kundenbindung- „alles für alle“ ist der falsche weg

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K U N D E N B I N D U N G 28 1 06 KMU plus www.KMUplus-Magazin.de HANDEL + DIENSTLEISTUNG + INDUSTRIE + HANDWERK L ange galt die Investition in das enge und vertrauensvolle Miteinander von Unternehmen und Abnehmern, Dienstlei- stern und Kunden als aufwändig, teuer und unwirtschaftlich. Eine irrige Auffassung, denn Service und Kommunikation werden langfristig einen neuen Stellenwert vor dem reinen Preis- und Leistungsverhältnis einnehmen. Immer vorausgesetzt, das Unternehmen ist bereit, sich bei der Kundenbewertung, der Einschätzung der Entwicklungsmög- lichkeiten und daraus resultierend in Stra- tegien der Kommunikation und damit des Absatzes zu engagieren. Dafür sind zu- nächst keine großen Investitionen nötig, sondern eine Kundenanalyse in drei Schritten. Wer seine Kunden bewerten kann, ist in der Lage, deren weiteres Po- tenzial zu beziffern und kann aus dieser Analyse Strategien für das künftige Han- deln des Unternehmens ableiten. Das erfordert zunächst einiges an Analy- se-Aufwand, liefert dafür aber verlässliche Kennzahlen, die für eine effiziente und ko- stenoptimierte Kommunikations- und Marketing-Planung von Bedeutung sind. Diversifizierung, nicht „alles für alle“ ist das Stichwort. Wer den Kundenwert (Deckungsbeitrag sowie künftiges Potenzial) errechnet, hat die Basis für die künftige Ausrichtung der Kommunikationsstruktur des Unterneh- mens. Die so ermittelten Kennzahlen ge- ben zwar nur grobe Richtwerte, zeigen aber schon deutlich, welche Kommunika- tionswege in der Zukunft für die unter- schiedlichen Kundengruppen angeraten sind. In der Praxis kann das für die Stamm- kunden exklusive Produkte, Dienstleitun- gen oder Events bedeuten, die eine emo- tionale Beziehung zur Firma oder zum Produkt herstellen und die Anbindung an das Unternehmen verstärken. Bei den Po- tenzialkunden heißt das, vor allem über den Preis, sinnvolle Zugaben und komple- mentäre Angebote ihr Interesse zu wecken, um zu einem kontinuierlichen Bestellver- halten zu kommen. Cross-Selling-Angebo- te und angepasste Kaufanreize sollten die- se Klientel bei der Stange halten. Ein besonderes Risiko beinhaltet die Gruppe der vermeintlichen Abschöpfungs- kunden, die einen guten Umsatz generie- ren, vermeintlich gut zu handeln sind, aber dennoch rechnerisch wenig Potenzial bie- ten. Sie sollten mit einem regelmäßigen, leicht abgespeckten Dialog „bei Laune“ gehalten beziehungsweise in eine Online- Kommunikation eingebunden werden. Da- bei ist auch die Frage zu klären, ob das Po- tenzial dieser Kundengruppe in der Ver- gangenheit vielleicht zu niedrig bewertet wurde und damit über einen gezielten Aus- tausch oder Fokusdiskussionen neu akti- viert werden kann. Schwieriger wird es bei den Verzichts- kunden. Wer dort nicht investiert, muss immer die Grenze zum Image-Schaden im Auge behalten. Schnell entsteht beim Kun- den die Frage: „Warum erhalte ich keine Informationen mehr? Bin ich Euch nichts mehr wert?“ Hier können oft schon ein kurzes Gespräch oder eine einfache Post- karte helfen. Der Otto-Versand wandte sich einmal mit einer Postkarte an diese Klientel, deren Tenor sinngemäß lautete: „Sie haben schon länger nichts mehr bei uns gekauft. Sicher haben wir in der Ver- gangenheit etwas falsch gemacht. Wir ha- ben uns verbessert. Testen Sie uns erneut.“ Wenn ein Kunde auch danach nicht rea- giert, will er auch nicht mehr und das Unternehmen kann sich diese Ausgaben für die Zukunft sparen. Wichtiger Vorteil: Der Kunde hat die Beziehung beendet, nicht der Anbieter. Neukunden sollten auf alle Fälle separat behandelt werden. Hier geht es darum, den Kunden so schnell wie möglich vom Erst- zum Zweitkauf zu führen. Viele Firmen in- vestieren deshalb richtigerweise in der An- fangsphase der Kundenbeziehung überpro- portional in Kommunikation und Service, damit sich der Neukunde von Anfang an wohl fühlt. Der Fokus richtet sich dabei darauf, den Kunden in seiner Kaufent- scheidung zu bestätigen und damit einen ersten positiven Eindruck weiter zu ver- stärken. Im nächsten Schritt muss für jede Kun- dengruppe der richtige Kommunikations- mix entwickelt werden – das Multi-Chan- nel-Dialogmarketing. Die wirtschaftlich effizienteste Lösung liegt dabei in einer Kombination von Offline- (Außendienst, Katalog, Brief und anderes) und Online- Angeboten, die sich am Kundenwert und dessen Bedürfnissen orientiert. Im Idealfall verschiebt sich das Verhält- nis zwischen Offline- und Online-Kontak- ten beim Aufbau der Kundenbeziehung sukzessive. Liegt das Verhältnis zwischen Off- und Online-Kontakt bei der Kunden- gewinnung und -qualifizierung noch zu 100 Prozent im Offline-Bereich, kann sich dies bei Stammkunden zu einem Verhältnis von 60 zu 40 Prozent und bei Abschöp- fungskunden bis zu 20 zu 80 Prozent ver- ändern. Ein gezielter Online-Dialog lässt sich aber nicht von heute auf morgen aufbauen. Entscheidendes Kriterium für den Erfolg ist ein schrittweiser Aufbau der Kommuni- kation zwischen Kunden und Unterneh- men. Bei einem Online-Neukunden ist es beispielsweise nicht notwendig, bei der er- sten Bestellung gleich das Alter zu erfra- Kundenbindung „Alles für alle“ ist der falsche Weg Die Kundenbindung ist das Basiskapital jeden Betriebs: Wer seine Schlüs- selkunden effizient betreut, Potenzialkunden erschließt und Gelegenheits- kunden einbindet, bleibt auf diese Weise zukunftsfähig. WICHTIG FÜR Kosten Margen Umsätze GESCHÄFTSPROZESS Forschung und Entwicklung Einkauf Lager und Produktion Verkauf Finanzen Büro und Management wie Sie Ihre Kunden richtig ein- schätzen, wie Sie Ihre Aktivitäten auf die interessanteste Kundengruppe richten, wie Sie auch in den „Nebengrup- pen“ keine Geschäft versäumen. HIER ERFAHREN SIE Offline- und Online-Angebote sinnvoll koppeln Kennzahlen als Richtwerte für die Kommunikation

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Page 1: Kundenbindung- „Alles für alle“ ist der falsche Weg

K U N D E N B I N D U N G

28 1 06KMU plus

www.KMUplus-Magazin.deHANDEL + DIENSTLE ISTUNG + INDUSTRIE + HANDWERK

Lange galt die Investition in das enge

und vertrauensvolle Miteinander von

Unternehmen und Abnehmern, Dienstlei-

stern und Kunden als aufwändig, teuer und

unwirtschaftlich. Eine irrige Auffassung,

denn Service und Kommunikation werden

langfristig einen neuen Stellenwert vor

dem reinen Preis- und Leistungsverhältnis

einnehmen.

Immer vorausgesetzt, das Unternehmen

ist bereit, sich bei der Kundenbewertung,

der Einschätzung der Entwicklungsmög-

lichkeiten und daraus resultierend in Stra-

tegien der Kommunikation und damit des

Absatzes zu engagieren. Dafür sind zu-

nächst keine großen Investitionen nötig,

sondern eine Kundenanalyse in drei

Schritten. Wer seine Kunden bewerten

kann, ist in der Lage, deren weiteres Po-

tenzial zu beziffern und kann aus dieser

Analyse Strategien für das künftige Han-

deln des Unternehmens ableiten.

Das erfordert zunächst einiges an Analy-

se-Aufwand, liefert dafür aber verlässliche

Kennzahlen, die für eine effiziente und ko-

stenoptimierte Kommunikations- und

Marketing-Planung von Bedeutung sind.

Diversifizierung, nicht „alles für alle“ ist

das Stichwort.

Wer den Kundenwert (Deckungsbeitrag

sowie künftiges Potenzial) errechnet, hat

die Basis für die künftige Ausrichtung der

Kommunikationsstruktur des Unterneh-

mens. Die so ermittelten Kennzahlen ge-

ben zwar nur grobe Richtwerte, zeigen

aber schon deutlich, welche Kommunika-

tionswege in der Zukunft für die unter-

schiedlichen Kundengruppen angeraten

sind.

In der Praxis kann das für die Stamm-

kunden exklusive Produkte, Dienstleitun-

gen oder Events bedeuten, die eine emo-

tionale Beziehung zur Firma oder zum

Produkt herstellen und die Anbindung an

das Unternehmen verstärken. Bei den Po-

tenzialkunden heißt das, vor allem über

den Preis, sinnvolle Zugaben und komple-

mentäre Angebote ihr Interesse zu wecken,

um zu einem kontinuierlichen Bestellver-

halten zu kommen. Cross-Selling-Angebo-

te und angepasste Kaufanreize sollten die-

se Klientel bei der Stange halten.

Ein besonderes Risiko beinhaltet die

Gruppe der vermeintlichen Abschöpfungs-

kunden, die einen guten Umsatz generie-

ren, vermeintlich gut zu handeln sind, aber

dennoch rechnerisch wenig Potenzial bie-

ten. Sie sollten mit einem regelmäßigen,

leicht abgespeckten Dialog „bei Laune“

gehalten beziehungsweise in eine Online-

Kommunikation eingebunden werden. Da-

bei ist auch die Frage zu klären, ob das Po-

tenzial dieser Kundengruppe in der Ver-

gangenheit vielleicht zu niedrig bewertet

wurde und damit über einen gezielten Aus-

tausch oder Fokusdiskussionen neu akti-

viert werden kann.

Schwieriger wird es bei den Verzichts-

kunden. Wer dort nicht investiert, muss

immer die Grenze zum Image-Schaden im

Auge behalten. Schnell entsteht beim Kun-

den die Frage: „Warum erhalte ich keine

Informationen mehr? Bin ich Euch nichts

mehr wert?“ Hier können oft schon ein

kurzes Gespräch oder eine einfache Post-

karte helfen. Der Otto-Versand wandte

sich einmal mit einer Postkarte an diese

Klientel, deren Tenor sinngemäß lautete:

„Sie haben schon länger nichts mehr bei

uns gekauft. Sicher haben wir in der Ver-

gangenheit etwas falsch gemacht. Wir ha-

ben uns verbessert. Testen Sie uns erneut.“

Wenn ein Kunde auch danach nicht rea-

giert, will er auch nicht mehr und das

Unternehmen kann sich diese Ausgaben

für die Zukunft sparen. Wichtiger Vorteil:

Der Kunde hat die Beziehung beendet,

nicht der Anbieter.

Neukunden sollten auf alle Fälle separat

behandelt werden. Hier geht es darum, den

Kunden so schnell wie möglich vom Erst-

zum Zweitkauf zu führen. Viele Firmen in-

vestieren deshalb richtigerweise in der An-

fangsphase der Kundenbeziehung überpro-

portional in Kommunikation und Service,

damit sich der Neukunde von Anfang an

wohl fühlt. Der Fokus richtet sich dabei

darauf, den Kunden in seiner Kaufent-

scheidung zu bestätigen und damit einen

ersten positiven Eindruck weiter zu ver-

stärken.

Im nächsten Schritt muss für jede Kun-

dengruppe der richtige Kommunikations-

mix entwickelt werden – das Multi-Chan-

nel-Dialogmarketing. Die wirtschaftlich

effizienteste Lösung liegt dabei in einer

Kombination von Offline- (Außendienst,

Katalog, Brief und anderes) und Online-

Angeboten, die sich am Kundenwert und

dessen Bedürfnissen orientiert.

Im Idealfall verschiebt sich das Verhält-

nis zwischen Offline- und Online-Kontak-

ten beim Aufbau der Kundenbeziehung

sukzessive. Liegt das Verhältnis zwischen

Off- und Online-Kontakt bei der Kunden-

gewinnung und -qualifizierung noch zu

100 Prozent im Offline-Bereich, kann sich

dies bei Stammkunden zu einem Verhältnis

von 60 zu 40 Prozent und bei Abschöp-

fungskunden bis zu 20 zu 80 Prozent ver-

ändern.

Ein gezielter Online-Dialog lässt sich

aber nicht von heute auf morgen aufbauen.

Entscheidendes Kriterium für den Erfolg

ist ein schrittweiser Aufbau der Kommuni-

kation zwischen Kunden und Unterneh-

men. Bei einem Online-Neukunden ist es

beispielsweise nicht notwendig, bei der er-

sten Bestellung gleich das Alter zu erfra-

K u n d e n b i n d u n g

„Alles für alle“ist der falsche WegDie Kundenbindung ist das Basiskapital jeden Betriebs: Wer seine Schlüs-selkunden effizient betreut, Potenzialkunden erschließt und Gelegenheits-kunden einbindet, bleibt auf diese Weise zukunftsfähig.

W I C H T I G F Ü R¢

Kosten

Margen

Umsätze

G E S C H Ä F T S P R O Z E S S¢

Forschung und EntwicklungEinkaufLager und ProduktionVerkaufFinanzenBüro und Management

¢

wie Sie Ihre Kunden richtig ein-

schätzen,

wie Sie Ihre Aktivitäten auf die

interessanteste Kundengruppe

richten,

wie Sie auch in den „Nebengrup-

pen“ keine Geschäft versäumen.

H I E R E R FA H R E N S I E¢

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Offline-und Online-Angebotesinnvoll koppeln

Kennzahlen alsRichtwerte fürdie Kommunikation

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Kurze Vita:- Vorstandsmitglied des DDV und Vorsitzender des Councils Customer Relationship Management CRM (seit 2004) - Beirat, Journalist und Vortragsredner - Geschäftsführender Gesellschafter der CommunDia GmbH (seit 2004) CommunDia GmbH (seit 2004)- Geschäftsführender Gesellschafter von Metzger & Blum GbR – Beratung für CRM und Dialogmarketing (2 Jahre)- E. Breuninger GmbH & Co. (2 Jahre) – Leiter Customer Relationship Management- WEKA Management Fachverlage GmbH (3 Jahre) – Mitglied der Geschäftsleitung sowie Vertriebs- und Marketingleiter- Yves Rocher AG (8 Jahre) – Stellvertretender Bereichsdirektor Marketing-Services – Weitere Stationen und Bereiche: Database Marketing-Statistik, Marketing-Controlling, strategische Unternehmensplanung, Marktforschung, Neukundenwerbung und E-Commerce

Studium der BWL mit Schwerpunkt Studium der BWL mit Schwerpunkt Markt- und Kommunikationsforschung an der Hochschule für Wirtschaft in Pforzheim