstätten ebenso zu den entscheidenden Qualitäten als Arbeitgeber wie die Karriereförderung, die Qualifizierung, ein gelebtes Gesundheits-‐management und die Honorierung von herausragender Leistung.
2.1 Auszeichnungen und Preise
Die Anerkennung für Forschungsergebnisse durch Wissenschaft und Gesellschaft drückt sich in besonderem Maße in der Würdigung durch Auszeichnungen und Preise aus. Fraunhofer freut sich über eine Vielzahl nationaler und internationaler Auszeich-‐nungen im Jahr 2014 und beglückwünscht alle Preisträgerinnen und Preisträger zu der öffentlichen Anerkennung. Besonders herausragend war 2014 die Verleihung des Deutschen Zukunftspreises – Preis des Bundespräsidenten für Innovation und Technik an die Prolupin GmbH ge-‐meinsam mit dem Fraunhofer-‐Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV für die Entwicklung von Aufbereitungsverfahren, die eine breite Nutzung von hochwerti-‐gen Proteinen aus Lupinen ermöglichen.
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4 Fraunhofer-‐Gesellschaft 58. Jahrestag der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Abb. 03 Deutscher Zukunfts-‐
preis 2014: Dr. Stephanie Mittermaier (Sprecherin), Dr.-‐Ing. habil. Peter Eisner und Katrin Peter-‐sen wurden ausgezeichnet für »Lebensmittelzutaten aus Lupinen – Beitrag zu ausgewo-‐gener Ernährung und verbes-‐serter Proteinversorgung«.
Fraunhofer-‐Forschung wird weltweit mit ökonomisch, ökologisch und sozial nachhalti-‐gen Innovationen verbunden. Anfang 2014 wurde beispielsweise das Fraunhofer-‐Institut für Solare Energiesysteme ISE mit dem Zayed Future Energy Prize in der Kate-‐gorie Nongovernmental Organization (NGO) ausgezeichnet. Der Preis wird an Organi-‐sationen vergeben, die entscheidenden Einfluss auf einen spürbaren industriellen, ge-‐sellschaftlichen und ökologischen Wandel ausüben. Gewürdigt werden dabei die Füh-‐rungsrolle und Vorbildfunktion sowie die Zukunftsfähigkeit und das Innovationspoten-‐zial der ausgezeichneten Einrichtung. Das Preisgeld von 1,5 Mio US$ wurde vom Fraunhofer-‐Vorstand noch zusätzlich aufgestockt und wird jetzt eingesetzt, um beson-‐ders innovative Vorlaufforschung mit internationaler Ausrichtung im Themenbereich der Energiewende zu fördern. Insgesamt stehen 2,1 Mio € für einen internen Wettbe-‐werb zur Verfügung, die ersten Projekte sind bereits angelaufen. Abb. 04 Prof. Dr. Eicke We-‐
ber, Institutsleiter des Fraunho-‐fer ISE, nimmt den Zayed Futu-‐re Energy Prize am 20. Januar 2014 von Scheich Mohammed Bin Zayed Al Nahyan, Kronz-‐prinz von Abu Dhabi, entgegen. © Ryan Carter/Crown Prince Court – Abu Dhabi
Ein anderes Beispiel, in welch vielfältigen Bereichen Fraunhofer-‐Ergebnisse hoch ge-‐schätzt werden, ist die Ehrung des Fraunhofer-‐Instituts für Nachrichtentechnik, Hein-‐rich-‐Hertz-‐Institut, HHI mit dem Technology & Engineering Emmy Award. Ausgezeich-‐net wurde das Fraunhofer HHI gemeinsam mit weiteren Institutionen und Unterneh-‐men für die Entwicklung des MPEG-‐2 Transportstrom-‐Standards. Abb. 05 Dr. Thomas Schierl
nahm den Emmy in der Katego-‐rie Technology & Engineering für das Fraunhofer HHI entge-‐gen. Der Emmy wird von der National Academy of Television Arts & Sciences vergeben und ist der bedeutendste Fernseh-‐preis der USA.
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Fraunhofer-Gesellschaft
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2.2 Karriere mit Fraunhofer
Ideen sind der Rohstoff der angewandten Forschung, der Markterfolg ist ihr Ergebnis. Fraunhofer hat die fachliche und persönliche Entwicklung der Mitarbeitenden als Teil der Mission festgeschrieben. Um dieser besonderen Zielsetzung gerecht zu werden, gestalten Führungskräfte bei Fraunhofer den Handlungsrahmen für sich und ihre Teams immer mit Blick auf Wissenschaft und Wirtschaft. Damit tragen sie entscheidend zum Erfolg von Fraunhofer bei. Sie dabei bestmöglich zu unterstützen ist ein wichtiges internes Ziel der Fraunhofer-‐Gesellschaft.
Fraunhofer-‐Führungsleitbild und -‐Kompetenzmodell
Das 2014 neu eingeführte Führungsleitbild verdeutlicht den Auftrag der Führungskräf-‐te und die Erwartungen, die damit einhergehen. Da ein gemeinsames Führungsver-‐ständnis seine organisationsweite Wirksamkeit nur dann entfaltet, wenn alle Verant-‐wortlichen an einem Strang ziehen, hat Fraunhofer mit dem »Fraunhofer-‐Führungsleitbild« einen klaren Orientierungsrahmen formuliert.1 Fraunhofer hat ein Kompetenzmodell entwickelt, das in einem eigenen »Kompetenzfeld Führung« explizit die notwendigen Führungskompetenzen beschreibt. An ihm sind alle Maßnahmen zur Führungskräfteentwicklung und -‐qualifizierung ausgerichtet:
Management-‐Kompetenz Leadership-‐Kompetenz Selbstkompetenz
1 www.fraunhofer.de/de/ueber-‐fraunhofer/personalpolitik/fuehrung.html.
Abb. 06 Das »Fraunhofer-‐Führungsleitbild« überträgt wesentliche Eigenschaften der Fraunhofer-‐Kultur auf Führungs-‐aufgaben: Zentrale Elemente markieren den Handlungsrahmen von Führung. Die Führungskräfte gestalten diesen Rahmen und balancieren die unterschiedlichen Anforde-‐rungen eigenverantwortlich aus.
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Führungskräfteentwicklung
Ergänzend zum Führungsleitbild und zu den Prozessen zur Entwicklung institutsspezi-‐fischer Führungsleitlinien hat Fraunhofer die zentralen Angebote der Führungskräfte-‐entwicklung komplett überarbeitet. Ein modulares Qualifizierungsangebot, basierend auf dem Kompetenzfeld »Führung«, ermöglicht Führungskräften aller Hierarchieebe-‐nen, relevante Themen praxisbezogen zu vertiefen. Im Sinne des integrierten Personalmanagements sind in diese Angebote zentrale Quer-‐schnittsthemen (wie Gesundheitsmanagement oder Gendergerechtigkeit) eingebunden. 2014 nahmen an 24 Seminaren insgesamt 258 Führungskräfte teil, davon waren 24 Prozent Frauen. Abb. 07 Ein etabliertes Füh-‐
rungskräfteprogramm im wissenschaftlichen Bereich ist die »Fraunhofer Vintage Class«. Seit mittlerweile neun Jahren werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Poten-‐zial für Aufgaben im Instituts-‐management in ihrer Entwick-‐lung unterstützt. Aktuell 16 Mitglieder nehmen bis zu fünf Jahre lang am Programm teil. © Antje Kückemanns
Mit »Attract« hat Fraunhofer seit einigen Jahren ein weiteres Führungskräfteprogramm für Postdocs: Es zielt auf die Rekrutierung und Förderung von herausragenden exter-‐nen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ab. Als Gruppenleiterinnen und Grup-‐penleiter mit Anbindung an ein Fraunhofer-‐Institut erhalten sie die Möglichkeit, ihre innovativen Ideen weiter in Richtung Anwendung zu entwickeln. Im letzten Jahr wur-‐den 60 Prozent der erfolgreich bewilligten Anträge durch Wissenschaftlerinnen einge-‐reicht, die Frauenquote ist von 21 auf 22 Prozent gestiegen. Das bis 2016 gesteckte Ziel eines Frauenanteils von 30 Prozent rückt damit näher. In den letzten Jahren hat Fraunhofer systematisch ein Gesamtkonzept entwickelt, das entlang der gesamten Bildungskette ansetzt. Beginnend mit Formaten für (Vor-‐) Schul-‐kinder und der Begleitung von Jugendlichen sowie Studierenden in MINT-‐Fächern er-‐streckt sich die Förderung bis zur Aufnahme studentischer Tätigkeiten bei Fraunhofer zur Entwicklung der persönlichen und fachlichen Qualifizierung. Diesem Gesamtansatz schließt sich eine konsequente Förderung der »Karriere mit Fraunhofer« an. Diese beinhaltet die individuelle Qualifizierung für einen Karriereweg in der Wissenschaft, der Wirtschaft – auch im Rahmen einer Ausgründung – oder weiterhin bei Fraunhofer.
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Fraunhofer-‐Gesellschaft 58. Jahrestag der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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Abb. 08 Gesamtkonzept: MINT-‐Förderung und Karriere mit Fraunhofer.
Karriere mit Fraunhofer
Fraunhofer unterstützt die Anbahnung wissenschaftlicher Karrieren von Vertreterin-‐nen und Vertretern der zweiten Führungsebene an Universitäten und Hochschulen über Kooperationen und Berufungsmodelle. Im Jahr 2014 lag die Zahl der gemeinsam mit Hochschulen berufenen Professorinnen und Professoren bei 195 (11 Frauen und184 Männer). Nachwuchskräfte mit großem Potenzial erhalten zusätzlich innerhalb der Vintage Class die Möglichkeit, ihr wissenschaftliches Profil und ihre Management-‐kompetenz weiterzuentwickeln. Mit Prof. Dr. Ina Schieferdecker und Prof. Dr. Stefan Hiermaier wurden Mitglieder der Vintage Class in die Institutsleitungen der Fraunho-‐fer-‐Institute für Offene Kommunikationssysteme FOKUS und für Kurzzeitdynamik, Ernst-‐Mach-‐Institut, EMI berufen. Abb. 09 Prof. Dr. Ina Schie-‐
ferdecker ist neue Institutslei-‐terin am Fraunhofer FOKUS in Berlin.
Für eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung ist es integraler Bestandteil der Personalpolitik und Personalarbeit, dass ein Teil der Mitarbeitenden befristet beschäf-‐tigt wird: Die Weiterentwicklung von jungen Menschen in beruflicher und persönlicher Hinsicht ist ein Aspekt des Auftrags und der Verpflichtung von Fraunhofer. Dabei bietet ein innovatives Arbeitsumfeld mit hervorragend ausgestatteten Arbeitsplätzen die Möglichkeit, eine passfähige Wahl der verschiedenen Karrierewege in der Wissen-‐schaft, Wirtschaft, Selbstständigkeit oder bei Fraunhofer zu treffen. Jährlich entschei-‐den sich rund 8–10 Prozent der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ihren Weg extern weiter zu verfolgen. Eine zentrale Voraussetzung für die Karriere in der Wissenschaft ist die Promotion, die häufig die erste Qualifizierungsphase bei Fraunhofer darstellt. Aufgrund der engen Kooperationen mit den Universitäten werden die Nachwuchskräfte u. a. im Rahmen der Doktorandenförderung an den Lehrstühlen der Institutsleitungen gefördert und beglei-‐tet. Darüber hinaus engagieren sich die Institute auch im Rahmen von Graduierten-‐schulen. Beispielhaft können die Fraunhofer-‐Institute für Produktionstechnik und Au-‐tomatisierung IPA und für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO mit der Graduate School of Excellence advanced Manufacturing Engineering Stuttgart oder das Fraunho-‐fer-‐Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD mit der Graduate School of Excel-‐lence Computational Engineering in Darmstadt genannt werden. Oft arbeiten die Insti-‐tute dabei mit weiteren Partnern zusammen. In Halle kooperieren beispielsweise Uni-‐
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versität, Max-‐Planck und Fraunhofer in einer Graduiertenschule im Bereich der Nano-‐systeme. Abb. 10 International Max-‐
Planck Research School for Science and Technology of Nanostructures in Halle (Saale). Partner: Max-‐Plack-‐Institut für Mikrostrukturphysik, Martin-‐Luther-‐Universität Halle-‐Wittenberg und Fraunhofer-‐Institut für Werkstoffmechanik IWM in Halle.
Neben dieser Möglichkeit erhalten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Vielzahl von Qualifizierungs-‐ und Entwicklungsmöglichkeiten an den Instituten ent-‐sprechend des spezifisch entwickelten Fraunhofer-‐Kompetenzrahmens.
Eine besondere Förderung erhalten herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissen-‐schaftler über das Attract-‐Programm. Dabei werden exzellente externe Wissenschaftle-‐rinnen und Wissenschaftler beim Aufbau einer Arbeitsgruppe an einem Fraunhofer-‐Institut unterstützt (siehe Abschnitt 7.4.1). Der Umgang mit Entfristungen orientiert sich an der im Jahr 2013 verabschiedeten »Leitlinie Befristungspolitik«.2 Von den 5712 befristet beschäftigten Wissenschaftler/-‐innen (11/2014) hatten mehr als 80 Prozent Verträge mit einer Einzellaufzeit von über einem Jahr. Dabei ist die Verteilung zwischen Männern und Frauen ausgeglichen. Ver-‐träge von bis zu einem Jahr hatten 18,87 Prozent. Diese Ausnahmen begründen sich in der Regel durch Übergangsverträge wie z.B. in der Vorbereitung auf andere Arbeits-‐verhältnisse oder den Abschluss einer Promotion.
2 www.fraunhofer.de/de/ueber-‐fraunhofer/personalpolitik/befristung.html.
Abb. 11 Fraunhofer-‐Kompetenzrahmen: Mitarbeiterinnen und Mitarbei-‐tern stehen überfachliche Qualifi-‐zierungsangebote der Institute sowie das zentrale Bildungspro-‐gramm zur Verfügung.
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Fraunhofer entfristete im Jahr 2014 insgesamt 229 Wissenschaftlerinnen und Wissen-‐schaftler, davon 40 Frauen und 189 Männer. Eine Bewertung der Entfristungspolitik gemäß Leitlinie Befristung (Einbeziehung von z.B. Vertragslaufzeiten, Zugehörigkeit, oder Anzahl Verträge) ist erst mit Einführung des neuen HR-‐Systems möglich.
Studienwahl und Studierende
Für die Übergangsphase Schule/Studium hat Fraunhofer gemeinsam mit der Femtec GmbH das dreistufige Orientierungsprogramm »Talent Take Off – Dein Start ins Studi-‐um« entwickelt:
Modul 1: Während des letzten Schuljahres lernen die Schülerinnen und Schüler das Spektrum der naturwissenschaftlichen Studienfächer und Forschungsmög-‐lichkeiten am Beispiel Fraunhofer kennen.
Modul 2: Während der ersten Studienphase erleben die Studierenden ein realisti-‐sches Bild vom Arbeitsalltag in der Fraunhofer-‐Forschung, lernen Wissenschaftle-‐rinnen und Wissenschaftler persönlich kennen und trainieren ihre Methoden-‐kompetenzen schon zu Studienbeginn.
Modul 3: Aufbau der Vernetzung der Schülerinnen und Schüler und Studierenden untereinander und Einladung zur Vernetzung mit der Fraunhofer-‐Community.
An diesem seit 2009 etablierten Programm mit jährlich rund 130 Teilnehmenden betei-‐ligen sich über die gesamte Laufzeit 50 Prozent Frauen. Ein weiteres Element der ge-‐zielten Gewinnung von Frauen für die Wissenschaft ist der im Herbst 2013 in Chemnitz erstmals und 2014 an den Standorten Dresden und Freiburg durchgeführte »Wissen-‐schaftscampus« mit insgesamt 140 Studentinnen. Abb. 12 Fraunhofer-‐
Wissenschaftscampus Freiburg: Prozessierung von Solarzellen. Ziel der Maßnahmen ist es, jungen Frauen ihr kreatives Potenzial sowie ihre Stärken aufzuzeigen und sie für eine Tätigkeit in der Wissenschaft zu begeistern. © Dragos Popescu
Eine sehr intensive Förderung erlebt der studentische wissenschaftliche Nachwuchs bei Fraunhofer. So sind jährlich rund 7000 Studierende, Diplomandinnen, Diploman-‐den, Praktikantinnen und Praktikanten bei Fraunhofer beschäftigt. Eine Online-‐Befragung dieser Zielgruppe untersuchte 2014 u. a. die Frage, ob studentische Hilfs-‐kräfte die Tätigkeit bei Fraunhofer bewusst nutzen, um eine wissenschaftliche Lauf-‐bahn vorzubereiten. Die Befragungsergebnisse zeigen:
Wichtigste Faktoren für die Aufnahme der Tätigkeit als studentische Hilfskraft bei Fraunhofer sind die Möglichkeiten, Geld zu verdienen und interessante Themen eigenständig zu bearbeiten.
Große Zufriedenheit mit der Gesamtsituation: Knapp 85 Prozent der befragten studentischen Hilfskräfte sind mit der flexiblen Arbeitsgestaltung sehr zufrieden,
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gefolgt vom guten Verhältnis zu ihrem Team (85 Prozent sehr zufrie-‐den/zufrieden).
Fast 70 Prozent sind mit der fachlichen Unterstützung und der Förderung durch die Betreuungsperson sehr zufrieden oder zufrieden und geben an, einen guten Einblick in das Forschungssystem von Fraunhofer zu erhalten.
Fraunhofer nimmt diese sehr positive Rückmeldung als Ansporn, die exzellenten Be-‐dingungen von studentischen Hilfskräften weiter zu erhalten bzw. zu verbessern.
2.3 Gleichstellung von Männern und Frauen
Das im Mai 2014 gestartete Karriereentwicklungsprogramm für Wissenschaftle-rinnen TALENTA fügt sich strukturell gezielt in die Entwicklungsstufen bei Fraunhofer ein. Damit steht ein gezieltes Förder-‐ und Entwicklungsprogramm zum Gewinnen und Entwickeln von Wissenschaftlerinnen zur Verfügung, welches in drei Ausprägungen (TALENTA start, TALENTA speed up und TALENTA excellence) auf unterschiedlichen Ebenen der Karriereentwicklung ansetzt.
Im vergangenen Jahr haben die unterschiedlichen Instrumente und Programme erste Erfolge erzielt. In den fünf wichtigsten Fächern, deren Neueinstellungen im Jahr 2014 über die Hälfte (53,64 Prozent) aller Neueinstellungen in EG13 (mit Aufgabe Wissen-‐schaft) ausmachten, wurde jeweils ein höherer Frauenanteil erreicht, als es demjenigen bei den Absolventinnen und Absolventen entspricht. Fraunhofer hat sich bewusst entschieden, das Thema »Diversity« als Querschnittsthe-‐ma zu allen Personalfunktionen bei Fraunhofer zu positionieren. In diesem Handlungs-‐feld wurden vier Themen priorisiert:
Berufliche Chancengleichheit von Frauen und Männern Internationalität Inklusion Beruf und Familie
Abb. 13 Personal-‐Förderprogramme.
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Mit Priorität wurde das Thema der beruflichen Chancengleichheit von Männern und Frauen aufgegriffen und mit konkreten Zielen über das Fraunhofer-‐Kaskadenmodell verdeutlicht. Auf Basis des jährlichen Berichts der Beauftragten für Chancengleichheit und der umfassenden Diskussion in allen Fraunhofer-‐Gremien stellte sich Fraunhofer im Rahmen eines Stakeholder-‐Dialogs Diversity im Februar 2014 einer externen Be-‐trachtung: »Welche Wege kann Fraunhofer beschreiten, um Diversity als umfassenden Managementansatz zu verankern?« Diese Frage diskutierte Fraunhofer mit Expertin-‐nen und Experten aus dem Bundesforschungsministerium, dem Bundesfamilienmini-‐sterium, der Max-‐Planck-‐Gesellschaft und der Helmholtz-‐Gemeinschaft sowie aus der Industrie, u. a. von Siemens. Dass Fraunhofer beim Thema Diversity auf dem richtigen Weg ist, wurde aus den Rückmeldungen der Gäste deutlich. So wurde insbesondere das umfassende Diversity-‐Konzept sowie die im Handlungsfeld »Berufliche Chancengleichheit von Männer und Frauen« bereits umgesetzten Maßnahmen gelobt. Mit den nächsten Schritten geht es vorrangig darum, das weitere Entwicklungspotenzial auszuschöpfen, die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen und die weitere Sensibilisierung der Akteure in den Blick zu nehmen.
Gesamtkonzept »Berufliche Chancengleichheit von Männer und Frauen«
Das Konzept »Berufliche Chancengleichheit von Männer und Frauen« stellt ein Bündel von Maßnahmen dar, welche die für Chancengleichheit erforderlichen Rahmenbedin-‐gungen schaffen sollen. Bei Bedarf lassen sie sich im Gespräch mit der Führungskraft individuell ausgestalten. Im letztjährigen Monitoring-‐Bericht wurden die umfangreichen Analysen dargestellt, auf deren Grundlage das Gesamtkonzept entwickelt wurde. Im Zentrum der Aktivitäten steht das Förder-‐ und Entwicklungsprogramm TALENTA3:
3 www.fraunhofer.de/de/jobs-‐karriere/wissenschaftlerinnen-‐bei-‐fraunhofer/fraunhofer-‐talenta.html.
Abb. 14 Gesamtkonzept: Beruf-‐liche Chancengleichheit von Männer und Frauen.
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Das im Mai 2014 gestartete Programm bietet gezielte Karriereförderung durch die Schaffung von Karrierezeit und Qualifizierung in drei »Fördersträngen«. Es setzt dabei an individuellen Entwicklungspunkten an und bietet den Wissenschaftlerinnen die notwendigen Ressourcen und Unterstützungen für den nächsten Karriereschritt. Das beinhaltet beispielsweise Sparringspartner, Zeit für eine fachliche Weiterentwicklung (z.B. Promotion, Habilitation) oder für den Aufbau anderer individueller Kompetenzen, etwa Personalführung.
2.4 Nachwuchs
Die Fraunhofer-‐spezifische Ausrichtung auf angewandte Forschung hat zur Folge, dass die Entwicklung von Ideen im Rahmen von Projekten verstärkt im Vordergrund steht. Neben der Karriereentwicklung im Wissenschaftsbereich bietet Fraunhofer darum den Beschäftigten auch die Karriereentwicklung in der Industrie oder in der Selbstständig-‐keit. Seit 2014 wurden zudem auch innerhalb der Fraunhofer-‐Gesellschaft mit dem Modell der »Fachlaufbahn« weitere interne Entwicklungsmöglichkeiten und Karriere-‐wege für den Schwerpunkt der angewandten Forschung (im Projektgeschäft sowie in der Verwertung) entwickelt (siehe Abschnitt 7.6). Neben diesen strukturellen Überlegungen hat Fraunhofer in den vergangenen Jahren zudem verschiedene Instrumente des Talentmanagements entwickelt und implemen-‐tiert, um exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu gewinnen und zu halten. Die oben beschriebenen Programme »Vintage Class«, »Attract« und »TALENTA excellence« dienen explizit auch dem Ziel, herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durch gezielte Karriereentwicklung an Fraunhofer zu binden.
Abb. 15 Jede Förderlinie um-‐fasst zwei Förderbausteine: »Karrierezeit« und »Qualifizie-‐rung«.
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reinigung und Rohstoffrecycling mit nanomagnetischen Helfern erhielt Dr. Karl Mandel vom Fraunhofer-‐Institut für Chemische Technologie ISC den Deutschen Studienpreis der Körber-‐Stiftung.
Studierende, Schülerinnen und Schüler, Kinder
Kinder sind von Natur aus neugierig. Sie wollen die Welt erforschen und lernen durch Erfahrung, was funktioniert und was nicht. Diese Neugier durch entsprechende Erleb-‐nisse lebendig zu halten und sogar zu verstärken ist das Ziel der Fraunhofer-‐MINT-‐Programme entlang der Bildungskette: Aus den wissensdurstigen Kindern sollen ein-‐mal die innovativen Forscherinnen und Forscher von morgen werden. Abb. 17 Fraunhofer-‐Angebote
entlang der Bildungskette.
Grundsätzlich achtet Fraunhofer auf einen Frauenanteil von mindestens 50 Prozent bei all diesen Maßnahmen und unterstützt damit auch die Aktivitäten im Rahmen des Na-tionalen Pakts für Frauen in MINT-Berufen. Insgesamt erreichte Fraunhofer durch die Präsenz-‐ und Social-‐Media-‐Angebote rund 70 000 Kinder und Jugendliche.
Fraunhofer beginnt seine Aktivitäten schon im Kindergarten-‐ und Grundschulbereich. Für den Kreativ-‐Wettbewerb »kids kreativ!« sind Erzieherinnen und Erzieher aus Kindergärten und Kindertagesstätten jährlich aufgerufen, auf Wissenschaft und Tech-‐nik neugierig zu machen, Meinungen zu äußern und Ideen zu verwirklichen. Rund 1000 Kinder haben 2014 ihre kreativen Ideen in Form von Bastel-‐ und Malarbeiten über Fotos und Filme bis hin zu Modellen, Bauwerken und Konstruktionen eingereicht und im November 2014 kürte eine Fraunhofer-‐Jury aus allen Einsendungen die Gewinner. www.fraunhofer.de/kidskreativ Abb. 18 Preisträgerprojekt
des Kath. Kindergarten Herz Jesu in Hostenbach Projekt: Aus Alt mach Neu – wie aus Müll neues Spielzeug ent-‐steht.
Die auf dem Fraunhofer-Kinderbuch »Romy, Julian und der Superverstärker« basie-‐rende Fraunhofer-Kinderwebsite »Entdeckercampus« wurde im Jahr 2014 um zwei interaktive Suchspiele erweitert – Nachwuchsforscherinnern und -‐forscher können sich
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nun auch in der »Rohstofffabrik« und im »Stromspar-‐Spiel« ausprobieren. http://entdeckercampus.fraunhofer.de Um die Vernetzung mit Lehrkräften weiter voranzutreiben, wurden im Projekt »For-sche(r) Kids« Unterrichtsmaterialien entwickelt. »Forsche(r) Kids« ist eine Initiative von Fraunhofer in Zusammenarbeit mit verschiedenen in der Lehrerbildung tätigen Experten aus Praxis, Seminar und Hochschule. Sie unterstützt Lehrkräfte der Klassen-‐stufen 3 und 4 mit Unterrichtsmaterialien für den naturwissenschaftlichen Bereich. Mithilfe von Videos, Experimenten, Arbeits-‐ und Impulskarten sowie Arbeitsblättern können Lehrkräfte komplexe Zusammenhänge aus Naturwissenschaft und Technik leicht verständlich für den Sachunterricht an Grundschulen aufbereiten. Dieses Unterrichtsangebot wird kontinuierlich erweitert und wird als kostenloser Download unter www.fraunhofer.de/forscherkids angeboten, wobei die Schulämter die Grundschulen ansprechen. Ergänzend fanden Workshops und Kurzlehrgänge statt und das Angebot wurde bundesweit beworben. »Open Roberta« (www.open-‐roberta.org) ist die technische Weiterentwicklung der erfolgreichen Fraunhofer-‐Initiative »Roberta – Lernen mit Robotern«, die seit mehr als zehn Jahren Kinder und Jugendliche für Technik und Naturwissenschaften begeistert. Um noch mehr Schülerinnen und Schülern einen intuitiven und barrierefreien Zugang zum Programmieren zu ermöglichen, entwickelt Fraunhofer im Projekt »Open Rober-‐ta« eine offene, internetbasierte Programmierplattform, die das Programmierenlernen leicht macht – von den ersten Schritten bis hin zur Programmierung intelligenter LE-‐GO® MINDSTORMS-‐Roboter mit vielerlei Sensoren und Fähigkeiten. Das Projekt steht unter der Schirmherrschaft der Bundesministerin für Bildung und Forschung Prof. Dr. Johanna Wanka und wird von privaten Spendern mit 1 Mio € und 160 Roboter-‐Baukästen unterstützt. Abb. 19 »Open Roberta«
ermöglicht es Kindern und Jugendlichen ab 10 Jahren, spielerisch und ohne technische Hürden Programmieren zu lernen.
Rund 900 Teilnehmerinnen nutzten im April 2014 die Girls’-Day-Angebote der Fraunhofer-‐Institute und besuchten dort Labors, Büros und Werkstätten. Die Fraunho-‐fer-‐Wissenschaftlerinnen und -‐Wissenschaftler geben in diesem Rahmen Einblick in ihre jeweiligen Aufgabenbereiche, beschreiben ihre Projekte und vermitteln über klei-‐nere Experimente die Arbeitswelt einer Forschungseinrichtung. Für viele ehemalige Girls’-‐Day-‐Teilnehmerinnen war diese erste Erfahrung der Anlass, noch weitere Fraun-‐hofer-‐Nachwuchsangebote zu nutzen. www.fraunhofer.de/girlsday2014
Verstetigen konnten Fraunhofer-‐Institute in Zusammenarbeit mit dem Verein MINT-‐EC das 2012 neu aufgelegte Förderprogramm für besonders begabte Schülerinnen und Schüler Fraunhofer MINT-EC Talents. Betreut werden die Gruppen im Bereich Ma-‐thematik von der 10. Klasse bis zum Abitur. www.fraunhofer.de/mint-‐ec-‐talents
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Zu verschiedensten Themen diskutieren und arbeiten Schülerinnen und Schüler mit Fraunhofer-‐Wissenschaftlerinnen und -‐Wissenschaftlern im Rahmen der Fraunhofer Talent Schools. www.fraunhofer.de/talentschool Im Anschluss an die verschiedenen Programme haben die Teilnehmerinnen und Teil-‐nehmer die Möglichkeit, auf dem myTalent-Portal (www.mytalent-‐portal.de) unter-‐einander in Kontakt zu bleiben, sich mit anderen Jugendlichen auszutauschen und in die Welt der Forschung einzutauchen. Verschiedene serviceorientierte Rubriken wie »Studium«, »Praktikum« und »Stellenbörse« laden zum Recherchieren ein. Eine wichti-‐ge Zielsetzung des Portals ist es, die Nachhaltigkeit der verschiedenen Nachwuchspro-‐gramme der Fraunhofer-‐Gesellschaft zu gewährleisten. Abb. 20 Fraunhofer Talent
School, Oberhausen, 2014: Jährlich nehmen rund 400 Jugendliche an den 3-‐tägigen Workshops an verschiedensten Fraunhofer-‐Instituten teil. © Ilka Drnovsek / Fraunhofer UMSICHT
Den Übergang von der Schule ins Studium begleitet Fraunhofer mit dem Programm »Talent Take Off« mit Modulen für Schülerinnen und Schüler der Klassen 10 bis 13, Studienanfängerinnen und -‐anfänger sowie einer Alumni-‐Veranstaltung. www.fraunhofer.de/talenttakeoff Abb. 21 Song Thuy Anh Nguyen, 12. Klasse, Berlin:
»Der ›Talent Take Off‹-‐Workshop war eine großartige Erfahrung für mich. Dadurch dass die Studienberater mir individuell Ratsch-‐läge zur Studienwahl gegeben haben, bin ich mir sicher, später in die Forschung zu gehen. Der Praxis-‐Workshop am Fraunhofer FOKUS zur intelligenten Ampelschaltung sowie der Informatik-‐kurs an der TU haben mir bestätigt, dass das Lösen von logischen Problemen in einem Team genau mein Ding ist.«
Speziell für Studentinnen in höheren Semestern sowie Absolventinnen wird der »Wis-senschaftscampus« (www.fraunhofer.de/wissenschaftscampus) angeboten. Neben Einblicken in die Forschung verschiedener Fraunhofer-‐Institute sowie dem direkten Austausch mit Wissenschaftlerinnen können sich die Teilnehmerinnen in Management-‐seminaren auf eine Karriere in der Wissenschaft vorbereiten. Das Engagement von Fraunhofer um den MINT-‐Nachwuchs zeigt sich in dem breiten Engagement in die eigenen Initiativen zentral und an den Instituten. Darüber hinaus engagiert sich Fraunhofer stark auch im Verbund mit anderen Forschungseinrichtun-‐gen und Unternehmen und ist so z.B. im Jahr 2014 dem Nationalen MINT-‐Forum der acatech beigetreten. www.nationalesmintforum.de
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Fraunhofer arbeitet eng mit Universitäten als wichtigste Ansprechpartner im wissen-‐schaftlichen Bereich zusammen. Aus diesen Kooperationen ergeben sich für beide Sei-‐ten hohe Synergieeffekte. Einerseits profitiert Fraunhofer von der Grundlagen-‐forschung der Universitäten sowie einem verbesserten Zugang zu Hochschulabsolven-‐tinnen und -‐absolventen, andererseits finden die Universitäten bei Fraunhofer den notwendigen Anwendungsbezug und profitieren von über Drittmittel zusätzlich einge-‐stellten Mitarbeitenden sowie dem Zugang zu Ausstattung und Infrastruktur des jewei-‐ligen Fraunhofer-‐Instituts. Für beide Seiten ist die erhöhte Sichtbarkeit des Standorts von Vorteil. Die enge fachliche Zusammenarbeit zwischen Lehrstuhl und Fraunhofer-‐Institut wird idealerweise durch die Personalunion von Lehrstuhlinhaber/-‐in und Fraunhofer-‐Institutsleiter/-‐in verfestigt. Durch die gemeinsame Berufung von Lehrstuhlinhaber/-‐in und Fraunhofer-‐Institutsleiter/-‐in werden die Interessen von Universität und Fraunho-‐fer in einer Hand zusammengeführt, sodass die erwünschten positiven Effekte noch verstärkt und nicht durch unterschiedliche Interessenlagen abgeschwächt werden.
73 der 79 Institutsleiterinnen und Institutsleiter sind gemeinsam mit Universitäten berufen. Auch unterhalb der Institutsleiterebene werden Kooperationen zwischen Fraunhofer und Universitäten durch personelle Verbindungen intensiviert, um von den geschilderten Vorteilen zu profitieren. Diese Anbindung stellt für die Betroffenen einen weiteren Karriereschritt dar und ist Teil unserer strategischen Personalentwicklung. Darüber hinaus sind weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Fraunhofer als Ho-‐norarprofessorinnen und -‐professoren oder Privatdozentinnen und -‐dozenten oder als Lehrbeauftragte in die Lehrtätigkeit an Universitäten eingebunden. Oftmals ist Fraunhofer federführender Koordinator oder zuverlässiger Partner in den von der DFG geförderten übergreifenden Kooperationen. So ist beispielsweise Prof. Dr. Reinhart Poprawe, Institutsleiter des Fraunhofer-‐Instituts für Lasertechnik ILT, Spre-‐cher des über die RWTH Aachen eingereichten Sonderforschungsbereichs »SFB 1120: Bauteilpräzision durch Beherrschung von Schmelze und Erstarrung in Produktionspro-‐zessen«. Das 2014 gestartete Vorhaben zielt auf ein dimensionsübergreifendes Ver-‐ständnis der ablaufenden Prozesse bei schmelzebasierten Fertigungstechnologien als
3 Vernetzung
Abb. 22 Prof. Dr. Christoph Klein (Fraunhofer ITEM/Universität Regensburg) erhielt den Deutschen Krebspreis 2014 für seine herausragenden experimentellen Forschungen. Die Bildfolge zeigt die Isolierung einer Brustkrebszelle (orange) und rechts einen Ausschnitt aus ihrem molekularen Porträt.
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Voraussetzung für die Erhöhung der Präzision und die Vermeidung von Prozessfehlern in und an schmelztechnisch hergestellten Bauteilen. Fraunhofer ist im Rahmen der SFB an fünf Transferprojekten beteiligt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Fraunhofer sind auf allen Füh-‐rungsebenen intensiv in den Lehrauftrag der Hochschulen einbezogen. Mit einer Lehr-‐leistung im Äquivalent von etwa 350 Professuren bringen sie ihre Kenntnisse und Er-‐fahrungen aus der angewandten Forschung in die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses ein. Damit werden den Studierenden wertvolle Einblicke in die For-‐schungspraxis gewährt und frühzeitig Anknüpfungspunkte auch zur anwendungsorien-‐tierten sowie industrienahen Forschung und Entwicklung eröffnet.
3.1 Nationale Leistungszentren
Fraunhofer hat in der Vergangenheit mit der Entwicklung des Modells der Fraunhofer-‐Innovationscluster die Profilbildung von Standorten vorangetrieben. Parallel wurden Initiativen gestartet, um die institutsübergreifende wissenschaftliche Regionalentwick-‐lung gemeinsam mit Universitäten im Rahmen von Innovationszentren zu ermöglichen. Generell zeichnet sich Fraunhofer im Wissenschaftssystem durch eine intensive Koope-‐ration mit den Universitäten und die wirkungsvolle regionale Vernetzung mit der Indu-‐strie aus. Vor diesem Hintergrund hat Fraunhofer ein weitergehendes Format entwic-‐kelt, das über durchgängige Standortkonzepte profilierte, zusätzliche Innovationslei-‐stungen ermöglicht und dadurch nationalen Mehrwert generiert. Nationale Leistungs-‐zentren dieser Art sind durch folgende Merkmale und Ziele charakterisiert:
Sie überzeugen durch ein thematisches Profil mit Alleinstellung auf nationaler und europäischer Ebene.
Sie verbinden exzellente Forschung und Lehre, Aus-‐ und Weiterbildung, Transfer und wirtschaftliche Aktivitäten zu einem leistungsfähigen Innovationssystem mit regionaler, nationaler und europäischer Wirkung und internationaler Ausstrah-‐lung.
Sie beziehen die relevanten Akteure aus Wissenschaft (Universitäten, Fachhoch-‐schulen und außeruniversitäre Forschungsinstitute), Wirtschaft (Unternehmen und Verbände) und Politik ein und verpflichten sie auf eine gemeinsame Road-‐map.
Sie haben als regionalen Anker und Kern eine leistungsfähige Universität. Sie sind in erster Linie an einem Standort konzentriert, lassen themenspezifisch
aber auch eine transregionale Ausprägung mit vernetzten Standorten zu. Sie fördern die interdisziplinäre, transdisziplinäre und branchenübergreifende
Zusammenarbeit. Sie stärken die Innovationskraft insbesondere kleiner und mittlerer Unterneh-‐
men.
Abb. 23 An 18 Standorten hat Fraunhofer bisher Konzepte für Nationale Leistungszentren erar-‐beitet. In einer Pilotphase werden bereits an drei Standorten die Stärken gebündelt und gemein-‐sam mit Partnern aus Wissen-‐schaft und Wirtschaft wird die Leistungs-‐fähigkeit der regiona-‐len Innovationssysteme ausge-‐baut.
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Als einer der ersten Standorte konnte Freiburg pilothaft für die Erarbeitung eines Standortkonzepts identifiziert werden. Das Nationale Leistungszentrum Nachhaltigkeit baut die bereits bestehenden Schwerpunkte durch Verknüpfung angewandter For-‐schung bei Fraunhofer mit der Universität Freiburg als Volluniversität inkl. der Fachfa-‐cetten Technik, Naturwissenschaften sowie Sozial-‐ und Rechtswissenschaften aus. Im Kern des Leistungszentrums steht die Gründung und Ausstattung des Instituts für Su-‐stainable Systems Engineering als neues Institut der Technischen Fakultät der Univer-‐sität Freiburg und als Teil der gemeinsam mit Fraunhofer erarbeiteten Standort-‐Roadmap mit den wesentlichen Schwerpunkten der regenerativen Energien und der Sicherheitsforschung. Abb. 24 Bei der Fraunhofer-‐
Jahrestagung in Freiburg ver-‐kündeten Oberbürger-‐meister Dr. Dieter Salomon, Prof. Hans-‐Jochen Schiewer (Rektor der Universität Freiburg), Minister-‐präsident Winfried Kretsch-‐mann und Fraunhofer-‐Präsident Prof. Dr. Reimund Neugebauer die Auswahl Frei-‐burgs als Pilotstandort für ein Nationales Leistungs-‐zentrum.
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3.2 Themenspezifische Partnerschaften
Themenspezifische Forschungskonsortien bündeln die Stärken verschiedener Partner und erlauben exzellente Ergebnisse entlang der gesamten Innovations-‐ und Wertschöp-‐fungskette. Beispielhaft steht die E3-Forschungsfabrik des Fraunhofer-‐Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz für gelungene langfristige Kooperationen. Im Jahr 2009 startete das Fraunhofer IWU gemeinsam mit der Techni-‐schen Universität Chemnitz bereits den sächsischen Spitzentechnologie-‐cluster »Ener-‐gieeffiziente Produkt-‐ und Prozessinnovationen in der Produktionstechnik« (eniPROD). Von 2010 bis 2012 forschten in der Innovationsallianz »Green Carbody Technologies« (InnoCaT) 60 Partner unter Koordination des Fraunhofer IWU an der Frage, wie der Energieeinsatz im Karosseriebau um 50 Prozent reduziert werden kann. Die Ergebnis-‐se werden neben aktuellen Fragen der Produktionstechnik in der Chemnitzer For-‐schungsfabrik aufgegriffen und mit Partnern wie der Volkswagen AG, der Phoenix Con-‐tact GmbH & Co. KG oder der Kuka AG weiterbearbeitet. Abb. 25 Drückten gemeinsam
auf den roten Knopf, um die E3-‐Forschungsfabrik in Chemnitz zu starten (v.l.n.r.): Fraunhofer-‐Präsident Prof. Dr. Reimund Neugebauer, Bundesministerin Prof. Dr. Johanna Wanka, der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Audi-‐Vorstand Dr. Hubert Waltl. © Fraunhofer IWU
In Stuttgart und Aachen sind gemeinsam berufene Fraunhofer-‐Institutsleiter federfüh-‐rend an den BMBF-‐Forschungscampi Arena 2036 und Digital Photonic Production DPP beteiligt. Die Förderinitiative des BMBF unterstützt gezielt große und vielschichtige Forschungsvorhaben mit dem Potenzial für Sprunginnovationen, indem die Kompeten-‐zen aus Wirtschaft und Wissenschaft themenspezifisch unter einem Dach zusammenge-‐führt werden. Auch an den Standorten Braunschweig, Jena und Mannheim bringt sich Fraunhofer aktiv ein und ist damit an 5 der 9 geförderten Campus-‐Konsortien beteiligt. Abb. 26 Prof. Dr. Reinhart
Poprawe (Fraunhofer ILT) überreicht Staatssekretär Thomas Rachel (links) bei der Eröffnung des Forschungs-‐campus »Digital Photonic Pro-‐duction« einen 3D-‐gedruckten Schlüssel. Gemeinsam mit 20 Industriepartnern erforschen Fraunhofer und die RWTH Aachen Produktions-‐technologien der Zukunft. © Fraunhofer ILT
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Für Fraunhofer-‐Institute ist es selbstverständlich, sich mit ihren Kompetenzen in grö-‐ßere Forschungsverbünde einzubringen. So arbeitet etwa das Fraunhofer-‐Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES im Forschungsverbund Windenergie (FVWE) eng mit dem Deutschen Zentrum für Luft-‐ und Raumfahrt (DLR) und dem ForWind, dem gemeinsamen Zentrum für Windenergieforschung der Universitäten Oldenburg, Hannover und Bremen, zusammen. In Anerkennung der vorbildlichen insti-‐tutionenübergreifenden und interregionalen Zusammenarbeit wurde der Forschungs-‐verbund mit dem Norddeutschen Wissenschaftspreis 2014 ausgezeichnet.
3.3 Kooperationen mit der Max-‐Planck-‐Gesellschaft
Seit 2005 führen die Max-‐Planck-‐Gesellschaft und Fraunhofer ein sehr erfolgreiches Kooperationsprogramm. Innerhalb des Programms werden Projekte durch beide Ge-‐sellschaften gemeinsam ausgewählt und gefördert. Dabei müssen die zu bewältigenden Herausforderungen sowohl auf höchstem wissenschaftlichem Niveau angesiedelt sein als auch sehr gute Verwertungsperspektiven für die gefundenen Lösungen aufweisen. Projekte des Kooperationsprogramms können nicht streng in grundlagen-‐ und anwen-‐dungsorientierte Aspekte getrennt werden. Vielmehr erfordern die Vorhaben eine in Forschungscharakter und Disziplinen übergreifende und verknüpfte Herangehenswei-‐se, die völlig neue Chancen bietet, komplexe Fragestellungen passgenau und umfassend zu lösen. Ein Beispiel ist das Kooperationsprojekt ComPASS. Dieses führte erfolgreich die Fähig-‐keiten des Fraunhofer-‐Instituts für Lasertechnik ILT, des Fraunhofer-‐Instituts für Pro-‐duktionstechnik und Automatisierung IPA und des Max-‐Planck-‐Instituts für molekulare Biomedizin zusammen. Im Mittelpunkt des 2014 beendeten Projekts steht die Funktion des Knochenmarks im Hinblick auf die Produktion hämatopoetischer Stammzellenni-‐schen. Einerseits sollten diese besser verstanden werden, sodass solche Strukturen auch in Kultur nachgebildet werden können. Andererseits sollte ein möglichst robustes biologisches Testsystem entwickelt werden, durch das die Rolle von bestimmten Wachstumsfaktoren, Matrixmolekülen und Zelltypen bei der Nischenbildung analysiert werden kann. Abb. 27 Fluoreszenz-‐
mikroskopische Aufnahme von Stammzellnischen im Kno-‐chenmark. © Max-‐Planck-‐Institut für molekulare Biomedizin
Die komplementären Stärken von Grundlagenforschung und angewandten Wissen-‐schaften werden auch zunehmend über das Kooperationsprogramm hinaus zusam-‐mengeführt. Gemeinsam treiben beide Organisationen ihre themenspezifische Zusam-‐menarbeit in unterschiedlichen Formen zum Vorteil des Wissenschaftsstandorts voran.
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4 Wissenschaft und Wirtschaft
Fraunhofer positioniert sich als Innovationstreiber für den Standort Deutschland. Diese Rolle setzt fortwährende Exzellenz in angewandter Vorlaufforschung voraus. Sie lässt sich messen am Umfang der Zusammenarbeit mit Unternehmen in vorwettbewerbli-‐chen Innovationsthemen sowie am Anteil der direkt von der Wirtschaft beauftragten Vorhaben. Damit einher geht ein professionell aufgestelltes IP-‐ und Ausgründungsma-‐nagement. Ergänzt werden diese Aktivtäten durch die praxisnahe Ausbildung von jun-‐gen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie durch das Weiterbildungsange-‐bot der Fraunhofer Academy. Abb. 28 Die Verwertungs-‐
und Transferpfade von For-‐schung und Know-‐how bei Fraunhofer: Neben der direkt beauftragten Forschung für die Wirtschaft, der Verwertung von IP und der Ausgründung von Unternehmen werden auch durch die Ausbil-‐dung von Kompetenzträgern sowie die Weiterbildungen der Fraunhofer Academy aktuelle Forschungs-‐ergebnisse und deren Anwendungen in die Wirtschaft transferiert.
Bereits das Fraunhofer-‐Finanzierungsmodell fördert Institute, die eng mit der Wirt-‐schaft kooperieren, in besonderer Weise. Die enge Zusammenarbeit von der Vorlauf-‐forschung bis zur Umsetzung in den Unternehmen ermöglicht einen schnellen und wirksamen Transfer von Forschungsergebnissen direkt in die Anwendung. Zusätzlich bietet sie den Kunden einen Zugang zur Expertise anwendungsbezogener Forschung, der die Identifizierung neuer technologischer Trends und ihre Integration in die Unter-‐nehmensstrategie fördert. Über die enge Anbindung an die Universitäten erweitert sich der Kreis der in die Zukunftsplanungen einbezogenen Akteure. So wird der Begriff »Transfer« bei Fraunhofer als gegenseitiger Lernprozess der Partner verstanden, um die jeweilige spezifische Expertise weiter zu stärken.
4.1 Forschungsportfolio
Fraunhofer sichert den langfristigen Erfolg und die eigene Wettbewerbsfähigkeit durch eine kontinuierliche Erneuerung des Forschungsportfolios und reagiert damit aktiv auf Marktveränderungen. Durch ein proaktives Portfoliomanagement wird das bedarfs-‐getriebene, erfolgsbestimmte Wachstum von Instituten im Fraunhofer-‐Modell unter-‐stützt.
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Eine aktive Portfoliostrategie baut auf der Kenntnis und Bewertung der Akteure in der deutschen und europäischen Forschungslandschaft vor dem Hintergrund von Markt-‐ und Technologieentwicklungen auf. Zu diesem Zweck verstärkt Fraunhofer die Aktivi-‐täten zur Identifikation neuer Forschungsbereiche und zur Wettbewerbs-‐ und Umfeld-‐analyse in Deutschland und im Ausland. Die Erschließung neuer Themen kann neben der Weiterentwicklung der bestehenden Einrichtungen auch die Integration oder Gründung von neuen Einheiten beinhalten. Durch Integrationen und Gründungen kann zeitnah eine kritische Masse in wachsen-‐den Forschungsmärkten bzw. eine Erweiterung des Kompetenzportfolios erzielt wer-‐den. Fraunhofer hat in den vergangenen Jahren eine aktive Rolle in der Neuordnung der deutschen Forschungslandschaft eingenommen. Das durch Integrationen induzier-‐te Wachstum führt jedoch zu einer Verdünnung verfügbarer Grundfinanzierungsantei-‐le. So wurde 2014 das frühere Hermsdorfer Institut für Technische Keramik e.V. als Teil des Fraunhofer-‐Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS in die Grund-‐finanzierung von Fraunhofer übernommen. Abb. 29 Im Mai 2014 wurde
der Neubau des Fraunhofer-‐Instituts für Keramische Tech-‐nologien IKTS in Hermsdorf feierlich eröffnet. Das Gebäude wurde im September 2014 mit einem Anerkennungspreis des Thüringischen Staatspreises für Architektur und Städtebau ausgezeichnet.
Die Entwicklung und Portfolioerweiterung bereits bestehender Fraunhofer-‐Einrichtungen wird neben der Akquisition von Forschungsprojekten insbesondere innerhalb von öffentlicher Projektförderung erreicht. Mit den Fraunhofer-‐Leitprojekten konnte eine Vernetzung von Fraunhofer-‐Instituten zu ausgewählten, aktuellen Themen erreicht werden. Mit einem Fördervolumen von bis zu 9 Mio € werden starke Profilli-‐nien für Fraunhofer gebildet und es wird schnell auf akute Herausforderungen der deutschen Industrie sowie der Gesellschaft reagiert. So konnte im Frühjahr dieses Jahres das Projekt »Theranostische Implantate« die Ar-‐beit aufnehmen. Diese komplexen multifunktionalen implantierbaren Medizinprodukte vereinen in einem System Diagnostik und Therapie. Die Erfassung spezifischer Vitalpa-‐rameter bildet die diagnostische Grundlage für die jeweils eingeleitete therapeutische Maßnahme, deren Wirkung in einem geschlossenen Regelkreis optimiert wird.
Abb. 30 Prinzipieller Aufbau eines theranostischen Implantats: Die Implantate können das Dosie-‐ren von Medikamenten, mechani-‐sche Interventionen oder elektri-‐sche Stimulationen integrieren. Als Demonstratoren sind eine smarte Hüftgelenkprothese, die Lockerungen selbst stabilisiert, eine Druckmessung in der Pul-‐monalarterie mit Ferndatenüber-‐tragung sowie eine myoelektri-‐sche Handprothesensteuerung mit intuitiver motorischer Steue-‐rung geplant.
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Positionierung zur IT-‐Sicherheit
Fraunhofer leistet einen aktiven Beitrag zur Ausgestaltung aktueller Bedarfsthemen der Industrie. So hat Fraunhofer 2014 maßgeblich zur Positionierung Deutschlands im aktuellen Themenfeld der IT-Sicherheit beigetragen. Fraunhofer entwickelt derzeit im Rahmen der vertieften Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium des Inneren Konzepte für die
Fortführung des Kompetenzzentrums für Öffentliche IT (ÖFIT) am Fraunhofer-‐Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS
Behebung des Fachkräftemangels im Bereich IT-‐Sicherheit Erarbeitung von Sicherheitsstandards für kritische Anwendungsdomänen
Abb. 31 Prof. Dr. Eric Bodden vom Fraunhofer SIT wurde von der DFG mit dem Heinz Maier-‐Leibnitz-‐Preis, dem höchstdo-‐tierten deutschen Förderpreis für Nachwuchswissenschaftler, ausgezeichnet. Der Leiter der Attract-‐Gruppe »Secure Soft-‐ware Engineering« erhielt die Ehrung für seine außergewöhn-‐lichen wissenschaftlichen Leistungen für die sichere Softwareentwicklung. © DFG / David Ausserhofer
Das auf der CeBIT 2014 Ministerin Wanka und Minister de Maizière überreichte Fraunhofer-Strategie- und Positionspapier »Cyber-Sicherheit 2020« beinhaltet die Empfehlungen, die technologische Unabhängigkeit Deutschlands in Schlüsselbereichen
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der Informations-‐ und Kommunikationstechnik (IKT) sicherzustellen. Dazu werden Vertrauensbausteine erstellt, die als Module gegen Cyberkriminalität und Wirtschafts-‐spionage eingesetzt werden können. Fraunhofer ist eine der profiliertesten Forschungsorganisationen auf dem Feld der IT-‐Sicherheit und verfügt in mehreren Instituten über ausgewiesene Fachkompetenz. So erhielt Prof. Dr. Eric Bodden vom Fraunhofer-‐Institut für Sichere Informationstech-‐nologie SIT 2014 den Heinz Maier-‐Leibnitz-‐Preis der Deutschen Forschungsgemein-‐schaft (DFG). Zudem wurde er mit seinem Team beim 5. Deutschen IT-‐Sicherheitspreis ausgezeichnet. 4.2 Technologie-‐ und Wissenstransfer-‐Strategien
Der neu gestaltete Vorstandsbereich Technologiemarketing und Geschäftsmodelle widmet sich der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit durch den Ausbau bestehender und die Etablierung neuer Verwertungs-‐ und Akquisitionsstrategien. Die Kernfunktionen des neuen Bereichs konnten unter Einbezug eines durch den Vorstand beauftragten Expertengremiums in folgenden Bereichen identifiziert werden:
strategische Akquise und Großprojekte neue Geschäftsfelder und Geschäftsmodelle Ausgründungen Schutzrechtscluster
Als Querschnittsaufgaben wurden die Daten-‐ und Studienanalysen zur Trenderken-‐nung und als Basis für eine zielgenaue Akquise (»Business Intelligence«), Ideenmana-‐gement, Fachprofile und Anreizsysteme sowie strategische Kundenkommunikation definiert. Ergänzend zur dezentralen Aufstellung der Fraunhofer-‐Institute wird die Synergiebildung zwischen den Instituten unterstützt. Damit wird der Nachfrage der Kunden nach Systemlösungen begegnet und es eröffnen sich neue Chancen zur Akquise institutsübergreifender Projekte. Ein Beispiel für ein Geschäftsmodell zur institutsübergreifenden Akquise stellen die Fraunhofer-‐Technologietage dar. Hier präsentieren Fraunhofer-‐Wissenschaftler aktuel-‐le Technologien und Konzeptideen, ausgerichtet nach den spezifischen Bedürfnissen von Schlüsselkunden. 2014 fand der erste Technologietag bei der AUDI AG statt. Insge-‐samt 20 Fraunhofer-‐Institute präsentierten auf sechs institutsübergreifenden Themen-‐inseln ihre Angebote. Weitere Modelle zur institutsübergreifenden Akquise wie etwa strategische Kooperationsworkshops oder die Unterstützung der Fraunhofer-‐Allianzen bei Branchengipfeln wurden initiiert. Abb. 32 Fraunhofer-‐
Technologietag bei Audi im November 2014: Präsentation der Technologiefelder von Big Data Analytics über Mensch-‐Roboter-‐Kooperationen bis zu Elektromobilität. © Fraunhofer IPA
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In der neu gegründeten Abteilung »Corporate Business Development« verschaffen zentrale Ansprechpartner in Branchen Energie, IT und Kommunikation, Life Sciences und Automotive den Kunden zügig den für sie passenden Zugang zum Netzwerk von Fraunhofer und unterstützen die Institute bei der Akquisition übergreifender Projekte. Sie werden in ihrer strategischen Arbeit durch eine neu aufgebaute »Business Intelli-‐gence« begleitet. Als weitere Anlaufstelle für Neukunden wurde eine zentrale Hotline für Projektanfragen eingerichtet, über die der Kontakt zu relevanten Fraunhofer-‐Instituten bzw. Ansprechpartnern im Vorstandsbereich Technologiemarketing und Geschäftsmodelle vermittelt werden kann.
Vertragsforschung
Fraunhofer kooperiert eng sowohl mit Konzernen und Großunternehmen als auch mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Über Forschungsprojekte investierten private Firmen im Jahr 2014 insgesamt 489 Mio € in die Fraunhofer-‐Forschung. Wäh-‐rend in der Regel in den Konzernen mit hochspezialisierten Experten Projekte größe-‐ren Umfangs vorangetrieben werden, sind gerade die KMU oftmals nicht in der Lage, eigene Forschungsexpertise vorzuhalten. Zu ihrer Unterstützung agiert Fraunhofer als verlässlicher Partner und Know-‐how-‐Träger auch unter Berücksichtigung von kurzen Wegen zwischen den Forschungs-‐partnern. So generiert die Zusammenarbeit mit KMU etwa 30 Prozent der Wirtschaftserträge in Deutschland. Bezogen auf einen Umkreis von 50 Kilometer um die Institute liegt dieser Anteil sogar bei über 40 Prozent. Die beiden KMU Dr. Tillwich GmbH Werner Stehr und Nematel GMBH & CO. KG erhiel-‐ten in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-‐Institut für Werkstoffmechanik IWM 2014 vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft den Preis für Verbundforschung für die gemeinsame Entwicklung von Schmiermitteln auf der Basis von Flüssigkristallen. Die Flüssigkristalle richten sich in die Beanspruchungsrichtung aus und ermöglichen eine quasi reibungsfreie Bewegung. Abb. 33 Mit dem Wissen-‐
schaftspreis »Forschung im Verbund« wurden 2014 ausge-‐zeichnet: (von links) Dr. Holger Kretzschmann (Nematel GMBH & CO. KG), Werner Stehr und Susanne Beyer-‐Faiß (Dr. Till-‐wich GmbH Werner Stehr), Dr. Andreas Kailer und Dr. Tobias Amann (Fraunhofer IWM).
Als Beispiel für eine Kooperation mit international sichtbaren Unternehmen sei exem-‐plarisch die Entwicklung von Naturkautschuk aus Löwenzahn des Fraunhofer-‐Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME genannt. Dabei optimierte das Institut in den letzten Jahren gemeinsam mit Industrie und Wissenschaft die Züchtung und die Produktionstechnik bis zu einer gemeinsamen Pilotproduktion mit dem Auto-‐mobilzulieferer Continental inkl. Fertigung von Testreifen. Die neu gezüchteten Sorten verfügen über einen hohen Rohstoffgehalt und optimierte Blüteeigenschaften.
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Abb. 34 Autoreifen aus Lö-‐wenzahn – für diese Entwick-‐lung wurde das Fraunhofer IME gemeinsam mit dem Reifenher-‐steller Continental und der Universität Münster mit dem GreenTec Award 2014 ausge-‐zeichnet.
In Jena entwickelt und vertreibt die Firma Vistec Electron Beam GmbH als kleines mit-‐telständisches Unternehmen Elektronenstrahl-‐Belichtungsanlagen. In den Entwick-‐lungsaufgaben dieses Hochtechnologiesegments arbeitet sie mit fünf Fraunhofer-‐Instituten zusammen. Ziel ist die effiziente Erzeugung von Strukturen im Nanometer-‐bereich mit dem Elektronenstrahl, insbesondere auf großen Flächen. Abb. 35 Elektronenstrahl-‐
lithographieanlage Vi-‐stec SB350 OS am Fraunhofer IOF in Jena. Anwendungen dieser Technologie finden sich in der Mikroelektronik sowie in der modernen optischen Indu-‐strie. © Fraunhofer IOF
Die Überführung von Forschungsergebnissen in Anwendungen gemeinsam mit dem Handwerk ist eine besondere Herausforderung, die Fraunhofer ernst nimmt. Beim bundesweiten Transferpreis des deutschen Handwerks, dem Seifriz-‐Preis, werden erfolgreiche Kooperationen zwischen Handwerk und Wissenschaft ausgezeichnet. Fraunhofer hat sich 2014 bei zwei von drei Auszeichnungen durchsetzen können. Aus-‐gezeichnet wurde das Fraunhofer-‐Institut für Bauphysik IBP gemeinsam mit dem Ofen-‐ und Luftheizungsbauer Stefan Dehm für die Entwicklung einer nachträglich einbauba-‐ren Brennkammer für historische Öfen sowie das Fraunhofer IPA.
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Abb. 36 Seifriz-‐Preis 2014: Das Fraunhofer-‐Institut für Produktionstechnik und Auto-‐matisierung IPA wurde gemein-‐sam mit der Fischer Elektro-‐ und Beleuchtungs-‐technik GmbH für die Entwicklung einer Reinraumleuchte geehrt. © fischer-‐ebt.de
Regionale Innovationssysteme
In regionalen Innovationssystemen steht die enge Vernetzung mit der Universität und mit der regionalen Industrie im Vordergrund. Fraunhofer hat mit dem Modell der Na-‐tionalen Leistungszentren einen Vorschlag unterbreitet, wie bestehende Strukturen mit einer starken Universität als Kern zielgerichtet für einen Ausbau der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gebündelt werden können. Fraunhofer sieht Fachhochschulen als Bereicherung der nationalen Forschungsland-‐schaft und hat als erste außeruniversitäre Forschungsorganisation eigene Modelle zur Kooperation entwickelt. Mit dem Modell der Anwendungszentren sowie dem Koopera-‐tionsprogramm Fachhochschulen können die spezifischen Potenziale gemeinsam mit den Kompetenzen der Fraunhofer-‐Institute für den Innovationsprozess erschlossen werden.
Fraunhofer-‐Innovationscluster
Im Kern der Fraunhofer-‐Innovationscluster steht die Vernetzung von regionaler Indu-‐strie, Universität und Fraunhofer zur Bündelung von thematischen Schwerpunkten. Inzwischen sind 25 Fraunhofer-‐Innovationscluster im Rahmen der beiden Pakte für Forschung und Innovation bewilligt worden. Diese Form der Förderung läuft mit den bestehenden Innovationsclustern aus. Fraunhofer hat mit den Nationalen Leistungs-‐zentren ein Format vorgeschlagen, mit dem die erreichten Strukturen auf einem höhe-‐ren Niveau weiterentwickelt werden können. Im Fraunhofer-‐Innovationscluster »Bioenergy« werden regionale Forschungs-‐einrichtungen und Industriepartner in Nordrhein-‐Westfalen mit dem Ziel verknüpft, die energetische und stoffliche Biomassenutzung zu optimieren, ohne mit der Nah-‐rungsmittelproduktion zu konkurrieren. In einem der Umsetzungsprojekte, »Phytopark Nettetal«, untersuchen Fraunhofer-‐Institut für Umwelt-‐, Sicherheits-‐ und Energietech-‐nik UMSICHT, die Hochschule Niederrhein und Phytowelt GreenTechnologies gemein-‐sam die Nutzung von Hochertragspappeln als hochwertige Biomassequelle. Erforscht wird etwa die stoffliche und energetische Verwertung durch Verzuckerung von Ligno-‐zellulose mit fermentativen Produktionsprozessen. Dabei wurde auch ein neuer Weg der biotechnologischen Produktion von Carotinoiden untersucht, für den die Produkti-‐onsverfahren bis zur Produktaufbereitung entwickelt wurden.
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Abb. 37 Die im Fraunhofer-‐Innovationscluster »Bioenergy« entwickelten Produktionsver-‐fahren stellen den ersten Schritt auf dem Weg zur Bioraffinerie Phytopark Nettetal dar. © Fraunhofer UMSICHT
Vom Innovationscluster Green Photonics wurde die Einrichtung einer Fasertechnolo-‐giegruppe, kurz FaserTech (»Faserdesigns für Hochleistungslaser«) am Fraunhofer-‐Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF initiiert, die in Kooperation mit dem Leibniz-‐Institut für Photonische Technologien das Ziel verfolgt, kundenspezifische Spezialfasern für die deutsche Laserindustrie bereitzustellen. Faserlaser besitzen eine sehr hohe Wall-‐Plug-‐Effizienz, was sie aus ökonomischer sowie ökologischer Sicht be-‐sonders interessant macht. Im Projekt FaserTech werden Fasern erforscht, die die An-‐wendungsfelder von Faserlasern weiter ausweiten sollen. Damit können noch stärkere und effizientere Hochleistungslasersysteme auch für den Nano-‐, Piko-‐ sowie den Fem-‐tosekundenbereich nutzbar gemacht werden, die dann wiederum die Bedürfnisse der Gesellschaft von morgen adressieren können. Abb. 38 Fasertechnologie-‐
gruppe: Preformherstellung für Hochleistungsfaserlaser.
Kooperation mit Fachhochschulen
Die gemeinsame Forschung von Fraunhofer, Universitäten und außeruniversitären Partnern ist etabliert und erfolgreich. Durch neue Kooperationsformen mit Fachhoch-‐schulen werden zusätzliche Potenziale für die angewandte Forschung erschlossen – insbesondere zum Nutzen der regionalen Wirtschaft. Die Kopplung der Forschungsaktivitäten ist für beide Partner gewinnbringend. Fraun-‐hofer weitet die Kooperation mit ausgewählten Fachhochschulen aus, um
das Angebot an die Wirtschaft, insbesondere an kleine und mittlere Unternehmen (KMU), regional zu erweitern,
eigene Forschungsthemen punktuell zu ergänzen und Nachwuchskräfte zu gewinnen.
Für Fachhochschulen bietet die Kooperation:
Unterstützung in der Profilbildung Zugang zu hochwertiger Forschungsinfrastruktur Ergänzung des Ausbildungsangebots für Studierende
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Einbindung in das Fraunhofer-‐Netzwerk, in übergreifende Standortkonzepte und Akquisitionsaktivitäten
Abb. 39 Eröffnung der Fraun-‐
hofer-‐Fachgruppe »Zellfunktio-‐nale Bild-‐analyse« am Fraunho-‐fer-‐Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI in Kooperation mit der HTWK Leipzig am 12. August 2014.
In den Fraunhofer-‐Anwendungszentren werden Aktivitäten am Ort der bestehenden Fachhochschulen aufgebaut. Die Aufbaumittel (in der Regel 2,5 Mio € verteilt auf 5 Jahre) werden durch die Sitzländer mit dem Ziel aufgebracht, nach einer Evaluation eine verstetigbare Einheit zu etablieren. Inzwischen wurden 14 Anwendungszentren bewilligt, bis zur Evaluation des Gesamtmodells 2017 werden keine neuen Anwen-‐dungszentren initiiert. Abb. 40 Übersicht über die
bewilligten Vorhaben innerhalb der institutionalisierten Fach-‐hochschulkooperation.
Anwendungszentrum Kooperationsprogramm Fachhochschu-‐
len
1 Fraunhofer ISIT/HAW Hamburg 2 Fraunhofer IWES/HS Bremerhaven 3 Fraunhofer WKI/HS Hannover 4 Fraunhofer IOSB/HS OWL Lemgo 5 Fraunhofer FIT/HS Hamm-‐Lippstadt 6 Fraunhofer IWM/FH Südwestfalen 7 Fraunhofer IST/HAWK Göttingen 8 Fraunhofer IWS/WH Zwickau 9 Fraunhofer FHR/HS Koblenz 10 Fraunhofer ISC/HS Hof 11 Fraunhofer IIS/HS Coburg 12 Fraunhofer ISC/HS Aschaffenburg
a Fraunhofer ISIT/FH Westküste b Fraunhofer IDMT/ Jade Hochschule Oldenburg c Fraunhofer IAP/HS Lausitz d Fraunhofer IWM/HS Anhalt e Fraunhofer IZI/HTWK Leipzig f Fraunhofer IWU/HS Gör-‐litz/Zittau g Fraunhofer ILT/FH Aachen h Fraunhofer LBF/HS Darmstadt i Fraunhofer ITWM/ FH Kaiserslautern j Fraunhofer IBP/HS Rosenheim
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13 Fraunhofer IIS/HS Deggendorf 14 Fraunhofer IAO/HS Esslingen
Für das Kooperationsprogramm Fachhochschulen haben Bund und Länder Fraunhofer gesondert Mittel bereitgestellt (2013: 4,45 Mio €, 2014–2017 insgesamt 5 Mio € jähr-‐lich). Im Mittelpunkt steht die Erweiterung des Kooperationsnetzes von Fraunhofer-‐Instituten an bestehenden Fraunhofer-‐Standorten. Das Programm eröffnet Fachhoch-‐schulprofessorinnen und -‐professoren Forschungsmöglichkeiten an einem räumlich und fachlich benachbarten Fraunhofer-‐Institut. Der eng abgestimmte Aufbau durch beide Partner hat eine gemeinsame strategische Entwicklungslinie zum Ziel. Inzwi-‐schen haben zehn Forschungsteams ihre Arbeit aufgenommen.
4.3 Schutzrechtsverwertung
Der Verwertungspfad über Lizenzen bzw. die Vermarktung von Schutzrechten hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. 2014 konnte eine Summe von insgesamt 125 Mio € aus diesem Segment erwirtschaftet werden. Neben der Weiterentwicklung der mp3-‐Technologie sind inzwischen weitere Schutzrechtsfamilien in eine Phase der aktiven Vermarktung eingetreten. Dies ist z.B. bei Verfahren zur intelligenten Bearbei-‐tung akustischer Signale, die selbst in schwierigen Umgebungen im Automobil einen kristallinen Raumklang erreichen, der Fall. Abb. 41 Die Symphoria®
Technologie des Fraunhofer-‐Instituts für Integrierte Schal-‐tungen IIS erzeugt ein 3D-‐Surround-‐Klangerlebnis in Fahrzeugen. Audi nutzt die neue Technologie zur individu-‐ellen Höreinstellung auf jedem Sitzplatz. Dafür wurde der Symphoria®-‐Algorithmus indi-‐viduell auf die Fahrzeuge und auf das verwendete Sound-‐System abgestimmt. © Fraunhofer IIS/Matthias Rose
Mit 560 prioritätsbegründenden Patentanmeldungen erreichte Fraunhofer 2014 er-‐neut die Spitzenposition aller europäischen Forschungseinrichtungen. Die Gesamtzahl der aktiven Erfindungsfälle – das sind bereits erteilte Patente oder Erfindungen, für die eine Patenterteilung noch möglich ist – stieg im vergangenen Jahr weiter an. Fraunho-‐fer verfügt derzeit über 6617 aktive Patentfamilien und erwirtschaftete 129 Mio € an Lizenzerträgen.
4.4 Ausgründungen
Die Ausgründungen, die aus der Fraunhofer-‐Gesellschaft heraus entstehen, befruchten die deutsche KMU-‐Szene in vielfältiger Art und Weise. Die 2014 erfolgte Auszeichnung der Fraunhofer-‐Ausgründung Prolupin GmbH mit dem Deutschen Zukunftspreis – Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation zeigt das Potenzial für das Innova-‐tionsgeschehen in Deutschland. Die positive konjunkturelle Entwicklung in Deutsch-‐land macht auch Hightech-‐Gründungen wieder attraktiver. Waren es 2013 Fraunhofer-‐
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weit noch 8 Ausgründungen, konnten 2014 in Summe 16 Ausgründungen, darunter vier mit Beteiligungen von Fraunhofer, umgesetzt werden. Durch die Vergabe von fi-‐nanzierten Auftragsforschungen unterstützt die Fraunhofer-‐Gesellschaft dabei die Un-‐ternehmen auch nach der Gründungsphase. Zwei der 2014 erfolgten Ausgründungen sind im Folgenden kurz vorgestellt:
Susteen Technologies GmbH (Fraunhofer-‐Institut für Umwelt-‐, Sicherheits-‐ und Energietechnik UMSICHT): Vermarktung von Verfahren zur thermischen Aufberei-‐tung von Biomasse und anderen kohlenstoffreichen Abfallströmen und damit zu-‐sammenhängende Tätigkeiten
wetransform GmbH (Fraunhofer-‐Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD):
Software für Migration, Integration und Harmonisierung von Big Data, insbesondere im Bereich der Geodateninfrastruktur (INSPIRE-‐Direktive der Europäischen Kom-‐mission), Verwertung von Open-‐Source-‐Software
Im Fall von Fraunhofer–Beteiligungen werden die Ausgründungen bis zum Einstieg von weiteren Investoren begleitet, so bei der WiTech GmbH, einem Spin-‐off des Fraunho-‐fer-‐Instituts für Elektronische Nanosysteme ENAS. Die Firma bietet Infrastrukturlösung zur kabellosen Strom-‐ und Datenübertragung für Niedervolt betriebene Endgeräte (z.B. für mobile Endgeräte) an und wurde 2011 gegründet. Im Jahr 2014 erfolgte der Ein-‐stieg von externen Investoren. Damit konnten die Chancen auf eine Marktdurchdrin-‐gung stark erhöht werden. Im Jahr 2014 hat sich Fraunhofer an vier Technologieausgründungen mit jeweils einem Anteil von unter 25 Prozent neu beteiligt. In vier Fällen nahm Fraunhofer aktiv an Fi-‐nanzierungsrunden von bestehenden Beteiligungsunternehmen teil. Es gab keine Maß-‐nahmen, die der Genehmigung der Zuwendungsgeber bedurften.
4.5 Weiterbildung für die Wirtschaft
Die berufsbegleitende Qualifizierung von Fach-‐ und Führungskräften aus der Wirt-‐schaft ist die zentrale Aufgabe der Fraunhofer Academy. Damit dient sie den Fraunho-‐fer-‐Instituten als Plattform für den Wissenstransfer aus der Forschung in die Praxis. 2014 besuchten annähernd 3000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Studiengänge, Zertifikatskurse und Seminare.
Abb. 42 Kennzahlen der Fraunhofer Academy.
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5 Internationale Zusammenarbeit
Die zunehmende Internationalisierung4 der Märkte erfordert von Fraunhofer ein lang-‐fristig wachsendes Engagement im Ausland zum Nutzen für die deutsche Wirtschaft und zum Vorteil für die Gesellschaft. Strategische Leitlinien der internationalen Vernet-‐zung von Fraunhofer sind die wissenschaftliche Exzellenz der ausländischen Partner und die Relevanz des jeweiligen Wissens-‐ und Wirtschaftsraumes für die deutschen Unternehmen vor Ort und am Heimatstandort. Diese Rahmenbedingungen tragen zur Wettbewerbsfähigkeit und zum technologischen Vorsprung Deutschlands bei. Gezieltes internationales Engagement der Fraunhofer-‐Institute ist ein wesentlicher Faktor für die Behauptung der Führungsposition und Innovationskraft von Fraunhofer geworden.
5.1 Internationalisierungsstrategien
Mit der Internationalisierung zielt Fraunhofer auf ein eigenständiges Leistungsangebot und Kompetenz-‐Portfolio zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas. Die Internationalisierungsstrategie »Forschung im internationalen Wettbe-‐werb« folgt klaren Grundsätzen: Wissenschaftliche Wertschöpfung für Fraunhofer und positive Effekte sowohl für Deutschland als auch das jeweilige Partnerland sind not-‐wendige Ziele strategischer Auslandskooperationen. Im Zentrum steht dabei Europa, da sich Fraunhofer in besonderem Maße der Verwirklichung eines konkurrenzfähigen europäischen Forschungsraums verpflichtet fühlt. (www.fraunhofer.de/de/ueber-‐fraunhofer/internationales.html) Zur Bewertung des Portfolios internationaler Kooperationen entwickelt Fraunhofer eine spezifische Indikatorik, die die Innovationskraft des Partners oder Ziellandes und die Vernetzung der deutschen Industrie mit dem jeweiligen Markt in Beziehung setzt. Alle internationalen Aktivitäten unterliegen einem qualitätssichernden Monitoring und einer kontinuierlichen Bewertung der erreichten Ergebnisse. Sie sind fester Bestandteil der strategischen Portfolioentwicklung von Fraunhofer und folgen den Ansprüchen an Compliance und Global Governance5. So folgt etwa der Umgang mit geistigem Eigentum den Standards in Deutschland bzw. geht darüber hinaus. Zusätzlich steht ein Leitfaden zur Qualitätssicherung für Auftragsprojekte im Ausland zu Verfügung.
4 Als Beitrag zur Umsetzung der Strategie der Bundesregierung zur Internationalisierung von Wissenschaft und Forschung (http://www.bmbf.de/pubRD/Internationalisierungsstrategie.pdf) wird das europäische und internationale Engagement von Fraunhofer von den Zuwendungsgebern begrüßt und unterstützt. Der Fraunhofer-‐Ausschuss hat in seiner Sitzung am 21. Juni 2013 die Internationalisierungsstrategie von Fraunhofer zustimmend zur Kenntnis genommen. Für die eigene Strategieentwicklung von Fraunhofer sind vier BMBF-‐Dokumente richtungsgebend: die Internationalisierungsstrategie des BMBF, der korre-‐spondierenden Aktionsplan Internationalisierung, die Afrikastrategie sowie die BMBF-‐Strategie zum euro-‐päischen Forschungsraum.
5 Der Global Governance Anspruch äußert sich unter anderem in einem vom Präsidium der Fraunhofer-‐Gesellschaft verabschiedeten Leitfaden für Auslandsprojekte. Dieser stellt sicher, dass bei der Durchfüh-‐rung außereuropäischer Projekte die Interessen der deutschen bzw. europäischen Industrie berücksichtigt werden.
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Durch die Präsenz mit eigener Forschungskapazität an international bedeutenden In-‐novationsstandorten und Wissenszentren ist Fraunhofer hervorragend in die weltwei-‐ten Wissensströme eingebunden. Diese Entwicklung wird weiter gestärkt und themen-‐spezifisch ausgebaut. So betreibt das Fraunhofer-‐Institut für Graphische Datenverar-‐beitung IGD seit 1998 eine Forschungszusammenarbeit in Singapur mit der exzellenten Nanyang Technological University (NTU). Diese Zusammenarbeit ist seit 2010 im Ko-‐operationsmodell »Fraunhofer Project Center« gefestigt und schafft für das Fraunhofer IGD wissenschaftlichen Mehrwert durch den Zugang zu weit fortgeschrittener Kompe-‐tenz im Bereich »Visual Computing« an der NTU und in der grundsätzlich sehr dynami-‐schen Innovationslandschaft in Singapur. Vor Ort bestehen Kooperationen mit renom-‐mierten Institutionen wie der Lee Kong Chian School of Medicine (NTU/Imperial Col-‐lege) oder dem NTU Energy Research Institute (ERI@N), ebenso wie mit deutschen Unternehmen wie BMW, VW, Continental und Lufthansa Systems. Das »Fraunhofer Project Center for Interactive Digital Media at Nanyang Technological University« (Fraunhofer IDM@NTU) ist auf sehr gutem Wege, alle mit den Zuwendungsgebern vereinbarten Ziele bis zum Förderende im Juni 2015 zu erreichen, und wurde bereits in der Zwischenevaluation nach drei Jahren in international besetzten Reviews sehr posi-‐tiv bewertet.
Die etablierte und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der NTU ebnet nun auch den Weg für eine Erweiterung der Zusammenarbeit um das NTU Environment and Water Research Institute (NEWRI) mit dem Fraunhofer-‐Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS, u.a. im Bereich der Wasserbehandlung und Gastrennung mit kera-‐mischen Membranen. Fraunhofer plant, den Ausbau der Kooperation unter dem Dach einer Tochtergesellschaft umzusetzen. Dazu werden konkrete Gespräche mit dem sin-‐gapurischen Zuwendungsgeber, der National Research Foundation (NRF), über eine Finanzierung vorbereitet.
5.2 Gestaltung der europäischen Zusammenarbeit
Das Arbeiten in Netzwerken – national wie international – ist Wesensmerkmal des Erfolgs von Fraunhofer. In Horizont 2020 bekommen Instrumente der strategischen Zusammenarbeit in Netzwerken wie KICs und JTIs noch größeres Gewicht.
Knowledge and Innovation Community – KIC
Das europäische Forschungsrahmenprogramm bildet eine zentrale Plattform der Ver-‐netzung für Fraunhofer in Europa, auch mit den Schwesterorganisationen in Deutsch-‐land. Ein Beispiel dafür ist die gemeinsame Leitung der Zentrale der europäischen Wis-‐
Abb. 43 Besuch des deutschen Botschafters Dr. Michael Witter am Fraunhofer Project Center for Interactive Digital Media at Nany-‐ang Technological University in Singapur.
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sens-‐ und Innovationsgemeinschaft (Knowledge and Innovation Community – KIC) »RawMatTERS« durch Fraunhofer und die Helmholtz-‐Gemeinschaft. Das Ziel der KIC besteht darin, die Wettbewerbsfähigkeit, das Wachstum und die Attraktivität des euro-‐päischen Rohstoffsektors durch radikale Innovation und Unternehmertum zu steigern. An dem Konsortium mit Hauptsitz in Berlin sind namhafte Organisationen aus Bildung, Forschung und Wirtschaft beteiligt: insgesamt 116 Partnerorganisationen aus 21 euro-‐päischen Ländern. Von Fraunhofer-‐Seite gehören dem Konsortium mehr als ein Dut-‐zend Institute sowie die Fraunhofer Academy an. Auch an der KIC »Healthy Living and Active Ageing« ist Fraunhofer mit dem Fraunho-‐fer-‐Institut für Integrierte Schaltungen IIS als Associated Partner beteiligt. Im Jahr 2014 liefen außerdem bereits intensive Arbeiten zur vorbereitenden Vernetzung der 2016 ausgeschriebenen KICs in den Themenbereichen »Added Value Manufacturing« und »Food«.
Joint Technology Initiative – JTI
Ein weiteres Instrument zur Zusammenarbeit mit der europäischen Wissenschaft und vor allem der europäischen Industrie bieten die EU-‐geförderten, langfristig angelegten öffentlich-‐privaten Partnerschaften zur strategischen Forschungszusammenarbeit, die Joint Technology Initiatives (JTI). Fraunhofer ist mit einem Konsortium aus Fraunho-‐fer-‐Instituten bereits seit dem 7. Forschungsrahmenprogramm erfolgreicher Partner in der JTI »Clean Sky« im Aeronautikbereich. Sie findet nun eine Fortsetzung in »Clean Sky II«. Ebenso ist Fraunhofer an den JTI »Bio-‐based Industries« sowie »Electronic Compo-‐nents and Systems« (Ecsel) beteiligt. Die Teilnahme an einem neuen JTI im Bereich Schienenverkehr, »Shift2Rail«, wird vom Fraunhofer-‐Institut für Materialfluss und Logistik IML koordiniert.
Teaming for Excellence
Im Jahr 2014 hat sich Fraunhofer intensiv am Teaming for Excellence Call beteiligt. Sieben Anträge mit Fraunhofer-‐Beteiligung wurden positiv evaluiert und erhalten nun die Chance, im kommenden Jahr einen Vollantrag für die Hauptrunde für die zweite Phase des Calls auszuarbeiten.
Fraunhofer-‐Carnot Programm
Das bisher bedeutendste bi-‐nationale Forschungsprogramm für Fraunhofer ist das Fraunhofer-‐Carnot Programm, das vom BMBF und der Agence Nationale de la Recher-‐che (ANR) gefördert wird. 2014 ist das vorletzte Jahr der Programmlaufzeit und auf dem deutsch-‐französischen Forschungsforum im Dezember konnten zahlreiche abge-‐schlossene Kooperationen vorgestellt werden. Das Programm wird schon vor Ablauf als Erfolg gewertet. So haben einzelne Kooperationen ihre Zusammenarbeit bereits strategisch verstetigt oder dies zukünftig geplant. Die wissenschaftlichen Erfolge führ-‐ten bis Dezember 2014 zu 243 gemeinsamen Publikationen und Konferenzbeiträgen. Zusätzlich konnten die Projektergebnisse in 4 Spin-‐offs erfolgreich verwertet und Indu-‐strieerträge mit einem Volumen von insgesamt 3,5 Mio € bearbeitet werden. Während der Laufzeit haben sich die Kooperationen von Fraunhofer mit französischen Wirt-‐schaftspartnern nahezu verdoppelt. Heute ist Frankreich nicht nur der weltweit wich-‐tigste Handelspartner Deutschlands, sondern auch das wichtigste nicht deutschspra-‐chige Kooperationsland für Fraunhofer in Europa – sowohl in Wirtschaftsprojekten als auch im Europäischen Rahmenprogramm.
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Fraunhofer-Gesellschaft58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Fraunhofer-‐Gesellschaft 58. Jahrestag der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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5.3 Beteiligung am Europäischen Forschungsrahmenprogramm
Fraunhofer stellt sich erfolgreich den Herausforderungen des europäischen Wirt-‐schafts-‐ und Forschungsraums und hat sich über die letzten Jahre hinweg eine heraus-‐gehobene Position im 7. Forschungsrahmenprogramm (FRP) der EU erarbeitet. Im European Research Ranking, einer Evaluierung auf Basis der von der EU-‐Kommission herausgegebenen Kennzahlen, ist Fraunhofer nach den drei Kriterien »Funding & Pro-‐jects«, »Networking« und »Diversity« seit 2007 jedes Jahr der erfolgreichste deutsche Teilnehmer an den Forschungsförderprogrammen.
Insgesamt hat Fraunhofer Mittel aus den Forschungsrahmenprogrammen der EU in Höhe von 107 Mio € eingeworben.
46,3
48,2
48,4
49,1
49,4
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51,6
52,9
53,5
53,5
53,6
54,8
57,3
70,7
80,5
Danmarks Tekniske Universitet, DK
The University of Manchester, GB
Consiglio Nazionale delle Ricerche, IT
Katholieke Universiteit Leuven, BE
Technische Universiteit Delft, NL
Agencia Estatal Consejo Superior de Investigaciones Cientificas, ES
Imperial College London, GB
Max-Planck-Gesellschaft, DE
Commissariat à l'Énergie Atomique et aux Énergies Alternatives, FR
University College London, GB
University of Cambridge, GB
Airbus France SAS, FR
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, CH
University of Oxford, GB
Fraunhofer-Gesellschaft, DE
Centre National de la Recherche Scientifique, FR
Abb. 44 Top-‐15-‐Forschungseinrichtungen in Europa im Gesamtranking 2013 (Zahlen gerundet). (Quelle: www.researchranking.org)
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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6 Ausblick
Fraunhofer positioniert sich als Innovationstreiber für den Standort Deutschland. Da-‐bei ermöglicht die Bandbreite von der Vorlaufforschung bis zur Innovation die nachhal-‐tige Generierung von Impulsen für Wissenschaft und Wirtschaft. Veränderungen im Forschungsportfolio entstehen permanent durch den Fortschritt der Technik. War früher beispielsweise die präzise Steuerung von Robotern und die Ausstattung mit spezifischen Sensoren und Aktoren das primäre Forschungsfeld, sind es heute eher die Informations-‐ und Kommunikationskonzepte zur barrierefreien In-‐teraktion zwischen Menschen und Robotern. Dabei ist die angewandte Forschung prin-‐zipiell nicht an Fächerzuordnungen gebunden. Ein besonderer Schwerpunkt wird da-‐her in Zukunft die noch stärkere interdisziplinäre Vernetzung von Fraunhofer-‐Instituten zur Bearbeitung wesentlicher Forschungsthemen z. B. innerhalb von Leitpro-‐jekten sein. Gleichfalls wird die strukturierte Zusammenarbeit im deutschen und inter-‐nationalen Wissenschaftssystem zielgerichtet ausgebaut. Redaktion: Dr. Patrick Hoyer Vorstandsstab Forschung Produktion, Light and Surfaces, Materials Fraunhofer-‐Gesellschaft Zentrale Hansastr. 27 c 80686 München Tel: +49 (0)89/1205-‐1114 Fax: +49 (0)89/1205-‐77-‐1114
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Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK)
Die Regierungschefinnen und -chefs von Bund und Ländern haben am 14. Juni 2007 mit der Verabschiedung des GWK-Abkommens die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) gegründet, die am 1. Januar 2008 ihre Arbeit aufgenommen hat.
Das GWK-Abkommen konkretisiert die gemeinsame Zusammenarbeit von Bund und Ländern in den Bereichen Wissenschaft Forschung und Lehre nach Artikel 91b Absatz 1 Grundgesetz und bildet damit neben diesem Grundgesetzartikel die hauptsächliche Rechtsgrundlage.
Im Hinblick auf Artikel 91b Absatz 1 Grundgesetz hat sich zum 01. Januar 2015 eine grundlegende Neuerung ergeben.
Rechtslage bis zum 31. Dezember 2014 Bisher konnten Bund und Länder auf Grund der bis 31. Dezember 2014 geltenden alten Fassung des Artikels 91b Absatz 1 Grundgesetz in Fällen überregionaler Bedeutung aufgrund von Vereinbarungen zusammenwirken bei der Förderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung außerhalb von Hochschulen, von Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen sowie bei Forschungsbauten an Hochschulen einschließlich Großgeräten.
Rechtslage ab 1. Januar 2015 Bundestag und der Bundesrat haben Ende 2014 beschlossen, Artikel 91b Absatz 1 Grundgesetz wie folgt neu zu fassen: „Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen in Fällen überregionaler Bedeutung bei der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre zusammenwirken. Vereinbarungen, die im Schwerpunkt Hochschulen betreffen, bedürfen der Zustimmung aller Länder. Dies gilt nicht für Vereinbarungen über Forschungsbauten einschließlich Großgeräten.“
Durch diese Grundgesetzänderung werden die Kooperationsmöglichkeiten von Bund und Ländern im Rahmen dieser Gemeinschaftsaufgabe erweitert. Sie ermöglicht es, Hochschulen künftig durch Bundesmittel auch institutionell zu fördern, während dies nach früherer Rechtslage nur über projektorientiert befristete Programme wie den Hochschulpakt oder die Exzellenzinitiative möglich war. Die föderale Grundordnung wird durch die Grundgesetz-änderung, die am 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist, nicht berührt; auch werden keine abstrakten Rechtsansprüche formuliert, sondern Handlungsmöglichkeiten eröffnet, die fallweise der gemeinsamen Ausgestaltung bedürfen.
Im Apil 2015 hat die GWK das GWK-Abkommen an diese neue Verfassungslage angepasst.
Die GWK behandelt danach auch weiterhin alle Bund und Länder gemeinsam berührenden Fragen der Forschungsförderung, der wissenschafts- und forschungspolitischen Strategien und des Wissenschaftssystems. Unter Wahrung ihrer Kompetenzen streben die Mitglieder der GWK bei gemeinsam berührenden Fragen eine enge Koordination auf dem Gebiet der nationalen, europäischen und internationalen Wissenschafts- und Forschungspolitik an. Sie verfolgen dabei
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das Ziel, die Leistungsfähigkeit des Wissenschafts- und Forschungsstandorts Deutschland im internationalen Wettbewerb zu steigern.
Den Vorsitz führt im jährlichen Wechsel entweder der Vertreter/die Vertreterin der Bundes-regierung oder ein Vertreter/eine Vertreterin der Landesregierungen. Den Vorsitz im Jahr 2014 hatte die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Johanna Wanka, inne. Vorsitzen-de im Jahr 2015 ist Vera Reiß, Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz. Generalsekretär der GWK ist der ehemalige Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung des Landes Berlin, Dr. Hans-Gerhard Husung.
Die Besonderheit der GWK im Vergleich zu den Fachministerkonferenzen besteht darin, dass sie sich sowohl aus Vertretern der Fachseite, d. h. den Wissenschaftsministerinnen und Wissenschaftsministern von Bund und Ländern, als auch aus den Finanzministerinnen und Finanzministern von Bund und Ländern zusammensetzt und einstimmige Beschlüsse der GWK als Beschlüsse der Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern gelten.
Die GWK trifft sich auf Ministerebene jährlich in der Regel zu drei ordentlichen und darüber hinaus je nach Notwendigkeit zu Sondersitzungen.
ÜBERBLICK ÜBER DIE BISHERIGEN ARBEITSSCHWERPUNKTE DER GWK, INSBESONDERE IN DEN JAHREN 2014/2015
Die Arbeitsschwerpunkte der GWK bilden folgende Themenfelder:
Förderung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen Neben den regelmäßigen Einzelentscheidungen über die jährlichen Zuwendungen an die großen deutschen Wissenschafts- und Forschungsorganisationen - Max-Planck-Gesellschaft (MPG), Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Leibniz-Gemeinschaft (WGL), Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) und Helmholtz-Gemeinschaft (HGF) - geht es in der GWK auch um übergreifende Fragen wie die Fortschreibung des Paktes für Forschung und Innovation oder die Gewährung größerer Freiheit und Unabhängigkeit der Wissenschaftsorganisationen z. B. bei der Bewirtschaftung und der Übertragbarkeit der Mittel (Stichwort Wissenschaftsfreiheitsinitiative).
Seit 2006 haben Bund und Länder in der Finanzierung der außerhochschulischen Forschungs-einrichtungen neue Wege beschritten: statt einer Finanzierung nach jeweils aktueller jährlicher Kassenlage sind sie mit dem Pakt für Forschung und Innovation die Verpflichtung eingegangen, ihre Zuwendungen an die großen Wissenschaftsorganisationen (Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft, die Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft sowie die Deutsche Forschungsgemeinschaft) bis zum Jahr 2010 jährlich um mindestens drei Prozent zu erhöhen (Pakt I: 2006 – 2010). Diese Zusage haben Bund und Länder nicht nur eingehalten, sondern zum Teil sogar deutlich übertroffen. Der Erfolg gab ihnen Recht: Die deutsche Wissenschaft belegt im weltweiten Vergleich einen Spitzenplatz.
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Von 2011 bis 2015 wird der Pakt für Forschung und Innovation deshalb fortgesetzt (Pakt II) und weiterhin Planungssicherheit geschaffen; entsprechend den Zusagen des Paktes II hat die GWK den oben genannten großen Forschungsorganisationen für die Jahre 2014 und 2015 im Grundsatz eine Steigerung ihrer Zuwendungen sogar um jeweils 5 % gewährt (wobei besondere Entwicklungen dabei im Einzelfall zu abweichenden Ergebnissen führen können).
Insgesamt haben Bund und Länder ihre Zuwendungen für die gemeinsame institutionelle Förderung der fünf großen Wissenschaftsorganisationen im Vergleich zu 2005 um 60 % gesteigert. Die finanzielle Grundförderung der Wissenschaftsorganisationen ist in diesem Zeitraum von 5,2 Mrd. Euro um 3,1 Mrd. Euro auf 8,3 Mrd. Euro (im Soll 2015) angestiegen. Zugleich hat die verstärkte Grundausstattung die Forschungsorganisationen in die Lage versetzt, vermehrt Drittmittel – projektbezogene Förderung von Bund, Ländern und der EU oder Auftragsforschung für die Wirtschaft – einzuwerben. Insgesamt wenden Bund und Länder 2015 fast 13,5 Mrd. Euro (Soll 2015) für die gemeinsame Förderung auf Grundlage des Artikels 91b GG auf.
Ende 2014 haben die Regierungschefinnen und Regierungschefs des Bundes und der Länder auf Vorschlag der GWK den Pakt für Forschung und Innovation für den Zeitraum von 2016 bis 2020 (Pakt III) fortgeschrieben. Bund und Länder streben an, den einzelnen Wissenschaftsorganisationen – vorbehaltlich der jährlichen Haushaltsverhandlungen und vorbehaltlich der Mittelbereitstellung durch die gesetzgebenden Körperschaften – in diesem Zeitraum einen jährlichen Aufwuchs der Zuwendung um 3 % zu gewähren; der Aufwuchs wird vom Bund allein finanziert. Der Bund erwartet, dass die Länder den Hochschulen adäquate Steigerungen der Mittelausstattung zur Verfügung stellen.
Förderungen von Leibniz-EinrichtungenDie GWK entscheidet in regelmäßigen Abständen über die Weiterförderung der von Bund und Ländern gemeinsam geförderten Leibniz-Einrichtungen. Sie stützt sich bei diesen Entscheidungen auf Empfehlungen des Senats der Leibniz-Gemeinschaft, denen eine wissenschaftliche Evaluierung zu Grunde liegt. Diese Evaluierung überprüft, ob die Einrichtungen die Voraussetzungen für die gemeinsame Förderung weiterhin erfüllen, die da lauten: exzellente Forschung und überregionale Bedeutung des betreffenden Instituts in Verbindung mit einem gesamtstaatlichen wissenschaftspolitischen Interesse an dessen Förderung. Seit Anfang 2014 bis Juli 2015 hat die GWK über die Weiterförderung von 24 Instituten entschieden. Im Fall des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung Speyer (FÖV) hat sie, weil die Voraussetzungen für die Förderung als Leibniz-Einrichtung nicht mehr gegeben waren, das Ausscheiden der Einrichtung aus der gemeinsamen Förderung beschlossen; das Institut soll strategisch neu ausgerichtet werden und im Hinblick auf den erheblichen Bedarf an Forschung auf dem Gebiet der Verwaltungswissenschaften und wissenschaftlich basierten Beratungsleistungen für Politik und Verwaltungspraxis außerhalb der gemeinsamen Forschungsförderung fortbestehen. In allen anderen Fällen konnte das Vorliegen der Fördervoraussetzungen bestätigt werden; in drei Fällen findet die nächste Evaluation und Überprüfung der Fördervoraussetzungen bereits nach drei bzw. vier Jahren statt.
Bislang war die Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) in 15 Bundesländern mit Instituten vertreten. Mit Wirkung ab Jahresbeginn 2015 ist Hamburg der Ausführungsvereinbarung Fraunhofer-Gesellschaft beigetreten; das Land ist mit dem Fraunhofer-Center für Maritime Logistik
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und Dienstleistungen nun auch Fraunhofer-Standort und beteiligt sich an der multilateralen Finanzierung der Zuwendung an die Fraunhofer-Gesellschaft.
Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) Das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) wurde auf Beschluss der GWK im September 2013 aus der ehemaligen Abteilung Hochschulforschung der damaligen HIS GmbH gegründet und in die gemeinsame Förderung von Bund und Ländern aufgenommen. Es hat zum Ziel, die Hochschul- und Wissenschaftsforschung in Deutschland weiter zu stärken. Darüber hinaus erbringt das DZHW forschungsbasierte Dienstleistungen für die Hochschul- und Wissenschaftspolitik. Ab 2016 wird es mit dem Institut für Forschungsinformation und Qualitätssicherung e.V. (iFQ) zusammengeführt, das seinen Arbeitsschwerpunkt in der Wissenschaftsforschung hat. Das DZHW wird durch Bund Und Länder im Jahr 2015 mit knapp 3,5 Mio. Euro gefördert.
Förderung an Hochschulen
Hochschulpakt 2020Eine der prominentesten Initiativen der GWK ist der Hochschulpakt 2020, der der Aufnahme zusätzlicher Studienanfängerinnen und -anfänger (gerade vor dem Hintergrund der doppelten Abiturjahrgänge) dient und dem geänderten Bildungsverhalten Rechnung trägt. Bund und Länder haben den Hochschulpakt bis zum Jahr 2020 (mit einer Ausfinanzierung bis 2023) beschlossen. Die konkrete Ausgestaltung erfolgt in drei Phasen.
In der ersten Phase des Hochschulpakts 2007 bis 2010 wurden Studiermöglichkeiten für rd. 185.000 zusätzliche Studienanfängerinnen und- anfänger gegenüber dem Basisjahr 2005 geschaffen, die von Bund und Ländern mit je 22.000 Euro pro zusätzlicher Studienanfängerin/zusätzlichem Studienanfänger finanziert wurden.
In der zweiten Phase des Hochschulpakts (2011 bis 2015) wurde aufgrund der stark angestiegenen Studiennachfrage die Zahl der von Bund und Ländern finanzierten, gegenüber dem Stand des Jahres 2005 zusätzlichen Studienanfängern von ursprünglich 275.000 auf 624.000 angehoben. Insgesamt stellen Bund und Länder für die Studienanfänger der ersten beiden Programmphasen gemeinsam mehr als 19 Mrd. Euro bereit, von denen knapp über 10 Mrd. vom Bund stammen und rund 9 Mrd. von den Ländern.
Am 11. Dezember 2014 haben die Regierungschefinnen und -chefs von Bund und Ländern die Weiterentwicklung des Hochschulpakts beschlossen. In einer dritten Phase des Hochschulpakts (bis zum Jahr 2020) sollen über die bestehenden Vereinbarungen hinaus weitere 760.000 zusätzliche Studienanfängerinnen und -anfänger aufgenommen werden können - diese Zahl beruht auf einer Vorausberechnung der KMK aus dem Jahr 2014. Die finanzielle Ausgestaltung der dritten Phase entspricht mit 26.000 Euro pro zusätzlichen Studienanfänger der der zweiten Phase. Der Bund beteiligt sich auch hier mit 13.000 Euro pro zusätzlichen Studienanfänger an den zur Zielerreichung erforderlichen Maßnahmen. Die einzelnen Länder stellen die Gesamtfinanzierung sicher und erbringen finanzielle Leistungen, die denen des Bundes vergleichbar sind. Bund und Länder stellen dafür weitere 19,3 Mrd. Euro bereit, davon 9,9 Mrd. Euro der Bund und 9,4 Mrd. Euro die Länder. Der Hochschulpakt finanziert künftig
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auch gezielt Maßnahmen, die mehr Studierende zu einem erfolgreichen Abschluss führen. Ein ausdrückliches Ziel ist es außerdem, mehr beruflich Qualifizierten den Weg in die Hochschulen zu eröffnen.
ProgrammpauschalenEin weiterer großer Erfolg für die Förderung an Hochschulen durch Bund und Länder ist die Einführung von Programmpauschalen für DFG-geförderte Projekte an Hochschulen durch die zweite Säule des Hochschulpakts: Zwischen 2007 und 2015 stellt der Bund zur Finanzierung der Programmpauschalen in Höhe von 20 % der direkten Projektausgaben (sog. Overhead) mehr als 2,3 Mrd. Euro bereit. Am 11. Dezember 2014 haben die Regierungschefinnen und –chefs des Bundes und der Länder auf Vorschlag der GWK beschlossen, die Programmpauschalen in den Jahren 2016 bis 2020 unter Beteiligung der Länder fortzuführen und sie auf 22 % der direkten Projektausgaben zu erhöhen. 20 % des Overheads trägt auch künftig der Bund und die Länder tragen die restlichen 2 %. Hierfür werden Bund und Länder von 2016 bis 2020 knapp 2,2 Mrd. Euro aufwenden. Durch die Programmpauschalen stehen den Hochschulen in den Jahren 2007 bis 2020 somit insgesamt mehr als 4,5 Mrd. Euro an Bundes- und Ländermitteln zusätzlich zur Verfügung.
Programm für bessere Studienbedingungen und mehr Qualität in der LehreEin weiterer wichtiger Teil der Hochschulförderung durch die GWK ist die 2010 erfolgte Ergänzung des Hochschulpakts um eine dritte Säule, das Programm für bessere Studienbedingungen und mehr Qualität in der Lehre (Mittelvolumen: 2 Mrd. Euro Bundesmittel in den Jahren 2010 bis 2020 und Sicherstellung der Gesamtfinanzierung durch das jeweilige Sitzland). Während der Hochschulpakt in seiner ersten Säule auf den quantitativen Ausbau der Studienmöglichkeiten an den Hochschulen und in seiner zweiten Säule (Programmpauschalen) auf eine verbesserte Forschungsfähigkeit der Hochschulen abzielt, wird er mit seiner dritten Säule um ein qualitatives Element für die Lehre ergänzt. Das Programm wird in zwei Bewilligungsrunden durchgeführt. In der ersten Runde (Auswahl im Mai 2011, Förderbeginn zum Wintersemester 2011/12) werden 104 Einzel- und Verbundvorhaben von 111 Hochschulen (darunter sind 52 Universitäten, 47 Fachhochschulen und 12 Kunst- und Musikhochschulen aus allen Regionen Deutschlands) für fünf Jahre gefördert. In der zweiten Auswahlrunde wurden im Dezember 2011 (mit Förderbeginn Sommersemester 2012) 102 Hochschulen zur Förderung ausgewählt: 40 Universitäten, 43 Fachhochschulen und 19 Kunst- und Musikhochschulen konnten mit ihren Projekten punkten. In beiden Runden werden insgesamt 186 Hochschulen aller Hochschularten in allen 16 Ländern gefördert. Einige Hochschulen waren in beiden Runden erfolgreich und werden sowohl mit ihrem Einzelantrag als auch in einem Verbundantrag gefördert. Insgesamt haben sich mehr als 90 % der antragsberechtigten Hochschulen beteiligt. Das Programm ist ein Meilenstein zur Verbesserung der Hochschullehre und setzt wichtige Impulse für das weitere Gelingen der Studienreform. Ein solches Engagement für bessere Studienbedingungen hat es in der deutschen Hochschulpolitik bislang noch nicht gegeben. Die Förderung ist zunächst bis 2016 zugesagt. Über eine Anschlussförderung bis Ende 2020 wird auf der Grundlage von Zwischenbegutachtungen gemäß § 7 (2) der Vereinbarung über das Programm für bessere Studienbedingungen und mehr Qualität in der Lehre entschieden. Bis zum 12. Juni 2015 hatten die Hochschulen Zeit, ihren Fortsetzungsantrag zu stellen. Insgesamt wurden 155 Einzelanträge und 19 Verbundanträge gestellt.
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Die drei Programmsäulen des Hochschulpakts schaffen damit wichtige Voraussetzungen zur Förderung unserer Hochschulen in ihrem gesamten Aufgabenspektrum.
Die Qualitätsoffensive LehrerbildungMit der im April 2013 beschlossenen Qualitätsoffensive Lehrerbildung soll die Qualität der Lehrerbildung in Studium und Lehre weiter gesteigert, ihre Stellung an den Hochschulen gestärkt und ihre Sichtbarkeit erhöht werden. In einem wettbewerbsorientierten Verfahren werden Projekte gefördert, die eine Lehrerausbildung aus einem Guss ermöglichen und eine stärkere Abstimmung all jener an einer Hochschule sicherstellen, die für die Ausbildung der Lehrkräfte verantwortlich sind. Durch eine stärkere Einbeziehung der Schulwirklichkeit beispielsweise soll das Studium praxisnäher werden. Der Bund wird die Länder und Hochschulen ab 2015 über einen Zeitraum von zehn Jahren mit bis zu 500 Mio. Euro dabei unterstützen, innovative Konzepte für das Lehramtsstudium in Deutschland zu entwickeln. Das Programm ist mit dem Abbau von Mobilitätshemmnissen gekoppelt, sodass der Wechsel von einem Land in ein anderes für Studierende und Absolventen eines Lehramtsstudiums bzw. des Vorbereitungsdienstes nachhaltig verbessert wird. Die KMK hat entsprechende ländergemeinsame Umsetzungsrichtlinien entwickelt, die in verbindlicher Form in die Bund-Länder-Vereinbarung zur Qualitätsoffensive Lehrerbildung Eingang gefunden haben. Die „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ umfasst zwei Förderphasen 2014 bis 2018 und 2019 bis 2023. Die erste Förderphase wird in zwei Bewilligungsrunden durchgeführt. Am 4. März 2015 wurden die erfolgreichen Hochschulen der ersten Bewilligungsrunde bekanntgegeben. Aus 80 eingereichten Konzepten haben 19 die Gutachter überzeugt und sind als förderwürdig eingestuft worden. Deren thematische Bandbreite reicht von der Stärkung des Praxisbezugs im Lehramtsstudium bis zu einer intensiveren Begleitung angehender Lehrerinnen und Lehrer vom Studium bis zum Beruf. Viele Maßnahmen zielen auch auf den Umgang mit Inklusion und heterogenen Schülerschaften. Für die zweite Bewilligungsrunde ist die Frist zur Einreichung von Anträgen am 12. Juni 2015 abgelaufen. An der zweiten Runde konnten sich weitere lehrerbildende Hochschulen beteiligen - auch Hochschulen, deren Vorhabenbeschreibungen in der ersten Runde als nicht förderwürdig beurteilt wurden.
Initiative für den wissenschaftlichen NachwuchsDeutschland ist auf exzellente junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler angewiesen. Von ihnen hängt die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wissenschaft ab. Um sie zu gewinnen und zu halten wollen Bund und Länder die Hochschulen dabei unterstützen, die Planbarkeit und Verlässlichkeit der Karrierewege zu verbessern. Hierfür haben sie im April 2015 in der GWK eine Initiative für den wissenschaftlichen Nachwuchs gestartet. Diese soll beispielsweise die richtige Balance zwischen befristeten und unbefristeten Stellen sowie die stärkere Etablierung des Instruments des „Tenure-Track“, das bei Bewährung nach einem Evaluationsverfahren eine Übernahme in eine Lebenszeitprofessur vorsieht, beinhalten. Die GWK hat eine Staatssekretärsarbeitsgruppe beauftragt, die genauen Modalitäten für die neue gemeinsame Initiative auszuarbeiten.
Exzellenzinitiative zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen Die Exzellenzinitiative wurde im Jahr 2005 auf Vorschlag der Wissenschaftsministerinnen und -ministern von Bund und Ländern ins Leben gerufen. In der ersten Programmphase von
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2006 bis 2011 wurden 39 Graduiertenschulen, 37 Exzellenzcluster und neun Zukunftskonzepte mit einem Mittelvolumen von 1,9 Mrd. Euro gefördert. Der Bund stellte 75 % der Mittel und die Länder 25 % zur Verfügung. Die Initiative zeigte bereits nach relativ kurzer Zeit in ihren ersten beiden Ausschreibungsrunden eine außerordentlich dynamische und positive Wirkung: Sie hat einen starken Wettbewerbsprozess unter den deutschen Hochschulen angestoßen, wichtige Impulse für innovative Entwicklungen gesetzt und den Forschungsstandort Deutschland auch international erheblich gestärkt. Diesem Befund haben die Wissenschaftsministerinnen und -minister von Bund und Ländern in der GWK mit ihrem Vorschlag zur Fortschreibung der Exzellenzinitiative am 22. April 2009 Rechnung getragen. Die von den Regierungschefs von Bund und Ländern am 4. Juni 2009 abschließend getroffene Entscheidung gab dann das grüne Licht für eine zweite Programmphase (2012-2017). Das zur Verfügung stehende Mittelvolumen von 2,7 Mrd. Euro bedeutete eine Erhöhung von ca. 40 % gegenüber der ersten Programmphase. Mit der Durchführung des Wettbewerbs wurden wiederum DFG und Wissenschaftsrat gemeinsam beauftragt. Neuanträge mussten sich dem Wettbewerb mit Fortsetzungsanträgen aus der ersten Phase stellen. Am 15. Juni 2012 wurden die Entscheidungen in der zweiten Programmphase der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder getroffen: Der Bewilligungsausschuss für die Exzellenzinitiative hat an diesem Tag 45 Graduiertenschulen, 43 Exzellenzcluster und 11 Zukunftskonzepte zur Förderung ausgewählt.2 Von den 16 zur Entscheidung anstehenden Zukunftskonzepten wurden 11 bewilligt: Darunter befinden sich fünf neue Zukunftskonzepte und sechs, die bereits in der ersten Phase gefördert wurden. In allen drei Förderlinien werden in der zweiten Programmphase 39 Universitäten mit insgesamt 2,4 Mrd. Euro gefördert. Vorhaben der ersten Phase, die nicht weitergefördert werden, erhalten eine Auslauffinanzierung.
Die Exzellenzinitiative hat insgesamt zu einer Aufbruchstimmung im deutschen Wissen-schaftssystem geführt und die universitäre Spitzenforschung in Deutschland auch international stärker sichtbar gemacht. Gemäß §§ 8 und 9 der Vereinbarung über die Fortsetzung der Exzellenzinitiative ist für 2015 eine Evaluierung vorgesehen.
Diese Evaluation hat die GWK im Juni 2014 durch eine internationale Expertenkommission auf den Weg gebracht. Die Evaluation soll die Auswirkungen der Exzellenzinitiative auf das Wissenschaftssystem in Deutschland analysieren. Der Abschlussbericht der internationalen Expertenkommission wird im Januar 2016 vorliegen.
Ohne dem Ergebnis dieser laufenden Evaluation vorzugreifen, haben Bund und Länder Ende 2014 mit einem Grundsatzbeschluss ihrer Regierungschefinnen und -chefs für eine neue Bund-Länder-Initiative (Nachfolge Exzellenzinitiative) dem Wissenschaftssystem rechtzeitig ein wichtiges forschungspolitisches Signal gegeben: die Dynamik, die die Exzellenzinitiative in sehr erfolgreicher Art und Weise in das deutsche Wissenschaftssystem gebracht hat, soll in gemeinsamer Verantwortung und Finanzierung von Bund und Ländern auch über 2017 hinaus erhalten und ausgebaut werden. Bund und Länder streben an, dass die bisher gemeinsam für die Exzellenzinitiative bereitgestellten Mittel mindestens im selben Umfang auch künftig für die Hochschulen zur Verfügung stehen. Mit dieser Initiative sollen sowohl neuartige Projekte und Initiativen der Hochschulen ermöglicht als auch erfolgreichen Vorhaben der Exzellenzinitiative eine Weiterentwicklung und längerfristige strukturelle Zukunftsperspektive eröffnet werden, wobei auch die geplanten neuen verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielräume genutzt werden sollen. Die Regierungschefinnen und -chefs von Bund und Ländern haben die GWK gebeten, eine entsprechende neue Bund-Länder-Vereinbarung zu erarbeiten, die die Ergebnisse der Evaluation der Exzellenzinitiative berücksichtigt, und ihnen diese im Juni 2016 vorzulegen.
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2 Standorte und Namen der bewilligten Projekte sind abrufbar unter: www.dfg.de/exzellenzinitiative
www.wissenschaftsrat.de/arbeitsbereiche-arbeitsprogramm/exzellenzinitiative
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Förderung von Forschungsbauten und Großgeräten an Hochschulen Anstelle der Förderung von Hochschulbauten in der Breite nach dem vormaligen Hochschulbauförderungsgesetz konzentriert sich die gemeinsame Bund-Länder-Hochschulbau-Förderung seit der Föderalismusreform auf Forschungsbauten und Großgeräte von herausragender wissenschaftlicher Qualität und nationaler Bedeutung an Hochschulen, um die wissenschaftliche Konkurrenzfähigkeit der Forschung an Hochschulen über eine gezielte „Leuchtturmförderung“ investiv zu stärken. Jährlich stehen 596 Mio. Euro für diese Gemeinschaftsaufgabe zur Verfügung, die je zur Hälfte von Bund und Ländern aufgebracht werden. Von 2007 bis heute wurden insgesamt 122 Forschungsbauvorhaben mit einem Gesamtvolumen von ca. 3,5 Mrd. Euro in die gemeinsame Förderung aufgenommen.
Die Förderung von Forschungsgroßgeräten erfolgt seitens der Deutschen Forschungs-gemeinschaft (DFG), welche hierzu jährliche Sonderzuweisungen des Bundes erhält, die von den Ländern in gleicher Höhe gegenfinanziert werden. Im Jahre 2015 betragen die Bundesmittel rund 81 Mio. Euro, im Jahr 2016 werden es rund 89,6 Mio. Euro sein.
Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“Bund und Länder haben 2010 den gemeinsam getragenen Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ vereinbart. Für die Finanzierung des Wettbewerbs stellt der Bund von 2010 bis 2020 insgesamt 250 Mio. Euro zur Verfügung; die Länder stellen die Gesamtfinanzierung sicher. Der Wettbewerb wird in zwei Bewilligungsrunden (2011 bis 2017 und 2014 bis 2020) mit jeweils zwei Förderphasen durchgeführt.
Mit dem Wettbewerb setzen Bund und Länder ein klares Signal zur Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung und ermuntern Hochschulen zur Profilbildung auch im lebenslangen wissenschaftlichen Lernen und beim berufsbegleitenden Studium.
Unter diesem Leitmotiv des lebenslangen wissenschaftlichen Lernens werden in der ersten Bewilligungsrunde (2011 bis 2017) seit Oktober 2011 26 Vorhaben (15 Einzelprojekte, 11 Verbundvorhaben) gefördert, die sich in einem wettbewerblichen Verfahren mit innovativen und nachfrageorientierten Konzepten durchsetzen konnten. Es handelt sich um Projekte zum Auf- und Ausbau von Studienangeboten, die sich insbesondere an Zielgruppen wie Berufstätige, Personen mit Familienpflichten, Berufsrückkehrer/innen, Studienabbrecher/innen und arbeitslose Akademiker/innen richten und die auch die Integration beruflich Qualifizierter in die Hochschulbildung erleichtern sollen. Die 2011/12 angelaufene erste Bewilligungsrunde widmete sich in ihrer ersten Förderphase bis 2014 der Erforschung, Konzeption und dem Test neuer Lernangebote. Nach erfolgreicher Zwischenevaluierung der Projekte 2014 werden in der zweiten Förderphase bis 2017 Aktivitäten gefördert, die insbesondere auf nachhaltige und breitenwirksame Weiterentwicklung der in der ersten Förderphase entwickelten Angebote abzielen.
Für die zweite Bewilligungsrunde (2014 bis 2020) wurden von einer internationalen Jury aus den eingereichten Anträgen 47 Projekte, davon 37 Einzelprojekte und 10 Verbundvorhaben, ausgewählt, die im August 2014 die Arbeit aufgenommen haben. Das Antragsverfahren für die zweite Förderphase (2017-2020) der zweiten Bewilligungsrunde ist für 2017 geplant.
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Zurzeit werden somit insgesamt mehr als 100 deutsche Hochschulen in diesem Förderrahmen unterstützt.
Förderung der Forschung und Entwicklung an FachhochschulenDie Förderung der Forschung und Entwicklung an Fachhochschulen ist seit mehr als 15 Jahren ein wichtiges gemeinsames Anliegen von Bund und Ländern und wird durch die GWK fortgesetzt: Im Jahr 2008 beschloss sie, das bereits seit vielen Jahren laufende Fachhochschul-Programm zunächst bis zum Jahr 2013 weiter fortzuführen. Im Juni 2013 hat die GWK eine weitere Verlängerung dieses erfolgreichen Bund-Länder-Programms zur Förderung der angewandten Forschung und Entwicklung an Fachhochschulen vereinbart. Mit der Fortschreibung des Programms für die nächsten 5 Jahre stellen Bund und Länder sicher, dass Fachhochschulen auch in Zukunft ihr Forschungspotenzial weiter entwickeln können. Die im laufenden Programm bisher zur Verfügung gestellten Bundesmittel haben sich seit dem Jahr 2005 von rund 10,5 Mio. Euro auf rund 45,9 Mio. Euro im Jahr2015 mehr als vervierfacht. Die Länder beteiligen sich an der Finanzierung des Programms durch Bereitstellung der Grundausstattung.
Das 3 %-Ziel für Forschung und Entwicklung als Teilziel der Strategie Europa 2020In der Lissabon-Strategie haben die EU-Länder im Jahr 2000 verabredet, den Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) bis 2010 auf 3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu steigern, denn Investitionen in FuE schaffen hochwertige Arbeitsplätze und stärken die Wettbewerbsfähigkeit. Dieses Ziel wurde unverändert in die Strategie Europa 2020 übernommen.
Die GWK hat in den vergangenen Jahren die Umsetzung der ehemaligen Lissabon-Strategie - jetzt „Strategie Europa 2020“ - intensiv begleitet und dazu regelmäßig Bilanz gezogen. In ihrem jährlichen Monitoring zum 3 %-Ziel für FuE listet die GWK Erfolge und Meilensteine auf und skizziert Handlungsempfehlungen.
Da verlässliche statistische Zahlen stets nur mit einiger zeitlicher Verzögerung verfügbar sind, nimmt der Bericht des Jahres 2014 die Situation des Jahres 2012 in den Blick.
Die ab 2014 geltenden neuen Berechnungsstandards zum BIP haben dazu geführt dass im Jahr 2012 der Anteil der FuE-Ausgaben am BIP bei 2,88 % lag. In erster Linie aufgrund dieser neuen Berechnungsmethode hat sich Deutschland rein rechnerisch vom angestrebten und nach alten Berechnungsmethode bereits erreichten 3 %-Ziel für FuE leicht entfernt. Gleichwohl liegt Deutschland mit dem Anteil von 2,88 % der FuE Ausgaben am BIP auf einem der vorderen Plätze der EU-28-Staaten.
Die Bruttoinlandsausgaben für Forschung und Entwicklung (BAFE) sind von rund 50,8 Mrd. Euro im Jahr 2000 um fast 56 % auf rund 79,1 Mrd. Euro in 2012 gestiegen. Mit 79,1 Mrd. Euro wendete Deutschland 2012 in absoluten Zahlen mehr als jedes andere Land in Europa für FuE auf. Frankreich gab im selben Zeitraum ca. 46,5 Mrd. Euro für Forschung und Entwicklung aus und belegte mit deutlichem Abstand den zweiten Platz.
Zum Erreichen des 3 %-Ziels tragen ganz erheblich auch die in der GWK gestarteten großen gemeinsamen Initiativen von Bund und Ländern bei, nämlich die Exzellenzinitiative, der Pakt für Forschung und Innovation und der Hochschulpakt. Darüber hinaus haben Bund und Länder
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mit einer Reihe weiterer Initiativen, die sie in jeweils eigener Zuständigkeit durchgeführt haben, starke Impulse zur Förderung von Forschung und Entwicklung gesetzt. Zu nennen ist hier z. B. die Hightech-Strategie des Bundes, mit der die Bundesregierung seit 2006 die staatlichen Forschungs- und Innovationstätigkeiten ressortübergreifend bündelt.
Auch die Länder haben eigene, neue Strategien zur Stärkung der Innovationsstandorte entwickelt und erfolgreich umgesetzt; die Länderprogramme haben dabei nachhaltige Impulse gesetzt und teilweise modellbildend für die zukünftige Forschungs- und Innovationsförderung gewirkt.
Der wichtigste Player beim Erreichen des 3 %-Ziels ist mit rund zwei Dritteln aller FuE-Ausgaben in Deutschland nach wie vor die Wirtschaft. Auch sie hat ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung deutlich verstärkt: von 33,5 Mrd. Euro im Jahr 2000 auf 52,3 Mrd. Euro in 2012.
Förderung von Frauen in der Wissenschaft / ChancengerechtigkeitFast die Hälfte der Studierenden ist heutzutage weiblich, mehr als die Hälfte der Studienabschlüsse erfolgen durch Frauen – aber mit jeder weiteren Sprosse der wissenschaftlichen Karriereleiter nimmt dann der Frauenanteil deutlich ab. Die Überzeugung, dass sich dies grundlegend ändern muss, ist inzwischen Allgemeingut. Eine Pionierrolle kommt auf diesem Feld der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) zu: Seit 1987 und damit seit 28 Jahren ist die Herstellung von Chancengerechtigkeit in Wissenschaft und Forschung ein gemeinsames Anliegen von Bund und Ländern: zunächst in der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) und dann ab 2008 in deren Nachfolgeorganisation, der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK). Die GWK steht in dieser 28-jährigen Tradition als Vordenker und Treiber für mehr Chancengerechtigkeit. Immer wieder hat sie deutlich gemacht, dass sie von den Forschungsorganisationen erwartet, dass diese das Thema „Chancengerechtigkeit“ mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln vorantreiben. Die Forschungsorganisationen haben in den letzten Jahren zwar kontinuierliche, im Ergebnis aber nur begrenzte Steigerungen des Frauenanteils in Führungspositionen erreicht. Es bleibt eine zum Teil gravierende Unterrepräsentanz von Frauen insbesondere (aber nicht nur) in Leitungspositionen bestehen. Die Dynamik der erreichten Veränderungen ist daher immer noch nicht zufriedenstellend und die GWK sieht nach wie vor weiteren erheblichen Handlungsbedarf bei der Aufgabe, Frauen für die Wissenschaft zu gewinnen. Bereits im November 2011 hat die GWK die Forschungsorganisationen aufgefordert, flexible Zielquoten im Sinne des von der DFG empfohlenen Kaskadenmodells für die Gewinnung von weiblichem Nachwuchs und weiblichen Führungskräften einzuführen. Im Juni 2013 legten die Forschungsorganisationen der GWK erstmals ihre jeweiligen Zielquoten für das Jahr 2017 vor. Bund und Länder begrüßten in der GWK-Sitzung im Juni 2013 diesen Fortschritt, sie stellten jedoch zugleich fest, dass die jeweiligen Zielquoten noch nicht hinreichend sind, um mittelfristig eine angemessene Repräsentanz von Frauen in der Wissenschaft zu erreichen. Die GWK hat deshalb Nachjustierungen hinsichtlich der Ambitioniertheit der selbstgesetzten Ziele gefordert – die Ziele sollen so anspruchsvoll sein, dass sie rasche Effekte in der Gleichstellung auslösen können – und eine höhere Transparenz der Ableitung der jeweiligen Zielquoten und damit der Vergleichbarkeit der Modelle verlangt. Die Forschungsorganisationen haben daraufhin ihre Anstrengungen verstärkt. Im Juni 2015 konnte die GWK feststellen, dass viele der bereits eingeleiteten Maßnahmen nachhaltig wirken, aber erst langfristig greifen. Um in kürzeren Zeiträumen sichtbare Fortschritte in der Chancengerechtigkeit zu erzielen, hält die GWK – auch 2015 noch – weitere strukturelle
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Maßnahmen für erforderlich, die auf das Erreichen der Zielquoten hinwirken. Besondere Bedeutung kommt einer chancengerechten Personalentwicklung sowohl im Rahmen einer zielgerichteten Nachwuchsförderung als auch einer entsprechenden Berufungspolitik zu.
In den Hochschulen hat das 2007 von der GWK beschlossene Professorinnenprogramm zu dem notwendigen Bewusstseins- und Kulturwandel beigetragen: Bereits in seiner ersten Phase von 2008 bis 2012 hat es sich als Förderinstrument bewährt und eine enorme Dynamik ausgelöst. 260 Professorinnen konnten hierdurch zwischen 2008 und 2012 auf unbefristete W2- und W3-Stellen neu berufen werden. Damit hat sich der Anteil von Frauen bei den Professorenstellen seit dem Jahr 2000 etwa verdoppelt, von 10 auf 20 %. Aber auch in den Hochschulen ist das Ziel noch längst nicht erreicht. Deshalb hat die GWK im Juni 2012 beschlossen, das Professorinnenprogramm für weitere fünf Jahre (2013-2017) mit einem Finanzvolumen von 150 Mio. Euro zu verlängern. Die Mittel dafür werden je zur Hälfte von Bund und Ländern aufgebracht. Das Programm verfolgt eine Doppelstrategie: Zum einen geht es darum, im Hochschulbereich mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Zum anderen hat das Programm das Ziel, die gleichstellungspolitischen Strukturen an den Hochschulen zu stärken. Für die Bewerbung um die Förderung einer Professur mussten die Hochschulen ein Gleichstellungskonzept zur Begutachtung vorlegen. Erst bei dessen positiver Bewertung konnten Förderanträge für Professuren gestellt werden. An der ersten Ausschreibungsrunde zum Professorinnenprogramm II beteiligten sich 131 Hochschulen mit ihren Gleichstellungskonzepten, 96 wurden positiv bewertet. An der zweiten Ausschreibungsrunde beteiligten sich 184 Hochschulen aus allen Bundesländern, von denen 147 positiv bewertet wurden. Diese können nun im Rahmen des Programms jeweils maximal drei Professorinnen berufen, deren unbefristete W2- oder W3-Stellen in den ersten fünf Jahren jeweils über eine Anschubfinanzierung von bis zu 150.000 Euro jährlich finanziert werden. Mittel, die in den Hochschulen durch die Finanzierung der Professuren aus dem Programm frei werden, muss die Hochschule wiederum in ihre Gleichstellungsarbeit investieren.
Die notwendige Datengrundlage für all diese politischen Entscheidungen liefern die jährlichen Datenfortschreibungen der GWK zur Situation von Frauen in Hochschulen und außeruniversitären Forschungsorganisationen. Die GWK ist die einzige Stelle im nationalen Wissenschaftssystem, die dieses Datenmaterial regelmäßig sammelt und in Form von jährlichen Fortschreibungen transparent macht. Die GWK wird im Herbst 2015 die nunmehr „19. Fortschreibung des Datenmaterials (2013/2014) zu Frauen in Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen“ verabschieden. Das Datenmonitoring wird auch dieses Jahr punktuell Personenkennzahlen für Frauen nach Befristung und Teilzeit-/Vollzeitbeschäftigung differenziert darstellen. Während z. B. der Frauenanteil an Professuren insgesamt (Hochschulen) bei 21,3 % liegt, beträgt ihr Anteil an befristeten Professuren 30,0 % und ihr Anteil an Professuren in Teilzeit 29,3 %. Auch diese neueste Fortschreibung unterstreicht, dass trotz leichter Verbesserungen das Ziel der angemessenen Repräsentanz von Frauen auf allen Ebenen der Wissenschaft, insbesondere in Leitungspositionen, bei Weitem noch nicht erreicht ist.
Gesundheitsforschung: Die Nationale KohorteKrebs, Diabetes, Herz-Kreislauf-Krankheiten, Demenz: Viele der verbreiteten Volkskrankheiten geben immer noch Rätsel auf. Ihre Ursachen zu erforschen, Risikofaktoren zu finden und wirksame Vorbeugung zu betreiben wird künftig mithilfe der „Nationalen Kohorte“ leichter möglich
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sein. Im Juni 2012 haben Bund und Länder in der GWK den Aufbau dieser bundesweiten medizinischen Langzeitstudie mit 200.000 Probanden beschlossen. Das Fördervolumen beträgt in einem Zeitraum von zehn Jahren 210 Millionen Euro, davon werden 140 Millionen Euro von Bund und Ländern im Verhältnis 75:25 finanziert, weitere 70 Millionen Euro trägt die gemeinsam finanzierte Helmholtz-Gemeinschaft bei. Die Probanden werden regelmäßig medizinisch untersucht und deren Lebensgewohnheiten und Lebensumstände erfasst. Die dadurch gewonnenen neuen Erkenntnisse über den Einfluss von Genen, Umweltbedingungen und Lebensstil auf die Entstehung von Volkskrankheiten werden die Möglichkeiten zur Vorbeugung und Behandlung dieser Erkrankungen erheblich verbessern. Die beteiligten Einrichtungen – Hochschulen und außerhochschulische Forschungseinrichtungen – haben mittlerweile einen Verein, den Nationale Kohorte e.V., gegründet. Am 1. Oktober 2014 startete offiziell die Hauptphase, in der mittlerweile alle 18 Studienzentren mit den Untersuchungen der Probanden begonnen haben.
Rat für InformationsinfrastrukturenDie GWK hat im November 2013 die Einrichtung eines Rats für Informationsinfrastrukturen als vierjähriges Pilotprojekt beschlossen. Er soll die bestehenden Aktivitäten in diesem zentralen Wissenschaftsbereich besser aufeinander abstimmen und sie miteinander verzahnen. Er soll sich auf der Systemebene den strategischen Zukunftsfragen widmen, die Selbstorganisationsprozesse in der Wissenschaft stärken und Kooperationsmöglichkeiten ausloten. Der Rat wird Wissenschaft und Politik in Fragen der Weiterentwicklung der Informationsinfrastrukturen beraten. Dem 24-köpfigen Gremium gehören sowohl Nutzer und Betreiber von wissenschaftlichen Informationsstrukturen als auch öffentliche Zuwendungsgeber und Personen des öffentlichen Lebens an. Die Finanzierung des Rates erfolgt gemeinsam durch Bund und Länder. Die konstituierende Sitzung fand am 3. November 2014 in Göttingen statt, wo auch eine Geschäftsstelle eingerichtet wurde. Im Jahr 2015 finden insgesamt drei Sitzungen des Rates statt.
Gemeinsame BerufungenDie GWK hat 2014 den Bericht „Gemeinsame Berufungen von leitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern durch Hochschulen und außerhochschulische Forschungseinrichtungen“ unter Berücksichtigung der seit 2008 eingetretenen rechtlichen und tatsächlichen Entwicklungen fortgeschrieben. In der neuen Veröffentlichung werden die weit verbreiteten Grundmodelle gemeinsamer Berufungen skizziert und bei der Vereinbarung gemeinsamer Berufungen häufig auftretende dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtliche Aspekte erörtert. Es werden auch Hinweise gegeben, wie die Hochschule und die Forschungseinrichtung vorgehen können, wenn eine ursprünglich durch eine Gemeinsame Berufung vereinbarte Kooperation sich so nicht fortsetzen lässt. Dem Bericht ist ein Muster für eine Kooperationsvereinbarung beigefügt.
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Helmholtz-GemeinschaftMehr denn je ist die Wissenschaft gefordert, ihren Beitrag zur Lösung der großen und drängenden Probleme der Menschheit zu leisten. Aufgabe der Helmholtz-Gemeinschaft ist es, die langfristig entscheidenden Themen frühzeitig zu erkennen und zu bearbeiten. Vor diesem Hintergrund unternimmt sie alle fünf Jahre eine Überprüfung ihres Forschungsportfolios durch die Begutachtungen im Rahmen der Programmorientierten Förderung. Die Jahre 2013 und 2014 standen ganz im Zeichen dieser Evaluation, die für alle sechs Forschungsbereiche erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Daher ist die Gemeinschaft im Berichtszeitraum mit den neuen, zukunftsrelevanten Programmen in die nächste Förderperiode gestartet. Zusätzlich zu den 30 Forschungsprogrammen, in denen die Gemeinschaft etliche aus Mitteln des Pakts für Forschung und Innovation initiierte Forschungsschwerpunkte nachhaltig weiterverfolgt, werden in 18 Querschnittsaktivitäten programmübergreifend neue, gesellschaftlich relevante Themen bearbeitet.
Die Forschungsleistungen im Berichtszeitraum bestätigen die hervorragenden Evaluations-ergebnisse: Zahlreiche international renommierte Preise für Helmholtz-Forscherinnen und Forscher, darunter der Nobelpreis für Stefan Hell (Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie und Deutsches Krebsforschungszentrum), der Leibniz-Preis für Henry Chapman (Deutsches Elektronen Synchrotron) und der Breakthrough Prize in Life Sciences für Emmanuelle Charpentier, insgesamt 17 der renommierten Grants des European Research Council, Spitzenplätze in zwei bedeutsamen bibliometrischen Ranglisten, die die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit der international TOP 200 Forschungsorganisationen abbilden und die von der Nature Publishing Group veröffentlicht werden sowie die maßgebliche Beteiligung an international sichtbaren Projekten wie der Rosetta/Philae-Mission kann die Gemeinschaft verzeichnen.
Auch für die Forschungsinfrastrukturen der Helmholtz-Gemeinschaft war 2014 ein wichtiges Jahr: Bei der Kernfusionsanlage Wendelstein 7-X und beim European XFEL wurden zentrale Meilensteine auf dem Weg zur Inbetriebnahme erreicht.
Die für die Vernetzung mit Partnern aus der Wirtschaft und zur Weiterentwicklung des Technologietransfers in den letzten Jahren eingeführten Maßnahmen sind gut etabliert und zeigten im letzten Jahr erfreuliche Ergebnisse. Flankierend hat die Helmholtz-Gemeinschaft 2014 sich verstärkt dem Ausbau des Wissenstransfers gewidmet und ein Eckpunktepapier zur strategischen Weiterentwicklung dieses Bereichs erarbeitet. Um exzellente Köpfe für die Forschung und die Weiterentwicklung der Organisation zu gewinnen, sind Nachwuchs-förderung und Talentmanagement auch weiterhin strategische Schwerpunkte für die Helmholtz-Gemeinschaft. Neben neuen Ausschreibungsrunden der Nachwuchsförderprogramme und der Rekrutierungsinitiative zur Gewinnung von herausragenden etablierten Forscherinnen und Forschern wurden ebenso umfassende Evaluationen von Programmlinien sowie der erfolgreiche Ausbau der Helmholtz-Akademie zu einem einzigartigen Anbieter wissenschaftsspezifischer Führungskräftetrainings umgesetzt.
Evaluation und strategische Erschließung von Forschungsbereichen2014 hat die Helmholtz-Gemeinschaft die insgesamt dritte Runde der Evaluierung ihrer Forschungsprogramme erfolgreich abgeschlossen und sich damit sowohl im internationalen
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Bericht Kanzlertagung 2015
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Kanzler-Jahrestagung 2015
- Bericht der Helmholtz-Gemeinschaft -
Mehr denn je ist die Wissenschaft gefordert, ihren Beitrag zur Lösung der großen und
drängenden Probleme der Menschheit zu leisten. Aufgabe der Helmholtz-Gemeinschaft ist
es, die langfristig entscheidenden Themen frühzeitig zu erkennen und zu bearbeiten. Vor
diesem Hintergrund unternimmt sie alle fünf Jahre eine Überprüfung ihres
Forschungsportfolios durch die Begutachtungen im Rahmen der Programmorientierten
Förderung. Die Jahre 2013 und 2014 standen ganz im Zeichen dieser Evaluation, die für alle
sechs Forschungsbereiche erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Daher ist die
Gemeinschaft im Berichtszeitraum mit den neuen, zukunftsrelevanten Programmen in die
nächste Förderperiode gestartet. Zusätzlich zu den 30 Forschungsprogrammen, in denen die
Gemeinschaft etliche aus Mitteln des Pakts für Forschung und Innovation initiierte
Forschungsschwerpunkte nachhaltig weiterverfolgt, werden in 18 Querschnittsaktivitäten
programmübergreifend neue, gesellschaftlich relevante Themen bearbeitet.
Die Forschungsleistungen im Berichtszeitraum bestätigen die hervorragenden
Evaluationsergebnisse: Zahlreiche international renommierte Preise für Helmholtz-
Forscherinnen und Forscher, darunter der Nobelpreis für Stefan Hell (Max-Planck-Institut für
biophysikalische Chemie und Deutsches Krebsforschungszentrum), der Leibniz-Preis für
Henry Chapman (Deutsches Elektronen Synchrotron) und der Breakthrough Prize in Life
Sciences für Emmanuelle Charpentier, insgesamt 17 der renommierten Grants des
European Research Council, Spitzenplätze in zwei bedeutsamen bibliometrischen
Ranglisten, die die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit der international TOP 200
Forschungsorganisationen abbilden und die von der Nature Publishing Group veröffentlicht
werden sowie die maßgebliche Beteiligung an international sichtbaren Projekten wie der
Rosetta/Philae-Mission kann die Gemeinschaft verzeichnen.
Auch für die Forschungsinfrastrukturen der Helmholtz-Gemeinschaft war 2014 ein
wichtiges Jahr: Bei der Kernfusionsanlage Wendelstein 7-X und beim European XFEL
wurden zentrale Meilensteine auf dem Weg zur Inbetriebnahme erreicht.
Die für die Vernetzung mit Partnern aus der Wirtschaft und zur Weiterentwicklung des
Technologietransfers in den letzten Jahren eingeführten Maßnahmen sind gut etabliert und
zeigten im letzten Jahr erfreuliche Ergebnisse. Flankierend hat die Helmholtz-Gemeinschaft
2014 sich verstärkt dem Ausbau des Wissenstransfers gewidmet und ein Eckpunktepapier
zur strategischen Weiterentwicklung dieses Bereichs erarbeitet.
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Wettbewerb positioniert als auch auf die kommende Paktperiode vorbereitet. Dieser im fünf-Jahres-Rhythmus wiederkehrende peer review der Programmorientierten Förderung stellt einen wichtigen internationalen Vergleich dar, der in der aktuellen Runde deutlich zeigt, dass die Helmholtz-Gemeinschaft mit ihrer Forschung wichtige Themenfelder hervorragend besetzt. Die internationalen Gutachter haben allen Programmen sehr gute bis exzellente Forschungsleistungen bescheinigt.
Die Arbeit der Helmholtz-Gemeinschaft ist der Aufgabe gewidmet, Forschung mit gesellschaftlicher Relevanz zu betreiben und den großen Herausforderungen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft zu begegnen. Die grundfinanzierte Forschung ist in Programmen organisiert, die auf diese Mission ausgerichtet sind. Die Entwicklung der Programme auf der Basis forschungspolitischer Vorgaben und ihre Bewertung unter den Maßgaben wissenschaftlicher Qualität und strategischer Relevanz stellt die Ausrichtung der Forschung auf den gesellschaftlichen Bedarf sicher. Nach den Begutachtungen in den Forschungsbereichen Erde und Umwelt, Gesundheit sowie Luftfahrt, Raumfahrt und Verkehr in 2013 wurden im Jahr 2014 die Programmvorschläge für die drei anderen Forschungsbereiche Energie, Schlüsseltechnologien und Struktur der Materie strategisch begutachtet und Hinweise für zukünftige Entwicklungsrichtungen gegeben. Damit sind alle sechs Forschungsbereiche für die nächsten fünf Jahre aufgestellt. Sie führen erfolgreiche und als exzellent bewerte Themen weiter und setzen Schwerpunkte bei relevanten Zukunftsthemen.
Beispiel: Gesundheit HZI aktiv im Kampf gegen Ebola
Das Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung (HZI) beteiligt sich aktiv am Kampf gegen Ebola und koordiniert ein Teilprojekt einer deutschen Initiative. Die aktuelle Ebola-Epidemie hat gezeigt, wie schnell aus einem Virus-Ausbruch eine globale Krise werden kann. Um den Kampf gegen die Epidemie zu unterstützen, hat das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) das Konsortium, EBOKON, initiiert. Der Verbund will die Ebola-Forschung fördern, um Wissenslücken schnell zu schließen. EBOKON läuft bis Ende 2015 und wird mit 2,3 Millionen Euro vom BMBF gefördert. Im Rahmen des vom HZI in Braunschweig koordinierten Projekts „Surveillance of Ebola Virus Disease by Real-Time Data Transmission in Nigeria“ entwickeln deutsche und nigerianische Wissenschaftler gemeinsam ein neues System namens SORMAS, bei dem zentral miteinander vernetzte Mobiltelefone als Steuerungsinstrumente dienen, um Infektionsschutzmaßnahmen ohne Zeitverlust einzusetzen.
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Beispiel: Luftfahrt, Raumfahrt, Verkehr Rosetta/Philae-Mission
Rosetta ist eine Mission der europäischen Weltraumorganisation ESA unter maßgeblicher Beteiligung des DLR und erforscht die Entstehungsgeschichte unseres Sonnensystems. Hierzu untersucht sie einen Kometen als ältesten und ursprünglichsten Himmelskörper. Die Mission war ein großer Erfolg, da Philae die geplanten Experimente durchführen und Daten zur Erde senden konnte. Zudem nimmt das Mutterschiff Rosetta zahlreiche Untersuchungen bei seinen Umrundungen des Kometen vor.
Evaluation und Ausbau der Forschungsinfrastrukturen Planung, Bau, Betrieb von und Forschung mit großen wissenschaftlichen Infrastrukturen sind ein wesentlicher Teil der Helmholtz-Mission. Indem diese Forschungsplattformen auch der nationalen und internationalen Wissenschaftsgemeinde zur Verfügung gestellt werden, übernimmt die Helmholtz-Gemeinschaft in diesem Bereich auch eine wesentliche Dienstleistungsfunktion im Wissenschaftssystem.
Die drei aktuell sich im Bau befindenden Forschungsinfrastrukturen an Helmholtz-Zentren – zwei internationale Beschleunigerzentren und ein Großexperiment der Fusionsforschung – haben in 2014 weitere entscheidende Entwicklungsschritte erfahren: Die Kernfusionsanlage Wendelstein 7-X des Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), assoziiertes Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, wurde nach einer neunjährigen Bauzeit fertiggestellt, die Vorbereitungen für die Betriebsphase laufen auf Hochtouren. Die Greifswalder Forschungsanlage soll 2015 erstmals heißes Fusionsplasma erzeugen. Ebenso konnten beim European XFEL am DESY erste erfolgreiche Test am Röntgendetektor durchgeführt werden. Zusätzliche Unterstützung hat das Projekt auch durch die Verleihung des Leibniz-Preises an Henry Chapman erfahren. Chapman hat mit der seriellen Femtosekunden-Kristallografie eine Methode bis zur Anwendungsreife entwickelt, die mit Hilfe von Röntgenlasern wie dem European XFEL die Struktur komplizierter Biomoleküle in ihrer natürlichen Umgebung atomgenau entschlüsseln kann. Das Preisgeld wird er dazu nutzen, seine Forschung mit der XFEL-Anlage zu vertiefen.
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Vernetzung im Wissenschaftssystem
Die programmorientierte Struktur der Helmholtz-Forschung ist bereits von ihrem Grundsatz her auf die disziplinen- und einrichtungsübergreifende Zusammenarbeit zur Lösung gemeinsamer Forschungsfragen ausgerichtet. Diese Zusammenarbeit umfasst mittlerweile eine Vielzahl von weitreichenden Kooperationen mit anderen Wissenschaftsinstitutionen.
Das Ziel des Pakts für Forschung und Innovation, Wissenschaftseinrichtungen mit gemeinsamen Forschungsinteressen eng zu vernetzen, ist auch ein strategisches Ziel der Helmholtz-Gemeinschaft. Durch die Helmholtz-Institute etwa stärken Außenstellen von Helmholtz-Zentren auf dem Campus bestimmte Forschungsschwerpunkte der betreffenden Universität. Die besondere Leistung der Helmholtz-Gemeinschaft für die so entstehenden Netzwerke ist die Koppelung von thematisch einschlägiger Forschungskompetenz mit der Fähigkeit, Großprojekte methodisch und organisatorisch maßgeblich zu unterstützen.
Beispiel HI MS
Das Forschungszentrum Jülich, die Westfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU Münster) und die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH Aachen) haben im Sommer 2014 das HI Münster „Ionics in Energy Storage“ gegründet, um mit den Kompetenzen aller drei Partner Lösungen für zukünftige stationäre elektrochemische Speicherkonzepte zu erarbeiten. Im Zentrum des gemeinsam gegründeten Helmholtz-Instituts Münster (HI MS), das als Außenstelle des Forschungszentrums Jülich betrieben wird, steht die Untersuchung von Elektrolyten – dem wichtigsten Bestandteil jeder Batterie. Das HI MS soll dazu beitragen, die Entwicklung von Speichertechnologien entscheidend voranzutreiben. Es wird eng mit dem etablierten Helmholtz-Institut Ulm für elektrochemische Energiespeicherung kooperieren, dabei das Portfolio der Energiespeicherforschung ergänzen und die Vernetzung der Aktivitäten zwischen der Helmholtz-Gemeinschaft und den Universitäten stärken.
Ein wesentliches Element für die gemeinsame Weiterentwicklung der Helmholtz-Gemein-schaft und ihrer Partner sind Initiativen zur Netzwerkbildung, für die der Impuls- und Vernetzungsfonds mit seinen auf Forschungsverbünde ausgerichteten Förderinstrumenten Starthilfe leistet. Dazu gehören insbesondere die Helmholtz-Allianzen und die Helmholtz-Virtuellen Institute. In den Helmholtz-Allianzen setzen Helmholtz-Zentren mit Universitäten und außeruniversitären Partnern ihre gebündelte Kompetenz ein, um in strategisch wichtigen Forschungsfragen rasch Fortschritte und internationale Sichtbarkeit zu erreichen. Ziel ist die strategische Weiterentwicklung der Profile der beteiligten Helmholtz-Zentren und im Erfolgsfall
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die Überführung in ein Forschungsprogramm der Helmholtz-Gemeinschaft oder eine andere nachhaltige Struktur. Die Helmholtz-Virtuellen Institute sind im Vergleich zu den Helmholtz-Allianzen kleinere Verbünde, die flexibel angelegt sind und genutzt werden sollen, um spezifische Forschungsthemen gemeinsam mit universitären Partnern neu aufzugreifen und internationale Kompetenzen einzubeziehen. Sie sind nicht notwendiger Weise langfristig strukturbildend, sondern haben stärker Projektcharakter.
Helmholtz treibt die standortbezogene Kooperation mit Universitäten und anderen Partnern in vielfältiger Weise voran: An international sichtbaren Profilstandorten wird die Spitzenforschung der Partner zusammengeführt. Viele weitere spezifische Kooperationsformen, z.B. in der Nutzung von Forschungsinfrastrukturen oder in der Nachwuchsförderung, führen komplementäre Stärken von Helmholtz-Zentren und Partnern in der Region zusammen.
Beispiel: Ausbau des Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg und weiterer NCT-Standort in Dresden
Mit einer markanten Förderung durch den Bund und das Land Baden-Württemberg wird das NCT ab 2015 erheblich ausgebaut. Vorrangiges Ziel ist es, im NCT ein hoch innovatives Programm der individualisierten Krebsmedizin umzusetzen. Flankierend dazu sollen weitere Profilbereiche mit wissenschaftlicher und klinischer Exzellenz aufgebaut werden. Der NCT-Ausbau soll dazu beitragen, Deutschland eine Position in der Spitzengruppe der translationalen Krebsforschung und individualisierten Krebsmedizin zu sichern. In Absprache mit der Bundesregierung und dem Freistaat Sachsen wird das DKFZ in enger Kooperation mit dem Universitätsklinikum Dresden und dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf auch einen NCT-Partnerstandort Dresden aufbauen.
Ausbau des Wissens- und Technologietransfers Wesentlicher Bestandteil der Mission der Helmholtz-Gemeinschaft ist der Transfer von Wissen und Technologien in Gesellschaft und Wirtschaft. Zur Helmholtz-Mission gehören die nutzeninspirierte, langfristig orientierte Grundlagenforschung und die anwendungsorientierte Forschung gleichermaßen. Durch den Transfer und die Verwertung von Ergebnissen dieser Forschung nimmt die Helmholtz-Gemeinschaft eine wichtige Funktion im Innovationsgeschehen wahr und trägt maßgeblich zur Zukunftsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft bei.
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Im Berichtsjahr ist als neue Technologietransferstrategie das „Eckpunktepapier zur strategischen Weiterentwicklung des Technologietransfers in der Helmholtz-Gemeinschaft“ erarbeitet und im April 2014 von den Mitgliedern verabschiedet worden. Daran anschließend wurden die wesentlichen strategischen Eckpunkte in den Bereichen Transferkultur und Anreize, Transfer als Teil der Forschung sowie Professionalisierung dokumentiert und prioritäre Maßnahmen entwickelt. Darauf aufbauend ist das Konzept „Helmholtz im Innovationsgeschehen“ im Rahmen der PAKT-Selbstverpflichtungen entstanden, das neben der neuen Maßnahme „Helmholtz Innovation Labs“ auch die Finanzierung von Innovationsfonds an den Helmholtz-Zentren umfasst. Auch in den Helmholtz-Zentren sind 2014 spezifische Transferstrategien entwickelt und umgesetzt worden. In den unterschiedlich großen und auch in Bezug auf die Verwertbarkeit heterogen aufgestellten Helmholtz-Zentren unterstützen mittlerweile ca. 150 Expertinnen und Experten den Transfer und die Verwertung von Technologien.
Zentrales Element des Technologietransfers auf Gemeinschaftsebene ist der Helmholtz-Validierungsfonds. Seit 2011 unterstützt die aus dem Impuls- und Vernetzungsfonds finanzierte Maßnahme die Weiterentwicklung vielversprechender Technologien zu kommerzialisierbaren Produkten bzw. Dienstleistungen. Zielstellung der Zuwendung ist, die Finanzierungslücke auf dem Weg zum Markt zu schließen, eine Wertsteigerung von Forschungsergebnissen innerhalb der Zentren zu ermöglichen und im Erfolgsfall an einem Rückfluss zu partizipieren. In den zwei Auswahlrunden im Berichtszeitraum wurden durch das Entscheidungsboard sechs neue Vorhaben ausgewählt. Damit steigt die Anzahl der durch den Fonds geförderten Vorhaben auf 21 Projekte. Der Helmholtz-Validierungsfonds wurde im Juni 2014 von einer externen Expertenkommission evaluiert. Die Erfolge der Projekte und des professionellen Auswahl- und Begleitungsprozesses wurden auch vom Evaluationsgremium gewürdigt, so dass im Ergebnis eine Fortsetzung und Ausweitung der Validierungsförderung empfohlen wurde.
Gemeinsame Dialogplattformen und Research Days Zielgerichtete Unterstützung bieten die seit 2012 aufgebauten Dialogplattformen und Veranstaltungsreihen, wie die Innovation Days, die Start-up Days, der CTO-Kreis und die Research Days. Während die drei erst genannten Plattformen auf Initiative der Helmholtz-Gemeinschaft ins Leben gerufen wurden und mittlerweile gemeinsam mit den drei anderen PAKT-Organisationen Leibniz-Gemeinschaft, Fraunhofer-Gesellschaft und Max-Planck-Gesellschaft durchgeführt werden, sind die Research Days ein Veranstaltungsformat, das zur Interaktion zwischen einem Unternehmen und den Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft entwickelt wurde. Im Berichtsjahr wurden Research Days im Mai 2014 mit der Robert Bosch GmbH und im November 2014 mit Magna International durchgeführt. Die Research Days richten sich als Open Innovation Event an einzelne Unternehmen, und es wird auf Basis eines Calls for Proposals ein hohes Maß an Passfähigkeit zwischen den Angeboten der Helmholtz-Forscher und der Nachfrage der Unternehmen gewährleistet.
Förderung von Talentmanagement und Chancengleichheit Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist ein zentraler Teil der Zukunftssicherung der Helmholtz-Gemeinschaft und des Wissenschaftsstandorts Deutschland insgesamt und daher Teil der Mission von Helmholtz. Um an allen Stationen der Talentkette den besten Nachwuchskräften attraktive Bedingungen zu bieten, hat die Helmholtz-Gemeinschaft
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deshalb in Ergänzung zur Nachwuchsförderung in den Helmholtz-Zentren übergreifende Fördermaßnahmen im Rahmen des Impuls- und Vernetzungsfonds konzipiert und mit Mitteln aus dem Pakt für Forschung und Innovation unterstützt. Für die Umsetzung ist die enge Zusammenarbeit mit Partneruniversitäten Standard. Ziel aller Maßnahmen ist es, junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der entscheidenden Entwicklungsphase optimal unterstützen und die besten Köpfe in der Wissenschaft zu halten. Dabei ist es wichtig, einzelne Bausteine in ein abgestimmtes, teilweise auch konsekutives Qualifizierungskonzept zu integrieren. Dieser Ansatz spiegelt sich in den Förderinstrumenten für die Nachwuchskräfte wider.
Das wissenschaftliche Führungspersonal einer Forschungsorganisation, von den Nachwuchsgruppenleitenden bis hin zu den Professorinnen und Professoren, ist nicht nur für ihre wissenschaftliche Leistungsfähigkeit ausschlaggebend, sondern auch für ihre Fähigkeit zur Strategie- und Organisationsentwicklung. Gerade in einer Organisation wie der Helmholtz-Gemeinschaft mit ihrer Programmorientierung und ihren oft großen und multidisziplinären wissenschaftlichen Teams ist nicht nur die wissenschaftliche Exzellenz eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche Forschung, sondern auch die Fähigkeit zu führen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf gemeinsame Ziele auszurichten. Die Helmholtz-Gemeinschaft hat sich deshalb zwei Schwerpunkte mit Blick auf ihr Führungspersonal gesetzt: Die Gewinnung der Besten weltweit für die Aufgaben der Gemeinschaft und die Stärkung eines professionellen Führungs- und Managementverständnisses bei den leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Helmholtz-Gemeinschaft58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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Die Helmholtz-Gemeinschaft widmet daher einen Teil des Aufwuchses aus dem Pakt für Forschung und Innovation dezidiert der Gewinnung von Spitzenforschern, vor allem aber von Spitzenforscherinnen. Die Initiative startete 2012. Für die Zeit von 2013 bis 2017 stehen 118 Mio. Euro für diesen Zweck zur Verfügung. Entsprechend der Ausschreibung konnten für Berufungen im Zeitraum 2012 bis 2014 insgesamt 52 Rekrutierungsvorschläge positiv entschieden werden. Bislang wurden in diesem Rahmen 20 Berufungsverfahren erfolgreich abgeschlossen.
Seit 2007 bietet die Helmholtz-Akademie für Führungskräfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeinschaft aus Wissenschaft und Administration ein Lehrangebot im Bereich des General Management, in dessen Rahmen Grundbegriffe und Werkzeuge von und für Führung vermittelt werden. Das Lehrangebot ist passgenau auf verschiedene Zielgruppe zugeschnitten und erfährt durch die Arbeit mit authentischen Materialien und Fällen aus der Praxis einen hohen Wissenschaftsbezug. Ferner bietet die Akademie über die Programme hinaus mit der Online-Plattform HelmholtzConnect umfassende Möglichkeiten der Vernetzung. Die Akademie leistet damit einen Beitrag zur Entwicklung eines einheitlichen Management- und Führungsverständnisses innerhalb der Helmholtz-Gemeinschaft.
Insgesamt haben 2014 über die verschiedenen Zielgruppen hinweg 120 Personen an den Programmen der Helmholtz-Akademie teilgenommen – nicht nur aus der Helmholtz-Gemeinschaft selbst, sondern auch aus wissenschaftlichen Partnerorganisationen und Bundesministerien, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Programme ebenfalls offenstehen. Den Teilnehmenden der Helmholtz-Akademie wird im Rahmen der Programme ebenfalls ermöglicht, Mentoring- und Coaching-Angebote in Anspruch zu nehmen. Zu diesem Zweck wurde im Jahr 2014 ein Pool mit 26 Coaches eingerichtet. Im Mai 2014 veranstaltete die Helmholtz-Gemeinschaft in Kooperation mit der Schleyer-Stiftung, der Heinz Nixdorf-Stiftung und der Universität Heidelberg das X. Symposium Hochschulreform zum Thema „Führen(d) in der Wissenschaft – Sind Erfolge in der Wissenschaft auch eine Frage von Führung?“. Ziel der Veranstaltung mit über 300 Teilnehmenden war es, sich über Erfahrungen und neuen Ideen auszutauschen und zugleich Impulse für eine erfolgreiche Umsetzung von strategischen Führungsaufgaben zu geben.
Die Förderung exzellenter Köpfe, deren Unterstützung auf dem beruflichen Weg sowie das langfristige und systematische „Karriere-Tracking“ sind wichtige Anliegen der Talentförderung der Helmholtz-Gemeinschaft. Ein neues Instrument in diesem Kontext ist das neue soziale Netzwerk der Helmholtz-Gemeinschaft, Helmholtz & Friends. Es steht allen aktuellen und ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Geförderten wie auch anderweitig mit Helmholtz verbundenen Personen offen. Helmholtz & Friends bietet kollegialen Austausch zu Themen rund um Führen in der Wissenschaft, Talentmanagement und Karriereplanung.
Die Förderung von Frauen ist ein Ziel, das die Helmholtz-Gemeinschaft schon seit geraumer Zeit verfolgt. In ihrer Paktselbstverpflichtung für die Paktperiode ab 2016 hat sich die Gemeinschaft erneut dazu bekannt, gezielt exzellente Wissenschaftlerinnen zu rekrutieren sowie Führungspositionen mit Frauen zu besetzen. Die vielfältigen Aktivitäten der Helmholtz-Gemeinschaft zur Förderung von Frauen konzentrieren sich auf drei große Handlungsfelder: Rekrutierung, Weiterentwicklung und Vernetzung.
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Die bereits erwähnte Rekrutierungsinitiative, wendet sich nicht ausschließlich, aber gezielt an Wissenschaftlerinnen. Angestrebt wurde eine Quote von mindestens 30 % Frauen, die bisher deutlich übererfüllt werden konnte: Bis Ende Februar 2015 liefen im Rahmen der Initiative Verhandlungen zur Gewinnung von 52 Forscherpersönlichkeiten, davon 35 Wissenschaftlerinnen. Von den bereits 22 Berufenen sind 14 Frauen. Ein weiteres Instrument zur Gewinnung hervorragender Wissenschaftlerinnen für Führungspositionen sind die aus dem Impuls- und Vernetzungsfonds geförderten W2/W3-Professuren für exzellente Wissenschaftlerinnen. Im Unterschied zur Rekrutierungsinitiative ist dieses Instrument exklusiv Frauen vorbehalten und fokussiert darauf, die Erstberufung exzellenter Wissenschaftlerinnen zu unterstützen. 2014 konnte in einem hochkompetitiven Verfahren vier herausragenden Forscherinnen der Sprung auf die Professur ermöglicht werden.
Im 2012 neu etablierten Helmholtz Postdoc-Programm ist eine Mindestquote von 50 % für die Besetzung der jährlich maximal 20 Stellen mit Frauen vorgesehen. Auch 2014, in der 3. Ausschreibungsrunde, konnte diese Quote übererfüllt werden: 11 der 19 vergebenen Stellen gingen an Nachwuchswissenschaftlerinnen.
Ein wichtiger und gut etablierter Baustein der Weiterentwicklung des weiblichen Führungs-nachwuchses in der Helmholtz-Gemeinschaft ist das Mentoring-Programm „In Führung gehen“. 2014 startete bereits der 10. Jahrgang des Programms. Wissenschaftlerinnen nach der Promotion und Mitarbeiterinnen des kaufmännisch-administrativen Bereichs auf vergleichbaren Karrierestufen können sich für das Programm bewerben. Das Programm erfreut sich großer Beliebtheit: Im Frühjahr 2014 haben sich 90 Helmholtz-Mitarbeiterinnen auf die 30 verfügbaren Plätze beworben.
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Hochschulrektorenkonferenz
Finanzielle und rechtliche Rahmenbedingungen
HochschulfinanzierungDie Gesetzgebung hat im Jahr 2014 ihren Worten Taten folgen lassen und die langjährige Forderung der HRK nach einer Lockerung des sogenannten Kooperationsverbots in Art. 91b GG umgesetzt. Damit wurde eine wesentliche Voraussetzung für die Stärkung der Hochschulen und der Wissenschaft in Deutschland geschaffen. Allerdings zeichnet sich noch nicht endgültig ab, wie die neu geschaffene Möglichkeit eines finanziellen Engagements des Bundes bei der Grundfinanzierung der Hochschulen umgesetzt werden wird.
Mit den sogenannten Pakten für die Wissenschaft hat die öffentliche Hand ihre Aufwendungen für den Wissenschaftsbereich in den letzten sieben Jahren kontinuierlich gesteigert. Der Hochschulpakt ermöglichte die Öffnung der Hochschulen für die starke zusätzliche Nachfrage nach Studienplätzen, die Exzellenzinitiative trug zur Erhöhung der Drittmittel bei.
Nachdem die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) bereits einen Grundsatz-beschluss zur Fortsetzung des Hochschulpakts für 2016 bis 2020 gefasst hatte, legte sie sich im Oktober 2014 auf eine Konkretisierung fest. Danach wird der Bund auf der Basis der Prognose der Kultusministerkonferenz (KMK) von 2014 und der bisherigen Parameter seinen Beitrag zur Finanzierung künftiger Studienplätze leisten. Die Mittel, die gegenwärtig im Rahmen der Exzellenzinitiative bereitgestellt werden, sollen über das Jahr 2017 hinaus in den Hochschulbereich fließen. Über die genaue Ausgestaltung des Nachfolgeprogramms soll nach Vorliegen der Evaluationsergebnisse der internationalen Expertenkommission entschieden werden.
Die HRK hat in ihrer Mitgliederversammlung im Mai 2015 für eine dauerhafte, wettbewerbliche Fortführung der Exzellenzinitiative plädiert und die Grundzüge eines Nachfolge-programms skizziert. Sie hat dabei betont, dass das zentrale Prinzip der Vergabe der Mittel ausschließlich die wissenschaftliche Exzellenz sein muss und durch weltweit anerkannte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erfolgen muss. Beibehalten werden sollen auch die drei bisherigen Förderlinien, allerdings sollen die Fördermittel für die institutionellen Rahmenbedingungen (bisher Zukunftskonzepte) nicht mehr den Erfolg in den anderen Förderlinien voraussetzen.
Der Bund übernimmt ab 2016 die Finanzierung des BAföG, die bisher von Bund und Ländern gemeinsam aufgebracht worden war. Der Bund drückte seine Erwartung aus, dass die Länder die Entlastungsmittel zur Verbesserung der Grundfinanzierung von Schulen und Hochschulen einsetzen. Die HRK hat gefordert, die Mittel aus dem Studierenden-BAföG, die etwa zwei Drittel der Gesamtsumme ausmachen, zur Verbesserung der Grundfinanzierung der Hochschulen einzusetzen. Dieser Forderung kamen aber nur einige Länder nach. Hessen erklärte frühzeitig, es werde die Mittel in vollem Umfang für die Hochschulen verwenden. Auch Bayern, das Saarland, Sachsen und Rheinland-Pfalz wollen zumindest den überwiegenden Teil in den Hochschulbereich zurückfließen lassen. Andere Länder teilen die Mittel je zur Hälfte auf Schulen und Hochschulen auf, Schleswig-Holstein und Hamburg planen eine ausschließliche Verwendung für den Schulbereich. Allerdings werden die Mittel nur zum Teil für die Verbesserung der Grundfinanzierung, z.B. durch Bildung von Fonds oder Sondervermögen,
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eingesetzt. Stattdessen dienen sie überwiegend der Gegenfinanzierung von Bund-Länder-Programmen, vor allem des Hochschulpakts. Die Hoffnungen auf eine nachhaltige Verbesserung der Grundfinanzierung durch die veränderte Finanzierung des BAföGs erfüllen sich also nicht.
StudienfinanzierungDie HRK hat sich auch in den Diskussionsprozess um die künftige Ausgestaltung des BAföG eingebracht. In einer Stellungnahme hat die HRK betont, dass sie eine Weiterentwicklung des BAföG im Sinne des Lebenslangen Lernens und des Bologna Prozesses befürwortet. Vor diesem Hintergrund hat sich die HRK u. a. für eine Ausweitung der Altersgrenzen im BAföG sowie für dessen Anpassung an flexible Studienstrukturen ausgesprochen und einen unter Fördergesichtspunkten lückenlosen Übergang vom Bachelor zum Masterstudium gefordert. Außerdem plädiert die HRK bereits seit Jahren für eine regelmäßige Anpassung der Förder- und Bedarfssätze. Mit der kompletten Übernahme des BAföG durch den Bund erhofft sich die HRK eine entsprechende Verbesserung. In der jetzigen Novellierung wurden einige Forderungen der HRK umgesetzt. Nicht berücksichtigt wurde jedoch beispielsweise die Forderung nach einer Flexibilisierung der Altersgrenzen.
Urheberrecht und Open AccessIm Jahr 2014 ergab sich eine Reihe von Änderungen im Urheberrechtsgesetz, die unmittelbare Auswirkungen für Bildung und Wissenschaft hatten. So trat zum 1. Januar das Gesetz zur Nutzung verwaister Werke und zu weiteren Änderungen des Urheberrechts gesetzes und des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes in Kraft. Die HRK hatte im Verbund mit der Allianz der Wissenschaftsorganisationen zum Gesetzentwurf Stellung genommen und die Belange der Wissenschaft eingebracht. Dem ist zu verdanken, dass auch das unabdingbare Zweitverwertungsrecht in § 38 Absatz 4 (neu) ins Urheberrechtsgesetz eingeführt wurde. Zum 1. Januar 2015 läuft hier erstmalig die Embargofrist von 12 Monaten ab, so dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Beiträge, die im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschungstätigkeit entstanden sind, u. a. auf hochschuleigenen Repositorien veröffentlichen dürfen. Die HRK hat außerdem die Entfristung von § 52a UrhG begrüßt und zugleich die Bundesregierung aufgefordert, die im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien versprochene allgemeine Bildungs und Wissenschaftsklausel zu schaffen. Die HRK hat im Verbund mit der Allianz der Wissenschaftsorganisationen dazu bereits eigene Vorschläge erarbeitet und wird den weiteren Gesetzgebungsprozess intensiv begleiten.
Die HRK setzt sich zudem seit Jahren für die Förderung von Open Access ein. Unter Mitwirkung der HRK hat die Allianz der Wissenschaftsorganisationen eine Handreichung zu Open Access-Publikationsfonds veröffentlicht.
Projekt Bundesweite LizenzierungDie HRK hat gemeinsam mit der Allianz der Wissenschaftsorganisationen ein Projekt zur Etablierung von bundesweiten Lizenzen großer Wissenschaftsverlage angestoßen. Ziel ist es, für Hochschulen, Hochschulbibliotheken und außeruniversitäre Forschungs-einrichtungen bessere Bedingungen bei der Lizenzierung von Verlagsprodukten zu erreichen, entweder durch eine Senkung der Kosten oder durch die Ausweitung des Angebots zu gleichen Kosten. Eine Projektgruppe hat ein erstes Konzept erarbeitet, das nun in den kommenden zwei Jahren konsolidiert und erprobt werden soll. Die HRK hat die Geschäftsführung des Projektlenkungsausschusses übernommen.
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MindestlohnNach den ersten Monaten der Erfahrung mit dem Gesetz klagen die Hochschulen über die damit verbundenen Dokumentationspflichten für geringfügig Beschäftigte und die unklaren gesetzlichen Regelungen bezüglich der Arbeitszeitkonten. Darüber hinaus können sich Schwierigkeiten bei der Vermittlung von Praktikanten ergeben. Die HRK hat dazu das Gespräch mit den Bundesministerinnen Wanka und Nahles gesucht, um diese Probleme einer Klärung zuzuführen.
Forschung und wissenschaftlicher Nachwuchs
Wissenschaftlicher NachwuchsVor etwas über einem Jahr hat die HRK in Frankfurt die Empfehlung eines Orientierungsrahmens zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses neben der Professur beschlossen. An der Erarbeitung waren neben den Hochschulen auch Vertreter der DFG, des Wissenschaftsrats und der MPG beteiligt.
An jeder einzelnen Hochschule werden hochschulspezifische Orientierungsrahmen für den wissenschaftlichen Nachwuchs nach der Promotion erarbeitet. Diese enthalten Personalentwicklungskonzepte, Angebote für Zusatzqualifizierungen und Stellenkonzepte. Dabei wird berücksichtigt, dass die Hochschulen den Nachwuchs nicht nur für Karrieren innerhalb des Wissenschaftssystems vorbereiten, sondern auch auf forschende und leitende Tätigkeiten in Wirtschaft und Gesellschaft. Über die verschiedenen Karrierewege müssen die Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler besser als bisher informiert werden.
Die Verbesserung der Situation der promovierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den Hochschulen erfordert eine professionelle Personalentwicklung für das wissenschaftliche Personal an Hochschulen. Zudem müssen vermehrt Qualifizierungsangebote für Tätigkeiten innerhalb und außerhalb der Hochschulen gemacht werden. Dafür müssen allerdings ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt werden. Bund und Länder müssen rechtlich und finanziell verlässliche Rahmenbedingungen schaffen. Durch einen Aufwuchs der Grundfinanzierung können sie den Hochschulen Planungssicherheit verschaffen und für eine konsequente Personalentwicklung im akademischen Bereich sorgen.
Die Hochschulen machen in den nunmehr vorliegenden Orientierungsrahmen Aussagen zu fächerspezifischen Bedarfen unbefristeter und befristeter Arbeitsverhältnisse im Bereich des promovierten wissenschaftlichen Personals und deren Entwicklung.
Gemeinsam mit den Fakultäten werden akademische Daueraufgaben identifiziert und Konzepte für das notwendige Stellenportfolio erstellt. Soweit es sich um befristete Aufgaben handelt, wird sichergestellt, dass sich die Verträge an der Laufzeit der Projekte orientieren.
Es liegen der HRK schon über 30 solcher Orientierungsrahmen vor und auch darüber hinaus ist zu sehen, dass die Frage in den Hochschulen sehr dynamisch bearbeitet wird:
• In einzelnen Bundesländern haben sich die Hochschulen mit den zuständigen Ministerien auf andere Vorgehensweisen geeinigt, so ist z.B. in Hessen die Erstellung von Personalkonzepten innerhalb des hessischen Hochschulpaktes vereinbart worden.
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• Die TU 9 hat Leitlinien für faire Beschäftigungsverhältnisse formuliert.
• Aus den Hochschulen heraus wurde das Universitätsnetzwerk Personalentwicklung gegründet.
Da aber die Politik und andere Stakeholder die Fragen der Personalentwicklung auch immer wieder mit einer Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes verknüpfen, hat die 18. Mitgliederversammlung der HRK Kernthesen zum Orientierungsrahmen verabschiedet.
• Danach verpflichten sich die Hochschulen selbst, die Erstbefristung von Arbeits-verhältnissen des wissenschaftlichen Personals so zu bemessen, dass das Qualifikationsziel erreicht werden kann. Bei aus Haushaltsmitteln finanzierten Stellen mit dem Qualifikationsziel Promotion werden 24 Monate in der Regel nicht unterschritten – mit einer 12 monatigen Verlängerungsoption. Die Promotionsordnungen sehen in der Regel vor, dass ein Doktorandenverhältnis zur Sicherung der Rahmenbedingungen von einer Betreuungsvereinbarung flankiert wird.
• Befristete Arbeitsverhältnisse nach Abschluss der Promotion dienen in einer als „Qualifikationsphase“ zu bezeichnenden ersten Postdoc-Phase dem fortgesetzten forschenden Lernen und in einer darauf folgenden zweiten Postdoc-Phase, der „Entscheidungsphase“, der selbständigen Forschung. Hier wird die Erstbefristung bei Verträgen aus Haushaltsmitteln in der Regel 24 Monate nicht unterschreiten und an den jeweiligen Karrierezielen ausgerichtet sein.
• Die Befristung von Arbeitsverhältnissen, die aus Drittmitteln finanziert werden, wird an die jeweilige Finanzierungsphase (Projektlaufzeit) angepasst.
Neben dem Novellierungsvorschlag von Bündnis 90 / Die Grünen zum WissZeitVG hat sich die HRK (und die Allianz) mit den aus der GEW gemachten Novellierungsvorschlägen und den von anderen Interessenvertretern vorgeschlagenen Einzelregelungen auseinandergesetzt.
Es ist aus Sicht der HRK eine zentrale Forderung, dass die Novellierung nicht als Selbstzweck erfolgen darf, sondern die autonomen Hochschulen bei ihren Maßnahmen zur Nachwuchsförderung und zur Personalentwicklung flankierend unterstützen sollte. Für die Stärkung der Hochschulautonomie im Interesse von Arbeitsverhältnissen, die der wissenschaftlichen Arbeit dienen, sind gesetzlichen Detailregelungen und damit Detailsteuerung kontraproduktiv. Stattdessen ist es erforderlich, dass die Vorgesetzten und Betreuerinnen und Betreuer sowie die Hochschulleitungen ihre personal- und hochschulpolitische Verantwortung wahrnehmen. Hauptproblem ist nicht die Neufassung des WissZeitVG, sondern das Fehlen von Dauerstellen in den Hochschulhaushalten.
Forschungsdatenmanagement Seit Jahren fordern Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie die Wissenschafts-organisationen den Aufbau bundesweiter Informationsinfrastrukturen, die ein koordiniertes, effizientes und kostengünstiges Management von Forschungsdaten ermöglichen. Die Mitgliedshochschulen der HRK haben sich deshalb bereit erklärt, das Thema ganz oben auf ihre Agenda zu stellen und den spezifischen Beitrag der Hochschulen im Rahmen
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des gesamten Wissenschaftssystems zu erbringen. In einer Empfehlung der HRK-Mitgliederversammlung wurde dazu geraten, an den Hochschulen Leitlinien zum Umgang mit digitalen Forschungsdaten abzustimmen und Vereinbarungen mit anderen Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie fachspezifischen Dateninfrastrukturen zu unterstützen. Die Hochschulleitungen seien gefordert, die Informationskompetenz der Hochschulmitglieder zu stärken und die strukturellen Voraussetzungen für ein effizientes, institutionelles Forschungsdatenmanagement zu schaffen. Die Mitgliederversammlung hat ferner Bund und Länder aufgefordert, die für den Aufbau tragfähiger, über die Grenzen der Bundesländer hinweg reichender Informationsinfrastrukturen unerlässliche Koordination zu übernehmen. Auch über die notwendige Finanzierung müsse sich die Politik verständigen.
Forschungslandkarte Als Service Angebot mit internationaler Beachtung erweist sich die auf Deutsch und auf Englisch verfügbare Forschungslandkarte mit institutionell profilgebenden Forschungsschwerpunkten (www.forschungslandkarte.de bzw. www.researchmap.de). Der Netzauftritt wurde mit Blick auf die Arbeitsweise von Suchmaschinen weiter optimiert. Neben der schon etablierten Forschungslandkarte der Universitäten gibt es nunmehr auch eine Version der Fachhochschulen, in der zum Jahreswechsel 2014/15 153 Forschungs-schwerpunkte eingetragen waren. Das BMBF hat inzwischen auf europäischer Ebene angeregt, die HRK Forschungslandkarte als Modell für entsprechende staatenübergreifende Datenbanken zu verstehen.
Europäische Forschungspolitik Das Jahr 2014 war durch den Start des neu konzipierten Rahmenprogramms für Forschung und Innovation der EU, „Horizont 2020“, und den Start des „Europäischen Forschungsraums“ (ERA) als Rahmenkonzept für eine besser abgestimmte Europäische Forschungspolitik gekennzeichnet. Es zeigte sich jedoch, dass die entsprechenden finanziellen Voraussetzungen nicht ausreichend gegeben waren. Die HRK wies als erste europäische Wissenschaftsorganisation auf die drohenden Kürzungen im Budget von „Horizont 2020“ für 2015 hin. Sie warnte mit den Partnerorganisationen aus Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden auch vor den negativen Folgen der Umleitung von Finanzmitteln aus „Horizont 2020“ in den sogenannten „Juncker Investitionsfonds“.
Darüber hinaus bemühte sich die HRK, die finanziellen Möglichkeiten, die sich aus der Kofinanzierung der förderpolitischen Programme der Länder durch die EU Struktur und Innovationsfonds (ESIF) ergeben, in den Hochschulen deutlicher zu machen. Sie forderte die politisch vorgesehene Beteiligung der Hochschulen an den Länderplanungsprozessen („Smart Specialisation Strategies“) in der Praxis der Länderpolitik ein.
Die HRK beteiligte sich weiterhin aktiv an der Gestaltung des Europäischen Forschungsraums und hat Aufgaben im Rahmen der Strategie der Bundesregierung für den ERA übernommen. Dabei hat sie auch bestimmten Gefahren Rechnung getragen: Zu Recht haben Fachleute darauf hingewiesen, dass der ERA in der Praxis nicht zusammenwächst, sondern auseinanderzufallen droht, da sich kein gemeinsames Bild von der Bedeutung der Wissenschaft für die Innovationsfähigkeit der EU Mitgliedstaaten und der Notwendigkeit intensiver Investitionen in diesem Bereich in der EU durchsetzt. Das Dreiprozentziel aus der Lissabon Strategie aus
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dem Jahr 2000, eine Dekade später von der EU als strategisches Ziel bestätigt, wird nur in wenigen Mitgliedstaaten tatsächlich angestrebt und erreicht. Insofern können europäische Harmonisierungsstrategien nur bedingt greifen, da die Ausgangs und Interessenslage wie auch die Wissenschaftskulturen in der EU unterschiedlich sind. Notwendig sind deshalb offene europäische Debatten über die Lage und den Zustand der europäischen Wissenschaftspolitik, damit der ERA nicht ein Brüsseler Konstrukt bleibt, sondern in der europäischen Wissenschaft von allen als eine nützliche Basis für die globale Kooperation und den Wettbewerb anerkannt wird.
Die HRK hat in diesem Zusammenhang intensiv gegen Bestrebungen argumentiert, die auf eine stärkere Studienorientierung der Promotionsphase in Europa hinarbeiten. Sie hat in einer gemeinsamen Erklärung mit den Partnerorganisationen aus Frankreich, Großbritannien, Polen und der Schweiz gefordert, die individuelle Forschungsleistung des Promovenden auch weiterhin in den Mittelpunkt der Promotionsphase zu stellen. Dies hat eine europäische Debatte ausgelöst, die noch nicht abgeschlossen ist und deren Ergebnisse erst im Jahr 2015 zu erwarten sind.
Auf der anderen Seite unterstützt die HRK auf der Basis einer Projektförderung des BMBF weiterhin die Bemühungen der EU, die Mobilität von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf dem europäischen Arbeitsmarkt zu erhöhen, indem sie auf eine Verbesserung der aufenthaltsrechtlichen Regelungen und ihrer Umsetzung in Deutschland hinwirkt (zwei regionale Workshops in Deutschland in 2014 mit Vertretern von Hochschulen und Ausländerbehörden wie den zuständigen Bundesministerien). Dazu gehört auch die Frage der Altersversorgung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als Hindernis für Mobilität zwischen den Ländern, zwischen Hochschulen und Wirtschaft sowie in internationaler Hinsicht. Hierzu organisierte die HRK im November 2014 in Berlin eine Fachkonferenz mit Vertreterinnen und Vertretern von Hochschulen und anderer Wissenschaftsorganisationen, die ein Fazit der bisherigen Entwicklungen gezogen hat.
Parallel zu den Bemühungen der deutschen Hochschulen, den von Ihnen beschlossenen „Orientierungsrahmen für den wissenschaftlichen Nachwuchs“ umzusetzen, unterstützt die HRK diejenigen ihrer Mitglieder, die in der Initiative der EU Kommission um eine vorbildliche „Human Resources Strategy“ mitwirken und ein entsprechendes Logo erwerben wollen. Die HRK sieht hier Synergiemöglichkeiten zwischen der Arbeit am Orientierungsrahmen für den wissenschaftlichen Nachwuchs und der europäischen „Human Resources Strategy“.
Studium und Lehre
Europäische StudienreformIm Berichtsjahr standen die Umsetzung der Handlungsempfehlungen der HRK zur Europäischen Studienreform vom November 2013 sowie der Abschluss des ersten nexus-projekts und der Beginn des zweiten Projekts im Vordergrund der HRK-Aktivitäten im Bereich Studium.
Im Juli führten HRK und Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD) in Brüssel ein Seminar für Hochschulleitungen durch, um über die Chancen der strategischen Hochschulzusammenarbeit zu informieren, die das neue EU Programm „Erasmus Plus“ – über die Förderung der Mobilität von Studierenden und Lehrenden hinaus – bietet, insbesondere auch im Hinblick auf die Kooperation mit der Wirtschaft („Wissensallianzen“) und auf den Kapazitätsaufbau an Hochschulen in Entwicklungs und Schwellenländern.
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Ein weiterer Höhepunkt der europäischen Zusammenarbeit im Bereich „Lehre und Studium“ war das im November in Berlin durchgeführte „University Business Forum“. Die ca. 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus ganz Europa befassten sich im Rahmen der Konferenz, die von HRK, Europäischer Kommission, und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) durchgeführt wurde, mit Formen der Kooperation zwischen Hochschulen und Unternehmen in den Bereichen Studienganggestaltung, Lehre, Weiterbildung, Mobilität zwischen beiden Bereichen und Erziehung zu unternehmerischem Denken.
Hochschulzulassung Zum Wintersemester 2014/15 nahmen 62 Hochschulen mit 289 Studiengängen am Dialogorientierten Serviceverfahren (DoSV) teil. Die Stiftung für Hochschulzulassung verzeichnete rund 263.500 Bewerbungen von rund 114.000 Bewerberinnen und Bewerbern. Rund 92.000 Bewerbungen entfielen auf das Fach Psychologie. Zwei Drittel der Hochschulen, die das Fach Psychologie führen, hatten sich entschlossen, mit diesem Studiengang am Verfahren teilzunehmen. Insgesamt erfolgten rund 45.800 Zulassungen im DoSV. Die HRK begleitet und unterstützt das DoSV, hat sich jedoch auch in diesem Jahr gegen die finanzielle Beteiligung der Hochschulen am Verfahren ab 2015 ausgesprochen. Die HRK hat sich weiterhin kritisch zu der geplanten Änderung des Staatsvertrags geäußert. Ein Beschluss der Länder über die Änderungen wurde zunächst vertagt. Die HRK hat sich an die Präsidentin der KMK mit der Bitte gewandt, die Hochschulen bei der Novellierung des Staatsvertrags künftig miteinzubeziehen.
Digitalisierung der Lehre/MOOC’s Die HRK Kommission „Neue Medien und Wissenstransfer“ stellte die Vorbereitung einer Positionierung zu „Massive Open Online Courses“ (MOOCs) in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Das im Juni vom Senat verabschiedete „HRK Positionspapier zu MOOCs im Kontext der digitalen Lehre“ ergänzte die zeitgleich erschienene Veröffentlichung „Potenziale und Probleme von MOOCs im Kontext der digitalen Lehre“. Im Positionspapier spricht sich die HRK für eine Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten einer Weiterentwicklung der digitalen Lehrformate aus. Im Hinblick auf MOOCs geht es darum, Potenziale und Probleme zu identifizieren und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob MOOCs Mehrwerte für die einzelne Hochschule erzeugen. Dabei wird klargestellt, dass MOOCs sich nicht als Sparmodelle eignen. Den Hochschulen wird empfohlen zu prüfen, ob sie ihre digitalen Lehrformate über einen kommerziellen Plattformbetreiber anbieten wollen. Alternativ kommen Plattformen einzelner Hochschulen oder von Hochschulverbünden sowie zentrale Plattformen in Frage.
Internationales Bereits in ihrer 2008 verabschiedeten Internationalen Strategie hat die HRK darauf hingewiesen, dass nur eine ganzheitlich internationalisierte Hochschule zukünftig in der Lage sein wird, die von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik an sie gerichteten Erwartungen zu erfüllen, den Anschluss an internationale Entwicklungen zu halten und somit ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Im Zuge einer Fortentwicklung dieser Strategie hat die HRK weitere Schritte unternommen, um eine angemessene Repräsentanz der deutschen Hochschulen im entstehenden Welthochschulsystem sicherzustellen und darüber hinaus an der Entwicklung und Ausgestaltung dieses Systems aktiv und verantwortlich mitzuwirken. Um mit ausländischen
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Partnern sowie auch mit der Politik in einen Dialog zu Voraussetzungen und „Spielregeln“ für ein Welthochschulsystem eintreten zu können, fand ein Treffen der Leitungen führender Hochschulen aus aller Welt getroffen im Juni 2015 in Hamburg statt.
In seiner dritten Projektphase, die im März 2014 nahtlos an die vorhergehende Phase anschloss, konnte sich das HRK Audit „Internationalisierung der Hochschulen“ weiter konsolidieren. Die Nachfrage von Seiten der Hochschulen ist weiter ausgesprochen hoch. Mit Ende 2014 haben 54 Hochschulen das Audit durchlaufen, 24 von ihnen erhielten Anfang Dezember ihre Teilnahmezertifikate; 12 weitere Hochschulen haben zum Jahresende den Audit Prozess begonnen. Im Laufe der bisherigen Auditierungen hat sich bestätigt, dass das beratungsintensive, auf das institutionelle Profil der jeweiligen Hochschule zugeschnittene Audit Konzept sehr gut geeignet ist, die strategische Ausrichtung der institutionellen Internationalisierung gezielt zu unterstützen. Seit Anfang des Jahres bietet die HRK zusätzlich das Re Audit „Internationalisierung der Hochschulen“ regulär an; dieses baut auf den Ergebnissen des Audit auf und gewährleistet den Übergang von der Strategieentwicklung in die konkrete Umsetzung in einem auf drei Jahre angelegten Monitoring des Internationalisierungsprozesses.
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Leibniz-GemeinschaftDie Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung, unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit.Leibniz-Institute pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen, der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen regelmäßig einem transparenten und unabhängigen Evaluierungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder derzeit 89 Institute der Leibniz-Gemeinschaft, an denen rund 18.100 Personen beschäftigt sind; darunter 9.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der weibliche Anteil am wissenschaftlichen Personal betrug 2014 wie schon im Vorjahr 42,2 Prozent; der Anteil von Frauen in wissenschaftlichen Leitungspositionen belief sich auf 27,3 Prozent und ist damit gestiegen (2013: 26,9 Prozent). Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,64 Milliarden Euro.
Kooperation Die Leibniz-Gemeinschaft pflegt und fördert intensive Kooperationen mit Hochschulen. Dies manifestiert sich zum Beispiel in den derzeit über 330 gemeinsamen Berufungen, den 31 Leibniz Graduate Schools und den über 60 Joint Labs, die für beide Partner wissenschaftliche Dienstleistungen erbringen. Gemeinsam mit den Universitäten wurden im Jahr 2014 über 700 Promotionen erfolgreich abgeschlossen.Die Leibniz-Gemeinschaft steht für kooperative Wissenschaft; sie entwickelt diese sowohl in der strategischen Vernetzung als auch in der thematischen Schwerpunktsetzung stetig weiter, insbesondere mit den Leibniz-Forschungsverbünden und den Leibniz-WissenschaftsCampi. Für diese beiden Instrumente konnte der Senat der Leibniz-Gemeinschaft im Jahr 2014 erstmals Mittel aus der Förderlinie „Strategische Vernetzung“ in Höhe von mehr als 10,5 Mio. Euro in einem wettbewerblichen Verfahren vergeben. So fördert die Leibniz-Gemeinschaft von 2015 an über vier Jahre den Leibniz-Forschungsverbund „Infections21“ sowie den Leibniz-Forschungsverbund „Historische Authentizität“. Damit bestehen in der Leibniz-Gemeinschaft nun insgesamt zwölf Leibniz-Forschungsverbünde.
www.leibniz-gemeinschaft.de/forschung/leibniz-forschungsverbuende/
Auch für neue regionale thematische Kooperationen von Leibniz-Einrichtungen und Hochschulen hat der Senat Mittel bereitgestellt, mit denen sechs neue Leibniz-WissenschaftsCampi gefördert werden. Damit hat die Leibniz-Gemeinschaft nun insgesamt zehn Leibniz-WissenschaftsCampi eingerichtet: Verbraucherpolitik (Berlin), empirische Linguistik und computerbasiertes Sprachlernen (Mannheim), neurologische Lern- und Gedächtnisforschung (Magdeburg), regeneratives Altern (Jena), Infektionsbekämpfung (Jena), Kognition von Primaten (Göttingen), Byzanzforschung (Mainz), Phosphorforschung (Rostock), pflanzenbasierte Bioökonomie (Halle) und Bildung in Informationsumwelten (Tübingen).
www.leibniz-gemeinschaft.de/forschung/hochschulkooperationen/leibniz-wissenschaftscampi/
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Qualitätssicherung Im Zeitraum von Juli 2014 bis Juli 2015 empfahl der Senat der Leibniz-Gemeinschaft der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz nach Abschluss der Evaluierungen durch externe Gutachter, 20 Institute weiter durch Bund und Länder zu fördern. In 16 Fällen wurde die maximale Förderdauer von sieben Jahren bis zur nächsten Evaluierung nahegelegt, in drei Fällen sollte nach einer verkürzten Förderdauer von vier Jahren erneut eine Überprüfung erfolgen. Lediglich beim Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung in Speyer empfahl der Senat ein Ausscheiden aus der gemeinsamen Forschungsförderung.
www.leibniz-gemeinschaft.de/ueber-uns/evaluierung/
Wettbewerb Im Leibniz-Wettbewerb wurden im vergangenen Jahr 28 Vorhaben von Leibniz-Instituten mit einer dreijährigen Laufzeit und einem Gesamtvolumen von rund 26,2 Millionen Euro bewilligt. Die Institute hatten insgesamt 84 Anträge mit einem Gesamtvolumen von 82,3 Mio. Euro eingereicht. www.leibniz-gemeinschaft.de/ueber-uns/leibniz-wettbewerb/
Internationales Durch die Unterstützung von thematisch und regional orientierten Opt-In-Formaten, über die sich interessierte Leibniz-Institute gezielt in gemeinsame Kapazitäten einbringen, setzt die Leibniz-Gemeinschaft auf den wissenschaftsgeleiteten Ausbau der internationalen Kooperation. Sie wird damit ihrem Charakter als bottom-up-Organisation gerecht. Initiativen wie ‚Leibniz in Afrika’, ‚Leibniz im östlichen Europa’ und ‚Leibniz in Japan’ zeugen davon. Sie verbinden Institute mit entsprechender Expertise und werden mit zentralen Ressourcen unterstützt. So hat die Leibniz-Gemeinschaft beispielsweise seit 2014 eine Vertreterin in Japan, die für die Gemeinschaft und ihre Institute Kontakte in den japanischen Wissenschaftsraum knüpft. Als Mitglied europäischer und internationaler Wissenschaftsgremien bringt der Präsident auch die Perspektive der Leibniz-Gemeinschaft in die internationale Wissenschaftslandschaft ein.
Aus Gemeinschaftsmitteln unterstützte Mobilitätsprogramme vertiefen die Internationalisierung. So hat die Leibniz-Gemeinschaft zusammen mit dem Auswärtigen Amt das gemeinsame Hospitationsprogramm für leitende Wissenschaftsmanagerinnen und manager aus Leibniz-Instituten in deutschen Auslandvertretungen fortgesetzt. Nach der positiven Evaluierung der zweijährigen Pilotphase haben beide Partner das Programm verlängert und auf zusätzliche Auslandsvertretungen erweitert. Das Hospitationsprogramm ermöglicht leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Leibniz-Instituten berufsfeldnahe Auslandserfahrungen. Die Auslandsvertretungen profitieren dabei von der Fachexpertise der entsandten Hospitantinnen und Hospitanten. Die Hospitationen finden in der Regel in Wissenschaftsabteilungen deutscher Auslandsvertretungen oder in Ständigen Vertretungen bei UN-Organisationen statt.
Gemeinsam mit dem DAAD betreibt die Leibniz-Gemeinschaft ein Research Fellowship-Programm, das sich gezielt an internationale Postdoktoranden richtet, die auf diesem Wege an einem Leibniz-Institut forschen können.
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Neuaufnahmen und strategische Erweiterungen Ein neues Verfahren für Neuaufnahmen in die Leibniz-Gemeinschaft und Erweiterungsvorhaben von Leibniz-Einrichtungen hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) eingeführt. Die Leibniz-Gemeinschaft nimmt darin zum strategischen Nutzen und zur institutionellen Passfähigkeit der Einrichtung Stellung; der Wissenschaftsrat (WR) bewertet die wissenschaftliche Qualität, die überregionale Bedeutung sowie die strukturelle Relevanz für das Wissenschaftssystem. Auf Grundlage der Stellungnahmen der Leibniz-Gemeinschaft und des Wissenschaftsrates entscheidet die GWK über Neuaufnahmen und strategische Erweiterungen.
Nach dem neuen Verfahren wurde im Jahr 2014 über die Erweiterung der Senckenberg Forschungsinstitute und Naturmuseen um das ursprünglich über das hessische Exzellenzprogramm LOEWE geförderte Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) positiv entschieden. Dabei wurde besonders gewürdigt, wie hier die unterschiedlichen Ansätze von Bio- und Geowissenschaften in einer gemeinsamen Biodiversitäts- und Klimaforschung miteinander verbunden werden. Die Verstetigung von BiK-F als Teil von Senckenberg wurde zum 1. Januar 2015 vollzogen.
Gründungen Die Leibniz-Gemeinschaft hat 2015 erstmals den mit 50.000 Euro dotierten Leibniz-Gründerpreis vergeben. Ausgezeichnet wurden zwei Medizin-Start-ups: Die Ausgründungsvorhaben „Brandenburg Antiinfectiva GmbH“ aus dem Forschungszentrum Borstel – Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften in Schleswig-Holstein und „Coldplasmatech“ des Leibniz-Instituts für Plasmaforschung und Technologie in Greifswald. Der Preis soll erfolgversprechende Start-ups durch externe Beratung bei Markteintritt, Finanzierung und Marketing unterstützen. „Brandenburg Antiinfectiva“ hat ein vielversprechendes Medikament gegen Blutvergiftung (Sepsis) entwickelt; die Geschäftsidee von „Coldplasmatech“ ist ein plasmaphysikalisches Medizinprodukt zur Behandlung großflächiger chronischer Wunden, die derzeit nicht oder nur schlecht therapierbar sind.
Leibniz-Gemeinschaft Chausseestraße 111 10115 Berlin Tel.: 030 / 20 60 49 - 0 Fax: 030 / 20 60 49 - 55 [email protected] www.leibniz-gemeinschaft.de
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Max-Planck-Gesellschaft
Stetige Erneuerung durch Gründungen und Neuausrichtungen Die Max-Planck-Gesellschaft als eine fest in der deutschen Forschungslandschaft verankerte, international agierende Wissenschaftsorganisation hat den Auftrag, Grundlagenforschung an den Grenzen des Wissens zu betreiben. Das verlangt von ihr ein hohes Maß an Flexibilität und Innovationsfähigkeit und mündet in einem stetigen wissenschaftlichen Erneuerungsprozess ihrer Institute und der Gesellschaft insgesamt. Dies geschieht vor allem über die in der Max-Planck-Gesellschaft etablierten und bewährten Evaluationsverfahren in ihrer Interdependenz von Forschungskonzeption und Forscherpersönlichkeit.
Die Etablierung von Neuem bedingt aber auch die Aufgabe von Bestehendem. Strukturell vollzieht sich dieser Prozess auf mehreren Wegen, über
- die thematische Umorientierung eines oder mehrerer Arbeitsbereiche an bestehenden Instituten bzw. die Erweiterung der Arbeiten an den Instituten,
- die grundsätzliche thematische Neuorientierung eines ganzen Instituts,
- die Aufgabe von Arbeitsgebieten,
- die Schließung von Forschungsrichtungen bzw. Arbeitsbereichen und
- im Einzelfall über die Gründung neuer Forschungseinrichtungen.
So erfolgten seit 2006 insgesamt zehn Umbenennungen von Instituten infolge von Neuausrichtungen durch Berufungen, fünf Neugründungen von Forschungseinrichtungen und in einem Fall die Teilung eines Instituts und deren institutionelle Verselbständigung in zwei Institute. Des Weiteren konnten neue, zukunftsträchtige Forschungsgebiete mit der Gründung von drei weiteren Instituten und in einem Fall durch die Anbindung an die Max-Planck-Gesellschaft unter Beibehaltung der bestehenden Rechtsform etabliert werden, deren Finanzierung aber durch Dritte erfolgt. Darüber hinaus verfügt die Max-Planck-Gesellschaft auch über zahlreiche Fördermöglichkeiten, neue innovative Themen für einen mittelfristigen Zeitraum aufzugreifen. Im Ergebnis einer umfassenden Evaluierung wird mit deren Ablauf über ihre Weiterverfolgung befunden; auch dies kann im Einzelfall zu einer Institutionalisierung führen. Diese Aktivitäten erfolgen z.T. in enger Kooperation mit Universitäten und anderen außeruniversitären Forschungseinrichtungen im In- und Ausland.
Die Max-Planck-Gesellschaft in der Exzellenzinitiative Die Institute der Max-Planck-Gesellschaft sind mit ihrer Kompetenz in der Grundlagenforschung an vielen universitären Spitzenstandorten wichtige Partner der Hochschulen. Ihr Beitrag ist wissenschaftliche Exzellenz, Interdisziplinarität und internationale Sichtbarkeit. Die forschungsstarken Max-Planck-Institute haben auch in der zweiten Phase der Exzellenzinitiative wesentlich zum Erfolg der ausgezeichneten Universitäten beigetragen: So sind jeweils ein oder mehrere Max-Planck-Institute an 33 aller 45 erfolgreich geförderter Exzellenzcluster und an
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22 von 45 Graduiertenschulen beteiligt. Damit ist die Max-Planck-Gesellschaft unter allen deutschen Forschungsorganisationen der erfolgreichste Partner der Hochschulen im Bereich der durch die Exzellenzinitiative geförderten Spitzenforschung und Doktorandenausbildung. Darüber hinaus ist die Max-Planck-Gesellschaft an mehr als der Hälfte der ausgezeichneten „Exzellenz-Universitäten“ mit ihren Instituten vor Ort maßgeblich am geförderten Zukunftskonzept beteiligt: An der Freien Universität Berlin, der Technischen Universität Dresden, der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, der Universität zu Köln, der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. An der Exzellenzuniversität Köln ist die Max-Planck-Gesellschaft mit ihren vier Kölner Max-Planck-Instituten, den drei Bonner Instituten und dem Forschungszentrum caesar eng in das Zukunftskonzept „Die Herausforderung von Wandel und Komplexität annehmen“ eingebunden. In Dresden, der ersten Exzellenzuniversität in einem ostdeutschen Flächenland, sind auch die drei lokalen Max-Planck-Institute Bestandteil des jetzt prämierten Zukunftskonzeptes: Unter dem Titel „DRESDEN-concept“ möchte die Technische Universität speziell die Zusammenarbeit mit den vor Ort ansässigen Forschungseinrichtungen weiter vertiefen. Am Standort Tübingen baut die Eberhard-Karls-Universität im Rahmen ihres positiv beurteilten Zukunftskonzepts „Research − Relevance − Responsibility“ die Partnerschaft mit dem Max-Planck-Campus Tübingen weiter aus; dort sind das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik, das Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, das Friedrich-Miescher-Laboratorium und ein Teilstandort des neuen Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme angesiedelt.
Intensive wissenschaftliche Vernetzung der Max-Planck-Wissenschaftler und -Institute mit den Hochschulen
Eine produktive Vernetzung von Institutionen beginnt auf der Ebene des einzelnen Wissenschaftlers. Sichtbarer Beleg für die enge personelle Zusammenarbeit von Max-Planck-Gesellschaft und Hochschulen sind die derzeit 322 Max-Planck-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler, die als Honorar- oder außerplanmäßige Professorinnen und Professoren an deutschen Hochschulen angebunden sind. Durch das Engagement der Honorarprofessorinnen und -professoren in der Lehre gelingt es der Max-Planck-Gesellschaft, ihre innovativen, meist nur außerhalb curricularer Normen angesiedelten Forschungsansätze für die Hochschullehre und damit für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu erschließen. Die Anbindung der Max-Planck-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler an die Hochschulen im Rahmen einer Honorarprofessur hat sich dabei als das flexibelste Instrument erwiesen.
Darüber hinaus sind 2014 insgesamt 47 gemeinsam mit einer Universität berufene Professorinnen und Professoren an Max-Planck-Instituten tätig. Herausragende Hochschullehrerinnen und -lehrer wiederum können mit dem Max-Planck-Fellow-Programm ihre Forschung an einem Max-Planck-Institut vertiefen: Sie erhalten neben ihrem Lehrstuhl an der Universität für fünf Jahre eine zusätzliche Arbeitsgruppe an einem Max-Planck-Institut. Außerdem ermöglicht das Programm Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von Universitäten nach ihrer Emeritierung ihre Forschung an einem Max-Planck-Institut drei Jahre lang weiterzuführen. Oftmals international begehrte Leistungsträger bleiben so dem Forschungs- und Innovationsstandort Deutschland erhalten. Wegweisende Projekte können fortgesetzt und wichtige Aufgaben in der Nachwuchsförderung weiter übernommen werden.
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Die siebte Ausschreibungsrunde des Max-Planck-Fellow-Programms konnte im Laufe des Jahres 2014 erfolgreich abgeschlossen werden. Insgesamt wurden bislang 62 exzellente Hochschulwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler zu Max-Planck-Fellows bestellt. Zwei Aspekte unterstreichen hierbei die Bedeutung des Programms und die Qualität der zu Max-Planck-Fellows bestellten Personen: Seit 2005 wurden vier Max-Planck-Fellows zu Wissenschaftlichen Mitgliedern und zwei Max-Planck- Fellows zu Auswärtigen Wissenschaftlichen Mitgliedern der Max-Planck-Gesellschaft berufen. Auch von externer Seite wird die hervorragende Arbeit der Fellows anerkannt: Bislang wurden sechs Max-Planck-Fellows auch mit dem hoch angesehenen Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet.
Die Institute der Max-Planck-Gesellschaft leisten in der Zusammenarbeit mit den Hochschulen einen entscheidenden Beitrag zur wissenschaftlichen Profilbildung und helfen dabei, die internationale Sichtbarkeit eines Standortes zu erhöhen. Auf institutioneller Ebene haben Max-Planck-Institute und Universitäten ihre erfolgreiche Zusammenarbeit bislang in rund 80 Kooperationsverträgen festgeschrieben. Unter anderem wurden im Jahr 2014 Kooperationsvereinbarungen zur Vertiefung bzw. Strukturierung der Zusammenarbeit des Max-Planck-Instituts für chemische Energiekonversion mit der Universität Duisburg-Essen, der Zusammenarbeit des Max-Planck-Instituts für molekulare Biomedizin mit dem Universitätsklinikum Münster und der Zusammenarbeit des Max-Planck-Instituts für Herz- und Lungenforschung mit der Universität Kiel abgeschlossen.
Zusammenarbeit mit Hochschulen bei der Nachwuchsförderung – Strukturierte Ausbildung in International Research Schools
Zur Stärkung der Verbindungen zwischen den Instituten der Max-Planck-Gesellschaft und insbesondere den deutschen Universitäten wurde vor über 15 Jahren das Programm International Max Planck Research Schools (IMPRS) initiiert. Jede einzelne IMPRS stellt einen Kooperationsverbund, bestehend aus einem oder mehreren Max-Planck-Instituten und mindestens einer deutschen oder ausländischen Universität, dar. Die IMPRS sind Orte für hervorragende strukturierte Promovierendenausbildung in der Max-Planck-Gesellschaft. Durch die enge Zusammenarbeit der Partner wird ein echter Mehrwert für alle Beteiligten geschaffen: Die Faculty rückt näher zusammen, die Sichtbarkeit des Forschungs- und Universitätsstandortes wird erhöht und die Promovierenden profitieren von der hervorragenden Infrastruktur der Forschungsinstitute sowie der Lehre und Betreuung durch die Universitäten. Zentraler Eckpfeiler des Programms IMPRS ist außerdem die Förderung der internationalen Zusammenarbeit. Daher ist grundsätzlich ein Anteil von mindestens 50 % ausländischer Doktorandeninnen und Doktoranden in einer IMPRS vorgesehen.
Bei der Einrichtung und Verlängerung der IMPRS setzt die Max-Planck-Gesellschaft auf Qualitätssicherung. So wird jede School vor der Einrichtung und bei einem Verlängerungsgesuch durch eine externe Fachgutachtergruppe evaluiert. Anschließend beschließt eine gemeinsam von der Max-Planck-Gesellschaft und der Hochschulrektorenkonferenz eingesetzte Kommission unter dem Vorsitz des Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft über die Einrichtung bzw. die Verlängerung.
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In 2014 bereiteten sich rund 3.100 Doktorandinnen und Doktoranden in einer der 63 IMPRS auf ihre Dissertation vor. Die hohe Zufriedenheit mit den angebotenen Lehrinhalten, die Möglichkeit, neben der Arbeit an eigenen Forschungsprojekten auch erste Erfahrungen im Bereich der Lehre zu sammeln, sowie die Betreuung in Thesis Advisory Committees werden in den durch externe Fachgutachterinnen und -gutachter begleiteten Evaluierungen der IMPRS regelmäßig herausgestellt. Dabei stärken International Max Planck Research Schools nicht nur bundesweit die Verbindungen zwischen Forschungsinstituten und Universitäten; sie streben dies auch über die Landesgrenzen hinaus an.
Innerhalb der letzten Antragsrunde für neue IMPRS wurde erstmals eine transatlantische IMPRS gegründet: Das Max Planck Florida Institute for Neuroscience schafft mit der IMPRS on Brain and Behavior in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum caesar, der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn sowie der Florida Atlantic University einen Kontinente übergreifenden Ort für herausragende Promovierendenausbildung. Als ein weiteres Novum bietet die ebenfalls neu gegründete IMPRS for Translational Psychiatry des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in Kooperation mit der Ludwig-Maximilians-Universität München strukturierte Promotionen in der Medizin an. Die Max-Planck-Gesellschaft reagiert mit diesem Projekt auf die dynamische Weiterentwicklung im Forschungssystem, welche auch nach Veränderungen in klassischen Promotionsfächern strebt.
Max-Planck-Forschungsgruppen an Universitäten Die Max-Planck-Forschungsgruppen an Universitäten haben sich in den vergangenen Jahren als ein sehr erfolgreiches Instrument der Kooperation zwischen Universitäten und der Max-Planck-Gesellschaft erwiesen, mit dem universitäre Forschungsstandorte nachhaltig gestärkt werden können. Die befristet auf fünf Jahre eingerichteten, transdisziplinären Forschungsgruppen bearbeiten innovative Forschungsansätze an vorderster Front der Wissenschaft. Ein wesentliches Ziel dieser Kooperation ist es, die Forschungsaktivitäten der Max-Planck-Gesellschaft eng mit denen der Universitäten zu vernetzen und so die wissenschaftlichen Kräfte zu bündeln.
2014 wurden zwei bereits im Vorjahr avisierte Max-Planck-Forschungsgruppen etabliert. Das betrifft zum einen die Forschungsgruppe für Environmental Genomics an der Universität Kiel zu dem neuartigen, interdisziplinären Thema der Umweltgenomik. Zum anderen wurde an der Universität Würzburg die Max-Planck-Forschungsgruppe für Systemimmunologie gegründet. Sie verfolgt eine systembiologische Betrachtungsweise, um die Ursachen vielfältiger Erkrankungen zu untersuchen, an denen das Immunsystem beteiligt ist.
Interdisziplinäre Synergien verstärken: Max Planck Netzwerke Die vernetzte Bearbeitung eines komplexen, risikobehafteten und kostspieligen Forschungsthemas durch mehrere Partner wird von der Max-Planck-Gesellschaft in der Form von Max-Planck-Netzwerken besonders gefördert. In einem Netzwerk werden in der Regel mehrere zu einem übergeordneten Forschungsthema gehörende und eher mittel- bis langfristig angelegte Teilprojekte von verschiedenen Max-Planck-Instituten und ggf. externen Partnern bearbeitet, wobei die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der einzelnen Arbeitsgruppen in einem engen Informationsaustausch hinsichtlich der Ergebnisse stehen. Grundlage für die
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Einrichtung von Max-Planck-Netzwerken ist ein überzeugendes Konzept, das einer ausführlichen Begutachtung unterzogen wird. Seit 2006, konnten bisher acht derartige Netzwerke auf den Weg gebracht werden, an denen sich neben Max-Planck-Instituten auch Universitätseinrichtungen beteiligen.
Weltweit Potenziale für deutsche Forschung erschließen: Max Planck Center
Max Planck Centers verstärken und erweitern bereits bestehende internationale Kooperationen der Max-Planck-Institute in besonderer Weise. Auf der Basis wissenschaftlicher Kooperationsprogramme schaffen sie Plattformen, auf denen die beteiligten Max-Planck-Institute und ihre internationalen Partner ihre jeweiligen Kenntnisse, Erfahrungen und Expertisen zusammenführen. Max Planck Centers sind damit ein Internationalisierungsinstrument mit großer Flexibilität, sie bieten Plattformen, die mit einem Mindestmaß an institutioneller Bindung und mit überschaubarem Ressourceneinsatz die Kooperation mit ausgewählten Forschungspartnern auf eine neue Ebene stellen.
Es wird erwartet, dass die Max Planck Center den Austausch von PostDocs stimulieren, gemeinsame Workshops sowie Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, z.B. im Rahmen von International Max Planck Research Schools (IMPRS), durchführen, weitere Wissenschaftler aus anderen Einrichtungen als assoziierte Partner hinzuziehen, die gemeinsame Nutzung von Forschungsinfrastruktur fördern, gemeinsam Förderanträge bei Drittmittelgebern für die Projektzusammenarbeit stellen und gegenseitigen Zugang zu ihren Forschungseinrichtungen und Geräten gewähren.
Die Kooperationen der Center gehen deutlich über bilaterale Partnerschaften hinaus: Größere internationale Forschungsprojekte erhöhen die Sichtbarkeit und Attraktivität. Aktuell gibt es 15 Max Planck Center an dreizehn Standorten weltweit. Weitere Center sind in Planung.
Nobelpreis für Chemie 2014 Eine Reihe hoch dotierter Preise von nationaler und internationaler Bedeutung, die Forscherinnen und Forschern der Max-Planck-Gesellschaft 2014 verliehen wurden, sind ein weiteres Indiz für die exzellente Qualität ihrer wissenschaftlichen Arbeit und deren internationaler Konkurrenzfähigkeit.
2014 war die Verleihung des Nobelpreises für Chemie an Stefan W. Hell, Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, ein ganz herausragendes Ereignis. Stefan Hell ist der 18. Nobelpreisträger der Max-Planck-Gesellschaft. Mit seiner Erfindung der Stimulated-Emission-Depletion-Mikroskopie (STED), die er 1999 als Forschungsgruppenleiter am Göttinger MPI experimentell realisierte, hat Hell die Lichtmikroskopie revolutioniert.
Herkömmliche Geräte haben eine Auflösungsgrenze, die durch die Wellennatur des Lichts bedingt ist: Objekte, die weniger als 200 Nanometer voneinander entfernt sind, können nicht mehr getrennt wahrgenommen werden. Die von Ernst Abbe entdeckte Auflösungsgrenze galt für mehr als ein Jahrhundert als praktisch unumstößlich. Auch die Fluoreszenzmikroskopie musste vor dieser Grenze haltmachen. Das dabei zur Anwendung kommende „Fluoreszenz-Prinzip“ nutzte Hell in völlig neuer Weise und fand so als Erster einen Weg, die Abbe‘sche Auflösungsgrenze radikal zu unterlaufen.
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Bei der von ihm erfundenen und zur Anwendungsreife entwickelten STED-Mikroskopie wird ein Trick angewandt, um dem Phänomen der Lichtbeugung ein Schnippchen zu schlagen. Hierbei wird einem Strahl, der die Fluoreszenzmoleküle anregt, ein zweiter Lichtstrahl, der STED-Strahl, hinterhergesandt. Dieser bewirkt genau das Gegenteil: Er regt die Moleküle sofort ab und hält sie dunkel. Damit der STED-Strahl aber nicht alle Moleküle abschaltet, hat er in der Mitte ein Loch. Dadurch werden Moleküle am Rand des Anregungs-Lichtflecks dunkel, wohingegen Moleküle im Zentrum ungestört leuchten können. Es ist dadurch erstmals möglich, Strukturen in einer Zelle mit einer heute bis zu zehnmal besseren Detailschärfe im Vergleich zu herkömmlichen Fluoreszenzmikroskopen zu beobachten.
Doch nicht nur Momentaufnahmen sind mit dem STED-Mikroskop möglich. Sogar Vorgänge im Inneren lebender Zellen lassen sich „live“ mit Nanometer-Auflösung verfolgen. So gelang es dem Team um Hell, der seit 2002 Direktor am Institut ist, erstmals die Bewegungen von Botenstoff-Bläschen in einer Nervenzelle in Echtzeit zu „filmen“ – mit 33 Bildern pro Sekunde und einer Auflösung von rund 70 Nanometern. Mit seinen bahnbrechenden Arbeiten zu STED und weiteren damit verwandten Verfahren wie der 4Pi-Mikroskopie hat Hell ein Fenster aufgestoßen, um weit in den Nanokosmos lebender Zellen vorzudringen. In der Erforschung von Krankheiten oder der Entwicklung von Medikamenten biete die STED-Mikroskopie reichlich Potenzial, betont Stefan Hell. „Wenn sich direkt beobachten lässt, wie ein Medikament in der Zelle wirkt, könnte die Entwicklungszeit therapeutischer Wirkstoffe enorm verkürzt werden.“
Zusammenfassung der Neugestaltung der Förderstrukturen Im Frühjahr 2015 waren die relevanten Aufsichtsorgane und Gremien mit dem Konzept zur Neugestaltung der Förderstrukturen befasst. Mit dem Ziel, den wissenschaftlichen Nachwuchs besser zu fördern, wurde ein Strategie- und Beratungsprozess über die Ausbildungs- und Karrierebedingungen in der MPG gestartet. Im Mittelpunkt der Beratungen standen jeweils
- die Auswahl der Besten und attraktive Gewinnungsbedingungen;
- die Verbesserung der Ausbildungs- und Betreuungsqualität;
- die Gleichbehandlung in der Max-Planck-Gesellschaft zu gewährleisten;
- eine bessere soziale Absicherung für den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Um für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler der Max-Planck-Gesellschaft in einem System mit überwiegend befristeten Förderverhältnissen optimale Rahmenbedingungen zu schaffen, ist in den vergangenen Monaten ein „Gesamtpaket Nachwuchs“ entwickelt worden, zu dem vier zentrale Module zählen:
1. Die Präsidentenkommission Nachwuchsförderung hat über die Karrierestrukturen im nationalen Forschungssystem und über die Laufbahnangebote internationaler Top-Einrichtungen eingehend beraten. Um den Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern transparente Ausbildungs- und Karrierebedingungen in der MPG zu bieten, wurden verbindliche Leitlinien für den Wissenschaftlichen Nachwuchs entwickelt. Die Leitlinien für die Ausbildung von Doktorandinnen und Doktoranden an Max-Planck-Instituten liegen vor, im weiteren Verlauf sollen für die Postdoc-Phase und weitere
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Karrierestufen ebenfalls Leitlinien von der Präsidentenkommission Nachwuchsförderung vorbereitet werden.
2. Weiterer zentraler Bestandteil des Gesamtpaketes Nachwuchsförderung ist die Neuordnung der Förderstrukturen für Doktorandinnen und Doktoranden sowie Postdoktorandinnen und Postdoktoranden unter dem Dach der mit Bund und Ländern abgestimmten Richtlinien, die im Arbeitskreis Nachwuchs entwickelt und abgestimmt wurden. Zentral ist die Fokussierung auf Verträge, ergänzt um institutszentrale Gästeprogramme für Stipendien. Es erfolgt eine weitgehende Kompensation des Mehraufwandes für die Institute.
3. Weiterhin hat eine Onlinebefragung der Promovierenden und Postdocs in der Max-Planck-Gesellschaft 2014 gezeigt, dass die deutliche Mehrheit der Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler sich mehr Unterstützung bei den nächsten Karriereschritten und bei der beruflichen Orientierung wünscht. Im laufenden Jahr soll daher noch ein Konzept für Programme zur Karriereförderung und beruflichen Orientierung ausgearbeitet werden.
4. Um die Interessen und Erwartungen aller Promovierenden in der MPG zu bündeln, soll die Vertretung von Doktorandinnen und Doktoranden der MPG verbessert und professionalisiert werden. Zu den inhaltlichen Schwerpunkten der Doktorandenvertretung wird u.a. der Aufbau von Karrierefördermaßnahmen für Promovierende zählen. Mit diesem Gesamtpaket zur Neugestaltung der Nachwuchsförderung wird eine Fokussierung auf die grundsätzlichen strategischen Zielrichtungen und klare Förderstrukturen vorgenommen, um international attraktive und wettbewerbsfähige Konditionen zu bieten. Ziel ist es, ein Best Practice Modell für zukunftsweisende Ausbildungs- und Karrierestrukturen im Forschungssystem zu etablieren.
Die Neuausrichtung der Nachwuchsförderung hin zu Verträgen erfordert erhebliche finanzielle Anstrengungen. Aus dem von Bund und Ländern zugesagten Mittelaufwuchs sollen sukzessiv ansteigend bis zu 50 Mio. € im Endausbau für die Umstellung der Nachwuchsförderung verwendet werden. Im Rahmen der Mittelfristigen Finanzplanung sind daher entsprechende Mittel eingeplant worden, die den Mehrbedarf bei der Neugestaltung der Nachwuchsförderung weitestgehend abfedern werden. In den vergangenen zehn Jahren fand ein deutlicher Aufwuchs im Nachwuchsbereich statt, insbesondere durch die vermehrte Vergabe von Stipendien auf der Karrierestufe der Doktorandinnen und Doktoranden. Die Umstellung vom Stipendienwesen auf Verträge kann daher nur mit einer signifikanten Erhöhung des Nachwuchsetats in den Instituten erreicht werden; um die angestrebten Qualitätsverbesserungen zu erzielen, muss dabei gleichzeitig eine Reduktion der Personalzahlen im wissenschaftlichen Nachwuchs in Kauf genommen werden.
Ausblick – Exzellenz in Deutschland neu bündeln Bei der Festversammlung im Rahmen der 66. Jahresversammlung der Max-Planck-Gesellschaft im Juni 2015 hat Präsident Stratmann einen neuen Baustein für die deutsche Wissenschaftslandschaft vorgeschlagen. Ausgehend von einer international vergleichenden Analyse zur Exzellenz und ihrer räumlichen Verteilung in Deutschland plädiert er dafür, dass sich Max-Planck-Forscher mit Spitzenforschern deutscher Universitäten in überregionalen
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Bildungs- und Forschungsnetzwerken zusammenschließen. Diese themenzentrierten Schools sieht er als Schlüssel zur Stärkung der internationalen Sichtbarkeit und Attraktivität deutscher Spitzenforschung.
Deutschland hat eine vollkommen andere strukturelle Verfasstheit, als andere wissenschaftlich hoch entwickelte Länder. Auf dieser Verfasstheit sollte auch in Zukunft aufgebaut werden, wenn die Spitzenforschung in Deutschland effektiv gestärkt werden soll. Anders als beispielsweise in den USA ist Exzellenz in Deutschland nicht an wenigen Orten konzentriert, sondern überregional verteilt.
Betrachtet man die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die weltweit zu den 1% der meistzierten innerhalb ihres Fachbereichs gehören, so forschen 164 davon in Deutschland. Damit ist Deutschland angesichts der Größe seines Wissenschaftssystems bei weitem nicht so erfolgreich wie die USA (1701), Großbritannien (303) oder auch die viel kleineren Niederlande (76). Während die Hälfte dieser „Exzellenzspitze“ an den Universitäten arbeitet, ist ein Drittel bei der Max-Planck-Gesellschaft beheimatet, die als Forschungsorganisation damit nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa auf dem ersten Platz steht. Betrachtet man die regionale Verteilung dieser herausragenden Persönlichkeiten, so zeigt sich, dass die drei Großräume München, Berlin und Heidelberg die meisten Wissenschaftler dieser Kategorie auf sich vereinen.
Analysiert man hingegen aber die räumliche Verteilung der Top-Forscher in einzelnen Wissenschaftsgebieten, wie beispielsweise der Chemie, erkennt man ein anderes Muster: Im Gegensatz zur regionalen Konzentration von Spitzenforschern über alle Fachgebiete zeigt sich eine überregionale Verteilung der Exzellenz. Im Vergleich zu den anglo-amerikanisch geprägten Ländern dominieren in Deutschland in vielen Fachgebieten keine einzelnen, räumlich zusammenhängenden Zentren. Mit überwiegend lokalen Netzwerken kann daher das Potenzial an exzellenter deutscher Wissenschaft nicht ausgeschöpft werden. Wenn man wirkliche Cluster der Besten haben möchte, die auch international Aufmerksamkeit auf sich ziehen, dann muss überregional gedacht werden.
Um die in Deutschland bereits vorhandene, räumlich verteilte Exzellenz produktiv zusammenzubringen und die individuelle Sichtbarkeit der besten deutschen Wissenschaftler auf kluge Weise zu bündeln, schlägt Präsident Stratmann den Aufbau von überregionalen, themenzentrierten Max Planck Schools vor. Diese könnten auf den bewährten, lokal organisierten International Max Planck Research Schools aufsetzen. Wenn führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Max-Planck-Gesellschaft mit führenden Kolleginnen und Kollegen der Universitäten auf zukunftsträchtigen Wissenschaftsgebieten kooperieren, so sollten Bildungs- und Forschungsnetzwerke entstehen, die mit den Top-Einrichtungen der Welt konkurrieren können. Die besten Professorinnen und Professoren aus allen deutschen Universitäten könnten in solche Netzwerke eingebunden werden und würden als Leistungsträger der universitären Spitzenforschung in diesen Schools international noch sichtbarer. Den Ballungszentren der Exzellenz würde hierbei naturgemäß eine besondere Rolle als Knoten in diesen Netzwerken zukommen.
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Indem gezielt Exzellenz an der Spitze gefördert wird, soll ein Mehrwert für das ganze deutsche Wissenschaftssystem entstehen. Darüber hinaus sollen die Schools die besten Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler aus Deutschland und vor allem aus dem Ausland anziehen und sie möglichst auch nach Abschluss einer Promotion in Deutschland halten.
Quellen: Pakt für Forschung und Innovation. Die Initiativen der Max-Planck-Gesellschaft. Bericht zur Umsetzung im Jahr 2014. Abrufbar unter: http://www.mpg.de/standpunkte.
Exzellenz in Deutschland neu bündeln. Pressemitteilung vom 19.06.15. Abrufbar unter: http://www.mpg.de/9285736/exzellenz-in-deutschl
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VolkswagenStiftung Aktuelles aus der VolkswagenStiftung
1. Wichtige Förderzahlen und finanzielle Entwicklung Im Jahr 2014 hat die VolkswagenStiftung Bewilligungen in Höhe von 191,2 Millionen Euro ausgesprochen. Der Gesamtbetrag setzt sich zusammen aus den Allgemeinen Fördermitteln (50,2 Millionen Euro), Mitteln für stiftungseigene Projekte und Veranstaltungen (4,0 Millionen Euro) sowie dem „Niedersächsischen Vorab“ (137,0 Millionen Euro); Letzteres wird auf Vorschlag der Niedersächsischen Landesregierung durch das Kuratorium der Stiftung vergeben. Die Stiftung erwirtschaftet die Mittel aus ihrem Stiftungskapital, das bei rund 2,9 Milliarden Euro liegt, sowie aus dem Anspruch auf die Dividende von rund 30 Millionen VW-Aktien.
Im Bereich der Allgemeinen Förderung sind bei der Stiftung im Jahr 2014 1541 Anträge über 427,4 Millionen Euro eingegangen – gegenüber 1357 Anträgen über 236,7 Millionen Euro im Vorjahr. 341 Anträge wurden positiv beschieden (309 im Vorjahr). Die Bewilligungsquote (in Relation zu den eingereichten Anträgen) lag wie im Vorjahr bei rund 23 Prozent.
Von den bewilligten Mitteln der Allgemeinen Förderung (ohne Niedersächsisches Vorab) entfielen im Jahr 2014 auf die
• Geistes- und Gesellschaftswissenschaften: 50,7 % der Vorhaben und 45,4 % der Mittel;
• Naturwissenschaften und Mathematik: 26,4 % der Vorhaben und 31,9 % der Mittel;
• Biowissenschaften einschließlich Medizin: 15,6 % der Vorhaben und 18,5 % der Mittel;
• Ingenieurwissenschaften: 3,2 % der Vorhaben und 1,8 % der Mittel;
• Fachgebietskombinationen: 4,1 % der Vorhaben und 2,4 % der Mittel.
Bei den Empfängergruppen dominieren seit jeher die wissenschaftlichen Hochschulen. An sie flossen 2014 74,9 Prozent (Vorjahr 78,1 Prozent) der in der Allgemeinen Förderung bewilligten Mittel für 71,9 Prozent der bewilligten Vorhaben (Vorjahr 74,1 Prozent).
Auch im Jahr 2014 war die grenzüberschreitende Wissenschaftsförderung ein wichtiges Ziel der VolkswagenStiftung. So wurden insgesamt an ausländische Einrichtungen, an deutsche Einrichtungen im Ausland sowie zugunsten ausländischer Kooperationspartner im Rahmen von Inlandsbewilligungen für 143 Projekte 5,4 Millionen Euro vergeben.
Von 1962 (Arbeitsaufnahme der Stiftung) bis zum 31.12.2014 hat die VolkswagenStiftung 31.121 Bewilligungen ausgesprochen. Für diese Vorhaben und Projekte stellte sie in dem Zeitraum mehr als 4,4 Milliarden Euro zur Verfügung.
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2. Aktuelles aus der Förderung
Förderinitiative „Originalitätsverdacht?“„Originalität“ ist in den Geistes- und Kulturwissenschaften eines der zentralen Qualitätskriterien. Doch was heißt in diesen Disziplinen „originell“, „neu“ oder „innovativ“? Was gesichertem Fachwissen und gemeinhin akzeptierten Intuitionen widerspricht, mag genauso dazugehören wie die Entwicklung eines neuen Ansatzes, einer These, einer Theorie, die Beobachtung eines neuen Phänomens oder mithin auch die Identifizierung von bisherigem Nicht-Wissen. Entsprechend möchte die Stiftung mit der zweigeteilten Förderinitiative „Originalitätsverdacht?“ Geistes- und Kulturwissenschaftler nachdrücklich ermutigen, Vorhaben mit erkenntnisgewinnender Originalität zu entwickeln.
Förderlinie 1 „Komm! ins Offene ...“ bietet dem Einzelnen die Möglichkeit, ein Thema explorierend zu bearbeiten und in einem Essay oder Traktat darzulegen. Linie 2 „Konstellationen“ zielt auf Projektteams mit bis zu vier Antragstellern, die gemeinsam die Tragfähigkeit einer neuen Forschungsidee erkunden und in einem Text veröffentlichen wollen. Im Antrags- und Auswahlverfahren geht die Stiftung bei dieser Initiative in dreierlei Hinsicht neue Wege: Das Verfahren ist schlank, für die Antragsteller mit wenig Aufwand verbunden und führt zu einer Entscheidung innerhalb von vier bis fünf Monaten. Die Endauswahl durch eine Expertenjury ist anonymisiert. Dies soll sicherstellen, dass allein die originelle Forschungsidee zählt. Zum ersten Stichtag Mitte Mai 2015 lagen knapp 400 Anträge vor: 224 für Förderlinie 1 und 164 für Förderlinie 2.
Wissenschaft und Kunst2014 gab die Stiftung den Startschuss für ein Engagement zum Thema „Wissenschaft und Kunst“. Auftakt war der einwöchige Workshop „Arts and Science in Motion – Wissenschaft und Kunst in Bewegung“ im vergangenen Oktober. Künstlerinnen und Künstler aller Disziplinen tauschten sich in abgeschiedener Atmosphäre mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aller Fachbereiche über Fragen an den Schnittstellen ihrer Aktivitäten aus. Der Fokus lag dabei auf dem Thema „Bewegung“. Und so sollten die insgesamt 29 Beteiligten, die unter neunzig Bewerbern ausgewählt worden waren, zum einen die Grenzen zwischen Wissenschaft und Kunst hinterfragen und zwar mit dem Ziel, Prozesse der Erkenntnisgenerierung in „Bewegung“ zu bringen. Zum anderen waren sie aufgefordert, das Thema „Bewegung“ aus unterschiedlichen wissenschaftlichen und künstlerischen Perspektiven anzugehen. Im Anschluss an den Workshop erhielten sie die Chance, bis zum Frühsommer 2015 Anträge einzureichen für eine Anschubförderung zur Weiterentwicklung gemeinsamer Projektideen. Die Entscheidungen fallen im Herbst 2015.
Mit durchweg überraschenden Forschungsansätzen reüssierten in der ersten Wettbewerbsrunde elf exzellente Bewerberinnen und Bewerbern unter insgesamt 115 Konkurrenten um ein Freigeist-Fellowship. Die Palette der spannenden Themen, mit denen die drei Wissenschaftlerinnen und acht Wissenschaftler eine fach- und nationenübergreifende Gutachterkommission überzeugen konnten, ist bunt gemischt und repräsentiert Natur- und Lebenswissenschaften ebenso wie die Geistes- und Sozialwissenschaften. Nur drei Beispiele: Erforscht wird die Entstehung des sogenannten Verwandtengeruchs und dessen Bedeutung für das Sozialverhalten. Es wird recherchiert, wie europäische Exilregierungen während des Zweiten Weltkriegs in London operiert haben. Und es soll ein Verfahren entwickelt werden, mit dem sich menschliche Nervenschaltkreise im Labor herstellen lassen. Das könnte die Behandlung neuronaler Krankheiten verbessern.
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Förderinitiative FreigeistMit 155 Bewerbungen zum zweiten Stichtag im Oktober 2014 erfreut sich die Initiative einer großen Resonanz. Sie richtet sich an exzellente junge Wissenschaftlerinnen Wissenschaftler und aller Disziplinen, die gern neue Wege gehen, Freiräume nutzen möchten und Spaß haben am kreativen Umgang mit Unerwartetem. Wer sich im Wettbewerb um solch ein Fellowship durchsetzt, dem bietet sich die Chance, ein eigenes Forschungsprofil zu entwickeln – wobei die Stiftung ihrerseits das in Projektverläufen Unerwartete mit hoher Flexibilität unterstützt.
Forschungskooperationen zwischen Ukraine, Russland, DeutschlandVor dem Hintergrund des aktuellen Konflikts zwischen der Ukraine, Russland und der EU möchte die Stiftung mit dieser Ausschreibung die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Wissenschaftlern der adressierten Länder stärken und gleichermaßen einen Beitrag leisten zur Annäherung, Vertrauensbildung und Verständigung in der Region bis hin zur Aufrechterhaltung des Dialogs mit Fachkollegen auch in Deutschland. Das Ende 2014 auf den Weg gebrachte Angebot steht Interessierten aller Fachdisziplinen offen; thematische Vorgaben existieren nicht. Im Kern sieht die Ausschreibung mit dem vollständigen Titel „Trilaterale Partnerschaften – Kooperationsvorhaben zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Ukraine, Russland und Deutschland“ zwei- bis dreijährige Verbundvorhaben vor mit einer Beteiligung von mindestens je einer Forschergruppe pro Land. In jedem Team sollten wiederum Nachwuchswissenschaftler angemessen eingebunden sein. Des Weiteren werden kleinere Veranstaltungen wie Workshops, Symposien und Sommerschulen unterstützt. Zum Stichtag für die Einreichung von Projektvorschlägen Mitte April 2015 lagen 216 Anträge vor.
Wissenschaft für nachhaltige EntwicklungDas Thema „Nachhaltigkeit“ verfolgt die Stiftung im Rahmen des großen Förderbereichs Niedersächsisches Vorab. Nach einem spannenden Wettbewerb und einem mehrstufigen Auswahlverfahren setzten sich im erstmals ausgeschriebenen Programm „Wissenschaft für eine nachhaltige Entwicklung“ acht Projekte durch, die mit unterschiedlichen Aspekten von Nachhaltigkeit in Ökologie, Landwirtschaft, Wirtschaft, Bildung, Ernährung, Mobilität und Soziales beschäftigen. Das Besondere an dem Auswahlverfahren war, dass die Endrunde im Schloss Herrenhausen öffentlich zugänglich war: als Expertengespräch mit Bürgerbeteiligung. Mit diesem Transparenz-Verfahren betraten die das Niedersächsische Vorab tragenden Akteure Niedersachsen und VolkswagenStiftung Neuland. Um den Prozess, der im Oktober 2015 fortgesetzt werden soll, laufend zu optimieren und die Erfahrungen kritisch bewerten zu können, wurde eine Begleitforschung aufgesetzt.
Ausschreibung „Wissenschaft und Datenjournalismus“Forscher wie Journalisten, insbesondere Wissenschaftsjournalisten, müssen immer umfangreichere und komplexere Datenmengen bewältigen. Zwar sieht sich jede der Professionen eigenen Herausforderungen gegenüber, beider Sphären berühren sich in diesem Feld aber auch. Das steckt den Rahmen ab für den Ende 2014 ausgeschriebenen Ideenwettbewerb „Wissenschaft und Datenjournalismus“.
Die Stiftung fördert hierzu kooperative Forschungs- und Rechercheprojekte, die von mindestens je einer Person aus Wissenschaft und Journalismus getragen werden. Ziel ist es, dass beide Protagonisten voneinander profitieren und Impulse für die eigene Arbeit erhalten. Die mit jeweils bis zu 100.000 Euro geförderten Projekte sollen sich über maximal neun Monate
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erstrecken; zur Erörterung übergreifender Fragen finden zu Beginn und am Ende Workshops statt. Die Projektmittel sind einsetzbar für Personal- und Sachkosten, Reisen, Forschungs- oder Recherchestipendien. Über die Anträge entscheidet eine Gutachterkommission, die Persönlichkeiten „beider Welten“ zusammenführt.
3. Bereich Veranstaltungen Seit der Eröffnung des Tagungszentrums Schloss Herrenhausen in Hannover bündelt die VolkswagenStiftung dort eine Vielzahl geförderter und eigener wissenschaftlicher Veranstaltungen. Mit verschiedenen Formaten werden sowohl die internationale Scientific Community wie auch die wissenschaftliche interessierte Öffentlichkeit angesprochen. 2014 fanden an 105 Tagen 99 Veranstaltungen statt. Die durchweg positive Resonanz der Gäste hat dazu beigetragen, Schloss Herrenhausen als neuen hochkarätigen international sichtbar zu machen.
Mit Blick auf das Jahresprogramm seien folgende Fachtagungen beispielhaft erwähnt:
• Herrenhäuser Konferenz „Re-Thinking Social Inequality“ (12.-14. Mai 2014)
• Herrenhäuser Symposium „ „...von vorzüglicher Monumentalität“ – Georg Ludwig Friedrich Laves in Hannover“ (24.-25. Februar 2014)
• Herrenhäuser Konferenz „Beyond the Intestinal Microbiome – From Signatures to Therapy“ (8.-10. Oktober 2014)
• Herrenhäuser Symposium: „Dual Use Research on Microbes: Biosafety, Biosecurity, Responsibility“ (10.-12. Dezember 2014)
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Verein zur Förderung des deutschen & internationalen Wissenschaftsrechts e.V. 1. Ziele und Organe des Vereins Der 1994 maßgeblich von den Professoren Dr. Hartmut Krüger (seinerzeit Direktor des Instituts für Deutsches und Europäisches Wissenschaftsrecht an der Universität zu Köln) und Dr. Dieter Leuze (ehemals Kanzler und Universitätsprofessor der früheren Gesamthochschule Essen und heutigen Universität Duisburg-Essen) gegründete Verein verfolgt gemäß seiner Satzung das Ziel, das Wissenschaftsrecht einschließlich seiner Bezüge zur gesamten Rechtsordnung sowie seiner interdisziplinären Bezüge auf nationaler und internationaler Ebene zu fördern. Hierzu gehören insbesondere die Analyse der politischen Diskussion zum Wissenschaftsrecht, die Dokumentation und Vorbereitung von Entwicklungen im Wissenschaftsrecht sowie deren Wirkungen in der Wissenschaft und der Wissenschaftsadministration. Der Verein nimmt dabei auch Strukturen und Organisation der Wissenschaftsverwaltung in den Blick, regt Forschungsvorhaben an und unterstützt diese vor allem durch die Vergabe eines Preises für Wissenschaftsrecht. Er veranstaltet in diesem Rahmen wissenschaftliche Tagungen und fördert den wissenschaftlichen Austausch auf nationaler und internationaler Ebene.
Die derzeit 80 Mitglieder des Vereins setzen sich insbesondere aus namhaften Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, aus Angehörigen von Wissenschaftsverwaltungen und Universitäten und wissenschaftlichen Institutionen – als korporative Mitglieder – der Bundesrepublik Deutschland, aus Österreich und der Schweiz zusammen.
Gremien des als gemeinnützig anerkannten Vereins sind der Vorstand, der wissenschaftliche Beirat und die Mitgliederversammlung.
Der Vorstand hat derzeit folgende Zusammensetzung:
Professor Ulf Pallme König (Vorsitzender seit 2008; Rechtsanwalt und Kanzler der Universität Düsseldorf a.D.)
Professor Dr. Klaus Anderbrügge (Kanzler der Universität Münster a.D.)
Professor Dr. Ulrike Gutheil (Kanzlerin der TU Berlin)
Dr. Werner Jubelius (Kanzler der Fachhochschule Münster a.D.)
Dr. Waltraud Kreutz-Gers (Kanzlerin der Universität Mainz)
Dr. Gisela Nagel (Rechtsanwältin und Kanzlerin der Fachhochschule Köln a.D.)
Professor Dr. Dieter Leuze (Ehrenvorsitzender seit 2008)
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Nachdem es gelungen ist, mit den beiden Kanzlerinnen Gutheil und Kreutz-Gers in 2014 zwei namhafte Nachfolgerinnen für die aus dem Vorstand ausgeschiedenen Kanzler Dr. Klaus Peters (ehemals Kanzler der damaligen Gesamthochschule und heutigen Universität Wuppertal) und Dr. Heiko Schulz (bis vor kurzem Kanzler der Bauhaus-Universität Weimar) zu gewinnen, besteht die Absicht, den Vorstand in den nächsten Jahren weiter personell in der Weise neu aufzustellen, dass die Vorstandsmitglieder ihre Erfahrungen aus einer aktiven beruflichen Tätigkeit heraus in die Arbeit des Vereins einbringen können.
Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats ist Dr. Hubert Detmer (2. Geschäftsführer des Deutschen Hochschulverbandes). Der Beirat berät den Vorstand bei der Führung der Geschäfte und gibt ihm Anregungen für die Förderung des Vereinszwecks.
Der Vorsitzende des Vereins ist ständiger Gast des Kanzlerarbeitskreises Fortbildung, mit dem der Verein durch eine gemeinsame Geschäftsstelle verbunden ist. Auf dieser Grundlage werden die jährlichen Veranstaltungen beider Institutionen in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht miteinander abgestimmt. Eine gute Zusammenarbeit gibt es zudem mit dem Zentrum für Wissenschaftsmanagement e.V. (ZWM), das – wie der Verein bezogen auf das ZWM – korporatives Mitglied des Vereins ist. Darüber hinaus besteht eine enge Verbindung zum seit 2006 jährlich stattfindenden Deutschen Hochschulrechtstag mit seinen derzeitigen vier Standorten in Hannover, Köln, Bonn und Erlangen. In diesem Zusammenhang hat der Verein auch den diesjährigen 10. Deutschen Hochschulrechtstag am 19. Mai 2015 in Bonn zum Thema „Hochschulfinanzrecht“ in angemessener Weise finanziell unterstützt.
2. Preis für WissenschaftsrechtDie zunehmende Bedeutung des Wissenschaftsrechtes (vgl. dazu Pallme König, „Die Entwicklung des Wissenschaftsrechts – Ein Blick zurück und nach vorn“ in Forschung und Lehre, 2/2014) hat vor vier Jahren zu der grundlegenden Entscheidung des Vereins geführt, erstmals in Deutschland, Österreich und der Schweiz Forschungsvorhaben auf dem Gebiet des Wissenschaftsrechtes durch die Vergabe eines mit 10.000 Euro dotierten Preises zu unterstützen. Mit diesem Preis, der regelmäßig vergeben werden soll, sollen herausragende Arbeiten prämiert werden, die der Fortentwicklung des Wissenschaftsrechtes dienen und von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in den letzten drei Jahren vor der jeweiligen Ausschreibung auf dem Gebiet des Wissenschaftsrechtes publiziert worden sind.
Erstmals wurde der Preis für Wissenschaftsrecht 2011 an Professor Dr. Klaus Ferdinand Gärditz (Universität Bonn) für seine wegweisende Habilitationsschrift „Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung“ verliehen.
Der Preis für Wissenschaftsrecht 2013 ging zu gleichen Teilen an Dr. Ilse-Dore Gräf für ihre Dissertationsschrift „Die wirtschaftliche Betätigung von Universitäten – Legitimation und Grenzen“, die an der Ruhr-Universität Bochum eingereicht wurde, und an Dr. Jörg Stalleiken für seine an der Universität Bonn eingereichte Dissertationsschrift „Drittmittelforschung im Einkommen- und Körperschaftssteuerrecht. Unter besonderer Beachtung der Abgrenzung steuerbarer wirtschaftlicher Tätigkeiten von steuerfreier hoheitlicher Betätigung staatlicher Hochschulen“.
Im Herbst dieses Jahres wird der Preis für Wissenschaftsrecht erneut verliehen werden, nachdem Bewerbungen bis Ende April 2015 eingereicht werden konnten.
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3. Fortbildungsveranstaltungen Der Verein führt seit seiner Gründung nach Maßgabe seiner Zielsetzung jährlich regelmäßig mehrere Fortbildungsveranstaltungen durch. Sie dienen vor allem der Vermittlung und Diskussion aktueller wissenschaftsrechtlicher Themen.
a) Für 2014 waren ursprünglich drei Veranstaltungen geplant, von denen jedoch nur eine realisiert werden konnte:
Am 27./28. März 2014 fand in Weimar mit 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein sehr erfolgreiches Seminar zum Thema „Novellierung der W-Besoldung durch die Länder – Konsequenzen für Professoren und Hochschulen“ statt. Die Veranstaltung richtete sich insbesondere an die Hochschulverwaltungen und -leitungen in ihrer Funktion als Verhandlungspartner in Berufungs- und Bleibeverfahren und an die maßgeblichen Gesetzgebungsorgane.
Ein für November 2014 in Hamburg vorgesehenes Fortbildungsseminar „Unternehmen gründen und fördern – Königsweg des Wissenstransfers oder rechtliche Sackgasse? Rechtliche Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit von Hochschulen und start-ups“ musste leider aus kurzfristig aufgetretenen organisatorischen Gründen abgesagt werden. Die Veranstaltung sollte sich bezogen auf Ausgründungen u. a. der Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit unternehmerischer Hochschulaktivitäten, den Restriktionen des europäischen Beihilferechts, der Bewertung und Übertragung des in der Hochschule entwickelten know-hows und Fragen des Arbeitnehmererfindungsrechtes widmen.
b) Die ursprünglich für Juni 2014 geplante Veranstaltung „Auf dem Weg zu einem europäischen Wissenschaftsrecht?“ wurde mit Blick auf einen nicht ausreichenden zeitlichen Vorlauf zur Gewinnung namhafter Referenten ebenfalls verschoben. Sie fand nunmehr am 26./27. März 2015 mit 75 Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Universität Luxemburg statt. Die Veranstaltung bot u.a. Vorträge zum europäischen Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit, zum Verbot der Altersdiskriminierung im Hochschulpersonalrecht, zum europäischen Beihilferecht und zur europäischen Forschungsförderung. Als Höhepunkt erwies sich eine Podiumsdiskussion zum Wert des Grundrechtsschutzes auf Europäischer Ebene, an der u.a. der Präsident des EuGH, Professor Dr. Skouris, und der Kammerpräsident am EuGH, Professor Dr. von Danwitz, teilnahmen. Mit der Veranstaltung, über die auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrer Ausgabe vom 4. April 2015 ausführlich berichtet hat, feierte der Verein sein 20jähriges Bestehen. Eine Dokumentation dieser Jubiläumsveranstaltung mit allen Referaten und dem wesentlichen Inhalt der Podiumsdiskussion soll noch in diesem Jahr in einem in einem Beiheft der Zeitschrift „Wissenschaftsrecht“ erfolgen.
Am 18./19. Juni 2015 fand ein weiteres Fortbildungsseminar zu der aktuellen Problematik des wissenschaftlichen Nachwuchses unter dem Titel „Wissenschaftlicher Nachwuchs: Rechtliche Probleme – Erwartungen – Perspektiven“ mit 85 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Potsdam statt. Die Veranstaltung widmete sich der mittlerweile auch in die politische Diskussion geratenen, immer prekärer werdenden Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses, indem u.a. Probleme der Promotion und Post-Doc-Phase, aktuelle Tendenzen im Befristungsrecht, Fragen einer leistungsbezogenen Vergütung sowie Karrierewege und –perspektiven für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Deutschland von namhaften Referenten aufgegriffen wurden.
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Die letzte Tagung in diesem Jahr wird am 5./6. November 2015 in Weimar zum Thema „Hochschul- und Fakultätsleitungen zwischen Professionalisierungsanspruch und Kollegialitätsprinzip“ stattfinden. Im Zentrum dieser Veranstaltung stehen das Berufsbild des Wissenschaftsmanagers, das – etwa in Gestalt von hauptamtlichen Dekanen und Dekaninnen und Vizepräsidenten und Vizepräsidentinnen bzw. Prorektoren und Prorektorinnen – zunehmend an Bedeutung gewinnt, und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen und die Freiheit von Forschung und Lehre. Der Themenbogen spannt sich von den rechtlichen Rahmenbedingungen über internationale Aspekte bis hin zu Berichten aus der Praxis von Hochschulmanagern.
c) Die Planungen für die Fortbildungsveranstaltungen im Jahr 2016 sind zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses für diesen Bericht noch nicht abgeschlossen. Das endgültige Programm wird der Vorstand voraussichtlich in seiner Augustsitzung auf den Weg bringen. Bisher in den Blick genommen sind folgende, mögliche Veranstaltungen:
Ein Seminar, das in Fortsetzung der Veranstaltung in Weimar 2014 die Novellierung der W-Besoldung erneut aufgreift. Eine solche weitere Veranstaltung ist deshalb von Bedeutung, weil mittlerweile alle Bundesländer neue Regelungen zur W-Besoldung unter Berücksichtigung der Anforderungen, die das BVerfG an die W2-Besoldung in Hessen gestellt hat, vorgenommen haben.
Eine weitere Veranstaltung könnte sich den rechtlichen Rahmenbedingungen im Hinblick auf Ausgründungen aus den Hochschulen widmen. Mit dieser Thematik könnte das ursprünglich für 2014 in Hamburg geplante Seminar nochmals aufgegriffen und unter Berücksichtigung aktueller Gegebenheiten wissenschaftsrechtlich neu fokussiert werden.
4. Mitgliederwerbung Angesichts der rasanten Entwicklung, die das Wissenschaftsrecht in den letzten Jahren genommen hat und unter Berücksichtigung der sich ständig verändernden wissenschaftspolitischen Rahmenbedingungen weiter nehmen wird, ist der Verein bestrebt, über das Bewährte hinaus auch neue Veranstaltungsformate zu entwickeln und der zunehmenden Internationalisierung Rechnung zu tragen. Darüber hinaus besteht ein wesentliches Anliegen des Vereins darin, neue Mitglieder zu gewinnen, die bereit sind, aktiv an der Entwicklung des Vereins mitzuarbeiten. Interessenten können sich jederzeit an die Geschäftsstelle des Vereins wenden: [email protected]
Rechtsanwalt Professor Ulf Pallme König, Vorsitzender des Vereins zur Förderung des deutschen & internationalen Wissenschaftsrechts und Kanzler der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf a.D.
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Zentrum für Wissenschaftsmanagement e.V. (ZWM) SpeyerIm vergangenen Jahr hat das ZWM die wie bereits in den vergangenen Jahren dynamische Entwicklung seines Weiterbildungs- und Beratungsangebots fortgesetzt.
Die Mitgliederentwicklung verläuft weiter positiv: Im Jahr 2014 konnten die Friedrich-Schiller-Universität Jena, die Otto von Guericke Universität Magdeburg, die Universität Siegen, die WHU Otto Beisheim School of Management und der Verein zur Förderung des deutschen & internationalen Wissenschaftsrechts als neue Mitglieder gewonnen werden, im laufenden Jahr kam noch die Hochschule Magdeburg-Stendal dazu.
Im Weiterbildungsbereich wurden 2014 rund 4.300 Personenschulungstage angeboten. Das ZWM konnte die etablierten »Spektrum«- und »Fokus«-Angebote erneut erfolgreich anbieten; ein neuer Lehrgang »Rechnungswesen im Wissenschaftsmanagement« wurde ebenso erfolgreich platziert wie diverse Workshop-Angebote mit breitgefächertem Themenspektrum von Personal- und Führungsthemen bis etwa zum Workshop »Evaluationen vorbereiten und begleiten«. Im Inhouse-Bereich wurde unsere Führungskräftereihe mit Geförderten der VW-Stiftung ebenso fortgesetzt wie das Standortprogramm zur Führungskräfteentwicklung in München. Das Spektrum der weiteren Inhouse-Projekte reichte von Konfliktmanagement mit NachwuchsgruppenleiterInnen der Deutschen Krebshilfe bis zu »Ratings & Rankings« mit erfahrenen ForschungsreferentInnen.
Die Angebotspalette umfasst zudem eine Reihe an Workshops, die neben bewährten Konzepten durch einige neue Formate ergänzt worden ist und im kommenden Jahr weiteren zusätzlichen Inhalten, insbesondere im Finanz- und Personalbereich, entgegen sieht. Weiterhin im Programm enthalten ist unter anderem der Workshop »Mediation und Konfliktmanagement für Ombudspersonen« im Auftrag der DFG, ein besonderes Angebot, das der spezifischen und wichtigen Funktion von Ombudspersonen und ihrer Bedeutung für gute wissenschaftliche Praxis Rechnung trägt.
Im Beratungsbereich baut das ZWM seine Aktivitäten systematisch aus. 2014 stand im Zeichen eines Change Management-Projekts an der Universität Siegen und der Konzeption und Organisation der Evaluierung der zentralen Verwaltung an einer großen Ressortforschungseinrichtung. Darüber hinaus hat das ZWM eine Institutsevaluation im Auftrag der Ludwig Boltzmann-Gesellschaft begleitet. Beim Robert-Koch-Institut Berlin wurde 2014 die kostengünstige Variante einer Evaluierung mit hohem Eigenanteil des Instituts realisiert. Eine Reihe kleiner Projekte – etwa im Bereich der Strategieentwicklung an Fakultäten – kamen dazu.
Weiterbildung für WissenschaftsmanagerInnen und WissenschaftlerInnen
Die Weiterbildungsangebote des ZWM richten sich an WissenschaftsmangerInnen und an WissenschaftlerInnen aller Disziplinen, die Managementaufgaben wahrnehmen – in Hochschulen, Forschungs- und Ressortforschungseinrichtungen, Förderorganisationen und Ministerien. Die verschiedenen Formate sprechen MitarbeiterInnen auf allen Stufen ihrer Berufsbiographie an – von EinsteigerInnen bis zu Führungskräften. Das ZWM hat sein Angebot in den vergangenen
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Jahren stetig erweitert, um der wachsenden Nachfrage nach qualifizierter Weiterbildung gerecht zu werden.
Die Weiterbildungsangebote des ZWM orientieren sich an den spezifischen Herausforderungen des Wissenschaftsbetriebs und setzen an der täglichen Arbeit der TeilnehmerInnen, ihren konkreten Wünschen und Bedürfnissen an. Erfahrene ExpertInnen gestalten das Programm als Tandem, sodass die TeilnehmerInnen Handlungsfelder und Lösungsansätze immer aus zwei Perspektiven kennenlernen. Praxisnähe hat für das ZWM höchste Priorität. Zu den Arbeitsformen zählen Fach- und Impulsvorträge, Diskussionen sowie Best- und Worst-Practice-Beispiele. Grundlage sind Situationen und Fälle aus dem beruflichen Alltag der TeilnehmerInnen (»Critical Incidents«). Der Erfahrungsaustausch unter den TeilnehmerInnen und mit den ReferentInnen kennzeichnet die Angebote. Alle Weiterbildungsprogramme werden fortlaufend evaluiert und weiterentwickelt.
Das ZWM-Weiterbildungsprogramm im Überblick In den »Spektrum«-Angeboten bearbeiten die TeilnehmerInnen eine ausgewählte Bandbreite an Handlungsfeldern. Diese themenübergreifenden Lehrgänge umfassen fünf bis achtzehn Weiterbildungstage und gliedern sich in der Regel in mehrere Module.
Der Lehrgang für WissenschaftsmanagerInnen bietet eine umfassende und grundlegende Ausbildung. Erfahrenen WissenschaftsmanagerInnen ermöglicht der Advanced Lehrgang eine fachlich konzentrierte Vertiefung. Das Junior Professional Management-Program (JPM) für Führungskräfte verbindet vertieftes Führungs- und Managementwissen mit einem MentorInnenprogramm. Spezifische Lehrgänge bietet das ZWM für Persönliche ReferentInnen, ForschungsreferentInnen oder FakultätsmanagerInnen an. Dazu kommt ein Lehrgang für Leitungs- und Führungskräfte an Hochschulen, die Entscheidung-, Budget- und Personalverantwortung tragen. Young Leaders in Science ist ein gemeinsames Programm von ZWM und Schering Stiftung, das Führungskräfte aus den Natur- und Lebenswissenschaften anspricht.
Die ein- bis dreitägigen Workshops aus der Sektion »Fokus« ermöglichen es den Teil-nehmerInnen, sich auf einem Fachgebiet des Wissenschaftsmanagements gezielt weiter zu qualifizieren. Die Workshops für Wissenschaftliche Nachwuchsführungskräfte richten sich insbesondere an NachwuchsgruppenleiterInnen aus Sonderforschungsbereichen, Emmy Noether-Geförderte und JuniorprofessorInnen, die Managementaufgaben wahrnehmen. Das DFG-Forum Hochschul- und Wissenschaftsmanagement ist speziell auf die Anforderungen von AdministratorInnen und WissenschaftlerInnen aus DFG-geförderten Programmen wie Sonderforschungsbereichen und Graduiertenschulen abgestimmt. Die ZWM-Workshops sind für Führungs- und Nachwuchskräfte aus Wissenschaft und Wissenschaftsmanagement konzipiert, die ihre Kompetenzen auf einem Arbeitsfeld schärfen möchten. In enger Kooperation mit dem Arbeitskreis Fortbildung im Sprecherkreis der deutschen Kanzlerinnen und Kanzler bietet das ZWM unter dem Titel »Beruf und Berufung – Coaching für KanzlerInnen« seit 2012 einen moderierten Erfahrungsaustausch an, der sich an Personen richtet, die ihr Amt vor kurzem übernommen haben und sich im Austausch weiter professionalisieren möchten.
Die Sektion »Horizont« umfasst Jahrestagung, Thementag, Expertengespräche und Coaching-Angebote.
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Unter dem Titel »State of the Art« veranstaltete das ZWM im Oktober 2014 seine Jahrestagung zum Thema »Karrierewege von NachwuchswissenschaftlerInnen zwischen Ruf und akademischem Prekariat« in München. Diese wie die ZWM-Thementage stellen Fachleuten aus Wissenschaft und Administration ein Forum bereit, um aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen im Wissenschaftsmanagement zu diskutieren und Kontakte zu knüpfen – der Thementag in Gießen widmete sich dem Thema »Wie wissenschaftsadäquat ist New Public Management?«. Ausgehend von individuellen Erwartungen entwickelt das ZWM Einzel-, Gruppen- und Team-Coachings für (Nachwuchs-)Führungskräfte.
Die maßgeschneiderten Inhouse-Weiterbildungen des ZWM decken das gesamte Themenspektrum des Wissenschaftsmanagements ab. Der berufsbegleitende Master-Studiengang »Wissenschaftsmanagement«, den das ZWM gemeinsam mit der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer anbietet, führt in vier Semestern zum Master of Public Administration (M.P.A.)und erfreut sich auch im nunmehr vierten Jahrgang sehr guter Nachfrage.
Expertenteams mit Systemwissen und Methoden-Know-how: Beratung Deregulierung sowie nationaler und internationaler Wettbewerb haben die Wissenschafts-landschaft in den vergangenen Jahren grundlegend verändert. Hochschulen und Forschungs-einrichtungen müssen sich unter den veränderten Rahmenbedingungen so aufstellen, dass sie ihre Missionen Lehre, Forschung und Wissenstransfer erfolgreich erfüllen können. Das ZWM unterstützt sie bei diesen Aufgaben, indem es Strategieprozesse moderiert, Evaluationen oder Vorhaben der Organisationsentwicklung begleitet und Studien durchführt.
Die Beratungsarbeit des ZWM basiert auf Systemwissen und Methoden-Know-how: Als größtes nationales Netzwerk im Wissenschaftsmanagement bringt es ExpertInnen zusammen, die umfassende fachliche Kompetenzen und Erfahrung in der Leitung von Wissenschaftsorganisationen haben. Auf diese Weise kann das ZWM projektbezogen passendes Wissen für verschiedenste Arbeitsfelder aktivieren – »aus dem System für das System«. Die Idee des kollegialen Lernens prägt die Beratungsphilosophie des ZWM: Die Expertise der involvierten Personen aus der jeweiligen Einrichtung wird mit dem Know-how der SpezialistInnen aus dem Netzwerk verknüpft, um gemeinsam Lösungswege zu erarbeiten. Ein/e ProjektleiterIn der ZWM-Geschäftsstelle koordiniert die Zusammenarbeit und übernimmt das Projektmanagement. Die eingesetzten Methoden und Instrumente richten sich nach den spezifischen Erfordernissen der Institutionen und der konkreten Projekte. Das ZWM bietet Fachwissen und Systemkenntnis gekoppelt mit der Perspektive von Außenstehenden.
»wissenschaftsmanagement-online« – Wissens- und Netzwerkplattform
»wissenschaftsmanagement-online« verbindet Akteure im Hochschul- und Wissenschafts-management und zeigt aktuelle Entwicklungen in der Gestaltung von Managementprozessen in Wissenschaftseinrichtungen auf. Das Internetportal ist Bibliothek und Netzwerk zugleich. Es gliedert sich in die drei Bereiche »Wissen«, »Menschen« und »Aktivitäten«.
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands Zentrum für Wissenschaftsmanagement e. V. Speyer
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Der Bereich »Wissen« umfasst rund 2.500 wissenschaftliche Aufsätze, Studien, Tagungsbeiträge, Rezensionen und Praxisberichte. Elf Themenfelder gliedern die Beiträge inhaltlich und liefern den LeserInnen fundiertes und anwendungsorientiertes Wissen. Die redaktionelle Betreuung des Portals sichert die Qualität der Inhalte.
In der Rubrik »Menschen« tauschen sich Nachwuchsführungskräfte, MitarbeiterInnen aus Verwaltungen, Leitungspersonen, WissenschaftlerInnen und HochschulforscherInnen aus, um gemeinsam Kompetenzen zu entwickeln. Offene und geschlossene Gruppen eröffnen Kommunikationsmöglichkeiten für den Wissensaustausch und die gemeinsame Projektarbeit. Ein eigenes Profil ermöglicht den NutzerInnen, ihre Kompetenzen darzustellen, sich in Diskussionsbeiträgen auszutauschen und ihr Berufsnetzwerk zu pflegen. Rund 4.000 Personen und 700 Organisationen präsentieren sich derzeit auf »wissenschaftsmanagement-online«. Eine Stellenbörse und ein Veranstaltungskalender im Bereich »Aktivitäten« ergänzen das Angebot. NutzerInnen finden hier aktuelle Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten speziell für WissenschaftsmanagerInnen. Alle Angebote der Plattform sind kostenlos und werbefrei.
Das ZWM hat das Bibliotheks- und Netzwerkportal 2008 mit Unterstützung der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V. ins Leben gerufen. Unterstützt wird die Plattform von wissenschaftlichen Institutionen, Verlagen und Zeitschriften. Als eine wichtige Säule der Arbeit des ZWM ist »wissenschaftsmanagement-online« Impulsgeber und Dienstleister – aus dem Wissenschaftssystem heraus für das Wissenschaftssystem. Ziel ist es, die Sichtbarkeit künftig weiter zu erhöhen und »wissenschaftsmanagement-online« als zentrale Kommunikationsplattform im Handlungsfeld Wissenschaftsmanagement zu etablieren. Die Erweiterung um Netzwerkfunktionen war ein wesentlicher Schritt in diese Richtung. Die weitere Profilierung wird durch die Aktivierung und Förderung neuer Funktionen angestrebt und durch eine transparente und nachhaltige Qualitätssicherung der Inhalte unterstützt. Langfristig soll die Plattform auch für ein internationales Zielpublikum attraktiv werden.
Hintergrund: Management für Wissenschaft Organisationen im Wissenschaftssystem haben heute mehr Handlungskompetenzen und Gestaltungsspielräume als je zuvor. Die neuen Verantwortungen gehen mit neuen Kompetenzen einher: Wissenschaftsmanagement wird für Universitäten, Hochschulen für angewandte Wissenschaften, Forschungseinrichtungen und Förderorganisationen zum Schlüsselfaktor, um Herausforderungen wie forcierten Wettbewerb und Mittelknappheit zu meistern. Strategische Steuerung, Mitarbeiterführung und Kommunikation, Innovations- und Finanzmanagement sind nur einige der Anforderungen, die sich daraus ergeben. Wissenschaftsmanagement setzt dem historisch gewachsenen Gegensatz zwischen akademischer Selbstorganisation und Verwaltung die Überzeugung entgegen, dass Wissenschaft und Management sich gegenseitig bedingen. Ziel ist es, die beiden Bereiche in ein gutes Zusammenspiel zu bringen, das für die gesamte Einrichtung wie auch für die Personen gewinnbringend ist.
Management bezeichnet den Zyklus der Zielsetzung, des Planens, des Steuerns und Organisierens sowie des Controllings. Im Wissenschaftssystem folgt dieser Prozess anderen Logiken als im privaten Sektor, weil Ziele und Rahmenbedingungen sich grundsätzlich unterscheiden. Wissenschaftliche Organisationen sind von Wissenschaftsfreiheit und Prozessoffenheit geprägt. Sie zeichnen sich durch selbstständige und eigenverantwortliche Suborganisationen aus, die durch ein gemeinsames Ziel lose miteinander verbunden sind.
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Kreative ExpertInnen arbeiten in hochautonomen dezentralen Einheiten am Erkenntnisfortschritt. Arbeitsverhältnisse sind in öffentlichen Institutionen anders ausgestaltet als in der Wirtschaft. Diese Rahmenbedingungen machen deutlich, dass sich Konzepte, Methoden und Instrumente des Managements aus den spezifischen Arbeitsbedingungen der Wissenschaft adäquat entwickeln müssen. Nicht Management von Wissenschaft, sondern Management für Wissenschaft ist das Ziel.
Aus der Wissenschaft für die WissenschaftDas Zentrum für Wissenschaftsmanagement e.V. (ZWM) Speyer arbeitet auf drei Handlungsfeldern, um das Wissenschaftsmanagement zu professionalisieren und um die Netzwerkbildung voranzutreiben: Es bietet zielgruppenspezifische Weiterbildung für WissenschaftsmanagerInnen und WissenschaftlerInnen an, berät wissenschaftliche Einrichtungen zum Beispiel in Organisationsentwicklungs-, Strategie- oder Evaluationsprozessen und betreibt die Wissens- und Netzwerkplattform »wissenschaftsmanagement-online«.
Das ZWM ist ein mitgliedergetragener, gemeinnütziger Verein mit Sitz in Speyer. 2002 als »Selbsthilfeorganisation« der deutschen Wissenschaft gegründet, agiert das ZWM bundesweit. Zu den derzeit 80 institutionellen Mitgliedern zählen Universitäten, Hochschulen für angewandte Wissenschaften, Forschungseinrichtungen, intermediäre Organisationen und Unternehmen. Als Plattform und Netzwerk fördert das ZWM den Austausch über die »Säulen« des deutschen Wissenschaftssystems hinweg und mit Partnern aus der Wirtschaft. Diese Struktur erlaubt es dem ZWM, ExpertInnen mit langjähriger Erfahrung passgenau für seine Weiterbildungs- und Beratungsangebote zu mobilisieren. Das ZWM nimmt Impulse, Herausforderungen und Bedürfnisse aus dem System auf, bündelt sie und setzt sie in Handlungen um – in Weiterbildungsprogramme, Beratungsleistungen und die Vernetzung der Akteure.
Weitere Informationen zum Zentrum für Wissenschaftsmanagement e.V. www.zwm-speyer.de www.wissenschaftsmanagement-online.de
Kontakt: Zentrum für Wissenschaftsmanagement e.V. (ZWM) Speyer Dr. Thorsten Mundi Geschäftsführer Tel: 06232 654-390 E-Mail: [email protected]
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Beschlüsse der Kultusministerkonferenz
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Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Die Umsetzung der Ziele des Bologna-Prozesses 2012 - 2015
Nationaler Bericht von Kultusministerkonferenz und
Bundesministerium für Bildung und Forschung
unter Mitwirkung von
HRK, DAAD, Akkreditierungsrat, fzs, DSW und Sozialpartnern
(12.02.2015)
Anlage 1
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I. Einleitung und Zusammenfassung ................................................... ............................................... 5
1. Der Bologna-Prozess auf einen Blick ................................................... ....................................... 5
1.1 Ziele und Instrumente des Bologna-Prozesses ................................................... ....................... 5
1.2 Beschlüsse der Ministerkonferenz 2012 ................................................... ................................. 6
1.3 Beteiligte am Bologna-Prozess (international und national) ................................................... .. 7
2. Wichtige Entwicklungen seit 2012 ................................................... ........................................... 8
2.1 International ................................................... ................................................... ......................... 8
2.2 National ................................................... ................................................... ............................. 10
3. Künftige Herausforderungen (national und international) ................................................... ..... 12
3.1 Herausforderungen im internationalen Kontext ................................................... ................... 12
3.2 Herausforderungen im nationalen Kontext................................................... ........................... 12
II. Die Entwicklungen im Einzelnen ................................................... ............................................... 14
1. Studienangebot und Studierende ................................................... ............................................ 14
1.1 Entwicklung der Studierendenzahl ................................................... ....................................... 14
1.2 Stand der Umsetzung der Studienreform im ersten und zweiten Zyklus ................................ 14
1.3 Studiendauer und Studienabbruch ................................................... ........................................ 15
1.4 Übergang in den Master ................................................... ................................................... .... 16
1.5 Zugang und Zulassung zum Masterstudium ................................................... ......................... 16
1.6 Notentransparenz ................................................... ................................................... ............... 17
2. Internationalisierung der Hochschulen in Deutschland ................................................... .......... 18
3. Mobilität von Studierenden, Nachwuchswissenschaftlern und Hochschulpersonal ................. 20
3.1 Studierendenmobilität: Deutsche Studierende im Ausland ................................................... .. 20
3.2 Studierendenmobilität: Ausländische Studierende in Deutschland ......................................... 23
3.3 Wissenschaftlermobilität ................................................... ................................................... ... 23
4. Anerkennung von Studienleistungen innerhalb Deutschlands und Europas ............................. 26
4.1 Die Lissabon-Konvention ................................................... ................................................... .. 26
4.2 Das Anerkennungsgesetz................................................... ................................................... ... 27
4.3 Zentrale Akteure bei Anerkennungsfragen im Hochschulbereich ........................................... 27
4.4 Entwicklung der Anerkennungsrate von im Ausland erbrachten Studienleistungen .............. 27
4.5 Maßnahmen zur Unterstützung bei Anerkennungsfragen ................................................... .... 28
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- 4 -
4.6 Weitere Ansatzmöglichkeiten ................................................... ............................................. . 29
5. Soziale Dimension ................................................... ................................................... ................... 30
5.1 Hochschulpakt 2020 und Qualitätspakt Lehre ................................................... ...................... 30
5.2 Hochschulzugang und soziale Herkunft ................................................... ............................... 31
5.3 BAföG und BAföG-Änderungsgesetz ................................................... .................................. 31
5.4 Soziale Hochschulinfrastruktur ................................................... ............................................ 33
6. Lebenslanges Lernen ................................................... ................................................... ............... 34
6.1 Flexible Studienwege ................................................... ................................................... ........ 34
6.1.1 Erleichterter Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte .............................................. 34
6.1.2 Angebot der Hochschulen für verschiedene Studierendengruppen .................................. 35
6.1.3 Erste Erfolge ................................................... ................................................... ............... 35
6.2 Übergänge zwischen beruflicher und akademischer Bildung ................................................. 36
6.3 Bund-Länder Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ ........................... 37
7. Qualitätssicherung ................................................... ................................................... ................... 37
7.1 Stand der Akkreditierung in Deutschland ................................................... ............................ 38
7.1.1 Charakteristika des deutschen Akkreditierungssystems ................................................... 38
7.1.2 Programm-, System- und institutionelle Akkreditierung.................................................. 39
7.2 Experimentierklausel ................................................... ................................................... ......... 40
7.3 Beteiligung der Studierenden ................................................... ............................................... 41
7.4 Internationale Vernetzung ................................................... ................................................... . 41
7.5 Erleichterung für Joint Programmes ................................................... ..................................... 42
7.5.1 Definition der Joint Programmes ................................................... ................................... 42
7.5.2 Akkreditierung von Joint Programmes ................................................... .......................... 42
7.5.3 Gemeinsamer Europäischer Ansatz zur Qualitätssicherung ............................................. 43
7.5.4 Qualitätssicherung von transnationalen Studiengängen ................................................... 43
8. Die neuen Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt ................................................... ............................ 44
8.1 Privatwirtschaft und Öffentlicher Dienst ................................................... .............................. 45
8.2 Wege im Studium und Übergang ins Berufsleben ................................................... ............... 45
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58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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Bericht der Bundesregierung über die Umsetzung des Bologna-Prozesses 2012-2015 in
Deutschland
I. Einleitung und Zusammenfassung
1. Der Bologna-Prozess auf einen Blick
1.1 Ziele und Instrumente des Bologna-Prozesses
Deutschland hat - neben Frankreich, Italien und Großbritannien - als
Teilnehmerstaat der Konferenz der für Bildung zuständigen Ministerinnen und
Minister an der Universität Sorbonne im Mai 1998 die Grundlage eines
gemeinsamen Rahmens für die europäische Hochschulbildung geschaffen, die in
der Sorbonne-Erklärung erstmals festgeschrieben wurde. Bereits ein Jahr später, am
19. Juni 1999, schlossen sich 30 europäische Staaten1 in der italienischen
Universitätsstadt Bologna dieser Idee an und legten mit der Bologna-Erklärung den
Grundstein für einen Europäischen Hochschulraum (EHR), der inzwischen 47
Mitgliedstaaten umfasst.
In der Bologna-Erklärung verständigten sich die Unterzeichnerstaaten auf sechs
Kernziele für die Etablierung des Europäischen Hochschulraums:
die Einführung gestufter Studiengänge (undergraduate/graduate),
die Vereinfachung der Anerkennung,
die Einführung eines Kreditpunktesystems wie ECTS,
die europäische Zusammenarbeit im Bereich der Qualitätssicherung,
die Förderung der Mobilität der Hochschulangehörigen und
die Stärkung einer europäischen Dimension der Hochschulbildung.
Erweitert wurde der Zielkatalog bei den Folgekonferenzen in Prag (2001) und
Berlin (2003) um folgende Punkte:
Lebenslanges Lernen,
Einbeziehung der Hochschulen und Studierenden,
1 Liechtenstein wurde nachträglich als ursprünglicher Unterzeichnerstaat aufgenommen.
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Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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Schlüsselkompetenzen vermitteln, sondern sie darüber hinaus zu selbstbewussten
und kritischen Menschen heranbilden soll.
1.3 Beteiligte am Bologna-Prozess (international und national)
Zu den wichtigen Akteuren gehören mit den Mitgliedsstaaten die Europäische
Kommission, der Europarat, die European University Association (EUA), die
European Association of Institutions in Higher Education (EURASHE), die
European Association for Quality Assurance in Higher Education (ENQA), das
European Quality Assurance Register (EQAR), die European Students' Union
(ESU), der europäische Arbeitgeberverband BusinessEurope und Education
International (EI).
Zwischen den Ministerkonferenzen finden - mindestens zweimal jährlich - Treffen
der Bologna Follow-Up Group (BFuG) statt, in der die Regierungen der
Mitgliedstaaten und die Organisationen auf hoher Beamtenebene vertreten sind.
Den Vorsitz der BFuG teilen sich im Halbjahresturnus die jeweilige EU-
Präsidentschaft und ein Nicht-EU-Land. Von deutscher Seite nehmen je ein
Vertreter des BMBF und der Länder an den Sitzungen der BFuG teil. Deutschland
bringt sich darüber hinaus durch die Beteiligung der nationalen Akteure in den
diversen Arbeitsgruppen aktiv in den BFuG-Arbeitsprozess ein.
Organisatorische Unterstützung erhält die BFuG durch das Bologna-Sekretariat, das
jeweils von dem Gastland der folgenden Ministerkonferenz gestellt wird. Die
Website des Bologna-Sekretariats4 enthält Informationen über Ziele und Inhalte des
Bologna-Prozesses, über die Mitgliedsländer und Organisationen sowie die
internationalen Seminare, die zu den verschiedenen Bereichen des Bologna-
Prozesses angeboten werden.
In Deutschland obliegt die Umsetzung der Reformen Bund, Ländern und
Hochschulen im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten. Begleitet wird der
Reformprozess durch die Bund-Länder Arbeitsgruppe "Fortführung des Bologna-
Prozesses" unter dem gemeinsamen Vorsitz des BMBF und der Länder. An ihr
wirken auch Vertreter der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), des Deutschen
Akademischen Austauschdienstes (DAAD), des Akkreditierungsrats, der
4 www.ehea.info
332
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 8 -
Studierenden (fzs), der Arbeitgeber (BDA), der Gewerkschaften (GEW) und des
Deutschen Studentenwerks (DSW) mit. Wie im internationalen Gesamtkontext des
Bologna-Prozesses bildet damit die konstruktive Einbindung von Stakeholdern
auch für Deutschland ein herausragendes Merkmal der Zusammenarbeit.
2. Wichtige Entwicklungen seit 2012
2.1 International
Auf europäischer Ebene wird der Hochschulreformprozess von der Bologna
Follow-Up Group (BFuG) und dem Bologna-Sekretariat koordiniert. Der
Arbeitsplan der BFUG für die Reformphase 2012-2015 orientiert sich an den drei
prioritären Zielen des Bukarest-Kommuniqués: Qualitativ hochwertige
Hochschulbildung für Studierende, Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit von
Absolventinnen und Absolventen und Stärkung der Mobilität.
Um diese Ziele auf eine operative Ebene zu übersetzen, richtete die BFuG für den
Zeitraum von 2012-2015 vier Hauptarbeitsgruppen ein. Sie erarbeiten u.a.
Vorschläge und Empfehlungen zur weiteren Umsetzung der Bologna-Reformen,
die in großen Teilen auch der Ministerkonferenz in Armenien im Mai 2015
vorgelegt werden und – nach positivem Beschluss – Eingang in das Jerewan-
Kommuniqué finden sollen. Inhaltlich konzentrieren sich die vier Arbeitsgruppen
auf folgende Bereiche:
Berichterstattung über die Umsetzung des Bologna-Prozesses,
Strukturreformen (Qualitätsrahmen, Anerkennung, Qualitätssicherung,
Transparenz),
Soziale Dimension und lebenslanges Lernen,
Mobilität und Internationalisierung.
Besonderes Augenmerk richteten die Arbeitsgruppen auf folgenden Themen:
Überarbeitung der Europäischen Standards und Richtlinien (ESG),
Gemeinsamer Europäischer Ansatz zur Qualitätssicherung von internationalen
Studiengängen,
Noch stärkere Fokussierung des Studienangebots auf Lernergebnisse,
insbesondere durch Überarbeitung des Handbuchs zur Nutzung des European
Credit Transfer Systems (ECTS),
333
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 9 -
Anerkennung von non-formalem und informellem Lernen,
Mobilität von Hochschulmitarbeiterinnen und -mitarbeitern (wissenschaftliches
und nicht-wissenschaftliches Personal),
Mitnahmefähigkeit von finanzieller Förderung (portability of grants and loans)
sowie Mobilität von Lehramtsstudierenden.
Die Überarbeitung der Europäischen Standards und Richtlinien (ESG) durch die
Arbeitsgruppe für Strukturreformen ist im Kontext der Qualitätssicherung von
besonderer Bedeutung. Die ESG bilden die methodologische Grundlage für die
Qualitätssicherung der Hochschulen im Europäischen Hochschulraum. Es ging vor
allem darum, sie verständlicher zu formulieren. Ein weiteres wichtiges Ergebnis des
BFuG-Arbeitsprozesses ist die Überarbeitung des Handbuchs zur Nutzung von
ECTS: Es wurde insbesondere dahingehend erweitert, dass Lernergebnisse und
Arbeitsumfang operationalisiert und messbar und damit in Form von Credits besser
abbildbar gemacht werden.
Der in Jerewan zum Beschluss vorliegende gemeinsame Europäische Ansatz zur
Qualitätssicherung von internationalen Studiengängen („European Approach“)
stellt einen entscheidenden Schritt für die Verschlankung der Akkreditierung
solcher Studiengänge dar: Das neue Verfahren soll dann durch eine einzige – (auch
ausländische) Agentur – auf der Grundlage gemeinsamer europäischer Standards
(Europäische Standards und Richtlinien (ESG), Qualifikationsrahmen für den
Europäischen Hochschulraum (QF-EHR) und des European Credit Transfer System
(ECTS)) durchgeführt werden können.
Deutschland bringt sich in den Prozess durch Beteiligung an der BFuG, den
Arbeitsgruppen und Konferenzen ein und hat die Erarbeitung des European
Approach erheblich beeinflusst sowie maßgeblich zu Empfehlungen zur
Verbesserung der Mobilität von Hochschulmitarbeitern (wissenschaftliches und
nicht-wissenschaftliches Personal) und Richtlinien zur Mitnahmefähigkeit von
finanzieller Förderung (Auslands-BAföG, Stipendien) beigetragen.
Mit der „Strategie der Wissenschaftsminister/innen von Bund und Ländern für die
Internationalisierung der Hochschulen in Deutschland“ (im folgenden Text:
gemeinsame Strategie für die Internationalisierung der Hochschulen in
Deutschland) hat Deutschland auch anderen Ländern Impulse für deren
334
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 10 -
Internationalisierungsstrategien gegeben. Einige der möglichen Themen für die
kommende Ministerkonferenz sind ebenfalls schon in der Bund-Länderstrategie
angelegt, wie z.B. die besondere Bedeutung der Mobilität von
Lehramtsstudierenden.
2.2 National
Die Wissenschaftsministerinnen und -minister von Bund und Ländern haben die
hohe Bedeutung der Internationalisierung als zentralen Baustein der institutionellen
Profilierung für die Hochschulen bestätigt und hierzu im April 2013 eine
gemeinsame Strategie verabschiedet.5 Die Umsetzung der gemeinsamen
Internationalisierungsziele erfolgt durch die Länder und den Bund in je eigener
Verantwortlichkeit im Rahmen der verfassungsmäßigen Zuständigkeiten und unter
Respektierung der Hochschulautonomie.
Seit der letzten Berichterstattung im Jahr 2012 hat die Zahl der Studierenden in
Deutschland weiter zugenommen Im Wintersemester 2014/2015 studieren rund 2,7
Mio. Studierende an deutschen Hochschulen.
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der Bemühungen um die
Herstellung sozialer Chancengleichheit wurden im Sinne des Lebenslangen Lernens
die Bemühungen verstärkt, die Hochschulen für neue Studierendengruppen zu
öffnen. Hier wurden mit den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz für den
„Hochschulzugang für beruflich qualifizierte Bewerber“ vom 03. Juni 2009 und für
die „Anrechnung von außerhalb des Hochschulwesens erworbenen Kenntnissen
und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium“ vom 28. Juni 2002 und 18. September
2008 die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen. Durch die Anwendung
dieser Beschlüsse konnte die Zahl der beruflich Qualifizierten ohne schulische
Hochschulzugangsberechtigung unter den Studienanfängern seit 2000 [auf über
12.000] verzehnfacht werden. Die BMBF-Initiative ANKOM und der Bund-
Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ unterstützen
die Hochschullandschaft zudem dabei, Best-Practice-Beispiele zu entwickeln. Auf
die steigende Studierendennachfrage reagieren Bund und Länder erfolgreich mit
dem Hochschulpakt 2020. Der Bund stellt hierfür von 2007 bis einschließlich 2023
bis zu 20,2 Mrd. € zur Verfügung, die Länder bis zu 18,6 Mrd. €. 5 www.bmbf.de/pubRD/Internationalisierungsstrategie_GWK-Beschluss_12_04_13.pdf
335
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 11 -
Die Umstellung auf die gestuften Studiengänge ist mit Ausnahme der staatlich
geregelten Studiengänge (insbesondere Medizin und Rechtswissenschaften)
weitestgehend abgeschlossen. Im Wintersemester 2013/14 führten 87,4 % aller
Studiengänge zu Bachelor- und Masterabschlüssen gegenüber 85 % im
Wintersemester 2010/11.6 Einige Länder stellten bei den Lehramtsstudiengängen
auf Bachelor und Master um.
Der Aufbau des Akkreditierungssystems in Deutschland war bislang von der
zeitgleich zu bewältigenden Umsetzung der Studienstrukturreform (Stufung,
Modularisierung, Umstellung auf studienbegleitende Prüfungen etc.) geprägt. Diese
Umsetzungsphase ist inzwischen weitgehend abgeschlossen. Gemäß seiner am 13.
Dezember 2013 verabschiedeten strategischen Planung wird der Akkreditierungsrat
in seiner Amtsperiode bis Februar 2017 die Studienqualität stärker in den
Vordergrund der Akkreditierung stellen. Im August 2014 waren ca. 60 % der in der
Datenbank der Hochschulrektorenkonferenz eingetragenen Bachelor-/Master-
Studiengänge akkreditiert. Eine Systemakkreditierung haben 20 der ca. 400
deutschen Hochschulen erfolgreich abgeschlossen, an weiteren 30 läuft derzeit ein
entsprechendes Verfahren. Zur Weiterentwicklung des gesamten Bereichs der
Qualitätssicherung an Hochschulen hat der Akkreditierungsrat im Oktober 2014
eine Ausschreibung zur Erprobung neuer Ansätze der Qualitätssicherung und -
verbesserung in Studium und Lehre („Experimentierklausel“) herausgegeben.
Einen bedeutenden Schritt zur Verbesserung der Notentransparenz hat die
Kultusministerkonferenz mit ihrer Grundsatzentscheidung vom 07. Februar 2013
zur Einführung des Prozentrangs neben der absoluten Note vollzogen. Im Mai 2014
hat sich die Kultusministerkonferenz darauf verständigt, die rechtlichen und
tatsächlichen Voraussetzungen für die Einführung des Prozentrangs und seine
Berücksichtigung als Zugangs- bzw. Zulassungsvoraussetzung bis zum 01. Januar
2017 zu schaffen.
Mit der Ratifizierung des „Übereinkommen(s) über die Anerkennung von
Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region“ (Lissabon-
Konvention) in Deutschland am 01. Oktober 2007 und der Verankerung der
6 Die staatlich geregelten und kirchlichen Studiengänge machten im Wintersemester 2013/14 einen Anteil von 10,2 % aus.
336
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 12 -
Grundsätze des Übereinkommens in den ländergemeinsamen Strukturvorgaben der
Kultusministerkonferenz vom 10. Oktober 2003 i.d.F. vom 04. Februar 2010
wurden die wesentlichen rechtlichen Rahmenbedingungen für die Anerkennung
von im Ausland erbrachten Studienleistungen geschaffen.
3. Künftige Herausforderungen (national und international)
3.1 Herausforderungen im internationalen Kontext
Im internationalen Kontext werden in den nächsten Jahren mit Blick auf das Jahr
2020 die Weichen zur weiteren Entwicklung des Europäischen Hochschulraums
gestellt. Im Vorfeld der Jerewan-Konferenz diskutiert die BFuG auf der Grundlage
der bisherigen Erfahrungen im Bologna-Prozess und dem Europäischen
Hochschulraum neue gemeinsame Ziele und Formen der Zusammenarbeit. Die
deutschen Vertreter in der BFuG bringen sich in Abstimmung mit den Stakeholdern
in diesen Prozess ein. Schwerpunktthemen im internationalen Kontext sind
weiterhin Mobilität, Anerkennung, Qualitätssicherung, Förderung des
Lebenslangen Lernens und die soziale Dimension.
3.2 Herausforderungen im nationalen Kontext
Zu den Schwerpunkten bei der Umsetzung der Ziele des Bologna-Prozesses in
Deutschland gehören die Konsolidierung und Optimierung des
Umsetzungsprozesses. Im Hinblick auf die wachsende Studierneigung, die
demografische Entwicklung und die heterogener werdende Studierendenschaft
kommt der verbesserten finanziellen Ausstattung der Hochschulen und der
Studentenwerke unter Berücksichtigung der haushaltspolitischen Konsolidierung
weiterhin eine besondere Bedeutung zu. Besonderer Handlungsbedarf ergibt sich
zur Förderung der Mobilität und der Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit der
Studierenden in folgenden Bereichen:
Umstellung der Studiengänge, die zu staatlichen Abschlüssen führen, auf die
gestufte Studienstruktur unter Berücksichtigung der jeweiligen spezifischen
fachlichen und beruflichen Anforderungen,
Einführung des Prozentrangs (ECTS-Note),
Umsetzung der gemeinsamen Strategie für die Internationalisierung der
Hochschulen in Deutschland,
Erreichen der Mobilitätziele,
337
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 13 -
Praktische Umsetzung der Anerkennungsgrundsätze der Lissabon Konvention,
Verbesserung des Studienerfolgs,
Weiterer Ausbau des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte,
Schaffung eines förderlichen Umfelds (supportive environment) für
Hochschulbeschäftigte.
338
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 14 -
II. Die Entwicklungen im Einzelnen
1. Studienangebot und Studierende
1.1 Entwicklung der Studierendenzahl
Die Studierendenzahl ist in Deutschland in den letzten Jahren weiterhin stark
gestiegen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im Wintersemester
2013/2014 insgesamt rund 2.616.800 Studierende eingeschrieben, darunter 301.350
ausländische Studierende. Dies bedeutet eine Steigerung von knapp 400.000
Studierenden (ca. 18 %) gegenüber dem Wintersemester 2010/11. Bei den
ausländischen Studierenden hat die Zahl um mehr als 49.000 zugenommen, was
einer Steigerung von fast 20 % entspricht. Im Studienjahr 2013 verzeichnete die
Zahl der Studienanfänger mit 508.600 mit einem Anteil von 57,4 % (bereinigt um
den Effekt der um ein Jahr verkürzten Oberstufe (G8): 53,1 %) an der Bevölkerung
des entsprechenden Altersjahrgangs wieder eine leichte Zunahme gegenüber dem
Vorjahr (495.088).
1.2 Stand der Umsetzung der Studienreform im ersten und zweiten Zyklus
Die deutschen Hochschulen haben im Wintersemester 2013/14 7.477 Bachelor- und
7.067 Masterstudiengänge, 1.698 Studiengänge mit staatlichem und kirchlichem
Abschluss sowie 392 übrige Studiengänge angeboten. Damit machen die 14.544
Bachelor- und Masterstudiengänge 87,4 % des Angebots an Studiengängen an
deutschen Hochschulen aus. Dies bedeutet einen leichten Anstieg gegenüber
86,6 % im Vorjahr und somit nahezu die komplette Umstellung mit Ausnahme der
staatlich geregelten und kirchlichen Studiengänge.
Besonders weit fortgeschritten ist die Umstellung an den Fachhochschulen: 98,5 %
aller Studiengänge schließen mit Bachelor oder Master ab. An den Universitäten
liegt der Anteil bei rund 83 %, wobei insbesondere Studiengänge mit staatlichen
oder kirchlichen Abschlüssen noch nicht umgestellt sind. An Kunst- und
Musikhochschulen führen mittlerweile 76 % der Studiengänge zu einem der
gestuften Abschlüsse. Hier hat sich der Anteil seit dem Wintersemester 2011/12
von 64 % beständig gesteigert.
Entsprechend ist auch die Zahl der Studierenden in den gestuften Studiengängen
gestiegen. Im Wintersemester 2013/14 waren knapp 1.985.000 der insgesamt rund
2.616.800 Studierenden in einem Bachelor- oder Masterstudiengang immatrikuliert,
339
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 15 -
was mit 75,8 % mittlerweile mehr als drei Viertel der Studierendenschaft ausmacht.
Der Blick auf die Studienanfänger im ersten Fachsemester, wo der Anteil in der
Zwischenzeit bei 84,8 % liegt, gibt Aufschluss über die weitere Entwicklung.
1.3 Studiendauer und Studienabbruch
Durch die Bologna-Reform kann in Deutschland mit dem Bachelor ein erster
berufsqualifizierender Studienabschluss in kürzerer Zeit erreicht werden. 2012 lag
der Medianwert für Bachelor-Abschlüsse bei 7 Semestern bei einer
Regelstudienzeit zwischen 6 und 8 Semestern, für Diplom (Uni) und entsprechende
Abschlüsse bei 12,8 Semestern bei einer Regelstudienzeit zwischen 8 und 10
Semestern. Für Absolventen, die einen Bachelor und Master unmittelbar konsekutiv
studierten, betrug die Gesamtstudiendauer bei einer Regelstudienzeit von 10
Semestern im Jahr 2010 durchschnittlich 11,2 Semester und lag damit unter den
Studienzeiten für Diplom- und vergleichbare Abschlüsse. Für das Jahr 2012 sank
diese Zahl weiter auf 10,8 Semester.
Der erste berufsqualifizierende Studienabschluss bietet den Absolventen vielfältige
Möglichkeiten: Sie können direkt und deutlich früher als nach traditionellen
Studiengängen in den Beruf einsteigen und später ein - ggf. berufsbegleitendes -
Masterstudium absolvieren oder sich direkt für ein weiterführendes Studium im
Europäischen Hochschulraum oder darüber hinaus entscheiden.
Berechnungen des Deutschen Zentrum(s) für Hochschul- und
Wissenschaftsforschung (DZHW) zur Entwicklung der Studienabbruchquoten an
den deutschen Hochschulen (2014) ergeben ein differenziertes Bild: Vergleicht
man die Absolventenjahrgänge 2006 und 2012, so ist die Abbruchquote bei
deutschen Bachelor-Studierenden insgesamt von 30 % auf 28 % gesunken. Nach
Hochschultypen aufgeschlüsselt hat sie sich an Universitäten von 25 % auf 33 %
erhöht. Positiv hingegen ist die Entwicklung an den Fachhochschulen: Hier ist die
Abbruchquote von 39 % auf 23 % gesunken. Fächergruppenspezifisch fallen die
Entwicklungen unterschiedlich aus.
Erstmals hat das DZHW 2012 auch Abbruchquoten für das Masterstudium
ermittelt. Demnach brechen an Universitäten 11 % und an Fachhochschulen 7 % ihr
Masterstudium ab.
340
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 16 -
1.4 Übergang in den Master
Derzeit schließen viele Bachelorabsolventen eine weitere Qualifikation an – in der
Regel ein Masterstudium. Nach der letzten Absolventenerhebung des DZHW sind
dies 61 % an den Fachhochschulen und 81 % an den Universitäten.
Insgesamt zeigten sich die Bachelorabsolventen bei der Wahl der Hochschule für
das Masterstudium regional sehr mobil. Von den neuen Masterstudierenden haben
zwei Fünftel (41 %) die Hochschule gewechselt, von den (wenigen), die ein
Masterstudium noch planen, sind es sogar mehr als vier Fünftel (83 %), die die
Hochschule wechseln wollen.
Die durch den Bologna-Prozess eröffnete Option, das Masterstudium an einer
anderen Art von Hochschule aufzunehmen, wird von den Bachelorabsolventen an
Fachhochschulen deutlich häufiger genutzt als von denjenigen an Universitäten.
Gut zwei Drittel der FH-Bachelorabsolventen, die sich für ein Masterstudium
entschieden haben, nehmen dies an einer Fachhochschule auf; ein knappes Drittel
der FH-Absolventen mit Masterentscheidung hat sich für ein universitäres
Masterstudium entschieden. Für die Bachelorabsolventen von Universitäten sind
die Fachhochschulen für das Masterstudium nur in Ausnahmefällen eine Option.
1.5 Zugang und Zulassung zum Masterstudium
Grundsätzlich berechtigen alle Bachelorabschlüsse im Sinne einer formalen
Zugangsberechtigung zur Aufnahme eines Masterstudiengangs. Gemäß den
ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und
Masterstudiengängen vom 04. Februar 2010 können zur Qualitätssicherung oder
aus Kapazitätsgründen weitere Voraussetzungen für den Zugang bzw. die
Zulassung zu einem Masterstudiengang bestimmt werden. Diese Voraussetzungen
legen die Hochschule in eigener Zuständigkeit fest. Sie beziehen sich auf fachlich-
inhaltliche Qualifikationen, die durch eine Eingangsprüfung, eine berufliche
Vorqualifikation oder notwendige Sprachkenntnisse nachzuweisen bzw.
einzubringen sind.
Hiervon zu unterscheiden sind Zulassungsbeschränkungen, die aufgrund begrenzter
Kapazitäten erfolgen. Seit dem Wintersemester 2010/11 erhebt die
Kultusministerkonferenz (KMK) jährlich die Anzahl der Masterstudiengänge mit
einer örtlichen Zulassungsbeschränkung sowie die Anzahl der möglichen Plätze.
341
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 17 -
Die Erhebung für das Wintersemester 2013/14 ergab, dass 74,1 % der
Masterstudiengänge keiner Zulassungsbeschränkung unterlagen. Im
Wintersemester 2013/14 blieben 3.861 von 44.903 Studienplätzen in örtlich
zulassungsbeschränkten Masterstudiengängen unbesetzt. Der Anteil der unbesetzt
gebliebenen Studienplätze ist damit von 20 % im Wintersemester 2010/11, 15 % im
Wintersemester 2011/12 auf 8,6 % im Wintersemester 2013/14 zurückgegangen.
Für eine verlässliche Vorausschau steht nach wie vor kein valides Mess- und
Prognoseinstrument für das Übergangsverhalten vom Bachelor- in das
Masterstudium zur Verfügung. Die bislang veröffentlichten Studien zum
Nachfragepotenzial bei Masterstudienanfängern (INCHER, CHE und zuletzt
DZHW) verwenden unterschiedliche Parameter bzw. Modellrechnungen und
kommen daher in der Gesamtschau zu unterschiedlichen Ergebnissen.
1.6 Notentransparenz
Die Kultusministerkonferenz hat am 07. Februar 2013 die Grundsatzentscheidung
getroffen, zusätzlich zur absoluten Note den Prozentrang einzuführen. Grundlage
dieses Beschlusses war das gemeinsam mit Vertretern der
Hochschulrektorenkonferenz erarbeitete Modell, den Prozentrang von
Absolventinnen und Absolventen auf der Grundlage der ECTS-Notenstatistik für
eine definierte Studiengangskohorte zu ermitteln und neben der absoluten Note auf
der Grundlage der deutschen Notenskala auszuweisen. Vor dem Hintergrund
unterschiedlicher Notenkulturen an den Hochschulen und in den Fächern soll damit
im Rahmen von Zulassungsverfahren zu Masterstudiengängen, die häufig das
Erreichen einer Mindestnote mit dem ersten Hochschulabschluss vorsehen, eine
transparente und objektive Bewertung erleichtert und Chancengleichheit
gewährleistet werden. Gleichzeitig soll das Problembewusstsein in den
Fachbereichen für die vielfach sehr einseitigen Notenkulturen geschärft und
zumindest langfristig eine Veränderung der Notenpraxis an den Hochschulen
angestoßen werden.
Auf der Grundlage eines weiteren, ebenfalls mit der Hochschulrektorenkonferenz
erarbeiteten Berichtes zur Umsetzung und rechtlichen Ausgestaltung des
Prozentrangs hat sich die Kultusministerkonferenz im Mai 2014 darauf verständigt,
die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für die Einführung des
Prozentrangs und seine Berücksichtigung als Zugangs- bzw.
342
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 18 -
Zulassungsvoraussetzung bis zum 01. Januar 2017 zu schaffen. Bis dahin wird die
Hochschulrektorenkonferenz einen Modellversuch zur technischen Realisierung des
Prozentrangsystems und zu den Auswirkungen auf die Gesamtnotenbildung an
geeigneten Hochschulen durchführen. Noch offene rechtliche Fragen werden durch
ein Rechtsgutachten geklärt.
2. Internationalisierung der Hochschulen in Deutschland
Am 26. und 27. April 2012 haben die Wissenschaftsministerinnen und -minister aus den
47 Bologna-Staaten in Bukarest die Mobilitätsstrategie 2020 für den Europäischen
Hochschulraum (EHR) beschlossen. Diese beinhaltet, dass alle Mitgliedstaaten des
EHR ihre eigene Internationalisierungs- und Mobilitätsstrategie mit konkreten
Vorgaben und messbaren Mobilitätszielen entwickeln und umsetzen.
Internationalisierung ist ein zentraler Baustein der institutionellen Profilentwicklung der
deutschen Hochschulen und als wesentliches Instrument der Qualitätsentwicklung
zugleich Motor der Hochschulreform. Sie dient der wissenschaftlichen Zusammenarbeit
und dem interkulturellen Dialog. Die Internationalisierung prägt maßgeblich die
Entwicklung unserer Hochschulen und des Wissenschaftsstandorts Deutschland.
Die Wissenschaftsministerinnen und Wissenschaftsminister von Bund und Ländern
haben die Bedeutung einer stärkeren Internationalisierung für die weitere positive
Entwicklung des Hochschulsektors betont und – aufbauend auf der 2008
verabschiedeten Internationalisierungsstrategie der Bundesregierung und den
Internationalisierungsstrategien der Länder – im April 2013 eine gemeinsame Strategie
für die Internationalisierung der Hochschulen in Deutschland verabschiedet. Auch die
Internationalisierungsstrategien zahlreicher Wissenschaftsorganisationen (u.a. HRK,
DAAD und DFG) wurden dabei berücksichtigt. Ein übergeordnetes Ziel der Strategie ist
es, dass die Hochschulen in Deutschland im Wettstreit mit den besten Hochschulen
anderer Länder attraktiv und konkurrenzfähig sind, und zur Lösung globaler
Herausforderungen beitragen.
Hierzu haben der Bund und die Länder im Rahmen der Strategie neun Handlungsfelder
definiert, um die Internationalisierung der Hochschulen weiter zu fördern:
Strategische Internationalisierung der einzelnen Hochschulen,
Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen der Internationalisierung,
343
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 19 -
Etablierung einer Willkommenskultur,
Etablierung eines internationalen Campus,
Steigerung der Auslandsmobilität der Studierenden,
Steigerung der internationalen Attraktivität des Hochschulstandortes Deutschland,
Gewinnung exzellenter (Nachwuchs-)Wissenschaftler und (Nachwuchs-)
Wissenschaftlerinnen aus dem Ausland,
Ausbau internationaler Forschungskooperationen,
Etablierung von Angeboten transnationaler Hochschulbildung.
Eine von der KMK durchgeführte Länderumfrage hat ergeben, dass die Länder und die
Hochschulen bereits in allen Handlungsfeldern Maßnahmen ergriffen haben, um die
Internationalisierung voranzutreiben. So ist die Internationalisierung bereits
flächendeckend in die gemeinsamen Zielkataloge der Hochschulverträge und
Zielvereinbarungen zwischen Hochschulen und Wissenschaftsministerien
aufgenommen worden. Die Etablierung einer Willkommenskultur wird grundsätzlich in
der Verantwortung der Hochschulen gesehen, wobei einige Länder in diesem Bereich
eine besondere Förderung eingerichtet haben. Auch der Ausbau im Sinne des
internationalen Campus schreitet voran, indem z.B. das Angebot an internationalen und
interkulturellen Lehrangeboten gesteigert wurde. Zudem wird die weitere
Internationalisierung der Curricula durch die Hochschulen von den Ländern unterstützt.
Darüber hinaus fördert der Bund seit 2002 aus Mitteln des Auswärtigen Amtes ein über
den DAAD koordiniertes Stipendien- und Betreuungsprogramm für ausländische
Studierende (STIBET).
Neben der Internationalisierung im Lehrbereich berichten die Länder über die
Umsetzung von Maßnahmen in der Forschung. Beispielsweise wurden zur Gewinnung
exzellenter Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern spezielle
Willkommensdienstleistungen und Dual Career Netzwerke etabliert. Ein besonderes
Augenmerk liegt auf der Förderung des Ausbaus internationaler
Forschungskooperationen, insbesondere mit Bezug auf das neue EU-
Forschungsrahmenprogramm Horizont 2020. Im Bereich der transnationalen
Hochschulbildung führen einige Länder die Möglichkeit grenzüberschreitender
Hochschulverbünde an, die zum Teil schon bestehen oder in Planung sind.
344
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) bietet mit finanzieller Unterstützung durch das
BMBF seit 2009 jährlich das Audit „Internationalisierung der Hochschulen“ an, ein
Beratungsinstrument, mit dem bereits über 50 Hochschulen im Prozess der strategischen
Internationalisierung unterstützt wurden.
Einen bundesweiten vergleichenden Überblick zum Stand der Internationalisierung der
Hochschulen in Deutschland liefert das von DAAD, HRK und Alexander von
Humboldt-Stiftung (AvH) durchgeführte Profildatenprojekt zur Internationalität an
deutschen Hochschulen.7 Anhand verschiedener Kennzahlen (Internationalität des
Campus, Auslandsstudium und internationale Vernetzung in Studium und Lehre und
Internationale Studiengänge und Dozentenmobilität) wird der Grad der Internationalität
von Hochschulen bzw. Hochschulclustern gemessen. So unterhalten beispielsweise die
meisten deutschen Hochschulen ein dichtes Netz an Kooperationen mit Partnern in
Europa und darüber hinaus. Mitte 2014 verzeichnete der Hochschulkompass fast 31.000
internationale Kooperationen, bei denen 293 deutsche Hochschulen mit
Partnerhochschulen in 150 Staaten zusammenarbeiten.8
3. Mobilität von Studierenden, Nachwuchswissenschaftlern und Hochschulpersonal
Erklärtes Ziel von Bund und Ländern ist es, dass jeder zweite Studienabsolvent
studienbezogene Auslandserfahrung gesammelt haben soll. Die Mobilitätsstrategie 2020
für den Europäischen Hochschulraum benennt konkrete Maßnahmen zur Stärkung der
internationalen Mobilität von Studierenden, wissenschaftlichem Nachwuchs,
Lehrkräften und sonstigen Hochschulmitarbeitern. So haben sich die EU- sowie die
Bologna-Staaten das Ziel gesetzt, dass bis zum Jahr 2020 mindestens 20 % der
Graduierten in der EU bzw. im Europäischen Hochschulraum (EHR) einen Studien-
oder Praktikumsaufenthalt im Ausland absolviert haben sollen, der mindestens drei
Monate gedauert hat und/oder bei dem mindestens 15 ECTS erworben wurden.
3.1 Studierendenmobilität: Deutsche Studierende im Ausland
Die Zahl deutscher Studierender, die an ausländischen Hochschulen eingeschrieben
sind, ist seit 1998 stetig gestiegen. 2012 waren es 138 500 deutsche Studierende,
was einem Zuwachs von 1,8 % im Vergleich zum Vorjahr und einer
Verdreifachung im Vergleich zum Jahr 1998 entspricht. Die beliebtesten
7 www.hrk.de/profildatenprojekt 8www.hochschulkompass.de
345
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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Studienländer sind nach wie vor Österreich, die Niederlande, die Schweiz und
Großbritannien. Von allen deutschen Absolventen im Ausland im Jahr 2012 haben
49,5 % einen Bachelor- und 35,5 % einen Masterabschluss abgelegt. 7,7 %
erwarben eine Promotion und 6,8 % einen anderen Abschluss.
Das Niveau der temporären studienbezogenen Auslandsmobilität deutscher
Studierender im Jahr 2013 hat laut DAAD/DZHW-Mobilitätsstudie im Vergleich
zu 2009 insgesamt leicht zugenommen. Etwa ein Drittel aller deutschen
Studierenden (32 %) absolvierte im Verlauf des Studiums mindestens einen
studienbezogenen Auslandsaufenthalt. Dazu zählen neben Auslandssemestern auch
Praktika, Sprachkurse, Studienreisen, Projektarbeiten und Sommerschulen. Unter
den Bachelorstudierenden in höheren Semestern weisen 29 % einen
studienbezogenen Auslandsaufenthalt vor (2009: 26 %). Im Masterstudium beträgt
der Anteil 41 % (2009: 40 %), wobei zu berücksichtigen ist, dass zur Berechnung
der Quote für Masterstudierende sowohl die Mobilität im Bachelor, die „Bridge
Mobility“ zwischen Bachelor- und Masterstudium als auch die Mobilität im Master
einbezogen wird. Studierende, die ein Staatsexamen anstreben, erreichen mit 39 %
Mobilitätsquote einen vergleichsweise hohen Anteil (2009: 40 %). Laut der DSW-
Sozialerhebung 2012 unterscheiden sich die Fächergruppen deutlich in ihrer
Mobilität. Besonders ausgeprägt ist der Anteil mobiler Studierender in sprach- und
kulturwissenschaftlichen sowie medizinischen Studiengängen (42 bzw. 40 %),
besonders niedrig hingegen in Mathematik und Naturwissenschaften (24 %),
Ingenieurwissenschaften (20 %) und Pädagogik (15 %).
Eine zunehmende Bedeutung im zweigestuften Studiensystem kommt der o.g.
„Bridge Mobility“ zu: 24 % der Bachelorstudierenden in höheren Semestern, die
noch keine Auslandserfahrung vorweisen können, planen einen studienbezogenen
Auslandsaufenthalt zwischen Bachelor- und Masterstudium. Laut der
DAAD/DZHW-Mobilitätsstudie 2013 absolvierten etwa 5 bis 7 % der
Masterstudierenden studienbezogene Auslandsaufenthalte nach dem
Bachelorabschluss und vor dem Masterstudium. Aller Voraussicht nach wird sich
dieser Anteil in Zukunft noch weiter erhöhen, da beispielsweise das neue
Erasmus+-Programm erstmals auch die Auslandsmobilität in dieser Brückenzeit
zwischen den Studienphasen Bachelor/Master fördert.
346
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 22 -
Nach einer Erhebung des DAAD im Jahr 2011 kommt die überwiegende Mehrheit
der internationalen mobilen Studierenden mit guten Erfahrungen zurück. 95 % der
auslandsmobilen Befragten sind mit ihrem Auslandsaufenthalt zufrieden oder sehr
zufrieden, für 36 % hat der Aufenthalt die Erwartungen sogar weit übertroffen. Als
Probleme bei der Durchführung der Aufenthalte werden in der DAAD/DZHW-
Mobilitätsstudie 2013 v.a. Zeitverluste im Studium, Finanzierungsschwierigkeiten
und mangelnde Vereinbarkeit mit den Vorgaben und Anforderungen des
Studiengangs in Deutschland genannt.
Die Zahl der Studierenden aus Deutschland, die über das ERASMUS-Programm
einen studienbezogenen Auslandsaufenthalt realisieren, ist auch im Studienjahr
2012/13 weiter gestiegen, auf nun knapp 34.900. Dies bedeutet einen Anstieg von
5 % im Vergleich zum Vorjahr und von 138 % im Vergleich zum Studienjahr
1998/99. Der deutliche Anstieg betrifft sowohl die Zahl der Auslandspraktika als
auch die der Studienaufenthalte. Die Zahl der ERASMUS-Aufenthalte ist damit seit
1998/99 deutlich stärker gestiegen als die Zahl der Studierenden in Deutschland
(plus 39 %).
Seit 2008 ist innerhalb der EU-Mitgliedstaaten und der Schweiz das gesamte
Studium einschließlich Studienabschluss im Rahmen des
Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) förderungsfähig. Außerhalb der
EU können Studienaufenthalte im Rahmen einer ansonsten in Deutschland oder
der EU/Schweiz durchgeführten Ausbildung bis zu einem Jahr, ggf. auch bis zu 5
Semestern gefördert werden. Auslandsaufenthalte für ein Studienpraktikum
können auf Antrag weltweit gefördert werden, wenn die Studienordnung ein
Praktikum als solches vorschreibt, auch ohne dass ein Auslandsaufenthalt oder
explizit ein Aufenthalt außerhalb Europas vorgesehen sein muss.
Im Bereich der Begabtenförderung ermöglichen die vom BMBF geförderten
Begabtenförderungswerke durch Auslandszulagen auch eine Förderung von
Auslandsaufenthalten. Das einkommensunabhängige Deutschlandstipendium, das
erstmals zum Sommersemester 2011 vergeben wurde, fördert mit 300 € monatlich
Studierende, deren bisheriger Werdegang herausragende Leistungen in Studium
und Beruf erwarten lässt.
347
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 23 -
Der DAAD ist der größte Stipendiengeber sowohl für auslandsmobile deutsche
Studierende als auch für ausländische Studierende in Deutschland. Das Angebot
reicht von Kurzzeit-Förderprogrammen bis zum Jahresstipendium. Außerdem hat er
die Aufgabe einer Nationalen Agentur für das EU-Programm ERASMUS+.
3.2 Studierendenmobilität: Ausländische Studierende in Deutschland
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stieg im Wintersemester 2013/14 die
Zahl der ausländischen Studierenden an deutschen Hochschulen (Bildungsinländer
und Bildungsausländer) verglichen mit dem Vorjahr um 6,8 % auf 301.350 und
damit etwas stärker als die Zahl der deutschen Studierenden (plus rund 5 %).
Ausländische Studierende stellten damit 11,5 % aller Studierenden an deutschen
Hochschulen. Die deutliche Mehrheit der ausländischen Studierenden waren
Bildungsausländer (ca. 218.800 Studierende), auch hier fällt der Anstieg mit 7 %
im Vergleich zum Vorjahr überdurchschnittlich aus.
Betrachtet man die Verteilung der Bildungsausländer auf die verschiedenen
Abschlussarten, so studiert die Mehrheit im Masterstudium (28 %), gefolgt von
Bachelorstudierenden (26 %), Studierenden in traditionellen Studiengängen (25 %)
und Doktoranden (15 %). An den Fachhochschulen hingehen stellen
Bildungsausländer im Bachelorstudium mit Abstand die größte Gruppe dar (62 %),
gefolgt von Masterstudierenden (24 %) und Studierenden in traditionellen
Abschlussarten (11 %). Nach wie vor kommt fast die Hälfte der Bildungsausländer
aus europäischen Staaten, ein gutes Drittel aus Asien. Mit 102.480 ausländischen
Studienanfängern im Studienjahr 2013 ist ein neuer Höchststand erreicht. Der
Anstieg ergibt sich vor allem aus einer Zunahme von Studienanfängern bei den
Bildungsausländern (plus 8 %). An den Universitäten haben sich 7 % mehr
Bildungsausländer neu eingeschrieben, an den Fachhochschulen stieg die Zahl
sogar um 13 %.
3.3 Wissenschaftlermobilität
Bei der Wissenschaftlermobilität ist zwischen Wissenschaftlern in einem
Beschäftigungsverhältnis und geförderten Wissenschaftlern zu unterscheiden. Laut
Statistischem Bundesamt ist die Zahl der wissenschaftlichen und künstlerischen
Mitarbeiter mit ausländischer Staatsbürgerschaft und einem
Beschäftigungsverhältnis an deutschen Hochschulen im Jahr 2013 auf rund 38.000
348
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 24 -
gestiegen: Dies ist im Vergleich zu 2012 ein Anstieg um 7,6 %. Insgesamt stellten
sie 10,3 % aller Hochschulmitarbeiter im wissenschaftlichen und künstlerischen
Bereich. Die meisten dieser ausländischen Hochschulmitarbeiter kommen aus
Italien (6,8 %), China (6,6 %) und Österreich (5,6 %).
Der Anteil der Professoren am ausländischen Hochschulpersonal betrug im Jahr
2013 7,6 %, was einer Zahl von 2.883 entspricht. Bei den Professoren liegt
Österreich als Herkunftsland mit deutlichem Abstand an der Spitze (20,2 %),
gefolgt von der Schweiz (11,6 %) und den USA (8,9 %).
Die jährliche Erhebung von DAAD und DZHW (ehemals HIS-HF) im Rahmen von
„Wissenschaft weltoffen“9 liefert Ergebnisse darüber, wie viele
Deutschlandaufenthalte ausländischer Wissenschaftler von deutschen
Förderorganisationen finanziell unterstützt wurden. Im Unterschied zu der oben
genannten Gruppe haben die temporär Geförderten in der Regel kein
Beschäftigungsverhältnis mit der gastgebenden Institution/Hochschule (bzw.
außeruniversitären Forschungseinrichtung). Im Jahr 2012 förderten die 33 erfassten
Förderorganisationen die Aufenthalte von rund 46.000 ausländischen
Wissenschaftlern in Deutschland, von denen rund 40 % promoviert waren.
Die wichtigsten Herkunftsländer der ausländischen Wissenschaftler, deren
Aufenthalt in Deutschland von deutschen Förderorganisationen unterstützt wurde,
waren im Jahr 2012 Russland, China, Indien, die USA und Italien. Insgesamt
entfielen rund ein Viertel der geförderten Deutschlandaufenthalte auf
Wissenschaftler aus diesen fünf Ländern.
Zu den wichtigsten Förderorganisationen in diesem Kontext zählen der DAAD, von
dem rund 40 % der geförderten ausländischen Wissenschaftler Unterstützung
erfahren haben, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Alexander
von Humboldt-Stiftung (AvH). Auch die Forschungseinrichtungen der Helmholtz-
Gemeinschaft (HGF) und der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) haben
Internationalisierung zu einem wichtigen Ziel ihrer Arbeit erklärt. Zusammen
9 Vgl. hierzu www.wissenschaft-weltoffen.de. In der 2014-Ausgabe der Abschnitt „Mobilität von Wissenschaftlern“, Kapitel II.
349
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 25 -
finanzieren die fünf Organisationen etwa 93 % der geförderten
Deutschlandaufenthalte ausländischer Wissenschaftler.
Der Blick auf die Förderung von Auslandsaufenthalten deutscher
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigt: Im Jahr 2012 waren rd. 16.000
deutsche Wissenschaftler mit der Unterstützung von 31 erfassten
Förderorganisationen im Ausland. Die wichtigste deutsche Förderinstitution für
einen Aufenthalt deutscher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Ausland
ist der DAAD, der zwei Drittel der erfassten Aufenthalte unterstützt. Daneben
kommen der DFG, dem Marie-Curie-Stipendienprogramm der EU und der
Leibniz-Gemeinschaft (WGL) besondere Bedeutung zu.
Mit rund 16 % der erfassten Auslandsaufenthalte sind die USA nach wie vor mit
großem Abstand das wichtigste Zielland für geförderte Auslandsaufenthalte
deutscher Wissenschaftler. Daneben haben Großbritannien und Frankreich sowie
China und Russland als Empfängerländer mit einem Anteil zwischen 3 bis 6 %
besondere Bedeutung.
Im Rahmen der im Juli 2014 verabschiedeten „Deutschen Strategie für den
Europäischen Forschungsraum (EFR)“ werden Mobilitätshindernisse für
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler abgebaut.10 Darin enthalten ist auch das
BMBF-geförderte Online-Portal „Find Your Pension“11, das international mobile
Forschende mit Informationen zu ihrer Altersversorgung (Rentenversicherung und
betriebliche Alterssicherungs-Systeme) bei verschiedenen Arbeitgebern in Europa
versorgt. Ziel dieser Fördermaßnahme ist es, Versorgungslücken vorzubeugen und
in verschiedenen Ländern erworbene Ansprüche nachzuhalten und wahrnehmen zu
können.
Ein umfassendes Online-Angebot für ausreisende, einreisende und zurückkehrende
Forschende hält darüber hinaus das europäische Netzwerk „EURAXESS –
Researchers in Motion“ bereit. EURAXESS vernetzt International Offices an
Hochschulen und Forschungseinrichtungen und bietet international mobilen
Forschern Informationen und Beratung. Das Deutsche Mobilitätszentrum bei der
10 www.bmbf.de/pubRD/EFR-Strategie_deutsch.pdf 11www.findyourpension.eu
350
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 26 -
Alexander von Humboldt-Stiftung ist Teil des europäischen Netzwerkes von
Mobilitätszentren im Rahmen von EURAXESS.
Die Anforderungen für Visa-, Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse wurden
überarbeitet, um die Mobilität von Studierenden und Hochschulpersonal zu
erhöhen. Für Forscher aus Nicht-EU-Staaten gilt ein vereinfachtes Verfahren für
die Zulassung.
4. Anerkennung von Studienleistungen innerhalb Deutschlands und Europas
Zu den Kernzielen des Bologna-Prozesses gehört die gegenseitige Anerkennung von
Studienleistungen und Studienabschlüssen. Anerkennung dient unmittelbar der
akademischen Mobilität der Studierenden, verbessert die Chancen der Absolventinnen
und Absolventen auf berufliche Mobilität und ist ein genauer Maßstab für erreichte
Konvergenz und erzieltes Vertrauen.
4.1 Die Lissabon-Konvention
Ein wesentlicher Grundstein für eine Verbesserung der Anerkennung von
Studienleistungen und Studienabschlüssen ist die Lissabon-Konvention, das
„Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich
in der europäischen Region“, das Deutschland am 01. Oktober 2007 ratifiziert hat
und dessen Grundsätze – dies sind vor allem die Anerkennung als Regelfall und die
Begründungspflicht bei Versagung der Anerkennung – inzwischen in den
hochschulrechtlichen Regelungen aller Länder umgesetzt wurden. Auch in den
ländergemeinsamen Strukturvorgaben der Kultusministerkonferenz vom 10.
Oktober 2003 i.d.F. vom 04. Februar 2010 sind die Grundsätze der Lissabon-
Konvention für die wechselseitige Anerkennung von Modulen verankert. Diese
sind nicht auf die Anerkennung von Studienleistungen aus Signatarstaaten der
Konvention beschränkt, sondern gelten für alle Fälle der Anerkennung von in- und
ausländischen Studienleistungen bei Studiengangs- oder Hochschulwechsel. Mit
dieser umfassenden Anwendung soll im Interesse von Mobilität und Transparenz
die Einheitlichkeit der Verfahren sichergestellt werden. Die wesentlichen
Grundsätze der wechselseitigen Anerkennung sind außerdem so in den
hochschulischen Vorschriften zu dokumentieren, dass Klarheit für die Studierenden
hinsichtlich ihrer Rechtsposition gegenüber den Hochschulen gewährleistet wird.
351
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 27 -
4.2 Das Anerkennungsgesetz
Im April 2012 ist das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung
im Ausland erworbener Qualifikationen („Anerkennungsgesetz“) in Kraft getreten.
Die Neuregelung hat zum Ziel, die Anerkennung zu erleichtern und den Standort
Deutschland für qualifizierte Zuwanderer attraktiver zu machen. Das Gesetz gilt für
reglementierte und nicht reglementierte Berufe in der Zuständigkeit des Bundes.
Darunter fallen rund 350 Ausbildungsberufe im dualen System der beruflichen
Ausbildung, die im Berufsbildungsgesetz (BBiG) und der Handwerksordnung (für
Gesellen) geregelt sind. Hinzu kommen etwa 40 durch Bundesgesetze
reglementierte Berufe, wie z.B. Ärzte, Krankenpfleger oder Rechtsanwälte.
Neben den Berufen in der Zuständigkeit des Bundes gibt es auch viele Berufe, die
landesrechtlich geregelt sind. Damit auch diese Qualifikationen anerkannt werden
können, haben mittlerweile alle Länder hierfür eigene gesetzliche Regelungen
geschaffen.
4.3 Zentrale Akteure bei Anerkennungsfragen im Hochschulbereich
Als zentrale Einrichtung für die Bewertung ausländischer Qualifikationen und
zugleich Äquivalenzzentrum (NARIC/ENIC) für Deutschland unterstützt die
Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) alle für die Anerkennung
zuständigen Stellen.12 Diese können die ZAB um ein Gutachten im konkreten
Einzelfall oder um allgemeine Informationen über das betreffende Land und sein
Bildungssystem bitten. Ausländische Anerkennungsstellen können über die ZAB
Informationen zum deutschen Bildungswesen einholen, um die Bewertung und
Anerkennung einer in Deutschland absolvierten Ausbildung im Ausland zu
erleichtern.
4.4 Entwicklung der Anerkennungsrate von im Ausland erbrachten
Studienleistungen
Bei den Studierenden besteht ein großes Interesse an Auslandsaufenthalten
während des Studiums. Die Aussicht auf reibungslose und umfassende
Anerkennung der Studienleistungen ist dabei ein entscheidender Faktor. Vorab-
Anerkennungen, wie sie im Rahmen von ERASMUS + vorgesehen sind und
konkrete Kooperationen zwischen in- und ausländischen Hochschulen mit oder 12 www.kmk.org.zab
352
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 28 -
auch ohne bi- bzw. multinationale Abschlüsse bieten deshalb optimale
Bedingungen.
Laut einer Umfrage des DAAD aus dem Jahre 2013 ist die Entwicklung der
Anerkennungsrate positiv zu bewerten. Dabei spielt der Einsatz des European
Credit Transfer Systems (ECTS) eine große Rolle. So wurden bei 69 % der
auslandsmobilen Studierenden, deren Gasthochschulen das ECTS verwendeten, alle
Studienleistungen vollständig anerkannt. Bei weiteren 21 % der Studierenden
wurden die Leistungen teilweise anerkannt. Das bedeutet eine kontinuierliche
Steigerung der Anerkennungsraten von anfänglich 41 % (2007), 50 % (2009) und
66 % (2011) auf immerhin fast 70 %.
4.5 Maßnahmen zur Unterstützung bei Anerkennungsfragen
Die Bundesregierung fördert mit verschiedenen nationalen und internationalen
Maßnahmen die Umsetzung und Anwendung der in der Lissabon-Konvention
formulierten Prinzipien. So unterstützt sie im Projekt "nexus - Übergänge gestalten,
Studienerfolg verbessern“ der HRK (Projektlaufzeit 2014-2018) die
Weiterentwicklung der Studienprogramme und den Ausbau der Studienqualität. Die
inhaltlichen Schwerpunkte des laufenden Projekts sind die Optimierung der
Studieneingangsphase, die Förderung der Mobilität während des Studiums und der
Übergang in das Beschäftigungssystem. Im Rahmen des Projekts wird ein Runder
Tisch einberufen, der sich ausschließlich mit dem Thema „Anerkennung“ befasst.
Dabei werden Maßnahmen zur Verbesserung der Anerkennung von im Ausland
erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen entwickelt. Zu den geplanten
Maßnahmen gehören unter anderem die Erarbeitung eines nutzerfreundlichen
Handbuchs zur Anwendung der Lissabon-Konvention in den Hochschulen sowie
die Durchführung von Informationsveranstaltungen zu den Grundsätzen und der
Anwendung der Lissabon-Konvention.
Außerdem werden die Hochschulen bei der Einrichtung curricularer
Mobilitätsfenster beraten, wie sie die ländergemeinsamen Strukturvorgaben der
Kultusministerkonferenz verbindlich vorsehen.
Das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft von Sachsen-Anhalt, die HRK
sowie mehrere deutsche Hochschulen beteiligen sich an dem im Rahmen von
Erasmus Plus geförderten EU-Projekt FAIR (Focus on Academic International
353
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 29 -
Recognition), in dem Instrumente und Verfahren zu einer verbesserten
akademischen Anerkennung entwickelt und getestet werden sollen.
Des Weiteren unterstützt die Bundesregierung bei der Implementierung der
Bologna-Reformen auf Hochschulebene im Rahmen der beim DAAD koordinierten
Projekte „Internationalisierung und Mobilität im Europäischen Hochschulraum
(InterMob)“, „Promoting Bologna in Germany“ (ProBig) und das „Steering“
Projekt. Letzteres unterstützt die Internationalisierungsaktivitäten auf
Hochschulebene, indem ein Team von 20 Hochschulreform-Experten aus den
Ländern des EHR zusammengestellt und damit ein direkter Austausch und
Lernprozess zwischen deutschen Hochschulen und Bologna-Partnerländern initiiert
wird. Die Experten verfügen über umfangreiches Wissen zu den einzelnen
Aktionsfeldern der Hochschulreformen und vermitteln Expertise und Best Practice
aus ihren Heimatländern.
4.6 Weitere Ansatzmöglichkeiten
Weitere Verbesserungen der wechselseitigen Anerkennung können vor allem durch
eine konsequente Anwendung der Grundsätze der Lissabon-Konvention erreicht
werden. Maßstab der Anerkennung sollten dabei vor allem die erworbenen
Kompetenzen und kein quantitativer Vergleich sein. Die Modulbeschreibungen
sowie die definierten ECTS-Punkte geben einen guten Anhaltspunkt. Dies setzt
allerdings vor allem klare kompetenzorientierte Beschreibungen von Modulen und
Studienzielen voraus.
Verbesserungen auf der instrumentellen Ebene können ebenfalls zur Erleichterung
der Anerkennungspraxis an Hochschulen beitragen. Hierzu gehören u. a. klare und
frei zugängliche Modulbeschreibungen, die Entwicklung klarer und strukturierter
Verfahrenspraktiken sowie eine bessere Koordination zwischen den
Verantwortlichen der Partnerhochschulen für die Absprachen vor und die
Anerkennung nach dem Auslandsaufenthalt. Auch bessere und frühzeitige
Informationen der Studierenden über das Studienangebot der ausländischen
Gasthochschulen sowie über die Anerkennungsverfahren können zu einer
Verbesserung der Anerkennungspraxis beitragen.
354
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 30 -
5. Soziale Dimension
Studierende und Absolventen sollten die Vielfalt der europäischen Bevölkerung
widerspiegeln - das fordern die Minister im Bukarester Kommuniqué von 2012. Die
Öffnung und soziale Durchlässigkeit des Hochschul-Bildungssystems gehört zur
sogenannten „Sozialen Dimension“, die im Rahmen des Bologna-Prozesses eine
wichtige Rolle spielt. Es gilt, Bildungspotenziale zu erschließen und eine möglichst
gleichberechtigte Teilhabe im Hinblick auf Zugang, Verlauf und erfolgreichen
Abschluss eines Studiums zu gewährleisten. Bund und Länder sowie weitere Akteure
des Bologna-Prozesses setzen hier mit einer Reihe von Maßnahmen an. Im
internationalen Kontext hat sich Deutschland beispielsweise intensiv bei der Erstellung
der Datenbank „Peer Learning for the social dimension“13 beteiligt.
5.1 Hochschulpakt 2020 und Qualitätspakt Lehre
Mit dem Hochschulpakt 2020 reagieren Bund und Länder auf die steigende
Studiennachfrage, indem sie zusätzliche Mittel in den Ausbau von
Studienmöglichkeiten investieren. Mit dem Beschluss der Regierungschefinnen und
Regierungschefs von Bund und Ländern zum Hochschulpakt 2020 vom 11.12.2014
werden Bund und Länder bis 2020 ein Studienangebot für 760.000 zusätzliche
Studienanfänger bereitstellen. Sie werden hierfür – einschließlich der
Ausfinanzierung bis 2023 – zusätzlich bis zu 19,3 Mrd. € zur Verfügung stellen; 10
% der Mittel sollen dabei gezielt dafür eingesetzt werden, mehr Studierende
qualitätsgesichert zum Studienabschluss zu bringen.
Zusätzlich fördert der Bund im Rahmen des Bund-Länder-Programms für bessere
Studienbedingungen und mehr Qualität in der Lehre (Qualitätspakt Lehre) 186
Hochschulen bei ihren vielfältigen Maßnahmen zur Personalgewinnung,
Personalqualifizierung und Weiterentwicklung der Lehrqualität. Die 2011
begonnene Förderung ist zunächst bis 2016 zugesagt und kann bei positiver
Zwischenbegutachtung bis Ende 2020 fortgesetzt werden.
Im Jahr 2011 verzeichnete Deutschland mit rund 518.750 – auch wegen der
Aussetzung der Wehrpflicht – die bislang höchste Zahl an Studienanfängern. Im
Jahr 2012 haben an deutschen Hochschulen 495.088 Studienanfänger ein Studium
13 http://www.pl4sd.eu/
355
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 31 -
aufgenommen, im Jahr 2013 waren es 508.621 Studienanfänger. Der starke Anstieg
der Studienanfängerzahlen in den vergangenen Jahren stabilisiert sich jetzt auf
einem hohen Niveau. Insbesondere die höhere Zahl studienberechtigter
Schulabgänger, deren gestiegene Studierneigung sowie die wachsende Zahl
ausländischer Studierender ist dafür ausschlaggebend. Erfreulicherweise nehmen
auch immer mehr beruflich Qualifizierte ohne schulische
Hochschulzugangsberechtigung ein Studium auf. Seit Inkrafttreten des
Hochschulpakts ist damit der Anteil der Studienanfänger an der altersspezifischen
Bevölkerung kontinuierlich und deutlich angestiegen. 2005 lag er noch bei 37 %;
heute nimmt über die Hälfte eines Altersjahrgangs ein Studium auf.
5.2 Hochschulzugang und soziale Herkunft
Die Ergebnisse der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks belegen
einen noch immer engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und
Hochschulzugang.14 Die Hälfte aller Studierenden hat Eltern mit einem
Hochschulabschluss. Umgekehrt kommt jeder zweite Studierende aus einem nicht-
akademischen Elternhaus, davon die meisten aus der Bildungsherkunftsgruppe
„mittel“ (41 %), während nur knapp jeder zehnte Studierende eine „niedrige“
Bildungsherkunft aufweist (9 %).15 Diese Zahlen zeigen, dass die Unterschiede in
der sozialgruppenspezifischen Bildungsbeteiligung weiterhin eine große
Herausforderung bleiben.
5.3 BAföG und BAföG-Änderungsgesetz
Empirische Studien zeigen, dass die öffentliche Förderung in Form direkter
Transferleistungen nach dem BAföG zur Finanzierung individueller
Lebenshaltungs- und Ausbildungskosten hilft, ökonomische Disparitäten unter den
Studierenden zu reduzieren. Das BAföG ist das zentrale staatliche Instrument zur
Sicherung von Chancengerechtigkeit in der Bildung. Es soll finanzielle Hürden, die
einer Entscheidung für eine qualifizierte Ausbildung entgegenstehen können,
ausräumen und den Weg für individuellen Bildungsaufstieg ebnen. Darüber hinaus
dient das BAföG der Ausschöpfung aller Qualifizierungspotenziale unabhängig von
den Einkommensverhältnissen der Herkunftsfamilie der Auszubildenden.
14 www.sozialerhebung.de/erhebung_20 15 Die Bildungsherkunft ist eine statistische Typisierung, die Merkmale der beruflichen Bildung der Eltern zusammenfasst. Zur Definition der Typen siehe 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, S. 617.
356
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 32 -
Nach dem im Januar 2014 vom Bundeskabinett verabschiedeten 20. BAföG-Bericht
haben sich die Ausgaben von Bund und Ländern für das BAföG im
Berichtszeitraum 2010-2012 im Jahr 2012 mit 3,34 Milliarden € um fast 18 % zum
Vergleichsjahr 2010 (2,84 Mrd. €) erhöht. Die Zahl der jahresdurchschnittlich
Geförderten ist zum fünften Mal in Folge gestiegen, und zwar um fast 8 % auf rund
630.000 geförderte Studierende, Schülerinnen und Schüler im Jahr 2012. Bei den
Studierenden im Berichtszeitraum stieg die Förderquote sogar um 14 % auf
nunmehr 440.000 geförderte Studierende.
Die im Vergleich zum Vorbericht ebenfalls gestiegenen durchschnittlichen
Förderbeträge beliefen sich im Jahr 2012 auf 401 Euro monatlich im
Schülerbereich und 448 Euro bei Studierenden. Die Quote der Geförderten stieg bei
den förderungsberechtigten Studierenden von 27,3 % im Jahr 2010 auf 28 % im
Jahr 2012. Zugleich stieg der Anteil der Studierenden und Schüler, die während
eines Auslandsaufenthalts mit BAföG gefördert wurden, im Vergleich zum
Zeitraum des Vorberichts um 24 %: Fast 54.000 Studierende und Schüler bezogen
im Jahr 2012 ihr BAföG im Ausland – das ist nahezu eine Verdopplung gegenüber
dem vorletzten Bericht im Jahr 2008. Auch die Zahl der in Deutschland geförderten
Schüler und Studierenden mit ausländischer Staatsangehörigkeit stieg gegenüber
2010 nochmals deutlich – um 11 % auf fast 67.000.
Auf der Grundlage der Ergebnisse des 20. BAföG-Berichts hat die
Bundesregierung einen am 20. August 2014 im Kabinett beschlossenen
Gesetzentwurf für ein 25. BAföG-Änderungsgesetz eingebracht, das zum 1. Januar
2015 in Kraft getreten ist. Neben der Übernahme der vollen Finanzierung der
Geldleistungen des BAföG ab 2015 durch den Bund beinhaltet das 25. BAföG-
Änderungsgesetz eine deutliche Anhebung der Bedarfssätze und Freibeträge um je
7 % sowie inhaltlich-strukturelle Verbesserungen des BAföG, die größtenteils ab
Beginn des Schuljahres bzw. Wintersemesters 2016/17 wirksam werden. Die 15-
prozentige Anhebung und Vereinheitlichung des Kinderbetreuungszuschlags
beispielsweise wird die Vereinbarkeit von Elternschaft und Ausbildung verbessern;
verschiedene Detailregelungen zur Schließung von Förderungslücken insbesondere
bei der zweistufigen Bachelor/Master-Studienstruktur, eine Ausweitung der
Förderungsberechtigung für nichtdeutsche Auszubildende sowie für
Ausbildungsaufenthalte im Ausland und andere Verbesserungen werden der
357
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 33 -
Lebens- und Ausbildungssituation der Studierenden besser gerecht als bisher. Das
25. BAföG Änderungsgesetz hat die Ausbildungsförderung somit an die aktuellen
Lebensverhältnisse angepasst.
5.4 Soziale Hochschulinfrastruktur
Zusätzlich zur direkten Förderung der Studierenden durch das BAföG bleibt die
indirekte Förderung über die soziale Hochschulinfrastruktur ein weiteres
wesentliches Element zur Sicherung bzw. Erreichung der Chancengerechtigkeit.
Dabei sind die Studentenwerke wichtige Akteure, die für die wirtschaftliche,
soziale, gesundheitliche und kulturelle Förderung der Studierenden zuständig sind.
Derzeit ist insbesondere der Mangel an preiswertem studiengerechten Wohnraum
an vielen Hochschulstandorten ein Hindernis für einen erfolgreichen Studienstart.
Viele Länder haben Studentenwohnraumförderprogramme aufgelegt, die
Maßnahmen reichen aber bisher nicht aus. Gerade auch vor dem Hintergrund der
Internationalisierungsstrategie von Bund und Ländern ist mit einer weiteren
Nachfragesteigerung nach Studentenwohnheimplätzen zu rechnen.
Bedarf gibt es aufgrund der deutlich gestiegenen Studierendenzahlen auch verstärkt
bei den Beratungs- und Betreuungsangeboten für alle Studierende. Diese Bereiche
betreffen Aufgaben der Hochschulen und der Studentenwerke. So ist die Nachfrage
nach Beratungs- und Betreuungsangeboten für Studierende aus dem Ausland (11 %
der Studierenden) deutlich gestiegen. Hier arbeiten die Akademischen
Auslandsämter der Hochschulen, die Fachbereiche für
Internationales/Interkulturelles der Studentenwerke, der Studierendenschaften und
andere Institutionen, wie kirchlicher Träger, vor Ort zwar eng zusammen, der
gestiegene Bedarf erfordert allerdings zusätzliche Kapazitäten. Auch die sozialen
und psychologischen Beratungsangebote verzeichnen eine steigende Nachfrage,
der durch die Förderung von höheren Kapazitäten begegnet werden muss.
Als weitere Aufgaben zur Sicherung bzw. Erreichung der Chancengerechtigkeit
sind für Gruppen in besonderen Lebenslagen Maßnahmen zur Verbesserung der
Studiensituation zu prüfen. Hochschulen sind verstärkt für die Belange der
Studierenden mit Behinderung oder chronischen Krankheiten und für ihre Rechte
(z.B. auf Nachteilsausausgleiche) zu sensibilisieren.
358
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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Für Studierende mit Kindern sollte der Ausbau hochschulnaher und der
Studiensituation (z.B. Vorlesungszeiten) angepasster Kinderbetreuungsangebote
unterstützt werden. Bei Programmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von
Familie und Beruf (z.B. Audit Familiengerechte Hochschule) sind Maßnahmen für
Studierende und Mitarbeiter gleichermaßen zu berücksichtigen.
6. Lebenslanges Lernen
Die Hochschulen für neue Studierendengruppen zu öffnen und Chancengleichheit
herzustellen, sind erklärte Ziele der Bildungspolitik und der Hochschulen. Hintergrund
sind der zunehmende Fachkräftebedarf, die Herstellung von Chancengleichheit, der
demografische Wandel, die längere Lebensarbeitszeit und die steigenden Ansprüche des
Arbeitsmarktes an die Beschäftigten. So sollen insbesondere Berufserfahrene dafür
gewonnen werden, ihre Qualifikationen durch ein Studium zu vertiefen.
Für beruflich Qualifizierte gibt es zudem seit Juli 2008 die Möglichkeit, sich um ein
Aufstiegsstipendium zu bewerben. Das Stipendium für ein Vollzeitstudium beträgt
monatlich 670 € plus 80 € Büchergeld, für ein berufsbegleitendes Studium erhalten
Studierende jährlich 2.000 €. Für Studienaufenthalte im Ausland kann zusätzlich eine
Pauschale von 200 € pro Monat gewährt werden.
6.1 Flexible Studienwege
Inzwischen gibt es eine breite Palette von Möglichkeiten des Hochschulzugangs,
die für fast jede Bildungsbiographie die Chance auf ein Studium bietet und damit
dazu beiträgt, dass die Chancengleichheit der Qualifizierungswege gefördert und
das Potential an Wissen und Begabungen besser ausgeschöpft wird.
6.1.1 Erleichterter Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte
Die Kultusministerkonferenz hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von
Maßnahmen zur Verbesserung der Durchlässigkeit des Bildungssystems und
insbesondere zur Erleichterung des Hochschulzugangs für beruflich qualifizierte
Bewerberinnen und Bewerber getroffen. Hier sind als erstes die in allen Ländern –
z. T. bereits seit vielen Jahren – bestehenden Möglichkeiten des
Hochschulzugangs für beruflich qualifizierte Bewerber ohne schulische
Hochschulzugangsberechtigung zu nennen. Mit Beschluss vom 06. März 2009 hat
die Kultusministerkonferenz die Grundlage für eine Harmonisierung der
unterschiedlichen Regelungen geschaffen, indem sie sich darauf verständigt hat,
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Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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den Inhabern beruflicher Aufstiegsfortbildungen (Meister, Techniker, Fachwirte
und Inhaber gleichgestellter Abschlüsse) den allgemeinen Hochschulzugang zu
eröffnen. Darüber hinaus hat sie die Voraussetzungen definiert, unter denen
beruflich Qualifizierte ohne Aufstiegsfortbildung den fachgebundenen Zugang zur
Hochschule erhalten. Dieser Beschluss stellt die gemeinsame Basis zur
gegenseitigen Anerkennung der Hochschulzugangsberechtigungen für beruflich
Qualifizierte dar, ohne länderspezifische Ausprägungen auszuschließen.
6.1.2 Angebot der Hochschulen für verschiedene Studierendengruppen
Die Hochschulen haben auch bei der Studienorganisation auf diese zunehmende
Durchlässigkeit für beruflich qualifizierte Bewerber reagiert: Kontinuierlich bauen
sie das Angebot an berufsbegleitenden Studiengängen aus, die es auch
Berufstätigen erlauben, ein Studium zu absolvieren, ohne die Berufstätigkeit
aufzugeben. Inzwischen gibt es laut HRK Hochschulkompass 371 grundständige
und 535 weiterführende berufsbegleitende Studiengänge, von denen 79
grundständige und 162 weiterführende Studiengänge als Teilzeitstudiengänge
angeboten werden.16
Mit Vor- und Brückenkursen, Fernstudienangeboten und dualen bzw.
ausbildungsintegrierenden Studiengängen und „blended learning“ kommen die
Hochschulen den immer heterogener werdenden Lernbedürfnissen verschiedener
Studierendengruppen entgegen. Berufsbegleitende Studiengänge werden aktuell
mehrheitlich im Masterbereich angeboten. Hier gilt es, das Angebot auch im
Bachelorbereich weiter auszubauen. Handlungsbedarf besteht zudem in der
Entwicklung flexibler Lehrmethoden, die individuell erlernte Strategien und die
Besonderheiten der verschiedenen Lerngruppen berücksichtigen.
Im Übrigen tragen die Modularisierung und die Vergabe von Kreditpunkten ganz
wesentlich zur Flexibilisierung der Studienmöglichkeiten bei.
6.1.3 Erste Erfolge
Dass die vielfältigen Maßnahmen für beruflich Qualifizierte ihre Zielgruppe
erreichen, zeigen die kontinuierlich steigenden Zahlen beruflich Qualifizierter
16 Abfrage HRK Hochschulkompass am 17.11.2014 mit den kombinierten Filtern Studientyp (grundständig/weiterführend) und Studiengangsmerkmal (berufsbegleitend bzw. berufsbegleitend und Teilzeitstudium).
360
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 36 -
ohne traditionelle Hochschulzugangsberechtigung (Abitur oder
Fachhochschulreife) unter den Studienanfängern, die seit dem Jahr 2000 – zwar
immer noch auf relativ niedrigem Niveau – deutlich zugenommen haben. Betrug
der Anteil der beruflich Qualifizierten an den Studienanfängern im Jahr 2000 noch
weniger als 0,6 %, stieg dieser Anteil bis zum Jahr 2012 auf 2,6 %, unter den
deutschen Studierenden bis zu einem Anteil von 3,1% (Bildungsbericht 2014).
Dies entspricht über 12.000 beruflich qualifizierten Studienanfängern und –
anfängerinnen, deren Zahl sich damit seit 2000 mehr als verzehnfacht hat.
Angesichts der erst 2009 erfolgten harmonisierten Öffnung der Hochschulen für
beruflich Qualifizierte ist das eine positive Entwicklung, auch wenn Deutschland
damit im internationalen Vergleich (Österreich, Schweiz: 6%) noch deutlich
zurückliegt. Für die nächsten Jahre wird mit einem deutlich größeren Anstieg
gerechnet. Auch im Rahmen der Qualifizierungsinitiative von Bund und Ländern
werden verstärkt Maßnahmen für eine größere Durchlässigkeit zwischen
beruflicher und hochschulischer Bildung unternommen, z. B. mit dem
Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschule“. Dazu gehören auch
Bemühungen um vereinfachte und transparente Verfahren der Anerkennung und
Anrechnung von Vorleistungen.
6.2 Übergänge zwischen beruflicher und akademischer Bildung
Ein weiterer Aspekt der Durchlässigkeit des Bildungswesens ist die Anerkennung
außerhalb des Hochschulwesens und damit auch im beruflichen Bereich erworbener
Kenntnisse und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium. Neben flexiblen
Zugangswegen ist dies eine weitere wichtige Komponente, da auf diese Weise die
Studiendauer verkürzt und damit die Schwelle zur Aufnahme eines Studiums für
die aufgrund ihres beruflichen Werdegangs bereits älteren Studieninteressenten
gesenkt werden kann. Bereits mit Beschluss vom 28. Juni 2002 hat die
Kultusministerkonferenz diese Möglichkeit eröffnet. Voraussetzung für eine
Anrechnung ist, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten nach Inhalt und Niveau dem
Teil des Studiums gleichwertig sind, der ersetzt werden soll. Über die Anrechnung
solcher Kenntnisse und Fähigkeiten können bis zu 50 % eines Hochschulstudiums
ersetzt werden. Mit der Einbeziehung in die ländergemeinsamen Strukturvorgaben
der Kultusministerkonferenz für die Akkreditierung von Studiengängen wurde
diese Vorgabe verbindlich gemacht.
361
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 37 -
Die Hochschulen entscheiden in eigener Zuständigkeit, ob und in welchem Umfang
Leistungen angerechnet werden können. An einer Vielzahl von Hochschulen gibt es
u.a. durch die BMBF-Initiative ANKOM („Anrechnung beruflicher Kompetenzen
auf Hochschulstudiengänge“) Modellversuche und Praxisbeispiele, die zeigen, dass
die Anrechnung aufwendig, aber lohnend ist. Sinnvoll sind Kooperationen
zwischen Einrichtungen beruflicher Bildung und Hochschulen, um aufgrund
abgestimmter Curricula pauschale Anrechnungen zu ermöglichen, die den Aufwand
reduzieren und für alle Beteiligten Transparenz und Sicherheit schaffen.
6.3 Bund-Länder Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“
Mit dem Ziel, die Bildungschancen aller Bürgerinnen und Bürger zu steigern,
haben Bund und Länder im Jahr 2008 die Qualifizierungsinitiative „Aufstieg durch
Bildung“ gestartet, die alle Lern- und Lebensphasen umfasst. Der Bund-Länder-
Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ ist Teil dieser
Qualifizierungsinitiative. Nach der ersten Wettbewerbsrunde mit 26 geförderten
Projekten, die im Jahr 2011 startete, wurde die Förderrichtlinie für die zweite
Wettbewerbsrunde im August 2013 veröffentlicht. Die zweite Wettbewerbsrunde
ist im August 2014 nun mit 47 weiteren Projekten angelaufen.
Der Wettbewerb, für den von 2011 bis 2020 insgesamt 250 Mio. € bereitgestellt
werden, hat sich zum Ziel gesetzt, zur Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen
beruflicher und akademischer Bildung und zur nachhaltigen Sicherung des
Fachkräfteangebotes beizutragen.
7. Qualitätssicherung
Wie im Bukarester Kommuniqué ausdrücklich hervorgehoben, ist die
Qualitätssicherung von entscheidender Bedeutung für Vertrauensbildung und Stärkung
der Attraktivität der Hochschulen und ihrer Studienangebote im Europäischen
Hochschulraum (EHR) einschließlich grenzübergreifender Studienprogramme. Auf
europäischer Ebene ist die E4-Gruppe (ENQA, ESU, EUA und EURASHE)
verantwortlich für die Umsetzung und Anwendung der Standards und Leitlinien für die
Qualitätssicherung im Europäischen Hochschulraum. Hierzu hat die E4-Gruppe mit
Unterstützung der Bologna-Staaten das Europäische Register der
Qualitätssicherungsagenturen (EQAR) geschaffen, welches jene Agenturen listet, die in
substanzieller Übereinstimmung mit den ESG arbeiten. Die Bologna-Staaten sind dazu
362
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 38 -
aufgefordert, nationale Qualitätssicherungsinstrumente zu schaffen, um der Steuerung
und Konvergenz auf europäischer Ebene Rechnung zu tragen.
7.1 Stand der Akkreditierung in Deutschland
1998 wurde für die Studiengänge des gestuften Graduierungssystems die
Akkreditierung als ein Verfahren der externen Qualitätssicherung eingeführt. Es
beruht auf dem Prinzip der Expertenbegutachtung (peer review). Beteiligt sind
neben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Studierende, Vertreter der
Sozialpartner sowie internationale Experten. Mit dem am 15. Februar 2005
verabschiedeten Gesetz zur Errichtung der „Stiftung zur Akkreditierung von
Studiengängen in Deutschland“ wurde die Akkreditierung auf eine neue Grundlage
gestellt. Aufgabe der Akkreditierung ist die Sicherstellung fachlich-inhaltlicher
Standards, die mit der Überprüfung des Studiengangkonzeptes und der
Studierbarkeit des Lehrangebots auch die Qualität der Lehre sowie die Überprüfung
der Berufsrelevanz und die Förderung der Geschlechtergerechtigkeit einschließt. In
der Regel sind Akkreditierung und Reakkreditierung Voraussetzungen für
Einführung und Weiterführung von Bachelor- und Masterstudiengängen.
7.1.1 Charakteristika des deutschen Akkreditierungssystems
Das Akkreditierungssystem in Deutschland ist gekennzeichnet durch dezentrale
Agenturen, die die Akkreditierung der Studiengänge durchführen, sowie durch
eine zentrale Einrichtung (Akkreditierungsrat), die die Agenturen akkreditiert,
reakkreditiert und durch Definition der Grundanforderungen an das Verfahren
sicherstellt, dass die Akkreditierung nach verlässlichen, transparenten Standards
und international anerkannten Kriterien durchgeführt wird. Gleichzeitig trägt der
Akkreditierungsrat dafür Sorge, dass die durch die Ländergemeinschaft zu
verantwortenden Belange des Gesamtsystems im Rahmen der Akkreditierung
Berücksichtigung finden. Die Akkreditierungsverfahren werden von staatlich
unabhängigen Agenturen durchgeführt. Der Aufbau des Akkreditierungssystems
in Deutschland war bislang von der zeitgleich zu bewältigenden Umsetzung der
Studienstrukturreform (Stufung, Modularisierung, Umstellung auf
studienbegleitende Prüfungen etc.) geprägt. Diese Umsetzungsphase ist
inzwischen weitgehend abgeschlossen. Gemäß seiner am 13. Dezember 2013
verabschiedeten strategischen Planung wird der Akkreditierungsrat in seiner
aktuellen Amtsperiode bis Februar 2017 die Qualität des Studiums bei der
363
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 39 -
Gestaltung der Studiengänge stärker in den Vordergrund der Akkreditierung
stellen und dabei die „Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Akkreditierung
als Instrument der Qualitätssicherung“ sowie die Beschlüsse der
Kultusministerkonferenz zur Weiterentwicklung des Akkreditierungssystems und
zur Qualitätssicherung berücksichtigen. Er wird deshalb sein Regelwerk
überarbeiten und dabei u.a. die Verlagerung der Schwerpunkte im Rahmen der
Reakkreditierung, die inzwischen die meisten Studiengänge durchlaufen,
gegenüber der Erstakkreditierung berücksichtigen.
7.1.2 Programm-, System- und institutionelle Akkreditierung
Im Jahr 2007 wurde ergänzend zur Programmakkreditierung die
Systemakkreditierung eingeführt. Gegenstand der Systemakkreditierung ist das
interne Qualitätssicherungssystem einer Hochschule. Eine positive
Systemakkreditierung bescheinigt der Hochschule, dass ihr
Qualitätssicherungssystem im Bereich von Studium und Lehre geeignet ist, die
gesetzten Qualifikationsziele zu erreichen und eine hohe Qualität der
Studiengänge zu gewährleisten. Wie bei der Programmakkreditierung finden die
Europäischen Standards und Leitlinien zur Qualitätssicherung (ESG), die
Vorgaben der Kultusministerkonferenz, landesspezifische Vorgaben und die
Kriterien bzw. Verfahrensregeln des Akkreditierungsrats Anwendung.
Im August 2014 waren ca. 60 % der in der Datenbank der
Hochschulrektorenkonferenz eingetragenen Bachelor-/Master-Studiengänge
akkreditiert. Eine Systemakkreditierung haben 20 der ca. 400 deutschen
Hochschulen erfolgreich abgeschlossen, an weiteren 30 läuft derzeit ein
entsprechendes Verfahren. Die „Stiftung Akkreditierung von Studiengängen in
Deutschland“ fungiert auch als zentrale Dokumentationsstelle für das
Akkreditierungswesen und verwaltet die Datenbank der in Deutschland
akkreditierten Studiengänge.
Für nicht-staatliche Hochschulen wurde vom Wissenschaftsrat ein Verfahren der
institutionellen Akkreditierung eingeführt, mit dem evaluiert wird, ob die
Hochschule den Anforderungen an wissenschaftliche Lehre und Forschung
genügt. Private Hochschulen müssen durch den Wissenschaftsrat möglichst vor
Betriebsaufnahme, aber spätestens vor der endgültigen staatlichen Anerkennung
364
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 40 -
durch das Sitzland akkreditiert werden. Der Wissenschaftsrat hat für dieses
Verfahren am 16. Juli 2004 Verfahrensgrundsätze und Kriterien der
institutionellen Akkreditierung verabschiedet und in einem Leitfaden
zusammengefasst, der letztmals mit Beschluss des Wissenschaftsrates am 11.
April 2014 aktualisiert wurde.
7.2 Experimentierklausel
Eine hohe Qualität in Studium und Lehre liegt in der Verantwortung der
Hochschulen. Ihre Qualitätsziele und ihre Qualitätskultur prägen die Studiengänge.
Zu dieser Verantwortung zählt, sich der Qualität der Studiengänge kontinuierlich zu
versichern, sie zu verbessern sowie die Ergebnisse gegenüber der Öffentlichkeit
transparent zu machen.
Mit der Programm- und der Systemakkreditierung stehen den Hochschulen zwei
Instrumente für Qualitätsentwicklung und Rechenschaftslegung zur Verfügung, die
auch vom Wissenschaftsrat und durch internationale Experten positiv bewertet
worden sind. Gleichzeitig spricht sich der Wissenschaftsrat in seinen
„Empfehlungen zur Akkreditierung als Instrument der Qualitätssicherung“ für eine
Erprobung anderer Varianten der externen Qualitätssicherung aus, um neue Wege
jenseits der etablierten Verfahrensformen zu beschreiten.
Die Kultusministerkonferenz hat den Vorschlag des Wissenschaftsrates begrüßt,
auch andere Varianten probeweise für Hochschulen zuzulassen, die sich besonders
ambitionierte und innovative Qualitätsziele setzen, die über die ebenfalls
einzuhaltenden Standards der ländergemeinsamen Strukturvorgaben, des
Akkreditierungsrates und die Standards und Leitlinien für die Qualitätssicherung im
Europäischen Hochschulraum (ESG) weit hinausgehen.
Im Einklang mit den Empfehlungen des Wissenschaftsrates führt der
Akkreditierungsrat daher derzeit eine Ausschreibung durch
(„Experimentierklausel“), bei der die Hochschulen innovative und ggf. bislang auch
unbekannte Formen der externen Begutachtung entwickeln und für eine Erprobung
in der Praxis vorschlagen können. Der Akkreditierungsrat verspricht sich davon
einen wertvollen Impuls für den gesamten Bereich der Qualitätssicherung und -
entwicklung an Hochschulen sowie für die Weiterentwicklung der Studienqualität
an deutschen Hochschulen insgesamt.
365
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 41 -
7.3 Beteiligung der Studierenden
Die Studierenden sind auf allen Ebenen des deutschen Akkreditierungssystems
vertreten. Zwei Studierende sind für den Akkreditierungsrat benannt. Auch in den
Gremien der Akkreditierungsagenturen ist in der Regel je ein Studierender
vertreten. In der Programmakkreditierung wie in der Systemakkreditierung soll je
ein/e Studierende/r eingebunden werden. Außerdem sehen die Regeln zur
Systemakkreditierung vor, dass die Studierendenschaft der jeweiligen Hochschule
eine Stellungnahme abgibt.
Der „Studentische Akkreditierungspool“, der von den Akkreditierungsagenturen
unterstützt wird und von den Studierenden aufgebaut wurde, vermittelt Studierende
in Akkreditierungsverfahren und qualifiziert seine Mitglieder regelmäßig. Der
Akkreditierungspool, der von einer Vielzahl von Studierendenorganisationen
getragen wird, wird nicht von allen Agenturen konsequent genutzt, da auch
Studierende außerhalb des Pools einbezogen werden können. Kritisiert wird in
diesem Zusammenhang die teils mangelnde finanzielle Ausstattung des
studentischen Akkreditierungspools.
7.4 Internationale Vernetzung
Das deutsche System der Qualitätssicherung ist in die einschlägigen internationalen
Netzwerke eingebunden. Der Akkreditierungsrat und alle in Deutschland tätigen
Agenturen sind direkt oder indirekt Mitglieder des europäischen Dachverbands der
Agenturen European Association for Quality Assurance in Higher Education
(ENQA) und überwiegend im europäischen Qualitätssicherungsregister European
Quality Assurance Register (EQAR) gelistet. Voraussetzung für diese
Mitgliedschaften und Eintragungen ist die Übereinstimmung mit den im
Europäischen Hochschulraum vereinbarten European Standards and Guidelines for
Quality Assurance in the European Higher Education Area (ESG). Die
Übereinstimmung wird in regelmäßigen Evaluationsverfahren unter internationaler
Beteiligung bestätigt, für den Akkreditierungsrat zuletzt im Jahr 2013.
Das Kernanliegen der ESG ist eine hohe Qualität der Studiengänge, so dass die
studiengangsbezogenen Qualitätssicherungsmaßnahmen wie die in Deutschland seit
1999 durchgeführte Programmakkreditierung selbstverständlich im Einklang mit
diesen europäischen Prinzipien stehen. Gleiches gilt für institutionenbezogene
366
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 42 -
Verfahren wie die deutsche Systemakkreditierung, solange die Qualität von
Studium und Lehre darin berücksichtigt wird.
7.5 Erleichterung für Joint Programmes
Im Zuge der Internationalisierungsbestrebungen deutscher Hochschulen werden
immer häufiger Studienprogramme in Kooperation mit ausländischen Hochschulen
angeboten. Sie werden mit dem Oberbegriff „joint programmes“ bezeichnet.
7.5.1 Definition der Joint Programmes
Der Akkreditierungsrat definiert „joint programmes“ als Studiengänge, die von
mindestens einer ausländischen und einer deutschen Hochschule gemeinsam
durchgeführt werden. Zudem schließen sie mit einem anerkannten
Hochschulabschluss nach deutschem Recht ab. In der Regel werden „double
degrees“ oder „joint degrees“ vergeben. Bei einem „joint degree“ erhält der
Absolvent einen Hochschulgrad mit einer gemeinsamen Urkunde aller beteiligten
Hochschulen. Bei einem „double, triple (etc.) degree“ werden mehrere ineinander
verzahnte Urkunden und damit die Hochschulgrade der jeweiligen
Partnerhochschulen, d.h. mindestens zwei, verliehen. Das wichtigste Merkmal
dieser Studiengänge ist ihre Gemeinsamkeit: Alle Partnerhochschulen sind an der
Konzipierung, Durchführung und Weiterentwicklung des Studienganges beteiligt.
Sie haben oft eine gemeinsame Studien- und Prüfungsordnung und tragen
gemeinsame Verantwortung für den Studiengang und die Studierenden.
Außerdem müssen sie funktionierende Kommunikations-, Kooperations- und
Entscheidungsstrukturen nachweisen.
7.5.2 Akkreditierung von Joint Programmes
Die politisch-kulturellen Disparitäten und die Heterogenität der Vorgaben der
beteiligten Länder resultieren derzeit noch in hoher Komplexität und
überdurchschnittlichem organisatorischen Aufwand im Verfahren zur
Akkreditierung von „joint programmes“. Nach derzeitiger Beschlusslage können
Hochschulen, die Doppelabschlussprogramme (oder mehr) mit internationalen
Partnern anbieten, die Akkreditierung auch durch ausländische
Qualitätssicherungsagenturen vornehmen lassen. Diese Agenturen müssen vom
European Quality Assurance Register for Higher Education (EQAR) gelistet oder
Mitglied der European Association for Quality Assurance in Higher Education
367
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 43 -
(ENQA) sein. Die von diesen Agenturen vorgenommenen Akkreditierungen
können mittlerweile in Deutschland anerkannt werden.
7.5.3 Gemeinsamer Europäischer Ansatz zur Qualitätssicherung
In der gemeinsamen Strategie für die Internationalisierung der Hochschulen in
Deutschland wird der Akkreditierungsrat um einen Vorschlag gebeten, mit dem
der Akkreditierungsaufwand auf ein gemeinsames Verfahren mit einer Agentur
für den gesamten Studiengang beschränkt werden kann. Zurzeit ist es zwar
möglich, ausländische Akkreditierungen anzuerkennen, aber es ist stets noch eine
zweite (deutsche) Agentur beteiligt, die eine erneute materielle Prüfung vornimmt.
Das wollen Bund und Länder im Einklang mit dem Akkreditierungsrat
vereinfachen und unterstützen deshalb den Europäischen Ansatz zur
Qualitätssicherung von internationalen Studiengängen, der der Bologna-
Ministerkonferenz in Jerewan im Mai 2015 zur Verabschiedung vorliegt, für
Studienprogramme, die zu einem gemeinsamen Abschluss führen. Es handelt sich
dabei um einen einheitlichen, aufeinander abgestimmten europäischen Rahmen
zur Qualitätssicherung für „joint programmes“, der ausschließlich auf der
Bologna-Infrastruktur basiert (d.h. auf dem Qualifikationsrahmen für den
Europäischen Hochschulraum (QFEHEA) sowie den Europäischen Standards und
Leitlinien für die Qualitätssicherung (ESG)). Die Bologna-Länder wollen sich
darauf einigen, dass keine zusätzlichen nationalen Kriterien angewandt werden
und integrierte und alleinstehende Akkreditierungen von gemeinsamen
Programmen genehmigt werden sollen, die von einer von EQAR zertifizierten
Agentur zur Qualitätssicherung durchgeführt wird.
7.5.4 Qualitätssicherung von transnationalen Studiengängen
Schließlich nimmt der Akkreditierungsrat als einer von acht Partnern aus Europa,
aus dem arabischen und dem asiatisch-pazifischen Raum an dem Erasmus-
Mundus-Projekt „QACHE – Quality Assurance of Cross-border Higher
Education“ teil. Darin wird die Qualitätssicherung von transnationalen
Studiengängen untersucht. Im Unterschied zu „joint programmes“ handelt es sich
hierbei um Studiengänge, deren Studierende sich in einem anderen Land befinden
als im Sitzland des Anbieters. Es sollen bis Ende 2015 die Hauptschwierigkeiten
der Qualitätssicherung von transnationalen Programmen identifiziert und
368
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 44 -
Empfehlungen erarbeitet werden, wie zukünftig deren hohe Qualität sichergestellt
werden kann.
8. Die neuen Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt
Der Bachelorabschluss als erster berufsqualifizierender Hochschulabschluss und
Regelabschluss in einem System gestufter Studiengänge vermittelt wissenschaftliche
Fachkompetenzen, Methodenkompetenz sowie berufsfeldbezogene Kompetenzen
entsprechend dem Profil der Hochschulen und des Studiengangs.
Hochschulausbildung ist keine spezifische Berufsausbildung, daher führen auch
Bachelorstudiengänge nicht zur Berufsfertigkeit, sondern vermitteln
Beschäftigungsbefähigung in einem breiten beruflichen Umfeld. Die gestufte
Studienstruktur mit Bachelor- und Masterabschlüssen eröffnet eine Vielzahl von
Einstiegs- und Übergangsoptionen zwischen Arbeitsmarkt und Hochschule und
ermöglicht damit im Sinne des Lebenslangen Lernens flexible Karrierewege. Ein
entscheidender Faktor für den Erfolg der Hochschulreform ist die Akzeptanz der
Absolventen des gestuften Graduierungssystems auf dem Arbeitsmarkt. So unterstützte
die Wirtschaft die Umstellung auf die gestufte Studienstruktur im Rahmen der 2004
gestarteten „Bachelor Welcome!“-Initiative unter dem neuen Motto
„Bologna@Germany“ bis 2012 auf breiter Basis.
Laut der letzten DZHW-Absolventenstudie entscheidet sich rund jeder zweite
Bachelorabsolvent einer FH und jeder Vierte einer Universität für einen direkten
Berufseinstieg. Darüber hinaus wurde ermittelt, dass Absolventinnen und Absolventen
von Bachelorstudiengängen im Vergleich zu Absolventen der traditionellen
Studiengänge:
einen angemessenen Einstieg in den Arbeitsmarkt finden,
genauso zufrieden mit ihrer beruflichen Tätigkeit sind,
ähnlich kurz nach einer ersten Beschäftigung suchen,
niveau- und fachadäquat eingesetzt werden.
Die Arbeitslosenquote von Bachelor-Absolventen war ein Jahr nach Studienabschluss
genauso niedrig (2 % von den Universitäten, 3 % von den Fachhochschulen) wie
diejenige aller Akademikerinnen und Akademiker im Durchschnitt (2,6 %).
369
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 45 -
Im Jahr 2014 waren laut der Unternehmensbefragung des Instituts der deutschen
Wirtschaft Bachelorabsolventen in 23 % und Masterabsolventen in 18 % der befragten
Unternehmen beschäftigt. Dabei hat der Beschäftigungsstand von Mitarbeitern mit
Bachelor- und Masterabschluss von 2010 bis 2014 insbesondere bei den kleineren und
mittleren Unternehmen zugenommen.
8.1 Privatwirtschaft und Öffentlicher Dienst
Nachdem in der Privatwirtschaft eine zunehmende Akzeptanz der
Bachelorabsolventen zu verzeichnen ist, sollen auch im öffentlichen Dienst die
Beschäftigungsmöglichkeiten von Bachelor-Absolventen attraktiver gestaltet
werden. Sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene gibt es Bestrebungen, den
Zugang zum höheren Dienst oder vergleichbarer Qualifikationsebenen des Bundes
und der Länder insbesondere auch für Bachelor-Absolventen mit Promotion oder
mehrjähriger beruflicher Erfahrung zu öffnen.
Darüber hinaus können die Arbeitgeber sowohl auf dem freien Arbeitsmarkt wie
auch im öffentlichen Dienst mit dem Angebot von Entwicklungsperspektiven und
der Förderung der Bereitschaft zur Weiterqualifizierung wesentliche Beiträge zur
Steigerung der Attraktivität des Bachelorabschlusses als erstem
berufsqualifizierenden Abschluss leisten. Die Zusammenarbeit mit den
Hochschulen – zum Beispiel durch Praxistransfer, Personalaustausch und
gemeinsame Weiterbildungsangebote – ist hierfür ein geeignetes Mittel.
8.2 Wege im Studium und Übergang ins Berufsleben
Bei der Gestaltung von Studiengängen sollten die Hochschulen stärker als bisher
Alternativen zur konsekutiven Anordnung von Bachelor- und Masterprogrammen
erwägen. Als Grundsatz bei der Entwicklung von Bachelorprogrammen gilt, dass
diese mindestens drei Optionen eröffnen sollten (Polyvalenz):
den ersten Einstieg in eine Beschäftigungslaufbahn innerhalb oder außerhalb der
Hochschule,
vertiefende Masterstudien in derselben Fachrichtung,
den Wechsel in affine, aber themendifferente Masterstudiengänge.
370
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 46 -
Unabhängig von den unterschiedlichen Bildungszielen der Hochschulen soll eine
breite wissenschaftliche Qualifizierung in Bachelorstudiengängen im Mittelpunkt
stehen, mit der die Polyvalenz gewährleistet wird. Spezifische Profile im Sinne eher
anwendungsorientierter oder forschungsorientierter Studiengänge bieten dagegen
Masterstudiengänge. Diese vermitteln fachlich vertiefte, verbreiterte,
fachübergreifende oder fachlich differenzierte Kompetenzen für die
unterschiedlichen Anforderungen in Wissenschaft und Praxis/Arbeitsmarkt.
Eine wichtige Rolle zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit im
Hochschulstudium spielt die konsequente Ausrichtung der Studienprogramme auf
die Vermittlung von Kompetenzen, die die Problemlösungsfähigkeiten der
Absolventen verbessern.
Neben einer kompetenzorientierten Studiengangkonzeption bedarf es weiterer
Elemente (Module, Lehrangebote und -formate, etc.), die die
Beschäftigungsbefähigung in besonderer Weise fördern und sie fachspezifisch
weiter ausgestalten: integrierte und betreute Praktika, berufsorientierende
Angebote, Forschungs- und gesellschaftlich relevante Praxisprojekte (Forschendes
Lernen, Service Learning, u.a).
Die Tatsache, dass es in Deutschland zurzeit kein großes Beschäftigungsproblem
nach dem Studienabschluss gibt, bedeutet nicht, dass die Vorbereitung auf ein
langes Berufsleben geringere Priorität haben kann. Die Qualität des Studiums als
Grundlage für die Befähigung zum kontinuierlichen Erwerb der vom Arbeitsmarkt
langfristig nachgefragten Kompetenzen durch Weiterbildung bestimmen den
Wohlstand unserer Gesellschaft für lange Zeit.
371
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Notentransparenz für die Zulassung zu Masterstudiengängen
Umsetzung und rechtliche Ausgestaltung des Prozentrangs
Bericht der KMK/HRK-Arbeitsgruppe „Relative Noten“
Stand: 08.05.2014
Anlage 2
372
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Ausgangslage
Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Notenkulturen an den Hochschulen und in den Fächern
hat die Kultusministerkonferenz am 07.02.2013 die Grundsatzentscheidung getroffen, zusätzlich
zur absoluten Note den Prozentrang einzuführen. Grundlage dieses Beschlusses ist das gemein-
sam mit Vertretern der Hochschulrektorenkonferenz erarbeitete Modell, den Prozentrang einer
Absolventin oder eines Absolventen auf der Grundlage der ECTS-Notenstatistik für eine defi-
nierte Studiengangskohorte zu ermitteln und neben der absoluten Note auf der Grundlage der
deutschen Notenskala auszuweisen. Gleichzeitig wurde der Hochschulausschuss gebeten, in Ab-
stimmung mit der Hochschulrektorenkonferenz Vorschläge zur weiteren Konkretisierung und
rechtlichen Ausgestaltung des Prozentrangs vorzulegen. Hierzu wurde eine Arbeitsgruppe aus
Vertretern des Hochschulausschusses und der Hochschulrektorenkonferenz einberufen, die sich
auf folgende Präzisierungen verständigt hat:
1. Rechtliche Umsetzung
Der Prozentrang stellt eine die absolute Note ergänzende Leistungsbewertung dar, die
Auswirkungen insb. auf den Zugang bzw. die Zulassung zu Masterstudiengängen, den Zu-
gang zu reglementierten Berufen sowie generell auf die Chancen am Arbeitsmarkt haben
kann. Zwar zielt die Einführung des Prozentrangs nur darauf, dort, wo bereits eine absolute
Note eines Abschlusses für den Zugang gefordert bzw. im Zulassungsverfahren verwendet
wird, das Verfahren transparenter und gerechter zu gestalten. Gleichwohl ist mit Blick auf
die damit gegebene Grundrechtsrelevanz der Prozentrang für die Gesamtnote auf der Grund-
lage der Notenstatistik im Hochschulrecht der Länder adäquat im Rahmen der Regelungen
zur Leistungsbewertung und ggf. als Zugangs- oder Zulassungsvoraussetzung zu verankern.
Die Regelungen zum Zugang bzw. zur Zulassung zu Masterstudiengängen sind derzeit in
den Ländern unterschiedlich ausgestaltet. Häufig sieht das Landesrecht vor, dass außer dem
ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschluss (i.d.R. der Bachelorabschluss) durch Sat-
zungsrecht der Hochschulen eine spezifische Eignung als Zugangsvoraussetzung festgelegt
werden kann. I.d.R. wird diese durch den Grad der Qualifikation, d. h. durch eine Note
nachgewiesen. In diesen Fällen ist durch das Landesrecht bzw. durch Regelung der Hoch-
schulen sicher zu stellen, dass neben der absoluten Note des ersten Hochschulabschlusses
der Prozentrang der Note mit einem festgelegten Gewicht bei der Bewertung des ersten
Hochschulabschlusses berücksichtigt wird. Die Ausgestaltung im Einzelnen bleibt den Län-
dern bzw. den Hochschulen überlassen.
373
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 2 -
Die Vorgabe eines bestimmten Prozentrangwertes als Zugangsvoraussetzung (z. B. Nach-
weis zu den 25 % Besten eines Jahrganges zu gehören) kann – ebenso wie bei der Vorgabe
einer Mindestnote - dazu führen, dass das Studienplatzpotential nicht ausgeschöpft wird,
wenn nicht genügend geeignete Bewerber zur Verfügung stehen, die die Voraussetzung er-
füllen. Daher ist im Hinblick auf eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung Angemessenheit
und Verhältnismäßigkeit bei der Festsetzung des Prozentrangs als Zugangsvoraussetzung
zu gewährleisten.
Sofern das Landesrecht neben dem ersten berufsqualifizierende Hochschulabschluss keine
weiteren Zugangsvoraussetzungen vorsieht und die Hochschulen lediglich die Zulassung
von besonderen Voraussetzungen abhängig machen können, ist in den einschlägigen landes-
rechtlichen Bestimmungen festzulegen, dass der Prozentrang im Rahmen der Zulassungsre-
gelungen der Hochschulen zu berücksichtigen ist.
Unabhängig von der konkreten Verortung als Zugangs- oder Zulassungsvoraussetzung ist
sicherzustellen, dass der Prozentrang verpflichtend neben der absoluten Note Berücksichti-
gung findet.
Die Einführung des Prozentrangs als Zugangs- bzw. Zulassungsvoraussetzung schließt
hochschulische Auswahlverfahren (z.B. Eignungsgespräche, Assessment-Center usw.) nicht
aus.
2. KMK-Beschlusslage
Eine Änderung der ländergemeinsamen Strukturvorgaben ist für die Einführung des Pro-
zentranges nicht erforderlich. Die ländergemeinsamen Strukturvorgaben (Ziffer 2 f der
Rahmenvorgaben für die Einführung von Leitungspunktsystemen und die Modularisierung
von Studiengängen) sehen verpflichtend ECTS-Noten entsprechend dem ECTS Users‘ Gui-
de in der jeweils geltenden Fassung vor. Damit gilt im Hinblick auf den Prozentrang auch,
dass dieser zum gegebenen Zeitpunkt Gegenstand der Akkreditierung wird.
3. Kohortenbildung
Die Prozentrangbildung setzt die Definition einer Referenzgröße für die ihr zugrunde geleg-
te Kohorte voraus, um statistisch valide Ergebnisse zu gewährleisten. In Betracht kommen
folgende Möglichkeiten unter denen die Hochschulen je nach Sachlage entscheiden können
sollen:
374
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 3 -
3.1 Wandernde Kohorte
Für die meisten Studiengänge dürfte die sog. wandernde Kohorte als Grundlage der
Prozentrangbildung geeignet sein. Hierbei sind mehrere Absolventenjahrgänge zu ei-
ner Kohorte mit insgesamt mindestens 100 Absolventen zusammenzufassen, die zu
einem festzulegenden Stichtag durch Herausnahme der ältesten und Aufnahme der
neuen Gruppe fortgeschrieben wird und wiederum die Mindestzahl von 100 Absol-
venten erreicht oder überschreitet. Auf diese Weise können sowohl quantitative als
auch qualitative Schwankungen zwischen einzelnen Absolventenjahrgängen weitge-
hend ausgeglichen werden, so dass in Übereinstimmung mit den Empfehlungen des
ECTS Users‘ Guide der wandernden Kohorte der Vorzug zu geben ist.
3.2 Feste Kohorte
In besonders großen Studiengängen kann auch ein (im Einzelnen nach akademischem
oder Kalenderjahr zu definierender) Absolventenjahrgang jeweils als feste Kohorte
der Prozentrangbildung zugrunde gelegt werden. Dabei muss eine Mindestgröße von
150 Absolventen pro Kohorte sichergestellt werden.
3.3 Poolbildung
In Studiengängen mit geringen Absolventenzahlen werden mehrere inhaltlich und
hinsichtlich der Prüfungskulturen vergleichbare Studiengänge zusammengefasst, um
eine statistisch valide Gruppengröße von mindestens 100 Absolventen in drei Jahren
zu erhalten, die dann wie die wandernde Kohorte behandelt wird. Als Alternative
können derartige Studiengänge mit vergleichbaren größeren Fächern zugeordnet
werden, die als wandernde oder feste Kohorte geführt werden.
4. Gewichtung des Prozentrangs, Bildung eines Gesamtwerts
Absolute Note und Prozentrang sollen künftig gemeinsam das im Rahmen der Zugangs- o-
der Zulassungsverfahren zu bewertende Kriterium Note bzw. Grad der Qualifikation darstel-
len. Dazu muss dem Prozentrang ein signifikantes Gewicht von mindestens 25 % des Ge-
samtwertes zukommen.
Der Gesamtwert aus der absoluten Note und dem Prozentrang ist in folgendem Verfahren zu
bilden: Jeder Note zwischen 1,0 und 4,0 wird ein Punktwert zwischen 0 und 100 nach der
anliegenden Skala zugewiesen. Nachdem die Prozentrangskala von vornherein zwischen 0
und 100 verläuft, ist die Vergleichbarkeit der beiden Skalen gegeben. In beiden Skalen be-
deutet ein numerisch niedriger Wert ein besseres Abschneiden gegenüber einem höheren
375
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 4 -
Wert. Der Punktwert für die Note und der Prozentrang werden jeweils mit dem Prozentsatz
multipliziert, mit dem die absolute Note bzw. der Prozentrang für die Gesamtwertbildung
gewichtet werden soll. Durch Addition der aus diesen Multiplikationen sich ergebenden
beiden Werte wird der für die Reihung der Bewerber maßgebliche Gesamtwert gebildet. Die
Berechnungsformel lautet damit wie folgt:
(Punktwert der Note x Gewichtung) + (Prozentrang der Note x Gewichtung)
= Gesamtwert
Die Bewerber werden für die Zugangs- bzw. Zulassungsentscheidung beginnend beim nied-
rigsten und damit besten Gesamtwert gereiht. Den Vorschlag einer Punktwert-Skala für die
absoluten Noten sowie Fallbeispiele für die Berechnung des Gesamtpunktwertes finden sich
im Anhang dieses Berichts.
5. Bewerbung mit vorläufiger Bachelornote
Die Bewerbung um einen Masterstudienplatz erfolgt vielfach bereits vor Abschluss des Ba-
chelorstudiums und damit vor Festlegung der Gesamtnote und Ausstellung des Diploma
Supplements. Um eine vorzeitige Bewerbung zu ermöglichen, ist neben der vorläufigen Ge-
samtnote auch ein vorläufiger Prozentrang auszuweisen. Die Berechnung der vorläufigen
Gesamt- bzw. Durchschnittsnote setzt voraus, dass von den für den Studienabschluss insge-
samt erforderlichen Leistungspunkten nicht mehr als 30 Leistungspunkte ausstehen, die
i.d.R. den im letzten Studiensemester zu erwerbenden Leistungspunkten entsprechen. Für
die Bildung des vorläufigen Prozentrangs auf der Basis der vorläufigen Gesamt- bzw.
Durchschnittsnote ist die zu diesem Zeitpunkt für Absolventen maßgebliche Kohorte zu-
grunde zu legen.
Bei Abweichungen zwischen den vorläufigen und den endgültigen Ergebnissen ist entspre-
chend dem bisher für die Bewerbung mit vorläufiger absoluter Gesamtnote geltenden Rege-
lungen zu verfahren. Spezifische Probleme durch den zusätzlich anzugebenden vorläufigen
Prozentrang sind nicht erkennbar. Stichprobenartige Prüfungen in einzelnen Ländern haben
ergeben, dass die Abweichungen zwischen den vorläufig ermittelten absoluten Durch-
schnittsnoten und den endgültigen Bestehensnoten geringfügig sind. Die vorläufigen Noten
erlauben daher i.d.R. eine sichere Prognose über die Eignung der Bewerberinnen und Be-
werber und die spätere endgültige Gesamtnote. Es ist davon auszugehen, dass diese Aussage
auch für den endgültigen Prozentrang gilt, selbst wenn dieser dann auf der Grundlage einer
anderen Kohorte gebildet wird, da die Vorgaben für die Kohortenbildung gerade sicherstel-
len sollen, dass Unterschiede quantitativer und qualitativer Art zwischen den Absolventen-
376
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 5 -
jahrgängen ausgeglichen werden.
6. Dokumentation des Prozentrangs im Diploma Supplement
Im Rahmen der unter Ziffer 4.4 des Diploma Supplements vorgesehenen Angaben zum na-
tionalen Notensystem und zur Vergabe von Noten sind
- der Prozentrang des Absolventen/der Absolventin einschließlich der Prozentrangliste
- die Beschreibung der Referenzgruppe (Anzahl der Prüfungen, Gruppengröße)
auszuweisen.
7. EDV-mäßige Implementierung an den Hochschulen
Die Möglichkeit, Prozentränge darzustellen, ist durch die Hochschulen – ggf. unter Nutzung
der Statistik für das Deutschlandstipendium – in den Campusmanagementsystemen sicher-
zustellen. Hierzu sollten die Ministerien die Hochschulen ihres Zuständigkeitsbereichs mit
den jeweils gebräuchlichen Instrumenten verpflichten.
8. Umgang mit gemischten Bewerberpopulationen
Im Hinblick auf
die zu erwartende ungleichzeitige Einführung von Prozenträngen in den Ländern,
Bewerber ohne Prozentrang aus dem Ausland sowie
auch auf längere Sicht Bewerber mit älteren Abschlüssen vor Einführung des Prozent-
rangs,
ist zumindest mittelfristig damit zu rechnen, dass ein relevanter Anteil der Bewerberinnen
und Bewerber für Masterstudienplätze keinen Prozentrang vorweisen kann, so dass mit ge-
mischten Bewerberpopulationen aus Bewerbern nur mit absoluten Noten und Bewerbern mit
Prozenträngen zu rechnen ist. In diesen Fällen sind für die Masterstudienplätze Kontingente
entsprechend den Anteilen der Bewerber mit und ohne Prozentrang zu bilden, die in jedem
Vergabeverfahren anhand der Zusammensetzung der Bewerberpopulationen zu ermitteln
sind. Innerhalb dieses Kontingents erfolgt die Vergabe nach Prozentrang bzw. absoluter No-
te. Da davon auszugehen ist, dass beide Gruppen das gleiche Leistungsspektrum aufweisen,
kann auf diese Weise eine statistisch valide und gerechte Verteilung der Studienplätze bei
gemischten Bewerberpopulationen sichergestellt werden.
9. Zeithorizont
377
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 6 -
Um eine möglichst zügige und flächendeckende Einführung des Prozentrangs zu erreichen,
soll der Beschluss der Kultusministerkonferenz eine zeitliche Vorgabe vorsehen, innerhalb
derer die Länder die rechtlichen Vorkehrungen zur Einführung des Prozentrangs und seine
Berücksichtigung als Zugangs- bzw. Zulassungsvoraussetzung treffen werden.
10. Evaluation
Mit Blick auf die große Bedeutung der ergänzenden Verwendung des Prozentrangs bei der
Bewertung von Abschlüssen, sollten sich Kultusministerkonferenz und Hochschulrektoren-
konferenz zu gegebener Zeit über Kriterien und Verfahren zur Evaluation des Prozentrangs
als Zugangs- bzw. Zulassungsvoraussetzung zu Masterstudiengängen abstimmen. In die
Evaluation sollte auch die rechtliche Ausgestaltung der Regelungen einzubeziehen ist.
11. Handreichung für die Hochschulen
Die Hochschulrektorenkonferenz soll gebeten werden, nach Beschlussfassung zur Einfüh-
rung des Prozentrangs in Kultusministerkonferenz und Hochschulrektorenkonferenz im Zu-
sammenwirken mit der internationalen Arbeitsgruppe zur Überarbeitung des ECTS-Users‘
Guide eine Handreichung für die Hochschulen zur Umsetzung des Prozentrangs zu erarbei-
ten.
378
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 7 -
Anhang
1.) Vorschlag einer Punktwert-Skala für die absoluten Noten
Notenklasse Punktwert Notenklasse Punktwert Notenklasse Punktwert Notenklasse Punktwert Sehr gut gut befriedigend ausreichend
1,6 20,80 2,6 53,80 3,6 86,80
1,7 24,10 2,7 57,10 3,7 90,10
1,8 27,40 2,8 60,40 3,8 93,40
1,9 30,70 2,9 63,70 3,9 96,70
1,0 1,00 2,0 34,00 3,0 67,00 4,0 100,00 1,1 4,30 2,1 37,30 3,1 70,30 1,2 7,60 2,2 40,60 3,2 73,60 1,3 10,90 2,3 43,90 3,3 76,90 1,4 14,20 2,4 47,20 3,4 80,20 1,5 17,50 2,5 50,50 3,5 83,50
2.) Fallbeispiele für die Berechnung des Gesamtwertes
Unter Anwendung der nachfolgenden Formel
(Punktwert der Note x Gewichtung) + (Prozentrang der Note x Gewichtung)
= Gesamtwert
ergeben sich bei Einsatz obiger Punktwerte für die absolute Note beispielsweise folgende
Fälle: Für einen Absolventen A mit der Note 2 und einem Prozentrang (PR) von 20 (d. h.
die Person hat eine schlechtere Note als 20 % der Vergleichs-Kohorte) ergibt sich folgende
Gesamtwertberechnung bei einer Gewichtung von 70 % für die Note und 30 % für den
Prozentrang:
Bsp.A: Note 2, PR 20 (34,0 x 0,7) + (20 x 0,3) = 29,80
Für einen Absolventen mit der Note 2 und einem Prozentrang von 70 errechnet sich bei
gleicher Gewichtung:
Bsp.B: Note 2, PR 70 (34,0 x 0,7) + (70 x 0,3) = 44,80
379
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 8 -
Bei gleichmäßiger Gewichtung (Note 50%, Prozentrang 50%) ergeben sich folgende Ge-
samtwerte:
Bsp.C: Note 2, PR 20 (34,0 x 0,5) + (20 x 0,5) = 27,0
Bsp.D: Note 2, PR 70 (34,0 x 0,5) + (70 x 0,5) = 52,0
Die oberen und unteren Ränder der möglichen Gesamtwerte verdeutlichen die folgenden
Beispiele:
Gewichtung Note 70 %, PR 30 %
Bsp.E: Note 1, PR 5 (1 x 0,7) + (5 x 0,3) = 2,2
Bsp.F: Note 4, PR 90 (100 x 0,7) + (90 x 0,3) = 97,0
Die Beispiele im Überblick:
Beispiel
Gewichtungen Gesamtwert Note Punktwert Prozentrang Note Prozentrang
A 2,0 34 20 70 30 29,80 B 2,0 34 70 70 30 44,80 C 2,0 34 20 50 50 27,00 D 2,0 34 70 50 50 52,00 E 1,0 1 5 70 30 2,20 F 4,0 100 90 70 30 97,00
380
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
SEKRETARIAT DER STÄNDIGEN KONFERENZ
DER KULTUSMINISTER DER LÄNDER IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
III B – 5113-6.0
Situation der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen
Bericht des Hochschulausschusses
26.09.2014
Anlage 3
381
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Auftragslage
Der Hochschulausschuss hat anlässlich seiner 356. Sitzung am 19./20.07.2012 die Berichterstatte-
rin „Kunst-und Musikhochschulen“ gebeten, mit den Kunst- und Musikhochschulreferenten die
Anliegen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Lehrbeauftragten an Musikhochschulen
zu erörtern und den Hochschulausschuss über das Ergebnis der Beratungen zu informieren. An-
lass der Befassung des Hochschulausschusses waren Beratungen im Landtag von Baden-
Württemberg zu einem Antrag der Fraktion GRÜNE „Arbeitsbedingungen von Lehrbeauftragten
an Musikhochschulen verbessern“ (Drs. 15/1193 vom 02.02.2012), mit dem u. a. um Stellung-
nahme dazu gebeten wird, ob der auf Bundesebene eingebrachte Vorschlag unterstützt wird, eine
Arbeitsgruppe der Länder gemeinsam mit Vertretern der Hochschulen, der Lehrbeauftragten, der
relevanten Organisationen und Gewerkschaften einzusetzen, um bundesweit gültige Standards zur
Verbesserung der Situation der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen für Honoraruntergrenzen,
für das prozentuale Verhältnis Lehraufträge/Festanstellung sowie angemessene Vergütungsmodel-
le zu erarbeiten. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-
Württemberg hatte diesen Vorschlag in seiner Stellungnahme grundsätzlich unterstützt und eine
Koordinierungsfunktion der Kultusministerkonferenz über die Kunst- und Musikhochschulrefe-
renten angeregt.
In ihrer Sitzung im Mai 2013 haben sich die Kunst- und Musikhochschulreferenten darauf ver-
ständigt, einen Bericht zur Situation der Lehrbeauftragten an Kunst- und Musikhochschulen zu
erarbeiten. Die nachfolgenden Ausführungen berücksichtigen
- den Antrag der Fraktion GRÜNE mit Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, For-
schung und Kunst „Arbeitsbedingungen von Lehrbeauftragten an Musikhochschulen verbes-
sern“ (Drs. 15/1193 vom 02.02.2012)
- die Ergebnisse der Länderumfrage zur Situation der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen
(Stand: Oktober 2013)
- die Übersicht über die Lehrauftragsvergütung an Kunst- und Musikhochschulen (Stand: März
2013)
- die Positionsbestimmung der Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen
„Mindeststandards der Arbeitsbedingungen für die Lehrbeauftragten an Musikhochschulen“
vom Juni 2012 mit Stellungnahme der Rektorenkonferenz der Deutschen Musikhochschulen in
der HRK.
382
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 2 -
Da sich die Klagen über die Arbeitsbedingungen der Lehrbeauftragten auf die Musikhochschulen
konzentrieren und an den sonstigen Kunsthochschulen keine spezifische Problematik im Bereich
der Lehrbeauftragten bekannt ist, beschränkt sich der Bericht auf die Situation an den Musikhoch-
schulen.*
Ausgangslage
Nach § 55 HRG und den entsprechenden Regelungen in den Hochschulgesetzen der Länder kön-
nen zur Ergänzung des Lehrangebots Lehraufträge erteilt werden. An Kunsthochschulen – dies
impliziert die Musikhochschulen – können Lehraufträge auch zur Sicherstellung des Lehrange-
bots in einem Fach erteilt werden.
Der Lehrauftrag ist ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis eigener Art, das weder dem Ar-
beits- noch dem Beamtenrecht zugeordnet ist und zwar unabhängig davon, ob der bzw. die Lehr-
aufträge die einzige oder eine wesentliche Verdienstquelle darstellen. Der Lehrauftrag kann durch
Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag begründet werden.
Lehraufträgen kommt an Musikhochschulen traditionell eine besondere Bedeutung zu. Sie sind
dort vor allem zur Sicherstellung des Unterrichts (vor allem Einzelunterricht) über die gesamte
Breite der Instrumentalfächer unverzichtbar. Insbesondere seltene Instrumente (z. B. Viola da
Gamba, Harfe usw.), die geringer und schwankender Nachfrage unterliegen, können nicht durch
Professorenstellen abgedeckt werden. Lehrbeauftragte sind darüber hinaus vielfach aktive Musi-
ker, die die in vielen Fächern unerlässliche Praxiserfahrung mitbringen. Dies gilt z. B. für Orches-
terstudien, die Unterricht durch hauptberufliche Orchestermusiker erfordern. Auch die Methodik-
vermittlung wird häufig von Lehrbeauftragten wahrgenommen.
Lehrbeauftragte werden außerdem auch in vielen nicht-professoralen Ergänzungsfächern – z. B.
Atem- und Körperarbeit, Feldenkrais-Methode, Musikphysiologie und Musikermedizin, aber auch
in Lehrveranstaltungen zur Professionalisierung und Karriereplanung usw. sowie als Korrepetito-
ren eingesetzt. Sie gewährleisten daher in vielen Fächern die nötige Flexibilität des Lehrangebots
und stellen damit an Musikhochschulen ein konstitutives Element dar.
* Im Land Brandenburg gibt es keine Musikhochschulen.
383
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 3 -
1. Status der Lehrbeauftragten
Als nebenamtlich tätige Lehrkräfte gehören Lehrbeauftragte nach § 36 HRG nicht zu den
Mitgliedern einer Hochschule. Allerdings sehen die landesrechtlichen Bestimmungen hierzu
z. T. abweichende Regelungen vor. So besitzen Lehrbeauftragte in acht Ländern Mitglied-
schaftsstatus mit aktivem und passivem Wahlrecht zu den Selbstverwaltungsgremien (BY,
BE, HB, MV: kein passives Wahlrecht, NW, RP: Entscheidung über Status in der Zuständig-
keit der Hochschule, SL, SH). In sieben Ländern haben sie Angehörigenstatus (BW: Ent-
scheidung zum Wahlrecht in der Zuständigkeit der Hochschule, SN: Mitgliedschaftsstatus
unter bestimmten Voraussetzungen möglich).
Angesichts der Bedeutung der Lehrbeauftragten für Musikhochschulen könnte der Mitglied-
schaftsstatus mit den damit verbundenen Mitwirkungsmöglichkeiten in den Gremien der
Selbstverwaltung sinnvoll sein. Allerdings handelt es sich bei den Lehrbeauftragten um eine
sehr inhomogene Gruppe mit sehr unterschiedlichem individuellen Hintergrund (aktive
Künstler - hauptberuflich selbständig oder in festem Beschäftigungsverhältnis -, künstleri-
scher Nachwuchs, Lehrbeauftragte, die ihren Lebensunterhalt im Wesentlichen über Lehrauf-
träge bestreiten, etc.) und im Hinblick auf das breit gefächerte Aufgabenspektrum sehr unter-
schiedlichen Funktionen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Insofern stellen sich Fragen
der Gruppenzuordnung bzw. der Mehrheitsverhältnisse bei der Bildung einer eigenen Grup-
pe.
In den meisten Ländern besteht darüber hinaus weder ein aktives noch ein passives Wahl-
recht der Lehrbeauftragten zu den Personalvertretungsgremien der Hochschulen. In NW ha-
ben Lehrbeauftragte ab einem Mindestlehrumfang (4 Lehrveranstaltungsstunden) aktives und
passives Wahlrecht. In SH haben alle Beschäftigten einer Dienststelle das aktive Wahlrecht,
das passive Wahlrecht besteht für alle Wahlberechtigten, die seit sechs Monaten dem Ge-
schäftsbereich angehören und seit einem Jahr im öffentlichen Dienst tätig sind.
Das Landesrecht sieht in allen Ländern vor, dass die Lehrbeauftragten in der Ausübung des
Auftrags selbstständig sind. Der Grundsatz der Wissenschaftsfreiheit gilt daher auch für sie.
384
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 4 -
2. Anteil der von Lehrbeauftragten erbrachten Lehre
Wie aus der Darstellung unter der Überschrift „Ausgangslage“ hervorgeht, sind die Lehrauf-
träge an Musikhochschulen auch für die Sicherstellung des Lehrangebots unverzichtbar. Ihre
Bedeutung hat im Zuge der Einführung des gestuften Graduierungssystems und der damit
einhergehenden zunehmenden Differenzierung der Studiengänge weiter zugenommen. Der
damit verbundene höhere Lehrbedarf hat zu einem gestiegenen Anteil der von Lehrbeauftrag-
ten erbrachten Lehre geführt. Auch die Stärkung nicht-künstlerischer Aspekte im Studium
zur Förderung der Schlüsselkompetenzen – z. B. Pädagogik/Didaktik, spezifische Medizin-
fragen, Musikrecht und –management, Marketing – haben hierzu beigetragen. Die Anteile
variieren von Hochschule zu Hochschule, wobei genaue Angaben nicht zur Verfügung ste-
hen. Im Durchschnitt bewegt sich ihr Anteil am Gesamtvolumen des Lehrangebots zwischen
30 und 50%. Da die Lehrbeauftragten häufig Einzelunterricht erteilen und in Nebenfächern
eingesetzt werden (z. B. auch Nebenfächer im Lehramtsstudium) liegt der auf den einzelnen
Studierenden entfallende Anteil von Unterricht durch Lehrbeauftragte allerdings deutlich
niedriger.
Vorgaben zur Begrenzung der Lehraufträge gibt es in keinem Land, weder in qualitativer
(Hauptfächer gegenüber Neben-, Pflicht-, Wahlfächern) noch in quantitativer Hinsicht. Ein
besonders hoher Anteil an Lehrbeauftragten könnte jedoch insbesondere unter Qualitätsge-
sichtspunkten problematisch sein. Da die Lehrbeauftragten vielfach keinen Mitgliedschafts-
status haben, sind sie nicht oder – auch dort, wo sie Mitglied sind – lediglich auf freiwilliger
Basis in die hochschulinternen Diskussionen und Prozesse zur Qualitätssicherung und -ent-
wicklung, zur Profilbildung und Curriculumsentwicklung sowie zur Weiterentwicklung der
Kunst und Wissenschaft durch Forschung und die Realisierung künstlerischer Entwicklungs-
vorhaben eingebunden. Vor diesem Hintergrund sollte der Anteil der Lehrbeauftragten und
der von diesen in den Hauptfächern erbrachten Lehre auf das zur Sicherstellung eines ausrei-
chend breiten Lehrangebots und zur Erhaltung der notwendigen Flexibilität erforderliche
Maß begrenzt bleiben. Zu bedenken wäre deshalb, ob der für die privaten Hochschulen gel-
tende Grundsatz, dass mindestens 50% des Lehrpersonals hauptberuflich tätig sein muss,
auch für die Musikhochschulen als Orientierungsrahmen herangezogen werden könnte, so-
dass mindestens die Hälfte des Lehrpersonals und der in den Hauptfächern erbrachten Lehre
auf hauptberuflich Tätige entfällt, die auch als Ansprechpartner für die Studierenden kontinu-
ierlich zur Verfügung stehen.
385
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 5 -
Die in der ausschließlichen Verantwortung der Hochschule liegende Entscheidung zur Ertei-
lung von Lehraufträgen richtet sich vor allem nach Struktur und Profil der Hochschule. Für
Aufgaben, die
- sich strukturell in das Hochschulprofil integrieren
- von nicht nur temporärer Bedeutung und
- relevantem Umfang sind,
sollten insbesondere im Interesse der Qualitätssicherung entsprechende auf Dauer angelegte
Beschäftigungsverhältnisse vorgezogen werden. Den Hochschulen stehen hierfür vielfältige
Personalkategorien zur Verfügung (z. B. Professur, Lektorat, Lehrkräfte für besondere Auf-
gaben usw.).
3. Vergütung
Lehraufträge sind zu vergüten, sofern nicht auf ein Entgelt verzichtet wird (z. B. bei renom-
mierten Künstlern) oder wenn die durch den Lehrauftrag entstehende Belastung bei der Be-
messung der Dienstaufgaben eines hauptberuflich im öffentlichen Dienst Tätigen entspre-
chend berücksichtigt wird.
Nach der (inzwischen aufgehobenen) Empfehlung der Kultusministerkonferenz zur Lehrauf-
tragsvergütung an Universitäten und gleichgestellten Hochschulen vom 01.02.2001 wurden
Lehraufträge auf Stundenbasis (geleistete Einzelstunde) vergütet. Der Inhalt der Lehrveran-
staltungen, die erforderliche Vor- und Nachbereitung und die Bedeutung der Lehrveranstal-
tung im Rahmen der Studien- und Prüfungsordnung waren bei der Bemessung der Vergütung
zu berücksichtigen. Vergütungen für die Teilnahme an Prüfungen oder die Mitwirkung in der
Selbstverwaltung waren nicht vorgesehen. Die Vergütungssätze orientierten sich an der sei-
nerzeitigen C-Besoldung (C4 und C3) bzw. an der Besoldung der Lehrkräfte für besondere
Aufgaben.
Die Vergütungspraxis in den Ländern entspricht diesen Prinzipien nach wie vor mit wenigen
– zum Teil in das Ermessen der Hochschule gestellten – Ausnahmen. In BE und HB wird die
Abnahme von Prüfungen gesondert bezahlt. In HH, HE und NI wird die Mitwirkung als Kor-
repetitor in Aufnahmeprüfungen vergütet, in BW und SN entscheiden die Hochschulen in ei-
gener Zuständigkeit. In BY wird die Abnahme von Prüfungen bei der Höhe der Vergütung
des Lehrauftrags mit berücksichtigt, in MV besteht diese Möglichkeit ebenfalls.
386
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 6 -
Eine gesonderte Bezahlung für die Mitwirkung in der Selbstverwaltung wird ausschließlich
in BE gewährt. In TH können für Lehrveranstaltungen erforderliche Fahrt- und Übernach-
tungskosten ersetzt werden.
Nachdem die Kultusministerkonferenz 2007 ihre Empfehlungen über die Lehrauftragsvergü-
tung aufgehoben hat, sind die entsprechenden Vorschriften zu den Lehrauftragsvergütungen
in den Ländern flexibilisiert worden. Dabei werden in einigen Ländern lediglich noch Unter-
oder Obergrenzen festgelegt. Im Übrigen sind die Hochschulen weitgehend frei in der Aus-
gestaltung der Lehrauftragsvergütung.
Eine zu Beginn des Jahres 2013 aktualisierte Länderumfrage hat ergeben, dass die von den
Musikhochschulen geleisteten Vergütungen für Lehraufträge keine wesentlichen Unterschie-
de aufweisen. Dies gilt auch für diejenigen Länder, die die Entscheidungen über die Vergü-
tung der Lehrbeauftragten – vollständig oder innerhalb eines bestimmten Rahmens – in das
Ermessen der Hochschulen gelegt haben.
Die derzeitigen Vergütungen liegen – je nach Bedeutung der Lehrveranstaltung und Qualifi-
kation der Lehrbeauftragten ‒ zwischen 16 € (Lehrkräfte für besondere Aufgaben, nicht pro-
fessorale Lehre) und ca. 60 € (Lehrveranstaltungen mit besonderer Bedeutung oder besonde-
rer Belastung). In Ausnahmefällen oder Mangelfächern können die Vergütungen auch dar-
über hinausgehen. Im Durchschnitt bewegen sich die Vergütungen für professorale Lehre
zwischen 30 und 40 € und entsprechen damit im Wesentlichen noch den Sätzen, wie sie in
den Empfehlungen aus dem Jahr 2001 vorgesehen waren. Eine automatische Anpassung der
Stundensätze an Tarif- und Gehaltsentwicklungen, wie sie die Empfehlung der KMK noch
als Sollvorschrift enthielt, findet durchweg nicht statt (in RP abhängig von individueller Ver-
einbarung; in NW ist eine Dynamisierung geplant).
Auch wenn diese Ergebnisse eine Entkopplung der Honorare der Lehrbeauftragten von der
allgemeinen Tarif- und Gehaltsentwicklung erkennen lassen, wird von Empfehlungen zur
Höhe der Vergütung abgesehen. Der Beschluss zur Aufhebung der KMK-Empfehlungen von
2001 erfolgte im Hinblick auf die deutliche Ausweitung autonomer Entscheidungsbefugnisse
der Hochschulen, der Globalisierung und der Förderung des Wettbewerbs zwischen den
Hochschulen und mit Blick auf den Übergang der Besoldungsrechtkompetenz im Zuge der
Föderalismusreform auf die Länder. Diese Gesichtspunkte sowie die vertraglichen Gestal-
tungsmöglichkeiten stehen neuerlichen Empfehlungen zur Vergütungshöhe nach wie vor ent-
387
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 7 -
gegen. Dies gilt auch für einheitliche Honoraruntergrenzen, die mit der Finanzhoheit der
Länder und Hochschulen nicht vereinbar sind. Allerdings sollte eine Überprüfung der Ange-
messenheit der Vergütungshöhe im Abstand mehrerer Jahre durch die Hochschule durchge-
führt werden, um eine maßvolle Anpassung an die allgemeine Einkommensentwicklung zu
gewährleisten.
4. Versicherungs- und arbeitsschutzrechtliche Situation
Der Lehrauftrag begründet kein arbeitnehmerähnliches Verhältnis, da der Gesetzgeber davon
ausgeht, dass der Lehrbeauftragte einer hauptamtlichen Tätigkeit nachgeht und den ‒ quanti-
tativ und in der Regel auch zeitlich begrenzten – Lehrauftrag nebenamtlich wahrnimmt. Dem
entsprechend gibt es in der großen Mehrheit der Länder keine versicherungs- oder arbeits-
schutzrechtlichen Leistungen (Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung, Unfallschutz,
Mutterschutz, Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle). Ausnahmen bestehen lediglich in NW,
wo bei den künstlerischen Lehrbeauftragten in allen aufgeführten Bereichen Leistungen ge-
währt werden; Ansprüche aus der Unfallversicherung bestehen in BE (subsidiär).
Versicherungs- und arbeitsschutzrechtliche Leistungen im Rahmen der Rechtsfigur des Lehr-
beauftragten sind grundsätzlich als systemwidrig anzusehen. Dagegen sind die Hochschulen
gem. § 24 Abs. 1 Nr. 9 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) als Aus- und Fortbil-
dungseinrichtungen für künstlerische oder publizistische Tätigkeiten verpflichtet, eine Künst-
lersozialabgabe zu leisten, deren Höhe sich nach der jeweiligen Vergütung des Lehrauftrags
richtet (§§ 25 f KSVG).
5. Begrenzung der Lehraufträge (quantitativ, zeitlich, personengebunden)
In fast allen Ländern (Ausnahme BW) werden Lehraufträge regelmäßig für die Dauer eines
(BE, NW: bis zu zwei) Semesters vergeben. Allerdings können die Lehraufträge wiederholt
werden. Gesetzliche Regelungen gibt es in den Ländern hierzu in der Regel nicht.
Hinsichtlich des Stundenumfangs gilt in den meisten Ländern eine Begrenzung auf die Hälfte
bzw. weniger als die Hälfte der Lehrverpflichtung einer entsprechenden hauptberuflichen
Lehrkraft. Regelungsbedarf ist insoweit nicht erkennbar. Die Entscheidungen sollten weiter-
hin den Hochschulen überlassen bleiben.
Entscheidungsfreiheit der Hochschulen gilt auch für die Frage, an wen Lehraufträge erteilt
werden. Unabhängig vom Gebot der Nebenamtlichkeit ist Grundlage für die Erteilung von
388
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 8 -
Lehraufträgen der jeweils aktuelle Lehrbedarf sowie die an der Hochschule verfolgten künst-
lerischen und pädagogischen Ansätze. Insofern kann der von der Bundeskonferenz der Lehr-
beauftragten der Musikhochschulen reklamierte Verzicht auf die Vergabe neuer Lehraufträ-
ge, wenn andere Kollegen oder Kolleginnen nicht ausgelastet sind, nicht unterstützt werden.
6. Kommunikation
Die Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten der Musikhochschulen hat unter anderem auch
die Forderung erhoben, dass bei nicht beabsichtigter Verlängerung eines Lehrauftrags dies
rechtzeitig den Betroffenen kommuniziert werden sollte. Dieser Forderung kann zugestimmt
werden. Abhängig von der Lehrangebotsplanung der Hochschule sollte den Lehrbeauftragten
zum frühestmöglichen Zeitpunkt mitgeteilt werden, ob und ggf. in welchem Umfang ein
Lehrauftrag verlängert wird, um für die Lehrbeauftragten die Möglichkeit der Planung zu
gewährleisten.
Fazit
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der Lehrauftrag an Musikhochschulen traditio-
nell einen hohen Stellenwert einnimmt und zur Aufrechterhaltung eines breitgefächerten Unter-
richtsangebotes unverzichtbar ist. Die Entscheidung, ob und an wen ein Lehrauftrag erteilt wird,
liegt in der ausschließlichen Verantwortung der Hochschule und richtet sich nach Struktur und
künstlerischem Profil der Hochschule. Dabei sollte auch das Interesse der Lehrbeauftragten an
möglichst frühzeitiger Planungssicherheit Berücksichtigung finden.
Insbesondere aus Qualitätssicherungsgesichtspunkten sollte der Anteil der Lehrbeauftragten im
Verhältnis zu dem hauptberuflich tätigen Lehrpersonal begrenzt bleiben und die Erteilung eines
Lehrauftrags immer auch gegen die Möglichkeit eines auf Dauer angelegten Beschäftigungsver-
hältnisses im Rahmen der zur Verfügung stehenden Personalkategorien abgewogen werden. Auf-
grund der gesetzlichen Vorgaben, die den Lehrauftrag von anderen Arbeits- und Beschäftigungs-
verhältnissen deutlich unterscheiden, finden arbeitsschutz- und versicherungsrechtliche Regelun-
gen – mit Ausnahme der Künstlersozialabgabe nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz –
grundsätzlich keine Anwendung (Ausnahme: NW). Dies gilt unabhängig von der individuellen
Situation des Lehrbeauftragten und der Bedeutung des Lehrauftrags für den Lebensunterhalt im
konkreten Fall. Die Vergütung des Lehrauftrags ist – ggf. im Rahmen landesrechtlicher Ober-
und/oder Untergrenzen – in das Ermessen der Hochschulen gestellt und Gegenstand vertraglicher
389
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 9 -
Regelungen mit dem Lehrbeauftragten. Dabei sollte eine angemessene Anpassung an die allge-
meine Einkommensentwicklung gewährleistet werden.
390
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Sekretariat der Kultusministerkonferenz Taubenstraße 10 · 10117 Berlin Postfach 11 03 42 · 10833 Berlin Tel.: 030 25418-499
Graurheindorfer Straße 157 · 53117 Bonn Postfach 22 40 · 53012 Bonn Tel.: 0228 501-0
STÄNDIGE KONFERENZ
DER KULTUSMINISTER DER LÄNDER
IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
Situation im Masterbereich im Wintersemester 2014/2015
(Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 07.05.2015)
Anlage 4
391
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Seite 2
Sekretariat der Kultusministerkonferenz Taubenstraße 10 · 10117 Berlin Postfach 11 03 42 · 10833 Berlin Tel.: 030 25418-499
Graurheindorfer Straße 157 · 53117 Bonn Postfach 22 40 · 53012 Bonn Tel.: 0228 501-0
Ausgangslage
Die Kultusministerkonferenz hat seit dem Wintersemester 2010/2011 jährlich Berichte zur
Situation im Masterbereich verabschiedet, denen eine Erhebung der Masterstudiengänge mit
örtlichen Zulassungsbeschränkungen an Universitäten und gleichgestellten Hochschulen
sowie an Fachhochschulen unterteilt nach Fächergruppen zugrunde liegt.
Wie in den vorherigen Jahren ließ auch der letztjährige Bericht in der Summe keinen Mangel
an Masterstudienplätzen erkennen. Bei einer Gesamtzahl von 5.463 Masterstudiengängen
unterlag die große Mehrzahl (3.942 der Studiengänge) oder 72,2 % aller Masterstudiengänge
keinen örtlichen Zulassungsbeschränkungen. Der Anteil der unbesetzt gebliebenen
Studienplätze war von 10,49 % auf 8,6 % zurückgegangen. In Auswertung des Berichts 2014
hatte die Kultusministerkonferenz festgestellt, dass das Gesamtangebot an
Masterstudienplätzen zum gegebenen Zeitpunkt bundesweit noch ausreicht.
Sachstand
Die Auswertung der Ländermeldungen zum Wintersemester 2014/2015 hat ergeben, dass bei
einer Gesamtzahl von 6.107 Masterstudiengängen (im vergangenen Jahr: 5.463) 1.688
Studiengänge und damit ein Anteil von 27,64 % örtliche Zulassungsbeschränkungen
aufweisen (an Universitäten 23,3 %; an Fachhochschulen 44,0 %). Knapp drei Viertel aller
Masterstudiengänge unterliegen somit keinen Zulassungsbeschränkungen. Der in den
vergangenen Jahren zu beobachtende Anstieg des Anteils der örtlichen
Zulassungsbeschränkungen (2014: 27,84 %, 2013: 25,9 %; 2012: 23,9 %) konnte gestoppt
werden.
Der Anteil von Masterstudiengängen mit örtlichen Zulassungsbeschränkungen an der
Gesamtheit der Masterstudiengänge insgesamt differiert je nach Fächergruppe bzw.
Hochschulart: Besonders geringe Anteile zulassungsbeschränkter Masterstudiengänge weisen
wie in den Vorjahren die Ingenieurwissenschaften an den Universitäten (9,7 %) auf. Der
höchste Anteil zulassungsbeschränkter Masterstudiengänge an Universitäten ist im Bereich
Gesundheitswissenschaften (44,1 %) zu verzeichnen, gefolgt von den Rechts-, Wirtschafts-
und Sozialwissenschaften (39,9 %) und den Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften
(39,6 %). An den Fachhochschulen weisen die Gesundheitswissenschaften den höchsten
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Anteil zulassungsbeschränkter Masterstudiengänge auf (76,5 %), gefolgt von den Rechts-,
Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (53,0 %), Mathematik und Naturwissenschaften
(40,2 %) sowie den Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften (40,0 %).
Die Erhebung bezog sich darüber hinaus auf die unbesetzt gebliebenen Studienplätze in
Masterstudiengängen mit örtlichen Zulassungsbeschränkungen. Die Auswertung hat ergeben,
dass von 51.992 Studienplätzen 8.615 Plätze nach Abschluss aller Nachrückverfahren
unbesetzt blieben. Der Anteil der unbesetzt gebliebenen Studienplätze ist gegenüber dem
letzten Bericht erheblich gestiegen (16,6 % gegenüber 8,6 % im Wintersemester 2013/2014).
Die absolute Zahl liegt bei einer deutlich gestiegenen Gesamtzahl der Studienplätze (51.992
gegenüber 44.903 im Wintersemester 2013/2014) deutlich über der des Vorjahres (8.615
gegenüber 3.861 im Wintersemester 2013/2014). Nach Hochschularten differenziert ergeben
sich 2015 folgende Quoten: Universitäten: 7.563 von 39.878 Studienplätzen unbesetzt ≙
19,0 %; Fachhochschulen: 1.052 von 12.114 Studienplätzen ≙ 8,7 %.
Zur Bewertung der Zahlen ist darauf hinzuweisen, dass im Bestreben nach Vereinheitlichung
der Länderrückmeldungen bei der Erhebung zum Wintersemester 2014/2015 erstmalig in
allen Ländern auf die Saldierung von Unter- und Überlasten verzichtet worden ist. Bei der
Ermittlung der Zahl der unbesetzten Studienplätze wurden nur diejenigen Studiengänge
einbezogen, die nicht vollständig ausgelastet waren. Überlasten in anderen Studiengängen
wurden nicht gegengerechnet. Die Zahl der unbesetzten Studienplätze sagt deshalb nichts
über die tatsächliche Auslastung einer Fächergruppe oder Hochschule aus.
Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass in einigen Ländern von den Hochschulen vielfach
Studienplätze in rechnerischer Überlast angeboten werden; auch aus diesem Grund ist ein
Rückschluss aus der Zahl der unbesetzten Studienplätze auf die Auslastung der tatsächlichen
(rechnerischen) Kapazitäten nicht möglich.
Perspektiven
Die Nachfrage nach Studienplätzen in Masterstudiengängen wird zum einen bestimmt durch
die Anzahl der Bachelorabsolventen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit den
Studienanfängerzahlen steht, und zum anderen durch das Übergangsverhalten, d. h. durch den
Anteil der Bachelorabsolventen, die ein Masterstudium anschließen.
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- Absolventenzahlen
Mit der Abnahme der Zahl herkömmlicher Studiengänge und der Zunahme der Zahl der
Studiengänge des gestuften Graduierungssystems wächst die Zahl der Absolventen der
neuen Studiengänge. Mit 207.401 Bachelorabsolventen im Prüfungsjahr 2013 betrug nach
Angaben des Statistischen Bundesamtes der Anteil der Bachelorabschlüsse an den
Prüfungen erstmals über 50 %.
Anzahl der umgestellten Studiengänge im Verhältnis zum Anteil der absolvierten Prüfungen in den umgestellten Studiengängen
Semester Studiengänge Bachelor Anteile Prüfungsjahr* Prüfungen Bachelor Anteile insgesamt % insgesamt*
* %
WS 1999/2000 k. A. 123 2000 188.693 126 0,1 SoSe 2000 k. A. 202 WS 2000/2001 k. A. 277 2001 183.327 197 0,1 SoSe 2001 k. A. 382 WS 2001/2002 k. A. 471 2002 184.768 985 0,5 SoSe 2002 k. A. 544 WS 2002/2003 k. A. 633 2003 195.103 2.472 1,3 SoSe 2003 k. A. 747 WS 2003/2004 k. A. 854 2004 207.802 5.921 2,8 SoSe 2004 11.183 951 8,5 WS 2004/2005 11.097 1.253 11,3 2005 226.530 9.848 4,3 SoSe 2005 11.286 1.453 12,9 WS 2005/2006 11.186 2.138 19,1 2006 241.417 15.050 6,2 SoSe 2006 11.283 2.317 20,5 WS 2006/2007 11.492 3.075 26,8 2007 262.548 23.358 8,9 SoSe 2007 11.803 3.377 28,6 WS 2007/2008 11.265 4.108 36,5 2008 284.174 39.753 14,0 SoSe 2008 11.369 4.541 39,9 WS 2008/2009 12.298 5.230 42,5 2009 313.572 71.989 23,0 SoSe 2009 12.515 5.309 42,4 WS 2009/2010 13.131 5.680 43,3 2010 336.068 112.108 33,4 SoSe 2010 13.421 5.817 43,3 WS 2010/2011 14.094 6.047 42,9 2011 365.190 152.484 41,8 SoSe 2011 14.744 6.353 43,1 WS 2011/2012 15.278 6.826 44,7 2012 386.531 183.169 47,4 SoSe 2012 15.591 7.035 45,1 WS 2012/2013 16.082 7.199 44,8 2013 408.713 207.401 50,7 SoSe 2013 16.144 7.233 44,8 WS 2013/2014 16.634 7.477 45,0 2014 SoSe 2014 16.753 7.501 44,8 WS 2014/2015 17.437 7.685 44,1 2015 * Das Prüfungsjahr beinhaltet jeweils das WiSe und das darauf folgende SoSe. ** Insgesamt ohne Promotionen. Quellen: Statistisches Bundesamt, Prüfungen an Hochschulen 2013 Eigene Berechnungen Hochschulrektorenkonferenz, Statistische Daten zu Studienangeboten an Hochschulen in Deutschland Studiengänge, Studierende, Absolventinnen und Absolventen Wintersemester 2014/2015
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Gleichzeitig stiegen die Studienanfängerzahlen seit 2009 deutlich stärker als ursprünglich
erwartet und erreichten mit 519.000 Studienanfängern im Jahr 2011 (d. h. über 100.000
Studienanfänger mehr als ursprünglich veranschlagt) einen bisherigen Höchststand. Nach
der aktuellen „Vorausberechnung der Studienanfängerzahlen 2014-2025“ der Kultusministerkonferenz ist davon auszugehen, dass die Zahl der Studienanfängerinnen
und Studienanfänger an Universitäten und Fachhochschulen bundesweit von 507.000 im
Jahr 2013 auf 497.000 im Jahr 2015 zurückgehen dürfte. Nach einem leichten Anstieg im
Jahr 2016 auf 504.000 Studienanfänger ist ein allmählicher Rückgang zu erwarten. Dabei
bleiben die Studienanfängerzahlen bis zum Ende des Prognosehorizonts bei deutlich über
450.000. Selbst im Jahr 2025 ist mit 465.000 Studienanfängerinnen und Studienanfängern
ein höheres Niveau als im Jahr 2010 zu erwarten. Geht man ab Studienbeginn von einem
Zeitraum von drei bis vier Jahren bis zum Bachelorabschluss aus, so sind aufgrund dieser
Konstellation bis zum Jahr 2015/2016 noch überproportional wachsende
Absolventenzahlen zu erwarten.
- Übergangsverhalten
Allein die steigende Zahl an Bachelorabsolventen gibt noch keine Aufschluss über den
erforderlichen Umfang an Masterkapazitäten. Was fehlt, sind verlässliche empirische
Übergangsdaten vom Bachelor- zum Masterstudium.
Die Zahl der Studienanfänger in Masterstudiengängen (1. Fachsemester) hat sich
folgendermaßen entwickelt:
Studienjahr Universitäten (einschl. Theol. HS, Päd. HS und Kunsthochschulen)
Fachhochschulen (einschl. Verw-FH)
Insgesamt
2001 3.994 3.958 7.952
2002 6.143 5.556 11.699
2003 8.981 7.171 16.152
2004 12.443 8.746 21.189
2005 15.975 10.021 25.996
2006 19.619 11.719 31.338
2007 24.635 13.378 38.013
2008 35.970 19.232 55.202
2009 53.907 30.353 84.260
2010 77.688 37.175 114.863
2011 97.625 43.432 141.057
2012 118.113 49.925 168.038
2013 136.379 58.605 194.984
Quelle: Statistisches Bundesamt, Sonderauswertung
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Die für den vorliegenden Masterbericht abgefragten retrospektiven Daten haben im Hinblick
auf künftige Bedarfe nur geringe Aussagekraft. Derzeit lassen die statistischen Grundlagen
eine verlässliche Abschätzung des Übergangsverhaltens und des künftigen Bedarfs an
Masterstudienplätzen nicht zu. Nach wie vor steht kein valides Mess- und
Prognoseinstrument für das Übergangsverhalten vom Bachelor- in das Masterstudium zur
Verfügung. Die bislang veröffentlichten Studien zum Nachfragepotenzial bei
Masterstudienanfängern (Statistisches Bundesamt, INCHER, CHE, HIS) verwenden
unterschiedliche Parameter bzw. Modellrechnungen und kommen daher in der Gesamtschau
nicht zu einem belastbaren Ergebnis.
Modelle zur Berechnung der Übergangsquote sind seit längerem auch Gegenstand intensiver
Beratungen der Kommission für Statistik der Kultusministerkonferenz. Die Kommission für
Statistik hat das Sekretariat gebeten, eine integrierte Vorausberechnung der Studierenden
und Absolventen grundständiger Studiengänge nach Fächergruppen, Hochschulsemestern
und Abschlussarten zu erstellen. Gemäß diesem Auftrag hat das Sekretariat ein
entsprechendes Vorausberechnungsmodell entwickelt und erste Vorausberechnungen für die
Fächergruppen Sprach- und Kulturwissenschaften, Sport sowie Mathematik und
Naturwissenschaften vorgelegt. Berücksichtigt werden die Abschlussarten Bachelor
Universitäten einschließlich der künstlerischen Abschlüsse, Bachelor Fachhochschulen,
Bachelor Lehramt, herkömmliche Lehramtsabschlüsse, herkömmliche
Universitätsabschlüsse (i. d. R. Diplom bzw. Magister) sowie herkömmliche
Fachhochschulabschlüsse (i. d. R. FH-Diplom). Die Kommission für Statistik hat auf ihrer
67. Sitzung am 26./27.02.2015 das Sekretariat gebeten, die Vorausberechnung der
Studienanfänger, Studierenden und Hochschulabsolventen für die übrigen Fächergruppen
fortzuführen und auf der 69. Sitzung am 18./19.06.2015 einen Vorschlag für ein
Vorausberechnungsverfahren für die weiterführenden Studiengänge vorzulegen.
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STÄNDIGE KONFERENZ
DER KULTUSMINISTER DER LÄNDER
IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
Stellungnahme der Hochschulseite
zur Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und
des Bundesfinanzhofs zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der öffentlichen Hand
in Bezug auf ihre Auswirkungen auf den Hochschulbereich
Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 27.06.2014
Anlage 5
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1. Ausgangspunkt: Situation und Urteile
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in den letzten Jahren seine Sichtweise zur Umsatzbe-
steuerung von Leistungen der öffentlichen Hand geändert, woraus sich eine erhebliche
Ausweitung der Umsatzsteuerpflicht für die öffentliche Hand im Vergleich zur gegen-
wärtigen Besteuerungspraxis der Finanzverwaltung ergibt. Entsprechende Konsequenzen
könnten sich auch für den Hochschulbereich ergeben.
Bislang traten steuerliche Fragen bei den Hochschulen immer dann auf, wenn sie ihr ei-
gentliches Aufgabengebiet – den hoheitlichen Bereich – verließen und sich auf das Ge-
biet wirtschaftlicher Betätigungen - insbesondere durch Teilnahme am allgemeinen wirt-
schaftlichen Verkehr - begaben. In diesen Fällen entsprach es dem Grundsatz der
Gleichmäßigkeit der Besteuerung, dass Hochschulen, die sich wirtschaftlich betätigen,
die gleichen öffentlichen Lasten (Steuern) auferlegt werden, die von allen anderen Be-
trieben der privaten Wirtschaft auch getragen werden müssen. Zur Beantwortung der
Frage, ob Tätigkeiten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts steuerlich relevant
sind, wird nach derzeitiger Auffassung der Finanzverwaltung darauf abgestellt, ob die ju-
ristische Person des öffentlichen Rechts einen (oder mehrere) Betrieb(e) gewerblicher Art
(BgA) unterhält oder nicht. Diese Entscheidung wird für Zwecke der Umsatz- und Kör-
perschaftsteuer einheitlich getroffen. Demzufolge wird über die von der Rechtsprechung
und der Verwaltung zu den körperschaftsteuerrechtlichen Bestimmungen entwickelten
Grundsätze – insbesondere auch über die Anwendung der als Abgrenzungskriterium für
das Vorliegen eines BgA maßgebenden Umsatzgrenze i. H. v. 30.678 Euro – bei der Um-
satzsteuer und der Körperschaftsteuer einheitlich entschieden.
Abweichend von dieser Verfahrensweise der Finanzverwaltung hat der BFH nun in stän-
diger Rechtsprechung (vgl. jüngst BFH, Urteil v. 01.12.2011, V R 1/11und BFH Urteil v.
10.11.2011, V R 41/10) § 2 Abs. 3 S. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) in Verbindung mit §
4 Körperschaftssteuergesetz unter Rückgriff auf Art. 13 der Richtlinie 2006/112/EG über
das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (sog. Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, im Fol-
genden: MwStSystRL) richtlinienkonform dahingehend ausgelegt, dass alle nachhaltig
und gegen Entgelt erbrachten Leistungen der öffentlichen Hand der Umsatzbesteuerung
unterliegen, wenn diese (wirtschaftlichen) Tätigkeiten
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a) auf privatrechtlicher Grundlage (ohne weitere Voraussetzungen, wie z.B. ein Wett-
bewerbsverhältnis) oder
b) zwar auf öffentlich-rechtlicher Grundlage aber im tatsächlichen oder potenziellen
Wettbewerb zu privaten Dritten
ausgeführt werden.
Für die Prüfung der dabei relevanten Fragestellung, ob eine mehr als unbedeutende Wett-
bewerbsverzerrung vorliegt, sind nach Auffassung des BFH nicht die Verhältnisse des
lokalen Marktes entscheidend, sondern die Art der Tätigkeit (so auch der Europäische
Gerichtshof EuGH-Rechtsprechung v. 16.09.2008, Isle of Wight Council). Darüber hin-
aus hat der BFH mit dem o.g. Urteil vom 10.11.2011 - entgegen der Ansicht der Finanz-
verwaltung - entschieden, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts mit sog.
"hoheitlichen" Beistandsleistungen, die im Wettbewerb zu privaten Dritten erfolgen, als
Unternehmer (und damit nach unionsrechtlichem Sprachgebrauch als Steuerpflichtiger)
tätig wird.
Der EuGH erwähnt den Begriff der Beistandsleistung nicht. Er schließt eine Behandlung
von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig
werden als Steuerpflichtige aus
wenn eine reale Möglichkeit zum Markteintritt für private Wirtschaftsteilnehmer
nicht gegeben ist oder
wenn der Ausschluss eines privaten Wirtschaftsteilnehmers nur eine unbedeutende
Wettbewerbsverzerrung zur Folge hätte.
Derzeit prüft die Europäische Kommission eine Novellierung der MwStSystRL und zieht
dabei augenscheinlich auch grundlegendere Reformen im Bereich der bestehenden
MwSt-Vorschriften zu öffentlichen Einrichtungen in Betracht. Da sich aus Änderungen
der MwStSystRL auch Anpassungsbedarf im nationalen deutschen Recht ergeben wird,
die Tendenz etwaiger EU-rechtlicher Reformen derzeit aber nicht absehbar ist, lässt sich
die mittelfristige Rechtsentwicklung im deutschen Mehrwertsteuerrecht nicht prognosti-
zieren.
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Bislang sind die Folgen der oben angeführten, ausschließlich Fälle aus dem Bereich des
Kommunalrechts betreffenden, Rechtsprechung des BFH für den Bereich der Wissen-
schaft nicht abschließend geklärt. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die zitierte
Rechtsprechung den gesamten öffentlichen Sektor unabhängig von den im Einzelnen
wahrgenommenen Aufgaben gleichermaßen betrifft und für die sich nachgelagert stellen-
de Frage, welche Konsequenzen sich für bestimmte Handlungsformen des Wissen-
schaftsbetriebes (z.B. gemeinsame Berufungen, Kooperationen im Forschungsbereich)
ergeben.
Angesichts der aufgeworfenen Fragestellungen sind die Hochschulen und die überwie-
gend staatlich finanzierten außeruniversitären Forschungsinstitute gegenwärtig mit einem
hohen Maß an Rechts- und Verfahrensunsicherheit konfrontiert. Mit Unklarheiten in der
steuerrechtlichen Bewertung und Handhabung einzelner Tätigkeiten ist letztlich immer
auch eine Haushaltsunsicherheit verbunden, die sich zu einem beachtlichen Gestaltungs-
hindernis entwickeln kann.
2. Mögliche Konsequenzen
Eine konsequente Umsetzung der vom BFH und EuGH aufgestellten Grundsätze dürfte
weitreichende Änderungen im Bereich der Umsatzbesteuerung insbesondere von Bei-
standsleistungen der öffentlichen Hand (außerhalb rein hoheitlicher Tätigkeit) zur Folge
haben, die im ungünstigsten Fall auch den Hochschulbereich betreffen. Zum gegenwärti-
gen Zeitpunkt ist eine verlässliche Schätzung zukünftiger Mehrbelastungen nicht mög-
lich; es ist jedoch davon auszugehen, dass bei einer Änderung der steuerrechtlichen Ver-
waltungspraxis erhebliche Mehrbelastungen auch im Bereich der Hochschulen und der
außeruniversitären Forschung drohen. Dies insbesondere auch deswegen, weil es zahlrei-
che Kooperationen von Hochschulen sowohl untereinander als auch mit Forschungsein-
richtungen gibt. Davon könnten betroffen sein (wobei die Aufzählung nicht abschließend
ist):
Kooperationen im Dienstleistungsbereich: gemeinsamer Serverpark (EDV), Biblio-
theksverbund, Sprachenzentrum, gemeinsame Labore/Servicecenter, gemeinsames
Facility-Management, gemeinsame Personalverwaltung/Bezüge- und Gehaltsabrech-
nung,
gemeinsame Nutzung von Großgeräten,
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gemeinsame Kompetenzzentren,
Forschungskooperationen, Forschungsnetzwerke, Weiterbildungsnetzwerke etc.,
Personalüberlassung, -gestellung, gemeinsame Berufung, insbes. im Berliner Modell
(Erstattungsmodell),
Überlassen von Sportstätten, Bädern, Laboren etc.,
Kooperationsvertrag mit An-Institut, gemeinsame An-Institute,
Kooperation bei Forschungsaufträgen, Lehre (z. B. gemeinsame Studienprogramme,
joint degrees), Doppelprofessuren.
Diese Kooperationen weisen auch ganz unterschiedliche Strukturen auf. Man kann unter-
scheiden zwischen
bloß projektbezogenen Kooperationen,
Netzwerken (institutionelle Unabhängigkeit der Partner),
institutionalisierten Kooperationen und
gemeinsamen Einrichtungen
- mit eigener Rechtspersönlichkeit
- ohne eigene Rechtspersönlichkeit.
Die Entscheidungen des Bundesfinanzhofes und des Europäischen Gerichtshofes zur
Umsatzbesteuerung könnten auch erhebliche Auswirkungen auf den Bereich der Hoch-
schulmedizin haben. Dies betrifft insbesondere das Verhältnis der Hochschulklinik zur
Medizinischen Fakultät. Hier wäre genauer zu prüfen, ob und in welchem Umfang dieses
ggf. vor allem die Fallgruppen der Personalgestellung und Geschäftsbesorgungen im
Verhältnis dieser beiden organisatorischen Einheiten betreffen könnte. Dabei ist zwischen
den verschiedenen praktizierten Modellen im Verhältnis von Fakultät und Klinik (Integ-
rationsmodell – Kooperationsmodell) zu unterscheiden. Betroffen sein könnten hier fol-
gende Kooperationen:
Überlassung von wissenschaftlichem und nicht wissenschaftlichem Personal,
die Personal- und Wirtschaftsverwaltung auf Grundlage eines Geschäftsbesorgungs-
vertrags mit Kostenverrechnung durch eine Trennungsrechnung,
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Hörsaalvermietung und Vermietung sonstiger Räume,
Überlassung von Geräten, Literatur und sonstigen Sachmitteln zur Nutzung (z. B. IT-
Infrastruktur, Bibliothek usw.) oder zum Verbrauch (z. B. Energie, Telefon),
Allgemeine Dienstleistungen (Öffentlichkeitsarbeit, Patentanmeldungen, Gebäude-
reinigung, Winterdienst usw.),
Zusammenarbeit bei gemeinsamen Forschungsprojekten.
Die einschlägigen Urteile des BFH und des EuGH zur Umsatzsteuerpflicht haben derzeit
noch keinen Eingang in die Praxis der Steuerbehörden gefunden.
Auch wenn die bisherigen Verwaltungsregelungen im Bereich der Umsatzbesteuerung bis
zur Veröffentlichung der Entscheidungen und ggf. mit einer Übergangsfrist fortgelten, ist
es unerlässlich, sich bereits jetzt mit den Konsequenzen und möglichen Gegenmaßnah-
men - z.B. Anpassungen im Bereich der Hochschulmedizin - auseinanderzusetzen.
Der Präsident der Kultusministerkonferenz hat daher mit Schreiben vom 23.11.2013 an
den Vorsitzenden der Finanzministerkonferenz eindringlich auf die Notwendigkeit hin-
gewiesen, die Kultusministerkonferenz an den Beratungen über die Veröffentlichung der
Entscheidungen mit dem Ziel zu beteiligen, für die Hochschulen eine dauerhafte und
rechtssichere Planungsgrundlage auch unter Beachtung der unionsrechtlichen Vorschrif-
ten zu schaffen.
Die Finanzministerkonferenz hat im November 2012 eine Arbeitsgruppe auf Staatssekre-
tärs-ebene eingesetzt, die u.a. ermitteln soll, in welchen Fällen zukünftig bei Anwendung
dieser Urteile zusätzliche Belastungen auf die öffentliche Hand zukommen und wie da-
rauf (ggf. gesetzgeberisch) reagiert werden kann. Die Finanzseite der Länder wurde u. a.
um die Bereitstellung entsprechender Fallsammlungen und um Schätzungen zu den
Mehrbelastungen gebeten.
3. Gesetzesvorschlag für die Zusammenarbeit juristischer Personen des öffentlichen
Rechts (neu § 2b UStG als Ersatz für § 2 Absatz 3 UStG)
Die Staatssekretärs-Arbeitsgruppe der Finanzminister der Bundesländer hat am
21.05.2014 einen gesetzlichen Lösungsvorschlag für die Zusammenarbeit juristischer
Personen des öffentlichen Rechts (neu § 2b UStG als Ersatz für § 2 Absatz 3 UStG) vor-
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gelegt, der im weiteren Verfahren einer schriftlichen Anhörung zugrunde gelegt werden
soll.
Die Kultusministerkonferenz unterstützt diesen Vorschlag in der folgenden Fas-
sung:
§ 2b Juristische Personen des öffentlichen Rechts
(1)... gelten juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer im Sinne
des § 2, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt ob-
liegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten Zölle, Gebühren, Beiträ-
ge oder sonstige Abgaben erheben. Satz 1 gilt nicht, sofern eine Behandlung als Nichtun-
ternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
(2) Größere Wettbewerbsverzerrungen liegen nicht vor, wenn
1. der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im Kalenderjahr aus
gleichartigen Tätigkeiten erzielte Umsatz voraussichtlich 17.500 Euro jeweils
nicht übersteigen wir oder
2. vergleichbare, auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistungen ohne Recht
auf Verzicht auf (§ 9) einer Steuerbefreiung unterliegen.
(3) Sofern eine Leistung an eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts ausge-
führt wird, liegen größere Wettbewerbsverzerrungen nicht vor, wenn
1. die Leistungen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur von einer juristischen
Person des öffentlichen Rechts erbracht werden dürfen oder
2. die Zusammenarbeit durch gemeinsame spezifische öffentliche Interessen be-
stimmt wird. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn
a) die Leistungen auf langfristigen öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen beru-
hen. Eine Vereinbarung ist öffentlich-rechtlicher Natur, wenn sie zwischen zwei
juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Erfüllung ihrer öffentlichen
Aufgaben abgeschlossen wird.
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b) die Leistungen dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur und der
Wahrnehmung einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe
dienen,
c) die Leistungen ausschließlich gegen Kostenerstattung erbracht wer-
den und
d) der Leistende im Wesentlichen für andere juristische Personen des
öffentlichen Rechts tätig wird.
Übergangsregelung in § 27 UStG:
Die juristische Person des öffentlichen Rechts kann dem Finanzamt gegenüber er-
klären, dass sie § 2 Absatz 3 in der am __________ (31.12.20JJ = Tag vor In-
Kraft-Treten der Änderungsvorschrift) geltenden Fassung für sämtliche vor dem
__________ (Ablauf der Übergangsfrist, z. B. 10 Jahre) ausgeführte Umsätze wei-
terhin anwendet. Die Erklärung ist bis zum __________ (Ende der Antragsfrist,
z.B. Tag des In-Kraft-Tretens der Änderungsvorschrift + 12 Monate) abzugeben.
Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn des jeweils folgenden Kalenderjahres an wi-
derrufen werden.
Begründung zu § 2b Abs. 3 Ziffer 2a.
Der Begriff „öffentlich-rechtlich“ zur Klassifizierung der notwendigen Vereinbarung
gem. § 2b Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UStG sollte entweder gestrichen oder – wie oben vorge-
schlagen – definiert werden. Es besteht große Rechtsunsicherheit, unter welchen Voraus-
setzungen eine Vereinbarung öffentlich-rechtlicher Natur ist. Weder der BFH noch der
EuGH definieren diesen Begriff klar und eindeutig. Auch die Literatur nennt keine inhalt-
lich bestimmten Abgrenzungsmerkmale. Um Rechtsunsicherheit zu vermeiden, sollte der
Gesetzgeber solche unklaren Rechtsbegriffe nicht nutzen. Vielmehr benötigt die Praxis
Rechtssicherheit. Vor allem hat die Art der Vereinbarung (öffentlich-rechtlich oder pri-
vatrechtlich) keinerlei Auswirkungen darauf, ob ein Wettbewerbsverhältnis vorliegt. Ein
solches will das Gesetz aber gerade bestimmen. Der Begriff ist daher im Tatbestand nicht
notwendig.
Wenn der Gesetzgeber den Begriff nicht streicht, sollte er ihn zumindest definieren.
Wenn zwei jPdöR kooperieren und dabei ihre öffentlichen Aufgaben erfüllen (§ 2b
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Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b des Entwurfs), handelt es sich bei der zugrunde liegenden Verein-
barung um eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung. Ein entsprechender Vorschlag wurde
eingefügt.
4. Konsequenzen der vorgeschlagenen Gesetzesänderung für den Wissenschaftsbe-
reich
Die Kultusministerkonferenz geht davon aus und erwartet, dass Kooperationen, wenn sie
dauerhaft verfestigt sind, im Regelfall unter die geplante Neuregelung des § 2b Abs. 3
Nr. 2 UStG fallen werden, sofern die Kooperationspartner (Hochschulen, Forschungsein-
richtungen) juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, die Rechtsverhältnisse im
konkreten Einzelfall öffentlich-rechtlich ausgestaltet sind (insbesondere auch durch einen
öffentlich-rechtlichen Vertrag), die konkret von einer Seite erbrachten Leistungen über-
wiegend von anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts in Anspruch genom-
men werden und lediglich eine Kostenerstattung vorgesehen ist. Denn die Leistungen
dienen in den genannten Fallkonstellationen auch dem Erhalt der öffentlichen Infrastruk-
tur und der Wahrnehmung der den Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe der
Pflege von Wissenschaft, Kunst und Bildung durch Forschung, Lehre und Studienange-
bote (je nach fachlichem Profil der betreffenden Hochschule und Forschungseinrichtung).
Dies gilt dann unabhängig davon, ob im öffentlich-rechtlichen Vertrag wechselseitige
Leistungspflichten vereinbart sind.
Im Interesse einer einheitlichen Handhabung in Deutschland sollte die Finanzverwaltung
die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der gängigen Handlungs- und Kooperationsfor-
men der Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Uniklinika durch
eine bundeseinheitliche Verlautbarung klarstellen und sich hierbei an den oben aufge-
zeigten Maßgaben orientieren. Sollte sich die Finanzverwaltung hingegen der hier vertre-
tenen Auffassung nur mit Einschränkungen anschließen, sollten diese Einschränkungen
so konkretisiert werden, dass die Hochschulen und Forschungseinrichtungen praktikable
Kriterien an die Hand erhalten, um eine etwaige Steuerpflicht im Vorhinein abschätzen
zu können.
Es wird davon ausgegangen, dass nach einer entsprechenden Anpassung des UStG Bei-
standsleistungen/Kooperationen im Hochschulbereich und Kooperationen zwischen
Hochschulen und Uniklinika sowie zwischen Hochschulen und außeruniversitären For-
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schungsinstituten, die derzeit von einer Besteuerung ausgenommen sind, auch weiterhin
die Voraussetzungen erfüllen und daher auch künftig steuerfrei bleiben.
Im Hinblick auf die Kooperationen im Hochschulbereich, denen eine privatrechtliche
Vereinbarung zugrunde liegt, bedarf es einer aufwendigen Überprüfung und ggf. Anpas-
sung im Einzelfall, ob die Kooperationen künftig auch öffentlich-rechtlich ausgestaltet
sein können. Gegebenenfalls sind hierfür die rechtlichen Rahmenbedingungen erst noch
zu schaffen. Hierfür sollte den Hochschulen und Forschungseinrichtungen deswegen eine
mehrjährige Übergangsfrist (nach Erlass der vorgenannt erbetenen Verlautbarung der Fi-
nanzverwaltung) eingeräumt werden.
5. Kooperation zwischen Hochschulen und privatrechtlich organisierten Forschungs-
instituten
Als angesichts der künftigen umsatzsteuerrechtlichen Behandlung besonders problema-
tisch stellen sich die im deutschen Wissenschaftssystem bedeutsamen Kooperationen
zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungsinstituten dar. Der Entwurf ei-
nes § 2b UStG sieht einen sehr eng umgrenzten Anwendungsbereich der Regelung vor.
Aus der Sicht der Hochschulen wird diese Vorschrift bei Kooperationen mit anderen ju-
ristischen Personen des öffentlichen Rechts Anwendung finden, nicht aber bei Koopera-
tionen mit den außeruniversitären Einrichtungen, die überwiegend in Rechtsformen des
Zivilrechts (z.B. e.V., GmbH) konstituiert sind. Denn letztere fallen aufgrund ihrer zivil-
rechtlichen Rechtsform aus dem Anwendungsbereich des oben erörterten Regelungsvor-
schlages zu § 2b UStG (neu) heraus. Somit besteht gerade bei Kooperation zwischen
Hochschulen und außeruniversitären Forschungsinstituten nunmehr erhöhter Klärungsbe-
darf, der sich nicht allein auf das wichtige Institut der gemeinsamen Berufung (insbeson-
dere nach dem Berliner Modell) bezieht. Nach Überzeugung der KMK liegt für den Be-
reich der Zusammenarbeit der Hochschulen mit den außeruniversitären Einrichtungen auf
dem Gebiet der Lehre und Grundlagenforschung (nichtunternehmerischer Bereich) keine
umsatzsteuerliche Leistung im Sinn des § 1 Abs. 1 UStG bzw. Art. 2 MwSt-RL vor. Eine
Leistung im Sinn des § 1 Abs. 1 UStG bzw. Art. 2 MwSt-RL ist - dem Verbrauchssteu-
ercharakter der Mehrwertsteuer entsprechend - immer dann anzunehmen, wenn einem
konkreten oder individualisierbaren Leistungsempfänger ein geldwerter Vorteil bzw. ein
"verbrauchsfähiger Vorteil" zugewendet wird. Im Rahmen der oben genannten Zusam-
menarbeit wenden die Hochschulen den außeruniversitären Forschungseinrichtungen und
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umgekehrt keinen "verbrauchsfähigen Vorteil" zu, sondern stellen Infrastrukturen oder
Personal zur Erfüllung eines der Allgemeinheit dienenden Forschungszwecks zur Verfü-
gung. Allein die Überlassung von Infrastrukturen oder Personal führt zu keinem Ver-
brauch. Da die Tätigkeiten gegenüber der Allgemeinheit erbracht werden, kann der Ad-
ressatenkreis nicht konkretisiert werden, was das Vorliegen einer Leistung mangels Ver-
schaffen eines individuellen Vorteils im Sinn des § 1 Abs. 1 UStG bzw. Art. 2 MwSt-RL
ausschließt.
6. Zusammenfassung
Insgesamt gilt, dass Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Universitätsklinika des
öffentlichen Sektors sich auf ihre grundlegenden Aufgaben im Bereich Lehre und For-
schung konzentrieren können müssen. Daher sollten Regelungen zur Umsatzbesteuerung
möglichst mit einheitlichen Begrifflichkeiten (z.B. wirtschaftliche Tätigkeit) und einer
entsprechend konformen Behandlung gleicher Tatbestände z.B. auch auf der Basis des
EU-Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und In-
novation, operieren. Einschränkungen der Gestaltungsmöglichkeiten der Hochschulen,
Forschungseinrichtungen und Universitätsklinika im Bereich der Forschung, der Lehre
und ihrer sonstigen nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten auch in Kooperation untereinander
(sog. Beistandsleistungen) sollten weitestgehend vermieden und außerhalb wirtschaftli-
cher Tätigkeiten der Hochschulen und Forschungseinrichtungen keine künstlichen Fi-
nanzkreisläufe im öffentlichen Sektor und dadurch weiterer Verwaltungsaufwand verur-
sacht werden.
Es kann nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger liegen, die Administrationskosten
zu erhöhen und die Leistungen öffentlicher Einrichtungen deutlich zu verteuern. Das Ziel,
Wettbewerbsverzerrungen im Bereich der öffentlichen Hand zu vermeiden, würde durch
eine erhöhte Umsatzbesteuerung der Wissenschaftseinrichtungen nicht erreicht werden.
Die Tätigkeiten von Hochschulen werden nicht marktorientiert, sondern im öffentlichen
Interesse bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben ausgeübt. Diese Tätigkeiten öffentli-
cher Einrichtungen stehen gerade nicht im Wettbewerb mit Leistungen, die auf dem
freien Markt angeboten werden. Eine Besteuerung solcher Leistungen würde eine effizi-
ente Aufgabenwahrnehmung verhindern und nicht dem Sinn und Zweck eines Mehrwert-
steuersystems entsprechen, das in erster Linie die Besteuerung des Endverbrauchs von
handelbaren Gütern und Dienstleistungen sicherstellen soll. Diese Zweckbestimmung
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Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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wird bei der Lehre und der Grundlagenforschung im öffentlichen Interesse und ohne Ge-
winnerzielungsabsicht nicht tangiert.
Im Interesse einer einheitlichen Handhabung in Deutschland und möglichst großer
Rechts- und Verfahrenssicherheit sollte die Finanzverwaltung die umsatzsteuerrechtliche
Behandlung der gängigen Handlungs- und Kooperationsformen der Hochschulen, außer-
universitären Forschungseinrichtungen und Uniklinika in geeigneter Weise zeitnah klar-
stellen. Im Hinblick auf die anstehende Änderung des EU-Rechts sollte die bisherige
Praxis im nationalen Bereich auf rechtlicher Grundlage abgesichert werden und im Vor-
griff darauf geachtet werden, dass es zu keiner Verschlechterung der steuerrechtlichen Si-
tuation der Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniversitären Forschungseinrich-
tungen sowie der Verwaltungspraxis kommt.
408
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
Situation und Zukunft des wissenschaftlichen Nachwuchses
(Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 06.11.2014)
STÄNDIGE KONFERENZ
DER KULTUSMINISTER DER LÄNDER
IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
Anlage 6
409
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 2 -
Einleitung
Der Hochschulausschuss hat in seiner 357. Sitzung am 27./28.09.2012 (Nr. 6) beschlossen, sich mit der Situation und Zukunft des wissenschaftlichen Nachwuchses und der Möglichkeit der Etablierung von Personalentwicklungskonzepten zu befassen. MDgt. Dr. Bernhardt, Be-richterstatter „Personalstruktur/Dienstrecht“ ist gebeten, dem Hochschulausschuss in Auswer-tung der aktuellen Situation befristet beschäftigter Nachwuchswissenschaftler und Nach-wuchswissenschaftlerinnen und unter Berücksichtigung des Code of Conduct, des Bundesbe-richts Wissenschaftlicher Nachwuchs, des HRK-Orientierungsrahmens zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nach der Promotion und akademischer Karrierewege neben der Professur sowie der Beratungen im Wissenschaftsrat zu den Karrierewegen im Wissen-schaftssystem eine Beratungsunterlage zu Handlungsbedarf und Handlungsmöglichkeiten der Länder vorzulegen.
1. Problemlage und Auswirkungen
Der wissenschaftliche Nachwuchs ist in den letzten Jahren aufgrund der zunehmenden Bedeutung von wissensbasierten Tätigkeiten für die künftige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands verstärkt ins Blickfeld geraten. Unter dem Stichwort „prekäre Beschäfti-gungsverhältnisse“ stand zunächst die Befristungspraxis vieler Hochschulen für das wis-senschaftliche Personal im Fokus der Betrachtung. Die aktuelle Diskussion wird zusätz-lich von der politischen Sorge geprägt, dass der Berufsweg insbesondere des wissen-schaftlichen Nachwuchses an Universitäten nach der Promotion im internationalen Ver-gleich nicht attraktiv genug ist und es deshalb zur Abwanderung junger Spitzenwissen-schaftler kommt, der keine entsprechende Zuwanderung ausländischer Forscher gegen-übersteht. Auch das sich verschlechternde Verhältnis von selbständig Forschenden und Lehrenden zu den von ihnen abhängig Beschäftigten steht zunehmend in Frage. Darin wird eine Gefährdung für das deutsche Wissenschaftssystem und letztlich die wirtschaft-liche und gesellschaftliche Entwicklung Deutschlands gesehen. In dieser Situation gilt es, vonseiten der Kultusministerkonferenz gemeinsame Ansätze und Antworten zu den im Folgenden aufgelisteten zentralen Problemen zu finden.
1.1 Zu viele und zu kurz befristete Beschäftigungsverträge
Situation: Die wissenschaftlichen Mitarbeitenden im Angestelltenverhältnis bilden mit 86% die größte Beschäftigtengruppe innerhalb des hauptberuflichen wissen-schaftlichen Personals unterhalb der Professur an Universitäten. Für diese Beschäf-tigtengruppe kann anteilig ein Anstieg der Befristung (von 79% in 2000 auf 90% in 2010), eine Zunahme an Teilzeitbeschäftigung (von 38% auf 45%) und ein Zuwachs an Drittmittelfinanzierung (von 36% auf 43%) konstatiert werden.1 Anlässlich der Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) wurde zudem fest-gestellt, dass der Anteil von abgeschlossenen Arbeitsverträgen mit weniger als einem Jahr Laufzeit in 2009 bei 53% lag, 36% eine Laufzeit von ein bis zwei Jahren hatten und nur 11% auf zwei und mehr Jahre ausgestellt waren.2 Dabei entfiel zwar der grö-ßere Anteil der kurzfristigen Laufzeiten auf Änderungs- und Folgeverträge, doch hat-ten auch 44% der Neuverträge eine Laufzeit von einem Jahr und weniger.
1 Vgl. Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2013, S. 31 2 G. Jongmanns, Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG). Gesetzesevaluation im Auftrag des BMBF, HIS Projektbericht März 2011 = http://www.his.de/pdf/pub_fh/fh-201104.pdf , S. 73 f.
410
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 3 -
Folge: Zwar sind befristete Beschäftigungen während einer Qualifikationsphase grundsätzlich funktional, doch ist mittlerweile die Ausgestaltung von befristeten Ver-trägen mit dem Vertragszweck (Durchführung der Qualifikation, eines Projekts etc.) in vielen Fällen nicht mehr vereinbar. Dies kann dazu führen, dass Zielsetzungen aufgrund der Befristungsdauer nicht erreicht werden können. Solche Beschäfti-gungsbedingungen sind zudem nicht familienverträglich. Die persönliche Abhängig-keit vom Vorgesetzten verstärkt sich. Gleichzeitig verunsichert die ständige Unge-wissheit bezüglich einer möglichen Folgebeschäftigung, so dass sich die Motivation der jungen Wissenschaftler verschlechtert und angesichts der Sorge um einen An-schlussvertrag der ursprüngliche Beschäftigungszweck und die eigene Forschung häufig zur Nebensache werden.
1.2 Zu lange Dauer der Qualifikationswege im Wissenschaftssystem und zu geringe Durchlässigkeit zwischen Teilarbeitsmärkten
Situation: Das Durchschnittsalter bei Erlangung der Promotion lag im Jahr 2012 bei 32,5 Jahren, bei Erlangung der Habilitation bei 40,9 Jahren.3 Die rein rechnerische Relation zwischen neu Habilitierten/Jahr und Emeritierungen liegt trotz seit 2004 sinkender Habilitationszahlen bei 3:1 (im Durchschnitt der Jahre 2000-2010 gab es ca. 2.000 Habilitationen/Jahr, in 2010 noch rund 1.750/Jahr).4 Die Chance auf eine Berufung ist damit bei gleichbleibender Anzahl an Professuren und unter Einbezie-hung der Juniorprofessur als Qualifikationsweg rückläufig. Andererseits qualifiziert die Habilitation spezifisch für die Wissenschaft und nur bedingt für andere Berufs-felder. Auch ist dieser Qualifikationsschritt i.d.R. erst so spät innerhalb des Berufsle-bens abgeschlossen, dass eine Beschäftigung auf ausbildungsadäquatem Niveau au-ßerhalb der Wissenschaft nicht mehr ohne weiteres erreichbar ist, zumal entspre-chende Stellen kaum vorhanden sind.
Außerdem fehlt in den meisten Fächern eine den Mobilitätsanforderungen entspre-chende Durchlässigkeit zwischen den Teilarbeitsmärkten (Universitäten, Fachhoch-schulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen, Forschungstätigkeiten in der Wirtschaft, Wissenschaftstransfer sowie wissenschaftsnahen Tätigkeiten im öffentli-chen Sektor) sowie ins Ausland und zurück. Der Wechsel zurück, von einer dauer-haften Beschäftigung außerhalb der Wissenschaft oder aus dem Ausland direkt auf eine dauerhafte Universitätsprofessur, ist in den meisten Disziplinen unüblich. Die Durchlässigkeit auf ausbildungsadäquatem Niveau sinkt zudem, je länger die Promo-tion zurück liegt.5
Folge: Einerseits besteht für Postdocs die Gefahr, trotz langjähriger befristeter Be-schäftigung zur Qualifikation das Ziel der Professur nicht zu erreichen. Aufgrund des Alters und des hohen Spezialisierungsgrads bei gleichzeitig überwiegend unselbstän-dig durchgeführter Aufgabenwahrnehmung nimmt die schwierige Vermittelbarkeit ins Berufsleben außerhalb von Hochschulen zu. Anderseits werden hervorragende Wissenschaftler durch diese unsicheren Perspektiven abgeschreckt, das Risiko eines wissenschaftlichen Karrierewegs innerhalb des deutschen Hochschulsystems einzu-gehen und suchen frühzeitig in ihrer kreativen Schaffensphase nach beruflichen Al-ternativen, die selbstverantwortliches Forschen bei ggf. besseren Rahmenbedingun-
3 Empfehlungen des Wissenschaftsrats zu Karrierezielen und -wegen an Universitäten, 2014, S. 32; die Zahlen stellen einen fächerübergreifenden Durchschnitt dar 4 Vgl. Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2013, S. 30 5 Vgl. Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2013, S. 275f
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Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 4 -
gen erlauben. Hat eine Etablierung außerhalb des deutschen Hochschulsystems erst einmal stattgefunden, ist unter den derzeitigen Beschäftigungsbedingungen i.d.R. nicht mit einer Rückkehr zu rechnen.
1.3 Unübersichtliche und intransparente Rekrutierungsverfahren
Situation: Die Entscheidungen über die Einstellung und Weiterbeschäftigung von wissenschaftlichem Personal werden meistens von einzelnen Lehrstuhlinhabern bzw. Professorinnen und Professoren getroffen, zumal die Personalausstattung der Profes-suren entweder als Gegenstand von Berufungs- oder Bleibeverhandlungen personen-bezogen bewilligt wird oder die Professorinnen und Professoren als Projektverant-wortliche Drittmittelpersonal eigenverantwortlich beschäftigen können.
Folge: Rekrutierungsverfahren und Auswahlentscheidungen für wissenschaftliche Mitarbeitende auf Qualifikationsstellen finden überwiegend nicht auf der Basis von lehrstuhlübergreifenden Personalplanungskonzepten und selten unter nachprüfbaren Kriterien oder durch kollegiale Personalentscheidungen statt. Damit verlaufen sie oft intransparent, sind einer Überprüfung entzogen und kann eine Bestenauswahl nicht garantiert werden. Durch diese unübersichtliche Personalpolitik vieler einzelner Pro-fessorinnen und Professoren können nur bedingt Strategien und Perspektiven entwi-ckelt werden, sowohl in Bezug auf institutionelle Entwicklungen als auch bezüglich persönlicher Karriereplanungen junger Wissenschaftler.
1.4 Sich verschlechternde Relation von wissenschaftlichen Mitarbeitenden zu Pro-fessuren
Situation: Die Relation von Professuren zu wissenschaftlichen Mitarbeitenden hat sich in den letzten Jahren verschoben. In 1989 lag die Zahl der Professuren bei ca. 27.000, denen ca. 55.000 wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeitende gegen-überstanden. Seither verschlechtert sich diese Relation kontinuierlich. Die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeitenden stieg bis 1992 auf ca. 80.000 an (gegenüber ca. 30.000 Professuren). Seit 1992 können Personaldaten mit der Neufassung des Hoch-schulstatistikgesetzes präziser erhoben werden. In 2012 betrug die Anzahl der Pro-fessuren 43.862 und war die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeitenden bereits auf 167.722 gestiegen, hiervon waren 72.393 (=43 %) aus Drittmitteln finanziert. 6
6 Quelle: Statistisches Bundesamt: Fachserie 11 / Reihe 4.4.
412
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 5 -
Übersicht entnommen aus: Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG). HIS Projektbericht März 2011, S. 14
Kamen in den Jahren 1992/93 bundesweit auf eine Professur noch 2,3 wissenschaft-liche Mitarbeitende, so waren es 2002 bereits 2,8 und im Jahr 2009 sogar 3,7 Mitar-beitende. Bezogen nur auf die Universitäten entwickelte sich das Verhältnis von 3,6 (1992) über 4,7 (2002) zu 6,6 (2009) Mitarbeitenden je Professur (ohne Juniorprofes-suren).7
Folge: Das sich verschlechternde Zahlenverhältnis von Professuren zu wissenschaft-lichen Mitarbeitenden wirkt sich nicht nur auf die Chancen für dauerhafte wissen-schaftliche Karrieren des Nachwuchses aus, sondern bringt auch eine schleichende Aufgabenverschiebung im Rahmen der Professuren mit sich. Professorinnen und Professoren haben durch diese Entwicklung in deutlich größerem Umfang Funktio-nen als Vorgesetzte, Mentorierende, Betreuende, Projektleitungen zu Drittmittelan-trägen etc. wahrzunehmen sowie Managementaufgaben zu erfüllen. Dadurch ver-bleibt weniger Zeit für die eigene Forschungs- und Lehrtätigkeit, und dies bei stei-genden Studierendenzahlen. Das führt u.a. dazu, dass einige der Kernaufgaben von Professuren auf die wissenschaftlichen Mitarbeitenden delegiert werden müssen, die dann u.U. auf befristeten Stellen Daueraufgaben in abhängiger Position wahrzuneh-men haben. Letztlich ist die Frage zu stellen, ob die erforderliche Qualität in For-schung und Lehre unter diesen Bedingungen langfristig aufrechterhalten werden kann.
2. Auswirkungen auf das Hochschulsystem und die Gesellschaft
Die dargestellten Probleme bergen die Gefahr, sich nicht nur negativ auf individuelle Karrierewege in der Wissenschaft mit der möglichen Folge einer Abwanderung von her-vorragenden jungen Wissenschaftlern auszuwirken. In der unter 1.4 beschriebenen struk-turellen Entwicklung des wissenschaftlichen Personals verbergen sich zwei weitere ge-sellschaftliche Risiken: Es ist zu befürchten, dass die Qualität der Lehre, die die Grundla-ge für die Aufstellung der nächsten Forschergeneration bildet, sinken könnte, wenn pro-fessorale Lehre ohne Begrenzung durch Personen auf niedrigerem Qualifikationsniveau
7 G. Jongmanns, Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG). HIS Projektbericht März 2011, S. 12
413
Kultusministerkonferenz58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
- 6 -
ersetzt wird. Außerdem steht die Qualität der Forschungsarbeit und der Forschungsergeb-nisse als einer wesentlichen Grundlage für den gesellschaftlichen Fortschritt in Frage.
Erfolgreiche Forschungsarbeit lebt von einem Spannungsfeld zwischen einem Inventar an gesichertem disziplinärem Wissen und der Kreativität, fundamental neue Erkenntnisse zu suchen und sich insoweit von der bis dahin etablierten Lehre zu entfernen. Die Kreativität von Forschergruppen spielt daher eine Schlüsselrolle für die Wahrscheinlichkeit, bahnbre-chende neue Lösungsansätze zu finden, die sich in der Folge weiterentwickeln und wirt-schaftlich ausbeuten lassen.8 Durch die sich verschlechternde Relation von Professuren zu wissenschaftlichen Mitarbeitenden sind die von einzelnen Professuren zu betreuenden Gruppen größer geworden. Damit treffen verschiedene negative Faktoren aufeinander, die die Einschränkung eines „kreativen Schaffensklimas“ bewirken: Durch einen größeren Umfang an Führungs- und Managementaufgaben kann sich eine Professorin oder ein Pro-fessor weniger selbst der Forschung widmen und seine Erfahrung und sein Überblickswis-sen in die Diskussion einbringen. Bei größeren Gruppen wird zur Reduzierung von Kom-plexität eher ein hierarchischer Kommunikationsstil gepflegt und ist das Mentorenverhält-nis weniger intensiv, was sich auf wissenschaftliche Lösungsprozesse hinderlich auswirkt. Andererseits wird eine Korrelation zwischen frühzeitiger wissenschaftlicher Unabhängig-keit und hervorragenden wissenschaftlichen Leistungen festgestellt.9 Eigene Verantwor-tung und die Möglichkeit zu unabhängiger Forschung ist stärker geeignet, Kreativität zu fördern, ebenso wie Beschäftigungsverhältnisse, deren Dauer mit dem Beschäftigungs-zweck in Einklang stehen.
Ein Fortschreiten der derzeitigen Entwicklungstendenzen würde demnach mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Leistungsqualität von Forschergruppen im Hochschulsystem beeinträchtigen, womit nicht zuletzt die Leistungsfähigkeit Deutschlands und das Beste-hen im internationalen Wettbewerb betroffen wären.
Im Folgenden werden mögliche Lösungsansätze zu den unter 1. aufgeworfenen Proble-men vorgestellt, die nach Diskussion zu einheitlichen Antworten der KMK führen sollten.
3. Bisherige Lösungsvorschläge
3.1 Zur Dauer der Beschäftigungsverträge:
3.1.1 Zitat Koalitionsvertrag Bund 2013: „Verbesserung der Grundfinanzierung der Hochschulen: Die Hochschulen stehen im Zentrum des Wissenschaftssys-tems. Ihnen verlässliche Perspektiven und Planungssicherheit zu geben, muss im Zentrum der Wissenschaftspolitik der nächsten Jahre stehen. Wir werden in den nächsten vier Jahren seitens des Bundes den Hochschulen mehr Geld zur Grundfinanzierung zur Verfügung stellen.
Planbare und verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft: Befristete Be-schäftigungsverhältnisse aufgrund von Qualifizierungsphasen, zeitlich befris-teten Forschungsprojekten und anderen Sachgründen liegen in der Natur des Wissenschaftsbetriebs; ihr Anteil – insbesondere über sehr kurze Zeiträume – hat in den letzten Jahren ein Maß erreicht, das Handlungsbedarf entstehen lässt. An erster Stelle ist ein aktives Gegensteuern Aufgabe der Hochschulen und Forschungseinrichtungen in ihrer Rolle als Arbeitgeber. Wir begrüßen
8 T. Heinze et al. „Bleibt die Kreativität auf der Strecke“ in Wissenschaftsmanagement 2014, S. 34ff 9 T. Heinze et al., a.a.O., S. 35ff
414
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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entsprechende Aktivitäten der Wissenschaftsorganisationen und werden deren Bemühungen durch eine Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes flankieren. Wir wollen für den wissenschaftlichen Nachwuchs planbare und verlässliche Karrierewege schaffen. Der Bund wird im Rahmen seiner Förde-rung und bei Vereinbarungen zu neuen Instrumenten auf angemessene Lauf-zeiten der Anstellungsverträge achten.“ 10
3.1.2 Die Hamburger Wissenschaftsbehörde hat sich mit Hochschulen, Gewerk-schaften und Personalräten auf Maßnahmen zum Abbau prekärer Beschäfti-gungsverhältnisse verständigt. Die Regelungen sollen im Hamburgischen Hochschulgesetz sowie in einem Verhaltenskodex (Code of Conduct) umge-setzt werden. So verpflichteten sich die Hamburger Hochschulen nach Ver-handlungen mit dem Senat zum "Abbau prekärer Beschäftigungsverhältnis-se". Ähnliche Abmachungen planen die Länder Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.
3.2 Zur Dauer der Qualifikationswege, zur Durchlässigkeit und zur Transparenz der Wege:
Der Wissenschaftsrat11 empfiehlt im Hinblick auf die Dauer der Qualifikations-wege eine Verkürzung der Postdoc-Phase bei gleichbleibendem wissenschaftlichem Qualifikationsniveau, um insbesondere eine frühere Berufbarkeit auch ohne Habilita-tion zu erreichen. Flankierend hält er sowohl während der Promotions- als auch in der Postdoc-Phase ein regelmäßiges Mentorat und Statusgespräche für unabdingbar und empfiehlt, für die Postdoc-Phase i.d.R. nicht mehr als vier Jahre vorzusehen..
Durch eine hierdurch bedingte Senkung des Durchschnittsalters auf allen Karriere-stufen soll u.a. mehr Durchlässigkeit und Mobilität zwischen dem Wissenschafts-sektor mit seinen Teilarbeitsmärkten, ins Ausland und zurück, zwischen den Diszip-linen und zwischen den Aufgabenfeldern Forschung, Lehre, Leitung und Betreuung von Forschungsinfrastrukturen, Wissenstransfer sowie im Bereich der wissenschafts-nahen Tätigkeiten erreicht werden.
Wesentlich für eine Transparenz der Wege ist entsprechend den Empfehlungen des Wissenschaftsrats die Einführung einer langfristigen und datenbasierten Perso-nalstrukturplanung sowie von umfassenden Personalentwicklungskonzepten an den Universitäten. Damit sollen sowohl mögliche Karrierewege innerhalb des Hoch-schulsystems begleitet und unterstützt als auch rechtzeitige Entscheidungen für einen Übergang in anschlussfähige wissenschaftliche Berufe z.B. in Wirtschaft und Ver-waltung getroffen werden. Für eine flächendeckend bessere Datenqualität, bundes-weit einheitliche Datenformate sowie größere Transparenz ist aus Sicht des Wissen-schaftsrates eine Datengewinnungsstrategie erforderlich. Weiterhin plädiert er u.a. dafür, die Organisationsstrukturen dahingehend weiterzuentwickeln, dass hinrei-chend große Organisationseinheiten mit Personalbudgets (z.B. in Departementstruk-tur) entstehen, in denen Dauerstellen für wissenschaftsnahe Tätigkeiten zur Entlas-tung der Professuren vorgesehen und transparente Personalrekrutierungsverfahren mit kollegialen Entscheidungen eingeführt werden können.
10 Deutschlands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, S. 21 11 Empfehlungen des Wissenschaftsrats zu Karrierezielen und -wegen an Universitäten, 2014, S. 63 ff
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Der Wissenschaftsrat schlägt eine Ausgestaltung der Karrierewege und Personal-strukturen im Wissenschaftssystem nach folgendem Modell vor12:
12 Übersicht entnommen aus Empfehlungen des Wissenschaftsrats zu Karrierezielen und -wegen an Universitäten, 2014, S. 18
416
58. Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands
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3.2.1 Zur Relation von wissenschaftlichen Mitarbeitenden zu Professuren:
Der Wissenschaftsrat empfiehlt, die Qualität von Forschung und Lehre auf breiter Basis durch einen Aufwuchs des dauerhaft beschäftigten wissenschaft-lichen Personals an Universitäten auf Professurebene anzuheben durch eine sukzessive und substanzielle Erhöhung des Anteils der Professuren am wis-senschaftlichen Personalbestand. Bis 2025 soll insbesondere durch eine ent-sprechende strukturelle Fortentwicklung des wissenschaftlichen Personalbe-stands einschließlich der Umwandlung vorhandener Stellen bundesweit ein schrittweiser Aufwuchs um 7.500 Professuren an Universitäten und gleichge-stellten Hochschulen erreicht werden (einschließlich Tenure Track-Professuren). Der Anteil an Tenure Track-Professuren soll 2025 etwa ein Fünftel aller Professuren betragen.13 Damit sollen die Betreuungsrelation von Professuren zu Studierenden von derzeit 64:1 und die Betreuung des wissen-schaftlichen Nachwuchses, aber auch die Chancen des hervorragenden Nachwuchses auf eine Dauerstelle im Hochschulsystem verbessert werden.
Für die Ausgestaltung von Tenure Track-Professuren schlägt er folgende Merkmale vor:
Vorbereitend auf eine Tenure Track-Professur sollte die Postdoc-Phase vier Jahre als Richtwert nicht überschreiten. Nach der Promotion oder vor der Be-rufung auf eine Tenure Track-Professur ist ein Einrichtungswechsel vorzuse-hen. Voraussetzung für eine Berufung auf eine Tenure Track-Professur sind insbesondere der Nachweis hochschuldidaktischer Qualifikation sowie die besondere Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit, die u. a. durch eine her-ausragende Promotion nachgewiesen wird und im Fall einer möglichen Be-soldung nach W2 zusätzlicher wissenschaftlicher Leistungen bedarf. Tenure Track-Professuren werden international ausgeschrieben, in einem ordentli-chen Berufungsverfahren vergeben, sind auf sechs Jahre befristet und werden im Fall einer positiven Evaluation (Tenure-Evaluation) ohne Stellenvorbehalt, erneute Ausschreibung oder weiteres Berufungsverfahren, aber unter zusätz-licher Einholung mehrerer externer Gutachten zu einer dauerhaften Professur regelmäßig auf der Ebene von W2 oder ggf. auf W3.
Zur Finanzierung der zusätzlichen Stellen sieht der Wissenschaftsrat neben einer Erhöhung der Grundmittel und Förderprogrammen der Länder während einer Startphase auch eine mittelfristige Umstrukturierung des wissenschaftli-chen Personals an den Universitäten als geeignet an.
13 Empfehlungen des Wissenschaftsrats zu Karrierezielen und -wegen an Universitäten, 2014, S. 85
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