neues verfahren zur bestimmung der longitudinalen relaxationszeit in der kernresonanzspektroskopie

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Z. Anal. Chem. 279, 177-181 (1976) - by Springer-Verlag 1976 Neues Verfahren zur Bestimmung der in der Kernresonanzspektroskopie W. Dietrich*, G. Bergmann* und R. Gerhards* Abt. f. Chemie der Ruhr-Universit/it, Bochum Eingegangen am l0. Oktober 1975 longitudinalen Relaxationszeit New Method for Determining the Spin-Lattice Relaxation Time in Nuclear Resonance Spectroscopy. Until today the clearing up of structures of molecules by NMR-spectroscopy depends mostly on the interpretation of chemical shifts and coupling constants in NMR spectra. Besides, the interpretation of spin-lattice-relaxation times T~ is getting more and more important. For the determination of the spin-lattice-relaxation times several methods have been proposed. Most of these require much time or are at least inexact. Therefore we developed a new procedure for measuring T1. This is a modified saturation technique, and is based on an aperiodic pulse sequence (APS). It allows to take Ta measurements independent of the unavoidable inhomogenities of the Ho and the H~ fields. The pulse width is also uncritical. Compared with the usually applied 180~ 90 ~ pulse sequence, this method works 4-5 times faster. Zusammenfassung. Die StrukturaufklS_rung mit Hilfe der Kernresonanzspektroskopie stfitzt sich bisher vor allem auf die Interpretation von chemischen Verschiebungen und Kopplungskonstanten in NMR-Spektren. Daneben gewinnt die Interpretation der longitudinalen Relaxationszeiten TI immer mehr an Bedeutung. Zur Bestimmung der longitudinalen Relaxationszeit sind verschiedene Verfahren vorgeschlagen worden. Die meisten dieser Methoden sind jedoch sehr zeitintensiv oder ungenau. Es wurde deshalb ein neues Verfahren zur Bestimmung von T1 entwickelt. Diese Methode ist ein modifiziertes Sfittigungsverfahren, bei dem eine aperiodische Puls-SS_ttigungssequenz (APS) angewandt wird. Die T1-Messung wird dadurch unabhfingig von unvermeidbaren Inhomogenitfiten des H o- und des H~-Feldes. Es konnte auch gezeigt werden, dab das Verfahren fiber einen grogen Bereich unempfindlich gegenfiber fehljustierten Pulsbreiten ist. Verglichen mit der hfiufig angewandten 180~ 90~ ergibt sich bei der Anwendung der APS eine 4- 5 real kfirzere Mel3zeit. Spektrometrie, KMR; Best. der longitudinalen Relaxationszeit. L Beschreibung der bisher angewandten Verfahren zur Bestimmung der longitudinalen Relaxationszeit T1 Zur Bestimmung von longitudinalen Relaxati0nszeiten in der NMR-Spektroskopie sind eine Reihe yon Verfahren vorgeschlagen worden, die sich in zwei grol3e Gruppen unterteilen lassen. Zum einen werden dynamische Verfahren angewandt, bei denen der Wiederanstieg der Magnetisierung nach einem St6r- impuls kontinuierlich beobachtet werden kann. Zum * Dr. W. Dietrich, Prof. Dr. G. Bergmann, R. Gerhards, Lehrstuhl ffir Analytische Chemie, Arbeitsgruppe Kernreso- nanz. anderen werden statische Verfahren diskutiert, bei welchen nach einer definierten St6rung jeweils nur ein Punkt auf der Kurve des Wiederanstiegs der Magnetisierung gemessen werden kann. 1.1. Dynamische Methoden Die Anwendung yon dynamischen Verfahren zur Bestimmung von Ta beschrfinkt sich von vornherein auf die Messung yon nur einer Relaxationszeit wfih- rend eines Experiments. Dutch einen St6rimpuls wird die nur von einer Resonanzfrequenz hervorgerufene Magnetisierung auf

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Page 1: Neues Verfahren zur Bestimmung der longitudinalen Relaxationszeit in der Kernresonanzspektroskopie

Z. Anal. Chem. 279, 177-181 (1976) - �9 by Springer-Verlag 1976

Neues Verfahren zur Bestimmung der in der Kernresonanzspektroskopie

W. Dietrich*, G. Bergmann* und R. Gerhards*

Abt. f. Chemie der Ruhr-Universit/it, Bochum

Eingegangen am l0. Oktober 1975

longitudinalen Relaxationszeit

New Method for Determining the Spin-Lattice Relaxation Time in Nuclear Resonance Spectroscopy. Until today the clearing up of structures of molecules by NMR-spectroscopy depends mostly on the interpretation of chemical shifts and coupling constants in NMR spectra. Besides, the interpretation of spin-lattice-relaxation times T~ is getting more and more important.

For the determination of the spin-lattice-relaxation times several methods have been proposed. Most of these require much time or are at least inexact.

Therefore we developed a new procedure for measuring T1. This is a modified saturation technique, and is based on an aperiodic pulse sequence (APS). It allows to take T a measurements independent of the unavoidable inhomogenities of the Ho and the H~ fields. The pulse width is also uncritical.

Compared with the usually applied 180 ~ 90 ~ pulse sequence, this method works 4 - 5 times faster.

Zusammenfassung. Die StrukturaufklS_rung mit Hilfe der Kernresonanzspektroskopie stfitzt sich bisher vor allem auf die Interpretation von chemischen Verschiebungen und Kopplungskonstanten in NMR-Spektren. Daneben gewinnt die Interpretation der longitudinalen Relaxationszeiten T I immer mehr an Bedeutung.

Zur Bestimmung der longitudinalen Relaxationszeit sind verschiedene Verfahren vorgeschlagen worden. Die meisten dieser Methoden sind jedoch sehr zeitintensiv oder ungenau.

Es wurde deshalb ein neues Verfahren zur Bestimmung von T1 entwickelt. Diese Methode ist ein modifiziertes Sfittigungsverfahren, bei dem eine aperiodische Puls-SS_ttigungssequenz (APS) angewandt wird. Die T1-Messung wird dadurch unabhfingig von unvermeidbaren Inhomogenitfiten des H o- und des H~-Feldes. Es konnte auch gezeigt werden, dab das Verfahren fiber einen grogen Bereich unempfindlich gegenfiber fehljustierten Pulsbreiten ist.

Verglichen mit der hfiufig angewandten 180 ~ 90~ ergibt sich bei der Anwendung der APS eine 4 - 5 real kfirzere Mel3zeit.

Spektrometrie, KMR; Best. der longitudinalen Relaxationszeit.

L Beschreibung der bisher angewandten Verfahren zur Bestimmung der longitudinalen Relaxationszeit T1

Zur Bestimmung von longitudinalen Relaxati0nszeiten in der NMR-Spektroskopie sind eine Reihe yon Verfahren vorgeschlagen worden, die sich in zwei grol3e Gruppen unterteilen lassen. Zum einen werden dynamische Verfahren angewandt, bei denen der Wiederanstieg der Magnetisierung nach einem St6r- impuls kontinuierlich beobachtet werden kann. Zum

* Dr. W. Dietrich, Prof. Dr. G. Bergmann, R. Gerhards, Lehrstuhl ffir Analytische Chemie, Arbeitsgruppe Kernreso- nanz.

anderen werden statische Verfahren diskutiert, bei welchen nach einer definierten St6rung jeweils nur ein Punkt auf der Kurve des Wiederanstiegs der Magnetisierung gemessen werden kann.

1.1. Dynamische Methoden

Die Anwendung yon dynamischen Verfahren zur Bestimmung von Ta beschrfinkt sich von vornherein auf die Messung yon nur einer Relaxationszeit wfih- rend eines Experiments.

Dutch einen St6rimpuls wird die nur von einer Resonanzfrequenz hervorgerufene Magnetisierung auf

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178 Z. Anal. Chem., Band 279, Heft 3 (1976)

einen definierten Anfangszustand gebracht. Nach bestimmten Zeiten ti wird dann die Magnetisierung durch einen MeBimpuls in die xy-Ebene geklappt, wo sie gemessen werden kann. Mit weiteren Pulsen bringt man danach die Magnetisierung wieder in den Zu- stand, wie er vor dem MeBimpuls bestand. Dies wird ftir weitere Zeiten t~ +, wiederholt. Dabei geht man davon aus, daB wfihrend der Pulse keine Relaxation stattfindet.

Als erster hat Csaki [2] 1963 ein derartiges Ver- fahren geschildert. Nach einem 180~ der die makroskopische Magnetisierung invertiert, wird nach einer Zeit ti ein Pulstriplett, bestehend aus 90 ~ 180 ~ und 90~ mit zeitlichem Abstand tw zwischen den Pulsen, erzeugt. Das Pulstriplett wird nach Warte- zeiten t i+, solange wiederholt, bis die Probe aus- relaxiert hat.

Hierbei wird die auf der z-Achse (Richtung des angelegten Feldes) vorliegende Magnetisierung durch den ersten Puls der Pulstripletts in die xy-Ebene geklappt. In der auf diesen Puls folgenden Zeit t w divergieren die Einzelmagnetisierungen in der xy- Ebene. Der anschlieBende 180~ fiihrt die einzel- nen Magnetisierungskomponenten nach einem wei- teren Zeitintervall tw wieder zu einem Spinecho zu- sammen. In der Empffingerspule wird daher ein Signal mit gleichem Absolutwert wie nach dem 90 ~ Puls empfangen, jedoch mit umgekehrten Vorzeichen. Der abschlieBende 90~ klappt schlieBlich die Magnetisierung wieder in den Zustand zur/ick, der vor dem Pulstriplett bestand. Aus den nach verschie- denen Zeiten t~ bestimmten Magnetisierungen kann dann leicht die longitudinale Relaxationszeit T1 rech- nerisch bestimmt werden.

Der Nachteil dieser Methode liegt vor allem darin, dab dieses Verfahren normalerweise nur dann an- zuwenden ist, wenn eine einzige Resonanzfrequenz in der untersuchten Probe vorkommt, oder wenn eine sehr groBe Kapazitfit an Datenspeicher (20 k und mehr) zur Verffigung steht. Dann wfire eine nach- tr/igliche Fouriertransformation m6glich, und somit eine Separation einzelner Resonanzsignale. Diese Einschrfinkung wird in dem dynamischen MeBverfah- ren von Freeman u. Wittekoek [8] vermieden, das als ,,selektive Relaxationszeitmessung" bezeichnet wird. Wfihrend Csaki kurze RF-Pulse benutzt, die einen groBen Spektralbereich anregen, verwenden Freeman u. Wittekoek lange RF-Pulse. Die Fourieranregung eines langen Pulses beschrfinkt sich mit merklicher Intensitfit nut auf einen schmalen Frequenzbereich. Daraus ergibt sich, daB /ihnlich, wie bei der cw- NMR-Spektroskopie, einzelne Resonanzlinien zur Absorption gezwungen werden k6nnen. Damit ist die Voraussetzung fiir die dynamische Messung von T1 gegeben.

Auch bei diesem Verfahren klappt ein 180~ die makroskopische Magnetisierung auf die negative z-Achse. Anstelle des Pulstripletts yon Csaki wird nach einer Zeit t~ ein 360~ gesendet, der die gleiche Wirkung hat wie das Pulstriplett. Der MeBeffekt ist bei dieser Methode der gleiche wie bei dem Verfahren von Csaki, denn der Magnetisierungsvektor durch- lfiuft wfihrend des 360~ zweimal die xy-Ebene, wo er registriert werden kann.

Auf Grund der langen Dauer der Pulse k6nnen mit diesem Verfahren der selektiven Relaxationszeit- messung nut gr6Bere Relaxationszeiten (> 3 sec) be- stimmt werden.

1.2. Statische Methoden

Die gebrfiuchlichsten Verfahren zur Bestimmung der longitudinalen Relaxationszeit sind die statischen Verfahren: Durch einen St6rimpuls wird die vorhan- dene Magnetisierung in einen definierten Anfangs- zustand gebracht. Durch einen zweiten Impuls (MeB- impuls) wird dann die Gr6Be der wieder in den Gleichgewichtszustand zurfickkehrenden Magneti- sierung nach der Zeit t~ abgefragt. Zur Bestimmung der Magnetisierung zu verschiedenen Zeiten wird zun/ichst wieder die definierte Ausgangslage mit dem St6rimpuls hergestellt. Die Messung erfolgt dann nach einer Wartezeit t~ + ,.

Die definierte Ausgangslage wird von den meisten Autoren [5, 9, 14] durch Abwarten der Gleichgewichts- magnetisierung im /iuBeren Magnetfeld und einem sich anschlieBenden St6rimpuls hergestellt. Der St6r- impuls wird im allgemeinen so gewfihlt, daB er die Magnetisierung entweder um 90 ~ oder um 180 ~ dreht. Nach dem St6rimpuls und der sich damit ergebenden definierten Ausgangslage der Magneti- sierung klingt die St6rung nach (1) ab:

M ( t ) = M o [1 - (1 - cos ~). exp ( - t/T1) ]. (1)

Wird die Lfinge des St6rimpulses so gewfihlt, daB die Magnetisierung um 90 ~ gedreht wird, vereinfacht sich (1) zu

M ( t ) = M o [1-exp ( - - t /T1)] . (2a)

Bei einer Drehung der Magnetisierung um 180 ~ ergibt sich

M ( t ) = Mo ( 1 - 2 exp ( - t /TO]. (2b)

Daraus ergeben sich zwei Methoden zur Bestim- mung der longitudinalen Relaxationszeit T~: Die 90~176 und das 180~176 Auf Grund seiner Unabh/ingigkeit vom transversalen Re- laxationsverlauf wird das zweite Verfahren - auch

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W. Dietrich et al. : Bestimmung der longitudinalen Relaxationszeit in der Kernresonanzspektroskopie 179

,,inversion recovery" genannt - bevorzugt ange- wandt.

Vor allem bei der Bestimmung von 13C-Relaxa- tionszeiten mul3 sich das Signal-Rausch-Verhfiltnis durch Wiederholung des Einzelexperiments verbes- sern. Bevor bei den statischen Verfahren jedoch ein weiterer St6rimpuls gesendet werden kann, mul3 das Magnetspinsystem wieder den Gleichgewichtszustand erreicht haben. Aus (1) ergibt sich, dab dies erst etwa nach t = 5 T 1 [M(t) ~ 99 ~ von Mo] erfolgt ist.

Zum anderen werden gerade bei den statischen Ver- fahren sehr hohe Anforderungen an die Exaktheit und Reproduzierbarkeit der Pulsl/ingen gestellt, da sonst leicht systematisch verffilschte Relaxationszeiten be- stimmt werden.

1.3. S/ittigungsverfahren

Da alle bisher beschriebenen Verfahren zur Bestim- mung der longitudinalen Relaxationszeit sehr zeit- intensiv sind, versuchen andere Autoren daher vor allem die Experimentdauer zu senken.

Eines dieser Verfahren ist die ,,progressive satura- tion"-Methode von Freeman et al. [6]. Bei diesem Verfahren wirkt eine Folge von gleichabstfindigen 90 ~ ( - 90 ~ - t~), auf eine Probe ein. Etwa nach den ersten drei bis vier Pulsen hat sich ein dynamischer Gleichgewichtszustand ffir die longitudinale Kom- ponente Mz der Magnetisierung eingestellt, die dann gemessen wird. Durch Variation von t~ k6nnen dann wieder verschiedene Punkte auf der Relaxationsfunk- tion 2 a gefunden werden, woraus T1 bestimmt werden kann. Dieses Verfahren hfingt stark vonder Homo- genitfit des Drehfeldes//1 (magnetische Komponente der RF-Frequenz) fiber das Probenvolumen ab.

Ein anderes Verfahren, ,,saturation recovery", ver- sucht, vor dem 90~ die Magnetisierung vollstfindig zu vernichten. Markley et al. [12] wenden dazu eine Folge von stochastisch verteilten Pulsen an.

McDonald u. Leigh [13] senden nach einem 90 ~ St6rimpuls einen gepulsten Feldgradienten, der die Homogenit/it des statischen Magnetfeldes kurzfristig zerst6rt und damit die Magnetisierung zum Ver- schwinden bringen soll.

In beiden F/illen soll die Probe, ausgehend vom Zustand Magnetisierung Null, wieder in den Gleich- gewichtszustand zurtickrelaxieren. Dutch 90~ impulse werden wiederum Punkte auf der Wachstums- funktion 2a gefunden.

II. Aperiodische Puls-Sa'ttigungssequenz ( A P S )

Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dab die dyna- mischen Verfahren entweder ungenau sind oder aber hohe Anforderungen an die Datenspeicherung stellen.

Das Verfahren von Freeman u. Wittekoek ist nur in be- stimmten Ffillen anwendbar (grol3e 7"1; hinreichend grol3er Abstand der NMR-Signale). Aufgrund ihres Zeitvorteils sollte daher die Messung der longitudina- len Relaxationszeit durch eine der Sfittigungsmethoden erfolgen.

Der kritische Punkt dieser Methoden ist die je- weilige Anfangsbedingung, d.h. ein m6glichst voll- st~indiges Vernichten der longitudinalen und trans- versalen Magnetisierung vor Beginn des Relaxations- prozesses. Das gelingt jedoch bei den beiden beschrie- benen Methoden nur unvollst/indig. Bei dem Verfahren von McDonald u. Leigh ist zur Zerst6rung der longitu- dinalen Magnetisierung ein exakter 90~ not- wendig, was experimentell nur schwierig zu bewerk- stelligen ist. Die transversale Magnetisierung kann durch die Anwendung eines gepulsten Feldgradienten nicht immer beseitigt werden, wie Freeman et al. [7] zeigen konnten.

Bei der stochastischen Methode ist nicht auszuschlie- Ben, dab durch einen in der N/ihe eines Spinechos erfolgenden RF-Puls wieder longitudinale Magneti- sierung erzeugt wird, was eigentlich vermieden werden sollte. Dies wird der Fall sein, wenn innerhalb der stochastischen Pulsfolge irgendwelche Wiederholun- gen auftreten.

Da also jede Periodizitfit der Sfittigungspulsfolge zu vermeiden ist, schlagen wir eine aperiodische Puls- Sfittigungssequenz (APS) vor.

Diese Pulsfolge besteht aus einer geometrischen Folge von 90~ z.B. aus 13 Pulsen mit den Abstfinden 4096, 2048, 1024. . . 4,2, 1 msec. Der Ab- stand der letzten beiden Pulse betr/igt 1 msec (s. abb. 1).

Der Zustand Magnetisierung Null kann auch bei dieser Pulsfolge nur dann erreicht werden, wenn die transversale Magnetisierung schneller verschwindet, als die longitudinale Magnetisierung wieder aufgebaut ist. Dies ist aber dadurch gewfihrleistet, dab infolge der Feldinhomogenit~it T~* immer wesentlich kleiner ist als T1.

Die aperiodische Puls-Sfittigungssequenz als geo- metrische Folge ftihrt dazu, dab die durch zwei auf- einanderfolgende Pulse eventuell entstehenden Spin- echos immer zum Zeitpunkt des letzten Pulses der APS ihre maximale Intensitfit erreichen mfissen; durch diesen letzten Puls wird dann aber die longitu- dinale Magnetisierung beseitigt.

Zur Berechnung der Vorgfinge w/ihrend der Puls- folge wurde von einem Ansatz von Ernst u. Anderson [4] ausgegangen. Diese Autoren haben den Verlauf der Magnetisierung wfihrend einer Pulsfolge, die aus gleichabstfindigen Pulsen bestand, berechnet.

Wenn man die Gleichgewichtsmagnetisierung mit M2o = M0, die Magnetisierung nach dem /-ten Puls

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180 Z. Anal. Chem., Band 279, Heft 3 (1976)

~ - A P S--,.- tN A P S--""

f A c c u m .

F FT

* , , o o , o o , . ! ' ,

tN_ 1 - ~ - - A P S - - , - tl ~FIo I A c c u m .

FFT FFT

Abb. 1. Funktion und Wirkungsweise der Aperiodischen Puls-S~ittigungs-Sequenz (APS)

mit Mli und den Zustand der Magnetisierung nach den Erholzeiten T~ = T, T/2, T/3,.. . , T/i mit M2i bezeichnet, dann gilt:

MI~ = Rx(~)" M2, ~-~ (3)

M2~ = Rz(3) " S(T~, Ta, T~) . M~ + [1 --exp ( - T,/T1)I" Mo. (4)

Rx ist der Operator, der die Klappung der Magneti- sierung um die x'-Achse, hervorgerufen durch den RF-Puls, beschreibt. Rz ist der Operator, der die Pra- zession der Magnetisierung um das effektive Feld be- schreibt, wobei c~ und 6 die zugeh6rigen Drehwinke! darstellen. S schlieBlich stellt den Relaxationsoperator dar:

( e x p ( - T J T * ) O 0 0 ) S = 0 exp (-- T,/T~) . (5)

0 0 exp (-- Ti/T1

Der dutch (3) und (4) vorgegebene Algorithmus zur Berechnung der Magnetisierung wfihrend der APS ist nicht geschlossen zu 16sen. Eine numerische Behandlung des Problems zeigt aber, dab die Magne- tisierung w/ihrend der Pulsfolge fast auf Null zur/ick- geht.

In jedem Fall ist die nach der APS vorliegende Restmagnetisierung kleiner als 2 ~ der Ausgangs- magnetisierung M o. Es zeigt sich auch, dab die Gr6Be der Restmagnetisierung in erster N/iherung nicht von der Gr6Be des Klappungswinkels der Magnetisierung dutch den RF-Puls beeinfluBt wird. Eine Fehljustie- rung ftihrt bei dem Verfahren mit der APS nicht zu falschen Ergebnissen, wie bei allen sonstigen Metho- den zur Bestimmung von T1.

Aufgrund des zweiten Summanden yon G1. (4) ergibt sich ein leichter Vorteil, wenn die Magneti- sierungen um einen Winkel gr6Ber als 90 ~ geklappt werden, gegenfiber zu kleinen Klappungswinkeln. Zu groBe Klappungswinkel fiihren n/imlich zu negativen z-Komponenten der Magnetisierung, w~ihrend zu

kleine Klappungswinkel positive z-Komponenten nach dem betreffenden Puls ergeben. In den Wartezeiten zwischen den Pulsen wird die z-Komponente auf- grund des zweiten Summanden immer gr6Ber, wobei sie bei zu groBen Pulsen erst durch Null laufen mul3 und damit absolut gesehen kleiner wird.

Nach der APS folgt wie bei allen statischen Verfah- render Relaxationszeltmessung eine Wartezeit t~ uud anschliegend ein 90~ Sofort danach kann wieder mit der APS begonnen werden und andere Mel3punkte in Abh/ingigkeit von t~ aufgenommen werden.

Der Zeitvorteil des beschriebenen Verfahrens gegen- fiber der meist angewandten ,,inversion recovery"- Methode ergibt sich zu einem Faktor 4 - 5 .

IIL Anwendung der APS zur Bestimmung yon longitudinalen Relaxationszeiten

Entscheidend ffir den Einsatz dieser Methode ist das Verschwinden der Magnetisierung nach Abschlul3 der APS.

Dieser Nachweis konnte auch experimentell verifi- ziert werden. So wurde der FID nach der APS nur durch das Verst/irkerrauschen bestimmt.

Ein anderer Nachweis konnte mit einem neuen Ver- fahren (Vermeidung der Logarithmierung der Mel3- werte) zur Bestimmung von Relaxationszeiten [3] durch Fehlerausgleich der nach verschiedenen Zeiten ti gewonnenen MeBpunkte M(h) geftihrt werden. Die Megpunkte wurden zur Bestimmung der Para- meter der Relaxationsfunktion (1) nach GauB aus- geglichen.

Als ausgeglichene Parameter erhglt man bei diesem Auswerteverfahren neben der Gleichgewichtsmagneti- sierung M0 und der Relaxationszeit T1 auch einen Wert ftir den Klappungswinkel, um den die Magneti- sierung durch die RF-Pulse geklappt wird.

Bei allen untersuchten Proben konnte gezeigt wet- den, dab die gefundenen Winkel nicht signifikant von

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W. Dietrich et al. : Bestimmung der longitudinalen Relaxationszeit in der Kernresonanzspektroskopie

Tabelle I. 13C-Relaxationszeiten zum Adamantan, CHC13 und HCOOH

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Substanz Atom Tl, sec Fehlergrenzen Altere Lit. (S = 95%) Angaben see see

Adamantan CH2 14,5 15,9 11,4 [10] 13,3

C H 23,5 24,5 20,5 [10] 22,6

Adamantan sauerstoff-frei CH2 15,5 16,3 24,8

CH 27,8 30,2 25,8

CHC13 entkoppelt C 30,8 32,5 32,4 [11] 29,3

unentkoppelt C 30,4 31,4 29,5

HCOOH entkoppelt C 9,8 10,4 10,1 [1 ] 9,2

unentkoppelt C 10,4 11,6 9,5

90 ~ abweichen [3], dab also durch die APS die longi- tudinale Magnet i s ie rung in sehr h o h e m MaBe ver- nichtet wird.

Die A n w e n d u n g der APS zur Bes t immung von longi tudinalen Relaxat ionszei ten soll bier an drei Substanzen gezeigt werden. S o wurden die 13C- Relaxat ionszei ten yon A d a m a n t a n bes t immt. Es wur- de eine 1 M L6sung in C6D6 (gleichzeitig internes Lockmit te l ) bei 30~ untersucht . Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 wiedergegeben.

Die Substanz wurde gewfihlt, well die In te rpre ta t ion der Relaxat ionszei ten von starren Molekfi len beson- ders gut m6gl ich ist. AuBerdem sind Vergleichswerte der 13C-Relaxationszeiten schon von G r a n t [10] gemessen worden (Tab. l). De r Tabelle kann ent- n o m m e n werden, dab die Relaxat ionszei ten der 13C- A t o m e im A d a m a n t a n signifikant verl/ingert werden, wenn die untersuchte Probe von Sauers toff befreit wird.

Die von Levy u. Nelson [11J und anderen angege- benen Relaxat ionszei ten des Ch lo ro fo rms konn ten auch mit dem Verfahren der APS best/itigt werden.

Des weiteren wurden die Relaxat ionszei ten des un- en tkoppel ten C h l o r o f o r m s bes t immt. Alger u. G r a n t [1 ] bes t immten die ~ 3C-Relaxat ionszei ten der Ameisen-

s/iure, die wir mit unse rem Verfahren best/itigen konn ten 1.

Literatur

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2. Csaki, A. : Helv. Phys. Acta 36, 1021 (1963) 3. Dietrich, W., Gerhards, R. : (in Vorbereitung) 4. Ernst, R. R. : J. Chem. Phys. 45, 3845 (1966) 5. Freeman, R., Hill, H. D. W.: J. Chem. Phys. 53, 4103

(1970) 6. Freeman, R., Hill, H. D. W.: J. Chem. Phys. 54, 3367

(1971) 7. Freeman, R., Hill, H. D. W., Kaptein, R. : J. Mag. Res.

7, 82 (1972) 8. Freeman, R., Wittekoek, S. : J. Mag. Res. 1, 238 (1969) 9. Hahn, E. L. : Phys. Rev. 76, 145 (1949)

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11. Levy, G. C., Nelson, G. L. : lac NMR for organic chem- ists. New York: Wiley Intersc. 1972

12. Markley, J. L., Horsley, W. J., Klein, M. P. : J. Chem. Phys. 55, 3604 (1971)

13. McDonald, G. C., Leigh, J. S. : J. Mag. Res. 9, 358 (1973) 14. Vold, R. L., Waugh, J. S., Klein, M. P., Phelps, D. E.:

J. Chem. Phys. 48, 3831 (1968)

1 Ein Overlay/Remove-Lochstreifen ffir das Fourierpro- gramm FT 73 ftir den Nicolet BNC-12 Computer ist verffigbar.

Prof. Dr. G. Bergmann, Abt. f. Chemie der Ruhr-Universitfit, D-4630 Bochum, Postfach 2148, Bundesrepublik Deutschland