macher kona kafferösterei röster statt realschule · der businessplan war durchdacht, die...
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Im August 2010 machte der ehemalige Realschullehrer
Brahim Ben Hicham sein Hobby zum Beruf und eröffnete eine
Ladenrösterei im beschaulichen Euskirchen. Nach anderthalb
Jahren zieht der Quereinsteiger eine positive Zwischenbilanz.
Röster statt Realschule
Fotos
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macher kona kafferösterei
Hinten der Röster, vorne das Café – das alte Euskirchener Fachwerkhaus bietet der Kona Kaffeerösterei ein angemessenes Zuhause.
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kona kaffeerösterei macher
eiten des Umbruchs: In den letzten Jah-
ren sprießen sie wie Kaffeesetzlinge aus
dem Boden – kleine Spezialitätenröste-
reien, die neben persönlicher Beratung vor
allem auf hochwertige Bohnen, schonende Rös-
tungen und nachhaltiges Handeln setzen. Die
Deutsche Röstergilde geht in der Bundesrepu-
blik von zirka 20 Neueröffnungen pro Jahr aus.
Viele der Neu-Unternehmer sind Quereinstei-
ger: ehemalige Banker, Sozialpädagogen, Leh-
rer. Einige halten sich, andere nicht. Für Brahim
Ben Hicham – studierter Anglist, Diplom-Über-
setzer, Realschullehrer – scheinen die Prognosen
rosig. Im Sommer 2010 eröffnete er seine Kona
Kaffeerösterei in Euskirchen. Der Businessplan
war durchdacht, die Vorbereitung solide und
auch an der Leidenschaft für das Produkt – den
Kaffee – mangelt es nicht.
Qualität und Qualitätsprüfer. Mit einer kleinen
Auswahl hochwertiger Rohkaffees hat er damals
angefangen. „Ich wollte kein umfangreiches Sor-
timent zusammenstellen“, sagt Ben Hicham. „Ein
gewisses Level an Qualität und Exklusivität – das
war mein erstes Ziel.“ Sobald die Grundlage stimm-
te, kamen neue Sorten dazu. Diese findet er nicht
durch das Proberösten kleiner Rohkaffeeproben.
Nein, der Röstmeister bestellt gleich einen ganzen
Sack – natürlich nur nach ausgiebiger Recherche.
Nach und nach kommen die neuen Bohnen in den
Giesen-W6-Trommelröster und anschließend in
eine der Schütten. Dann beginnt die Testphase.
Hier verlässt sich Ben Hicham nicht nur auf den
eigenen Geschmack. „Wichtig ist das Urteil der
Kunden“, sagt er, „denn die sollen den Kaffee im
Endeffekt kaufen.“ Besonderes Gewicht hat die
Einschätzung des Degustationspanels, welches
sich aus einer Gruppe treuer Stammkunden zu-
sammensetzt. „Für das Verkostungsteam habe ich
Kunden unterschiedlichen Alters und Geschlechts
angesprochen, die sich mit der Zeit als sensorisch
geübt erwiesen haben“, sagt Ben Hicham, „darun-
ter viele Weinkenner.“ Kann die neue Sorte mehr
als 70% der befragten Kunden überzeugen, nimmt
der Röstmeister sie ins Sortiment. So sind mit der
Zeit 13 sortenreine Kaffees, eine Filterkaffee-Haus-
mischung, eine entkoffeinierte Röstung sowie vier
Espressomischungen zusammengekommen.
Ausgewählt und handverlesen. Die entspre-
chenden Rohkaffees bekommt Ben Hicham von
Interamerican Coffee sowie Rehm & Co. Ein
separates Rohkaffeelager steht in der Euskir-
Zirka 20 Neueröffnungen pro Jahr – so schätzt die Deutsche Röstergilde die wachsende Anzahl quali-tätsorientierter Spezialitätenröster. Generalsekretär Heiko Rehorik freut sich über diese Entwicklung. „In Zeiten vor der industriellen Massenproduktion gab es deutschlandweit zirka 3.000 Röstereien“, sagt er. „Sogar in Tante-Emma-Läden wurde selbst geröstet.“ Damals sei es selbstverständlich gewesen, Kaffee im Fachgeschäft um die Ecke zu kaufen. Als Kaffee dann zum Industrieprodukt und der Preiskampf immer aggressiver wurde, konnten sich die vielen kleinen Röstereien nicht mehr halten; ihre Zahl ging deut-lich zurück. Seit einigen Jahren scheint sich das Blatt jedoch zu wenden. „Menschen wollen wieder greif-bare Produkte“, sagt Rehorik, „die natürlich schmek-ken und gleichzeitig Qualität, Fairness sowie Nach-haltigkeit mit sich bringen.“ Momentan gibt es rund 500 kleine, mittelständische und große Röstereien in Deutschland – Tendenz steigend.
Etwa zwei Mal in der Woche schmeißt Ben Hicham seinen 6-kg-Giesen-Trommelröster an. Der niederländische Röstmaschinenherstel-ler Giesen besorgte auch die antike Sortiermaschine. Hier werden die Bohnen nach jeder Röstung von Hand verlesen. Anschließend kommen sie in mit Herkunfts- und Geschmacksinformationen versehene Schütten. (Bilder von li. nach re.)
FactsKona KaffeeröstereiHochstraße 16 53879 EuskirchenTelefon: 02251 9214990E-Mail: [email protected]: www.kona-kaffeeroesterei.de
Inhaber/GF: Brahim Ben HichamGegründet: August 2010Mitarbeiter: 1Umsatz: k. A.Menge Röstkaffee/Jahr: ca. 4t
Rohkaffeebezug: Interamerican Coffee, Rehm & Co.Bohnen (Auswahl): Ethiopia Mocca Sidamo, Nicaragua Maragogype, Columbia Supremo, Guatemala Antigua, Panama Boquete, Costa Rica Tarrazu, Papua New GuineaAnzahl Röstkaffees: Kaffee: 13x sortenrein, 1x entkoffeiniert, 1 HausmischungEspresso: 4 HausmischungenLohnröstung: zurzeit nichtRöstverfahren: Langzeit-TrommelröstungRöstzeit: ca. 18 MinutenBohnentemperatur (max.): 190 °CRöstmaschine: Giesen W6Kundenstruktur: Endverbraucher, BürosLadenverkauf: jaInternet-Shop: im Aufbau
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chener Kaffeerösterei nicht zur Verfügung. Die
Säcke liegen neben dem Röster sowie im Café-
Bereich und tragen so zur gemütlichen Atmo-
sphäre des Ladens bei. Einmal im Monat bestellt
Ben Hicham Nachschub. Im vergangenen Jahr
waren es etwa 4 t Rohkaffee. Mindestens zwei
Mal die Woche schmeißt er seine Röstmaschine
an. Nach dem Rösten setzt er sich an seine pe-
dalbetriebene Verlesemaschine, um Steine oder
defekte Bohnen herauszusortieren. Das antike
Schmuckstück hat der Röstmaschinenhersteller
Giesen für ihn aufgetrieben.
Den hawaiianischen Spitzenkaffee Kona röstet
Ben Hicham übrigens kaum – trotz des exklu-
siven Namens der Rösterei. „Kona-Bohnen sind
äußerst knapp und entsprechend teuer.“ Die na-
mensgebende Rarität gibt es daher nur zu spezi-
ellen Anlässen, zum Beispiel in der Weihnachts-
zeit. Unter seinen Filterröstungen favorisiert er
den Columbia Supremo. „Mir gefallen vor allem
die feine, angenehme Säure sowie das volle,
ausgewogene Aroma.“ Bei der Espressozube-
reitung schwört er auf seine Linea-Classica-Mi-
schung mit einem Robusta-Anteil von 30%.
Café und Bohnenverkauf. Der Linea Classica ist
momentan die erste Wahl in der Espressomühle
– einer Mahlkönig Twin. Den zweiten Mühlenbe-
hälter füllt Ben Hicham mit einer Kaffeeröstung.
Alle vier bis fünf Wochen wechselt er die Sorten.
„So können meine Kunden nach und nach das
gesamte Bohnenangebot verkosten“, sagt er. Für
Espresso und Co. hat der Röstmeister eine Dalla
Corte Evolution angeschafft. Filterkaffee brüht er
in kleinen Pressstempelkannen auf. Auf Wunsch
bereitet Ben Hicham auch Röstungen zu, die der-
zeit nicht im Ausschank sind. Das Café dient als
Probierstation, als Mittel zum Zweck. „Mein pri-
märes Ziel bleibt der Bohnenverkauf.“ Dieser er-
wirtschaftet zirka 60% des Umsatzes. Etwa 30%
entfallen auf den Ausschank. Die restlichen 10%
nimmt die Kona Kaffeerösterei durch den Verkauf
ihres Zusatzsortiments ein. Dazu zählen Tees von
Ronnefeldt, hochwertige Schokoladen, französi-
sche Marmeladen sowie Honig aus der Provence.
„In erster Linie sehe ich mich jedoch als Röster“,
sagt Ben Hicham. „Außerdem hat die Kona Kaf-
feerösterei weder die richtige Lage noch ausrei-
chend Sitzplätze, um sich als Café zu platzieren.“
Entsprechend reduziert fällt auch die Snack-Aus-
wahl aus. Zum Kaffee können Kunden selbstge-
machte Fior di Mandorla (Mandelgebäck) und
Tarte au Chocolat sowie Pralinen von Valrhona
und Axel Hanf bestellen.
Euskirchen und Umgebung. Das Ladenlokal in
Euskirchen war nicht Ben Hichams erste Wahl. Zu-
nächst suchte der Unternehmer in Köln und Bonn
nach einem geeigneten Standort. Doch schnell
wurde klar: „Die Mieten der schönen Objekte
empfand ich als viel zu hoch. Die bezahlbaren Räu-
me waren hingegen wenig charmant und eigneten
sich nicht für mein Ladenröstkonzept.“ Vielerorts
deuteten sich zudem Probleme mit der Abluft an. In
Euskirchen wurde Ben Hicham schließlich fündig.
In das alte Fachwerkgebäude auf der Hochstraße,
einem der ältesten Häuser der Stadt, habe er sich
sofort verliebt. Und auch mit der etwas dezentralen
Lage sei er zufrieden. „Ich halte Spezialitätenrös-
tereien sowieso für ein B-Lagen-Konzept“, sagt er.
„Wir bieten etwas Exklusives an. Wer hochwer-
tige Kaffeebohnen kaufen möchte, verlässt auch
mal die Haupteinkaufsstraße.“ Mittlerweile ist Ben
Hicham froh, in Euskirchen gelandet zu sein – einer
ländlichen Stadt mit knapp über 55.500 Einwoh-
nern und weiten Feldern, die von den Landwirten
der Umgebung genutzt werden. Die Kreisstadt
verfügt über eine ausgewogene Wirtschaftsstruk-
tur, die viele Arbeitnehmer, auch aus dem weiteren
Einzugsgebiet, anzieht. Die jährliche Kaufkraft je
Einwohner lag 2010 bei 5.066 Euro, das entspricht
einem Index von 99,6 (Bundesdurchschnitt: 100)*.
Für Ben Hicham sind solche Zahlen nicht aus-
schlaggebend. Für ihn zählen persönliche Werte:
„Die Euskirchener haben mich sehr herzlich auf-
genommen“, sagt er. „Ich bin schnell zu einem Teil
der Stadt geworden.“ Er habe die Lebensqualität in
Euskirchen erhöht, sagte ihm kürzlich eine Kundin.
Darüber hat sich Ben Hicham besonders gefreut.
Branche der Quereinsteiger. Wie viele seiner Röst-
Kollegen landete Ben Hicham nicht auf direktem
Wege beim Kaffee. Der gebürtige Marokkaner
schlug zunächst eine akademische Laufbahn ein.
In Rabat studierte er Anglistik. Anfang der 1990er
Jahre kam er nach Deutschland und ließ sich zum
diplomierten Französisch- und Englisch-Überset-
zer ausbilden. Zuletzt arbeitete Ben Hicham jedoch * Qu
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kona kaffeerösterei macher
nicht als Übersetzer, sondern als Lehrer. Vier Jahre
unterrichtete er Französisch und Englisch an einer
deutschen Realschule. Kaffee betrachtete er damals
ausschließlich als Hobby. Die Leidenschaft hatte
ihn gepackt, als ihm der Schwiegervater 1995 eine
Quick-Mill-Siebträgermaschine schenkte. Seine
Begeisterung für hochwertige Küche übertrug sich
auf die Kaffeezubereitung. Ben Hicham fing an zu
tüfteln, probierte unzählige Bohnen aus, war selten
zufrieden. So entstand der Wunsch, selbst zu rösten.
Experimente mit einem Gene-Café-Heimröster
folgten. „Während einer Tasse Kaffee bei einem
kleinen Spezialitätenröster machte es dann klick“,
sagt Ben Hicham. „Ich hatte schon immer davon ge-
träumt, mich mit einem gastronomischen Konzept
selbstständig zu machen. Jetzt hatte ich die richtige
Idee.“ Ganz Akademiker, wollte er seinen Beschluss
jedoch nicht überstürzen. „Ich habe sehr viel gele-
sen, geforscht, recherchiert – über das Rösten, die
Kaffeebranche und das Café-Geschäft. Als sein Plan
immer konkreter wurde, suchte Ben Hicham nach
einem Praktikumsplatz. Gefunden hat er ihn in
der Oberschwäbischen Behindertenwerkstatt. Drei
Wochen half er in deren Rösterei und den Cafés in
Kisslegg und Ravensburg aus. So bekam er nicht nur
Einblicke in das Rösten, sondern auch in den Ver-
kauf. Nach einem zusätzlichen Barista-Workshop
fühlte sich Ben Hicham bereit für den Schritt in die
Selbstständigkeit. „Ich habe mich so gut wie möglich
vorbereitet“, sagt er. „Doch das Meiste habe ich ge-
lernt, als es dann losging. Beim Rösten. Im Kontakt
mit Kunden. Learning-by-Doing halt.“
Was die Zukunft bringt. Nach anderthalb Betriebs-
jahren ist Ben Hicham zufrieden: mit der Qualität
seiner Röstungen, mit der Entwicklung des Rösterei-
und Cafégeschäfts. Die Pflicht sei jetzt getan. Nun
folge die Kür. Potenzial sieht Ben Hicham zum Bei-
spiel in der Lancierung eines Online-Shops. Ab dem
kommenden Frühling sollen Kunden seinen Kaffee
auch online kaufen können. Ein weiteres Ziel ist der
Ausbau des Kundenstamms – im Internet und vor Ort.
„Meine Zielgruppe in Euskirchen habe ich schnell
erreicht“, sagt er. „Jetzt möchte ich auch Kunden aus
der nahegelegenen Eifel gewinnen.“ Angedacht sind
verschiedene Kooperationen mit Delikatessenläden
und Bäckereien vor Ort. Diesen möchte Ben Hicham
seinen Kaffee verkaufen oder ein Display mit Kaffee-
tüten zur Verfügung stellen. Auch an einer Zusam-
menarbeit mit Gastronomiekunden in Euskirchen
und dem näheren Umfeld zeigt sich Ben Hicham
interessiert. Einige Büros beziehen bereits seinen
Kaffee. Doch mit Gastronomen konnte sich der Röst-
meister bislang nicht auf einen angemessenen Preis
einigen. Bei Qualität und dem entsprechenden Preis
möchte er keine Kompromisse eingehen. „Das hat
auch etwas mit Respekt für das Produkt zu tun.“ Über
die Zukunft seiner Rösterei macht sich Ben Hicham
dennoch keine Sorgen. „Das Geschäft läuft gut, Ten-
denz steigend.“ Grundsätzlich könne man allerdings
erst nach fünf Jahren ein aussagekräftiges Zwischen-
fazit ziehen. Coffee Business wird 2015 gerne noch
einmal nachhaken...
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Das angeschlossene Café dient als Probier-station. Hier bereitet Ben Hicham seinen Kunden Espresso und Filterkaffee zu (Bild ganz li.). Abgepackt verkauft er seinen Kaf-fee als ganze Bohne oder gemahlen (Bild Mitte). Zum Kaffee serviert der Röstmeis-ter Pralinen von Val-rhona und Axel Hanf sowie selbstgemachte Tarte au Chocolat (Bilder re.).
Preisbeispiele250 g Kaffee(gemahlen oder als ganze Bohne)
Euskirchener Mischung 5,20 Euro
Guatemala Antigua 5,50 Euro
Nicaragua Maragogype 6,10 Euro
Espresso Linea Classica 5,50 Euro