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II
Leistungsprofile und Handlungslogiken der Berliner
Freiwilligenagenturen – Strukturen, Entwicklung
und Perspektiven
Autor: Lukas Heimes
Untersuchung im Rahmen einer
Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades „Master of Arts (M.
A.)“ im hochschulübergreifenden betriebswirtschaftlichen Studiengang
„Nonprofit-Management und Public Governance" der Hochschule für Technik
und Wirtschaft Berlin und der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Zusammenfassung:
Im Oktober 2016 gibt es in Berlin 22 Freiwilligenagenturen. Alle im Rahmen dieser
Untersuchung befragten Freiwilligenagenturen beraten BürgerInnen zu freiwilligen
Engagementmöglichkeiten und machen Öffentlichkeitsarbeit für die Freiwilligentätigkeit. Die
große Mehrzahl begleitet außerdem zivilgesellschaftliche Organisationen in der Arbeit mit
Freiwilligen. Die Mehrzahl der befragten Berliner Freiwilligenagenturen ist in Trägerschaft
eines Vereins. Eine Bezirksverwaltung ist bei drei Befragten Trägerin. Jeweils zwei Agenturen
gehören einem Wohlfahrtsverband, einer Stiftung oder einer (gemeinnützigen) GmbH an.
Das Jahresbudget lässt sich bei einem Viertel der befragten Berliner Freiwilligenagenturen
auf jeweils unter 10.000 Euro beziffern. Knapp einem Drittel der Berliner
Freiwilligenagenturen steht ein Gesamtbudget von zwischen 10.000 und 50.000 Euro zur
Verfügung. Einer Agentur stehen 80.000 Euro zur Verfügung. Jeweils zwei Agenturen arbeiten
mit einem Jahresbudget von zwischen 100.001 und 150.000, bzw. zwischen 150.001 und
200.000 Euro. Einer Agentur stehen mehr als 200.000 Euro pro Jahr zur Verfügung.
Die öffentliche Hand ist die wichtigste Geldgeberin für Freiwilligenagenturen – häufig in
Form von institutioneller Förderung. Auch projektgebundene Mittel (zum Teil ebenfalls aus
öffentlichen Töpfen) und selbsterwirtschaftete Mittel tragen maßgeblich zur Finanzierung der
Freiwilligenagenturen bei.
Bezüglich der Struktur der MitarbeiterInnen gaben fast alle befragten Freiwilligenagenturen
an, selbst Unterstützung von Freiwilligen zu erhalten. Hauptamtliche MitarbeiterInnen in
Vollzeit sind bei der Hälfte der Agenturen eingestellt. Etwas mehr als die Hälfte der
Organisationen beschäftigen HauptamtlerInnen in Teilzeit.
Die Handlungslogik der Berliner Freiwilligenagenturen kann als eher informell /
zivilgesellschaftlich bezeichnet werden.
Im Laufe der sogenannten Flüchtlingskrise nahm die Fülle an Aufgaben für
Freiwilligenagenturen in Berlin nach deren Selbstangabe zu. Gleichzeitig stieg das
durchschnittliche Jahresbudget – vor allem durch projektgebundene öffentliche Mittel. Die
Handlungslogik der Berliner Freiwilligenagenturen änderte sich durch die
„Flüchtlingskrise“ nicht merklich.
III
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ............................................................................................................. 1
2 Forschungsstand und aktuelle Entwicklungen ................................................. 5
2.1 Leistungsprofile und strukturelle Merkmale von Freiwilligenagenturen in
Deutschland ........................................................................................................... 5
2.2 Freiwilligenagenturen als intermediäre Organisationen.............................. 7
2.3 Merkmale und Handlungslogiken von Zivilgesellschaft und öffentlicher
Verwaltung als Umwelt von Freiwilligenagenturen .............................................. 9
2.4 Die sogenannte Flüchtlingskrise und die Reaktionen von öffentlicher
Verwaltung, informeller Zivilgesellschaft und Freiwilligenagenturen in Deutschland
13
3 Theoretisches Analysemodell ........................................................................... 17
3.1 Entwicklungsmodell für Freiwilligenagenturen ........................................ 17
3.2 Der soziologische Neo-Institutionalismus als organisationstheoretischer
Analyserahmen .................................................................................................... 18
3.3 Der institutionelle Rahmen von Freiwilligenagenturen in Berlin ............. 21
3.4 Operationalisierung des theoretischen Rahmens ....................................... 23
4 Darstellung und Interpretation der Forschungsergebnisse ........................... 29
4.1 Leistungsprofile und strukturelle Merkmale von Freiwilligenagenturen in
Berlin. .................................................................................................................. 29
4.2 Handlungslogiken von Freiwilligenagenturen in Berlin ........................... 36
4.3 Veränderungen in Leistungsprofilen, strukturellen Merkmalen und
Handlungslogiken von Freiwilligenagenturen in Berlin durch die sogenannte
Flüchtlingskrise ................................................................................................... 38
4.4 Ergebnisse des qualitativen Gruppengesprächs und zukünftige Entwicklung von
Freiwilligenagenturen in Berlin ........................................................................... 47
5 Fazit .................................................................................................................... 51
Literaturverzeichnis ......................................................................................................... 54
Gesprächsverzeichnis ...................................................................................................... 62
Anhang ............................................................................................................................ 63
Anhang I: Zusammenfassung des explorativen Interviews mit Carola Schaaf-Derichs
............................................................................................................................. 63
Anhang II: Synopse des Gruppengesprächs zum Thema „Entwicklung und
Perspektiven von Freiwilligenagenturen in Berlin“ ............................................ 65
Anhang III: Standardisierter Online-Fragebogen ................................................ 68
IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: 4-Stufen-Modell zur Entwicklung von Freiwilligenagenturen ................. 17
Abbildung 2: Theoretisches Analysemodell ................................................................... 20
Abbildung 3: Anpassungen von Leistungsprofilen und Handlungslogiken Berliner
Freiwilligenagenturen aus neo-institutionalistischer Perspektive ........................... 22
Abbildung 4: Anzahl der Nennungen der jeweiligen Arbeitsbereiche von
Freiwilligenagenturen in Berlin............................................................................... 29
Abbildung 5: Positionierung auf dem Entwicklungsmodell der LAGFA ....................... 30
Abbildung 6: Häufigkeit der Zuordnung zu verschiedenen Kombinationen der
Entwicklungsstufen ................................................................................................. 30
Abbildung 7: Trägerschaft der befragten Freiwilligenagenturen .................................... 31
Abbildung 8: Anzahl der befragten Freiwilligenagenturen mit jeweils angegebener Höhe des
Jahresbudgets 2016.................................................................................................. 32
Abbildung 9: Häufigkeit der Nennungen jeweils aufgezählter Mittelherkünfte ............. 33
Abbildung 10: Anzahl der befragten Freiwilligenagenturen, die den jeweiligen
MitarbeiterInnentyp beschäftigen............................................................................ 34
Abbildung 11: Anzahl der Agenturen, die mit der jeweiligen Stellenanzahl (in
Vollzeitäquivalenten) ausgestattet sind ................................................................... 34
Abbildung 12: Handlungslogiken von Freiwilligenagenturen in Berlin nach Merkmalen auf
dem Kontinuum informelle Zivilgesellschaft – öffentliche Verwaltung ................ 37
Abbildung 13: Veränderung der Aktivitäten Berliner Freiwilligenagenturen durch die
sogenannte Flüchtlingskrise .................................................................................... 39
Abbildung 14: Veränderung in den strukturellen Merkmalen von Berliner
Freiwilligenagenturen durch die sogenannte Flüchtlingskrise ................................ 40
Abbildung 15: Veränderung der Handlungslogiken Berliner Freiwilligenagenturen durch die
sogenannte Flüchtlingskrise. Darstellung der Zustimmung auf die genannten Aussagen
................................................................................................................................. 41
V
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Unterschiede der Handlungslogiken von Verwaltung und Zivilgesellschaft . 12 Tabelle 2: Zuordnung der abgefragten Aufgabenbereiche .............................................. 24 Tabelle 3: Merkmalkategorien und Pole des Kontinuums zwischen der Handlungslogik der
öffentlichen Verwaltung und der informellen Zivilgesellschaft ............................. 26 Tabelle 4: Prozentsatzdifferenz (d %) zwischen den Ausprägungen der Merkmale
„Jahresbudget über 40.000 Euro“ sowie „Mehr als zwei hauptamtliche Stellen (in VZÄ)“
in Bezug auf das Erreichen höherer Entwicklungsstufen ........................................ 35 Tabelle 5: Prozentsatzdifferenz (d %) zwischen den Freiwilligenagenturen, die einen Zuwachs
der jeweiligen Leistung angeben, und den Agenturen, die nicht von einem solchen
Zuwachs berichten, in Bezug auf den Zuwachs der dargestellten strukturellen Merkmale
................................................................................................................................. 43 Tabelle 6: Prozentsatzdifferenz (d %) zwischen den Freiwilligenagenturen, die die jeweils
genannte Veränderung in den Handlungslogiken bejahen, und den Agenturen, die nicht
von einer solchen Veränderung berichten, in Bezug auf einen Zuwachs der dargestellten
strukturellen Merkmale ........................................................................................... 44 Tabelle 7: Prozentsatzdifferenz (d %) zwischen den Freiwilligenagenturen, die einen Zuwachs
der jeweiligen Leistung angeben, und den Agenturen, die nicht von einer solchen
Veränderung berichten, in Bezug auf einen Zuwachs der dargestellten Indikatoren der
Legitimität ............................................................................................................... 45 Tabelle 8: Prozentsatzdifferenz (d %) zwischen den Freiwilligenagenturen, die die jeweils
genannte Veränderung in den Handlungslogiken bejahen, und den Agenturen, die nicht
von einer solchen Veränderung berichten, in Bezug auf einen Zuwachs der dargestellten
Indikatoren der Legitimität ...................................................................................... 46
VI
Abkürzungsverzeichnis
BAGFA – Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen e.V.
LAGESO – Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales
LAGFA – Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen
LKF – Landesweiter Koordinierungsstab Flüchtlingsmanagement
VZÄ – Vollzeitäquivalent
1
1 Einleitung
Freiwilligenagenturen haben sich als intermediäre Organisationen zum Ziel gesetzt, zwischen
verschiedenen Akteuren der Gesellschaft zu vermitteln. Sie beraten BürgerInnen1 zu
freiwilligen Engagementmöglichkeiten, begleiten zivilgesellschaftliche Organisationen in der
Arbeit mit Freiwilligen und treten vermehrt in Kontakt mit privatwirtschaftlichen Unternehmen
(Speck, Backhaus-Maul, Friedrich und Krohn, 2012, S.11). Im Zuge der Ankunft von über einer
Millionen geflüchteter Menschen in Deutschland (ca. 80.000 davon in Berlin) im Jahr 2015
(Landesweiter Koordinierungsstab Flüchtlings-management - LKF, 2016) wurden sie auch
vermehrt zu Ansprechpartnern der öffentlichen Verwaltung. Im Sommer und Herbst 2015
gerieten nicht nur die lokalen Behörden unter Druck. In Folge einer schnell ansteigenden
Inanspruchnahme ihrer Leistungen zeigten sich auch bei den Berliner Freiwilligenagenturen
krisenartige Symptome (Schaaf-Derichs, 2016). So gelang es den Agenturen insbesondere im
Herbst 2015 kurzfristig nicht, die Anfragen interessierter Freiwilliger zufriedenstellend zu
bearbeiten. Auch die Kooperation mit der für die Unterbringung und Versorgung geflüchteter
Menschen zuständigen Berliner Verwaltungen funktionierte in dieser Phase nicht ausreichend
gut. So konnten Freiwilligenagenturen zunächst keine für das freiwillige Engagement
notwendigen Informationen weitergeben oder gar in der Koordination und Vernetzung von
Freiwilligen aktiv werden (ebd.). Gleichzeitig wurde in dieser Situation das große
Vermittlungspotenzial der Freiwilligenagenturen deutlich: Auf der einen Seite wurde die
Notwendigkeit von professioneller Koordination und Beratung der sich vermehrt selbst
organisierenden Freiwilligen sichtbar (Karakayali, 2016, S.6). Auf der anderen Seite gelang es
der den Zuzug Tausender Menschen administrierenden öffentlichen Verwaltung nicht,
eigenständig einen konstruktiven Dialog mit den Freiwilligen aufzunehmen (Hamann,
Karakayali, Wallis und Höfler, 2016, S.36).
Die vorliegende Masterarbeit geht in Anbetracht dieser aktuellen Entwicklungen der Frage
nach, wie Berliner Freiwilligenagenturen ihre Rolle als Intermediäre zwischen Verwaltung und
engagierter Zivilgesellschaft ausfüllen. Außerdem soll untersucht werden, inwiefern die
sogenannte Flüchtlingskrise2 die Freiwilligenagenturen in Berlin verändert hat. Fünf
Forschungsfragen wurden hierfür formuliert:
1 In dieser Arbeit soll durch die Verwendung des sogenannten Binnen-I die Ansprache von Männern und Frauen
gleichermaßen ausgedrückt werden. Diese geschlechtergerechte Schreibweise wird vom Autor als eine den
Lesefluss wenig störende Ausdruckweise angesehen, die der gleichwertigen Relevanz beider Geschlechter
Rechnung trägt. 2 Der Begriff „Flüchtlingskrise“ ist insofern problematisch, als er suggeriert, dass geflüchtete Menschen als
zentraler Grund (und somit als Schuldige) der Krise anzusehen sind. Dabei sind vielmehr die Schwierigkeiten
2
1) Wie gestaltet sich das Leistungsprofil Berliner Freiwilligenagenturen?
2) Welche strukturellen Merkmale weisen Freiwilligenagenturen in Berlin auf?
3) Welchen Handlungslogiken unterliegt die Leistungserbringung von Berliner
Freiwilligenagenturen als intermediären Organisationen?
4) Welche Veränderungen in der Leistungserbringung, in den strukturellen Merkmalen
und in den Handlungslogiken Berliner Freiwilligenagenturen haben sich durch die
sogenannte Flüchtlingskrise vollzogen?
5) Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich für Berliner
Freiwilligenagenturen auf Basis dieser Veränderungen für die Zukunft?
Für die Masterarbeit wurde ein deskriptiv-analytischer Forschungsansatz gewählt. Dabei liegt
bei der deskriptiven Bestandsaufnahme der Berliner Freiwilligenagenturen der Fokus auf der
Meso-Ebene (angebotene Leistungen, Zusammensetzung der Mitarbeitenden, Höhe und
Herkunft der finanziellen Mittel, wirkende Handlungslogiken). In Bezug auf die
Veränderungen im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise wird die Makro-Ebene betrachtet,
d.h. die Auswirkungen extern induzierter Veränderungen auf die Organisationen. Um die
gesammelten Ergebnisse interpretieren zu können, wurde ein Analysemodell entwickelt. Dieses
Modell basiert auf dem Verständnis von Freiwilligenagenturen als intermediäre
Organisationen. Eine intermediäre Organisation wird dabei als „Bindeglied [...] Kopplungs-
und Vermittlungsinstanz zwischen Systemelementen des lokalen, regionalen und
bürgerschaftlichen Hintergrundes und der Verwaltung“ (Alt, Ebert, Jutzi, Müller und Wöllert,
2007, S.23) verstanden. Dabei stehen die Referenzsysteme öffentliche Verwaltung (und hier
die Ebene der Berliner Bezirke) sowie die informelle Zivilgesellschaft3 im Fokus der
Betrachtung. Außerdem fließt in das Analysemodell ein Entwicklungsmodell für
Freiwilligenagenturen ein, das als Gradmesser für die Veränderung des Leistungsprofils der
Berliner Freiwilligenagenturen durch die sogenannte Flüchtlingskrise dient. Unter
Leistungsprofil wird dabei die für jede Freiwilligenagentur spezifische Zusammensetzung der
gemeint, mit welchen sich insbesondere die Behörden, aber auch andere Institutionen in Deutschland bei der
Aufnahme der ankommenden Menschen konfrontiert sehen. Alternativ sollte also von „Behördenkrise“,
„Verwaltungskrise“, „Institutionenkrise“, etc. geredet werden. Da sich der Begriff „Flüchtlingskrise“ als alle
diese Teilkrisen zusammenfassender Terminus in der Literatur durchgesetzt hat und um die Lesbarkeit zu
erhöhen, wird er in dieser Arbeit dennoch verwendet. Dabei wird er allerdings entweder in Anführungszeichen
gesetzt oder um den Zusatz ‚sogenannte’ [Flüchtlingskrise] ergänzt. Der Begriff „Flüchtling“, der ebenfalls
diskriminiert, da er Menschen auf der Flucht auf eben dieses Ereignis reduziert, wird, wo es geht, durch den
Ausdruck „geflüchtete(r) Mensch(en)“ oder „GeflüchteteR“ ersetzt. Das Wort ‚Flüchtlingshilfe’ wird
durchgehend verwendet, da es aus Verständnisgründen auch im Fragebogen eingesetzt wurde. 3 Der Zusatz ‚informell’ wird verwendet, um basisdemokratisch organisierte Initiativen und individuell
agierende Freiwillige, mit denen Freiwilligenagenturen im Rahmen der sogenannten Flüchtlingskrise in Kontakt
kamen, von formalisierten und zum Teil sehr professionell agierenden Organisationen des Dritten Sektors
abzugrenzen.
3
von ihr angebotenen Leistungen verstanden. Die Forschungsperspektive des Neo-
Institutionalismus in seiner soziologischen Ausprägung4 (vgl. Neumann, 2005; Schulze, 1997)
schließlich bietet den organisationstheoretischen Rahmen des Analysemodells.
Methodisch wurde mit einem standardisierten Fragebogen gearbeitet (siehe Anhang III). Dieser
wurde von 16 der 22 Berliner Freiwilligenagenturen online ausgefüllt (Rücklaufquote ca. 73
Prozent).5 Im Fragebogen wurden insbesondere die Forschungsfragen 1 bis 4 operationalisiert
und abgefragt. Zur Konkretisierung der Fragestellungen fand im Anfangsstadium der
Erstellung am 11. Oktober 2016 ein exploratives Interview mit Frau Carola Schaaf-Derichs,
Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen Berlin und
Geschäftsführerin der Landesfreiwilligenagentur Berlin, statt. Das Gespräch wurde in
Schriftform zusammengefasst (siehe Anhang I). Zusätzlich wurde ein zweistündiges
Gruppengespräch mit fünf GeschäftsführerInnen Berliner Freiwilligenagenturen durchgeführt.
In diesem Gespräch wurden vor allem Erkenntnisse zur Beantwortung der Forschungsfrage 5
gesammelt sowie die Ergebnisse der vorgelagerten standardisierten Befragung überprüft und
ergänzt. Das Gruppengespräch wurde zusammengefasst und in Schriftform dokumentiert (siehe
Anhang II).
Die Arbeit ist wie folgt angelegt: Zunächst werden im zweiten Kapitel der Forschungsstand zu
Leistungsprofilen und strukturellen Merkmalen von Freiwilligenagenturen in Deutschland
dargestellt sowie Besonderheiten von Freiwilligenagenturen in Berlin erläutert (2.1).
Anschließend werden die Intermediarität von Freiwilligenagenturen beschrieben (2.2) und die
Merkmale und Handlungslogiken dargestellt, die sich aus dieser Intermediarität zwischen den
Institutionen der öffentlichen Verwaltung und der informellen Zivilgesellschaft ergeben (2.3).
Zum Ende des Kapitels wird auf die sogenannte Flüchtlingskrise sowie ihre Auswirkungen auf
die öffentliche Verwaltung, die informelle Zivilgesellschaft und auf Freiwilligenagenturen in
Berlin eingegangen (2.4).
Kapitel 3 geht ausführlicher auf das theoretische Analysemodell ein. Zunächst wird das
Entwicklungsmodell für Freiwilligenagenturen vorgestellt (3.1) und der soziologische Neo-
Institutionalismus als organisationstheoretischer Rahmen eingeführt (3.2). Anschließend
4 Wenn im Folgenden die Rede von ‚Neo-Institutionalismus’ ist, ist stets dessen soziologische Ausprägung
gemeint. 5 Für diese Arbeit wurden ausschließlich Mitgliedsorganisationen der Landesarbeitsgemeinschaft der
Freiwilligenagenturen Berlin (LAGFA) berücksichtigt. Während es theoretisch möglich ist, dass es in Berlin
weitere Organisationen gibt, die sich als Freiwilligenagentur verstehen, aber nicht Mitglied der LAGFA sind, ist
dem Autor eine solche Organisation nicht bekannt. Vorhergehende Studien fanden bereits eine flächendeckende
Mitgliedschaft in der LAGFA bei allen Berliner Freiwilligenagenturen heraus (siehe Speck et al., 2012, S.40)
und legitimieren somit die hier gewählte Vorgehensweise.
4
werden die Begrifflichkeiten des Neo-Institutionalismus auf die Situation der
Freiwilligenagenturen in Berlin übertragen (3.3). Schließlich wird erläutert, wie der gesamte
theoretische Rahmen operationalisiert wurde (3.4).
Im vierten Kapitel werden die Untersuchungsergebnisse dargestellt und interpretiert. Dies
umfasst zunächst die Präsentation des Leistungsspektrums und der strukturellen Merkmale von
Freiwilligenagenturen in Berlin (4.1). Im Anschluss folgt die Analyse der in
Freiwilligenagenturen wirkenden Handlungslogiken (4.2). Außerdem werden die durch die
sogenannte Flüchtlingskrise verursachten Veränderungen in Leistungsprofilen, strukturellen
Merkmalen und Handlungslogiken vorgestellt (4.3). Schließlich werden die Ergebnisse des
qualitativen Gruppengesprächs präsentiert. Zunächst werden dabei Ergänzungen zu den bereits
durch den Fragebogen abgefragten Themenkomplexen vorgenommen. Anschließend werden
aktuelle Chancen und Herausforderungen von Freiwilligenagenturen in Berlin dargestellt (4.4).
Im fünften Kapitel wird ein Fazit gezogen. Hierfür werden die Erkenntnisse der Arbeit
zusammengefasst sowie der praktische Wert und die Limitationen der Arbeit erläutert.
5
2 Forschungsstand und aktuelle Entwicklungen
In diesem Kapitel werden zunächst bestehende Erhebungen zu Freiwilligenagenturen in
Deutschland vorgestellt und – wo bekannt – Besonderheiten Berliner Freiwilligenagenturen
aufgezeigt (2.1). Anschließend werden die Charakteristika intermediärer Organisationen
präsentiert und Freiwilligenagenturen mit dieser Organisationsform in Verbindung gebracht
(2.2). Daraufhin werden mit der informellen Zivilgesellschaft und der öffentlichen Verwaltung
zwei Sektoren mit denen Freiwilligenagenturen in Kontakt treten, näher beleuchtet. Außerdem
wird auf die Besonderheiten der den Aktivitäten des jeweiligen Umfeldes unterliegenden
Handlungslogiken eingegangen (2.3). Im Anschluss wird die sogenannte Flüchtlingskrise als
prägendes aktuelles Ereignis erläutert und Reaktionen sowie Symptome der Krise in
Zivilgesellschaft und Verwaltung aufgezeigt (2.4).
2.1 Leistungsprofile und strukturelle Merkmale von Freiwilligenagenturen in
Deutschland
Laut Satzung der deutschen Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen, in der 189
Freiwilligenagenturen organisiert sind, verstehen sich Freiwilligenagenturen als gemeinnützige
Organisationen, „die sich durch Aufbau und Betrieb einer Einrichtung, d.h. einer Anlauf-,
Informations-, Beratungs- und Vermittlungsstelle für Freiwillige und Organisationen, die
Förderung und Unterstützung des freiwilligen, ehrenamtlichen, bürgerschaftlichen
Engagements zur Aufgabe“ gemacht haben. Damit sind Freiwilligenagenturen als ein Teil der
Infrastruktur zur Förderung bürgerschaftlichen Engagements6 zu verstehen (Krell, 2012, S.80).
Diese Infrastruktur entstand in Deutschland vor allem in den letzten 40 Jahren und umfasst
neben Freiwilligenagenturen auch Bürgerstiftungen, Mehrgenerationenhäuser,
Selbsthilfekontaktstellen, Seniorenbüros, soziokulturelle Zentren und ähnliche Einrichtungen
(Bertelsmann Stiftung, 2014, S.3). Von anderen Einrichtungen der Engagementförderung
unterscheiden sich Freiwilligenagenturen dadurch, dass sie keine Eingrenzung der Zielgruppe
oder der Engagementfelder vornehmen, sondern sich an alle Bevölkerungsgruppen wenden
(Speck et al., 2012, S.13).
Den aktuellsten – und in diesem Umfang einzigen - Überblick über den Status quo von
Freiwilligenagenturen geben Speck et al. in ihrer Studie aus dem Jahr 2012. Dazu fassten sie
bestehende Forschungsergebnisse und Veröffentlichungen der Freiwilligenagenturen
6 Einen Überblick über die wissenschaftliche Debatte, welche Bezeichnung für Tätigkeiten, die unentgeltlich,
freiwillig und mit Ausrichtung auf das Gemeinwohl ausgeübt werden, am treffendsten ist, gibt Priller (2010,
S.199ff). In dieser Arbeit werden die Begriffe bürgerschaftliches Engagement, zivilgesellschaftliches
Engagement, freiwilliges Engagement, ehrenamtliches Engagement und Freiwilligenarbeit synonym verwendet.
6
zusammen (ebd., S.12). Empirische Daten erhoben sie außerdem durch eine bundesweite
repräsentative Fragebogenerhebung, qualitative Fallstudien und ExpertInnenbefragungen
(ebd., S.24). Die zentralen Ergebnisse dieser Studie fassen den aktuellen Forschungsstand über
Freiwilligenagenturen in Deutschland kompakt zusammen und sollen hier kurz wiedergegeben
werden – teilweise ergänzt durch aktuellere Daten aus anderen Studien.
Die erste Freiwilligenagentur wurde in Deutschland im Jahr 1980 in München gegründet, 1988
folgte in Berlin die zweite (Krell, 2012, S.82). Die entscheidende Phase für die Verbreitung der
Organisationsform setzte Ende der 1990er Jahre ein, sodass 2001 ca. 190 Agenturen bestanden
(Speck et al., 2012, S.119). Bis 2009 stieg diese Zahl auf 360 Agenturen an (ebd.), 2014 wurde
bereits von 500 Organisationen gesprochen (Bertelsmann Stiftung, 2014, S.5). Speck et al.
(2012) führen das starke Wachstum Ende der 1990er und zu Beginn der 2000er Jahre vor allem
auf förderpolitische Maßnahmen zurück (ebd., S.34).
Das Leistungsprofil der von Speck et al. (2012) befragten Freiwilligenagenturen umfasst vor
allem die Information, Beratung und Vermittlung von Freiwilligen, die Zusammenarbeit mit
und Beratung von gemeinnützigen Organisationen und die Öffentlichkeitsarbeit für
bürgerschaftliches Engagement. Darüber hinaus betreiben die meisten Agenturen (97 Prozent)
auch Vernetzungsarbeit im Freiwilligensektor, Projektentwicklung zum freiwilligen
Engagement (91 Prozent) und organisieren Fort- und Weiterbildungen im Freiwilligensektor
(85 Prozent) (ebd., S.68). Mehr als die Hälfte der Freiwilligenagenturen arbeiten mit Akteuren
aus zwei Sektoren zusammen (meist aus dem zivilgesellschaftlichen Sektor und der
kommunalen Verwaltung). Knapp 40 Prozent arbeiten mit Akteuren aus drei Sektoren (neben
Zivilgesellschaft und Verwaltung auch privatwirtschaftliche Organisationen) zusammen (ebd.,
S.77).
In Bezug auf ihre Trägerschaft weisen Freiwilligenagenturen in Deutschland eine große
Heterogenität auf. Ein Viertel der Organisationen ist in der Trägerschaft eigenständiger
Vereine. Ein weiteres Viertel sind Wohlfahrtsverbänden zugehörig. Ein Fünftel ist in
kommunaler Trägerschaft; während ein weiteres Sechstel Trägerverbünden aus verschiedenen
Akteuren angehört (Speck et al., 2012, S.120).
Auch die Ressourcenausstattung von Freiwilligenagenturen in Deutschland ist als heterogen zu
bezeichnen. 40 Prozent der Organisationen arbeiten mit einem Budget von bis zu 10.000 Euro
pro Jahr. Ein weiteres Drittel hat einen Jahresetat von mehr als 10.000 bis zu 50.000 Euro,
während etwas weniger als ein Drittel jeweils über 50.000 Euro pro Jahr zur Verfügung hat. 81
Prozent der Freiwilligenagenturen schätzen ihren tatsächlichen Jahresbedarf (zum Teil
7
deutlich) höher ein als ihr gegenwärtiges Budget (Speck et al., 2012, S.66). Den überwiegenden
Teil (41 Prozent) ihrer finanziellen Ressourcen beziehen Freiwilligenagenturen aus
kommunalen Mitteln. 80 Prozent der Organisationen erhalten eine grundständige
(institutionelle) Finanzierung - mit deren Höhe die eine Hälfte der Befragten zufrieden, die
andere Hälfte unzufrieden ist (ebd., S.53f). 27 Prozent der Organisationen arbeiten
ausschließlich mit ehrenamtlichen MitarbeiterInnen. 43 Prozent der Agenturen haben eine
hauptamtliche Stelle, 30 Prozent zwei oder mehr hauptamtliche Personalstellen.
Für Freiwilligenagenturen in Berlin lässt sich bezüglich der Entstehungshistorie ähnliches
konstatieren wie für die von Speck et al. (2012) untersuchte nationale Stichprobe. Wenn auch
mit großen Lücken, lässt sich in Berlin nach der Gründung der ersten Agentur im Jahr 1988 ein
Wachstum auf 16 Organisationen im Jahr 2009 (ebd., S.32) und 22 Agenturen im Jahr 2016
(Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen Berlin - LAGFA, 2015) erkennen. Für
die Ausgestaltung der Leistungsprofile sowie die Trägerschaft von Berliner
Freiwilligenagenturen lagen bislang keine systematisch erfassten Daten vor. In Kapitel 4.1
werden die in der quantitativen Umfrage erhobenen Angaben zur Trägerschaft dargestellt. Auch
in Berlin scheint die Ressourcenlage der Freiwilligenagenturen als schwierig eingeschätzt zu
werden. So sieht der Berliner Senat die Finanzierung der lokalen, in den Bezirken aktiven,
Freiwilligenagenturen als „prekär und unbefriedigend“ an (Meyer, 2012, S.57).
Der Kenntnisstand zu Freiwilligenagenturen in Deutschland und insbesondere in Berlin ist trotz
der umfassenden Erhebung von Speck et al. (2012) noch gering. Die quantitativen Daten, denen
der oben zusammengefasste Forschungsstand zugrunde liegt, stammen aus dem Jahr 2009
(ebd.). Zu den Berliner Freiwilligenagenturen gibt es über die nationalen Stichproben-Daten,
die nicht regional aufgeschlüsselt werden, keine empirischen Informationen. In dieser Arbeit
soll mit der Erhebung der Leistungsprofile und der strukturellen Merkmale von
Freiwilligenagenturen in Berlin diese Forschungslücke zumindest ein Stück weit geschlossen
werden.
2.2 Freiwilligenagenturen als intermediäre Organisationen
Freiwilligenagenturen werden in der Literatur als „Prototyp intermediärer Organisationen“
bezeichnet (Speck et al., 2012, S.11). Intermediäre Organisationen werden dabei als
vermittelnde Instanzen zwischen verschiedenen Akteuren verstanden (Alt et al., 2007, S.23).
Als notwendig werden intermediäre Instanzen angesichts aktueller gesellschaftlicher
Entwicklungen betrachtet. So weisen Alt et al. (2007) auf eine zunehmende Ausdifferenzierung
der Gesellschaft hin, was eine Überbrückung zwischen den auseinanderdriftenden
8
Teilsystemen notwendig mache. Außerdem verhindere punktuelles Staatsversagen die
ausreichende Zurverfügungstellung und gerechte Verteilung kollektiver Güter. Zwar bleibt in
der zitierten Studie unklar, wie genau Intermediäre dieses Staatsversagen in Mangelsituationen
kompensieren können, nachvollziehbar erscheint aber die „demokratiesichernde Funktion“
intermediärer Organisationen durch ihre Rolle in der „Verringerung der Distanz zwischen
gesellschaftlichen Systemelementen“ (ebd., S.47f).
Die vorrangigen Kontaktfelder, in denen intermediäre Organisationen aktiv sind, sind „Bürger
und Bürokratie, Politik und Verwaltung sowie Wirtschaft“ (Alt et al., 2007, S.22). Dies deckt
sich mit den Sektoren, mit denen auch Freiwilligenagenturen in Kontakt sind. Zu den Aufgaben
von Intermediären gehören neben dem Vermitteln zwischen den Akteuren auch die Erkundung
möglicherweise auftretender Probleme (sowie ggf. die Generierung möglicher
Problemlösungen), die Aktivierung vorhandener Ressourcen sowie die Erschließung neuer
Ressourcen (auf welche die in dem entsprechenden Handlungsfeld agierenden Akteure
zugreifen können). Intermediäre Organisationen sind außerdem in der Vernetzung
verschiedener Akteure eines Feldes aktiv und üben, im Interesse aller beteiligten Akteure,
Einfluss auf bestimmte Politikbereiche aus (ebd., S.22f). Die Aufgabenbereiche von
Intermediären entsprechen somit zu großen Teilen den in Kapitel 2.1 ausgemachten
Leistungsprofilen von Freiwilligenagenturen in Deutschland.
Intermediäre agieren zwischen verschiedenen Systemen, die nach eigenen Handlungslogiken
operieren. Handlungslogiken sind „Korridore des Handelns“, die die „Funktionsprinzipien,
Wirkmechanismen“ und „inneren Gesetzmäßigkeiten“ des Handelns von Akteuren darstellen
(Neuberger, 1995, S. 44 ff.). Während Intermediäre diese (z.T. verschiedenen oder sogar
gegensätzlichen) Handlungslogiken verstehen und interpretieren können müssen, folgen auch
sie selbst spezifischen Handlungslogiken (Alt et al., 2007, S.31f).7 Als eins dieser
innersystemischen „Funktionsprinzipien“ beschreiben die AutorInnen zum einen die
Autonomie des Handelns im intermediären Sektor. Zum anderen wird für intermediäre
Organisationen eine hohe Orientierung an Sachzielen sowie eine „Dominanz von und
Orientierung an Informalität“ ausgemacht. Auch eine „solidarische Grundorientierung“ sowie
eine „Orientierung an direkten Austauschverhältnissen“ werden als prägende Logiken für
intermediäre Organisationen angeführt. Damit sind auf der einen Seite spezifische
7 Einige Autoren vertreten den Standpunkt, dass Intermediäre nicht für ihren Bereich spezifischen und
bestimmbaren Logiken folgen, sondern sich der Handlungslogiken der an sie angrenzenden Bereiche bedienen
(vgl. Backhaus-Maul und Olk, 1992, S.106). In dieser Arbeit wird der Position von Alt et al. (2007) gefolgt. Die
AutorInnen weisen auf die Gefahr der Beliebigkeit hin, die mit einer Verneinung eigener Handlunglogiken für
den intermediären Sektor verbunden ist (siehe ebd., S.31 für die gesamte Diskussion).
9
Handlungslogiken für das Agieren intermediärer Organisationen identifiziert (ebd.). Auf der
anderen Seite betonen Alt et al. (2007), dass „neben den genuin intermediären Logiken auch
weitere Referenzlogiken, aus benachbarten System- und Interaktionsbereichen, wirksam sind
oder der Berücksichtigung bedürfen“. Als besondere Herausforderung für die Autonomie-
Maxime intermediärer Organisation nennen die AutorInnen die zum Teil sehr hohe
Abhängigkeit vom staatlichen Sektor, der oft größter Zuwendungsgeber für gemeinnützige
Organisationen sei (ebd., S.33). Während die Handlungslogiken von Freiwilligenagenturen in
der Literatur bislang nicht untersucht wurden, kann aus den in Kapitel 2.1 präsentierten Daten
zur Ressourcenausstattung von Freiwilligenagenturen eine Übereinstimmung mit der These der
Abhängigkeit von staatlicher Mittelzuführung ausgemacht werden.
Als Intermediäre verknüpfen Freiwilligenagenturen also verschiedene Systemelemente
miteinander, übersetzen zwischen den verschiedenen Systemlogiken und vermindern damit die
Instabilität, die bei einem Aufeinandertreffen der verschiedenen Logiken entsteht. Dies kann
nur dann gelingen, wenn sie von beiden Seiten in ihrer Rolle akzeptiert werden (Alt et al., 2007,
S.21). Es ist daher wichtig, dass sie ihre Neutralität bewahren und nicht institutionell an ein
System angebunden sind. Außerdem sind intermediäre Organisationen auf Kontaktfähigkeit,
Präsenz (bzw. Bekanntheit) und Anschlussfähigkeit angewiesen. Alt et al. (2007) weisen
darüber hinaus darauf hin, dass die Gefahr bestehe, dass intermediäre Organisationen die
eigenen Ressourcen nicht für die Vermittlung zwischen Akteuren einsetzen, sondern für eigene
Projektarbeit (im Sinne der Aufgabe einzelner anderer Akteure). Damit entstehe ein Dilemma
zwischen dem eigenen Engagement für eine durch einzelne Akteure unterstützte Position oder
Aktion und der für ihre Arbeit als Mittler notwendigen Distanzwahrung zu allen mit ihr in
Kontakt stehenden Systembereichen (ebd., S.26). Inwiefern Freiwilligenagenturen in ein
solches Dilemma geraten, wird in Kapitel 2.4 thematisiert. Zunächst sollen aber die Systeme,
zwischen denen Freiwilligenagenturen vermitteln, näher betrachtet werden.
2.3 Merkmale und Handlungslogiken von Zivilgesellschaft und öffentlicher Verwaltung
als Umwelt von Freiwilligenagenturen
Der Kontext, in dem Freiwilligenagenturen operieren, ist insbesondere geprägt durch Akteure
aus zwei verschiedenen Sektoren (Speck et al., 2012, S.77). Das Agieren dieser Akteure
unterliegt unterschiedlichen Handlungslogiken, wie im Folgenden dargelegt werden soll. Auf
der einen Seite steht die Zivilgesellschaft. Hierzu zählen sowohl Freiwillige als
Hauptzielgruppe der Agenturen als auch gemeinnützige Organisationen und Einrichtungen, die
durch die Agenturen beraten werden und außerdem als Kooperationspartner agieren. Auf der
anderen Seite steht die öffentliche Verwaltung. Insbesondere sind Freiwilligenagenturen hier
10
mit kommunalen Behörden in Kontakt. Für die Betrachtungen in dieser Arbeit steht der Kontakt
zur Privatwirtschaft als drittem von Speck et al. (2012) als Kooperationsumfeld von
Freiwilligenagenturen identifiziertem Sektor (ebd., S.77) nicht im Fokus und wird daher hier
nicht behandelt.
Um das Umfeld von Freiwilligenagenturen adäquat zu beschreiben, muss innerhalb des Sektors
der Zivilgesellschaft erneut unterschieden werden. Dabei soll hier eine Unterscheidung
zwischen informeller und organisierter Zivilgesellschaft vorgenommen werden. Als informelle
Zivilgesellschaft wird – in Anlehnung an das bei Strachwitz (2003) vertretene Verständnis des
Begriffs - eine „durch Selbstermächtigung und Selbstorganisation definierte und insbesondere
durch bürgerschaftliches Engagement geprägte gesellschaftliche Teilfunktion“ verstanden, „die
dem Staat und Markt gleichrangig ist“ (ebd., S.23). Freiwillige, mit denen
Freiwilligenagenturen in Kontakt kommen, sind in dieser Definition durch die explizite
Nennung bürgerschaftlichen Engagements als Charakteristikum inbegriffen. Angesichts des
Untersuchungsgegenstands der Arbeit soll hier betont werden, dass auch Freiwillige, die keiner
(formalen) Organisation angehören, bzw. für eine solche freiwillig tätig sind, zur informellen
Zivilgesellschaft zählen. Der informellen steht in diesem Verständnis die organisierte
(formelle) Zivilgesellschaft gegenüber. Dieser gehören Wohlfahrtsverbände und andere
Organisationen an, die formal organisiert sind. Diesem Verständnis liegt die Definition des
‚Dritten Sektors’ nach Strachwitz (2003) zugrunde (ebd., S.23f). Der Fokus dieser
Untersuchung liegt auf der informellen Zivilgesellschaft. Die organisierte Zivilgesellschaft
wird an dieser Stelle nicht ausführlich behandelt.
Das konstituierende Merkmal der informellen Zivilgesellschaft ist freiwilliges Engagement
(Strachwitz, 2003, S.20). Engagement gilt dabei als eine wichtige Form gesellschaftlicher
Partizipation und kann als Indikator für die Stärke der Zivilgesellschaft eines Landes oder einer
Region herangezogen werden (Simonson, Vogel und Tesch-Römer, 2014, S.26). Laut
Freiwilligensurvey engagieren sich 43,6 Prozent der über 14-jährigen Bevölkerung in
Deutschland freiwillig (ebd., S.25). In Berlin liegt dieser Wert mit 37 Prozent unter dem
Bundesdurchschnitt, ist aber im Vergleich zu 2009 um ca. 10 Prozentpunkte gestiegen
(Kausmann, Simonson, Ziegelmann, Vogel und Tesch-Römer, 2016, S.11).
Freiwilligenagenturen haben es sich zur Aufgabe gemacht, das zivilgesellschaftliche
Engagement zu unterstützen. Dabei bestehen Zweifel, ob Freiwilligenagenturen einen direkten
positiven Einfluss auf die Engagementquote haben (Nährlich, 2008, Abs.2). Immerhin scheint
es in Berlin ein generelles Interesse (potenzieller) Freiwilliger an Informations- und
Kontaktstellen zur Erschließung der Möglichkeiten des Engagements zu geben und der Kontakt
11
mit solchen in der Regel positiv zu verlaufen (Rodejohann, 2011, S.13). In jedem Fall wird in
der Praxis und in der Forschung anerkannt, dass die Wirksamkeit von Freiwilligenagenturen
erhöht werden kann, wenn das Leistungsprofil über die reine Vermittlungsarbeit hinausgeht
und um die Aspekte der Engagemententwicklung und Beteiligung erweitert wird (vgl.
Rodejohann, 2011, S.13; Speck et al., 2012, S.20).8 Als grundlegendes Qualitätsmerkmal
nennen Speck et al. (2012) außerdem die Akzeptanz bzw. Bekanntheit einer
Freiwilligenagentur in ihrem lokalen Umfeld (ebd., S.187).
Die für Freiwilligenagenturen relevanten Bereiche der öffentlichen Verwaltung befinden sich
auf der kommunalen Ebene (Speck et al., 2012, S.12), das heißt in den Berliner
Bezirksverwaltungen.9 Dabei sind politische Institutionen in Berlin auf mehreren Ebenen in das
Politikfeld Engagementförderung involviert. Zunächst gibt es eine ressortübergreifende
Beauftragte für Bürgerschaftliches Engagement (berlin.de, n.d.). Außerdem wurde im Berliner
Abgeordnetenhaus im Jahr 2013 der Ausschuss Bürgerschaftliches Engagement eingesetzt, der
sich in unregelmäßigen Abständen trifft (berlin.de, n.d.-a). Auf bezirklicher Ebene gibt es in
vielen Bezirksämtern Büros oder Stabstellen, die sich ausschließlich mit dem Thema
bürgerschaftliches Engagement beschäftigen. Die Einrichtung dieser Anlaufstellen scheint aber
nicht flächendeckend zu sein und unterscheidet sich von Bezirk zu Bezirk in Intensität und
Qualität der Aktivitäten (Meyer, 2012, S.54f). Während einzelne Bezirke z.B. kein
Ehrenamtsbüro aufweisen können (z.B. der Bezirk Marzahn-Hellersdorf), tritt in anderen
Bezirken das Ehrenamtsbüro als voll entwickelte ‚Freiwilligenagentur’ auf (z.B. im Bezirk
Tempelhof-Schöneberg - manifestiert durch die Mitgliedschaft in der Berliner LAGFA, vgl.
Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen Berlin, 2015). Der offensichtlichste
Begegnungsbereich von Freiwilligenagenturen und Bezirksverwaltungen ist die Finanzierung,
bzw. in einigen Fällen (siehe oben) die Trägerschaft. Diese Begegnungsdimension ist nicht
selten durch ein Abhängigkeitsverhältnis gekennzeichnet. Speck et al. (2012) identifizieren
außerdem die politisch-administrativen Rahmenbedingungen als entscheidenden externen
Faktor für eine erfolgreiche Etablierung und eine wirksame Tätigkeit von
Freiwilligenagenturen (ebd., S.188). Sie stellen in diesem Zusammenhang die Frage nach „der
8 Ein Modell zur Profilbestimmung von Freiwilligenagenturen und eine Erläuterung des Verständnisses von
Engagemententwicklung und Beteiligung wird in Kapitel 3.1 vorgestellt. 9 Als Stadtstaat liegt in Berlin ein Sonderfall der Struktur zur regionalen Selbstverwaltung vor. So werden bei
den Kommunalwahlen das politische Personal der 12 Berliner Bezirksverordnetenversammlung gewählt. Deren
Beschlüsse werden von den örtlichen Bezirksverwaltungen umgesetzt, die damit eine ähnliche Position
einnehmen wie die kommunale Verwaltung in anderen Landkreisen oder Kommunen (Kaliga und Lehmann,
2010). Insbesondere wenn aus anderen Studien zitiert wird, werden in dieser Arbeit die Begriffe kommunale und
bezirkliche Verwaltung synonym verwendet.
12
Unabhängigkeit von Freiwilligenagenturen gegenüber Versuchen kommunaler Einflussnahme“
(ebd., S.191).
Herauszustellen ist an dieser Stelle zunächst die unterschiedliche Funktionsweise der beiden
geschilderten sektoralen Bereiche. So macht Embacher (2013) in einem Essay über die
Entwicklung sektorenübergreifender Engagementstrategien auf die „Differenzen in der
Binnenlogik“ von Verwaltung und Zivilgesellschaft aufmerksam (ebd., S.32).
Staat / Verwaltung Burgergesellschaft
System Lebenswelt
demokratisch legitimierte Macht argumentative Verständigung
Vertikales Ordnungsprinzip/Hierarchie horizontale Vernetzung/"Anarchie"
Rechtsstaatprinzip Aktionslogik
Kontinuität Spontaneität
Tabelle 1: Unterschiede der Handlungslogiken von Verwaltung und Zivilgesellschaft (Embacher, 2013, S.32)
So sei der staatliche Sektor ein ausdifferenziertes System, das für sein Funktionieren in erster
Linie mit dem Medium Macht operiere (Ebacher, 2013, S.32; vgl. Tabelle 1). Die Mechanismen
der Entscheidungsfindung bzw. dem der Entscheidung vorgelagerten Diskurs folgten dem
Prinzip Mehrheit/Minderheit bzw. Regierung/Opposition. Das übergeordnete
Steuerungsprinzip sei dabei die hierarchische Anordnung der Ebenen, die an die Weisungen
der jeweils höher liegenden Ebene gebunden sind. Das Rechtsstaatprinzip schließlich erfordere
eine prinzipielle Ausrichtung auf alle Anspruchsgruppen und eine Kontinuität (Embacher
spricht auch von „Berechenbarkeit“) in der Handlungsausführung. Die Zivilgesellschaft10
hingegen operiere aus der „Mitte der gesellschaftlichen Lebenswelt“ heraus. Macht sei hier
nicht die entscheidende Ressource zur Durchsetzung von Interessen. Vielmehr komme der
argumentativen Verständigung eine zentrale Rolle zu, um Ideen und Initiativen Gehör zu
verschaffen. Anstelle hierarchischer Entscheidungsfindung trete ein „bisweilen anarchistischer
Eigensinn“. Die Zivilgesellschaft könne auch dann aktiv werden, wenn ein Bedarf einer
einzelnen Zielgruppe (auch einer Minderheit) im lokalen Umfeld identifiziert werde
(„Aktionslogik“) und müsse sich nicht an bürokratischen, standardisierenden Prozessen
orientieren. Dies ermögliche auch spontane und flexible Reaktionen (ebd.).
Freiwilligenagenturen stehen als Intermediäre zwischen der informellen Zivilgesellschaft und
der öffentlichen Verwaltung. In Kapitel 2.4 wird beschrieben, wie Zivilgesellschaft und
10 Embacher (2003) spricht von „Bürgergesellschaft“ und bringt damit die oben erwähnten auch von Strachwitz
(2003) betonten Merkmale der „Selbstermächtigung und Selbstorganisation“ zur Geltung.
13
Verwaltung im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise agierten und wie Freiwilligenagenturen
ihre Mittlerposition in dieser Situation ausübten.
2.4 Die sogenannte Flüchtlingskrise und die Reaktionen von öffentlicher Verwaltung,
informeller Zivilgesellschaft und Freiwilligenagenturen in Deutschland
Steigende Ankunftszahlen von geflüchteten Menschen in Deutschland sind seit 2013 ein
öffentliches Thema. Die Entwicklungen in den Jahren 2014 und insbesondere 2015 (Ankunft
von insgesamt mehr als einer Millionen Menschen in Deutschland, 80.000 davon in Berlin;
LKF, 2016) führten zu krisenartigen Umständen. Vor allem bei der öffentlichen Verwaltung
machten KommentatorInnen diese Krise aus (Berliner Morgenpost, 2015, Abs.2; Embacher,
2015, S.1). Dem gegenüber entstand in der deutschen Zivilgesellschaft eine „bundesweite
Bewegung der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit“ (Karakayali und Kleist, 2015), die als spontan
und proaktiv (Karakayali und Kleist, 2016) bezeichnet werden kann. Im Folgenden werden die
Reaktionen beider Sektoren skizziert.
Die zuständige Berliner Behörde für die Unterbringung und Grundversorgung von geflüchteten
Menschen war bis Mitte 2016 das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGESO).
Wenn in der Berliner Öffentlichkeit von Verwaltungsversagen und Verwaltungskrise die Rede
war, dann war nach Speth und Becker (2016) vor allem diese Behörde gemeint (ebd., S.18).
Die Berliner Zeitung schrieb gar über einen Zusammenbruch des LAGESO im Sommer 2015
und machte darauf aufmerksam, dass zu dieser Zeit AntragsstellerInnen „tage- und wochenlang
bei Hitze und Regen vor dem Amt in der Turmstraße auf ihre Registrierung warten“ mussten
(ebd., 2016). Im September 2015 wurde als Reaktion auf diese Krise der Landesweite
Koordinierungsstab Flüchtlingsmanagement (LKF) als Lenkungsgruppe beim regierenden
Bürgermeister der Stadt eingerichtet (Speth und Becker, 2016, S.18). Ende 2016 stellte die
Lenkungsgruppe ihre Arbeit ein (Amin, 2016). Somit bleibt das im August als Nachfolger des
LAGESO neu eingerichtete Berliner Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) als
zukünftig einzige Behörde verantwortlich für Registrierung, Unterbringung und
Leistungsgewährung für geflüchtete Menschen in Berlin (Berliner Zeitung, 2016). Die
Verwaltungsaufgaben in der ersten (Grund-)Versorgung geflüchteter Menschen sind also in
Berlin zentral organisiert. Parallel dazu sind die Behörden des jeweiligen Bezirks, in dem
Menschen untergebracht sind, zuständig für die Zuteilung von Kita- und Schulplätzen für
Kinder und Jugendliche (berlin.de, n.d.-b). Bei Bewilligung weiterer Leistungen nach der
Entscheidung über den Asylantrag übernehmen die Jobcenter oder Sozialämter der Bezirke die
Zuständigkeit für die Leistungen für geflüchtete Menschen (berlin.de, n.d.-d). Aumüller, Daphi
und Biesenkamp (2015) merken jedoch an, dass die bezirkliche Verwaltung auf der lokalen
14
Ebene oftmals auch über die formale Verantwortlichkeit hinaus an der Integration der
Neuankommenden interessiert sei (ebd., S.30). Nicht-Integration bedeute eine „vollständige
Abhängigkeit“ von staatlichen Hilfeleistungen, die verhindert werden soll. Auch bei nicht
dauerhaftem Aufenthalt entwickele sich in vielen Kommunen (bzw. Berliner Bezirken) daher
ein „pragmatische[r] Umgang“ mit Geflüchteten (ebd.). Als Ausdruck der
Integrationsbemühungen kann auch der zunehmende Versuch der Kontaktaufnahme mit bzw.
Koordinierung von Freiwilligen in den Bezirken verstanden werden. Hierzu wurden im Laufe
des Jahres 2016 in vielen Bezirken Stellen für EhrenamtskoordinatorInnen geschaffen
(Abgeordnetenhaus Berlin, 2016).
Unabhängig von Versorgungs- und Integrationsbemühungen der öffentlichen Verwaltung
(bzw. oftmals als Reaktion auf deren Versagen) zeigte die Zivilgesellschaft vielerorts eine
„ungeahnte Hilfsbereitschaft“ (Karakayali und Kleist, 2015, S.9)11. Nach einer Studie des
sozialwissenschaftlichen Instituts der evangelischen Kirche in Deutschland engagierten sich
zeitweise fast elf Prozent der Deutschen für Geflüchtete (Ahrens, 2015, S.13). Zwei Studien
des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung untersuchten die
Strukturen des Engagements in der Flüchtlingsarbeit (Karakayali und Kleist, 2015; Karakayali
und Kleist, 2016). Unter anderem wird in diesen Studien die bereits oben angesprochene
wichtige gesellschaftliche Funktion von bürgerschaftlichem Engagement herausgearbeitet. Im
Engagementfeld Flüchtlingshilfe fördern Freiwillige die Inklusion von geflüchteten Menschen,
nehmen durch ihr Engagement aber auch Einfluss auf die Einstellungen und Lebenswelten in
der deutschen Gesellschaft (Karakayali und Kleist, 2016, S.8). So sei das Engagement nicht
selten auch als „Plebiszit gegen Rechts“ zu verstehen (Karakayali, 2016, S.4). Strukturell fällt
auf, dass ca. 40 Prozent der Freiwilligen angeben, sich außerhalb von bereits zuvor bestehenden
Organisatio-nen zu engagieren (Karakayali und Kleist, 2015, S.5). Außerdem gibt die Mehrheit
der Befragten an, mit dem Engagement die „Gesellschaft aktiv mitgestalten“ zu wollen (ebd.,
S.6). Des Weiteren stellen die Autoren heraus, dass Freiwillige „ein Defizit staatlicher
Aufgaben ausgleichen müssen“ (ebd., S.7). Trotz Rückgang des Engagements im Laufe des
Jahres 2016 prognostizieren Karakayali und Kleist ein großes Potenzial für eine „nachhaltige
und dauerhafte“ Unterstützungsarbeit für Geflüchtete durch Freiwillige (Karakayali und Kleist,
11 Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle, dass die Reaktionen der Bevölkerung auf die neue
Nachbarschaft mit geflüchteten Menschen nicht immer positiv ausfallen. So kommt es auch zu Protesten und
Ausschreitungen von Menschen, die der Aufnahme von Geflüchteten ablehnend gegenüber stehen (Karakayali
und Kleist, 2015, S.9). Diese negativen Reaktionen werden hier nicht weiter ausgeführt. Dennoch sollte
bewusstgemacht werden, dass es auch „Engagement“ gibt, das sich gegen die Interessen der Zivilgesellschaft –
hier im Sinne von Priller (2010) verstanden als werte- und normorientierte Gemeinschaft mit Betonung von
„Gewaltfreiheit, Toleranz und Gemeinwohlorientierung“ (2010) - stellt.
15
2016, S.5). Gleichzeitig müsse die Koordination freiwilliger Tätigkeit an den Stellen, an denen
sie mit großem Aufwand ehrenamtlich betrieben wird, langfristig in professionelle Strukturen
überführt werden (Karakayali, 2016, S.7). Zusätzlich benötigten Initiativen auch Supervision
und Weiterbildung, um die emotionale Belastung der Engagierten zu mindern (ebd., S.8).
Die unterschiedlichen Ausgangssituationen und Perspektiven führen zum Teil zu Konflikten
zwischen Verwaltung und Zivilgesellschaft. So klagen Freiwillige über „die langsamen und
schwer zugänglichen Verwaltungsstrukturen“ sowie deren Inflexibilität und mangelnde
Kooperationsbereitschaft (Schammann und Kühn, 2016, S.53). Angestellte der Behörden, auf
der anderen Seite, bereiten „die Spontanität, die Hartnäckigkeit und die Anspruchshaltung“ der
Engagierten Schwierigkeiten (ebd., S.26). Insbesondere in Berlin führte das „tatsächliche
Versagen der zuständigen Behörde“ und das Zusammentreffen einer „kritische[n],
politisierte[n] Zivilgesellschaft“ auf „ein bürgerfernes Kompetenzgeflecht zwischen Landes-
und Bezirksbehörden“ zu Problemen (Speth und Becker, 2016, S.16-22). Verschärft wird der
Konflikt durch den Umstand, dass die Berliner Verwaltung „ohne die Unterstützung durch
ehrenamtliche Helferinnen und Helfer überhaupt nicht in der Lage gewesen wäre (und immer
noch nicht ist), mit der großen Anzahl der Geflüchteten angemessen umzugehen“ (ebd., S.22).
Schließlich stehen Freiwillige Koordinierungsversuchen durch hauptamtliche MitarbeiterInnen
in der Verwaltung zum Teil ablehnend gegenüber (Schammann und Kühn, 2016, S.28).
Deutschlandweit richten sich die Angebote von Freiwilligenagenturen auch in der sogenannten
Flüchtlingskrise in erster Linie an die Zivilgesellschaft: nach einer Studie der
Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen (BAGFA) gaben 85,5 Prozent der (im
September 2015) befragten Freiwilligenagenturen an, dass sie im Bereich Flüchtlingshilfe
(potenzielle) Freiwillige beraten. 68 Prozent der befragten Organisationen waren in der
Vernetzung und Koordinierung von Initiativen und HelferInnenkreisen aktiv. Gleichzeitig
wurde bundesweit im September 2015 auch die Zusammenarbeit mit der öffentlichen
Verwaltung von zwei Drittel der befragten Agenturen als gut oder sehr gut bewertet (Knüvener
und Kemnitzer, 2016, S.5). Die BAGFA konstatiert, dass „die Kompetenz von
Freiwilligenagenturen [...] gebraucht“ und „von vielen Seiten gesehen und wertgeschätzt“ wird
(ebd., S.18). In ihrer Arbeit in der Unterstützung von Freiwilligen und Verwaltung stoßen
Freiwilligenagenturen aber an Grenzen. Drei Viertel aller befragten Freiwilligenagenturen
nennen „mangelnde Koordination“ als größtes Hindernis, um Engagement effektiv zu fördern.
Auch Freiwilligenagenturen können die Koordinierung des freiwilligen Engagements scheinbar
nicht in ausreichendem Maße leisten. Als möglicher Grund hierfür nennen die Autoren der
BAGFA-Studie den Mangel an personellen Ressourcen (ebd., S.9). Auch das Fehlen
16
finanzieller Ressourcen wird als Hindernis ausgemacht. So erhielt bis zum Zeitpunkt der
Befragung (September 2015) nur ca. ein Drittel der Freiwilligenagenturen in Deutschland für
die Bearbeitung des Themenfelds „Flüchtlingsarbeit“ zusätzliche finanzielle Mittel (ebd., S.4).
Dies obwohl Aktivitäten im Bereich Flüchtlingshilfe bei der Mehrheit der deutschen
Freiwilligenagenturen zu diesem Zeitpunkt über ein Viertel - teilweise sogar mehr als die Hälfte
- der personellen und zeitlichen Ressourcen in Anspruch nahmen (ebd., S.18).
Angesichts der deutschlandweiten Erkenntnisse stellt sich die Frage, welche Rolle
Freiwilligenagenturen in Berlin übernehmen. Welchen Einfluss hatte die sogenannte
Flüchtlingskrise auf Freiwilligenagenturen und deren Positionierung im Spannungsfeld
zwischen öffentlicher Verwaltung und Zivilgesellschaft? In Kapitel 4 werden die aus der
vorgenommenen Befragung resultierenden Erkenntnisse zu diesen Fragen präsentiert.
17
3 Theoretisches Analysemodell
Bevor in Kapitel 4 die Ergebnisse präsentiert werden, sollen im Folgenden theoretische Modelle
vorgestellt werden, die die Heuristik der Untersuchung beschreiben. Zur Einordnung des
Leistungsprofils von Freiwilligenagenturen wird zunächst das Entwicklungsmodell für
Freiwilligenagenturen der Berliner LAGFA präsentiert (2.1). Darauf folgend wird die
Forschungsperspektive des soziologischen Neo-Institutionalismus vorgestellt (2.2).
Anschließend wird die im Neo-Institutionalismus als Determinante für das Handeln und die
Struktur von Organisationen ausgemachte institutionelle Umwelt für Berliner
Freiwilligenagenturen beschrieben (2.3). Den Abschluss des Kapitels bildet die
Zusammenführung aller theoretischen Elemente in einem Gesamtmodell, die Beschreibung der
Operationalisierung der Forschungsfragen im standardisierten Fragebogen und die Erläuterung
der Fragestellung für das qualitative Gruppengespräch (2.4).
3.1 Entwicklungsmodell für Freiwilligenagenturen
Die von Freiwilligenagenturen in Deutschland durchgeführten Aktivitäten wurden bereits in
Kapitel 2.1 vorgestellt. Um eine Kategorisierung von Freiwilligenagenturen nach ihrer
Funktion vorzunehmen und Veränderungen in dieser Funktion aufzeigen zu können, bietet sich
eine zusammenfassende Beschreibung der Leistungen verschiedener Typen von
Freiwilligenagenturen an. Ebert, Hartnuß, Rahn und Schaaf-Derichs (2002) unterscheiden in
Vermittlungs- und Entwicklungsagenturen (ebd., S.63). Die Berliner LAGFA beruft sich auf
ein darüberhinausgehendes Modell, das vier Stufen kennt (Vollrath und Schaaf-Derichs, 2013,
S.11). Unterschieden werden Engagement-, Vernetzungs-, Entwicklungs- und
Beteiligungsagenturen (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1: 4-Stufen-Modell zur Entwicklung von Freiwilligenagenturen (Vollrath und Schaaf-Derichs, 2013,
S.11)
Die feinere Gliederung erscheint angemessener, da sie eine genauere Bestimmung des
Leistungsprofils einer Agentur erlaubt und der Heterogenität der Agenturen zu einem stärkeren
18
Maße Rechnung trägt. Als Engagement-Agentur verstehen die AutorInnen des Modells
Einrichtungen, die insbesondere in der Information und persönlichen Beratung von Freiwilligen
und von Organisationen tätig sind (Vollrath und Schaaf-Derichs, S.12). Engagement-Agenturen
sind somit vor allem Kontaktvermittler und setzen sich öffentlich für die Stärkung des
Engagements ein. Vernetzungs-Agenturen leisten Netzwerkarbeit und bringen auch über die
Vermittlung hinaus verschiedene Akteure miteinander in Kontakt. Dies schließt auch die aktive
Teilnahme in Gremien und Verbünden mit ein. Auch Unternehmen können in Netzwerk-
Kooperationen eingebunden sein. Entwicklungs-Agenturen leisten Arbeit, die über die
Vermittlung und Vernetzung hinausgeht. Sie schaffen selbst Angebote, in denen Freiwillige
aktiv werden. Ihre Ziele werden auch durch die Durchführung von Fortbildungs-
Veranstaltungen und Workshops erreicht und sie fördern Akteur-übergreifende Strukturen.
Beteiligungs-Agenturen, schließlich, fördern vor allem die Eigenständigkeit von Menschen, die
sich engagieren oder engagieren möchten. Sie schaffen Möglichkeiten, lokales Zusammenleben
gemeinsam zu gestalten und versuchen dabei auch wenig erreichte Zielgruppen anzusprechen
(ebd.). Im Hinblick auf die Rolle von Freiwilligenagenturen als Intermediäre kann die zweite
Entwicklungsstufe als besonders zentral gelten, da sie den Austausch zwischen den Akteuren
als vorrangiges Ziel hat.
Im Rahmen der vorliegenden Masterarbeit soll eine Bestandsaufnahme der in Berlin vertretenen
Agenturtypen unternommen werden. Außerdem sollen mögliche Auswirkungen der
„Flüchtlingskrise“ auf die Entwicklungsstufen der Berliner Freiwilligenagenturen ausgemacht
werden.
3.2 Der soziologische Neo-Institutionalismus als organisationstheoretischer
Analyserahmen
Das Hinzuziehen eines theoretischen Konstrukts wie der Neo-Institutionalismus es ist,
verspricht ein besseres Verständnis der Einflüsse, die aus der Organisationsumwelt auf die
Freiwilligenagenturen wirken. Der (soziologische)12 Neo-Institutionalismus scheint für dieses
12 Verschiedene institutionalistische Ansätze sind vielfältig klassifiziert und interpretiert worden – mit
wechselnden Begrifflichkeiten und Einordnungen. Mal wird der akteurzentrierte Institutionalismus als
Unterkategorie neo-institutionalistischer Ansätze dargestellt (vgl. Schimank, 2008), mal der Neo-Institu-
tionalismus als Spielart akteurzentrierter Theorien präsentiert (vgl. Schulze, 1997). In dieser Arbeit ist, wenn von
Neo-Institutionalismus die Rede ist, stets der soziologische Neo-Institutionalismus (Schimank, 2008, S.163)
gemeint. Als Grundlage für dessen Beschreibung, bzw. für die Abgrenzung von anderen Theorien dienen
insbesondere Arbeiten aus der Ursprungszeit der Ansätze (vgl. DiMaggio und Powell (1991) für die Einführung
des Neo-Institutionalismus und Mayntz und Scharpf (1995) für die Erläuterung des Akteurzentrierten
Institutionalismus).
19
Vorhaben geeigneter als andere organisationstheoretische Ansätze, was im Folgenden
begründet wird.
Abzugrenzen ist der soziologische Neo-Institutionalismus von anderen Spielarten der
Organisationstheorie, des Institutionalismus und schließlich von anderen Formen des Neo-
Institutionalismus. Zunächst festzuhalten ist der makro-perspektivische Ansatz der
vorgenommenen Analyse. Im Fokus steht die Ausprägung und Entwicklung des Handelns und
der Strukturen ganzer Organisationen – das Agieren individueller Organisationsmitglieder steht
im Hintergrund. Der Neo-Institutionalismus setzt mit seinem Erklärungssatz auf dieser
makroperspektivischen Organisationsebene an. Damit grenzt sich der Neo-Institutionalismus
insbesondere von institutionenökonomischen Ansätzen wie dem Rational-Choice-Ansatz ab.
Letzterer interpretiert das Handeln und die Struktur einer Organisation als „Resultat individuell-
rationaler Wahlentscheidungen“ (Schulze, 1997, S.9) und schließt von der Mikro-Ebene des
Handeln des homo oeconomicus auf die Entstehung und Veränderung von Strukturen auf der
Makro-Ebene (Drepper, 2010, S.130, für eine ausführliche Vorstellung des Rational-Choice-
Ansatzes siehe Smelser, 1992). Neo-Institutionalisten hingegen betonen die Komplexität des
Organisationssystems und richten den Fokus auf die „strukturelle Einbettung von
Organisationen in übergreifende gesellschaftliche Kontexte“ (Drepper, 2010, S.131). Damit
ermöglicht der Ansatz die Betrachtung der Organisation als kleinste Systemeinheit.13
Für diese Arbeit wurde auch die Perspektive des akteurzentrierten Institutionalismus (vgl.
Mayntz und Scharpf, 1995) in Erwägung gezogen. Als Forschungsheuristik, die die Wichtigkeit
des institutionellen Kontextes, in dem Organisationen agieren, anerkennt, erscheint er zunächst
ebenfalls passend. Dem institutionellen Rahmen wird im akteurzentrierten Institutionalismus
aber ausdrücklich keine determinierende Wirkung zugeschrieben (ebd., S.3). Im Neo-
Institutionalismus hingegen wird den Akteuren zwar ein gewisser Handlungsspielraum
eingeräumt, die entscheidende Determinante für Veränderungen innerhalb einer Organisation
sind aber in der Umwelt der Akteure auszumachen (DiMaggio und Powell, 1991, S.13).
13 Gleichzeitig kann auch der Neo-Institutionalismus auf mikrosoziologische Theorien zurückgeführt werden
(siehe DiMaggio und Powell,1991, S.15ff).
20
Abbildung 2: Theoretisches Analysemodell (eigene Darstellung, nach Meyer/Rowan, 1977, S.353)
Ausgangspunkt ist beim Neo-Institutionalismus die Prämisse, dass Organisationen nach ihrer
Selbsterhaltung streben (Meyer und Rowan, 1977, S.353, vgl. Abbildung 2). Um diese zu
gewährleisten, sind Organisationen auf die Anerkennung ihrer Legitimität sowie auf den
Zufluss von Ressourcen angewiesen (Walgenbach, 2014, S.307). Sowohl Legitimität als auch
Ressourcen erhalten Organisationen entweder aus ihrer institutionellen Umwelt oder durch
Transaktionen an einem Markt, d.h. durch die Steigerung ihrer organisationalen Effizienz
(Meyer und Rowan, 1977, S.353). Als gemeinnützige Organisatio-nen stehen
Freiwilligenagenturen Markttransaktionen als Überlebenssicherungsstrategie nicht (oder nur in
sehr geringem Maße) zur Verfügung. Um Legitimität und Ressourcen zu erhalten, sind sie auf
ihre institutionelle Umwelt angewiesen. Meyer und Rowan argumentieren, dass Organisationen
zum Erhalt von Legitimität und Ressourcen aus ihrer institutionellen Umwelt den Erwartungen
dieser Umwelt entsprechen müssen (1977, S.350). Von institutioneller Umwelt wird dabei
gesprochen, da argumentiert wird, dass Verhaltensweisen und Strukturen in der Umwelt der
Organisationen mit der Zeit so gefestigt seien, dass sie als institutionalisiert gelten könnten
(Drepper, 2010, S.133). Um den Erwartungen der Umwelt zu entsprechen, übernehmen die
Organisationen Strukturen und Verhaltensweisen, die sie in ihrer Umwelt als legitimiert
betrachten. Was als legitim gilt und was nicht, wird bestimmt durch einen Prozess der
„Diffusion von Standards“ in denjenigen Bereichen, in denen die entsprechenden Strukturen
und Verhaltensweisen anschließend als legitim anerkannt werden. Dieser Prozess wird als
Institutionalisierung bezeichnet (Neumann, 2005, S.78). Als Institutionen werden infolge
dessen „soziale, konstruierte Systeme verstanden, die einen partikularen, routine-
reproduzierenden Prozess aufweisen“ (ebd.). Mit der Zeit erhalten die so institutionalisierten
Strukturen und Verhaltensweisen den Status unhinterfragter Handlungsmuster. Meyer und
Rowan (1977) beschreiben die in der jeweiligen Organisation entstehenden Interpretationen der
21
Erwartungen der Umwelt in Bezug auf diese Handlungsmuster als Rationalitätsmythen. Diesen
Rationalitätsmythen passen sich Organisationen also letztendlich an, um Legitimität und
Ressourcen zu erhalten (ebd., S.352).
Das folgende Kapitel beschreibt, wie sich die institutionelle Umwelt für Freiwilligenagenturen
in Berlin gestaltet.
3.3 Der institutionelle Rahmen von Freiwilligenagenturen in Berlin
In Kapitel 2.3 wurden bereits die informelle Zivilgesellschaft und die öffentliche Verwaltung
als relevante Systeme für die Aktivitäten von Freiwilligenagenturen als intermediäre
Organisationen ausgemacht. Mit den Begrifflichkeiten des Neo-Institutionalismus lassen sich
diese beiden Sektoren als Teile der institutionellen Umwelt von Freiwilligenagenturen
definieren. Diese Bezeichnung erscheint auch deswegen begründet, da es vor allem diese
beiden Sektoren sind, die die für Freiwilligenagenturen notwendigen materiellen (Geld,
Räumlichkeiten, Mitarbeiter) und immateriellen (Vertrauen, ideelle Unterstützung, fachliche
Beratung) Mittel zur Verfügung stellen (Speck et al. 2012, S.45ff). Freiwilligenagenturen
unterliegen also, um ihr Überleben zu sichern, dem Druck, sich den Rationalitätsmythen der
Systeme informelle Zivilgesellschaft und öffentliche Verwaltung anzupassen. In dieser Arbeit
werden die Anpassungen in Leistungsprofilen und Handlungslogiken untersucht. Bei den
erhobenen strukturellen Merkmalen handelt es sich in erster Linie um Ressourcen, die
Freiwilligenagenturen zur Durchführung ihrer Aktivitäten einsetzen. Diese Ressourcen werden
dabei als Variablen betrachtet, auf deren Veränderung Freiwilligenagenturen keinen direkten
Einfluss haben. Die Daten zur Ressourcenausstattung von Freiwilligenagenturen von Speck et
al. (2012) belegen die relative Unbeeinflussbarkeit der Ressourcenausstattung durch die
aufgezeigte Lücke zwischen benötigten und tatsächlich zur Verfügung stehenden Ressourcen
(ebd., S.66). Nur indirekt veränderbar ist ebenfalls die Legitimität, die den
Freiwilligenagenturen aus ihrem Umfeld zugesprochen wird.
22
Abbildung 3: Anpassungen von Leistungsprofilen und Handlungslogiken Berliner Freiwilligenagenturen aus neo-
institutionalistischer Perspektive (eigene Darstellung, angelehnt an Meyer/Rowan, 1977, S.352)
Die Ausgestaltung von Leistungsprofilen und Handlungslogiken werden als beeinflussbare
Variablen betrachtet, deren Anpassung Auswirkungen auf die durch die institutionelle Umwelt
zugesprochene Legitimität und die von dieser Umwelt zur Verfügung gestellten Ressourcen hat
(vgl. Abbildung 3). Eine Besonderheit, die sich für Freiwilligenagenturen als intermediäre
Organisationen dabei ergibt, ist die Notwendigkeit der Orientierung an zwei sich
gegenüberstehenden Sektoren, deren Erwartungen bezüglich Anpassungen in Leistungsprofilen
und Handlungslogiken sich ggf. unterscheiden. Eine Schwierigkeit ist zudem, dass die
Erwartungen der institutionellen Umwelt nicht eindeutig identifizierbar sind, sondern in der
Form von Rationalitätsmythen vorliegen, nach denen Freiwilligenagenturen Anpassungen
vornehmen.
Während mögliche Anpassungen des Leistungsprofils mit dem in Kapitel 3.1 vorgestellten
Entwicklungsmodell bereits erläutert wurden, erfordert die Variable der Handlungslogiken
noch einige Erklärung. Oben wurde bereits ausgeführt, dass Freiwilligenagenturen als
intermediäre Organisationen zwar zum einen nach Autonomie und Distanz zu den an sie
angrenzende Sektoren streben, zum anderen aber Handlungslogiken folgen, die auch für die
Sektoren, zwischen denen sie vermitteln, prägend sind. Ebenfalls zitiert wurde die These von
Alt et al. (2007), die besagt, dass intermediäre Organisationen aufgrund ihrer Abhängigkeit von
Ressourcengebern aus den angrenzenden Sektoren Schwierigkeiten in der Abgrenzung von
diesen erfahren könnten (ebd., S.32). Aus der Perspektive des Neo-Institutionalismus steht die
Distanz- und Autonomie-Maxime intermediärer Organisationen in Konflikt mit der Anpassung
an die institutionalisierte Umwelt, die Ressourcen und Legitimität zuführen soll. In dieser
Masterarbeit soll die Handlungslogik von Freiwilligenagenturen in Berlin beschrieben werden
23
sowie mit den Handlungslogiken von informeller Zivilgesellschaft und öffentlicher Verwaltung
in Bezug gesetzt werden. Die Interpretation der Handlungslogiken ermöglicht es, die von
Berliner Freiwilligenagenturen institutionalisierten Rationalitätsmythen sichtbar zu machen.
Das heißt, die den Handlungen der Freiwilligenagenturen unterliegenden Logiken lassen
Rückschlüsse darauf zu, welchen Rationalitäten Berliner Freiwilligenagenturen überwiegend
folgen, um ihre Legitimität zu gewährleisten.
Die sogenannte Flüchtlingskrise bildet den Kontext, in dem Veränderungen und Anpassungen
der Berliner Freiwilligenagenturen in dieser Masterarbeit untersucht werden. Diese
Veränderungen werden in Kapitel 4 aufgezeigt und analysiert. Der oben eingeführte Neo-
Institutionalismus hilft, den Prozess der Veränderungen zu verstehen. So ist eine Anpassung
der Leistungsprofile und der Handlungslogiken mit veränderten Erwartungen in der
institutionellen Umwelt zu erklären und als Versuch zu deuten, die eigene Legitimität zu
erhöhen und somit auch für die Zukunft Ressourcen zur Selbsterhaltung der Organisation zu
sichern.
3.4 Operationalisierung des theoretischen Rahmens
Im Folgenden wird ausgehend von den in Kapitel 1 formulierten Forschungsfragen die
Operationalisierung des theoretischen Rahmens für die Durchführung einer empirischen
Erhebung vorgestellt.
1) Wie gestaltet sich das Leistungsprofil Berliner Freiwilligenagenturen?
Die Abfrage der von Freiwilligenagenturen in Berlin erbrachten Leistungen erfolgt in
Anlehnung an die von Speck et al. (2012) in ihrer deutschlandweiten Studie verwendeten
Aufgabenbereiche (ebd., S.68). Die verschiedenen Aktivitäten werden dabei den
Entwicklungsstufen des in 3.1 erläuterten Modells zugeordnet (vgl. Tabelle 2). Zu diesem
Zwecke wurden drei weitere Aktivitäten hinzugefügt. Zunächst wurde mit der Teilnahme /
Mitarbeit in politischen Gremien eine Aufgabe hinzugefügt, die als wichtige Aktivität in der
Entwicklungsstufe der Vernetzungs-Agentur gilt (Vollrath und Schaaf-Derichs, 2013, S.12).
Zum anderen wurden die Aufgaben Aktivitäten zum Thema inklusives Engagement und/oder
Diversity sowie Gezielte Aktivitäten zur Stärkung der Beteiligung und Teilhabe von
Bürgerinnen und Bürgern innerhalb der Kommune / des Stadtbezirks hinzugefügt, um die
Entwicklungsstufe der Beteiligungsagentur abzubilden.14 In der Auswertung der Antworten
14 Während die anderen drei Stufen jeweils aus drei Leistungen bestehen, erschien dies für die vierte Stufe nicht
sinnvoll, da sich in der Literatur nicht hinreichend differenzierbare Aufgabenbereiche für drei separate
Leistungsbeschreibungen finden.
24
wurde die jeweilige Entwicklungsstufe dann einer Freiwilligenagentur zugeordnet, wenn sie
mindestens 50 Prozent der dieser Stufe zugeordneten Leistungen anbietet. Tabelle 2
veranschaulicht die im Fragebogen angebotenen Auswahlmöglichkeiten für Aufgabenbereiche,
deren Entsprechung in der Studie von Speck et al. (2012) und die Zuordnung der Leistungen
zu den Entwicklungsstufen des LAGFA-Modells.
Aufgabenbereiche in der Studie
von Speck et al. (2012, S.68)
Im standardisierten Fragebogen
dieser Arbeit zur Auswahl
stehende Aufgabenbereiche
Zugeordnete
Entwicklungsstufen
nach Vollrath und
Schaaf-Derichs
(2013, S.11)
Information, Beratung und
Vermittlung von Freiwilligen
Information, Beratung und
Vermittlung von Freiwilligen
Engagem
ent-
Agen
tur
Zusammenarbeit mit und
Beratung von Organisationen Beratung von Organisationen
Öffentlichkeitsarbeit für das
freiwillige Engagement
Öffentlichkeitsarbeit für das
freiwillige Engagement
Vernetzung im Freiwilligensektor Vernetzung im Freiwilligensektor
Vern
etzungs-
Agen
tur
Projektentwicklung zum
freiwilligen Engagement
Durchführung und/oder
Entwicklung von eigenen
Projekten, in denen sich
Freiwillige engagieren
- Teilnahme / Mitarbeit in
politischen Gremien
Fort- und Weiterbildung im
Freiwilligensektor
Fort- und Weiterbildung im
Freiwilligensektor
Entw
icklu
ngs-A
gen
tur
Zusammenarbeit mit
Unternehmen
Zusammenarbeit / Vernetzung mit
Unternehmen
Freiwilligendienste
Vermittlung von
Freiwilligendiensten und/oder
Tätigkeit als Träger von
Freiwilligendiensten
- Aktivitäten zum Thema inklusives
Engagement und/oder Diversity
Beteilig
ungs-
Agen
tur -
Gezielte Aktivitäten zur Stärkung
der Beteiligung und Teilhabe von
Bür-gerinnen und Bürgern
innerhalb der Kommune / des
Stadtbezirks
Tabelle 2: Zuordnung der abgefragten Aufgabenbereiche (eigene Darstellung)
2) Welche strukturellen Merkmale weisen Freiwilligenagenturen in Berlin auf?
Auch in der Erfassung der strukturellen Merkmale von Freiwilligenagenturen orientierte sich
die Befragung an der Fragestellung bestehender Studien. In Entsprechung zu Speck et al. (2012)
betrugen die Auswahlmöglichkeiten für die Trägerschaft der Agenturen a) eigenständiger
Verein, b) Wohlfahrtsverband, c) Kommune, d) Trägerverbund oder e) Sonstiges. Auch die
25
Formulierung der Frage nach dem aktuellen Jahresbudget orientierte sich an der genannten
Studie: Wie hoch ist das aktuelle Jahresbudget Ihrer Freiwilligenagentur (für das Jahr 2016,
in Euro)? Die Frage nach dem „Jahresbedarf“ (Speck et al., 2012, S.48) wurde abweichend zu
dieser Formulierung praktischer dargestellt: Wie hoch müsste das Jahresbudget Ihrer
Freiwilligenagentur (in Euro) sein, damit Sie alle Aufgaben gut bewältigen könnten? Bei der
Zusammensetzung der Mittel wurden einige Kategorien von Speck et al. (2012) übernommen:
„Spenden“, „Mitgliedsbeiträge“, „Stiftungsmittel“, „Sponsoring“ (ebd., S.49). Eine Kategorie
wurde umformuliert: selbsterwirtschaftete Mittel (z.B. aus Dienstleistungen an anderen
Organisationen/Unternehmen) anstelle von „Honorare/Dienstleistungen“ (ebd.). Für die
Gruppe der öffentlichen Zuwendungen wurde eine neue Unterteilung gefunden. um den
verschiedenartigen Charakter der Mittel abbilden zu können: Institutionelle Zuwendungen
(nicht-projektgebunden) aus öffentlichen Haushalten und Projektgebundene Mittel aus
öffentlichen Haushalten. Auch die Abfrage der Angestellten wurde neugestaltet und erfolgte
unterteilt in ehrenamtliche MitarbeiterInnen (auch Bundesfreiwilligendienstleistende und nicht
bezahlte Praktikant-
Innen), hauptamtliche MitarbeiterInnen (auch geringfügig Beschäftigte) in Vollzeit
(mindestens 38,5 Std. / Woche) und hauptamtliche MitarbeiterInnen und geringfügig
Beschäftigte in Teilzeit (weniger als 38,5 Std. / Woche) sowie freie MitarbeiterInnen (nur bei
regelmäßiger Mitarbeit) und bezahlte PraktikantInnen.
3) Welchen Handlungslogiken unterliegt die Leistungserbringung von Berliner
Freiwilligenagenturen als intermediären Organisationen?
Die Handlungslogiken wurden im standardisierten Fragebogen durch eine Einordnung der
jeweils befragten Freiwilligenagentur auf bipolaren Rating-Skalen15 zu unterschiedlichen
Merkmalen ihrer Arbeitsweise erfasst. Für jedes Merkmal wurde ein Kontinuum zwischen den
in Kapitel 2.3 beschriebenen Handlungslogiken der informellen Zivilgesellschaft sowie denen
der öffentlichen Verwaltung angeboten (vgl. Tabelle 3). Eine Verortung zwischen diesen zwei
Extremen erscheint angesichts des intermediären Charakters von Freiwilligenagenturen und
dem in dieser Arbeit gesetzten Fokus begründbar (vgl. Kapitel 2.2).
15 Für eine Diskussion der Vor- und Nachteile bipolarer Skalen sowie zur Begründung der Entscheidung gegen
eine Mittelposition in der angebotenen Skala siehe Menold und Bogner (2015, S.3f).
26
Merkmal Pol 1: Öffentliche Verwaltung Pol 2: Informelle
Zivilgesellschaft
Arbeitsprozesse durch Regeln bestimmte
Arbeitsprozesse
individuell gestaltbare
Arbeitsprozesse
Hierarchisierungs-
Intensität
hierarchische
Entscheidungsstruktur
flache Entscheidungsstruktur
Regelgebender
Rahmen
Vorgaben der öffentlichen
Verwaltung sind für unsere
Arbeit bestimmend
Lebenswelt der (potenziellen)
Freiwilligen ist für unsere Arbeit
bestimmend
Dynamik der
Lösungsfindung
auf Kontinuität ausgelegte
Lösungsfindung
schnelle, flexible Lösungsfindung
Entscheidungsstruktur Entscheidungen werden von
Führungspersonal /
Führungsgremium getroffen
Entscheidungen werden im
Konsens durch das gesamte Team
getroffen
Tabelle 3: Merkmalkategorien und Pole des Kontinuums zwischen der Handlungslogik der öffentlichen
Verwaltung und der informellen Zivilgesellschaft (eigene Darstellung)
Als Kategorien für die Einordnung wurden fünf verschiedene Merkmale festgesetzt, die sich
aus der in Kapitel 2.3 vorgestellten Gegenüberstellung zivilgesellschaftlicher und staatlicher
Handlungslogiken bei Embacher (2013, S.33) ableiten lassen. So sind die Kategorien
Arbeitsprozesse (mit den Polen durch Regeln bestimmte Arbeitsprozesse auf der einen und
individuell gestaltbare Arbeitsprozesse auf der anderen Seite) und Hierarchisierungs-Intensität
(hierarchische Entscheidungsstruktur gegenüber flache Entscheidungsstruktur) an Embachers
Gegenüberstellung vertikaler und horizontaler Ordnungs-/Vernetzungsprinzipien angelehnt
(ebd.). Die Kategorie Entscheidungssruktur (Entscheidungen werden von Führungspersonal /
Führungsgremium getroffen versus Entscheidungen werden im Konsens durch das gesamte
Team getroffen) zielt auf eine Abbildung der bei Embacher benannten Macht- und
Kommunikationsmittel („demokratisch legitimierte Macht“ in der Verwaltung gegenüber
„argumentative[r] Verständigung“ in der Bürgergesellschaft) ab (ebd., S.32). Die Kategorie
regelgebender Rahmen (Vorgaben der öffentlichen Verwaltung sind für unsere Arbeit
bestimmend versus Lebenswelt der (potenziellen) Freiwilligen ist für unsere Arbeit
bestimmend) bezieht die Ebene der von Embacher so betitelten „Reproduktionslogik“ (ebd.)
ein. Für die Erfassung der Kategorie Dynamik der Lösungsfindung (mit den Ausprägungen auf
Kontinuität ausgelegte Lösungsfindung auf der einen und schnelle, flexible Lösungsfindung auf
der anderen Seite) schließlich wurden Umformulierungen der von Embacher angeführten
„Aktionsformen“ (ebd., S.33) mit den Polen „Kontinuität“ und „Spontaneität“ vorgenommen.16
16 Um den general primacy Effekt (häufigeres Wählen des linken Endes einer Skala, vgl. Menold und Bogner,
2015. S.6) zu vermindern, wurden bei den Kategorien Hierarchisierungs-Intensität sowie Regelgebender
Rahmen die Endpunkte der Skala vertauscht. So stand im Fragebogen bei diesen beiden Kategorien die
27
4) Welche Veränderungen in der Leistungserbringung, in den strukturellen Merkmalen
und in den Handlungslogiken Berliner Freiwilligenagenturen haben sich durch die
sogenannte Flüchtlingskrise vollzogen?
Um die Auswirkungen der sogenannten Flüchtlingskrise auf die Berliner Freiwilligenagenturen
zu erfassen, wurde zunächst im Rahmen des standardisierten Fragebogens darum gebeten,
jeweils die Veränderungen in den Bereichen Leistungsprofile, strukturelle Merkmale und
Handlungslogiken einzuschätzen. So sollten die Befragten angeben, ob der Anteil der
genannten Arbeitsbereiche jeweils weniger geworden, gleich geblieben oder mehr geworden
sei.
Auch in Bezug auf die Anzahl der ehrenamtlichen und hauptamtlichen MitarbeiterInnen, die
Höhe des Jahresbudgets sowie die Höhe der Einnahmen aus projektgebundenen öffentlichen
Mitteln, aus nicht-projektgebundenen (institutionellen) öffentlichen Mitteln, aus Spenden und
aus Stiftungsmitteln wurde um eine Einschätzung gebeten, ob diese jeweils gesunken, gleich
geblieben oder gestiegen seien.
Für die Erfassung der Veränderungen in der Handlungslogik wurde für alle fünf
Merkmalkategorien eine Aussage formuliert. Diese Aussage suggeriert stets die Zunahme einer
der beiden Extrempositionen des Kontinuums öffentliche Verwaltung – informelle
Zivilgesellschaft (Bsp.: Die Entscheidungsstrukturen in unserer Agentur sind flacher
geworden). Zu jeder dieser Aussagen sollte angegeben werden ob diese zutreffe, eher zutreffe,
eher nicht zutreffe oder nicht zutreffe.
Neben den Veränderungen in Leistungsprofilen, strukturellen Merkmalen und
Handlungslogiken wurden im standardisierten Fragebogen außerdem Fragen gestellt, die eine
Bewertung der Entwicklung der Legitimität der Berliner Freiwilligenagenturen in der
sogenannten Flüchtlingskrise zulassen. So wurde danach gefragt, ob die Bekanntheit der
jeweiligen Freiwilligenagentur in der Bevölkerung bzw. in der öffentlichen Verwaltung
gestiegen sei. Außerdem wurde gefragt, ob das Agieren der jeweiligen Freiwilligenagentur nach
Meinung der/des Antwortenden von Seiten der potenziellen Freiwilligen bzw. von der
öffentlichen Verwaltung als kompetent wahrgenommen worden sei. Für alle vier Aspekte
wurden Statements formuliert, denen die Befragten zustimmen, eher zustimmen, eher nicht
zustimmen oder nicht zustimmen konnten (Bsp.: Die Bekanntheit unserer Freiwilligenagentur
in der Bevölkerung ist durch die sogenannte Flüchtlingskrise gestiegen.).
Handlungslogik der öffentlichen Verwaltung an erster Stelle, bei allen anderen Kategorien wurde zunächst das
der informellen Zivilgesellschaft zugeordnete Merkmal genannt.
28
Zur Absicherung der Erkenntnisse über mögliche Veränderungen von Leistungsprofilen,
strukturellen Merkmalen und Handlungslogiken sowie über die Kooperation mit informeller
Zivilgesellschaft und öffentlicher Verwaltung wurde zudem ein Gruppengespräch17
durchgeführt. Die Auswahl der GruppenteilnehmerInnen erfolgte aus dem Kreis der Personen,
die zuvor den standardisierten Fragebogen beantwortet hatten. Ziel war es, eine möglichst
heterogene, aber die Gesamtheit der befragten Freiwilligenagenturen repräsentierende Auswahl
zu treffen. Berücksichtigt wurden dafür die Kriterien Art der Trägerschaft, Struktur der
MitarbeiterInnen (Verhältnis Hauptamtliche vs. Ehrenamtliche), Leistungsprofil und
Handlungslogik. Die im Gespräch erhaltenen Auskünfte wurden digital aufgezeichnet und
anschließend in einer Synopse zusammengefasst (siehe Anhang II). Um weitere Erkenntnisse
über durch die sogenannte Flüchtlingskrise hervorgerufene Veränderungen in
Leistungsprofilen, strukturellen Merkmalen und Handlungslogiken der Freiwilligenagenturen
zu erlangen, wurden die Anwesenden zunächst gebeten, die Entwicklungen im Zuge der
„Flüchtlingskrise“ mit eigenen Worten zu beschreiben. Außerdem wurde nach den konkreten
Gründen für die o.g. Veränderungen gefragt. Im Anschluss wurde auf die Entwicklung der
Zusammenarbeit mit informeller Zivilgesellschaft und öffentlicher Verwaltung eingegangen.
5) Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich für Berliner
Freiwilligenagenturen auf Basis dieser Veränderungen für die Zukunft?
Die Erfassung der Zukunftsperspektiven Berliner Freiwilligenagenturen erfolgte ebenfalls im
Rahmen des oben beschriebenen Gruppengesprächs. Dazu wurden die Teilnehmenden dazu
aufgefordert, ihre Einschätzung zu Perspektiven, Chancen und Herausforderungen für Berliner
Freiwilligenagenturen abzugeben.
17 (Für eine Erläuterung der methodischen Vorgehensweise eines Gruppengesprächs siehe Hirth und Ziegler,
2006).
29
4 Darstellung und Interpretation der Forschungsergebnisse
Im Folgenden werden die Forschungsergebnisse präsentiert und eingeordnet. Dabei werden
zunächst die Leistungsprofile und strukturellen Merkmale von Freiwilligenagenturen in Berlin
vorgestellt (Kapitel 4.1). Anschließend werden die Handlungslogiken präsentiert (Kapitel 4.2).
Die Veränderungen, die sich in Leistungsprofilen, strukturellen Merkmalen und
Handlungslogikgen durch die „Flüchtlingskrise“ ergaben, sind Inhalt von Kapitel 4.3. Den
Abschluss bildet die Darstellung der Einschätzungen der Freiwilligenagenturen zu zukünftigen
Entwicklungen und Perspektiven (Kapitel 4.4).
4.1 Leistungsprofile und strukturelle Merkmale von Freiwilligenagenturen in Berlin
In Bezug auf die Leistungsprofile werden zwei Tätigkeiten von allen befragten
Freiwilligenagenturen durchgeführt: Die Information und Beratung von Freiwilligen sowie die
Öffentlichkeitsarbeit für die Freiwilligentätigkeit (vgl.
Abbildung 4).
Abbildung 4: Anzahl der Nennungen der jeweiligen Arbeitsbereiche (n=16; eigene Darstellung)
Wie von Speck et al. (2012) bereits für die durchschnittliche Freiwilligenagentur in
Deutschland herausgefunden wurde (ebd., S.68), kann somit auch für Berliner
Freiwilligenagenturen die Vermittlungs- und Informationsarbeit als Kernprofil bestätigt
werden. 88 Prozent der Agenturen sind darüber hinaus auch in der Beratung von Organisationen
aktiv. An vierter Stelle steht die Vernetzungsarbeit im Freiwilligensektor, gefolgt von der
Durchführung eigener Projekte, was 12 der befragten Agenturen als von ihnen angebotene
Leistung nennen. Elf Freiwilligenagenturen geben an, Aktivitäten zum Thema inklusives
Engagement und Diversity in ihrem Leistungsprofil zu haben. Mit jeweils zehn Nennungen
0
2
4
6
8
10
12
14
16Engagement-Agentur Vernetzungs-Agentur Entwicklungs-Agentur Beteiligungs-
Agentur
30
folgen die Leistungen Zusammenarbeit mit Unternehmen und die Mitwirkung in Gremien.
Fort- und Weiterbildungsangebote werden von neun der 16 befragten Agenturen als Tätigkeit
angegeben.
Abbildung 5: Positionierung auf dem Entwicklungsmodell der LAGFA (n=16; eigene Darstellung)
Für die Einordnung der befragten Freiwilligenagenturen in das Entwicklungsmodell der
LAGFA, wurden, wie in Kapitel 3.1 beschrieben, die Arbeitsbereiche zu vier
Entwicklungsstufen zusammengefasst. Bei der Zuordnung der befragten Agenturen wird
deutlich, dass alle Berliner Freiwilligenagenturen als Engagement-Agentur agieren (vgl.
Abbildung 5). Die Mehrzahl der befragten Organisationen ist außerdem als Vernetzungs-
Agentur zu verstehen. Die Hälfte der Agenturen entspricht dem Profil der Entwicklungs-
Agentur. Sechs Freiwilligenagenturen können als Beteiligungs-Agenturen bezeichnet werden.
Abbildung 6: Häufigkeit der Zuordnung zu verschiedenen Kombinationen der Entwicklungsstufen (n=16; eigene
Darstellung)
Insgesamt fünf Agenturen erfüllen die Kriterien aller vier Entwicklungsstufen (vgl.
Abbildung 6). Drei Freiwilligenagenturen sind gleichzeitig als Engagement-, Vernetzungs- und
Entwicklungsagentur aktiv. Mehr als ein Drittel der Organisationen decken mit ihrer Arbeit nur
zwei Entwicklungsstufen gleichzeitig ab. In der Regel die Kombination aus Engagement- und
0
2
4
6
8
10
12
14
16
Engagement-Agentur Vernetzungs-Agenturen Entwicklungs-Agenturen Beteiligungs-Agenturen
alle Leistungen dieser Entwicklungsstufe werden angeboten
mehr als die Hälfte der Leistungen dieser Entwicklungsstufe werden angeboten
0
1
2
3
4
5
Engagement-,Vernetzungs-,
Entwicklungs- undBeteiligungs-Agentur
Engagement-,Vernetzungs- und
Entwicklungs-Agentur
Engagement- undVernetzungs-Agentur
Engagement- undBeteiligungs-Agentur
Engagement-Agentur
31
Vernetzungs-Agentur – einmal aber auch die Kombination aus Engagement- und Beteiligungs-
Agentur. Zwei Agenturen sind nur als Engagement-Agentur aktiv.
Die Verteilung der Entwicklungsstufen bestätigt (mit Ausnahme der Kombination aus
Engagement- und Beteiligungs-Agentur) die von Schaaf-Derichs und Vollrath (2013)
zumindest visuell zum Ausdruck gebrachte These (vgl. Abbildung 1), dass die Stufen
aufeinander aufbauen (ebd., S.11).
Abbildung 7: Trägerschaft der befragten Freiwilligenagenturen (n=16; eigene Darstellung)
Die Mehrzahl der befragten Berliner Freiwilligenagenturen ist in Trägerschaft eines Vereins
(vgl.
Abbildung 7). Der Bezirk ist bei drei Befragten der Träger. Jeweils zwei Agenturen gehören
einem Wohlfahrtsverband, einer Stiftung oder einer (gemeinnützigen) GmbH an. Damit weicht
die Verteilung der Trägerschaften von den Daten für Freiwilligenagenturen in ganz
Deutschland ab. In Berlin sind deutlich mehr Agenturen in der Trägerschaft von Vereinen: 44
Prozent gegenüber 28 Prozent deutschlandweit, (vgl. Speck et al., 2012, S.37). Deutschlandweit
folgen Wohlfahrtsverbände und anschließend kommunale Träger als zweit-, bzw. dritthäufigste
Träger von Freiwilligenagenturen (26 Prozent und 21 Prozent respektive, ebd.). In Berlin ist
dieses Verhältnis umgekehrt: 19 Prozent der Agenturen befinden sich in bezirklicher
Trägerschaft, 13 Prozent sind bei Wohlfahrtsverbänden angesiedelt. Trägerverbünde kommen
bei den befragten Agenturen in Berlin nicht vor. „Sonstige“ Träger - in der vorliegenden
Befragung Stiftungen und (gemeinnützige) GmbHs - sind dafür in Berlin häufiger vertreten als
im Bundesdurchschnitt: 25 Prozent gegenüber 9 Prozent respektive. Ein Grund für die
abweichende Verteilung könnte die besondere Struktur Berlins als Stadtstaat sein. So unterhält
beispielsweise der Deutsche Caritasverband je Stadt nur ein Freiwilligenzentrum - unabhängig
von der Größe der Stadt. Dies führt bei deutschlandweit insgesamt 54 Freiwilligenzentren (vgl.
Deutscher Caritasverband e.V., 2015) zu einer statistischen Nivellierung zwischen städtischen,
ländlichen und Metropol-Regionen. Ein weiterer Faktor ist die in der vorliegenden Erhebung
vorgenommene Gleichsetzung von Bezirk und Kommune. Während deutschlandweit die
0
1
2
3
4
5
6
7
Verein Bezirk Wohlfahrtsverband Stiftung (g)GmbH
32
meisten Städte von einer einzigen Kommunalverwaltung aus verwaltet werden, ist Berlin in
zwölf Bezirke mit jeweils eigenen Verwaltungen aufgeteilt (Kaliga und Lehmann, 2010, S.8).
Damit existiert eine deutlich höhere Zahl an möglichen bezirklichen (bzw. im Fall der anderen
Städte: kommunalen) Betreibern von Freiwilligenagenturen als dies in anderen deutschen
Städten der Fall ist. Während also in den deutschen Flächenstaaten die tatsächliche Verteilung
den Daten von Speck et al. (2012, S.37) näherkommen dürfte, kommt es in Berlin (und
vermutlich auch in anderen deutschen Stadtstaaten) zu einer abweichenden Verteilung. Einen
Einfluss hat in der vorliegenden Arbeit wohl auch die, angesichts der geringen Grundgesamtheit
unvermeidliche, geringe Fallzahl der Stichprobe.18
Abbildung 8: Anzahl der befragten Freiwilligenagenturen mit jeweils angegebener Höhe des Jahresbudgets 2016
(n=1519, eigene Darstellung)
Das Jahresbudget lässt sich bei einem Viertel der befragten Berliner Freiwilligenagenturen auf
jeweils unter 10.000 Euro (vgl.
Abbildung 8) beziffern. Von diesem Viertel geben zwei Agenturen an, im Jahr 2016 kein
Budget zur Verfügung gehabt zu haben, einer weiteren Agentur stehen lediglich 100 Euro im
Jahr zur Verfügung. Die vierte Agentur dieser Gruppe verfügt über ein Jahresbudget von 1.500
Euro. Die beiden letztgenannten Freiwilligenagenturen geben an, mit dem zur Verfügung
stehenden Geld lediglich Büromaterialien und ungeplant aufkommende Kosten zu decken.
Knapp einem Drittel der Berliner Freiwilligenagenturen steht ein Gesamtbudget von zwischen
10.000 und 50.000 Euro zur Verfügung. Einer Agentur stehen 80.000 Euro zur Verfügung.
Jeweils zwei Agenturen arbeiten mit einem Jahresbudget von zwischen 100.001 und 150.000,
bzw. zwischen 150.001 und 200.000 Euro. Einer Agentur stehen mehr als 200.000 Euro pro
18 So ist dem Autor bekannt, dass eine weitere Freiwilligenagentur in Trägerschaft eines Wohlfahrtsverbandes
zurzeit in der Umstrukturierung ist und daher nicht an der Umfrage teilnehmen konnte. Eine einzige weitere
Agentur in einer der vorgestellten Träger-Kategorien würde das Ergebnis deutlich beeinflussen. 19 Eine Organisation machte keine Angaben zur Höhe des Jahresbudgets.
0
1
2
3
4
5
unter 10.000 Euro zwischen 10.000und 50.000 Euro
zwischen 50.001und 100.000 Euro
zwischen 100.001und 150.000
zwischen 150.001und 200.000
mehr als 200.000
33
Jahr zur Verfügung. Mit einem Mittelwert von 40.000 Euro (Median20) liegt die Finanzierung
Berliner Freiwilligenagenturen im Jahr 2016 deutlich höher als der Wert, der im Jahr 2012 für
Freiwilligenagenturen deutschlandweit ermittelt wurde (vgl. Speck et al., 2012, S.46).
Allerdings fanden die Autoren heraus, dass die Hälfte der großstädtischen
Freiwilligenagenturen ein Budget von mehr als 50.000 Euro zur Verfügung haben (ebd., S.47).
In Berlin haben lediglich sechs von 15 antwortenden Agenturen ein solches Budget zur
Verfügung. Gleichzeitig gaben neun Berliner Freiwilligenagenturen an, ein höheres Budget zu
benötigen, um ihre aktuellen Aufgaben gut bewältigen zu können.
Abbildung 9: Häufigkeit der Nennungen jeweils aufgezählter Mittelherkünfte (n=16; eigene Darstellung)
Zehn Berliner Freiwilligenagenturen gaben an, institutionelle Mittel zu erhalten, die sie projekt-
ungebunden aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung gestellt bekommen (vgl.
Abbildung 9). Sieben Organisationen in dieser Kategorie arbeiten ausschließlich mit
institutionellen Mitteln. Sechs Berliner Agenturen erhalten (z.T. zusätzlich) projektgebundene
öffentliche Mitteln. Selbsterwirtschaftete Mittel (bzw. Eigenmittel im Falle einer Gesellschaft)
wurden von fünf Agenturen als Finanzquelle genannt. Einnahmen aus Stiftungsmitteln wurden
von zwei Agenturen angegeben, eine Organisation erhält Spenden. Insgesamt nennen nur drei
Berliner Freiwilligenagenturen keine öffentlichen Mittel (weder institutioneller noch
projektgebundener Art) als Finanzierungsquelle. Die öffentliche Hand ist somit – in
Übereinstimmung mit den Erkenntnissen von Speck et al. (2012, S. 49) – auch in Berlin die
wichtigste Geldgeberin für Freiwilligenagenturen.
20 Die Verwendung des Medians als Kennzahl für den Mittelwert des Jahresbudgets erscheint angesichts der
Heterogenität in der Höhe der Jahresbudgets zur Angabe der zentralen Tendenz angemessener als das
arithmetische Mittel (vgl. Diekmann, 2009, S.677).
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Institutionell Projektegebundeneöffentliche
SelbsterwirtschafteteMittel / Eigenmittel
Stiftungsmittel Spenden
34
Abbildung 10: Anzahl der befragten Berliner Freiwilligenagenturen, die den jeweiligen MitarbeiterInnentyp
beschäftigen (n=16; eigene Darstellung)
Bezüglich der Struktur der MitarbeiterInnen gaben fast alle befragten Freiwilligenagenturen an,
selbst Unterstützung von Freiwilligen zu erhalten (vgl.
Abbildung 10). Hauptamtliche MitarbeiterInnen in Vollzeit sind bei der Hälfte der Agenturen
eingestellt. Etwas mehr als die Hälfte der Organisationen beschäftigen HauptamtlerInnen in
Teilzeit. Insgesamt wurden die befragten Freiwilligenagenturen im Jahr 2016 von 37
Ehrenamtlichen unterstützt. Dies entspricht im Mittel (Median) 1,5 Freiwilligen pro
Freiwilligenagentur. Dem gegenüber stehen insgesamt 16 hauptamtlich Angestellte in Vollzeit
(Median: 0,5) und 33 hauptamtlich Angestellte in Teilzeit (Median: 1).
Abbildung 11: Anzahl der befragten Berliner Freiwilligenagenturen, die mit der jeweiligen Stellenanzahl (in
Vollzeitäquivalenten) ausgestattet sind (n=16; eigene Darstellung)
Um weitere Analysen durchzuführen, wurde die Stellenanzahl der Agenturen in
Vollzeitäquivalenten (VZÄ) errechnet (vgl.
Abbildung 11).21 Dabei wird deutlich, dass zwei Freiwilligenagenturen ausschließlich auf
freiwillige Arbeit angewiesen sind (0 Stellen in VZÄ). Sieben Agenturen arbeiten mit zwischen
einer halben und zwei hauptamtlichen Stellen. Sechs Berliner Freiwilligenagenturen stehen
zwischen zweieinhalb und vier Stellen zur Verfügung. Nur eine Agentur finanziert mehr als
21 Dabei wurde jede Teilzeitstelle vereinfachend mit 0,5 Hauptzeitstellen berechnet. Drei befragte
Organisationen gaben an, mit mehr als fünf TeilzeitmitarbeiterInnen zu arbeiten. Für diese drei Agenturen wurde
mit einer jeweiligen Anzahl von sieben Teilzeitstellen gerechnet, um sowohl Freiwilligenagenturen mit deutlich
mehr als fünf Teilzeitangestellten, als auch denjenigen mit nur knapp über fünf Teilzeitangestellten gerecht zu
werden.
0
2
4
6
8
10
12
14
Ehrenamtliche Hauptamtliche in Vollzeit Hauptamtliche in Teilzeit
0
2
4
6
8
nur EA 0,5 - 2 VZÄ 2,5 - 4 VZÄ mehr als 4 VZÄ
35
vier Stellen. Freiwilligenagenturen in Berlin beschäftigen damit durchschnittlich mehr
Menschen als dies im deutschlandweiten Vergleich der Fall ist. Nach Speck et al. (2012)
arbeiten 70 Prozent der Freiwilligenagenturen in ganz Deutschland mit keiner (27 Prozent),
bzw. einer (43 Prozent) Personalstelle (ebd., S.56). 30 Prozent der Agenturen arbeiten mit zwei
oder mehr Personalstellen. Dabei wird nicht explizit in Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte
unterschieden, die Autoren fanden aber heraus, dass es sich in 80 Prozent der Fälle um
Teilzeitstellen handelt (ebd.). Im Vergleich mit der Beschäftigungsstruktur bei Agenturen in
anderen deutschen Großstädten lässt sich feststellen, dass in Berliner Freiwilligenagenturen
mehr hauptamtliche MitarbeiterInnen arbeiten. So gaben 48 Prozent der von Speck et al.
befragten großstädtischen Agenturen an, zwei oder mehr HauptamtlerInnen zu beschäftigen
(ebd., S.57). In Berlin arbeiten elf der befragten Agenturen (also knapp 69 Prozent) mit einer
solchen Anzahl an hauptamtlich Beschäftigten (in Vollzeit oder Teilzeit).
Jahresbudget liegt über dem
Median von 40.000 Euro
(ja = 7, nein = 8, ein fehlender
Wert)
Mehr als zwei hauptamtliche
Stellen (in VZÄ)
(ja = 6, nein = 10)
Mehr als zwei
Entwicklungsstufen
(ja = 8, nein = 8)
73,21** -16,67
Erfullen der Entwicklungsstufe
Vernetzungs-Agentur
(ja = 13, nein = 3) 37,50 3,33
Erfullen der Entwicklungsstufe
Entwicklungs-Agentur
(ja = 8, nein = 8) 73,21** 53,33*
Erfullen der Entwicklungsstufe
Beteiligungs-Agentur
(ja = 6, nein = 10) 17,86 100,00**
Tabelle 4: Prozentsatzdifferenz (d %) zwischen den Ausprägungen der Merkmale „Jahresbudget über 40.000
Euro“ sowie „Mehr als zwei hauptamtliche Stellen (in VZÄ)“ in Bezug auf das Erreichen höherer
Entwicklungsstufen (* = signifikant mit = 0,05, ** = sehr signifikant mit =0,01; n=16, bzw. n=15 für die
Auswertung des Jahresbudgets; eigene Darstellung)
Interessante Erkenntnisse bringt die Analyse der Zusammenhänge von strukturellen
Merkmalen und Leistungsprofilen. Vollrath und Schaaf-Derichs (2013) deuten an, dass eine
Abhängigkeit zwischen der Ressourcenausstattung einer Freiwilligenagentur und der
Möglichkeit zur Entfaltung ihres Leistungsprofils besteht (ebd., S.11). Dies kann durch die
Auswertung der vorliegenden Daten bestätigt werden. Für die Analyse wurde die
Prozentsatzdifferenz zwischen jeweils zwei Ausprägungen der unabhängigen Variablen
Jahresbudget und Anzahl der hauptamtlichen Stellen (im Vollzeitäquivalent) in Bezug auf die
abhängigen Variablen Anzahl der abgedeckten Entwicklungsstufen sowie Erfüllen der
Entwicklungsstufe Vernetzungs-Agentur (vgl. Tabelle 4, Spalte 3), Entwicklungs-Agentur
36
(Spalte 4) und Beteiligungs-Agentur (Spalte 5) berechnet.22 Das Ergebnis zeigt, dass die
Wahrscheinlichkeit, dass eine Freiwilligenagentur, die mit einem Jahresbudget von über 40.000
Euro23 ausgestattet ist, mehr als zwei Entwicklungsstufen abdeckt um ca. 73 Prozent höher ist,
als dies für Agenturen der Fall ist, die 40.000 Euro oder weniger zur Verfügung haben (vgl.
Tabelle 4). Um ebenso viele Prozentpunkte höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine
überdurchschnittlich gut finanziell ausgestattete Agentur die Entwicklungsstufe Entwicklungs-
Agentur erreicht.
Freiwilligenagenturen, die mehr als zwei hauptamtliche Stellen (in Vollzeitäquivalenten)
eingerichtet haben, erreichen die Stufe Entwicklungs-Agentur mit einer um 50 Prozent höheren
Wahrscheinlichkeit als Freiwilligenagenturen, die zwei oder weniger hauptamtliche Stellen
haben. Am deutlichsten ist der Zusammenhang zwischen der Anzahl der hauptamtlichen Stellen
und dem Erreichen der höchsten Entwicklungsstufe Beteiligungs-Agentur: Alle befragten
Freiwilligenagenturen, die diese Stufe erreichen, haben mehr als zwei hauptamtliche Stellen.
4.2 Handlungslogiken von Freiwilligenagenturen in Berlin
Die Abfrage der Arbeitsweise der Organisationen sollte Erkenntnisse über die den Aktivitäten
der Berliner Freiwilligenagenturen unterliegenden Handlungslogiken geben. In allen fünf
abgefragten Kategorien (Arbeitsprozesse, Hierarchisierungs-Intensität, Regelgebender
Rahmen, Dynamik der Lösungsfindung, Entscheidungsstruktur, vgl. Kapitel 3.4) zeigt sich bei
den befragten Agenturen eine Dominanz der zivilgesellschaftlichen Handlungslogik.
22 Berechnet wurden die Häufigkeiten der gemeinsamen, bivariaten Verteilungen der dargestellten Variablen.
Dafür wurde für jeden Wert eine Vier-Felder-Tabelle erstellt und die Prozentsatzdifferenz nach der Formel
𝑑% = 𝑊𝑒𝑟𝑡 𝑖𝑛 𝐹𝑒𝑙𝑑 1
𝑅𝑎𝑛𝑑𝑣𝑒𝑟𝑡𝑒𝑖𝑙𝑢𝑛𝑔 (𝑊𝑒𝑟𝑡 𝑖𝑛 𝐹𝑒𝑙𝑑 1+𝑊𝑒𝑟𝑡 𝑖𝑛 𝐹𝑒𝑙𝑑 3)−
𝑊𝑒𝑟𝑡 𝑖𝑛 𝐹𝑒𝑙𝑑 2
𝑅𝑎𝑛𝑑𝑣𝑒𝑟𝑡𝑒𝑖𝑙𝑢𝑛𝑔 (𝑊𝑒𝑟𝑡 𝑖𝑛 𝐹𝑒𝑙𝑑 2+𝑊𝑒𝑟𝑡 𝑖𝑛 𝐹𝑒𝑙𝑑 4) × 100, d.h. das
Kreuzprodukt der vier Zellenwerte geteilt durch das Produkt aus den Häufigkeiten der beiden Kategorien der
Randverteilung, errechnet. Als Signifikanztest wurden die z-Werte mit der Formel
𝑧 =p1 − p2
√𝑝(1−𝑝)(1
𝑁1+
1𝑁2
)
(wobei �� =𝑁1𝑝1+𝑁2𝑝2
𝑁1+𝑁2) erhoben. Getestet wurde jeweils die Nullhypothese H0:
Prozentsatzdifferenz = 0 Prozent. Mit Hilfe des z-Wertes wurde die Wahrscheinlichkeit der jeweiligen
Nullhypothese ermittelt. Die Ablehnung dieser Nullhypothese unterliegt dabei stets einer
Irrtumswahrscheinlichkeit. Beträgt diese höchstens fünf Prozent (=0,05), wird das entsprechende Ergebnis als
signifikant bezeichnet. Beträgt die Irrtumswahrscheinlichkeit höchstens ein Prozent (=0,0), gilt das
entsprechende Ergebnis als sehr signifikant. Beispielhaft soll hier die Nullhypothese für das erste Feld formuliert
werden: „Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Steigerung der Aktivitäten einer
Freiwilligenagentur im Bereich Information und Beratung von Freiwilligen und einem Zuwachs im Jahresbudget
der Agentur.“ (Für eine ausführliche Erklärung des angewandten Verfahrens siehe Diekmann, 2009, S.688ff). 23 Median des Jahresbudgets von Freiwilligenagenturen (vgl. Kapitel 4.1).
37
Abbildung 12: Handlungslogiken von Freiwilligenagenturen in Berlin nach Merkmalen auf dem Kontinuum
informelle Zivilgesellschaft – öffentliche Verwaltung (n=16; eigene Darstellung)
Elf Agenturen gaben an, in ihrer Organisation eher individuell gestaltbare Arbeitsprozesse
vorzufinden. Dem standen fünf Agenturen gegenüber, die die Arbeitsprozesse in ihrer Agentur
als eher durch Regeln bestimmt wahrnehmen. Numerisch (1 = Dominanz der
zivilgesellschaftlichen Handlungslogik, 4 = Dominanz der Handlungslogik der öffentlichen
Verwaltung)24 lässt sich für die Kategorie Arbeitsprozesse der (arithmetische) Mittelwert 2,06
bestimmen. Dieser verdeutlicht die Tendenz zum zivilgesellschaftlichen Pol des Kontinuums
(vgl.
Abbildung 12). Noch eindeutiger fiel das Ergebnis in der Kategorie Hierarchisierungs-
Intensität aus: vierzehn der befragten Freiwilligenagenturen beschreiben die
Entscheidungsstrukturen ihrer Organisation als flach. Dem stehen zwei Agenturen gegenüber,
die die Entscheidungsstrukturen als eher hierarchisch einstufen. Der entsprechende Mittelwert
von 1,88 zeugt erneut von einer größeren Nähe zu der Handlungslogik der informellen
Zivilgesellschaft.25 Das eindeutigste Ergebnis liefert die Merkmalkategorie Regelgebender
Rahmen. Vierzehn Freiwilligenagenturen halten die Lebenswelt (potenzieller) Freiwilliger für
bestimmend in Bezug auf ihre Arbeit. Nur zwei Agenturen sehen die Vorgaben der öffentlichen
Verwaltung als bestimmender an. Insgesamt führt dies zu einem Mittelwert von 1,69. Zehn
Agenturen geben an, dass die Lösungsfindung ihrer Agentur eher schnell und flexibel verlaufe.
Sechs Berliner Freiwilligenagenturen beschreiben die Lösungsfindung als eher auf Kontinuität
24 In der folgenden schriftlichen Darstellung werden die Freiwilligenagenturen, die sich für die Werte 1 und 2
sowie die Agenturen, die sich für die Werte 3 oder 4 entschieden, jeweils zusammengefasst. 25 Wie in Kapitel 3.4 beschrieben, wurde für die Kategorien Hierarchisierungs-Intensität und regelgebender
Rahmen die Skalenrichtung umgedreht. Der hier angegebene Wert stellt die Umrechnung der Antworten in die
Skalenrichtung der anderen Kategorien (1 = Dominanz der zivilgesellschaftlichen Handlungslogik, 4 =
Dominanz der Handlungslogik der öffentlichen Verwaltung) dar.
38
ausgelegt. Der Mittelwert für diese Kategorie beträgt 2,06. Elf Agenturen geben an, dass
Entscheidungen in ihrer Agentur im Konsens durch das gesamte Team getroffen werden. Dem
gegenüber stehen fünf Freiwilligenagenturen, die sich für die Position „Entscheidungen werden
von Führungspersonal / Führungsgremium getroffen“ entschieden haben. Der Mittelwert dieser
Kategorie kann auf 1,88 beziffert werden.
Damit bestätigt sich die von Alt et al. (2007) als für das Handeln von Intermediären prägende
Logik ausgemachte „Orientierung an Informalität“ (ebd., S31.f) - sofern individueller
Gestaltungsspielraum in den Arbeitsprozessen und die Orientierung an der Lebenswelt von
Freiwilligen als Ausdruck einer solchen anerkannt werden. Auch Tendenzen einer
„solidarischen Grundorientierung“ (ebd.) sind zu erkennen, da hier erneut der Bezug zum
regelgebenden Rahmen der Lebenswelt (potenzieller) Freiwilliger hergestellt werden kann. Die
darin zum Ausdruck kommende zivilgesellschaftliche Verankerung von
Freiwilligenagenturen26 wird durch die starke Bestätigung der von Embacher (2013, S.32)
adaptierten Merkmale der Handlungslogik der informellen Zivilgesellschaft (vgl. Kapitel 2.3)
noch verdeutlicht. Angesichts dieses Ergebnisses könnte die Frage gestellt werden, ob
Freiwilligenagenturen als Intermediäre zwischen öffentlicher Verwaltung und informeller
Zivilgesellschaft überhaupt erfolgreich sein können. Die Annahme, dass Freiwilligenagenturen
die für eine intermediäre Organisation notwendige Neutralität und Autonomie (vgl. Kapitel 2.2)
erreichen können, muss auf Basis der Ergebnisse zu den Handlungslogiken Berliner
Freiwilligenagenturen in Frage gestellt werden. Gleiches gilt für die von Speck et al. (2012)
formulierte Aussage Freiwilligenagenturen seien der „Prototyp intermediärer Organisationen“
(ebd., S.11).
4.3 Veränderungen in Leistungsprofilen, strukturellen Merkmalen und
Handlungslogiken von Freiwilligenagenturen in Berlin durch die sogenannte
Flüchtlingskrise
Alle befragten Freiwilligenagenturen gaben an, dass die Arbeit in mindestens einer der
abgefragten Aktivitäten durch die „Flüchtlingskrise“ mehr geworden sei. Zwei Agenturen
benannten Bereiche, in denen die Arbeit weniger geworden sei (eine dieser beiden Agenturen
führte hier gleich drei Aktivitäten an).
26 Ablesbar auch an den in Kapitel 4.1 beschriebenen Trägerformen.
39
Abbildung 13: Veränderung der Aktivitäten Berliner Freiwilligenagenturen durch die sogenannte Flüchtlingskrise
(n=16; eigene Darstellung)
Am meisten Zuwachs kann in den Tätigkeiten Information, Beratung und Vermittlung von
Freiwilligen sowie in der Vernetzung im Freiwilligensektor nachgewiesen werden (vgl.
Abbildung 13). Elf- bzw. vierzehnmal wurde eine Steigerung in diesen beiden Kategorien
genannt. Eine befragte Person gab an, dass die Information, Beratung und Vermittlung von
Freiwilligen durch die Krise weniger geworden sei. Jeweils neun Freiwilligenagenturen gaben
an, dass die Beratung von Organisationen, bzw. die Durchführung oder Entwicklung von
eigenen Projekten durch die „Flüchtlingskrise“ mehr geworden sei. Acht Agenturen stellten
dies für Aktivitäten zum Thema inklusives Engagement und/oder Diversity fest. Je sieben
Organisationen verzeichneten im Zuge der „Flüchtlingskrise“ einen Anstieg in der
Zusammenarbeit / Vernetzung mit Unternehmen, bzw. bei Aktivitäten in der Fort- und
Weiterbildung im Freiwilligensektor. Noch weniger Nennungen wurden bei den Aktivitäten
Öffentlichkeitsarbeit für das freiwillige Engagement, Teilnahme / Mitarbeit in politischen
Gremien, Vermittlung oder Tätigkeit als Träger von Freiwilligendiensten und gezielte
Aktivitäten zur Steigerung der Beteiligung und Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern
innerhalb des Stadtbezirks verzeichnet. Mit Ausnahme der erstgenannten Aktivität wurde in
diesen Arbeitsbereichen sogar von einer Agentur in allen anderen Bereichen ein Rückgang
verzeichnet.
-2
0
2
4
6
8
10
12
14
mehr geworden weniger geworden
Engagement-Agentur Vernetzungs-Agentur Entwicklungs-Agentur Beteiligungs-
Agentur
40
In Bezug auf die Entwicklungsstufen verstärkten Berliner Freiwilligenagenturen am stärksten
ihre Aktivitäten als Engagement-Agenturen.27 Am zweitstärksten war der durchschnittliche
Zuwachs in der Funktion als Vernetzungs-Agentur. Dieses Ergebnis lässt sich mit den
Aussagen von Knüvener und Kemnitzer (2016) zusammenbringen, die herausfanden, dass
Freiwilligenagenturen deutschlandweit im Bereich „Flüchtlingshilfe“ vor allem informieren,
beraten und vernetzen (ebd., S.5). Außerdem bedeutet die Ausdehnung der Tätigkeiten in dieser
Entwicklungsstufe auch eine Verstärkung der Rolle von Freiwilligenagenturen als
Intermediäre. Etwas weniger Zuwachs, aber immer noch eine deutlich positive Entwicklung,
zeichnet sich in den Funktionen der Entwicklungs- sowie der Beteiligungs-Agentur ab. Für die
Leistungen der Stufe der Entwicklungs-Agentur wurde insgesamt 19 Mal ein Anstieg
ausgewiesen. Dem stehen 14 Nennungen einer gleichbleibenden Aufgabenerfüllung und eine
Nennung einer Reduktion des Arbeitsumfangs in einem der Bereiche gegenüber. Für die
Leistungen der Stufe Beteiligungs-Agentur überwiegen mit 12 Nennungen die Agenturen, die
in den beiden Arbeitsbereichen keine Veränderungen durch die sogenannte Flüchtlingskrise
ausmachten. Dennoch wurde auch hier elf Mal eine Steigerung des Arbeitsaufkommens in den
jeweiligen Leistungen ausgemacht. Nur einmal wurde eine Reduktion einer Leistung
ausgemacht.
Abbildung 14: Veränderung in den strukturellen Merkmalen von Berliner Freiwilligenagenturen durch die
sogenannte Flüchtlingskrise (n=16; eigene Darstellung)
Bei insgesamt acht Berliner Freiwilligenagenturen haben sich durch die „Flüchtlingskrise“
Veränderungen in den strukturellen Merkmalen ergeben. Dies betrifft besonders häufig den
27 Dies ergibt sich aus dem Vergleich der (nach Anzahl der einzelnen Leistungen gewichteten)
durchschnittlichen Aktivitätssteigerung innerhalb jeder Entwicklungsstufe (Engagement-Agentur: 28/3 = 9,33,
Vernetzungs-Agentur: 23/3 = 7,67, Entwicklungs-Agentur: 19/3 = 6,33, Beteiligungs-Agentur: 11/2 = 5,5)
-1
0
1
2
3
4
5
6
7
8
mehr weniger
41
Zufluss von projektgebundenen öffentlichen Mitteln (die Hälfte der befragten Agenturen
verzeichnete hier einen Zuwachs, vgl.
Abbildung 14) und die Gesamthöhe des Jahresbudgets (hier wurde von sieben Antwortenden
eine Steigerung angegeben). Nur wenige Agenturen berichten von Veränderungen in
Mittelzuflüssen aus anderen Quellen. Zweimal wird eine Steigerung von Spendeneinnahmen
durch die „Flüchtlingskrise“ genannt, jeweils einmal werden hier Stiftungsmittel sowie
institutionelle öffentliche Mittel erwähnt. Eine Agentur gibt an, eine Verminderung der
letztgenannten Kategorie verzeichnet zu haben. Fünf Freiwilligenagenturen konnten durch die
sogenannte Flüchtlingskrise die Anzahl der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen steigern. Bei
sieben Agenturen traf dies auf die hauptamtlich Beschäftigten zu (dreimal wurden mehr
Vollzeitbeschäftigte, viermal wurden mehr Teilzeitbeschäftigte eingestellt). Insgesamt wird
deutlich, dass ein beträchtlicher Teil der Berliner Freiwilligenagenturen durch die sogenannte
Flüchtlingskrise seine Ressourcen steigern konnte. Finanzielle Mittel wurden dabei vor allem
als projektgebundene Gelder aus öffentlichen Haushalten eingenommen.
Abbildung 15: Veränderung der Handlungslogiken Berliner Freiwilligenagenturen durch die sogenannte
Flüchtlingskrise. Darstellung der Zustimmung auf die genannten Aussagen (n=16; eigene Darstellung)
Auf Basis der standardisierten Befragung können keine eindeutigen Veränderungen in den
Handlungslogiken Berliner Freiwilligenagenturen durch die „Flüchtlingskrise“ festgestellt
werden. In nahezu allen fünf abgefragten Kategorien überwiegen die Antworten, es habe sich
keine Veränderung vollzogen (vgl.
Abbildung 15). Nur vier Agenturen gaben an, ihre Arbeitsprozesse seien durch die
„Flüchtlingskrise“ stärker durch Regeln bestimmt als zuvor. Lediglich eine Person stimmte der
Aussage zu, dass die Entscheidungsstrukturen durch die „Flüchtlingskrise“ flacher geworden
seien. Zweimal wurde auf die Aussage, die Vorgaben der öffentlichen Verwaltung seien durch
0 2 4 6 8 10 12 14 16
Die Arbeitsprozesse sind mehr durch Regeln bestimmt als zuvor
Die Entscheidungsstrukturen in unserer Agentur sind flachergeworden
Vorgaben der öffentlichen Verwaltung sind in unserer Arbeitwichtiger geworden
Die Lösungsfindung ist mehr als zuvor auf Schnelligkeit undFlexibilität ausgelegt
Die Entscheidungen innerhalb unserer Organisation werdennun häufiger im Konsens durch das gesamte Team getroffen
stimme zu / stimme eher zu stimme eher nicht zu / stimme nicht zu
42
die „Flüchtlingskrise“ wichtiger geworden, mit Zustimmung reagiert. Dreimal wurde der
Aussage zugestimmt, die „Flüchtlingskrise“ habe zu häufigeren Konsensentscheidungen
innerhalb der eigenen Organisation geführt. Eine Ausnahme bilden die Antworten auf die Frage
nach einer Veränderung in der Lösungsfindung. Acht Agenturen stimmten der Aussage zu, dass
diese durch die sogenannte Flüchtlingskrise schneller und flexibler geworden sei. Ebenfalls
achtmal wurde demgegenüber keine Veränderung in der Lösungsfindung festgestellt. Damit
bleibt bestehen, dass Berliner Freiwilligenagenturen deutlich stärker von Handlungslogiken
geprägt sind, die der der Zivilgesellschaft zugeschrieben werden. Die Daten bieten keine
Grundlage für eine Veränderung dieser Orientierung durch die „Flüchtlingskrise“.
Um einen Zusammenhang zwischen den beschriebenen Veränderungen herzustellen, wurden
die einzelnen Leistungen mit ausgewählten strukturellen Merkmalen in Bezug gesetzt (vgl.
Tabelle 5). Die Auswertung legt nahe, dass Freiwilligenagenturen, die im Zuge der sogenannten
Flüchtlingskrise von einem Zuwachs in der Beratung von Organisationen berichteten, mit einer
um 52 Prozentpunkte höheren Wahrscheinlichkeit auch einen Zuwachs im Jahresbudget sowie
in der Anzahl der hauptamtlich Mitarbeitenden verzeichnen konnten als Agenturen, die ihre
Aktivitäten im Bereich Beratung von Organisationen nicht steigerten. Um knapp 63 Prozent
höher ist die Wahrscheinlichkeit durch die Krise mehr projektgebundene öffentliche Mittel zu
erhalten für Agenturen mit einem Zuwachs in der Beratung von Organisationen gegenüber
Agenturen ohne einen Zuwachs in diesem Bereich. Ein ähnlicher Zusammenhang scheint für
die Kategorie Zusammenarbeit / Vernetzung mit Unternehmen zu bestehen – mit einer etwas
schwächer ausgeprägten Korrelation mit einem wachsenden Jahresbudget. Noch höher ist die
Wahrscheinlichkeit, dass eine Steigerung der Aktivitäten in dem Bereich Zusammenarbeit /
Vernetzung mit Unternehmen auf eine positive Entwicklung der Anzahl hauptamtlich
Mitarbeitender trifft. Auch eine Ausweitung der Arbeit im Bereich Fort- und Weiterbildung im
Freiwilligensektor korreliert mit Zuwächsen in den drei strukturellen Merkmalen – wiederum
mit verminderten Werten für den Zusammenhang mit einem Zuwachs im Jahresbudget sowie
mit der Erhöhung der Anzahl hauptamtlich Mitarbeitender.
43
Mehr
Informatio
n und
Beratung
von
Freiwillige
n
(ja – n=13,
nein –
n=3)
Mehr
Beratung
von
Organisati
onen
(ja – n=9,
nein –
n=7)
Mehr
Öffentlich
keitsarbeit
(ja – n=6,
nein –
n=10)
Mehr
Vernetzun
g
(ja – n=14,
nein –
n=2)
Mehr
Zusamme
narbeit
mit
Unterneh
men
(ja – n=7,
nein –
n=9)
Mehr
Gremiena
rbeit
(ja – n=2,
nein –
n=14)
Mehr
Freiwillige
ndienste
(ja – n=3,
nein –
n=13)
Mehr
eigene
Projekte
(ja – n=9,
nein –
n=7)
Mehr
Fort- und
Weiterbild
ung
(ja – n=7,
nein –
n=9)
Mehr
Diversity
(ja – n=8,
nein –
n=8)
Mehr
Teilhabe
(ja – n=3,
nein –
n=13)
Zuwachs
Budget
(ja – n=7,
nein – n=9)
12,82 52,38* 36,67 50,00 49,21* 64,29* -12,82 1,59 49,21* -12,50 28,21
Zuwachs
projektgebundene
öffentliche Mittel
(ja – n=8,
nein – n=8)
20,51 63,49* 26,67 57,14 63,49* 57,14 -20,51 12,70 63,49* 0,00 61,54
Zuwachs
hauptamtliche
Mitarbeitende
(ja – n=7,
nein – n=9)
12,82 52,38* 36,67 50,00 74,60** 7,14 -12,82 1,59 49,21* -12,50 69,23*
Tabelle 5: Prozentsatzdifferenz (d %) zwischen den Freiwilligenagenturen, die einen Zuwachs der jeweiligen Leistung angeben, und den Agenturen, die nicht von einem solchen
Zuwachs berichten, in Bezug auf den Zuwachs der dargestellten strukturellen Merkmale (* = signifikant mit = 0,05, ** = sehr signifikant mit =0,01; n=16; eigene
Darstellung)
44
Schließlich haben auch Freiwilligenagenturen, die durch die „Flüchtlingskrise“ ihre Aktivitäten
im Bereich Stärkung der Teilhabe und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern ausbauen
konnten, mit einer um ca. 69 Prozentpunkte höheren Wahrscheinlichkeit gleichzeitig einen
Zuwachs ihres hauptamtlichen Personals verzeichnet als solche, die keine Veränderung in
dieser Leistung verzeichneten (vgl. Tabelle 5).
Mehr Regeln
(ja – n=4,
nein – n=12)
Flachere
Entscheidung
sstrukturen
(ja – n=1,
nein – n=15)
Vorgaben der
öffentlichen
Verwaltung
wichtiger
(ja – n=2,
nein – n=14)
Flexiblere
Lösungsfindu
ng
(ja – n=8,
nein – n=8)
Mehr
Konsensentsc
heidungen
(ja – n=3,
nein – n=13)
Zuwachs
Budget
(ja – n=7,
nein – n=9)
41,67 -46,67 7,14 87,50** 28,21
Zuwachs
projektgebundene
öffentliche Mittel
(ja – n=8,
nein – n=8)
33,33 53,33 0,00 75,00** 61,54
Zuwachs
hauptamtliche
Mitarbeitende
(ja – n=7,
nein – n=9)
41,67 60,00 7,14 62,50* 69,23*
Tabelle 6: Prozentsatzdifferenz (d %) zwischen den Freiwilligenagenturen, die die jeweils genannte Veränderung
in den Handlungslogiken bejahen, und den Agenturen, die nicht von einer solchen Veränderung berichten, in
Bezug auf einen Zuwachs der dargestellten strukturellen Merkmale (* = signifikant mit = 0,05, ** = sehr
signifikant mit =0,01; n=16; eigene Darstellung)
Auch die Veränderung der Handlungslogiken wurde auf Zusammenhänge mit einer
Veränderung der o.g. strukturellen Merkmale überprüft. Die einzige Kategorie, für die sich
nennenswerte und signifikante Korrelation ablesen lassen, ist die Dynamik der
Lösungsfindung. So vollzogen sich bei Freiwilligenagenturen, deren Prozesse zur
Lösungsfindung durch die „Flüchtlingskrise“ flexibler wurden, mit einer zum Teil deutlich
höheren Wahrscheinlichkeit auch positive Veränderung in der Ausgestaltung der abgebildeten
strukturellen Merkmale, als bei denjenigen Agenturen, die eine Flexibilisierung der
Lösungsfindung verneinten (vgl. Tabelle 6).
Um eine mögliche Veränderung in der Legitimität der Freiwilligenagenturen zu untersuchen,
wurden die Berliner Freiwilligenagenturen gefragt, ob sie im Zuge der „Flüchtlingskrise“ ihre
Bekanntheit bei (potenziellen) Freiwilligen und bei der öffentlichen Verwaltung steigern
konnten sowie ob sie der Meinung sind, dass ihr Handeln bei Akteuren aus diesen beiden
Sektoren als kompetent wahrgenommen wurde.
45
Mehr
Informatio
n und
Beratung
von
Freiwillige
n
(ja – n=13,
nein – n=3)
Mehr
Beratung
von
Organisati
onen
(ja – n=9,
nein – n=7)
Mehr
Öffentlich
keitsarbeit
(ja – n=6,
nein –
n=10)
Mehr
Vernetzun
g
(ja – n=14,
nein – n=2)
Mehr
Zusammen
arbeit mit
Unterneh
men
(ja – n=7,
nein – n=9)
Mehr
Gremienar
beit
(ja – n=2,
nein –
n=14)
Mehr
Freiwillige
ndienste
(ja – n=3,
nein –
n=13)
Mehr
eigene
Projekte
(ja – n=9,
nein – n=7)
Mehr
Fort- und
Weiterbild
ung
(ja – n=7,
nein – n=9)
Mehr
Diversity
(ja – n=8,
nein – n=8)
Mehr
Teilhabe
(ja – n=3,
nein –
n=13)
Zuwachs
Bekanntheit
(Bevölkerung)
(ja – n=12,
nein – n=4)
10,26 31,75 40,00 85,71** 44,44* -28,57 30,77 31,75 19,05 0,00 30,77
Zuwachs
Bekanntheit
(Verwaltung)
(ja – n=12,
nein – n=4)
51,28 57,14** 13,33 85,71** 44,44* 28,57 30,77 31,75 44,44* 25,00 30,77
Kompetenz
(Bevölkerung)
(ja – n=15,
nein – n=1)
33,33* 14,29 10,00 50,00** 11,11 7,14 7,69 14,29 11,11 -12,50 7,69
Kompetenz
(Verwaltung)
(ja – n=13,
nein – n=2,
1 fehlender
Wert)
42,31 33,33 20,00 100,00** 25,00 15,38 16,67 28,57 25,00 1,79 16,67
Tabelle 7: Prozentsatzdifferenz (d %) zwischen den Freiwilligenagenturen, die einen Zuwachs der jeweiligen Leistung angeben, und den Agenturen, die nicht von einer
solchen Veränderung berichten, in Bezug auf einen Zuwachs der dargestellten Indikatoren der Legitimität (* = signifikant mit = 0,05, ** = sehr signifikant mit =0,01;
n=16 bzw. n=15 für letzte Spalte; eigene Darstellung)
Jeweils zwölf Agenturen gaben an, dass sie ihre Bekanntheit bei der Bevölkerung, bzw. bei der
öffentlichen Verwaltung durch die „Flüchtlingskrise“ steigern konnten (vgl. Angaben in der
ersten Spalte von Tabelle 7 und Tabelle 8). 15 bzw. 13 Agenturen gaben an, dass ihr Agieren
in der sogenannten Flüchtlingskrise von (potenziellen) Freiwilligen, bzw. von öffentlichen
Verwaltungen als kompetent wahrgenommen wurde. Gesetzt den Fall, dass die beiden
Kategorien als Indikatoren akzeptiert werden, lässt sich auf Grundlage der Befragung eine
Steigerung der Legitimität der befragten Freiwilligenagenturen im Zuge der sogenannten
Flüchtlingskrise ableiten. Dabei bestehen statistisch signifikante Zusammenhänge zwischen
einer Aktivitätensteigerung in den Bereichen Vernetzung im Freiwilligensektor sowie
Zusammenarbeit / Vernetzung mit Unternehmen und einer Zunahme der Bekanntheit einer
Freiwilligenagentur in der Bevölkerung. Beide genannten Leistungen sowie die Aktivitäten
Beratung von Organisationen und Fort- und Weiterbildung im Freiwilligensektor korrelieren
darüber hinaus positiv mit der Bekanntheit einer Freiwilligenagentur bei der öffentlichen
Verwaltung. Die Zunahme in der Aktivität Vernetzung im Freiwilligensektor lässt sich zudem
in Bezug setzen mit der Wahrnehmung eines kompetenten Agierens der Freiwilligenagentur in
der „Flüchtlingskrise“. Ausschließlich in Zusammenhang mit einer höheren
Wahrscheinlichkeit der Wahrnehmung als kompetenter Akteur durch die Bevölkerung lässt
sich eine Steigerung in der Leistung Information und Beratung von Freiwilligen bringen (vgl.
Tabelle 7).
Mehr Regeln
(ja – n=4,
nein – n=12)
Flachere
Entscheidung
sstrukturen
(ja – n=1,
nein – n=15)
Vorgaben der
öffentlichen
Verwaltung
wichtiger
(ja – n=2,
nein – n=14)
Flexiblere
Lösungsfindu
ng
(ja – n=8,
nein – n=8)
Mehr
Konsensentsc
heidungen
(ja – n=3,
nein – n=13)
Zuwachs Bekanntheit
(Bevölkerung)
(ja – n=12, nein – n=4)
25,00 26,67 28,57 25,00 30,77
Zuwachs Bekanntheit
(Verwaltung)
(ja – n=12, nein – n=4)
33,33 26,67 28,57 50,00* 30,77
Kompetenz
(Bevölkerung)
(ja – n=15, nein – n=1)
0,00 6,67 7,14 12,50 7,69
Kompetenz
(Verwaltung)
(ja – n=13, nein – n=2,
1 fehlender Wert)
18,18 14,29 15,38 28,57 16,67
Tabelle 8: Prozentsatzdifferenz (d %) zwischen den Freiwilligenagenturen, die die jeweils genannte
Veränderung in den Handlungslogiken bejahen, und den Agenturen, die nicht von einer solchen Veränderung
berichten, in Bezug auf einen Zuwachs der dargestellten Indikatoren der Legitimität (* = signifikant mit =
0,05, ** = sehr signifikant mit =0,01; n=16 bzw. n=15 für letzte Spalte; eigene Darstellung)
Auch Freiwilligenagenturen, die durch die Krise eine flexiblere Lösungsfindung entwickelten,
konnten mit einer um ca. 50 Prozentpunkte höheren Wahrscheinlichkeit ihre Bekanntheit bei
der öffentlichen Verwaltung steigern als solche Freiwilligenagenturen, die ihre Lösungsfindung
nicht flexibilisierten (vgl. Tabelle 8).
Die statistischen Auswertungen haben aufgrund einer sehr kleinen zugrundeliegenden Fallzahl
(und Survey-Population) eine beschränkte Aussagekraft (vgl. Diekmann, 2009, S.711). Auch
weisen die Tests keine eindeutigen kausalen Zusammenhänge nach. Trotzdem lassen sich die
Ergebnisse mithilfe des in Kapitel 3.3 erstellten Modells aus der Perspektive des Neo-
Institutionalismus interpretieren. Erneut soll dabei vom Überleben der Organisationen als
Endzweck ausgegangen werden. Wie oben beschrieben sind für dieses Überleben Legitimität
und Ressourcen notwendig, die einer Organisation aus ihrer Umwelt zugesprochen werden. Der
nachgewiesene Zuwachs an Ressourcen und Legitimität folgt im Erklärungsansatz des Neo-
Institutionalismus auf eine Anpassung der Organisation an die Erwartungen der Umwelt. Aus
dieser Perspektive ließe sich analysieren, dass Freiwilligenagenturen, die im Zuge der
„Flüchtlingskrise“ ihre Aktivitäten in den Bereichen Beratung von Organisationen,
Zusammenarbeit / Vernetzung mit Unternehmen und Fort- und Weiterbildung im
Freiwilligensektor intensiviert haben, besonders gut auf die Erwartungen ihrer Umwelt
eingegangen sind. Dafür, so folgt aus dem Blickwinkel des Neo-Institutionalismus, wurden sie
mit einem Zuwachs an Ressourcen „belohnt“. Gleiches gilt für Agenturen, die ihre
Lösungsfindung flexibilisiert haben. Analog dazu erfüllten Freiwilligenagenturen, die ihre
Leistungen in den Bereichen Information und Beratung von Freiwilligen, Beratung von
Organisationen, Vernetzung im Freiwilligensektor, Zusammenarbeit / Vernetzung mit
Unternehmen sowie Fort- und Weiterbildung im Freiwilligensektor ausbauten, in besonderem
Maße die Ansprüche ihres Umfelds. Dadurch konnten gerade sie ihre Legitimität steigern.
4.4 Ergebnisse des qualitativen Gruppengesprächs und zukünftige Entwicklung von
Freiwilligenagenturen in Berlin
Das im Rahmen der vorliegenden Arbeit durchgeführte Gruppengespräch war in zwei Teile
unterteilt. Im ersten Teil wurde mit dem Ziel, die Ergebnisse der quantitativen Befragung
abzusichern und zu ergänzen, die Entwicklung der Berliner Freiwilligenagenturen in der
sogenannten Flüchtlingskrise behandelt. Im zweiten Teil wurden Zukunftsperspektiven,
Herausforderungen und Chancen von Freiwilligenagenturen in Berlin thematisiert.
In Bezug auf die Entwicklung der Leistungsprofile zeugen die Aussagen der Teilnehmenden
zunächst von der großen Nachfrage der Zivilgesellschaft nach Leistungen von
Freiwilligenagenturen (Heimes, 2016). Insbesondere zwischen August und November 2015 sei
es zu sehr vielen telefonischen und schriftlichen Anfragen von BürgerInnen gekommen, die
sich engagieren wollten und fragten wie und wo dies am besten möglich sei. Das Handlungsfeld
‚Engagement für Geflüchtete’ wurde dabei von den am Gruppengespräch teilnehmenden
Agenturen als schnelllebig und durch sich häufig ändernde Bedarfe gekennzeichnet
beschrieben. Viele Freiwilligenagenturen hätten mit der Anpassung der eigenen Leistungen und
der Entwicklung neuer Leistungsformate auf die Krise reagiert. Mehrmals genannt wurde im
Gruppengespräch das Format des runden Tisches, zu dem VertreterInnen der informellen
Zivilgesellschaft, etablierter Organisationen sowie der öffentlichen Verwaltung eingeladen
wurden. Auch die Beratung etablierter Organisationen zu Themen des
Freiwilligenmanagements sei im Zuge der Krise von hoher Wichtigkeit gewesen. Als positive
Veränderung wurde der Ausbau der Netzwerke von Berliner Freiwilligenagenturen genannt. So
habe man durch die Flüchtlingskrise Kontakt zu vielen Akteuren erhalten, mit denen man zuvor
noch nicht kooperiert hatte (ebd.).
Hinsichtlich der strukturellen Merkmale berichteten die Teilnehmenden des Gruppengesprächs
von einer großen Überforderung zu Beginn der Krise (Heimes, 2016). MitarbeiterInnen seien
durch die Bearbeitung der zahlreichen Anfragen zunächst stark überlastet gewesen. Erst Ende
2015 sei es bei einzelnen Agenturen möglich gewesen neue Beschäftigte einzustellen. Deutlich
kritisiert wurde die zeitliche Trennung von Ressourcenbedarf und Ressourcendeckung. Bis in
die „Flüchtlingskrise“ hinein hätten Berliner Freiwilligenagenturen lange Zeit mit minimaler
Basisförderung agieren müssen. Diese Grundförderung sei zuvor über Jahre hinweg immer
weiter gekürzt worden. Durch die „Flüchtlingskrise“ würde inzwischen eine große Fülle
finanzieller Mittel ausgeschüttet (ebd.).
In Zusammenhang mit den wirkenden Handlungslogiken wiesen die Teilnehmenden des
Gruppengesprächs mehrfach auf die Schwierigkeiten hin, die bei dem Aufeinandertreffen von
Strukturen unterschiedlicher Dynamik entstanden seien (Heimes, 2016). Explizit wurden dabei
die „langsame, etablierte“ Struktur von öffentlicher Verwaltung und traditionellen
Organisationen sowie die „schnellen, neuen“ Strukturen von Willkommensinitiativen und
individuell agierenden Engagierten genannt. Die Schnittstellenfunktion von
Freiwilligenagenturen zwischen diesen beiden Strukturen wurde mehrfach betont. Auch
Konflikte mit der öffentlichen Verwaltung kamen zur Sprache. Dabei wurden vor allem (als
solche beschriebene) jahrelange Versäumnisse der Behörden bei der Neueinstellung und
Qualifizierung junger, leistungsfähiger Mitarbeitender betont. Zudem seien auf Landesebene
Zusagen in Bezug auf Absprachen zu Kooperationen im Rahmen der Unterstützung von
Geflüchteten mehrfach nicht eingehalten worden. Bis heute (Dezember 2016) – so einige
Teilnehmende des Gruppengespräches – wären viele Dinge nicht besser geworden. Der
Verwaltung wurde übereinstimmend ein Mangel an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit
attestiert. Dem gegenüber kamen auch teilweise übersteigerte Ansprüche der informellen
Zivilgesellschaft zur Sprache. In diesem Zusammenhang hätten Freiwilligenagenturen gelernt,
an ihren eigenen Qualitätsstandards festzuhalten und diese auch gegenüber
Partnerorganisationen und –initiativen zu behaupten. Gleichzeitig sei Freiwilligenagenturen die
Bedeutung sozialer Medien und damit die Notwendigkeit neuer Kompetenzen im Umgang mit
schneller, flexibler Kommunikation bewusstgeworden. Dies habe zu einem Lernprozess
geführt. Mehrfach nannten die Gesprächsteilnehmenden den Begriff der „Rollenflexibilität“.
Diese müsse man, das habe die Krise gezeigt, als Freiwilligenagenturen beherrschen.
Insgesamt, so war man sich einig, konnte die Präsenz von Freiwilligenagenturen durch die
„Flüchtlingskrise“ gesteigert werden (ebd.).
Aus einer analytischen Perspektive bestätigen die Erkenntnisse des Gruppengesprächs die
Ergebnisse der quantitativen Umfrage hinsichtlich des Ausbaus der Leistungsprofile sowie des
Zuwachses von Ressourcen. Ebenfalls deutet sich durch die Betonung der notwendigen
„Rollenflexibilität“ an, dass Freiwilligenagenturen im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise
das Selbstverständnis als intermediäre Organisationen stärken konnten. Gleichzeitig werden
auch im Gespräch Distanzen zwischen den Handlungslogiken der Freiwilligenagenturen auf
der einen und denen der öffentlichen Verwaltung auf der anderen Seite sowie sich daraus
ergebende Konfliktpotenziale sichtbar. Das Gruppengespräch lieferte auch Erkenntnisse
bezüglich der Wirkungszusammenhänge des oben besprochenen neo-institutionalistischen
Erklärungsmodells. So bestätigten die anwesenden VertreterInnen Berliner
Freiwilligenagenturen, dass die Anpassung des Leistungsprofils als Reaktion auf die
Entwicklungen im Organisationsumfeld geschehen sei. Der Zufluss finanzieller Mittel erfolgte
zu einem späteren Zeitpunkt (Heimes, 2016). Anfängliche Überlegungen des Autors, dass
zunächst Gelder zur Verfügung gestellt worden seien und erst im Anschluss Veränderungen bei
den Agenturen vorgenommen worden seien, können auf Basis dieser Aussagen verworfen
werden.28
28 Nichtsdestotrotz verdeutlicht die starke Relevanz projektgebundener öffentlicher Gelder (vgl. Kapitel 4.3) den
Zusammenhang zwischen Art und Weise der Leistungsanpassung und der Zurverfügungstellung finanzieller
Ressourcen – je nach Anforderungen und Vertragsgestaltung des jeweiligen Projekts folgt eine Ausgestaltung
der Leistungen typischerweise in Abhängigkeit der Vorgaben des Mittelgebers (z.B. in Bezug auf den
thematischen Fokus oder auf das Projektformat).
Im zweiten Teil des Gruppengesprächs wurden die Freiwilligenagenturen zu
Zukunftsperspektiven, Chancen und Herausforderungen befragt. Als größte Chance wurde
dabei das große Engagementpotenzial in der Gesellschaft dargestellt (Heimes, 2016). Auch die
systemischen Veränderungen und „Bewegungen“ in der Gesellschaft seien notwendig gewesen,
um beispielsweise veraltete Prozesse und Strukturen der Bürokratie zu verändern. Außerdem
sei die Wichtigkeit der Engagementförderung sichtbar geworden. Freiwilligenagenturen seien
als Folge der Flüchtlingskrise in der Engagementlandschaft präsenter als zuvor. Es wäre laut
den Teilnehmenden des Gruppengesprächs wünschenswert, diese Ausgangslange für den
Aufbau einer nachhaltigen Förderinfrastruktur bürgerschaftlichen Engagements zu nutzen.
Dies sei gleichzeitig aber die größte Herausforderung. Die Rahmenfinanzierung für
Freiwilligenagenturen sei nach wie vor schlecht, bei den im Zuge der Flüchtlingskrise zur
Verfügung gestellten Geldern sei nicht gesichert, dass diese Fördermöglichkeiten langfristig
Bestand haben. Eine wichtige Aufgabe sei es, zu klären, welche Strukturen der
Engagementförderung fest und langfristig angelegt und welche flexibel gehalten werden sollten
und dies dann entsprechend umzusetzen. Was das Engagement betrifft, sei eine Gefahr, dass
die Unterstützung von Geflüchteten im privaten Raum verschwinde, d.h. zunehmend auf
informeller, familiärer Basis ohne institutionelle Anbindung und Anerkennung stattfinde. Eine
große Herausforderung sei außerdem das große Frustrationspotenzial für Freiwillige, die z.B.
keinen Erfolg in der Unterstützung von Geflüchteten bei der Wohnungssuche haben.
Anhaltende negative Erfahrungen könnten dazu führen, dass Menschen sich in Zukunft nicht
mehr engagierten. Auch konkrete Forderungen an die Politik wurden im Gruppengespräch
formuliert. So müsse aus den Erfahrungen der „Flüchtlingskrise“ die Erkenntnis erfolgen, dass
leistungsfähige Strukturen der Engagementförderung notwendig seien, um Freiwillige
ausreichend gut zu unterstützen. Dafür sei eine Grundfinanzierung notwendig, die als
institutionelle, projektunabhängige Förderung auch Freiwilligenagenturen die notwendige
Ressourcenausstattung ermögliche. Engagementförderung solle als Querschnittsaufgabe
verstanden werden, die nicht nur in Krisen Informations- und Vernetzungsbedarfe von
Zivilgesellschaft und Politik / Verwaltung decke, sondern auch langfristig Strukturen zu mehr
Partizipation und Mitsprache von BürgerInnen bereitstellen könne. Dafür sollten sich, so die
Forderung, auch lokale Verwaltungen öffnen und Dialogbereitschaft mit engagierten
BürgerInnen vor Ort zeigen (ebd.).
5 Fazit
In der vorliegenden Arbeit erfolgte zum ersten Mal eine ausführliche Standortbestimmung der
Freiwilligenagenturen in Berlin. Dabei zeigt sich, dass das Leistungsprofil Berliner
Freiwilligenagenturen breit gefächert ist. Der Fokus liegt auf dem Informieren und Beraten von
Freiwilligen und Organisationen sowie auf Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung im
Freiwilligensektor. Noch ausbaufähig sind die Tätigkeiten Berliner Freiwilligen-agenturen als
Entwicklungs- bzw. Beteiligungs-Agenturen, d.h. Aktivitäten, die eigene Engagement-
Möglichkeiten schaffen, Freiwillige weiterbilden und verschiedene Zielgruppen stärker in
Strukturen des lokalen Zusammenlebens mit einbeziehen. Es besteht ein positiver statistischer
Zusammenhang zwischen der Höhe des Jahresbudgets sowie der Anzahl hauptamtlich
Mitarbeitender und dem Erreichen höherer Entwicklungsstufen.
Bezüglich der strukturellen Merkmale unterscheiden sich Berliner Freiwilligenagenturen
insofern von Agenturen in anderen deutschen Großstädten als sie öfter als Verein organisiert
sind, im Durchschnitt weniger Geld zur Verfügung haben und häufiger mehr als zwei
hauptamtliche Mitarbeitende beschäftigen. Auch in Berlin ist die öffentliche Hand wichtigste
Geldgeberin für Freiwilligenagenturen.
Die der Leistungserbringung Berliner Freiwilligenagenturen unterliegende Handlungslogik ist
derjenigen der informellen Zivilgesellschaft deutlich näher als der für die öffentliche
Verwaltung charakteristische Handlungslogik. Dies wirft die Frage auf, ob die ideologische
Nähe von Berliner Freiwilligenagenturen zur Zivilgesellschaft dem Ideal der Autonomie und
Distanz von intermediären Organisationen gegenüber ihren Referenzsystemen widerspricht. So
könnte die Distanz der Handlungslogik der Freiwilligenagenturen zu Wirkmechanismen und
Funktionsprinzipien der öffentlichen Verwaltung die im Zuge der „Flüchtlingskrise“
entstandenen Konflikte zum Teil erklären.
Durch die sogenannte Flüchtlingskrise hat sich die Leistungserbringung Berliner
Freiwilligenagenturen in allen Bereichen intensiviert. Besonders häufig wurde dabei die
Funktion von Freiwilligenagenturen als Engagement- und als Vernetzungs-Agentur gestärkt.
Dies bedeutet auch eine Verbreitung der Rolle von Freiwilligenagenturen als vernetzende und
vermittelnde Intermediäre. Knapp die Hälfte der Berliner Freiwilligenagenturen verzeichnete
durch die sogenannte Flüchtlingskrise eine Erhöhung des Jahresbudgets – in der Regel in der
Form von projektgebundenen öffentlichen Mitteln. Bezüglich der Handlungslogiken hatte die
„Flüchtlingskrise“ nur geringe Auswirkungen auf die Berliner Freiwilligenagenturen – mit
Ausnahme der Dynamik der Lösungsfindung: die Hälfte der Agenturen gab an, dass diese mehr
als zuvor auf Schnelligkeit und Flexibilität ausgelegt sei.
Weitere Ergebnisse lassen erkennen, dass Freiwilligenagenturen durch ihr Agieren in der
„Flüchtlingskrise“ ihre Legitimität gegenüber den zwei für sie besonders relevanten
gesellschaftlichen Umwelten – der informellen Zivilgesellschaft und der öffentlichen
Verwaltung – steigern konnten. Aus der Perspektive des Neo-Institutionalismus lassen sich die
Steigerungen in Legitimität und Ressourcen auf die Veränderungen im Leistungsprofil der
Freiwilligenagenturen zurückführen.
Es besteht bei Berliner Freiwilligenagenturen die Hoffnung, dass die verbesserte
Ressourcenlage zur Etablierung einer nachhaltigen Infrastruktur zur Engagementförderung
genutzt werden kann. Gleichzeitig stellt dies eine große Herausforderung dar, da zunächst
kurzfristig vergebene Fördermittel das Themenfeld der Flüchtlingshilfe dominieren. Eine
Forderung der Agenturen an die Politik ist es, für eine ausreichende Grundfinanzierung von
Freiwilligenagenturen zu sorgen. Nur so könnten langfristige Strukturen aufgebaut und
engagierte BürgerInnen auch über ihr spontanes Engagement hinaus eingebunden werden. Die
verbesserte Ressourcenlage und die aktuell erhöhte Legitimität als Kooperationspartner der
öffentlichen Verwaltung bieten eine gute Ausgangslage, um die Kooperation mit den Behörden
weiter zu verbessern. Dabei erscheint es schwierig und nicht sinnvoll, die Handlungslogiken in
Richtung der öffentlichen Verwaltung korrigieren zu wollen. Vielmehr sollte die Verankerung
der Freiwilligenagenturen in zivilgesellschaftlichen Handlungslogiken wahrgenommen und
anerkannt werden.
Die Erkenntnisse der Masterarbeit ermöglichen den steuernden Akteuren die Berücksichtigung
empirischer Erkenntnisse in der Entscheidungsfindung. So deuten die Ergebnisse darauf hin,
dass eine Intensivierung der Information und Beratung von Organisationen, ein Ausbau der
Zusammenarbeit mit Unternehmen und die Schaffung von Fort- und Weiterbildungsangeboten
besonders förderlich für eine Steigerung der eigenen Ressourcen sein könnten. In Bezug auf
die Förderung der koordinierenden Strukturen von ehrenamtlichem Engagement zeichnet sich
ab, dass eine ausreichende Finanzierung für die Weiterentwicklung von Berliner
Freiwilligenagenturen von hoher Bedeutung ist. Insbesondere im Hinblick auf den Erhalt und
die Unterstützung selbstständig und informell koordinierter Freiwilligenarbeit könnten
Freiwilligenagenturen mit einer gesicherten Grundfinanzierung ihre Tätigkeiten ausbauen. Mit
der Bestimmung der wirkenden Handlungslogiken ist zudem eine Positionsbestimmung des
Akteurs ‚Freiwilligenagentur’ als Intermediär zwischen Zivilgesellschaft und Verwaltung
erfolgt, wobei diese Position mit der idealtypischen Verortung der Agenturen abgeglichen
werden kann und bei Bedarf Maßnahmen ergriffen werden können, um einzelne
Handlungslogiken zu stärken, bzw. anderen entgegenzuwirken.
Die wichtigste Limitation der vorliegenden Arbeit ist die geringe Fallzahl der befragten
Freiwilligenagenturen. Trotz der sehr hohen Rücklaufquote muss die Aussagekraft der
statistischen Auswertungen als beschränkt angesehen werden. Auch die Erhebung der den
Freiwilligenagenturen zugesprochenen Legitimität muss als oberflächlich bezeichnet werden.
Zukünftige Studien sollten für eine detaillierte Beurteilung der Legitimität auch Daten von
Akteuren, die mit Freiwilligenagenturen zusammenarbeiten, erheben. Interessant für die
Zukunft wäre außerdem eine nähere Analyse der tatsächlichen Wirkung und Effektivität der
Arbeit von Berliner Freiwilligenagenturen. Dazu sollten auch andere analytische Ansätze
getestet werden, z.B. solche, die auf die Mikro-Ebene der Agenturen fokussieren. Trotz dieser
Einschränkungen besteht mit den hier präsentierten Forschungsergebnissen eine Datenbasis,
die zur Beschreibung und Begleitung der Entwicklung von Freiwilligenagenturen als
Intermediäre zwischen Zivilgesellschaft und öffentlicher Verwaltung herangezogen werden
kann.
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