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Themen info I/ 2009 Energieforschung kompakt Ein Service von FIZ Karlsruhe Latentwärmespeicher in Gebäuden Wärme und Kälte kompakt und bedarfsgerecht speichern

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Themeninfo I /2009Energieforschung kompakt

Ein Service von FIZ Karlsruhe

Latentwärmespeicherin Gebäuden

Wärme und Kälte kompaktund bedarfsgerecht speichern

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Zur SacheLässt sich Wärme – oder Kälte – direkt in Wänden und Decken speichern? Kann manWärme exakt auf dem Temperaturniveau speichern, auf dem sie später genutzt werdensoll? Und lässt sich der Wärmespeichereffekt zeitlich und in seiner Intensität dosieren? Die Antwort lautet eindeutig: Ja – mit Materialien, die Wärme latent speichern, das heißtauf einem definierten Temperaturniveau und in hoher „Konzentration“. Der englische BegriffPhase Change Materials – kurz: PCM – deutet an, dass es eine Vielzahl von Materialien fürunterschiedliche Temperaturbereiche gibt, mit denen das Wärmemanagement in Gebäudenindividuell auf die jeweiligen Anforderungen zugeschnitten werden kann.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass das Thema Latentwärmespeicher nicht neu ist.Wasser ist bei 0 °C ein klassischer Latentwärmespeicher, der bereits seit vielen Jahren inder Kältetechnik eingesetzt wird. Als Alternative zu den traditionellen Warmwasser-speichern sollten Latentwärmespeicher bereits vor vielen Jahren in die Heizungstechnikeingeführt werden, um das Wärmespeichervermögen deutlich zu erhöhen. Neu ist aller-dings die Idee, Phase Change Materials flächig in Wände und Decken zu integrieren. DasWärmemanagement bzw. die angestrebte Stabilisierung der Raumtemperaturen funktio-niert weitgehend passiv, wenn für das nächtliche Abführen der Wärme per Nachtlüftunggesorgt wird. PCM lassen sich auch sehr gut in thermoaktive Bauteilsysteme integrieren.So erhält man aktive Systeme, mit denen das Wärmemanagement nach Wunsch gesteuertwerden kann. Aufgrund der geringen Temperaturdifferenzen beim Heizen und Kühlenwerden Niedrig-Exergie-Systeme realisierbar, die sich durch einen besonders effizientenUmgang mit den Energieressourcen auszeichnen.

Niedrig-Exergie-Systeme und -Technologien stehen im Fokus von LowEx – einem Schwer-punkt der Forschungsinitiative EnOB des Bundesministeriums für Wirtschaft und Techno-logie (BMWi). Hier werden Systeme für Gebäude, Gebäudetechnik und Energieversorgungentwickelt, die bei der Wärme- und Kälteerzeugung und bei der Wärme- und Kälteverteilungim Raum mit möglichst geringen Temperaturdifferenzen auskommen. Auf diese Weisekönnen auch regenerative Energiequellen genutzt werden – so z. B. die natürliche Kühledes Erdreichs oder des Grundwassers zum Kühlen sowie solare Wärme zum Heizen. EinSchlüssel zu LowEx-Systemen sind Latentwärmespeicher bzw. Phase Change Materials.

Mit diesem Themeninfo präsentieren wir deren Entwicklungsstand, aktuelle PCM-Produkteund Einsatzmöglichkeiten. Hinzu kommt eine fundierte Auswertung erster Pilotprojekte.

Ihre [email protected]

Inhalt3 Phasenübergang puffert Wärme

6 Baustoffe stabilisieren Raumklima

7 Frostschutz für den Apfelbaum

10 Aktives Wärmemanagement

11 Aus der Praxis: Sanierung einer Druckerei

13 Demonstrationsgebäude mit PCM-Kühldecken

14 PCM-Konzepte für die Gebäudetechnik

15 Aus der Praxis: PCM-Lüftungsgerät im Test

17 Im Portrait: Hersteller, Entwickler und Anwender

19 Neuartiges Rückkühlkonzept mit PCM

ISSN1610 - 8302

HerausgeberFIZ Karlsruhe GmbHHermann-von-Helmholtz-Platz 176344 Eggenstein-Leopoldshafen

AutorenDr. Harald Mehling, ZAE BayernDr. Peter Schossig, Fraunhofer ISEDoreen Kalz, Fraunhofer ISE

Fachliche BeratungProf. Dr. Dirk Müller, RWTH Aachen

RedaktionUwe Friedrich

TitelbildGLASSX, Gaston Wicky

Version in EnglischDas Dokument finden Sie unterwww.bine.info.

UrheberrechtEine Verwendung von Text undAbbildungen aus dieser Publi-kation ist nur mit Zustimmung der BINE-Redaktion gestattet.Sprechen Sie uns an.

BINE Informationsdienst wird vomBundesministerium für Wirtschaftund Technologie (BMWi) gefördert.

Impressum

FIZ Karlsruhe, Büro BonnKaiserstraße 185-197, 53113 BonnTel. 0228/92379-0Fax 0228/[email protected]

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3BINE themeninfo I/2009

Phasenübergang puffert WärmeWärmespeicherung ist in vielen Fällen notwendig für den effizienten

Umgang mit Energie. Mit Materialien, die Wärme latent speichern,

sind angepasste Lösungen für viele Anwendungsbereiche möglich.

Entscheidend für den Einsatz ist eine geeignete Konfektionierung der

Phase Change Materials, um einen effektiven Wärmeaustausch zu

ermöglichen. Besonders flexibel sind mikroverkapselte PCM, die in

viele Baustoffe und Bausysteme integriert werden können.

Wärmespeicherung spielt immer dort eine wichtige Rolle,wo es gilt, Angebot und Nachfrage von Wärme oder Kälteim Zeitverlauf und in der Leistung anzupassen; aber auchdort, wo Versorgungssicherheit und netzunabhängigeVersorgung gewährleistet sein muss. Durch Wärmespei-cherung können viele „Wärmequellen“ wie Solarenergieoder Abwärme aus Industrieprozessen und Kraftwerkenwirtschaftlich nutzbar, d. h. verfügbar gemacht werden,wenn sie gebraucht werden. Die Wärmebereitstellungdurch eine Heizungs- oder Solaranlage muss somit nichtauf die maximale Nachfrage ausgelegt, sondern kann anden mittleren Bedarf angepasst werden. Alternativ lassensich die niedrigen Temperaturen in der Nacht zum Kühlenam Tag verwenden.Bedarfsgerechte Wärmespeicherung erfolgt heute üblicher-weise durch Warmwasserspeicher – indem die Tempe-ratur des gespeicherten Wassers auf die Bedarfstempe-ratur oder darüber erhöht wird. Die so gespeicherteWärme nennt man sensible Wärme, da es sich um eine„fühlbare“ Speicherung handelt. Wasser für diesen Pro-zess zu nutzen hat den Vorteil, dass es meist gleichzeitigdas Medium ist, das anschließend auch benötigt wird –z. B. kann es direkt zum Duschen aus dem Speichertankentnommen werden. Zudem ist Wasser in der Regelkostengünstig. Die sensible Wärmespeicherung wird z. B.auch beim Aufheizen der Kacheln eines Kachelofensgenutzt. Diese geben die Wärme über viele Stunden ab –auch wenn das Feuer längst erloschen ist.

Latentspeichermaterialien, auch PCM (Phase ChangeMaterials) genannt, speichern große Mengen Wärmedurch einen Phasenwechsel – etwa von fest zu flüssig.Gegenüber konventionellen sensiblen Wärmespeichernermöglichen PCM-Speicher hohe Energiedichten bei weit-

gehend konstanter Betriebstemperatur. Die für dasSchmelzen von einem Kilogramm Wasser notwendigeEnergiemenge würde bei einer sensiblen Speicherungzur Temperaturerhöhung auf ungefähr 80 °C führen. So giltfür viele Materialien, dass bei einer Temperaturänderungum wenige Grad (10K) beim Schmelzvorgang gegenübersensibler Speicherung eine bis zu 10-fach höhere Wärme-speicherdichte erzielt werden kann. Abbildung 2 zeigt: Die Speicherung von Wärme ist gewöhnlich mit einerTemperaturerhöhung des Speichermaterials verbunden,die der gespeicherten Wärmemenge proportional ist(blaue Kurve). Bei der „latenten“ (versteckten) Wärme-speicherung erfolgt nach Erreichen der Phasenübergangs-temperatur eine Zeit lang keine Erhöhung der Tempera-tur – solange, bis das Speichermaterial vollständiggeschmolzen ist (rote Kurve). Beim Erstarren wird dieeingespeicherte Wärme wieder abgegeben.

Abb. 1 Der Einsatz vonPCM dient der Vermei-dung von Spitzen-temperaturen im Gebäude-innern und somit derEinsparung von Kühl-energie. Bei konven-tioneller Nachtlüftungwird die Warmluft imGebäude durch kalteNachtluft ersetzt.Quelle: GLASSX, Gaston Wicky

sensibel

sensibel

latent

sensibel

Temperatur des

Phasenübergangs

Tem

pe

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gespeicherte Wärmemenge

Abb. 2 Temperaturverlauf als Funktion dergespeicherten Wärme-menge bei sensibler und latenter Wärmespeicherung.Quelle: ZAE Bayern

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4 BINE themeninfo I/2009

Welche Speichermaterialien werden eingesetzt?

Aufgrund intensiver Forschung in den letzten beiden Jahr-zehnten sind heute viele Phasenwechsel-Materialienbekannt, die sich für den Einsatz als Latentwärmespeichereignen und mit ihren Schmelzpunkten einen weiten Tem-peraturbereich abdecken (Abb. 3). Durch unterschiedli-che Mischungen von Wasser mit Salzen können z. B.eutektische Salzlösungen mit Schmelzpunkten weit unter0 °C hergestellt werden – oder Salzhydrate mit Schmelz-punkten im Temperaturbereich von 5 °C bis 130 °C. Dadurchergeben sich viele Anwendungen in den Bereichen Heizen,Kühlen und Klimatisieren. Sie zeichnen sich vor allemdurch hohe Speicherdichten aus und sind vergleichs-weise kostengünstig. Als organische Materialien eignensich vor allem Paraffine und Fettsäuren. Sie haben meistniedrigere Speicherdichten und vergleichsweise höhereKosten als Salzhydrate. Im Gegensatz zu Salzhydratensind sie jedoch technisch leichter handhabbar.

Obwohl die Kombination Baustoffe und PCM auf denersten Blick recht unspektakulär erscheint, sind jedocheine Reihe von Anforderungen zu erfüllen. So muss nebeneinem ausreichenden Brandschutz – Paraffine z. B. sindbrennbar – auch die mechanische Festigkeit der PCM-Materialien gegeben sein. Oft ist es auch sinnvoll, PCM zumodifizieren, um ihre Eigenschaften zu verändern. Beispielesind schütt- und rieselfähige Granulate oder PCM-Grafit-Verbundmaterialien für hohe Heiz- oder Kühlleistungen.

PCM – gut verkapselt und portioniert

PCM eignen sich zum Bau von Speichern mit hoherSpeicherdichte sowie aufgrund des Schmelzens bei kons-tanter Temperatur zur passiven Temperaturstabilisierung.Da PCM bei ihrer Nutzung flüssig werden, ist es im All-gemeinen notwendig, sie in einem Behältnis zu kapseln.Bei konventionellen Speichern geschieht dies durch denSpeicherbehälter. In vielen Anwendungen werden PCMjedoch als eigenständige Speicherelemente in einembestehenden System eingesetzt.

In diesem Fall werden die eingesetzten Speicherbehälterder Phase Change Materials "Verkapselung" genannt.Sie werden nach ihrer Größe unterschieden in Makro-verkapselungen mit mehr als 1 cm Durchmesser, Mikro-verkapselungen mit weniger als 100 μm sowie Meso-verkapselungen, die den Zwischenbereich abdecken.Beispiele für konventionelle Makroverkapselungen zeigtAbbildung 4: Kunststoffbehälter in flacher Ausführungoder als Kugeln, Beutel usw. … Mit dieser Technik las-sen sich beliebige Materialklassen “verpacken“. Jedochsind solche Verkapselungen aufgrund ihrer Größe nichtüberall einsetzbar.

Um PCM anderen Materialien, z. B. Baustoffen, zugebenzu können, ist es notwendig, die Mikroverkapselung ein-zusetzen. Durch die geringe Größe können die Kapselngleich bei der Herstellung des Baustoffes beigemischtwerden, sodass sich dessen Handhabung auf der Bau-stelle nicht von einem herkömmlichen Baustoff unter-scheidet. Auch ein weiteres Bearbeiten während derNutzungsphase ist möglich, denn die Kapseln werdenaufgrund ihrer geringen Größe mit hoher Wahrschein-lichkeit nicht beschädigt. Sollten einzelne dennoch Scha-den nehmen, so ist die austretende Menge verschwin-dend gering. Mikroverkapselte Paraffine sind seit etwa 10 Jahren kommerziell erhältlich. Die Mikroverkapselungvon Salzhydraten sowie erste Ansätze zur Mesoverkapse-lung sind Gegenstand intensiver Forschung.

Generell erfordert die meist geringe Wärmeleitfähigkeitdes Materials beim Bau von Wärmespeichern mit PCMausgeklügelte Be- und Entladesysteme. Diese müssenebenso wie die Speicherhülle auf oft beträchtliche Volu-menänderungen von PCM ausgelegt sein. Zentrale

Abb. 4 Beispiele von Makroverkapselungen.Quelle: ZAE Bayern

Abb. 3 Materialklassen,die als PCM untersuchtund eingesetzt werden.

Quelle: ZAE Bayern

Sch

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[k

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Schmelztemperatur [°C]

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–100 0 100 200 300 400 500 600 700 800

Zuckeralkohole

Wasser

wässrige Salzlösungen

Chlatrate

0,1 kWh/L

©

FluorideKarbonate

Chloride

Hydroxide

Nitrate

Salz-

hydrate

ParaffineFettsäuren

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Kriterien für die Auswahl geeigneter Materialien sindhierbei Energie- und Leistungsdichten; aber auch Spei-cherverluste, Kosten und Sicherheit spielen eine wich-tige Rolle.

Anwendungsmöglichkeiten von PCM

Die meisten Anwendungen von PCM mit dem Motiv „Ener-giesparen“ dienen dem Puffern von Temperaturzyklen inGebäuden. Schwerpunkt ist die Vermeidung von Spit-zentemperaturen und somit die Einsparung Kühlener-gie. Bei konventioneller Nachtlüftung wird die Warmluftim Gebäude durch kalte Nachtluft ersetzt; mit PCM kanndie Wärmekapazität eines Gebäudes erhöht und dadurchdie Nachtkälte in der Gebäudemasse gespeichert wer-den. Eine weitere wichtige Anwendung sind Speicher,die zur Unterstützung der Gebäudeheizung eingesetztwerden.

Generell lassen sich folgende Anwendungen von PhaseChange Materials in Gebäuden unterscheiden:• PCM in die Gebäudestruktur integriert

(Wand, Decke)• PCM in sonstigen Gebäude-Komponenten

(z. B. Fassadenelement)• PCM in separaten Wärme- und Kältespeichern

Die ersten beiden Anwendungen sind passive Systeme,die die gespeicherte Wärme oder Kälte automatisch abge-ben. Das dritte System benötigt aktive Komponenten –wie Lüfter und Pumpen – sowie eine Regelung. Sie bietetjedoch den Vorteil, dass die gespeicherte Wärme oderKälte bei Bedarf gezielt abgerufen werden kann. Abhän-gig vom Einsatzbereich werden PCM mit unterschiedlichenPhasenübergangstemperaturen eingesetzt. Bevorzugtwerden in Gebäuden Speichertemperaturen von 0 °C bis40 °C, mit Ausnahme der Warmwasser- und Heizwasser-bereitung mit Temperaturen zwischen 50°C und 60 °C.Die Integration von PCM in die Gebäudestruktur ist aufden Temperaturbereich von 21 °C bis 26 °C fokussiert.

Eisspeicher mit ihrer im Vergleich zu Kaltwasserspeichernum ein Vielfaches höheren Speicherdichte sind heute in

der Gebäudeklimatisierung und bei der Nutzung indus-trieller Prozesskälte Stand der Technik. Aufgrund ihrerEinbindung in das Kühlsystem über einen Solekreislaufmit Pumpe können die Speicher aktiv angesteuert wer-den, um sie gezielt zu be- und entladen sowie ihre Lei-stung zu regeln. Eine weitere Möglichkeit zur aktiven Ein-bindung bilden luftführende Heiz- und Kühlsysteme.

Zur passiven Temperaturstabilisierung hingegen werdenPCM ohne äußere Steuerung eingesetzt. Ein Beispieldafür ist der Einsatz makroverkapselter PCM in Trans-portboxen für temperaturempfindliche Güter wie Phar-mazeutika und Blutplasma. In den letzten Jahren wurdevermehrt auch PCM in Bekleidung eingebracht. Hierpuffern PCM kurzzeitig überschüssige Wärme und redu-zieren das Schwitzen; oder sie nutzen gespeicherteWärme, um Frieren zu verhindern. Für diese Fälle wirdzumeist mikroverkapseltes PCM mit dem Bekleidungs-stoff kombiniert.

Dieser Ansatz wird seit einigen Jahren auch zur passi-ven Temperaturstabilisierung in Gebäuden eingesetzt.Verglichen mit der Wärmespeicherfähigkeit von Bau-materialien wie Gips, Holz, Zement oder Steinen – dieim Bereich von 0,8 bis 1,5 kJ/kg in einem 1 °C Intervallliegen – können PCM beim Schmelzen ein Vielfaches anWärme speichern. Zumeist werden mikroverkapselte PCMin Baumaterialien eingebracht.

Ein weiteres Anwendungsfeld ergibt sich aus bereits eta-blierter Gebäudetechnik: So werden Gebäude mit bauteil-integrierten Rohrregistern gekühlt, um das Raumklimakomplett oder unterstützend zu konditionieren. Diesethermoaktiven Bauteilsysteme (TABS) lassen sich kom-biniert mit konventionellen Heizsystemen (Heizkörpern)sowie natürlicher oder maschineller Lüftung einsetzen.Bei dieser Anwendung ersetzen sie eine konventionelleGebäudekühlung. Bei rein passiven Systemen – oderauch im Falle der TABS – sollte aufgrund des schlechtenWärmeübergangs zur Luft eine große Wärmeübertrager-fläche zur Verfügung stehen. Bei aktiven Systemen istdies nicht notwendig, denn bereits eine geringe Bewe-gung der Luft erhöht den Wärmeübergang und damit dieLeistungsfähigkeit des Systems um ein Vielfaches.

Abb. 6 Beispiele von PCM-Verbundmaterialien: Mechanisch stabiles, schüttfähiges Granulat der Rubitherm GmbH; PCM-Grafit-Verbund mithoher Wärmeleitfähigkeit.Quelle: ZAE Bayern

Abb. 5 Mikroverkapselung.Quelle: Fraunhofer ISE, BASF

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6 BINE themeninfo I/2009

Baustoffe stabilisieren RaumklimaDie Wärmekapazität von Gebäuden in Leichtbauweise kann

deutlich erhöht werden, indem Latentwärmespeicher in die Oberfläche

der Bausubstanz eingelagert werden. Der Effekt: Eine verbesserte

„passive“ Gebäudekühlung und Innentemperaturregulierung – und

damit Energieersparnis und Komfortzuwachs. Baustoffe mit PCM zur

passiven Gebäudekühlung sind bereits marktverfügbar.

In Gebäuden mit freiliegenden, massiven Betonwändenoder Mauerwerk ist es im Sommer oft angenehm kühl.Dieser Kühleffekt wird durch die hohe Wärmekapazitätder Bausubstanz ermöglicht. Massive, freiliegendeGebäudeteile fungieren als Wärmepuffer – sie könnentagsüber Wärme aufnehmen und diese während derNacht wieder abgeben. In Gebäuden mit geringer Wärme-kapazität – in Leichtbauweise z. B. mit Bauteilen ausHolz oder Gipskarton errichtet – steigt die Raumtempe-ratur dagegen schnell.

Wärme- und Kälteschutz in Gebäuden vollzieht sich all-gemein durch ein Zusammenwirken von Wärmespeiche-rung in der Gebäudemasse und geeigneten Dämm-maßnahmen: Die Wärme wird von der Gebäudemasseohne weitere technische Vorrichtung aufgenommen bzw.abgegeben. Daher nennt man sie „passive Temperatur-stabilisierung“. Aufgrund der hohen Speicherfähigkeitin einem schmalen Temperaturbereich eignen sich PCMhervorragend dazu, die Fähigkeit unterschiedlichsterMaterialien zur passiven Temperaturstabilisierung zu ver-bessern. Dieser Effekt wird deshalb seit einigen Jahrenauch in der Gebäudetechnik kommerziell eingesetzt.

Den Grundstein für viele der im Folgenden dargestelltenEntwicklungen und Produkte bilden die Arbeiten der For-schungsprojekte „Innovative PCM-Technologie“ und„Mikroverkapselte Latentwärmespeicher“. Die For-schungsarbeiten zu PCM-Technologieanwendungen wur-den mittlerweile im BMWi-Förderkonzept EnOB gebün-delt. Zum Einsatz von PCM in Gebäuden wurden die dreiFälle „Einbringen in den Außenputz, ins Mauerwerk undin den Innenputz“ untersucht. Für jeden dieser Fälle wur-

den wiederum die Schmelztemperaturen im Hinblick aufden Anwendungsfall und die eingebrachten Mengen inSimulationsstudien variiert. Bewertet wurden die Aspekte der Energieersparnis, derKomfortsteigerung und bei den Außenanwendungen desBauteilschutzes. Aufgrund der deutlich geringeren Wär-meströme und des direkten Einflusses der Oberflächen-temperaturen auf das Komfortempfinden der Nutzer istder Einsatz von PCM im Innenbereich am vielverspre-chendsten. Werden PCM in unserer Klimazone einge-setzt, so sind die Heizenergieeinsparungen bei den übli-chen Wohn- und Bürobauten bisher noch zu gering.Andererseits wird durch den Einsatz von PCM in Baustof-fen jedoch der Nutzungskomfort in Gebäuden im Sommerdeutlich verbessert. Und zusätzlich kann bei geeigneterGebäudeplanung unter Umständen auf weitere Maßnah-men zur Kühlung verzichtet werden.

Vielversprechend ist der Einsatz von PCM in Leichtbauten;hier insbesondere Bürobauten aufgrund des stärkerschwankenden Tag/Nacht-Lastprofils. Der Schmelzpunktsollte so gewählt werden, dass Temperaturen über 26°Czeitlich stark beschränkt und über 28 °C möglichst ganzvermieden werden. Dies erfordert den größten Teil derSchmelzwärme unter 25 °C. Eine nächtliche Entladungdes Speichers ist für die Funktion des Systems unab-dingbar und durch geeignete Maßnahmen sicherzustel-len. Generell müssen die auftretenden Lasten in einemsinnvollen Verhältnis zur Speicherfähigkeit des Systemsstehen. Es ist also auf ausreichend verfügbare, unver-stellte PCM-Flächen zu achten. Ein Sonnenschutzsystemkann durch diese Materialien nicht oder nur bei sehrgeringer Einstrahlung ersetzt werden.

Abb. 7 Moderne Architek-tur zeichnet sich immermehr durch leichteKonstruktionen und ener-gieoptimierte Planung aus –ohne dass auf Komfortverzichtet werden muss. In Baustoffe integriertePCM – z. B. in Form vonGipsbauplatten – sorgenper Temperaturausgleichfür ein gutes Raumklima.Quelle: BASF

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7BINE themeninfo I/2009

Aus der PraxisPrototyp Wohnen 2015

Abb. 9 Innenansicht: Der Einsatz von PCM-Gipsbauplatten trug nebenKühldeckenelementen entscheidend dazu bei, die geforderten konstantenInnenraumtemperaturen zu erreichen.Quelle: TU Darmstadt, Christian Stumpf

Abb. 8 Nordost-Ansicht des Prototyps Wohnen 2015. Quelle: TU Darmstadt, Kubina

Der von Studenten der TU Darmstadt konzipierte Solarhaus-Proto-typ hat im Jahr 2007 den internationalen Wettbewerb "Solar Decath-lon" um das attraktivste und energieeffizienteste Solarhaus in denUSA gewonnen. Das energieautarke Gebäude wurde auf demCampus der TU Darmstadt erbaut und nach Fertigstellung in dieUSA transportiert. Das Haus ist ein Holzleichtbau mit geringererWärmespeichermasse gegenüber Gebäuden in Massivbauweise. Esumfasst 80 Quadratmeter Grundfläche. Um höchsten Wohnkomfortmit niedrigstem Energieaufwand zu vereinen, wurde eine kompakteund hochgedämmte Gebäudehülle gewählt. In die Wände wurden50 Quadratmeter einer PCM-haltigen Gipsbauplatte der BASF inte-griert. Hinzu kamen 50 Quadratmeter aktive, wasserdurchströmtePCM-Kühldeckenelemente der Firma Ilkazell.

Im Energiekonzept des Darmstädter Gebäudeprototyps trug derPCM-Einsatz entscheidend dazu bei, die geforderte konstante Innen-temperatur des Gebäudes zu halten. Um die im geschmolzenenWachs gespeicherte Wärme aus dem Haus zu transportieren, setzen die Studenten ein ausgeklügeltes System ein: Aus einemWassertank leiten sie tagsüber 16 °C kaltes Wasser durch dieKühldeckenelemente und können dadurch den Raum aktiv kühlen.Nachts leiten sie das erwärmte Wasser auf die außen auf dem Dachangebrachten Photovoltaik-Module, wo ein Teil verdunstet. Diedabei anfallende Verdunstungskälte kühlt das restliche Wasserwieder ab, das zurück in den Wassertank geführt wird. Durch denEinbau der 15 mm starken PCM-Gipsbauplatten lässt sich imDarmstädter Leichtbau genau so viel Wärme speichern wie miteiner 90 mm starken Betonwand.

Abb. 10 Frost-beregnung von Apfel-bäumen im AltenLand bei Hamburg.

Frostschutz für den Apfelbaum

Da Pflanzen keine eigene Körperwärme aufweisen, sind sieniedrigen Umgebungstemperaturen direkt und meist ohneAbwehrmöglichkeit ausgesetzt. Es gibt allerdings Pflanzen imHochland der südamerikanischen Anden, die Wasser ineinem Hohlraum ihres Stammes speichern und zur Abwehrvon Frostschäden nutzen. In kalten Nächten beginnt diesesWasser zu gefrieren und setzt somit die Kristallisationswärme –auch Erstarrungswärme – frei, die das weitere Abkühlen unddamit das Einfrieren der Pflanze verhindert.

Der Mensch nutzt heute denselben Ansatz: Um Obstbäumevor Frostschäden zu bewahren, werden diese in kalten Nächtenkünstlich mit Wasser besprüht. Die Beregnung bewirkt, dassdie Blüten und Knospen mit einer Eisschicht überzogen wer-den. Der Frostschutz-Effekt entsteht durch die Abgabe vonWärme zum Zeitpunkt der Erstarrung (Gefrieren) des Wassersauf den Blüten. Durch die fortdauernde Benetzung wird einständiger Gefrierprozess erzeugt, der eine konstante Tempe-ratur von 0,5 °C im Inneren des Eispanzers gewährleistet.Die Knospen bzw. Blüten werden damit vor dem Erfrierengeschützt.

Quelle: Obsthof Axel Schuback, www.apfelpatenhof.de

En passant

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8 BINE themeninfo I/2009

Baustoffe mit PCM

Im Rahmen der Entwicklungsarbeiten am Fraunhofer ISEwurden in Zusammenarbeit mit Industriepartnernverschiedene PCM-Baustoffe entwickelt und in Test-räumen unter realem Außenbezug vermessen. Abbildung11 zeigt das Potenzial eines PCM-Baustoffs zur Tempera-turreduktion in Gebäuden unter optimalen Bedingun-gen. Eingesetzt wurde hier ein PCM-Gipsputz, der in einerSchichtstärke von 15 mm auf Wände und Decken auf-getragen wurde. Am Tag 1 (Idealfall) wurde der PCM-Speicher nur leicht überladen und es konnte ein Tempe-raturunterschied von bis zu 3,5 K zwischen Referenz- undPCM-Raum gemessen werden. Die folgenden Tage zeigen, dass vor der Verwendung von PCM-Baustoffenin der Regel weitere Wärmeschutzmaßnahmen – wie eineVerschattung oder die Optimierung innerer Lasten – erfolgen sollte. Hinzu kommt, dass insbesondere in warmen Nächten nicht auf eine mechanische Lüftung zurRegenerierung des Wärmespeichers verzichtet werdenkann. Ist die Entladung des PCM nicht gewährleistet, so kann eine Überhitzung am Folgetag nicht sicher ver-mieden werden.

Einige Produkte zur passiven Gebäudekühlung sindbereits marktverfügbar und werden hier kurz vorgestellt.Dabei wird unterschieden in Produkte auf Basis mikro-verkapselter sowie makroverkapselter PCM:

• Gipsplatte: Knauf PCM Smartboard

Für Trockenbau-Anwendungen verfügbare PCM-Gipskartonplatte mit rd. 30% MassenanteilPCM bei einer Schichtdicke von 15 mm. Verfügbare Schmelzbereiche: 23 °C und 26 °C; Speicherkapazität latent rd. 90 Wh/m2; Herstellung und Vertrieb: Knauf Gips KG.

• Gipsputz: Maxit

Gips-Maschinenputz mit rd. 20% MassenanteilPCM bei einer Schichtdicke bis zu 15 mm. Der Putzkann zusätzlich auch über wasserführende Systemeaktiviert werden. Verfügbare Schmelzbereiche: 21 °C, 23 °C und 26 °C; Speicherkapazität latentrd. 70 Wh/m2; Herstellung und Vertrieb: Maxit Deutschland GmbH.

Abb. 12 PCM Gipsbauplatte von Knauf.Quelle: ZAE Bayern

Abb. 13 Gipsinnenputz mit PCM.Quelle: Maxit Deutschland

Abb. 14 PCM-Platte von DuPont Energain.Quelle: ZAE Bayern

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Luft Referenz

Luft PCM

Schicht 1

Schicht 2Schicht 3Te

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[°C

]

Abb. 11 Messung zweierTesträume mit 15 mm PCM-Gipsputz auf allen opaken Innenflächen – außer dem Boden. Unter idealen Bedingungen kann eine Temperatur-reduktion von rd. 3,5 K durch das PCM erzielt werden.Quelle: Fraunhofer ISE

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9BINE themeninfo I/2009

Im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Baumate-rialien, in die mikroverkapselte PCM als Zuschlagstoffeingebunden sind, entwickelte die Firma DuPont einePlatte, in der Paraffin in eine Kunststoffmatrix integriertist.

• Integrierter Speicherbehälter:

DuPont Energain® hat eine Dicke von 5 mm und ein Gewicht von rund 4,5 kg/m2. Etwa 60% der Masse ist Paraffin, das einen Schmelzbereich von 18 °C bis 22 °C besitzt. Die Platten wurden ineinem Gebäude der Universität Lyon getestet, wobei zwei identische Räume jeweils mit und ohne PCM-Platten ausgestattet waren.

Gebäudeintegration

Die bisher beschriebenen Baumaterialien nutzenüberwiegend mikroverkapselte PCM als Zuschlagstoff.Daher ist es möglich, diese Baumaterialien in nahezubeliebigen Mengen und Formen ins Gebäude zu in-tegrieren. Die Verarbeitung unterscheidet sich nicht vonder konventioneller Baustoffe. Die geschilderten Ansätzezur Integration von PCM sind bisher lediglich für Paraffineoder Fettsäuren technisch ausgereift. Im Gegensatz zuBaumaterialien können die PCM-Komponenten komplettvorgefertigt werden, sodass bei der Installation keinerleiBearbeitung notwendig ist. Daher ist es möglich, bei derHerstellung solcher Komponenten makroverkapselte PCMeinzusetzen – z. B. von Salzhydraten.

Anwendungsbeispiele von PCM-Komponenten zeigtAbbildung 15: Erstes Beispiel ist die Integration von PCMin einer Decke – wobei das PCM vor allem zur Kühlungdes Raumes eingesetzt werden soll. Die Firma Dörkenverwendet hierzu verkapselte Salzhydrate. Erhöht sichdie Lufttemperatur im Raum, so steigt die warme Luftnach oben, schmilzt das PCM und wird dadurch wie-derum gekühlt. Dabei können maximale Kühlleistungenvon 40 W/m2 bis 45 W/m2 erreicht werden. Zum Abführender Wärme in der Nacht wird allerdings eine aktiveVentilation empfohlen. Die Ventilatorleistung ist in derEnergiebilanz zu berücksichtigen.

Ein weiterer interessanter Ansatz, PCM in Gebäude-komponenten zu integrieren, ist ein PCM-Sonnenschutz-verbundsystem. Ein solches System wurde von der FirmaWarema in Zusammenarbeit mit dem ZAE Bayern inner-halb eines vom BMWi geförderten Projekts entwickelt.Ein innenliegender Sonnenschutz dient im Allgemeinendazu, das Sonnenlicht zu reduzieren. Dabei heizt sichder Sonnenschutz jedoch auf und gibt diese Wärme anden Raum ab. Die Integration von PCM in den Sonnen-schutz führt zu einer geringeren oder verzögerten Er-wärmung des Raumes. Untersuchungen an Labormusternhaben ergeben, dass das Maximum der Behangtempera-tur um 3 Stunden verschoben wird und der Raum 2°Ckühler bleibt. Die Strahlungsasymmetrie lässt sich um6 °C verringern. Wie in allen anderen Anwendungen istjedoch eine Wärmeentsorgung durch Nachtlüftung not-wendig. Dieser Ansatz wird z. Zt. im Projekt PCM-Demo inrealen Installationen untersucht.

Das transparente Fassaden-Bauelement der Firma GLASSXist ein passives System, das vorwiegend zum Heizen,aber auch zum Kühlen eines Raumes dient. Es bestehtaus mehreren Schichten: Eine PCM-Schicht auf der demRaum zugewandten Seite speichert die Wärme der ein-fallenden Solarstrahlung. Eine Mehrfachverglasung ander Fassade verhindert Wärmeverluste und ein dazwi-schen befindliches Prismenglas lässt die Sonnenstrah-lung nur bei flachem Einstrahlungswinkel passieren (alsoim Winter) – und schützt somit den Raum im Sommervor Überhitzung. Ein keramischer Siebdruck auf der Raum-innenseite lässt dem Architekten Gestaltungsfreiheit inder Farbwahl. Das System wurde bisher in etwa einemDutzend Gebäude in der Schweiz installiert. Das Titel-bild dieses Infos zeigt den Einsatz der PCM-Wärme-speicher in der Fassade eines Altersheims.

Abb. 15 Beispiele von PCM-Komponenten: PCM-Kühldecke, PCM-Sonnenschutz, Fassadenbauelement GLASSXcrystal.Quelle: Dörken, ZAE Bayern, GLASSX

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10 BINE themeninfo I/2009

Aktives WärmemanagementMit aktiven, wasserdurchströmten PCM-Systemen lässt sich der

Wärmespeichereffekt zeitlich und in seiner Intensität steuern.

Über flächige Bauteile können Kältebedarf und Kältebereitstel-

lung zeitlich entkoppelt werden. In verschiedenen Demonstrati-

onsobjekten kamen bereits PCM-Kühldecken zum Einsatz.

Passive Kühlkonzepte – insbesondere in Kombinationmit PCM – unterliegen im Wesentlichen zwei Restrik-tionen, die den Einsatz behindern können: Zum einenlimitiert der Wand-Luft-Wärmeübergang die Wärme-menge, die in einem 24-h-Zyklus beladen und vor allemauch wieder entladen werden kann. Ein Verdoppeln derPutzschicht führt hier nicht automatisch zu einer doppelthohen, real nutzbaren Wärmespeicherkapazität. Zwei-tens ist die einzig verfügbare Kältequelle die Nachtluft.Gerade in heißen Sommernächten kann dies dazu führen,dass der Latentwärmespeicher nicht entladen werdenkann und somit am nächsten Tag nicht mehr zur Ver-fügung steht. Die gespeicherte Wärme lässt sich jedocheffizient und sicher über Kühlwasser-Kreisläufe abfüh-ren. Diese Systeme können in die Wand oder die Deckeintegriert oder auch als abgehängte Deckenelementeinstalliert werden. Zum Heizen werden sie in Wand oderFußboden integriert.

Innovative Flächenkühl- und -heizsysteme

Im Forschungsprojekt „PCM-Aktiv“ untersuchte das Fraun-hofer ISE in Zusammenarbeit mit Projektpartnern aktivdurchströmte Flächenkühlsysteme in Kombination mitPCM-Baustoffen. Ziel der Arbeiten war zunächst die Ent-wicklung einer wasserdurchströmten Kühldecke – basie-rend auf den verfügbaren PCM-Baustoffen. Das PCM inder Kühldecke ermöglicht hierbei, dass ein Großteil derWärme – die bei konventionellen Systemen aktiv abge-führt werden muss – passiv zwischengespeichert werdenkann. Nur der verbleibende Überschuss muss aktiv abge-führt werden. Außerhalb des Schmelzbereichs bleibt dieschnelle Reaktionsfähigkeit einer dünnschichtigen Kühl-decke jedoch erhalten. Ein weiterer Vorteil von PCM inKühldecken ist, dass Kälteleistung akkumuliert werdenkann. Konventionelle Kühlanlagen müssen so ausgelegtwerden, dass sie die Spitzenlast abfangen können. PCMermöglichen durch die Kältespeicherung jedoch einekleinere Dimensionierung der Kälteanlage. Außerdemlassen sich zusätzliche Kältequellen einsetzen, die nureine geringe Kälteleistung aufweisen. Ein Beispiel hier-für sind Umweltwärmesenken wie z. B. Erdsonden.

Kühldecken lassen sich bedarfsgerecht betreiben, so dasssie zu energetisch oder wirtschaftlich sinnvollen Zeitenmit Kälte beladen werden. Eine der zentralen Fragestellun-gen im Projekt „PCM-Aktiv“ war die Bestimmung des opti-malen Schmelzbereichs von PCM. Während für passiveAnwendungen der Schmelzbereich am oberen Ende desKomfortbereichs des Menschen liegen muss, sollte er beiaktiven Systemen so gewählt werden, dass die Deckeenergetisch hocheffizient betrieben werden kann. In meh-reren Versuchsreihen und Simulationsstudien hat sichbisher gezeigt, dass ein Schmelzbereich zwischen ca.

Abb.16 PCM-Decken-kühlpaneele in einemGroßraumbüroQuelle: Julia Schmidt/Deutscher Drucker

Abb. 17 SchematischeDarstellung von aktivenPCM-Systemen zum Kühlen.Quelle: ZAE Bayern

PCM

Kühlwasser

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11BINE themeninfo I/2009

Abb. 18 Druckerei Engelhardt & Bauer in Karlsruhe nach umfangreicher Sanierung.Quelle: Patrick Beuchert

Sanierung einer Druckerei: Kühlen mit Umweltenergie in Kombination mit thermoaktiven Bauteilsystemen und PCM

Das Verwaltungsgebäude der Druckerei Engelhardt&Bauer inKarlsruhe ist eine Gewerbeimmobilie aus den 70er Jahren, dietypische Schwachstellen wie zum Beispiel hohen Energieverbrauch,unzureichendes Tageslicht und thermische Unbehaglichkeit auf-wies. Der nun sanierte und um ein Stockwerk erweiterte Flachbau(Nutzfläche von 900 m2, umbautes Volumen 3.000 m3) hat Vorbild-charakter: Es wurde eine architektonisch ansprechende Lösung für ein Gebäude in Leichtbauweise mit hohem Glasanteil untermarktüblichen Bedingungen umgesetzt. Eine Möglichkeit, thermische Masse bei wenig Gewicht in das Leicht-baugebäude einzubringen, besteht in der Nutzung von PCM. Erst-malig kamen im Obergeschoss 260 m2 Deckenkühlpaneele derFirma ILKAZELL zum Einsatz, die den Latentwärmespeicher vonBASF in Form eines handelsüblichen SmartBoard (Schmelztempe-ratur 22 °C) mit einer aktiven Kühlung über Kapillarrohrmatten ver-knüpfen. Die zur Verfügung stehende Fläche für die PCM-Kühldeckeist durch die Gebäudegeometrie vorgegeben, wodurch die übertrag-bare Gesamtleistung auf ca. 12 kW begrenzt ist. Im Untergeschoss

werden verputzte Kapillarrohrmatten an der vorhandenen Beton-decke als schnelles, ergänzendes System mit einer Leistung vonrund 10 kW eingesetzt.

Der thermische, visuelle und akustische Komfort konnte gegenüberder bestehenden Situation deutlich verbessert und der Energie-bedarf zum Heizen, Kühlen, Lüften sowie für die Beleuchtung um50% reduziert werden. Die vorhandenen Splitgeräte für die Kälte-bereitstellung werden dabei durch eine energieeffiziente Kühlungmit thermoaktiven Bauteilsystemen ersetzt. Als natürliche Wärme-senke dient das Erdreich, das mittels 13 Erdwärmesonden mit einerTiefe von 44 m erschlossen wird. Trotz der Stahl-Leichtbauweisedes Gebäudes wird damit ein stabiles Raumklima im Sommergewährleistet. Für das Betriebsjahr 2008 beträgt die über PCM-Deckenkühlpaneele bereitgestellte Energie 80 kWh/m2

Deckea. Nebender richtigen Anlagendimensionierung und Wahl der einzelnenKomponenten ist die Regelung des Systems entscheidend für einenenergieeffizienten Betrieb.

Aus der Praxis

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Neben den Tests von Produkten in Labortesträumen istauch eine Prüfung unter praxisnahen Bedingungen not-wendig. Denn zum einen benötigen die Hersteller belast-bare Daten, wie effizient ihre Produkte unter realen Bedin-gungen tatsächlich sind. Zum anderen wünschen dieAnwender neben den technischen Daten auch Anschau-ungsobjekte, die zeigen, wie PCM architektonisch undgebäudetechnisch in einen Leichtbau integriert werdenkönnen.

Nach der erfolgreichen Entwicklung von Komponentenund Materialien geht es nun darum, die Akzeptanz vonPlanern und Nutzern gegenüber PCM im Gebäudebereichzu erhöhen und speziell bei Architekten ein Bewusstseinfür PCM als energiesparende Alternative oder Ergänzungzu aktiver Klima- und/oder Heiztechnik zu schaffen. For-schungsgegenstand ist deshalb zur Zeit der „PraxisnaheTest der Performance von Gebäudekomponenten mit PCMin Demonstrationsobjekten“ (BMWi-Projekt „PCM-Demo“).

Im Teilprojekt „Wasserdurchströmte Kühldecken mit PCM“wird eine Kombination aus makroverkapselten PCM undwasserdurchströmter Kühldecke untersucht. Abgehängtewasserdurchströmte Kühldecken erreichen hohe Kühl-leistungen (max. 100 W/m2) bei kurzen Ansprechzeiten.Sie erfordern dadurch jedoch oft hohe Spitzenlasten beider Kältebereitstellung. Durch die Integration von PCMlässt sich tagsüber zu Zeiten der Kühllastspitzen eine reinpassive Grundkühlleistung von rund 40 W/m2 sicher-stellen. In der Nacht wird das PCM dann durch kühlesWasser regeneriert. Auf diese Weise lassen sich tagsüberLastspitzen vermeiden und die Kühllast wird vergleich-mäßigt. Vor allem bei der Kältebereitstellung über ober-flächennahe Geothermie (Erdsonden) ergeben sich Vor-teile, da die Erdsonden auf die Spitzenlasten ausgelegtwerden müssen. Kombiniert man das PCM-System mitkonventioneller Technik (PCM-Module nur in Teilbelegung)behält man auch weiterhin die Vorteile kurzer „Ansprech-zeiten“ und muss nur noch Spitzenlasten abfangen, dieüber die Grundlast hinausgehen. Der aktuelle Stand derUntersuchungen wird ab Herbst 2009 der Fachöffent-lichkeit präsentiert.

12 BINE themeninfo I/2009

19 °C und 22 °C für Kühldecken ideal ist. Er ermöglichtsowohl das Entladen in der Nacht mit relativ hohenVorlauftemperaturen im Kühlkreis – wie sie bei Umwelt-wärmesenken auftreten können – als auch ein Betreibender Kühldecken mit maximalen Oberflächentemperaturenvon rd. 23 °C. Messungen der Kühlleistung bestätigen,dass – wie erwartet – keine wesentlichen Unterschiede zukonventionellen Putzkühldecken mit Kapillarrohrmattenbestehen.

Die zweite zentrale Fragestellung: Wie lässt sich einePCM-Kühldecke regeln mit dem Ziel, bei Einhaltung derKomfortkriterien eine energieeffiziente Steuerung derDecke zu erreichen. Dazu sind deren Betriebsstundenzu minimieren, aber auch Volumenströme und Kühl-wassertemperaturen zu berücksichtigen, die sich je nachverwendeter Wärmesenke unterscheiden können. Anunterschiedlichen Test-Kühldecken werden derzeit Unter-suchungen zur Betriebsführung vorgenommen. Dazuwerden auch Kühldecken in realen Gebäuden – z. B. amFraunhofer ISE in 5 Büros mit insgesamt 100 m2 Decken-fläche – eingesetzt.

Als erstes aktives Kühlsystem am Markt wird von derFirma Ilkazell die Ilkatherm®-Kühldecke vertrieben. Siebasiert auf der PCM-Gipsplatte, die auf der raumseitigenOberfläche eines PU-Sandwich-Verbundes aufgeklebtwird. Zur Aktivierung wurden Kapillarrohrmatten zwi-schen Smartboard und Rückseitenisolation eingebracht.Das System wurde bereits in einem Demonstrationsge-bäude – der Druckerei Engelhardt & Bauer in Karlsruhe –kombiniert mit Erdsonden als Wärmesenke eingesetzt.Die Kühldecke ist modular aufgebaut und kann vollflächigals abgehängte Decke oder als einzeln hinterlüftetesDeckenelement eingesetzt werden.

Als Flächenheizung wurde in Zusammenarbeit mit MaxitDeutschland ein Estrich-Fußbodenheizsystem entwickelt. Als PCM wurde Micronal® von BASF verwendet. Der ther-mische Vorteil durch den zusätzlichen PCM-Einsatz istaufgrund der ohnehin schon sehr hohen Speicherfähigkeitdes Estrichsystems jedoch eher gering. Vorteilhaft ist,dass die Schichtdicke der Fußbodenheizung gegenübereiner konventionellen Estrich-Fußbodenheizung rd. 25%geringer ausfallen kann.

Abb. 19 Kühldeckensystem mit PCM (Ilkatherm).Quelle: Sven Meyer

Abb. 20 PCM-Estrich-Fußbodenheizung.Quelle: Maxit Deutschland

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13BINE themeninfo I/2009

Abb. 21 Kühldecke DAW mitKaltwassersatz als Wärmesenke. Quelle: Fraunhofer ISE

Aus der PraxisDemonstrationsgebäude mit PCM-Kühldecken

KWKK-Anlage

Vorlauf Heißwasser

Pufferspeicher(Heißwasser-Vorlauf)

Pufferspeicher(Kaltwasser)

Adsorptionskälte-

maschine 1(Kaltwassererzeugung)

Adsorptionskälte-

maschine 2(Kaltwassererzeugung)

Pufferspeicher(Heißwasser-Rücklauf)

BHKW(Wärmeerzeugung)

PCM-Kühldecken(Verbraucher)

Betrieb: 19.00 -7.00 Uhr

Konvektoren(Verbraucher)

Betrieb: 7.00 -19.00 Uhr

Rücklauf Heißwasser

Vorlauf Kaltwasser

Rücklauf Kaltwasser

Abb. 22 KWKK-Anlage realisiert am Fraunhofer ISE zur Kühlung eines Groß-raumbüros über Kühl-/Heizkonvektoren und 5 Büros über PCM-Kühldecke. Quelle: Fraunhofer ISE

Abb. 23 Temperaturverlauf in einem PCM-gekühlten Büro.Quelle: Fraunhofer ISE

32

30

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22

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16

14

Tem

pe

ratu

r [°

C]

Putztemperatur OberflächePutztemperatur Rückseite

Außentemperatur

1

0

Schmelzbereichoperative Temperatur

Raumtemperatur

Vorlauftemperatur

Komfortgrenztemperatur

Außentemperatur

operative Temperatur

Schaltsignal

Deckentemperatur

16/0702:00

16/0706:00

16/0710:00

16/0714:00

16/0718:00

16/0722:00

Im Rahmen des Projektes „PCM-Aktiv“ wurden zwei unterschiedlichePCM-Kühldeckensysteme in Demonstrationsgebäuden realisiert.Im Laborgebäude der Deutschen Amphibolin Werke (DAW) in Ober-Ramstadt – mit rund 100 m2 Deckenfläche – basiert die Kühldecke aufeiner 1 cm dicken Schicht PCM-Spachtelmasse mit ca. 40% PCM-Anteil,deren Rückkühlung mit einem außenaufgestellten Kaltwassersatzerfolgt. Damit sollte demonstriert werden, dass auch konventionelleKältetechnik von der Kombination mit einer PCM-Kühldecke profi-tieren kann. Ausgenutzt werden hier vor allem die reduziertenBetriebsstunden der aktiven Kühlung sowie die Verschiebung derRückkühlung in kühlere Nachtstunden.

In fünf Büros am Fraunhofer ISE in Freiburg (ebenfalls ca. 100 m2

Deckengesamtfläche) wurde eine PCM-Kühldecke mit einerKraft-Wärme-Kälte-Kopplungs-Anlage (KWKK) als Wärmesenke realisiert. Diese Anlage besteht aus einem BHKW, das zur Strom-erzeugung genutzt wird. Dessen Abwärme wird über Adsorptions-

kältemaschinen in Kälte umgewandelt und an die Verbraucher ab-gegeben. Die Kälteanlage (mit ca. 11 kW thermischer Leistung) ver-sorgt tagsüber nach Bedarf ein Großraumbüro über Heiz-/Kühlkon-vektoren. Ausschließlich nachts werden die 5 PCM-Kühldecken mitKälte beladen, um am folgenden Tag dieselben Büroflächen passivzu kühlen. Die Kombination zweier alternierend betriebener Ver-braucher führt zu einer deutlich besseren Auslastung des BHKW –ohne große Wasserwärmespeicher vorhalten zu müssen. Diegekühlte Bürofläche kann deshalb bei gleich dimensionierter Käl-teanlage verdoppelt werden. Abbildung 23 belegt das prinzipielleFunktionieren dieses Konzepts im Sommer 2008. Aufgezeichnetwurden die Raum-, Putz- und Wassertemperaturen in einem derBüros. Bei einer Außentemperatur von bis zu 30 °C wird der Raum-komfort mit einer Maximaltemperatur von 25 °C eingehalten. Gleich-zeitig reicht der PCM-Speicher aus, um den kompletten Tag passivzu überbrücken. Erst gegen 15:00 Uhr verlassen die Deckentem-peraturen den Schmelzbereich des PCM (grau hinterlegt).

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14 BINE themeninfo I/2009

PCM-Konzepte für die GebäudetechnikSpeichersysteme zur Raumkühlung und Heizung mit

unterschiedlichen Wärmeträgerfluiden sind energetisch

sehr effizient und zum Teil bereits in Produkte umgesetzt.

Mit PCM-Slurries als flüssigen, pumpfähigen Speicher-

medien können zusätzlich große Wärmespeicherkapazitäten

erreicht werden.

In innovative Gebäudelösungen eingebundene Wärme-und Kälte-Speicher beruhen im Wesentlichen auf dreiverschiedenen Konzepten. Abbildung 26 führt links dasbekannteste System auf, bei dem sich das Speicherma-terial in einem Speichertank befindet und das Wärme-trägerfluid (WTF) durch Kanäle in einen Wärmeübertragerströmt. Beim zweiten Konzept befindet sich das PCMmakroverkapselt in PCM-Modulen, die im Speicher-behälter positioniert sind und vom Wärmeträgerfluidumströmt werden. Im dritten Konzept ist das PCMBestandteil des Wärmeträgerfluids und erhöht dessenFähigkeit, Wärme zu speichern. Es kann somit an jedenbeliebigen Ort im System gepumpt werden – wo es direktWärme freisetzt oder aufnimmt. Wärmeträgerfluid undPCM bilden zusammen ein pumpfähiges Speicherme-dium – auch als „PCM-Slurry“ bezeichnet.

Während für die ersten beiden Konzepte Luft sowieWasser oder andere Flüssigkeiten als Wärmeträgerfluideingesetzt werden können, eignet sich Letzteres lediglichfür Flüssigkeiten.

Systeme mit Wärmeübergang an Luft

Speicher in thermisch aktivierten Bauteilen (TABS) nut-zen raumseitig lediglich die freie Konvektion der Luftsowie den Strahlungsaustausch zur Wärmeübertragung.Sie sind daher in ihrer Leistung eingeschränkt. Dies giltbesonders in Zusammenhang mit PCM als Wärmespei-cher, da hier die Temperaturdifferenz zwischen Speicher-material und Raumluft nur wenige Grad Celsius beträgt.Abhilfe schafft die Nutzung erzwungener Konvektion,

d. h. die Luft wird aktiv an der Oberfläche des Speicher-materials vorbei geblasen. Der Einfachheit halber wirddieser Ansatz meist für die Be- und Entladung gleicher-weise genutzt. Mögliche Einbauformen sind die in einerDeckenkonstruktion, im Fußboden oder als separate Ein-heit. Da Luft als Wärmeträger genutzt wird, ist bei denmeisten Systemen eine Kälteversorgung durch kühleNachtluft angestrebt. Da in diesem Fall die Kälte frei zurVerfügung steht, werden solche Systeme auch „Free coo-ling“-Systeme genannt. Sie sind energetisch sehr effi-zient, da keine Energie zur Kälteerzeugung eingesetztwird. Allerdings sind die Kanäle so auszuführen, dasseine Reinigung des Luftwegs ermöglicht wird.

• Systeme zur Raumkühlung in der Deckenkonstruktion…werden derzeit in Pilotanlagen erprobt. Mit Salzhydratengefüllte PCM-Beutel werden bereits in passiven Kühl-deckensystemen eingesetzt. Diese sind einfach zu instal-lieren. Jedoch ist aufgrund der geringeren Wärmeleitfähig-keit der raumseitig abgrenzenden Platten – z. B. Gips-kartonplatten – die Kühlleistung begrenzt. Eine aktiveHinterlüftung verbessert den Wärmetransport und erlaubttagsüber höhere Kühlleistungen und eine gezielte nächt-liche Regeneration des Systems mit kühler Außenluft.Der berechnete Temperaturverlauf eines Büroraumes mithinterlüfteter Deckenkonstruktion mit PCM zeigt, dassdie Spitzentemperaturen durch das PCM um rund 2 Kreduziert werden können. Eine solche „hinterlüftete Kühl-decke mit PCM“ wird im Projekt „PCM-Demo“ untersucht.Ein weiteres Beispiel ist das von der Firma Climator(Schweden) entwickelte CoolDeck. Es besitzt eine spe-zielle Luftführung, bei der die Decke des Raumes dieobere Begrenzung des Luftkanals bildet. Dadurch wirdnicht nur das PCM selbst, sondern auch die Decke alsSpeicher verwendet. Das System ist als Teil eines Demon-strationsprojekts im Rathaus von Stevenage (England)installiert. Die maximale Raumlufttemperatur im Sommerwurde um 3–4 K reduziert. Da die Kälte allein aus derNachtluft bezogen wurde, entstand der einzige Energie-verbrauch durch den Ventilator. Hieraus ergab sich lautClimator ein Wirkungsgrad (COP) im Bereich 10 bis 20.Heute ist das System bereits in mehreren Gebäudeninstalliert.

Abb. 24 Innovative Konzepte zur Raum-kühlung schaffen ein gutes Klima – auch in Werk- und ArbeitsstättenQuelle: Lichtblau Architekten

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15BINE themeninfo I/2009

Dezentrales PCM-Lüftungsgerät im Test

Abb. 25 Das Imtech-Haus in Hamburg: Testobjekt für 50 PCM-Lüftungsmodule.Quelle: Imtech

Für ein Demonstrationsprojekt wurden 50 Module des von derFirma Imtech entwickelten Lüftungs- und Kühlsystems mit einemPCM-Grafit-Verbundmaterial als Speichermedium in einem Ver-waltungsgebäude installiert – jeweils ein Modul pro 7 m2 Büro-fläche. Dies entspricht einer PCM-Menge von 5 kg/m2 und einerSpeicherfähigkeit von 0,14 kWh/m2. Vorausgehende Gebäude-simulationen ergaben, dass die installierten Module die operativeTemperatur in normalen Sommern nahezu ständig unterhalb von 26 °C halten sollten. Die im März 2006 begonnenen Tests zeigten,dass das System in der Lage ist, die Raumluft um bis zu 5 K zukühlen, bevor sie wieder dem Raum zugeführt wird. Dabei wurdeeine maximale Kühlleistung von 300 W erreicht. Verglichen miteinem konventionellen System mit Kompressionskältemaschineliefert das neue System 82% der Kälte mit nur 5–7% des Strom-verbrauchs. Es ermöglicht damit tagsüber eine energieeffizienteRaumkühlung mit Stromeinsparungen zwischen 60% und 90%.Die PCM-Lüftungsgeräte sind inklusive Kontrolleinheit seit 2007am Markt verfügbar. Derzeit werden sie auf den Einsatz in Patienten-und Hotelzimmern angepasst.

Forschungsschwerpunkt LowEx

LowEx steht für »Niedrig-Exergie-Technologien«. Hier werdenverschiedene innovative Systeme für Gebäude, Gebäude-technik und Energieversorgung entwickelt, die eines gemein-sam haben: Sie kommen bei der Wärme- und Kälteerzeugungund bei der Wärme- und Kälteverteilung im Raum mit möglichstgeringen Temperaturdifferenzen zur Raumtemperatur aus. Aufdiese Weise können auch regenerative Energiequellen genutztwerden – wie die natürliche Kühle des Erdreichs oder des Grund-wassers zum Kühlen sowie solare Wärme zum Heizen. LowExist ein Schwerpunkt der Forschungsinitiative „Energieopti-miertes Bauen“ (EnOB) des Bundesministeriums für Wirtschaftund Technologie (BMWi).

Weitere Informationen finden sich im Internet unterwww.enob.info

Aus der Praxis

RAL-GÜTESIEGEL

Mit zunehmender Vermarktungder PCM-Technologie steigt dieBedeutung der Qualitätssiche-rung. Daher wurde im Jahr 2004von mehreren deutschen Firmendie Gütegemeinschaft PCM e.V.gegründet und die Entwicklunggeeigneter Verfahren zur Quali-tätssicherung an das BayerischeZentrum für Angewandte Energie-forschung e.V. (ZAE Bayern) sowiedas Fraunhofer-Institut für SolareEnergiesysteme ISE vergeben. Zielist es, die Qualität der Speicher-materialien selbst sowie von Ob-jekten bzw. Systemen, die solche Speichermaterialien beinhal-ten, zu gewährleisten. Nach Abschluss der Arbeiten wurde imJuni 2008 das RAL-Gütezeichen erteilt. Die wesentlichen Güte-kriterien sind die gespeicherte Wärmemenge als Funktion derTemperatur, die zyklische Wiederholbarkeit des Speichervor-gangs sowie die thermische Leitfähigkeit der Speichermateria-lien, die für die Lade- und Entladezeit der Speicher wichtig ist.

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16 BINE themeninfo I/2009

werden. Es ist auch möglich, im Ventilationsmodus Frisch-luft von außen anzusaugen, bevor sie dem Raum zuge-führt wird.

• Systeme zur Raumheizung…werden z. B. in Solar-Luft-Anlagen eingesetzt. Diesebieten den Vorteil, dass sie Ventilation und Heizen ineinem System verbinden können. Die entsprechendenLatentwärmespeicher werden seit Jahren erforscht undbereits in Pilotanlagen getestet. Ein Beispiel ist der Spei-cher, den die Firma Grammer in Zusammenarbeit mitdem ZAE Bayern im Rahmen des Projekts „InnovativePCM-Technologie“ entwickelt hat: Beim Aufladen wer-den vom Solarkollektor verursachte Temperaturspitzenin der Luft geglättet und beim Entladen die Lufttempera-tur über einige Stunden hinweg um 5–8 K erhöht. DerSpeicher war von Februar 2003 bis Dezember 2007 inBetrieb. Während der gesamten Betriebsdauer zeigtesich keine erkennbare Veränderung im thermischen Ver-halten gegenüber dem Neuzustand.

Systeme mit Wärmeübergang an Wasser

Für Systeme, die Wasser oder andere Flüssigkeiten alsWärmeträgerfluid nutzen, gibt es viele Beispiele. Bekanntsind Speicher mit Wärmeübertrager oder mit makrover-kapselten PCM-Modulen. Zum Kühlen von Gebäudenwerden solche Speicher meist als Eisspeicher in Kombi-nation mit Kältemaschinen eingesetzt. Der wichtigste

Abb. 26 Speicherkonzepte zur aktiven Einbindung in Heiz- und Kühlsysteme. Quelle: H. Mehling

aus aus

ein

WTF

WTFWTF

PCM

aus

ein

PCM Module

einPCM

Abb. 27 Schematischer Ansatz für aktive Systeme mit Luft als Wärmeträgerfluid.Quelle: ZAE Bayern

Luft

PCM

Abb. 28 Schematische Funktion einer aktiven PCM-Kühldecke.Quelle: ZAE Bayern

PCM (fest)

Ventilator

Zuluftklappe

(offen)

gekühlte

Raumluft

Außenluftklappe

(geschlossen)

Fortluftklappe

(geschlossen)

warme Raumluft

Lastbetrieb(tagsüber)

PCM (fest)

Ventilator

Zuluftklappppe

(offen)

sen)s(geschloss (geschlossen)

e Raumluftewarmewarme

LastbetriebLastbetrieb

• Systeme zur Raumkühlung in der Fußbodenkonstruktion..werden bisher lediglich im Labormaßstab getestet. Ander Universität von Hokkaido in Japan wurde ein solchesSystem getestet – wobei das PCM als Granulat in einendoppelten Boden eingebracht wurde. Zur Kühlung desRaumes wird dessen Luft über eine Ventilationsöffnungangesaugt, beim Durchströmen des PCM-Granulatsgekühlt und über Öffnungen in der Bodenabdeckungdem Raum wieder zugeführt. Als Backup zur Entsorgungder gespeicherten Wärme in der Nacht ist eine Kältema-schine mittels eines Wärmeübertragers in den Luftkreislaufzugeschaltet. Es ist geplant, dieses Konzept kommerziellumzusetzen.

• Systeme zur Raumkühlung als separate Einheit…sind bereits als Produkt am Markt verfügbar. Die FirmaImtech hat solch ein System (innerhalb des BMWi-For-schungsfeldes „Low-Ex“) entwickelt. Abbildung 30 zeigtden schematischen Aufbau. Als Speichermaterial wirdein PCM-Grafit-Verbundmaterial eingesetzt, das einehohe Speicherfähigkeit mit hoher Leistung bei kleinenTemperaturdifferenzen verbindet. Es speichert etwa 30Wh/kg (108 kJ/kg) im Temperaturbereich 18 °C bis 22 °C.Das Speichermaterial ist als Stapel von Speicherplatten,die von Luft umströmt werden, in das Gerät integriert.Jedes Gerät beinhaltet etwa 35 kg des Speichermaterials –was einer Speicherfähigkeit von etwa 1 kWh entspricht.Auch hier wird die Nachtluft als Kältequelle genutzt. Mitder gespeicherten Kälte kann dann – je nach Einstellungder Außenluftklappe – die Innenluft des Raumes gekühlt

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17BINE themeninfo I/2009

Simulationssoftware

Im Rahmen des Forschungsverbundprojekts „PCM-Aktiv“ wurde die Simulationssoftware PCMexpress ent-wickelt und veröffentlicht. Die Software ermöglicht eineerste einfache und schnelle Abschätzung von Komfort-gewinnen durch den Einsatz eines PCM-Baustoffs. Sieerarbeitet Empfehlungen darüber, welche PCM wiesinnvoll eingesetzt werden können und trifft erste Aus-sagen zur Wirtschaftlichkeit. Die Simulationssoftwareenthält eine umfassende Baustoff-, Konstruktions- undWetterdatenbank, die beliebig erweiterbar ist. PCMex-press ist kostenfrei über die Homepage der ValentinEnergiesoftware GmbH zu beziehen. Sie ersetzt aller-dings nicht einen Nachweis nach EnEV.

Abb. 29 Screenshot PCMexpress unter www.valentin.de

Mikrokapseln sind das Vehikel, um den physikalischen Effekt von PCMin beliebige Baustoffe einzubringen. Durch diese Technologie eröffnensich der latenten Wärmespeicherung neue Möglichkeiten. Der Mehr-aufwand beim Einsatz in Gebäuden bleibt dabei gering. Herstellerherkömmlicher Baustoffe müssen lediglich überschaubare Produkt-anpassungen vornehmen. Nach der Entwicklung von ersten Baustoffenwie Gipsbauplatten, Innenputze oder Porenbeton werden in abseh-barer Zeit noch weitere Innovationen mit PCM folgen. Denn Gebäudemüssen in Zukunft selbst in der Lage sein, die zeitliche Differenz zwischenaktuell verfügbarer (Umwelt-)Energie und ihrer eigentlichen Nutzungauszugleichen. PCM schlägt vor allem im Leichtbau die Brücke zwischenWärmeangebot und -nachfrage – und dies besonders effizient.

Innovative Speichertechniken sind eine Schlüsseltechnologie, um dieEffizienz von Energieanlagen zu optimieren und zeitlich verschobenePotenziale an Umweltenergie in hohem Maße zu nutzen. Als technolo-gische Alternative zu bereits erprobten Anwendungen dient mikro-verkapseltes Material in Form wasserbasierter Slurries (PCS). DiePCS-Technik wird von Imtech in einem Pilotprojekt zur Kühlung vonWerkzeugmaschinen in der Industrie eingesetzt. Die Wirtschaftlichkeitvon PCM-Systemen ließe sich durch Nutzung deutlich kostengüns-tigerer Salzhydrate verbessern; oder durch Entwicklung stabilerEmulsionen, die gegenüber den Slurries eine höhere PCM-Konzen-tration im Wasser bei geringeren Kosten versprechen.

Marco SchmidtTechnisches Marketing für Micronal® PCM beider BASF SE, Mitentwickler mikroverkapselterPCM-Systeme für bauchemische Industrie undBaustoffhersteller.

Bruno LüdemannImtech Deutschland F&E, Projektleiter, Entwicklungund Optimierung energieeffizienter Systeme für dieGebäudetechnik, beteiligt an der Entwicklung einesPCM-Lüftungsgerätes sowie von PCS-Speichern.

Das von uns konzipierte Plusenergiehaus kombiniert Energieeffizienzsowie aktive und passive Nutzung von Sonnenenergie – auch mitHilfe der Aktivierung der Gebäudemassen. Im Freiburger GewerbebauSonnenschiff kamen PCM-Leichtbauwände zum Einsatz, in denBürozonen wurde ein hoher thermischer Komfort erzielt. Allerdingskonnte messtechnisch kein kausaler Zusammenhang zum PCM-Materialfestgestellt werden. Dies kann an der ohnehin schon großen Masseder Konstruktion liegen. Bei leichten Konstruktionsarten bietet sichdie Nutzung von PCM an. Hierbei können die energetischen Speicher-potenziale von Massivbauten auch auf den Holz- und Stahlbauübertragen werden. In Kombination mit einer Nachtlüftung verbessertsich das Behaglichkeitsfeld enorm. Bei guter Planung kann auf einetechnische Kühlung verzichtet werden.

Rolf DischGeschäftsführer Solarsiedlung GmbH und Wirtschafts-verband Erneuerbare Energien Regio Freiburg; seit40 Jahren Entwicklung zukunftsweisender Lösungen fürnachhaltiges Bauen wie das Plusenergiehaus® und dieProjekte Heliotrop®, Solarsiedlung und Sonnenschiff.

Im PortraitHersteller, Entwickler und Anwender – drei Expertenmeinungen

energetische Vorteil liegt in der Steigerung des Wirkungs-grads durch die nächtliche Kälteerzeugung. Hinzu kommtein optimaler Betrieb der Kältemaschine. Durch den Ein-satz einer kleineren Kältemaschine – ausgelegt für mitt-lere Last – werden die Investitionskosten reduziert. Undauch die Verbrauchskosten lassen sich durch den erhöh-ten Wirkungsgrad senken – ebenso wie die Reduktiondes Strombezugs zu Spitzentarifen. Im Bereich derGebäudeheizung wurden Latentwärmespeicher zunächstvor allem für den Einsatz in Solar-Heiz-Systemen erforscht,um den solaren Deckungsanteil zu erhöhen. Ziel war es,von Beginn an bei gleichem oder kleinerem BauvolumenWärme für mehrere Tage zu speichern. Erste Produktesind seit einigen Jahren am Markt. Ein Speicher der AlfredSchneider GmbH nutzt ein Salzhydrat als Speicherme-dium. Er wurde bereits in mehreren Dutzend Systemeninstalliert. Dabei können nicht nur Solarkollektoren, son-dern auch BHKW und Holzfeuerungsanlagen als Wärme-quelle eingesetzt werden (Abb. 31).

Ein fassadenintegriertes Speichersystem, das mit demWärmetransportmedium Wasser arbeitet, wurde im Rah-men eines weiteren Forschungsvorhabens von der TROXGmbH entwickelt. Die besonders kompakte Ausführungs-form des Latentwärmespeichers ermöglicht es, dasSystem raumbezogen in der Fassade unterzubringen.Dadurch ist es auch für Sanierungsmaßnahmen geeig-net. Abbildung 32 zeigt das untersuchte System zur Raum-kühlung unter Verwendung der Umgebungsluft alsWärmesenke: Das System besteht aus dem Latentwärme-

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18 BINE themeninfo I/2009

Abb. 31PCM-Heizungsspeicher. Quelle: Alfred SchneiderGmbH

Abb. 32 Aufbau des Kühl-systems bestehend ausLatentwärmespeicher (1),Kühldecke mit Kapillar-rohrmatte (2) und Fassaden-wärmeübertrager (3).Quelle: TU Berlin, Hermann-Rietschel-Institut

speicher (1) mit Paraffin als Speichermaterial, einer Kühl-decke mit Kapillarrohrmatten (2) und einem Fassaden-wärmeübertrager (3). Die tagsüber anfallende überschüs-sige Wärme wird dem Raum über die Kühldecke entzogen.Dieser Vorgang erfolgt unter Erwärmung des Wassersinnerhalb der Kapillarrohrmatten.

Das erwärmte Wasser im Kühlkreislauf wird anschlie-ßend über eine Pumpe zum Latentwärmespeicher geför-dert. Innerhalb des Latentwärmespeichers erfolgt dieAbkühlung des Wassers mit einhergehendem Phasen-wechsel des PCM. Der Speicher wird regeneriert, nach-dem entweder das Latentmaterial vollständig geschmol-zen ist oder kein weiterer Kühlbedarf im Raum besteht.Dieser Vorgang erfolgt während der Nachtstunden unterAusnutzung der niedrigeren Außenlufttemperatur. DasWasser zirkuliert während dieser Betriebsphase zwischen

dem Latentwärmespeicher und dem Fassadenwärme-übertrager. Innerhalb des Speichers wird Wärme vomPCM zum Wasser übertragen und anschließend durchkonvektiven und radiativen Wärmetransport vom Fassa-denwärmeübertrager an die Umgebung abgegeben. DasLatentmaterial geht dabei in den festen Aggregatzustandüber und kann anschließend wieder für die Raumküh-lung genutzt werden.

Zusätzlich ermöglicht das System eine direkte Nacht-kühlung aller Raumumschließungsflächen, ohne dassein sicherheitstechnisch bedenkliches Öffnen der Fens-ter notwendig ist. Experimentelle und numerische Unter-suchungen an der Technischen Universität Berlin ergabenunter typischen Lastbedingungen in Büroräumen eineTemperaturabsenkung um bis zu 4 K. Für diese deutlicheTemperaturreduktion waren 2 kg Paraffin pro Quadrat-meter Raumfläche erforderlich. Zusätzlich wurde diewasserbasierte Nachtkühlung der Raumumschließungs-flächen genutzt.

Phasenwechsel-Flüssigkeiten

Das am häufigsten eingesetzte pumpfähige – oder flüs-sige – Wärmespeichermaterial ist Wasser. In vielen Fällenwerden auch Mischungen aus Wasser und Glykol ein-gesetzt. Bei hohen Temperaturen finden oft auch ÖleAnwendung. Diesen flüssigen Wärmespeicher-Materialienist gemeinsam, dass die Wärme in ihnen sensibel gespei-chert wird.

Sollen große Wärmespeicherkapazitäten erreicht wer-den, so kann der Anwender mit großen Volumina arbei-ten – oder er nutzt eine große Temperaturerhöhung bzw.-verringerung. Kann ein System mit großen Temperatur-unterschieden zwischen tatsächlich benötigter Tempe-ratur und ausgehender Speichertemperatur arbeiten, so erreichen sensible Wärmeträgerflüssigkeiten hoheWärmespeicherkapazitäten. Sind hingegen nur kleineTemperaturspreizungen möglich, so verringert sich diespeicherbare Wärmemenge bei sensiblen Wärmeträger-medien sehr stark. Bei einer Speichertemperatur, die z. B. nur 10 K über oder unter der Anwendungstemperatur

Abb. 30 SchematischeDarstellung des

aktiven PCM-Kühlmodulsder Firma Imtech.

Quelle: Imtech

2

3

4

1

1 Außenluftklappe

2 PCM-Speicher-

Modul

3 Wärmetauscher

4 Ventilator

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19BINE themeninfo I/2009

PCMWasser

Leitungsrohr

liegen darf, würde man mit reinem Wasser nur noch eineWärmemenge von 42 kJ/kg speichern können. Bei diesenAnwendungen ist eine Flüssigkeit, die PCM enthält, vongroßem Vorteil. Bei geeigneter Schmelztemperatur kanndie Wärmekapazität genau im gewünschten Temperatur-bereich erhöht werden.

Marktgängig sind bereits Wasser/Eis-Mischungen, diebis zu einem gewissen Anteil an Eiskristallen pumpfähigbleiben. Sie können jedoch materialbedingt nur unter 0 °Ceingesetzt werden. Oberhalb 0 °C werden heute haupt-sächlich zwei verschiedene Technologien eingesetzt, umParaffine in Wasser einzubringen. Zum einen werden siemikroverkapselt und anschließend in Wasser suspen-diert, zum anderen kann Paraffin mithilfe entsprechenderAdditive in Wasser direkt emulgiert werden. Beide Pro-zesse sollen verhindern, dass das Paraffin – wenn esgeschmolzen ist – zu größeren Tropfen zusammenfließtund sich vom Wasser trennt. Gleichzeitig sorgt die Disper-gierung dafür, dass das Paraffin im flüssigen wie im festenZustand überhaupt gepumpt werden kann.

Für den Einsatz von Phasenwechsel-Flüssigkeiten (PCM-Slurries) erscheinen Kälteanlagen besonders geeignet, da bei ihnen die Forderung nach geringen Temperatur-spreizungen im System erfüllt ist. Zudem ist hier eineKältespeicherung sinnvoll, um günstigere Betriebsbedin-gungen für die eingesetzten Kältemaschinen zu erreichenund das öffentliche Stromnetz tagsüber zu entlasten.Soll z. B. ein Gebäude in dieser Zeit auf 20 °C gekühltwerden, so ist es zwar möglich, während der Nacht einenKältespeicher bis 0 °C zu beladen. Dies führt aber zugeringen Wirkungsgraden der eingesetzten Kältemaschinesowie zu hohen Speicherverlusten. Beim Einsatz einerPhasenwechsel-Flüssigkeit mit einem Schmelzbereichzwischen 10 °C und z. B. 20 °C und der doppelten Speicher-dichte von Wasser, könnte dieselbe Speicherdichte schonbeim Kühlen des Speichers auf 10 °C erreicht werden.Ein weiteres Potenzial der Slurries liegt im vergleichs-weise einfachen Einsatz als Wärmeträgerflüssigkeit inbestehenden Kältespeichern, um deren Speicherkapa-zität zu erhöhen.

Aus der Praxis

Neuartiges Rückkühlkonzept mit PCM

Abb. 34 Niedertemperatur-Latentwärmespeicher des Projekts „SolCool“.Quelle: ZAE Bayern

In herkömmlichen Systemen zum solaren Heizen und Kühlen mit Absorp-tionskälteanlagen wird die Abwärme über einen Nasskühlturm abgege-ben, was einen erheblichen Wasserverbrauch und hohen Wartungsauf-wand zur Folge hat. Deshalb wird mit dem Forschungsprojekt „SolaresHeizen und Kühlen mit kompakter Absorptionskälteanlage und Latent-wärmespeicher“ (SolCool) ein gänzlich neuer Ansatz verfolgt: An Stelle desNasskühlturms wird ein patentiertes Rückkühlkonzept mit trockenemLuftkühler und innovativem Latentwärmespeicher erprobt. Der Latent-wärmespeicher mit einer Phasenwechsel-Temperatur von 29 °C speicherttagsüber einen Teil der Abwärme, die dann nachts abgegeben wird.Zudem steht dieser Speicher mit hoher Kapazität für die Kurzzeitpufferungdes solaren Ertrags während der Heizperiode zur Verfügung. Der Versuchs-betrieb am ZAE Bayern hat gezeigt, dass durch den Einsatz eines Lat-entwärmespeichers die Rückkühlung der Absorptionskälteanlage imKühlbetrieb auch bei hohen Außentemperaturen auf dem gefordertenTemperaturniveau von 32 °C gehalten werden kann. Die erhöhte Leis-tungsaufnahme durch das nächtliche Entladen des Speichers ist hierbeiklein. Sie wird durch die Verlagerung des Spitzenlaststrombedarfs fürdie Rückkühlung in die Schwachlastzeiten mehr als ausgeglichen.

Im Heizbetrieb steigt die solare Deckungsrate durch den Einsatz desSpeichers stark an. Zum einen kann überschüssige Wärme tagsüber fürdie Nacht gepuffert werden, zum anderen sinken die Verluste des Kollektorswährend des Ladevorgangs. Maßgeblich hierfür ist die latente Wärme-speicherung bei konstant niedriger Temperatur. Ein „Hochlaufen“ derKollektortemperatur und damit verbundene Wirkungsgradeinbußen – wie bei üblichen sensiblen Warmwasserspeichern – können dadurchvermieden werden. Innerhalb der zwei Betriebsjahre hat der Speicheretwa 300 Heiz- und Kühlzyklen ohne Störung durchlaufen. Er führt inner-halb des Systems zu einer wesentlichen Verbesserung der Systemeffizienz,speziell im Heizbetrieb – was durch seine niedrige Speichertemperaturerreicht wird. Die Anlage wird jetzt hinsichtlich der Regelungsstrategie undMinimierung des Hilfsenergiebedarfs optimiert. Für das Gesamtsystemwird eine elektrische Leistungsziffer – das Verhältnis von mittlerem Strom-verbrauch zu erzeugter Nutzkälte – während des Kühlbetriebes von über10 und in der Heizperiode um 8 angestrebt.

Abb. 33 Phasenwechsel-Flüssigkeiten (Slurries) bestehen auseiner Trägerflüssigkeit und darin suspendierten oder emulgiertenPCM. Aufgrund der Partikelgrößen entsteht eine weiße Flüssigkeit. Quelle: ZAE Bayern (li.), Fraunhofer ISE (re.)

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AusblickAufgrund intensiver Forschung in den letzten beiden Jahrzehnten sind heute viele Phasen-wechsel-Materialien bekannt, die sich für den Einsatz als Latentwärmespeicher eignen.Mehr als einhundert decken den Temperaturbereich von etwa -40 °C bis etwa 130 °C ab und sind am Markt verfügbar; einige dieser Materialien werden bereits seit mehr als10 Jahren in unterschiedlichen Anwendungen erfolgreich eingesetzt. Die dabei verwen-deten Kapseltechniken – Mikro- und Makroverkapselung – sind ebenfalls Stand derTechnik. Es existiert hierzu ein anerkanntes Gütesiegel der RAL.

Abgesicherte Erfahrungswerte für die unterschiedlichen Anwendungen (Solarenergie-und Biomassenutzung, Kraft-Wärme-Kopplung) liegen bislang noch nicht ausreichend vor,sodass der Nutzen von Latentwärmespeichern jeweils im Detail nachgewiesen werdenmuss. Die Ergebnisse einiger Demonstrationsprojekte zeigen jedoch bereits, dass beigeeigneter Dimensionierung und Auslegung signifikante Energieeinsparungen undhöhere Wirkungsgrade erreicht werden können. Baumaterialien, die mikroverkapseltePCM nutzen, sind mittlerweile in vielfältiger Form erhältlich. Beispiele sind Gips-Putze,Gips-Platten sowie Verbund-Materialien mit PCM. Erste Installationen in realen Gebäudenwurden 2004 durchgeführt. Vor allem Gips-Platten werden heute bereits in großemMaßstab kommerziell produziert und eingesetzt. Im Bereich der flüssigen Speicher-medien (PCS) werden erste Demonstrationsvorhaben durchgeführt. Doch sind hierweitere Optimierungen und vor allem Untersuchungen zur Langzeitstabilität notwendig,um zu marktfähigen Produkten zu gelangen. Zur besseren Verbreitung und Akzeptanzdieser Materialien tragen anerkannte Planungswerkzeuge und Simulationsmodellewesentlich bei. Denn der Vorteil dieser Materialien lässt sich quantifizieren und belegen.

Neben der materialbezogenen Forschung und Entwicklung wird es in den nächsten Jahrenwichtig sein, weitere Erfahrungen in Demonstrationsprojekten zu sammeln und diese zuevaluieren. Die ersten Pilotanwendungen von PCM-Baumaterialien fanden bereits imJahr 2004 statt, Energieeinsparungen und Komfortverbesserungen wurden seitdem nachge-wiesen. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass diese Materialien in wenigen Jahren als Standder Technik akzeptiert werden. Die deutliche Steigerung der Energiekosten hat inzwischenweltweit – auch in den USA – zur Gründung neuer Firmen in diesem Marktbereich geführt.

Mehr von BINEb Thermoaktive Bauteilsysteme, BINE-Themeninfo I/2007

b www.bine.info

Linksb www.enob.info

b www.zae-bayern.de

b www.ise.fraunhofer.de

b www.lowex.info

b www.pcm-ral.de

b www.pcm-storage.info

b www.micronal.de

b www.glassx.ch

b www.effstock2009.com

LiteraturHeat and cold storage with PCM – An up to date introduction into basics and applications, H. Mehling, L.F. Cabeza, Springer, ISBN 978-3-540-68556-2

Energieeffiziente Klimatisierung mit Phasenwechselmaterialien, KI Luft- und Kältetechnik 7-8/2006

PCM eröffnet neue Wege für die Raumlufttechnik, KI Luft- und Kältetechnik 9/2004

Aktive Raumkühlung mit Nachtkälte – Entwicklung eines dezentralen Lüftungsgerätesmit Latentwärmespeicher, KI Kälte – Luft – Klimatechnik 4/2007

FörderungBundesministerium für Wirtschaftund Technologie (BMWi)11019 Berlin

Projektträger JülichForschungszentrum Jülich GmbH52425 Jülich

Förderkennzeichen03273030327360 A,B,C0327370 F,G,J,K,S,U0327384 A-C0327427 A,B0329279 A0329605 D0329840 A-D