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62 NNA-Berichte 1/2009 1 Einleitung Obwohl der Schutz von Böden und ihrer Funktionen im Bundesnaturschutzge- setz gefordert wird, ist nicht allen aktiv im Naturschutz Tätigen bewusst, dass Bodenschutz eine konkrete Aufgabe des Naturschutzes ist (Loki Schmidt Stif- tung und Institut für Bodenkunde der Universität Hamburg 2006). Der Beitrag geht auf die rechtlichen Grundlagen und Ziele des Bodenschutzes im Natur- schutz ein und benennt Voraussetzun- gen für den Bodenschutz in Schutzge- bieten. Nicht selten greifen Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen des Natur- schutzes selbst, meist ohne Berücksichti- gung der Auswirkungen, massiv in die Bodeneigenschaften ein. Ein Praxisbei- spiel zeigt, wie Bodenschutz in den Schutz-, Pflege- und Entwicklungsplan eines Naturschutzgebiets integriert werden kann. Ziele sind hier der Schutz von Flächen mit hoher Bedeutung der Bodenfunktionen, die Wiederherstel- lung von Bodenfunktionen anthropo- gen veränderter Böden und die Nut- zung des Naturschutzgebiets zur Ent- wicklung des Bodenbewusstseins. 2 Grundlagen 2.1 Rechtliche Grundlagen Das Bundesnaturschutzgesetz (BNat- SchG) erwähnt den Schutz des Bodens mehrfach explizit oder als Bestandteil des Naturhaushalts. In den Grundsätzen des Naturschut- zes und der Landschaftspflege (§ 2) heißt es „Der Naturhaushalt ist … so zu sichern, dass die den Standort prägen- den biologischen Funktionen, Stoff- und Energieflüsse sowie landschaftliche Strukturen erhalten, entwickelt oder wiederhergestellt werden“ … „Böden sind so zu erhalten, dass sie ihre Funk- tionen im Naturhaushalt erfüllen kön- nen“ … „Bodenerosionen sind zu ver- meiden“. Normen zur Land-, Forst- und Fi- schereiwirtschaft sind in § 5 festgelegt. In § 5 (4) heißt es: „Die Landwirtschaft hat neben den Anforderungen, die sich aus den für die Landwirtschaft gelten- den Vorschriften und § 17 Abs. 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes ergeben, insbesondere die folgenden Grundsätze der guten fachlichen Praxis zu beach- ten: Bei der landwirtschaftlichen Nut- zung muss die Bewirtschaftung stand- ortangepasst erfolgen und die nach- haltige Bodenfruchtbarkeit und die langfristige Nutzbarkeit der Flächen ge- währleistet sein.“ … „Die natürliche Ausstattung der Nutzfläche (Boden, Wasser, Flora, Fauna) darf nicht über das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertra- ges erforderliche Maß hinaus beein- trächtigt werden.“ Paragraph 14 beschreibt die Inhalte der Fachplanungen des Naturschutzes. Landschaftsprogramme, Landschafts- rahmenpläne und Landschaftspläne sol- len Angaben über Erfordernisse und Maßnahmen u.a. zum Schutz, zur Ver- besserung der Qualität und zur Regene- ration von Böden, Gewässern, Luft und Klima enthalten. Mit diesem Instrument können der Zustand der Böden erfasst und steuernde Festlegungen zum Schutz oder zur Entwicklung besonders wertvoller oder empfindlicher Böden getroffen werden. Folgen von Eingriffen in Böden sind, soweit sie die Leistungs- und Funktions- fähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchti- gen können, bestmöglich zu kompen- sieren (Eingriffsregelung nach §§ 18 und 19). Der Beitrag von W. Breuer in diesem Heft setzt sich detailliert mit dem Schutz des Bodens in der Eingriffs- regelung auseinander. Mehrere Bun- desländer haben Arbeitshilfen zur Be- rücksichtigung des Schutzguts Boden in der naturschutzrechtlichen Eingriffsre- gelungen herausgegeben (z. B. Wolf et al. 2007). Eine Umfrage in den Bundes- ländern zur Berücksichtigung von Bo- den und Bodenfunktionen bei Aus- gleich und Ersatz von Eingriffen in Na- tur und Landschaft hat ergeben, dass Regelungen zum Ausgleich von Ein- griffen in Böden und Bodenfunktionen bestehen, die Beurteilung der Eingriffe und Kompensation länderspezifisch unterschiedlich erfolgen und die Maß- nahmen zu Ausgleich und Ersatz häufig „multifunktional“ aus der Entwicklung von Biotopen bestehen, was aus Sicht des Bodenschutzes unbefriedigend ist. Obwohl häufig durch Eingriffe in Böden begründet, werden Mittel aus Ersatz- zahlungen nur gelegentlich speziell für Bodenbelange eingesetzt. „Es muss als Erfolg für den Bodenschutz verbucht werden, wenn Ausgleichs- und Ersatz- maßnahmen nicht einen weiteren Ein- griff in Böden beinhalten“ (Oechtering 2006). So stellen zum Beispiel die An- lage eines Feuchtbiotops oder die Her- stellung einer Offenbodenfläche gra- vierende Veränderungen von Böden dar. Ohne Berücksichtigung des Werts der Bodenfunktionen im betroffenen Gebiet ist es nicht möglich zu beurteilen, ob dadurch wertvolle Böden in ihren Funktionen gemindert oder gar zerstört werden. Häufig fehlt es an ausreichen- den Informationen über Böden, häufig wird der Bodenschutz nicht berücksich- tigt. Wesentlich für den Schutz von Bö- den und Bodenfunktionen sind Schutz- gebiete. Das BNatSchG beschreibt in den §§ 22–33 den Rahmen für Schutz- zwecke derartiger Gebiete und die da- raus folgenden Ge- und Verbote. In Naturschutzgebieten und einigen ande- ren naturschutzrechtlich besonders ge- schützten Gebieten können z. B. Archiv- böden aus wissenschaftlichen, naturge- schichtlichen oder landeskundlichen Gründen Schutzzweck sein und aus die- sem Grund eigens unter Schutz gestellt werden. In den kleinflächigen Natur- denkmälern können Böden sogar allei- niges Schutzziel sein. In Naturschutzge- bieten und anderen ähnlich streng ge- schützten Gebieten sind Böden faktisch vor Versiegelung, Abgrabung und Über- deckung geschützt. Soweit eine land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung in einem solchen Gebiet unzulässig ist, werden Böden in Schutzgebieten auch vor Stoffeinträgen und mechanischer Veränderung durch diese Nutzungsfor- men bewahrt. Peine (2007) weist jedoch darauf hin, dass der Schutz des Bodens Bodenschutz im Naturschutz von Günter Miehlich und Stephan Schwank Schlüsselwörter: Bodenschutz, Naturschutz, Schutz-, Pflege- und Entwicklungs- plan, Naturschutzgebiet Keywords: soil protection, nature protection, ecological clean-up and develop- ment plan, nature reserve

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NNA-Berichte 1/2009

1 Einleitung

Obwohl der Schutz von Böden und ihrerFunktionen im Bundesnaturschutzge-setz gefordert wird, ist nicht allen aktivim Naturschutz Tätigen bewusst, dassBodenschutz eine konkrete Aufgabedes Naturschutzes ist (Loki Schmidt Stif-tung und Institut für Bodenkunde derUniversität Hamburg 2006). Der Beitraggeht auf die rechtlichen Grundlagenund Ziele des Bodenschutzes im Natur-schutz ein und benennt Voraussetzun-gen für den Bodenschutz in Schutzge-bieten. Nicht selten greifen Pflege- undEntwicklungsmaßnahmen des Natur-schutzes selbst, meist ohne Berücksichti-gung der Auswirkungen, massiv in dieBodeneigenschaften ein. Ein Praxisbei-spiel zeigt, wie Bodenschutz in denSchutz-, Pflege- und Entwicklungsplaneines Naturschutzgebiets integriertwerden kann. Ziele sind hier der Schutzvon Flächen mit hoher Bedeutung derBodenfunktionen, die Wiederherstel-lung von Bodenfunktionen anthropo-gen veränderter Böden und die Nut-zung des Naturschutzgebiets zur Ent-wicklung des Bodenbewusstseins.

2 Grundlagen

2.1 Rechtliche Grundlagen

Das Bundesnaturschutzgesetz (BNat-SchG) erwähnt den Schutz des Bodensmehrfach explizit oder als Bestandteildes Naturhaushalts.

In den Grundsätzen des Naturschut-zes und der Landschaftspflege (§ 2)heißt es „Der Naturhaushalt ist … so zusichern, dass die den Standort prägen-den biologischen Funktionen, Stoff-und Energieflüsse sowie landschaftlicheStrukturen erhalten, entwickelt oderwiederhergestellt werden“ … „Bödensind so zu erhalten, dass sie ihre Funk-tionen im Naturhaushalt erfüllen kön-nen“ … „Bodenerosionen sind zu ver-meiden“.

Normen zur Land-, Forst- und Fi-schereiwirtschaft sind in § 5 festgelegt.In § 5 (4) heißt es: „Die Landwirtschafthat neben den Anforderungen, die sichaus den für die Landwirtschaft gelten-den Vorschriften und § 17 Abs. 2 desBundes-Bodenschutzgesetzes ergeben,insbesondere die folgenden Grundsätzeder guten fachlichen Praxis zu beach-ten: Bei der landwirtschaftlichen Nut-zung muss die Bewirtschaftung stand-ortangepasst erfolgen und die nach-haltige Bodenfruchtbarkeit und dielangfristige Nutzbarkeit der Flächen ge-währleistet sein.“ … „Die natürlicheAusstattung der Nutzfläche (Boden,Wasser, Flora, Fauna) darf nicht über daszur Erzielung eines nachhaltigen Ertra-ges erforderliche Maß hinaus beein-trächtigt werden.“

Paragraph 14 beschreibt die Inhalteder Fachplanungen des Naturschutzes.Landschaftsprogramme, Landschafts-rahmenpläne und Landschaftspläne sol-len Angaben über Erfordernisse undMaßnahmen u.a. zum Schutz, zur Ver-besserung der Qualität und zur Regene-ration von Böden, Gewässern, Luft undKlima enthalten. Mit diesem Instrumentkönnen der Zustand der Böden erfasstund steuernde Festlegungen zumSchutz oder zur Entwicklung besonderswertvoller oder empfindlicher Bödengetroffen werden.

Folgen von Eingriffen in Böden sind,soweit sie die Leistungs- und Funktions-fähigkeit des Naturhaushalts oder dasLandschaftsbild erheblich beeinträchti-gen können, bestmöglich zu kompen-sieren (Eingriffsregelung nach §§ 18und 19). Der Beitrag von W. Breuer indiesem Heft setzt sich detailliert mitdem Schutz des Bodens in der Eingriffs-regelung auseinander. Mehrere Bun-desländer haben Arbeitshilfen zur Be-rücksichtigung des Schutzguts Boden inder naturschutzrechtlichen Eingriffsre-gelungen herausgegeben (z.B. Wolf etal. 2007). Eine Umfrage in den Bundes-ländern zur Berücksichtigung von Bo-

den und Bodenfunktionen bei Aus-gleich und Ersatz von Eingriffen in Na-tur und Landschaft hat ergeben, dassRegelungen zum Ausgleich von Ein-griffen in Böden und Bodenfunktionenbestehen, die Beurteilung der Eingriffeund Kompensation länderspezifischunterschiedlich erfolgen und die Maß-nahmen zu Ausgleich und Ersatz häufig„multifunktional“ aus der Entwicklungvon Biotopen bestehen, was aus Sichtdes Bodenschutzes unbefriedigend ist.Obwohl häufig durch Eingriffe in Bödenbegründet, werden Mittel aus Ersatz-zahlungen nur gelegentlich speziell fürBodenbelange eingesetzt. „Es muss alsErfolg für den Bodenschutz verbuchtwerden, wenn Ausgleichs- und Ersatz-maßnahmen nicht einen weiteren Ein-griff in Böden beinhalten“ (Oechtering2006). So stellen zum Beispiel die An-lage eines Feuchtbiotops oder die Her-stellung einer Offenbodenfläche gra-vierende Veränderungen von Bödendar. Ohne Berücksichtigung des Wertsder Bodenfunktionen im betroffenenGebiet ist es nicht möglich zu beurteilen,ob dadurch wertvolle Böden in ihrenFunktionen gemindert oder gar zerstörtwerden. Häufig fehlt es an ausreichen-den Informationen über Böden, häufigwird der Bodenschutz nicht berücksich-tigt.

Wesentlich für den Schutz von Bö-den und Bodenfunktionen sind Schutz-gebiete. Das BNatSchG beschreibt inden §§ 22–33 den Rahmen für Schutz-zwecke derartiger Gebiete und die da-raus folgenden Ge- und Verbote. InNaturschutzgebieten und einigen ande-ren naturschutzrechtlich besonders ge-schützten Gebieten können z. B. Archiv-böden aus wissenschaftlichen, naturge-schichtlichen oder landeskundlichenGründen Schutzzweck sein und aus die-sem Grund eigens unter Schutz gestelltwerden. In den kleinflächigen Natur-denkmälern können Böden sogar allei-niges Schutzziel sein. In Naturschutzge-bieten und anderen ähnlich streng ge-schützten Gebieten sind Böden faktischvor Versiegelung, Abgrabung und Über-deckung geschützt. Soweit eine land-und forstwirtschaftliche Bodennutzungin einem solchen Gebiet unzulässig ist,werden Böden in Schutzgebieten auchvor Stoffeinträgen und mechanischerVeränderung durch diese Nutzungsfor-men bewahrt. Peine (2007) weist jedochdarauf hin, dass der Schutz des Bodens

Bodenschutz im Naturschutzvon Günter Miehlich und Stephan Schwank

Schlüsselwörter: Bodenschutz, Naturschutz, Schutz-, Pflege- und Entwicklungs-plan, NaturschutzgebietKeywords: soil protection, nature protection, ecological clean-up and develop-ment plan, nature reserve

in Naturschutzgebieten „höchstens re-lativ“ sei, weil die Verordnungen dermeisten Naturschutzgebiete Vorbe-halte zugunsten schutzgebietswidrigerHandlungen enthalten. In Landschafts-schutzgebieten kann es Schutzzwecksein, natürliche Bodenfunktionen groß-flächig zu schützen, zu entwickeln oderwiederherzustellen. In Gebieten von be-sonderer kulturhistorischer Bedeutungkann der Erhalt der Bodenfunktion „Ar-chiv der Kulturgeschichte“ Schutzzielsein.

Die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinieder EU erwähnt Böden nicht explizit.Böden sind aber integraler Bestandteilder Lebensräume, deren Erhaltung imZentrum des Schutzziels steht. Die Habi-tatabgrenzungen der Natura-2000-Flä-chen (Ssymank et al. 1998) basieren u.a.auf genau definierten Böden, deren Er-fassung und Beurteilung detaillierte bo-denkundliche Kenntnisse erfordern.Dies mögen zwei Beispiele verdeut-lichen:

FFH-Lebensraumtyp Nr. 4060 (Alpineund boreale Heiden): Ranker und Pod-sol-Ranker über Silikatgestein. In denregenreichen höheren Gebirgslagender Alpen ist auch über Kalk- und Dolo-mitgestein eine Rohhumusbildung (z.B.Tangelrendzina) mit Heideentwicklungmöglich.

FFH-Lebenraumtyp Nr. 4010 (Feuch-te Heidegebiete des nordatlantischenRaumes mit Erica tetralix): Feucht biswechselfeucht, meist grundwasserbe-einflusst oder in niederschlagsreichenGebieten, anmoorige, bodensauereoder torfige Böden.

Das Bundes-Bodenschutzgesetz(BBodSchG) und das BNatSchG sind kon-kurrierende Rechtsvorschriften. Da dasBBodSchG den Schutz natürlicher Bo-denfunktionen und der Archivfunktionim vergleichsweise wenig wirksamenVorsorgebereich ansiedelt, hält dasBNatSchG wirksamere Instrumente zumSchutz von Bodenfunktionen und Bö-den bereit. Das BNatSchG nimmt teil-weise Bezug auf das BBodSchG (z.B. diegute fachliche Praxis in der Landwirt-schaft).

2.2 Ziele des Bodenschutzes inSchutzgebieten

Schutz, Entwicklung und Wiederher-stellung natürlicher Bodenfunktionen:Grundsätzlich sind die natürlichen Bo-

denfunktionen in Naturschutzgebietenund analog geschützten Bereichen an-derer Schutzgebiete vor negativenVeränderungen geschützt. Soweit inden Verordnungen der SchutzgebieteAusnahmeregelungen enthalten sind,sollte überprüft werden, ob davonnatürliche Bodenfunktionen betroffensind und wie negative Veränderungenzu vermeiden sind; gegebenenfallssollten die Ausnahmeregelungen ange-

passt werden. Auch Maßnahmen jen-seits seiner Grenzen können die natür-lichen Bodenfunktionen eines Schutz-gebiets negativ beeinflussen. Dies giltbesonders für den Eintrag von Stoffenaus Anlagen und für Maßnahmen derWasserwirtschaft, die sich auf die Hy-drologie des Schutzgebiets auswirken.

Auch Arbeiten zur Pflege und Ent-wicklung von Schutzgebieten könnennatürliche Bodenfunktionen massiv ver-

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Abb. 1: Die Herstellung einer „bodenfreien“ Fläche und randliche Ablagerung des abgescho-benen Materials im NSG „Boberger Niederung“ (Bild G. Miehlich).

Abb. 2: Bodenverdichtender Maschineneinsatz bei Pflegemaßnahmen im NSG „Boberger Nie-derung“ (Bild G. Miehlich).

ändern. Die Anlage eines Laichgewäs-sers, die Schaffung von Vernässungsflä-chen oder die Herstellung von „boden-freien“ Sandflächen haben erheblicheAuswirkungen auf die natürlichen Bo-denfunktionen. Um Schäden an Bödenzu vermeiden, muss schon in der Pla-nungsphase geprüft werden, ob davonbesonders schützenswerte Böden be-troffen sind (Abb. 1).

Auch Pflegemaßnahmen in Schutz-gebieten können gravierende Verände-rungen der natürlichen Bodenfunktio-nen darstellen. Beispiele sind das Plag-gen in Heidelandschaften, die Räumungvon Gräben und Teichen mit Ablage-rung des Baggerguts an Land oder eineBeweidung. Auch hier sind bereits in derPlanung Aspekte des Bodenschutzes zubeachten. Bei der Ausführung ist daraufzu achten, dass die eingesetzten Ma-schinen keine gravierenden Schäden anBöden hervorrufen (Abb. 2).

Jenseits des Biotopschutzes kannauch Ressourcenschutz Ziel einer Ge-bietsverordnung sein. Maßnahmen zurFörderung natürlicher Bodenfunktio-nen können z. B. die Aushagerung zurEntwicklung nährstoffarmer Standorteoder die Schaffung naturnaher Boden-wasserverhältnisse sein, womit ebennicht immer die Herstellung einesFeuchtgebiets gemeint ist. Bei versie-gelten, erodierten oder mit technoge-nem Substrat überdeckten Böden sind

Wiederherstellungsmaßnahmen dieVoraussetzung für die Entwicklung na-türlicher Bodenfunktionen (Wolf 2000).

Schutz von Archivböden: Böden, diebedeutsame Informationen zur Natur-und Kulturgeschichte enthalten, sollennach BBodSchG so wenig wie möglichbeeinträchtigt werden. Naturschutzge-biete und Schutzgebiete mit analogemSchutzstatus eignen sich besonders fürden Schutz von Archivböden. Da Natur-schutzgebiete häufig in naturnah er-haltenen Regionen liegen, gibt es einegute Chance, vom Menschen wenig ver-änderte Böden zu finden. Naturschutz-gebiete umfassen häufig Extremstand-orte, so dass Böden mit seltenen Ei-genschaften auftreten können. Vorallem wegen der hohen wissenschaft-lichen Bedeutung sind Böden mit fossi-len und reliktischen Merkmalen zu er-halten. In Kulturlandschaften sollte derSchutz von Böden, die durch histori-schen Land- oder Gartenbau Archive derKulturgeschichte darstellen, in die Ver-ordnungen von Schutzgebieten aufge-nommen werden. Ausführlich mit Ar-chivböden beschäftigt sich in diesemHeft der Beitrag „Böden als Archive derNatur- und Kulturgeschichte“ von G.Miehlich.

Förderung des Bodenbewusstseinsin der naturschutzpädagogischen Ar-beit: Bodenschutz kann nur gelingen,wenn die Bedeutung der Böden für

Mensch und Umwelt allen Bevölke-rungskreisen bewusst wird (Wissen-schaftlicher Beirat Bodenschutz 2002).Trotz vieler Bemühungen ist es bislangnicht gelungen, in der Öffentlichkeit fürdieses wichtige Teilgebiet des Umwelt-bewusstseins eine angemessene Auf-merksamkeit zu erreichen (vgl. den Bei-trag in diesem Heft von G. Miehlich „Bo-denbewusstsein – ein Schlüssel zurFörderung des Bodenschutzes“). Es gibtmehrere inhaltliche und logistischeGründe, warum gerade in Naturschutz-gebieten die Chance besteht, das Bo-denbewusstsein zu fördern. Natur-schutzgebiete sind meist in naturnah er-haltenen Gebieten mit einer breitenPalette unterschiedlicher Biotope ein-gerichtet. Es gibt daher oft die Möglich-keit, unterschiedliche und naturnah er-haltene Böden und ihre Bedeutung fürFlora und Fauna vorstellen zu können.Bei Naturschutzgebieten in Kulturland-schaften können einerseits der Einflussdes Menschen auf Böden und umge-kehrt die bodenbedingten Auswirkun-gen dieser Veränderungen auf Menschund Umwelt demonstriert werden.

In vielen Naturschutzgebieten gibtes Informationsstationen mit natur-schutzfachlich geschulten Mitarbeitern,die Menschen aller Altersgruppen undVorbildung ansprechen. Die Einbezie-hung des Bodens und des Bodenschut-zes in deren Arbeit wäre nicht nur wich-tig für die Förderung des Bodenbe-wusstseins, sondern bietet die Chance,den Blick über den Artenschutz hinausauf die Wechselwirkungen zwischenbiotischen und abiotischen Faktoren zuerweitern.

2.3 Voraussetzungen für denwirksamen Schutz

Die Umsetzung des Bodenschutzes imNaturschutz ist an mehrere Vorausset-zungen geknüpft.

Zunächst muss sich bei den Verant-wortlichen und bei den vor Ort im Na-turschutz Tätigen die Erkenntnis durch-setzen, dass Bodenschutz eine Aufgabedes Naturschutzes ist. Um die Einsicht inpraktisches Handeln umsetzen zu kön-nen, müssen Naturschützer ein Basiswis-sen über Böden und deren Bedeutunghaben. Dies kann nur gelingen, wenndas Fach Bodenkunde Bestandteil derNaturschutz- bzw. Landespflege-Ausbil-dung an Hoch- und Fachschulen ist. Die

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Abb. 3: Boden in der naturschutzpädagogischen Arbeit (Bild A. Jahn, Loki Schmidt Stiftung,Hamburg).

entsprechenden Arbeitsgruppen bzw.Fachgruppen der Deutschen Boden-kundlichen Gesellschaft (DBG, o.J.) oderdes Bundesverbands Boden (BVB, o.J.).könnten gezielt internetbasierte Pro-gramme für Mitarbeiter in Behördenoder ehrenamtlich tätige Naturschützerentwickeln.

Eine weitere wesentliche Vorausset-zung für die Umsetzung des Boden-schutzes sind detaillierte Informationenüber Eigenschaften und Verbreitungvon Böden der Schutzgebiete. Der Klas-siker „Im Naturschutzgebiet sind über-wiegend Braunerden, lokal auch Braun-erde-Podsole und Ranker verbreitet“reicht nicht. Nur wenn für die Einzelflä-chen der Biotope Aussagen zu Bodenei-genschaften gemacht werden können,sind Bodenschutz und umgekehrt dieNutzung der bodenkundlichen Kennt-nisse für Pflege- und Entwicklungsmaß-nahmen möglich. Dazu sind eine aus-führliche Dokumentation ihrer Eigen-schaften und eine großmaßstäbigeVerbreitungskarte erforderlich.

Der wirksame Schutz von Boden-funktionen setzt ein Verfahren zur Bo-denfunktionsbewertung voraus. Es gibteine große Zahl solcher Verfahren(LABO 2003, Ad-hoc-AG Boden 2007),die für Planungs- und Zulassungsverfah-ren in der Bauleitplanung entwickeltwurden. Es ist zu überprüfen, ob daseingesetzte Verfahren für die Beurtei-lung von Böden in Schutzgebieten ge-eignet ist oder modifiziert werdenmuss.

Böden und Bodenschutz müssenfachgerecht und umfassend in Schutz-,Pflege- und Entwicklungspläne der Na-turschutzgebiete integriert werden. DieEmpfehlungen sollen konkrete Maß-nahmen zum Schutz von Böden enthal-ten. Bei Pflege- und Entwicklungsmaß-nahmen, die Auswirkungen auf Bödenhaben, sind Aspekte des Bodenschutzeszu berücksichtigen. Ggf. ist bereits inder Planungsphase ein Experte einzu-schalten, der die Folgen eines Eingriffssachgerecht bewertet und Vorschlägezur Minimimierung der Auswirkungender Maßnahme auf die Böden macht.

Um die Bedeutung von Böden undBodenschutz in die naturschutzpädago-gische Arbeit aufnehmen zu können,müssen die Verantwortlichen ausrei-chende Kenntnisse über Böden undüber die Zusammenhänge zwischen Bö-den und Organismen erwerben. Anre-

gungen finden sich in diesem Heft imBeitrag von G. Miehlich „Bodenbe-wusstsein – ein Schlüssel zur Förderungdes Bodenschutzes“.

Schließlich sollten Mittel aus Ersatz-zahlungen, die häufig durch Eingriffe inBöden begründet sind, wenigstens zumTeil für Maßnahmen des Naturschutzesund der Landschaftspflege verwendetwerden, die dem Schutz des Bodens zu-gute kommen.

3 Fallbeispiel des Naturschutz-gebiets (NSG) BobergerNiederung

Die Abteilung Bodenschutz/Altlastender Hamburger Behörde für Stadtent-wicklung und Umwelt hat im Rahmender Aktualisierung des Pflege- und Ent-wicklungsplans für das NSG „BobergerNiederung“ ein Vorhaben gefördert,das sich exemplarisch mit dem SchutzgutBoden in einem Naturschutzgebiet be-fasst (Miehlich et al. 2007). Die Ergeb-nisse dieses Projektes bilden die Basisfür die folgenden Ausführungen. Dervollständige Bericht ist vom Erstautorals pdf-Datei erhältlich.

3.1 Einführung in das Gebiet

Das im Osten von Hamburg am Elbhangliegende, 350 ha große NSG „BobergerNiederung“ umfasst die natürlichenLandschaftseinheiten Geesthochfläche,Geesthang, Randmoor, Binnendüneund Flussmarsch. Wesentlich für seine

ungewöhnlich hohe Biodiversität (inTeilbereichen >400 Blütenpflanzen/km2,Poppendieck 2006) ist die intensive an-thropogene Überprägung des Gebiets(prähistorische Entwaldung, massiverAbbau von Lehm und Sand, Torfgewin-nung, Tiefpflügen der Geestfläche so-wie Eindeichung und Entwässerung derFlussmarsch), die eine große Zahl vonStandorten mit unterschiedlichen Bo-deneigenschaften schuf.

3.2 Böden und ihreStandorteigenschaften

Datengrundlage und Datenverarbei-tung: Der größte Teil der Informationenüber die Böden des NSG wurde schonvor seiner Einrichtung innerhalb vonStudentenpraktika und Diplomarbeitenerarbeitet. Im Rahmen des Projekts fan-den ergänzende Geländeuntersuchun-gen in bislang bodenkundlich nochnicht erfassten Bereichen statt. Die Da-ten dienten der Erfassung von Eigen-schaften und Verbreitung der Bödenund ihrer Substrate. Aus der bodensys-tematischen Einheit und dem Substratwurden Bodenformen gebildet, denenjeweils ein Musterprofil zugeordnetwurde. Da nicht alle Bodenformen la-boranalytisch untersucht werden konn-ten, mussten die Eigenschaften derMusterprofile teilweise aus dem Profil-aufbau und analogen, laboranalytischuntersuchten Bodeneinheiten abgelei-tet werden. Die Daten dienen zur Er-mittlung der Standorteigenschaften

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Abb. 4: Lage und Landschaftsaspekt des NSG Boberger Niederung (Bild G. Miehlich).

und der Parameter zur Bodenfunktions-bewertung.

Für die Datenverarbeitung und -darstellung wurde ein GeographischesInformationssystem verwendet. Durch die Verschneidung homogener Boden-(Miehlich & Schwank 2007) und Biotop-flächen (Kurz 2007) ergaben sich für dieAnwendung geeignete Teilflächen mitInformationen zu Lage, Größe, Boden-substrat, Bodeneigenschaften, Stand-orteigenschaften und Bodenfunktions-bewertung. Das Geographische Infor-mationssystem ist offen für zusätzlicheInformationen und geänderte Bewer-tungssysteme.

Böden und Standorteigenschaften:Im Naturschutzgebiet gibt es 11 natür-liche und 13 anthropogen erzeugteoder vom Menschen stark beeinflussteBodensubstrate. Die Spannweite natür-licher Substrate reicht vom Klei derMarsch, über die Sande der Düne, denNiedermoortorf der Randmoore zu Ge-schiebelehm, -mergel und Flugsand-decken der Geesthänge. Anthropogenüberformt sind diverse umgelagertenatürliche Substrate, wie fluviatil oderäolisch verfrachtete Kolluvien sowieAbraum der Lehmgewinnung und Bau-schutt. Die große Zahl der Bodensub-strate, die sehr unterschiedlichen Was-serverhältnisse und die Auswirkungender menschlichen Eingriffe bedingenein komplexes Bodeninventar (13 Bo-dentypen mit 27 Subtypen und 56 Ein-

heiten auf dem Niveau von Bodenvarie-täten). Kombiniert mit Substrattypenlassen sich im NSG 80 Bodenformenunterscheiden, deren Eigenschaften dieTeilflächen des Gebiets charakterisie-ren. Abb. 5 und 6 geben einen Eindruckvon der Vielfalt der Böden im NSG. Cha-rakteristisch und für die Biodiversitätdes Gebiets von großer Bedeutung sinddie großen Flächenanteile mit sehr jun-gen Böden.

Die große Zahl und die starkenMerkmalsunterschiede der im NSG Bo-berger Niederung auftretenden Bödenbedingen eine ungewöhnliche Vielfaltan Standorteigenschaften (Abb.7). Die

Spannweite reicht von sauer bis basisch,trocken bis grund- bzw. staunass, sehrgeringer bis hoher natürlicher Nähr-stoffversorgung und von lose rieseln-dem Sand bis zu im trockenen Zustandharten,feucht zähplastischen Marschen-böden. Um das Zusammenspiel derStandorteigenschaften auf einer Flächezu charakterisieren, wurden aus denParametern Reaktion, Wasserhaushalt,Grundwasserstand, Nährstoffe und Kon-sistenz 17 Standorttypen abgeleitet. DieErgebnisse tragen zur Erklärung der Le-bensgemeinschaften in den verschiede-nen Biotopen bei. Vor allem aber werdensie benötigt, um Auswirkungen vonMaßnahmen zur Pflege- und Entwick-lung des Gebiets beurteilen zu können.

3.3 Bodenfunktionsbewertung

Die Bodenfunktionsbewertung basiertauf dem Hamburger Verfahren (BUG2003), das aufgrund der bestehendenDatengrundlage und der speziellen An-forderungen an eine Bodenfunktions-bewertung in Naturschutzgebieten infolgenden Punkten modifiziert wurde:� Berücksichtigung finden nur Boden-teilfunktionen, die für die Formulierungvon Bodenschutzzielen in Naturschutz-gebieten relevant sind (Lebensraum fürTiere, Pflanzen und Bodenorganismen,Böden als Bestandteil des Wasserhaus-halts und Nährstoffkreislaufs, Funktionals Archiv der Natur- und Kulturge-schichte).� Die Datenlage und die große Zahlvon Teilflächen zwingen dazu, statteinzelflächenbezogener Bodenbeurtei-

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Abb. 5: Beispiele für Böden des NSG „Boberger Niederung“: Offenboden mit Lockersyrosem,Regosol und Fluss-Kleimarsch (Bilder G. Miehlich).

Abb. 6: Ausschnitt aus der Bodenkarte des NSG „Boberger Niederung“ (Entwurf G. Miehlichu. S. Schwank).

lung, Leitprofile (vgl. oben) zur Bewer-tung heranzuziehen.� Die Teilfunktion Archiv der Naturge-schichte wurde um eine seltene Boden-form ergänzt und zur Beurteilung derTeilfunktion Archiv der Kulturge-schichte das Alter des Eingriffs als Krite-rium hinzugefügt.

Die Gesamtbewertung ergeben sichaus der Kombination der Teilfunktionen„Lebensraum und Lebensgrundlage fürTiere, Pflanzen und Bodenorganismen“,„Archiv der Naturgeschichte“ und „Ar-chiv der Kulturgeschichte“, wobei je-weils die günstigste Beurteilung einerder Teilfunktionen die Wertstufe be-stimmt. Farben kennzeichnen die Wert-stufen der Bodenbewertungskarten,Ziffern beschreiben, welche Teilfunktio-nen zur Einstufung geführt haben.

Etwa 45% der Teilflächen gehörenzur höchsten Wertstufe 1. Die Anteileder Wertstufen 2 und 3 liegen bei ca. 20bzw. 25%, 10% der Teilflächen wurdenmit 4 bewertet, die Wertstufe 5 ist nichtvertreten. Die wertbestimmende Teil-funktion variiert; auch die Verteilungder Wertstufen innerhalb der einzelnenLandschaftseinheiten ist sehr unter-schiedlich.

Der in Abb. 8 gewählte Ausschnittaus der Bodenwertkarte enthält Flä-

chen sehr unterschiedlicher Wertung.Besonders schützenswert sind Bödenmit besonderen Eigenschaften (1a),Reste naturnaher Böden bzw. Archiveder Naturgeschichte (1b) und ein Archivder Kulturgeschichte (1c).

3.4 Empfehlungen zum Bodenschutz

Der Pflege- und Entwicklungsplan fürdas NSG „Boberger Niederung“ enthält

mehrere Empfehlungen zum Boden-schutz.

Als Maßnahme zur Wiederherstel-lung natürlicher Bodenfunktionen wirdvorgeschlagen, den Wasserspiegel inTeilflächen der Marsch auf das Niveauvor der Entwässerung anzuheben.Grundsätzlich sollen auf Flächen derWertstufen 1 und 2 Maßnahmen unter-bleiben, die natürliche Bodenfunktio-nen beeinträchtigen. Sollten dennochEingriffe in diese Gebiete geplant sein,ist zu prüfen, ob nicht auf Flächen mitgeringerer Wertigkeit ausgewichenwerden kann. Wenn eine Verlegungnicht möglich ist, soll rechtzeitig ein Ex-perte die Maßnahme sachgerecht be-werten und Vorschläge zur Minimie-rung der Folgen für Böden machen. ImDetail wird auf die Auswirkungen typi-scher Pflegemaßnahmen im NSG hinge-wiesen.

Besonders schützenswert sind Bö-den mit besonderen Eigenschaften (z.B.Nassgleye, bodenfreie trockene Zonenmit Lockersyrosemen, Gley-Regosole),naturnah erhaltene Böden (Anmoor-gleye, Moorgleye), seltene Böden (z.B.Quellen-Nassgleye), Zeugnisse der Na-turgeschichte (Reste eines Podsols, derfrüher die gesamte Düne überzogenhat) sowie Archive der Kulturgeschichte(äolisch verlagerte Kolluvisole der ei-senzeitlichen Rodungsphase).

Eine Besonderheit des NSG stellengroße Flächen dar, deren Substrat inden vergangenen 150 Jahren durch Ab-trag freigelegt wurde. Für diese Flächenwird empfohlen, eine ungestörte Bo-

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Abb. 8: Ausschnitt aus der Karte der Bodenfunktionsbewertung des „NSG Boberger Niede-rung“ (Entwurf G. Miehlich u. S. Schwank).

Abb. 7: Ausschnitt aus der Karte der Standorteigenschaften im NSG „Boberger Niederung“(Entwurf G. Miehlich u. S. Schwank).

denentwicklung zuzulassen, denn Flä-chen mit genau datierbarer Dauer un-gestörter Bodenentwicklung sind selten.

Böden und Bodenschutz sollen so-wohl in der Ausstellung des Natur-schutzinformationshauses dokumen-tiert als auch an Bodenstationen aufden Wegen des Naturschutzgebiets ge-zeigt werden. Schwerpunkt der Inhaltesind die Auswirkungen menschlicherEingriffe auf Böden und deren Folgenfür Lebensgemeinschaften.

Die Datengrundlage ist durch dieUntersuchung weiterer Bodenprofileund Begleituntersuchung bei Maßnah-men zur Pflege und Entwicklung desNSG zu verbessern. Spezialarbeiten sol-len Fragestellungen wie den Verlauf in-itialer Bodenentwicklung in Sand undGeschiebemergel oder die Ansprüchebodenbewohnender Insekten an bo-denmechanische Eigenschaften klären.

Ein Pflege- und Entwicklungsplan istviel geduldiges Papier. Entscheidend ist,welche Konsequenzen er hat. Seit seinerVerabschiedung im Jahr 2008 wurdemehrfach fachlicher Rat bei Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen einge-holt. Ein Bodenexperte ist Mitglied inder Arbeitsgemeinschaft Boberg, in deraktuelle Maßnahmen im NSG bespro-chen werden. Mit Unterstützung derBehörde für Stadtentwicklung und Um-welt Hamburg sollen Bodenstationen indie bestehenden Info-Wege des Natur-

schutzgebiets integriert werden. Im ge-planten Haus der Natur sollen Bödenund Bodenschutz Teil des Ausstellungs-konzepts sein.

4 Zusammenfassung

Das Bundesnaturschutzgesetz regeltüber den allgemeinen Grundsatz hi-naus, dass Böden so zu erhalten sind,dass sie ihre Funktionen im Naturhaus-halt erfüllen können, Aspekte des Bo-denschutzes in der Land- und Forstwirt-schaft. Es verlangt die Darstellung derErfordernisse und Maßnahmen zumSchutz, zur Verbesserung der Qualitätund zur Regeneration von Böden in derFachplanung des Naturschutzes und re-gelt den Ausgleich bzw. Ersatz für Ein-griffe in Böden, soweit damit eine Be-einträchtigung der Leistungs- und Funk-tionsfähigkeit des Naturhaushalts oderdes Landschaftsbilds verbunden ist. InNaturschutzgebieten und Naturdenk-malen sind Böden vor Versiegelung, Ab-grabung und Überdeckung geschützt.Dort und in einigen anderen natur-schutzrechtlich besonders geschütztenGebieten kann z.B. der Schutz von Bö-den mit wertvoller ArchivfunktionSchutzzweck sein. In Landschaftsschutz-gebieten kann es Schutzzweck sein, dieBodenfunktionen großflächig zu schüt-zen, zu entwickeln oder wiederherzu-stellen.

Ziel von Maßnahmen zum Boden-schutz ist die Schonung, Förderung und ggf. Wiederherstellung natürlicherBodenfunktionen und der wirksameSchutz nicht wieder herstellbarer Ar-chivböden. In Naturschutzgebieten istdarauf zu achten, dass Maßnahmen zurBiotopentwicklung nicht auf Flächenstattfinden, deren Bodenfunktionenhoch zu bewerten sind. Voraussetzun-gen für die Umsetzung des Bodenschut-zes im Naturschutz sind hinreichendeKenntnisse über Bodeneigenschaftenund deren Bedeutung, die Berücksichti-gung des Bodenschutzes in Schutz-,Pflege- und Entwicklungsplänen vonNaturschutzgebieten sowie die Verwen-dung von Mitteln aus der Eingriffsrege-lung für Maßnahmen im Bodenschutz.Auch durch die Einbeziehung des Bo-dens in die naturschutzpädagogischeArbeit kann ein wesentlicher Beitragzum Bodenschutz geleistet werden. EinPraxisbeispiel zeigt, wie Bodenschutz inden Pflege- und Entwicklungsplan einesHamburger Naturschutzgebiets inte-griert wurde.

Summary

Beside the general principle of conser-vation of soil functions the federal na-ture conservation law also regulates as-pects of soil protection in agricultureand forestry. It is required that soil pro-tection has to be provided in landscapeplans. If impacts on soils lead to a declineof the capacity of the ecosystem orlandscape scenery, compensation accor-ding impact mitigation regulations areapplied. In nature reserves and naturalmonuments soil functions and soils itselfgenerally are well protected. In theseareas the protection goal may refer tosoils of special interest for science, na-ture or landscape history. In landscapeprotection areas soil functions may beprotected, developed or even restored.

The aim of measures of soil conser-vation is the protection, developmentand restoration of natural soil functionsand also effective protection of not res-torable soils as archives of geologicaland archaeological heritage. For the im-plementation of soil protection in na-ture conservation sufficient knowledgeof the importance of soil properties isneeded along with the consideration ofaspects of soil conservation in develop-ment plans of nature reserves and also

Miehlich/Schwank – Bodenschutz im Naturschutz

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Abb. 9: Schützenswerte Archive der Natur- und Kulturgeschichte des NSG „Boberger Niede-rung“: links Rest des Podsols, der ursprünglich die Düne bedeckt hat, rechts äolisch verlager-tes Kolluvium der 1. Rodungsphase (Bilder G. Miehlich).

the use of funds from the impact miti-gation regulations for issues of soil con-servation. An essential contribution tothe protection of soils is represented byan inclusion of environmental educa-tion. A practical example shows howconservation can be implemented in anature reserve.

Danksagung

Die Autoren danken Herrn W. Breuer(NLWKN, Hannover) für die sorgfältigeDurchsicht des Manuskripts und um-fangreiche Verbesserungsvorschläge.

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Anschrift der Verfasser:

Prof. Dr. Günter Miehlich, Institut für Bodenkunde derUniversität HamburgAllende-Platz 220146 [email protected]

Dipl.-Biol. Stephan SchwankInstitut für Bodenkunde derUniversität HamburgAllende-Platz 220146 [email protected]

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