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JAHRESBERICHT 2016 PSYCHOTHERAPIE AMBULANZ

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JAHRESBERICHT 2016PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ

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2016

01JAHRESBERICHT 2016 PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ2 2016

VORWORT

Wir blicken auf ein ereignisreiches und pro-

duktives Jahr 2016 in der Psychotherapie-

ambulanz der WWU Münster zurück und

möchten unseren Jahresbericht nutzen,

die Ereignisse und Entwicklungen im Hinblick auf unsere

psychotherapeutische und wissenschaftliche Tätigkeit, die

Psychotherapieausbildung in unserer Ambulanz sowie un-

ser Qualitätsmanagement mit Ihnen zu teilen.

Besonders freuen wir uns darüber, dass Prof. Dr. Nexhme-

din Morina im September 2016 die Nachfolge von Prof. Dr.

Thomas Ehring (Professur für Klinische Psychologie und

Psychotherapie) angetreten hat. Gemeinsam mit Prof. Dr.

Ulrike Buhlmann übernimmt er die wissenschaftliche Lei-

tung der Psychotherapieambulanz und komplettiert so

unser Leitungsteam. Durch seine langjährige Expertise

auf dem Gebiet der posttraumatischen Belastungsstörung

wird somit auch in Zukunft ein Fokus unserer therapeuti-

schen und wissenschaftlichen Tätigkeit auf der Erforschung

grundlagenorientierter sowie anwendungsbezogener Fak-

toren traumaassoziierter Störungen liegen.

Es ist uns ein zentrales Anliegen, die Qualität unserer Arbeit

aufrechtzuerhalten und kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Darin wurden wir im Rahmen unserer erfolgreichen Rezertifi-

zierung durch die „Kooperation für Transparenz und Qualität

im Gesundheitswesen“ bestärkt. Wie bereits in der Erstzerti-

fizierung 2010 sowie Rezertifizierung 2013 gelang uns in die-

sem Jahr mit 96 % der erreichbaren Qualitätspunkte ein her-

vorragendes Ergebnis. Diese positive Bilanz wird auch durch

unsere jährliche Patientenumfrage gestützt, die die sehr hohe

Zufriedenheit unserer Patientinnen und Patienten bestätigt.

An dieser Stelle möchten wir uns herzlich bei unseren Pa-

tientinnen und Patienten für ihr Vertrauen und unseren

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren Einsatz und die

engagierte Zusammenarbeit bedanken. Bei unseren Kolle-

ginnen und Kollegen bedanken wir uns für erfolgreiche und

beständige Kooperationen und die gute Zusammenarbeit

im Sinne unserer Patientinnen und Patienten.

SEHR GEEHRTE DAMEN UND HERREN, LIEBE KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN,

„Besonders freuen wir

uns darüber, dass Prof. Dr. Nexhmedin Morina

im September 2016 die Nachfolge von

Prof. Dr. Thomas Ehring angetreten hat.

Prof. Dr. Nexhmedin Morina, Stellv. Wissenschaftliche Leitung

Prof. Dr. Ulrike Buhlmann,Wissenschaftliche Leitung

Dr. Tanja Andor,Geschäftsführende und therapeutische Leitung

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2016

03JAHRESBERICHT 2016 PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ02

DIE PSYCHOTHERAPIEAMBULANZDIE PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ

PSYCHOTHERAPEUTISCHE BEHANDLUNG UND BERATUNG IM JAHR 2016

KONTAKTAUFNAHMEUm den Fragen, Anliegen und Wünschen der PatientInnen bestmöglich gerecht werden zu können,

erhalten diese bei Kontaktaufnahme einen Eingangsfragebogen, der auf der Website der PTA, per Post

oder E-Mail jederzeit angefordert werden kann. Nach Eingang dieses Fragebogens bei uns, werden

den PatientInnen zeitnah Termine für ein Erstgespräch in unserer Sprechstunde angeboten oder ggf.

andere geeignete Anlaufstellen empfohlen.

1ERSTGESPRÄCH

Die PTA bietet Erstgespräche nach individueller Terminvereinbarung an, in denen PatientInnen die

Gelegenheit erhalten, ihr Anliegen zu besprechen und sich über Behandlungsmöglichkeiten zu

informieren. Kann die PTA den PatientInnen ein geeignetes Behandlungsangebot machen, erhalten

diese nach einer Wartezeit einen Therapieplatz. Andernfalls bieten die TherapeutInnen Unterstützung

bei der Suche nach alternativen Behandlungsangeboten. Im Jahr 2016 nutzten 663 Personen das

Angebot der Sprechstunde.

2THERAPIEIm Jahr 2016 nahmen insgesamt 1.154 Personen mit unterschiedlichen psychischen Störungen ein

Angebot der PTA (Sprechstunde, Einzeltherapie, Kurzberatung, diagnostische Untersuchung) in Anspruch.

Davon befanden sich 638 PatientInnen in Einzeltherapie. Insgesamt wurden 13.043 Behandlungsein-

heiten erbracht.3BEHANDLUNGSSPEKTRUM

DIAGNOSENDie 638 PatientInnen, die 2016 einzeltherapeutisch

behandelt wurden, wiesen 1.045 gesicherte Diagnosen

auf, die sich wie folgt verteilten:

Affektive Störungen 34 %

Panik, Phobien, Generalisierte Angst 29 %

Anpassungsstörungen 9 %

Posttraumatische Belastungsstörungen 6 %

Essstörungen 6 %

Persönlichkeitsstörungen 4 %

Störungen durch psychotrope Substanzen 3 %

Zwangsstörungen 3 %

Hypochondrische & Körperdysmorphe Störungen 3 %

Störungen der Impulskontrolle & ADHS 3 %

Somatoforme Störungen 1 %

Psychotische Störungen 1 %

Sonstige 6 %

DIE PSYCHOTHERAPIE- AMBULANZ

1.045

60

31

34

38

52

54

83

256

359

12726

30

Die Psychotherapieambulanz (PTA) ist als Praxis-

stelle für Psychologische Psychotherapie und

Beratung eine Betriebseinheit des Fachbereichs

Psychologie und Sportwissenschaften an der

Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster. Sie

bietet umfassende diagnostische und psychotherapeu-

tische Hilfe bei psychischen Störungen sowie Beratungen

und Trainings bei besonderen Problemen. Als Hochschul-

ambulanz verbindet die PTA die Durchführung von Di-

agnostik und Therapie mit klinisch-psychologischer

Forschung und Lehre. Die PTA fungiert zudem als Aus-

bildungsambulanz des Instituts für Psychologische

Psychotherapieausbildung (IPP) an der WWU Münster.

Neben der psychotherapeutischen Arbeit widmen sich

unsere Spezialambulanzen der Erforschung und Behand-

lung spezifischer Problembereiche und bieten hierfür

gezielte Beratungen, Diagnostik und Therapie an.

Leitungsteam der Psychotherapie-Ambulanz v. r.:Prof. Dr. Nexhmedin Morina, Prof. Dr. Ulrike Buhlmann, Dr. Fabian Andor, Dipl. Psych. Kerstin Burmeister, Dipl. Psych. Isabelle Drenckhan, Dr. Tanja Andor

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2016

05JAHRESBERICHT 2016 PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ04

ERFOLGREICHE REZERTIFIZIERUNG NACH KTQ

Nachdem die PTA nach der Implementierung eines

einrichtungsinternen Qualitätsmanagement-

Systems bereits im November 2010 erstmals

erfolgreich nach KTQ® durch die GmbH „Ko-

operation für Transparenz und Qualität im Gesundheits-

wesen“ zertifiziert worden war erfolgte im Oktober 2016 nun

erneut eine erfolgreiche Rezertifizierung. Das neue KTQ-

Zertifikat gilt seit dem 05.11.2016 für 3 Jahre.

Nachdem wir bei der ersten Zertifizierung im Jahr 2010

bereits weit über die notwendigen 55 % hinaus 83,6 %

der erreichbaren Qualitätspunkte erzielten, freuen wir

uns nun sehr darüber, dass wir unser Ergebnis bei der Re-

zertifizierung 2013 auf 87,0 % und 2016 sogar auf 96,3 %

steigern konnten.

Dieses Ergebnis bestätigt, dass wir als psychotherapeuti-

sche Versorgungseinrichtung qualitativ hochwertig arbeiten

und gleichermaßen sowohl am aktuellen wissenschaftlichen

Stand der Psychotherapieforschung als auch an den Erwar-

tungen und Bedürfnissen der PatientInnen orientiert sind.

Unseren Qualitätsbericht können Sie auf unserer Website

einsehen. Darin sind die Struktur- und Leistungsmerkmale

der PTA sowie die Einzelheiten der konkreten Umsetzung

der KTQ-Kriterien aufgeführt.

W ie bereits seit 7 Jahren führten wir auch

im Jahr 2016 eine Patientenbefragung

durch. Diese gehört zu unserem Quali-

tätsmanagement-System, mit dem wir

unsere Leistung prüfen und stetig verbessern möchten,

um die Zufriedenheit der PatientInnen der Ambulanz

weiter zu erhöhen. Von 192 ausgegebenen Fragebögen

haben wir 182 zurückerhalten – was einer sehr hohen

Rücklaufquote von 95 % entspricht. Wir freuen uns über

die zahlreichen Rückmeldungen und das positive Ergeb-

nis. Ein ausführlicher Ergebnisbericht findet sich auf der

PTA-Website.

ERFOLGREICHE REZERTIFIZIERUNGNACH KTQ

PATIENTENZUFRIEDENHEIT IN DER PTA

PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ

KATEGORIE Max. Punktzahl

Punkte2016 2016 % 2013 % 2010 %

Patientenorientierung 152 144 94.7 % 82.7 % 84 %

Führung der Praxis 104 104 100 % 90.4 % 73.1 %

Mitarbeiterorientierung 98 95 96.9 % 92.9 % 84.7 %

Sicherheit in der Praxis 38 38 100 % 86.7 % 95.2 %

Informationswesen 36 35 97.2 % 83.3 % 91.7 %

Aufbau des QM 82 75 91.5 % 85.4 % 85.4 %

Endergebnis 510 491 96.3 % 87.0 % 83.6 %

PATIENTENZUFRIEDENHEIT IN DER PTA

hervorragend

sehr gut

gut

akzeptabel

schlecht

14,6 %

0,6 % 0 %

63,5 %

21,3 %

0 %1,7 %

23,7 %

53,8 %

20,8 %

0 %

52,8 %

2,2 %

36,0 %

9,0 %

70 %

60 %

50 %

40 %

30 %

20 %

10 %

0 %Therapeutische Leistung

der erreichbaren Qualitätspunkte

Service des Sekretariats Räumlichkeiten

hervorragend

sehr gut

gut

akzeptabel

schlecht

ja

eingeschränkt

nein

97,2 %

2,8 %

Weiterempfehlung (N = 196)Gesamteindruck (N = 196)

25,4 %14,1 %

59,3 %

1,1 %

96,3 %

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2016

07JAHRESBERICHT 2016 PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ06

P rof. Dr. Nexhmedin Morina hat im Jahr 2016 die

Nachfolge von Prof. Dr. Thomas Ehring angetreten

und die wissenschaftliche Leitung der Traumambu-

lanz übernommen, worüber wir uns sehr freuen.

KOOPERATIONEN & FORSCHUNGSPROJEKTEDie bisherigen Projekte in der Traumaambulanz in Koopera-

tion mit den Standorten Mannheim, Berlin, Hamburg, Dres-

den und München sind beendet.

So wurde das Kooperationsprojekt mit den Standorten

Münster, München, Hamburg, Berlin und Dresden zur Va-

lidierung der Posttraumatic Checklist (PCL-5) abgeschlos-

sen, die Publikation hierzu ist aktuell in Vorbereitung.

Es konnte gezeigt werden, dass die PCL-5 ein geeignetes

Screeninginstrument zur Erfassung der PTBS-Symptome

ist, der empfohlene Cut-Off Wert liegt bei 33.

In der naturalistischen Therapiestudie zur Effektivität der

traumafokussierten KVT unter Versorgungsbedingungen in

Kooperation mit Mannheim wurde die Rekrutierung been-

det und die letzte Behandlung wird in den nächsten Wo-

chen abgeschlossen sein. Die finalen Ergebnisse mit den

ersten Follow-Up-Daten können somit im nächsten Jahres-

bericht dargestellt werden.

NEUES AUS DER TRAUMA-AMBULANZ 2016 SPEZIALAMBULANZ FÜR POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNG

Das Team der Traumaambulanz v. l.: Prof. Dr. Nexhmedin Morina,Dr. Antje Krüger

SPEZIALAMBULANZEN

PUBLIKATIONEN

> In einer Meta-Analyse (Morina, Koerssen & Pollet, 2016)

wurde geprüft, wie wirksam die PTBS-Behandlung bei

Kindern und Jugendlichen ist. Insgesamt flossen 41 ran-

domisierte und kontrollierte Studien in die Arbeit ein. Es

konnte gezeigt werden, dass die PTBS-Behandlung im

Vergleich zu einer Warteliste (Hedge’s g = .83) bzw. zu

einer aktiven Kontrollgruppe (g = .41) wirksam ist. Spezi-

fisch die traumafokoussierte KVT ergab mittlere bis große

Effektstärke (Vergleich zu einer aktiven Kontrollgruppe:

g = .66; Vergleich zu einer Warteliste: g = 1.44). Allerdings

zeigen sich nur kleine bis mittlere Effekt hinsichtlich der

Reduktion komorbider depressiver Symptome. Es gab

wenig Hinweise, die für den Einsatz pharmakologischer

Interventionen sprechen.

Morina, N., Koerssen, R., & Pollet, T. V. (2016). Interven-

tions for children and adolescents with posttraumatic

stress disorder: A meta-analysis of comparative out-

come studies. Clinical Psychology Review, 47, 41–54. Doi:

10.1016/j.cpr.2016.05.006.

> Zwei Meta-Analysen fokussierten auf die Wirksamkeit von

psychologischen Interventionen bei PTBS und Depressi-

on in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.

In der ersten Meta-Analyse wurden die Ergebnisse aus

dem Kinder- und Jugendlichen-Bereich analysiert (Morina

et al., 2017). 21 randomisierte und kontrollierte Studien

konnten berücksichtigt werden. Die Ergebnisse zeigen,

dass PTBS mit großen Effektstärken gut behandelt wer-

den kann. Die Effektstärken bzgl. der depressiven Sym-

ptomatik liegen jedoch im kleinen bis mittleren Bereich,

so dass der depressive Symptombereich in der Behand-

lung stärker berücksichtigt werden sollte. In der zweiten

Meta-Analyse mit 18 randomisierten und kontrollierten

Studien wurde die gleiche Fragestellung für Erwachsene

untersucht (Morina et al., im Druck). Hier wurden große

Effektstärken sowohl für den Symptombereich der PTBS

als auch der Depression gefunden.

Morina, N., Malek, M., Nickerson, A., & Bryant, R. A.

(2017). Psychological interventions for post-traumatic

stress disorder and depression in young survivors of

mass violence in low- and middle-income countries:

meta-analysis. British Journal of Psychiatry. Doi: 10.1192/

bjp.bp.115.180265.

Morina, N., Malek, M., Nickerson, A., & Bryant, R. A. (im

Druck). Meta-analysis of psychological interventions for

post-traumatic stress disorder and depression in adult

survivors of mass violence in low- and middle-income

countries. Depression & Anxiety, 10.1002/da.22618.

> Da Imagery Rescripting ein zunehmendes Interesse her-

vorruft und immer mehr Studien zur Wirksamkeit dieser

Invention vorliegen, untersuchten Morina und Kollegen

den Einfluss von Imagery Rescripting (ImRs) auf aversive

Erinnerungen (Morina, Lancee & Arntz, 2017). 19 Studien

konnten in dieser Arbeit berücksichtigt werden: acht Stu-

dien untersuchten die Wirksamkeit von ImRs bei PTBS,

sechs Studien prüften die Wirksamkeit bei Sozialer Pho-

bie, zwei Studien bei Körperdysmorpher Störung und je-

weils eine Studie bei Patienten mit Depression, Bulimia

Nervosa oder Zwangsstörung. Die Dauer der Interventi-

on betrug im Durchschnitt 4,5 Sitzungen (Range: 1–16;

Sitzungsdauer: 90 bis 100 Minuten) und führte zu einer

deutlichen Symptomreduktion mit großen Effektstärken

(prä-post-Vergleich: g = 1.22 und prä-follow up Vergleich

g = 1.79). Somit zeigt sich ImRs auch transdiagnostisch

als wirksame Intervention. Einschränkend sind die gerin-

gen Fallzahlen zu nennen, da viele Ergebnisse bislang auf

Fallstudien zurückzuführen sind und nur wenige rando-

misiert-kontrollierte Studien vorliegen.

Morina, N., Lancee, J., & Arntz, A. (2017). Imagery rescripting

as a clinical intervention for aversive memories: A meta-

analysis. Journal of Behavior Therapy and Experimental

Psychiatry, 55, 6–15. Doi: 10.1016/j.jbtep.2016.11.003.

Um insgesamt die Versorgung von traumatisierten Personen zu untersuchen, führte Nexhmedin Morina einige Meta-

Analysen durch:

SPEZIALAMBULANZEN

JAHRESBERICHT 201606

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09PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ

NEUES AUS DER PROKRASTINATIONS-AMBULANZ 2016

SPEZIALAMBULANZEN

ZAHLEN & FAKTEN

Im Jahr 2016 stellten sich in der Prokrastinationsambu-

lanz insgesamt 146 Studierende der Universität Münster

aus den verschiedenen Fachbereichen vor. Die Betrof-

fenen wurden kontaktiert, erhielten ein diagnostisches

Gespräch und darauf aufbauend störungsspezifische In-

formationen.

GRUPPENINTERVENTIONEN66 Betroffene nahmen an einer Gruppenintervention in

kleinen Gruppen teil. Die Gruppeninterventionen umfas-

sen jeweils ein individuelles Vorgespräch pro Teilneh-

mer mit Anleitungen zu einer online-gestützten täglichen

Selbstbeobachtung und darauf folgend fünf Doppelsit-

zungen eines speziell für Betroffene mit Prokrastination

entwickelten Gruppentrainings. In einigen Fällen wurde

mit den Gruppenteilnehmern noch zusätzlich ein indivi-

duelles Abschlussgespräch zur Stabilisierung und Gene-

ralisierung des Gelernten durchgeführt.

EINZELBERATUNGSSERIENMit 36 Betroffenen wurden individuell auf ihre jeweilige

Problematik zugeschnittene Einzelberatungsserien im

Umfang von durchschnittlich 5–7 Sitzungen à 50 Minuten

durchgeführt. Diese fanden im 1:1-Kontakt mit einem Di-

plom- oder MSc-Psychologen mit fortgeschrittener oder

abgeschlossener Psychotherapieausbildung statt.

Mit 11 der laufenden Einzelberatungsserien lag der Anteil

an MINT.kurzberatungen in 2016 bei über 30 % der Kurz-

beratungen der Prokrastinationsambulanz.

PRÄVENTIONSPROGRAMM MINT.PROJEKTNeben dem Interventionsprogramm gab es im MINT.pro-

jekt auch 2016 Weiterentwicklungen im Rahmen des Prä-

ventionsprogramms: Im Vergleich zu den Vorjahren nahm

die bisher größte Anzahl an angehenden Mathematik-

Mentoren (42 Teilnehmer) an insgesamt 3 Workshops zum

Thema „Arbeitsstörungen in der Studieneingangsphase“

teil. Außerdem wurde diese Schulung auch erfolgreich im

Fachbereich Chemie eingeführt, wo 27 Teilnehmer die bei-

den von uns durchgeführten Blöcke „Gesprächsführung“

gründeten die Entscheidung damit, dass in der Arbeit der

Prokrastinationsambulanz zentrale QV-Mittel so eingesetzt

werden, dass spezifische Kompetenzen eines Fachbereichs

Studierenden aller Fachbereiche zu Gute kommen.

Im MINT.projekt, einem Spezialprojekt der Prokrastinati-

onsambulanz mit dem Ziel der Erhöhung des Studiener-

folgs in der Studieneingangsphase naturwissenschaftlicher

Bachelorstudiengänge, wurden 2016 neue Komponenten

entwickelt und erprobt. Neben der weiteren Vernetzung ins-

besondere mit den naturwissenschaftlichen Fachbereichen

wurden erneut gezielte Bedarfsanalysen durchgeführt. Die

wichtigsten Neuerungen bestanden aber im Ausbau des

Angebots für die Studierenden: Fokus gelegt wurde dabei

neben dem Interventionsprogramm in Form von Einzelbe-

ratungen auf das Präventionsprogramm gegen Aufschieben

und Studienunzufriedenheit. Unter anderem eingesetzt in

Mentoren-Schulungen und Vorkursen der betreffenden Fä-

cher wurde dieses sehr positiv aufgenommen.

und „Selbstmanagement“ als beste der gesamten Trainer-

schulung bewerteten. Gut besucht waren auch 2016 wie-

der die Termine des MINT.projekts im Zuge der Mathema-

tik-Vorkurse: Insgesamt ca. 200 Teilnehmer besuchten die

interaktiven Vorlesungen in Vorbereitung auf den Studien-

start 2016. In Kooperation mit dem ZfL wurde ein Fachtag

durchgeführt, wo sich interessierte Lehramtsstudierende

mit naturwissenschaftlichen Fächern einen Tag lang aktiv

mit den Themen „Lernstrategien“ und „Selbstmanage-

ment“ auseinandersetzten.

DIAGNOSTISCHE ABKLÄRUNG, INFORMATION UND EMPFEHLUNGENBei Studierenden, bei denen sich nach der differentialdi-

agnostischen Abklärung herausstellte, dass es sich ent-

weder bei Ihren Anliegen nicht vorrangig um Selbstregu-

lationsprobleme oder Arbeitsstörungen im weitesten Sinn

handelte, wurden ausführliche Informationen und Emp-

fehlungen zum Aufsuchen passender Angebote gegeben.

Z. B. wurde eine psychotherapeutische Behandlung in der

Psychotherapie-Ambulanz empfohlen, in deren Rahmen

dann eventuelle Leistungsprobleme mit bearbeitet wer-

den konnten.

KOLLEGIALE UNTERSTÜTZUNGDes Weiteren wurden zahlreiche reguläre Therapien der

Psychotherapie-Ambulanz, bei denen sich Prokrastination

als zusätzliches Anliegen der studentischen Patienten

herausstellte, durch Supervision der Therapeuten und

durch deren Versorgung mit spezifischem Therapiemate-

rial begleitet.

Außerdem erhielten wir Anfragen von 37 Kollegen aus

ganz Deutschland mit der Bitte um Informationen und

Material.

A uch in diesem Jahr haben die Studierenden der

Westfälischen Wilhelms-Universität Münster,

die unter gravierenden Leistungs- und Selbstre-

gulationsstörungen, v. a. in Form von Prokrasti-

nation (behandlungsbedürftigem Aufschiebeverhalten) lei-

den, die speziellen Behandlungs- und Trainingsangebote

der Prokrastinationsambulanz sehr gut angenommen.

Unser Angebot besteht im Einzelnen aus einem umfassen-

den, im Internet niederschwellig zugänglichen Selbsttest,

einer systematischen psychopathologischen Diagnostik

und aus darauf aufbauenden gezielten Interventionen.

Diese sind insgesamt auf die Verbesserung der Selbststeu-

erungskompetenzen und speziell auf die Reduktion der

Prokrastination ausgerichtet. Das Setting variiert je nach

Schwere und Art der Arbeitsstörung zwischen Einzel- und

Gruppentrainings und individuellen Beratungen.

Im April 2016 wurde die Prokrastinationsambulanz auf

Initiative der Studierendenvertreter als eines von zwei

„Best-Practice“-Beispielen geehrt. Die Studierenden be-

SPEZIALAMBULANZEN

JAHRESBERICHT 201608

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2016

11JAHRESBERICHT 2016 PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ10

Neben einer Rückmeldung zu Trainerverhalten und Ge-

samteindruck des Trainings geben die Teilnehmer ein

Urteil zu den einzelnen Modulen „Pünktlich Beginnen“,

„Realistisch Planen“ und dem eingesetzten „Arbeits-

tagebuch“ ab. Im Anschluss besteht die Möglichkeit in

Freitextantworten die persönlichen Erfahrungen im Trai-

ning zurückzumelden.

Es liegen Daten von 59 der insgesamt 66 Teilnehmer aus

dem Training vor, welche im Folgenden berichtet werden.

Durchschnittlich bewerteten die Teilnehmer (57, 2 feh-

lende Angaben) das Training auf einer Schulnoten-Skala

von 1–6 mit 1,65.

EVALUATION

Alle Studierenden, die an den hier beantragten Maßnah-

men teilnehmen, werden mit standardisierten Messinstru-

menten zu ihrer Arbeitsstörung befragt. Diese Befragung

wird für eine fortlaufende Evaluation der Interventionen

verwendet. Die Wirksamkeit der Behandlung im Vorher-

Nachher-Vergleich wurde von Anfang an auf diese Weise

kontinuierlich überprüft und in wissenschaftlichen Pu-

blikationen belegt (Höcker, Engberding, Beißner & Rist,

2008; Höcker, 2010; Höcker, Engberding, Haferkamp &

Rist, 2012; Höcker, Engberding & Rist, 2013). Die erziel-

ten Effektstärken sind erheblich besser, als die anderer

in der Literatur beschriebener Interventionen gegen Pro-

krastination und auch gegen Selbstregulationsprobleme

im weiteren Sinne.

PUBLIKATIONEN & ÖFFENTLICHKEITSARBEIT:

> Publikation: > Höcker, A., Engberding, M. & Rist, F. (2017). Heute fange

ich wirklich an! Prokrastination und Aufschieben über-

winden – Ein Ratgeber. Göttingen: Hogrefe.

Die Mitarbeiter der Prokrastinationsambulanz waren auf

unterschiedlichen Kongressen mit Workshops, Vorträgen

und Postern vertreten:

> Workshop zu unserem Behandlungsangebot auf dem Jahreskongress Psychotherapie in Bochum

> Sichtbarkeit unserer Angebote durch Poster auf Kongressen:

> Förster, S., Höcker, A., Engberding, M. & Rist, F. (2016).

Prokrastination jenseits der Uni?! - pathologisches Auf-

schieben bei Studierenden und Berufstätigen. Poster

präsentiert auf dem 34. Symposium der Fachgruppe für

Klinische Psychologie und Psychotherapie der Deut-

schen Gesellschaft für Psychologie (DGPs), 04.–07. Mai

2016, Bielefeld.

> Haferkamp, J., Höcker, A., Engberding, M. & Rist, F.

(2016). Zwanghaft und trotzdem prokrastinieren? – Pro-

krastination, „Zwanghaftigkeit“, Versagensangst und

Stresserleben. Poster präsentiert auf dem 34. Symposi-

um der Fachgruppe für Klinische Psychologie und Psy-

chotherapie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie

(DGPs), 04.–07. Mai 2016, Bielefeld.

> Presse & Öffentlichkeitsarbeit: > u. a. für Zeit-Campus, Uni-SPIEGEL, FAZ, Westfälische

Nachrichten, WDR, NDR

> Stand auf der Gremien- und Initiativenmesse der Uni-

versität Münster

EVALUATION DER ANTI-PROKRASTINATIONSTRAININGS – WIE HILFREICH WURDEN DIE TRAININGS EMPFUNDEN?

Im Jahre 2016 wurden insgesamt 11 Anti-Prokrastinations-Gruppentrainings durchgeführt, welche mit Hilfe eines

Rückmeldebogens evaluiert wurden. In diesem 58 Fragen umfassenden Evaluationsbogen werden die Teilnehmer

aufgefordert, die verschiedenen Komponenten des Trainings zu bewerten:

Das Team der Prokrastinationsambulanz v. l.: Prof. Dr. Ulrike Buhlmann, Dipl.-Psych. Margarita Engberding, Dipl.-Psych. Stephan Förster, Dipl.-Psych. Julia Haferkamp

SPEZIALAMBULANZEN SPEZIALAMBULANZEN

Das angebotene Anti-Prokrastinationstraining setzt sich

aus den Modulen „Pünktlich Beginnen“, „Realistisch Pla-

nen“ und dem „Arbeitstagebuch“ zusammen.

Im ersten Modul „Pünktlich Beginnen“ wird neben Psy-

choedukation eine Ritualtechnik vermittelt, um die Ein-

haltung der Startzeit von Lerneinheiten zu erleichtern. Auf

einer Skala von 1 („stimme voll zu“) bis 5 („stimme gar

nicht zu“) gaben 89,8 % (53 Personen) an, dass sie die Me-

thode „Pünktlich Beginnen“ als hilfreich empfanden und

zukünftig in ihren Lernalltag integrieren wollen. Insgesamt

gaben 72,5 % (42 von 58 Personen; 25,9 % „stimme voll

zu“ und 46,6 % „stimme eher zu“) an, dass das Modul ihre

Lernmotivation gefördert hat. Eine bessere Strukturierung

des Lernverhaltens berichteten 64,4 % (38 Personen).

sehr gut

gut

berfriedigend

ausreichend

mangelhaft

ungenügend

Stimme voll zu

Stimme eher zu

Stimme weder voll noch gar nicht zu

Stimme eher nicht zu

Stimme nicht zu

38,6 %

69,5 %57,9 %

23,7 %

3,5 % 6,8 %

Abb. 1: Welche Schulnote (1–6) würden Sie dem Training insgesamt geben?

Abb. 2: Das Training insgesamt hat mir hilfreiche Erkenntnisse vermittelt, die ich in meinem Lernalltag anwenden kann.

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2016

13JAHRESBERICHT 2016 PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ12

gesetzt. Von den 59 Teilnehmern empfanden 66,1 %

(39 Personen) das Arbeitstagebuch als hilfreich, um ihr

Lernen zu strukturieren.

Aus den Freitextfeldern ist hervorzuheben, dass insbe-

sondere die Atmosphäre in den Gruppen und zwischen

den Trainern und Teilnehmern, sowie die Erkenntnis, mit

der Aufschiebeproblematik nicht alleine zu sein, als

sehr positiv und hilfreich empfunden wurden.

Die gewonnenen Hinweise durch die Teilnehmerrückmel-

dungen werden genutzt, das Angebot fortlaufend zu ver-

bessern. So ist für 2017 beispielweise die Neugestaltung

der Online-Version des Arbeitstagebuchs geplant.

Die Inhalte des zweiten Moduls „Realistisch Planen“

zielen darauf ab, die Ausführungswahrscheinlichkeit

einer Lerneinheit aufgrund detaillierter und realis-

tischer Planung zu erhöhen. Hierbei konnten sich

94,9 % (56 Personen) auch nach Beendigung des Trai-

nings eine Integration der Methode in ihren Lern-/Ar-

beitsalltag vorstellen. Eine Verbesserung der Lernmo-

tivation beobachteten 69,5 % (41 Personen) bei sich.

Von den Teilnehmern stimmten 74,5 % einer verbes-

serten Strukturierung ihres Lernverhaltens voll bzw.

eher zu.

Zusätzlich wird im Training ein „Arbeitstagebuch“ zur

Förderung der Reflektion eigenen Lernverhaltens ein-

SPEZIALAMBULANZEN SPEZIALAMBULANZEN

NEUERSCHEINUNG: RATGEBER ZUM THEMA PROKRASTINATION

Das Autorenteam Anna Höcker, Margarita Engberding und

Fred Rist hat im Jahr 2016 einen Ratgeber mit dem Titel

„Heute fange ich wirklich an! Prokrastination und Auf-

schieben überwinden – ein Ratgeber“ entwickelt, welcher

im Hogrefe-Verlag publiziert wurde. Auf 142 Seiten klärt

dieser Ratgeber Betroffene darüber auf, unter welchen

Bedingungen Prokrastination entsteht und wie man damit

aufhören kann. Er enthält ein Anti-Prokrastinations-Pro-

gramm mit konkreten Anleitungen zur Selbstbeobachtung

und Selbststeuerung, mit Hilfe derer die Leser aus ihrem

individuellen Störungsmodell Strategien zur Verhaltens-

änderung ableiten und umsetzen können. Die Betroffenen

werden angeleitet, ihre Arbeitszeiten und ihr Arbeitspen-

sum realistisch zu planen, rechtzeitig mit der Bearbeitung

von Aufgaben zu beginnen und stabile, effektive Arbeits-

gewohnheiten zu entwickeln. Eine CD-ROM mit zahlrei-

chen Arbeitsmaterialien unterstützt bei der Umsetzung

der Strategien im Alltag.

Literatur: Höcker, A., Engberding, M. & Rist, F. (2017). Heute fange ich wirklich an! Prokrastination und Aufschieben überwinden – Ein Ratgeber. Göttingen: Hogrefe.

Pünktlich Beginnen Realistisch Planen Arbeitstagebuch

27,1 %

30,5 % 30,5 %

6,8 %5,1 %

33,9 %35,6 %

18,6 %

6,8 %5,1 %

60 %

50 %

40 %

30 %

20 %

10 %

0 %

39,0 %

32,2 %

16,9 %

5,1 %6,8 %

Abb. 3: Dieser Themenblock hat mir geholfen, mein Aufschiebeverhalten zu verringern.

Stimme voll zu

Stimme eher zu

Stimme weder voll noch gar nicht zu

Stimme eher nicht zu

Stimme nicht zu

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2016

15JAHRESBERICHT 2016 PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ14

SPEZIALAMBULANZEN

14 JAHRESBERICHT 2015 14

Obwohl etwa 1,9 % der Bevölkerung unter einer KDS lei-

den, ist dieses Störungsbild sowohl im Versorgungs-

system als auch bei Betroffenen selbst noch wenig be-

kannt. Bis zu einer evidenzbasierten psychotherapeu-

tischen oder psychopharmakologischen Behandlung

vergeht daher viel Zeit, in der sich die Symptomatik ver-

schlechtern kann. Demnach besteht ein dringender Bedarf

an störungsspezifischen Informations- und Behandlungs-

angeboten. In der KDS-Ambulanz wurde ein Online-Selbst-

test entwickelt (aufrufbar unter www.kds-muenster.de), in

dem Teilnehmer ein individualisiertes Feedback zum Aus-

maß der Sorgen um das Aussehen sowie Informationen

über die Diagnostik und Behandlung der KDS erhalten.

SPEZIALAMBULANZEN

JAHRESBERICHT 201614

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

78,6 %

57,7 %

34,5 %

27,4 %21,4 %

18,5 %13,7 %

Recherche nach Informationen/Tipps

Recherche nach kosmetischen und/oder chirurgischen behandlungen

Psychotherapie

Psychopharmaka

Selbsthilfeliteratur

Hausarzt

stationärer Psychiatrieaufenthalt

SPEZIALAMBULANZEN

NEUES AUS DER KDS-AMBULANZ 2016 SPEZIALAMBULANZ FÜR KÖRPERDYSMORPHE STÖRUNGEN

Das Team der KDS-Ambulanz v.l.: Prof. Dr. Ulrike Buhlmann, Dipl.-Psych. Anne Möllmann

Die KDS-Ambulanz ist auf die Diagnostik, Bera-

tung, Therapie und Erforschung der Körperdys-

morphen Störung (KDS) spezialisiert. Dazu bie-

tet das Team der KDS-Ambulanz einerseits eine

Spezialsprechstunde sowie diagnostische Sitzungen für Er-

wachsene und Jugendliche an, die von einer KDS betroffen

sind oder das Vorliegen einer KDS vermuten. Andererseits

ist die KDS-Ambulanz an Austausch und Kooperationen mit

KollegInnen interessiert, um das therapeutische Angebot

für Betroffene zu erweitern. Für das Therapeutenteam an

der PTA sowie interessierte FachkollegInnen bietet die KDS-

Ambulanz Super- und Intervision an.

DAS KDS-NETZWERKIm Jahr 2016 wurde im Zusammenschluss mit weiteren

KDS-Ambulanzen und Arbeitsgruppen in Deutschland ein

KDS-Netzwerk gegründet mit dem Ziel, Diagnostik- und

Behandlungsprozesse zu verbessern und gemeinsame For-

BEHANDLUNGSSITUATION UND -BARRIEREN VON BETROFFENEN MIT EINER KDS IN DEUTSCHLAND

Der Selbsttest wird durchschnittlich von 30 Personen pro

Woche angeklickt. 334 Personen aus Deutschland haben

zwischen Februar 2016 und Februar 2017 der Nutzung ih-

rer anonymisierten Daten zugestimmt. Nach Ausschluss

der 142 Teilnehmer, die mehrere Symptome einer Essstö-

rung angegeben hatten, bestand bei 168 Personen der

Verdacht auf eine KDS. Nur ein Fünftel dieser Personen

berichtete, bereits die Diagnose KDS von einem professi-

onellen Behandler erhalten zu haben; 27,4 % berichteten

von medikamentösen sowie 34,5 % von psychotherapeu-

tischen Behandlungen (s. Abb. 1).

Aktuelle Ergebnisse des Online-Selbsttests der KDS-Ambulanz (Johanna Schulte & Ulrike Buhlmann)

schungsprojekte anzustoßen. Neben der KDS-Ambulanz

aus Münster sind in dem Netzwerk die KDS-Ambulanz der

TU Braunschweig (Dr. Anja Grocholewski, Prof. Dr. Nina

Heinrichs) sowie die Arbeitsgruppen um Prof. Dr. Andrea

Hartmann (Osnabrück), Dr. Ines Kollei (Bamberg) und Prof.

Dr. Alexandra Martin (Wuppertal) und Dr. Viktoria Ritter

(Frankfurt a. M.) vertreten.

FORSCHUNGSPROJEKTENeben Angeboten zur Diagnostik und Therapie der KDS

möchten wir auch einen Beitrag zur Verbesserung der The-

rapiemöglichkeiten leisten. Daher finden in der KDS-Ambu-

lanz in enger Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof.

Dr. Ulrike Buhlmann verschiedenen Forschungsprojekte

statt, die zu einem besseren Verständnis der Entstehung,

Aufrechterhaltung und Behandlung der KDS führen sollen.

Im Jahr 2016 wurden dazu verschiedene Studien durchge-

führt, von denen wir drei beispielhaft vorstellen möchten.

Abb. 1: Haben Sie schon einmal etwas gezielt gegen Ihre Sorgen um das Aussehen unternommen?

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2016

17JAHRESBERICHT 2016 PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ16

SPEZIALAMBULANZENSPEZIALAMBULANZEN

SWAP: EIN ONLINE-TRAINING BEI KÖRPERUNZUFRIEDENHEIT

Fanny Dietel & Ulrike Buhlmann

Die negative Interpretation mehrdeutiger Situationen

spielt bei der Aufrechterhaltung der KDS eine wichtige

Rolle. In vorherigen Studien konnten wir zeigen, dass die-

se Interpretationsprozesse bereits innerhalb einer 15-mi-

nütigen Trainingssitzung veränderbar sind. Doch eignet

sich ein solches sog. „Interpretationsmodifikationstrai-

ning“ (kurz: Interpretation Bias Modification, IBM) als

Präventions- oder ergänzender Therapieansatz bei kör-

perdysmorpher Symptomatik – und wie nachhaltig sind

seine Effekte?

In einer im Jahr 2016 gestarteten Studie bei Studierenden

mit hoher Körperunzufriedenheit prüfen wir derzeit die

Kurz- und Langzeiteffekte eines 8 Sitzungen umfassenden

Trainings gegenüber einer aktiven Kontrollgruppe und ei-

ner Wartelistenbedingung (sog. randomisiert-kontrollier-

te Studie). Um für die TeilnehmerInnen optimal nutzbare

Bedingungen zu schaffen, bieten wir das Training online

an. TeilnehmerInnen können so flexibel trainieren und

werden im Trainingsablauf durch ProjektkoordinatorInnen

begleitet. Dies ist zukünftig vorteilhaft, wenn das Training

vor, während oder nach einer Therapie PatientInnen mit

körperdysmorpher Symptomatik zur Verfügung gestellt

werden soll. Neben dem Wirksamkeitsbeleg sollen außer-

dem die Bedingungen erforscht werden, die ein Online-

Training für PatientInnen besonders wirksam und gleich-

zeitig sicher machen können.

Diese Studie liefert wichtige Hinweise für die Weiterent-

wicklung des Online-IBM-Trainings, das in 2017 erstmals

auch für KDS-PatientInnen in einer weiteren klinischen

Trainingsstudie angeboten werden soll.

AINA – AUSSEHEN IST NICHT ALLES

Nora Bürger & Ulrike Buhlmann

Die ersten Anzeichen einer KDS treten häufig im Jugend-

alter auf. Bisher liegen unseres Wissens jedoch keine An-

sätze zur Prävention der KDS vor. Daher begannen wir im

Jahr 2016, ein app-basiertes Programm zur Prävention und

Frühintervention bei Jugendlichen und jungen Erwachse-

nen mit subklinischen körperdysmorphen Symptomen

zu entwickeln. Das Programm, AINA (Aussehen ist nicht

alles), integriert bewährte Methoden aus der kognitiv-

verhaltenstherapeutischen Behandlung der KDS sowie In-

terventionen zu den Themen Selbstwert und Ressourcen.

Vor dem Hintergrund der weiten Verbreitung von Smart-

phones unter Jugendlichen erscheint eine App als ideales

Medium, um diese Zielgruppe zu erreichen. AINA wurde

in Kooperation mit dem Institut für Informatik der WWU

Münster entwickelt. Mit dem Projekt erhielt Nora Bürger

ein Promotionsstipendium der Studienstiftung des deut-

schen Volkes. Im Rahmen ihrer Promotion wird sie mehre-

re Studien zur Evaluation von AINA durchführen. So sind

Studien zur Benutzerfreundlichkeit, Bewertung der Ge-

staltung und des Inhalts und schließlich zur Überprüfung

der Wirksamkeit geplant. Hierbei soll getestet werden, ob

AINA zu einer Verringerung körperdysmorpher und asso-

ziierter depressiver Symptome ebenso wie zu einer Erhö-

hung der Körperzufriedenheit, des Selbstwerts und der

durch das Körperbild beeinflussten Lebensqualität führt.

Ein wirksames Präventionsprogramm könnte eine wert-

volle erste Hilfestellung auf individueller Ebene sein und

könnte potenziell eine Psychotherapie ergänzen.

Als Gründe gegen entsprechende Behandlungen wur-

den vor allem Scham aufgrund des Aussehens und

des Behandlungsbedarfs sowie Zweifel an einem

möglichen Behandlungserfolg angegeben (s. Tab. 1).

22,6 % der Teilnehmer ließen bereits mindestens eine

kosmetische Operation durchführen, jedoch nur jeder

Fünfte von ihnen berichtete mit dem Ergebnis zufrie-

den zu sein.

Auch wenn die Ergebnisse durch die Angaben im Selbst-

bericht limitiert sind, verdeutlichen sie die unzureichen-

de Behandlungssituation von Betroffenen mit einer KDS.

Die zahlreichen Teilnahmen am Selbsttest zeigen den

Bedarf an niedrigschwelligen Informationsangeboten.

Der Selbsttest ist eine erste geeignete Möglichkeit, um

existierenden Behandlungsbarrieren bei Betroffenen mit

einer KDS zu begegnen. Sowohl bei Betroffenen als auch

Behandlern erscheint es notwendig das Bewusstsein für

die Diagnose und Behandlung der KDS zu stärken.

GRUND GEGEN EINE BEHANDLUNG Prozent (%)

Ich schäme mich für meine Sorgen um mein Aussehen. 44,6

Ich fühle mich unwohl dabei, mit einem Behandler über meine Sorgen um mein Aussehen zu sprechen. 35,7

Ich möchte meine Probleme selbst in den Griff bekommen. 31,5

Ich bin mir unsicher, ob ich eine Behandlung wirklich benötige. 27,4

Ich schäme mich dafür, dass ich Hilfe brauche. 26,8

Ich weiß nicht, an wen ich mich wenden kann. 26,2

Mir können nur kosmetische oder medizinische Behandlungen helfen. 25,0

Meine Probleme würde sowieso niemand verstehen. 25,0

Ich denke nicht, dass mir eine Behandlung helfen kann. 20,2

Ich bin besorgt darüber, was andere Leute denken würden, wenn sie wüssten, dass ich in Behandlung bin. 19,0

Abb. 2: Die 10 häufigsten Gründe gegen eine psychotherapeutische und/oder psychopharmakologische Behandlung (Zustimmung in Prozent, Mehrfachnennungen möglich)

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2016

19JAHRESBERICHT 2016 PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ18 PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ

SPEZIALAMBULANZEN

Die Zwangsstörungsambulanz bietet seit Herbst

2015 eine Spezial-Sprechstunde, Diagnostik

und Therapie bei Zwangsstörungen an. Wir in-

formieren zudem Betroffene und Interessierte

über Zwangsstörungen sowie über Behandlungsoptionen

(Näheres unter zwang.uni-muenster.de). Außerdem begrü-

ßen wir den Austausch und die Intervision mit Fachkollegen

und -kolleginnen, die sich für die Behandlung von Zwangs-

störungen interessieren. Das Team der Zwangsstörungsam-

bulanz besteht neben Prof. Ulrike Buhlmann (Leitung) und

Dr. Claudia Schulz (Koordination) aus mehreren Diagnosti-

kern und Therapeuten, die eng zusammenarbeiten.

NEUES AUS DER ZWANGS-STÖRUNGS- AMBULANZ 2016

FORSCHUNGSPROJEKTEDie Forschungsfragen der Zwangsstörungsambulanz zie-

len auf ein verbessertes Verständnis der Störung sowie auf

eine Optimierung der Behandlungsmöglichkeiten mithilfe

der Kognitiven Verhaltenstherapie. Zu diesem Zweck sollen

in Zukunft kontrollierte Therapiestudien durchgeführt wer-

den. Außerdem gibt es zurzeit mehrere Projekte, die sich

mit Aufmerksamkeitsprozessen, Fehler- und Feedbackver-

arbeitung und Metakognitionen in der Entstehung und Auf-

rechterhaltung von Zwangsstörungen beschäftigen.

ZUM UMGANG MIT AUFDRINGLICHEN GEDANKEN BEI DER ZWANGS- STÖRUNG – ZWEI BEHANDLUNGS-STRATEGIEN IM VERGLEICH

Promotionsprojekt von Charlotte Jürgens und Christian Rupp,

betreut von Dr. Fabian Andor und Prof. Dr. Ulrike Buhlmann

Trotz der häufig nachgewiesenen guten Wirksamkeit der

Exposition mit Reaktionsverhinderung, die bei der Zwangs-

störung die Methode der ersten Wahl darstellt, erscheint

aufgrund der oft schwierigen Compliance und der nicht

zu vernachlässigenden Zahl von Non-Respondern die

Weiterentwicklung der bisherigen Therapiemethoden loh-

nenswert. Neben der kognitiven Therapie, bei welcher der

Fokus auf der Veränderung der Interpretationen intrusiver

Zwangsgedanken liegt und auf deren Wirksamkeit bei der

Behandlung von Zwangsstörungen bereits einige Studien

hinweisen, stellt die metakognitive Therapie nach Wells

(2011) einen weiteren Therapieansatz dar. Im Rahmen der

metakognitiven Therapie stehen die Veränderung der Be-

ziehung der Patienten zu ihren Gedanken und damit die

Modifikation dysfunktionaler Metakognitionen (z.B. „Ich

muss meine Gedanken kontrollieren können“) im Vorder-

grund. Diverse Studien scheinen auf die Wirksamkeit die-

ser Therapieform bei der Behandlung von Zwangsstörun-

gen hinzuweisen, wobei jedoch auffällt, dass die in den

verschiedenen Studien angewandten Therapieprogramme

jeweils aus einer Reihe verschiedener Einzeltechniken

bestehen, sodass kein Rückschluss auf die Wirksamkeit

spezifischer Einzelinterventionen gezogen werden kann.

Im Rahmen der metakognitiven Therapie wird der Technik

der Detached Mindfulness eine besondere Bedeutung zu-

gesprochen, wodurch die Beziehung der Patienten zu ihren

Gedanken und dadurch auch die Bedeutung, die sie ihren

Gedanken zuschreiben, verändert werden soll. Bislang

gibt es kaum aussagekräftige Studien, die die Wirkung von

Detached Mindfulness als Einzelintervention bei der Re-

duktion von Zwangssymptomatik belegen. Ferner ist noch

weitgehend unklar, inwieweit sich die Wirksamkeit und

die Wirkmechanismen von kognitiven und metakognitiven

Interventionen unterscheiden. In der geplanten Interventi-

onsstudie soll daher die Detached Mindfulness hinsichtlich

ihrer Wirksamkeit und ihrer Wirkmechanismen mit einer

Das Team der Zwangsstörungsambulanz v. l.: Prof. Dr. Ulrike Buhlmann, Dr. Claudia Schulz

SPEZIALAMBULANZEN

JAHRESBERICHT 201618

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2016

21JAHRESBERICHT 2016 PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ20 PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ

SPEZIALAMBULANZEN SPEZIALAMBULANZEN

auf klassischen Disputationstechniken basierenden kogni-

tiven Intervention verglichen werden. Beide Interventionen

umfassen 4 Doppelsitzungen, die innerhalb von 2 Wochen

stattfinden. Zur Sammlung ökologisch valider Daten zur

Veränderung der Symptomatik und der Anwendung von

im Rahmen der Intervention erlernten Techniken wird die

Intervention zudem um eine Erhebung mit der Methodik

des Ecological Momentary Assessment (EMA) ergänzt, um

anders als in klassischen Interventionsstudien auch Sym-

ptomveränderungen im Alltag der PatientInnen zu unter-

suchen. Der Fokus liegt hierbei auf dem Prä-Post-Vergleich

bzgl. der Häufigkeit dysfunktionaler vs. im Rahmen der

Therapie neu erlernter (kognitiver oder metakognitiver) Re-

aktionsweisen auf intrusive Zwangsgedanken. Beide EMA-

Erhebungsphasen umfassen jeweils 4 Tage und finden vor

der ersten und nach der letzten Interventionssitzung statt.

Angestrebt wird eine Probandenzahl von 60 PatientInnen

mit Zwangsstörung, von denen die Hälfte zunächst einer

Wartelistenkontrollgruppe und dann im Anschluss einer

der beiden Interventionsbedingungen zugewiesen wird.

1 2 3 4 5 6 7

Gar nicht Immer

WIE HÄUFIG HATTEN SIE IM ZEITRAUM SEIT DEM LETZTEN SIGNAL ZWANGSGEDANKEN?

1 2 3 4 5 6 7

Gar nicht Sehr

WIE SEHR FÜHLTEN SIE SICH DURCH ZWANGSGEDANKEN, DIE IM ZEITRAUM SEIT DEM LETZTEN SIGNAL AUFGETRETEN SIND, BELASTET?

><

DEUTSCHE ÜBERSETZUNG DES INTERNATIONAL INTRUSIVE THOUGHTS INTERVIEW SCHEDULE (IITIS) UND VALIDIERUNG AN ZWEI STICHPROBEN

Dr. Anna Vossbeck-Elsebusch, Anna L. Platzbecker,

Teresa Ilse, Olivia Weber, Elena Heising, Mona Klocke

und Prof. Dr. Ulrike Buhlmann

Kognitive Modelle der Zwangsstörung basieren auf der An-

nahme, dass gelegentliche ungewollte und unangenehme

aufdringliche Gedanken zum normalen Gedankenablauf

gehören (Salkovoskis, 1985; Rachman, 1997). Radomsky

et al. (2014) entwickelten das „International Intrusive

Thoughts Interview Schedule“, um in einem halbstruktu-

rierten Interview mit einer Dauer von 45 bis 60 Minuten

eine valide Erfassung von intrusiven Gedanken zu ermög-

lichen. Das Interview wurde bereits in 6 Sprachen über-

setzt und validiert. Bislang lag jedoch noch keine deutsche

Version vor und es fehlten Daten zur Interrater-Reliabilität

sowie Informationen zum Einfluss einer Videoaufzeichnung

auf die Auskünfte über intrusive Gedanken. Außerdem

sollten Stichprobeneffekte auf die Interviewbeantwortung

erhoben werden. Hierbei war zum einen der Einfluss von

Vorwissen von Interesse, sodass an der Studie Psycholo-

giestudierende teilnahmen. Zum anderen sollte der Ein-

fluss einer Entbindung in den 12 Monaten auf die Auftre-

tenshäufigkeit von aufdringlichen Gedanken untersucht

werden (Studie 2).

Zunächst wurde das Interview durch Muttersprachler ins

Deutsche übersetzt. Die Rückübersetzung dieser Version

ins Englische wurde anschließend im Hinblick auf Sinn-

verzerrungen überprüft. In Studie 1 wurde das Interview

entweder mit oder ohne Videoaufzeichnung an 65 Psycho-

logiestudierenden durchgeführt, in Studie 2 an 18 Frauen

nach einer Entbindung in den letzten 12 Monaten sowie 18

kinderlosen Kontrollpersonen. Es zeigte sich, dass 97 %

der Probanden in Studie 1 sowie 100 % der Probanden in

Studie 2 mindestens einen intrusiven Gedanken berichte-

ten. Die meisten Teilnehmer der Studierendenstichprobe

gaben wöchentliche aufdringliche Gedanken an, unter de-

dere in neuronalen Korrelaten der Handlungsüberwachung

zeigt. In unserer Studie sollte nun untersucht werden, in-

wiefern dies durch einen sozialen Kontext moduliert wird

und ob dies spezifisch für die Zwangsstörung gilt. Aus

diesem Grunde wurde die Studie hier bei Teilnehmern mit

einer Sozialen Angststörung durchgeführt. Hier zeigte sich

hypothesenkonform eine stärkere Fehlerverarbeitung bei

sozialer vergleichen mit neutraler Leistungsrückmeldung.

Dieser Effekt trat jedoch im gleichen Ausmaß bei Teilneh-

merInnen mit und ohne Soziale Angststörung auf. Ob der

soziale Kontext einen besonderen Einfluss bei Teilneh-

merInnen mit Zwangsstörungen hat, muss in Folgestudien

untersucht werden.

nen sie in einem mäßigen Ausmaß litten. Auch unter Video-

aufzeichnung gaben die Teilnehmer nicht weniger intrusive

Gedanken an, obwohl sie berichteten, etwas weniger offen

gewesen zu sein. Die Interrater-Reliabilität über alle Video-

aufzeichnungen war sehr hoch. Das Vorwissen der Psycho-

logiestudierenden (Studie 1) korrelierte signifikant mit der

Häufigkeit intrusiver Gedanken, der Belastung durch intru-

sive Gedanken sowie mit dem Einsatz von Kontrollstrategi-

en. Frauen mit und ohne Entbindung (Studie 2) unterschie-

den sich hingegen weder signifikant in der Gesamtzahl

intrusiver Gedanken noch in der Belastung durch diese.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass intrusive Ge-

danken in unseren Stichproben wie in der internationalen

Forschung als ein nahezu jeden betreffendes Phänomen

darstellen. Das Interview bietet eine reliable Möglichkeit,

Intrusionen unterschiedlicher Inhaltsbereiche, Belastung

und Kontrollversuche detailliert zu erfassen. Ein Vorteil

liegt in der Vergleichbarkeit der Interviewversionen, die in

der internationalen Forschung eingesetzt werden. In pros-

pektiven Studien sollte nun geprüft werden, inwieweit sich

beispielsweise die im Interview angegebene Häufigkeit,

Belastung oder Kontrollstrategien tatsächlich als valide

Risikofaktoren für das spätere Ausbilden einer Zwangsstö-

rung herausstellen.

NEURONALE KORRELATE VERÄNDER-TER HANDLUNGSÜBERWACHUNG ALS MÖGLICHER ENDOPHÄNOTYP DER ZWANGSSTÖRUNG

In einer gerade abgeschlossenen Studie unter der Betreu-

ung von Dr. Claudia Schulz, die in Kooperation mit Prof. Dr.

Tanja Endrass (Universität Dresden) durchgeführt wurde,

wurden im Rahmen mehrerer Abschlussarbeiten neurona-

le Korrelate der Fehler- und Feedbackverarbeitung mittels

Elektroenzephalografie (EEG) erfasst. Eine Veränderung

der Handlungsüberwachung wird als möglicher Endophä-

notyp der Zwangsstörung diskutiert und wurde hier zu-

nächst an einer Kontrollgruppe mit Sozialer Angststörung

untersucht. Es ist bereits bekannt, dass Personen mit einer

Zwangsstörung sensitiver auf eigene Fehler sowie auf da-

mit verbundenes Feedback reagieren, was sich insbeson-Abb. 1: Symbolbild EMA

Abb. 2: Ereigniskorrelierte Potenziale im EEG bei Gesunden (HC, links) und Patienten mit Sozialer Angststörung (SAD, rechts). Markiert ist hier die error related negativity (ERN), die in Reaktion auf eigene Fehler deutlich größer ist als in Reaktion auf korrekte Antworten. Dieser Effekt ist in beiden Teilnehmergruppen größer, wenn das Feedback anhand eines sozialen Stimulus (emotionales Gesicht) anstelle eines Symbols (Standard- Bedingung) gegeben wurde.

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2016

23JAHRESBERICHT 2016 PSYCHOTHERAPIEAMBULANZ22

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PUBLIKATIONEN VON PTA-MITARBEITERN AUS DEM JAHR 2016

PUBLIKATIONEN

Neben den an der PTA tätigen approbierten Psychologi-

schen PsychotherapeutInnen werden die meisten The-

rapien in der PTA von Psychologen und Psychologinnen

durchgeführt, die sich in der Ausbildung zum Psycholo-

gischen Psychotherapeuten am IPP Münster - Institut für

Psychologische Psychotherapieausbildung an der WWU

Münster - befinden. Am Stichtag 31.12.2016 befanden sich

72 TherapeutInnen (55 Frauen, 17 Männer) am IPP in der

Ausbildung und führten in der PTA Therapien durch. Die

Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten am

IPP Münster gibt es seit dem Wintersemester 1999/2000.

Bis Ende 2016 haben 215 AusbildungsteilnehmerInnen

die staatliche Abschlussprüfung erfolgreich abgeschlos-

sen und die Approbation zum Psychologischen Psycho-

DIE AUSBILDUNG ZUM PSYCHOLOGISCHEN PSYCHOTHERAPEUTEN AM IPP

Kampmann, I. L., Emmelkamp, P. M. G., & Morina, N. (2016).

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Efficacy and mechanisms of imagery rescripting and imaginal

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therapeuten erhalten. Ein erfreulich großer Teil der Thera-

peutInnen nutzt die Möglichkeit der Doppelqualifikation

aus Approbation und Promotion, deren Förderung ein be-

sonderes Angebot des IPP Münster ist. In enger Zusam-

menarbeit mit anderen Arbeitseinheiten der Psychologie

und Medizin, insbesondere denen der Klinik für Psychia-

trie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Müns-

ter sowie des Instituts für Medizinische Psychologie und

Systemneurowissenschaften konnten bisher 81 Ausbil-

dungsteilnehmerInnen während oder nach Abschluss der

Ausbildung am IPP ihre Promotion abschließen. Momen-

tan arbeiten ca. 30 aktuelle oder ehemalige Ausbildungs-

teilnehmerInnen an einer Promotion.

SPEZIALAMBULANZEN

Zweigstelle der PTA in der Schorlemerstraße 26, direkt am Bahnhof

Page 14: JAHRESBERICHT 2016 - uni-muenster.de · Ulrike Buhlmann übernimmt er die wissenschaftliche Lei-tung der Psychotherapieambulanz und komplettiert so unser Leitungsteam. Durch seine

2016

JAHRESBERICHT 201624

> E. Alex

> C. Alt

> K. Alt

> K. Anneken

> F. Andor

> T. Andor

> C. Auffenberg

> C. Beckmann

> J. Beyer

> A. Bieda

> J. Böhnlein

> K. Bölte

> M. Brand

> F. Breuer

> A.-K.

Bröckelmann

> C. Bürger

> K. Burmeister

> K. O. Burmeister

> B. Christians

> T. Deres

> F. Dietel

> K. Dohm

> I. Drenckhan

> C. Dusend

> C. Eden

> L. Egbers

> M. Eickelmann

> M. Engberding

> A. Engell

> V. Enneking

> K. Feldker

> F. Fey

> K. Förster

> A. J. Geburek

> N. Griggel

> T. Große

> C. Götze

> H. Hackenbruch

> J. E. Haferkamp

> M. Häßelbarth

> C. Heitmann

> P. Hinnersmann

> P. Hintze

> M. Janßen

> A. Johnen

> C. Jürgens

> S. Justa

> S. Kettler

> G. Kießl

> A. Kleß

> L. Klinksiek

> A. Klumparend

> H. Koß

> S. Kühn

> P. Lau

> M. Markwitz

> K. Mayer

> C. Michaelis

> A. Mirau

> A. Möllmann

> C. Muck

> L. Münsterkötter

> M. Müller-

Bardorff

> E. Murray

> J. Nelson

> P. Neumeister

> L. Nohr

> I. Pudritz

> C. Rakel

> C. Raring

> R. Redlich

> M. Redzinski

> F. Roos

> C. Rupp

> I. Sasse

> J. M. Schäfer

> S. Schauenberg

> B. Scholz-

Wiedenbusch

> D. Schreier

> T. Schubert

> J. Schulte

> C. Schulz

> G.-T. Schultze

> M. Schwarz

> J. Schwieren

> J. Seidemann

> S. Seip

> A. Shushakova

> T. Skodzik

> E. Sokolova

> A. Steinhorst

> C. Thielsch

> M. Todorova

> V. Tsenova

> S. Tupak

> R. Voegler

> M. Vom Brocke

> S. Voß

> A. Voßbeck-

Elsebusch

> L. Wahl

> N. Weber

> J. Wehnes

> U. Wiemers

> C. Wilhelm

> H. Wittmann

> A. Wojcik

> B. Wolff

> R. Wunderlich

> D. Zaremba

THERAPEUTEN IM JAHR 2016

Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Fachbereich Psychologie und Sportwissenschaft

– Psychotherapie-Ambulanz –

Praxisstelle für psychologische Therapie und Beratung

Fliednerstr. 21, Pavillon V

48149 Münster

Telefon: 0251 83-34140 | Fax: 0251 83-31333

www.psychotherapie-ambulanz-muenster.de

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THERAPEUTEN

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