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Arbeitspapiere der FOM Klumpp, Matthias / Marner, Torsten / Sandhaus, Gregor (Hrsg.) ild Schriftenreihe Logistikforschung Band 41 Supply Chain Risk Management in der Industrie – am Beispiel der Metall- und Elektroindustrie Bayer, Frank / Bioly, Sascha

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Page 1: Supply Chain Risk Management in der Industrie – am ... · Arbeitspapiere der FOM Die 1993 von Verbänden der Wirtschaft gegründete staatlich anerkannte gemeinnützige FOM Hochschule

Arbeitspapiere der FOM

Die 1993 von Verbänden der Wirtschaft gegründete staatlich anerkannte gemeinnützige

FOM Hochschule verfügt über 31 Studienorte in Deutschland.

Als praxisorientierte Hochschule fördert die FOM den Wissenstransfer zwischen Hochschule

und Unternehmen. Dabei sind alle wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge der FOM

auf die Bedürfnisse von Berufstätigen zugeschnitten. Die hohe Akzeptanz der FOM zeigt sich

nicht nur in der engen Zusammenarbeit mit staatlichen Hochschulen, sondern auch in zahl-

reichen Kooperationen mit regionalen mittelständischen Betrieben sowie mit internationalen

Großkonzernen. FOM-Absolventen verfügen über solide Fachkompetenzen wie auch über

herausragende soziale Kompetenzen und sind deshalb von der Wirtschaft sehr begehrt.

Weitere Informationen finden Sie unter fom.de

Das Ziel des ild Institut für Logistik- & Dienstleistungsmanagement ist der konstruktive Aus-

tausch zwischen anwendungsorientierter Forschung und Betriebspraxis. Die Wissenschaftler

des Instituts untersuchen nachhaltige und innovative Logistik- und Dienstleistungskonzepte

unterschiedlicher Bereiche, initiieren fachbezogene Managementdiskurse und sorgen zudem

für einen anwendungs- und wirtschaftsorientierten Transfer ihrer Forschungsergebnisse

in die Unternehmen. So werden die wesentlichen Erkenntnisse der verschiedenen Projekte

und Forschungen unter anderem in dieser Schriftenreihe Logistikforschung herausgegeben.

Darüber hinaus erfolgen weitergehende Veröffentlichungen bei nationalen und internationalen

Fachkonferenzen sowie in Fachpublikationen.

Weitere Informationen finden Sie unter fom-ild.de

ISSN 1866-0304

Klumpp, Matthias / Marner, Torsten / Sandhaus, Gregor (Hrsg.)

ild Schriftenreihe Logistikforschung Band 41 Supply Chain Risk Management in der Industrie – am Beispiel der Metall- und Elektroindustrie Bayer, Frank / Bioly, Sascha

Page 2: Supply Chain Risk Management in der Industrie – am ... · Arbeitspapiere der FOM Die 1993 von Verbänden der Wirtschaft gegründete staatlich anerkannte gemeinnützige FOM Hochschule

© 2014 by

MA Akademie Verlags- und Druck-Gesellschaft mbH Leimkugelstraße 6, 45141 Essen Tel. 0201 81004-351 Fax 0201 81004-610

Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergeset-zes ist ohne Zustimmung der MA Akademie Verlags- und Druck-Gesellschaft mbH unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein- speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchs-namen, Handelsnamen, Warenbe-zeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annah-me, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Marken-schutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Oft handelt es sich um gesetzlich geschützte eingetragene Waren- zeichen, auch wenn sie nicht als solche gekennzeichnet sind.

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Bayer, Frank / Bioly, Sascha

Supply Chain Risk Management in der Industrie - am Beispiel der Metall- und Elektro-

industrie

FOM Hochschule für Oekonomie & Management

ild Institut für Logistik- & Dienstleistungsmanagement

Schriftenreihe Logistikforschung

Band 41, Mai 2014

ISSN 1866-0304

Essen

Der Autor dankt Dirk Krome für Korrekturhinweise zu dieser Publikation

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie II

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................ IV

Abbildungsverzeichnis .................................................................................................. V

Tabellenverzeichnis ..................................................................................................... VI

Abstract ...................................................................................................................... VII

1 Einleitung ............................................................................................................... 1

1.1 Hintergrund und Forschungsinteresse ............................................................ 1

1.2 Zielsetzung und Aufbau .................................................................................. 3

2 Definitorische Abgrenzung ..................................................................................... 5

2.1 Risikobegriff und Risikomanagement ............................................................. 5

2.2 Supply Chain und damit verbundene Risiken ................................................. 6

2.3 Supply Chain Risk Management .................................................................... 9

3 Grundlagen des Supply Chain Risk Managements .............................................. 12

3.1 Verwundbarkeitstreiber in der Supply Chain ................................................. 12

3.2 Richtlinien für ein standardisiertes Risikomanagement ................................. 14

3.3 Idealtypischer Supply Chain Risk Management Prozess .............................. 15

4 Identifizierung von Supply Chain Risiken ............................................................. 18

4.1 Ausgewählte Methoden zur Identifikation von Supply Chain Risiken ............ 19

4.1.1 Kreativ-intuitive Techniken .......................................................................... 19

4.1.2 Analytisch-strukturierte Techniken .............................................................. 21

4.1.3 Spezielle Techniken mit Supply Chain Charakter ....................................... 22

4.2 Risikoarten in der Supply Chain ................................................................... 23

4.2.1 Systematisierung ......................................................................................... 23

4.2.2 Exogene Risiken .......................................................................................... 26

4.2.3 Endogene Risiken ....................................................................................... 28

4.2.3.1 Unternehmensübergreifende Risiken ..................................... 28

4.2.3.2 Unternehmensbezogene Risiken ............................................ 30

5 Bewertung von Supply Chain Risiken .................................................................. 32

5.1 Quantitative Methoden ................................................................................. 33

5.1.1 Value at Risk................................................................................................ 33

5.1.2 Sensitivitätsanalyse ..................................................................................... 33

5.1.3 Risikosimulation ........................................................................................... 34

5.2 Semi-Quantitative Methoden ........................................................................ 35

5.2.1 Fehler- und Ereignisbaumanalyse .............................................................. 35

5.2.2 Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse .................................................... 36

5.2.3 Scoring-Modelle ........................................................................................... 39

5.3 Qualitative Methoden ................................................................................... 40

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie III

5.3.1 Risikoklassifizierung .................................................................................... 40

5.3.2 Szenarioanalyse .......................................................................................... 42

5.3.3 Risikoportfolio .............................................................................................. 42

6 Steuerung von Supply Chain Risiken ................................................................... 45

6.1 Ursachenbezogene Steuerungsmaßnahmen ............................................... 46

6.1.1 Risikovermeidung ........................................................................................ 46

6.1.2 Risikoverminderung ..................................................................................... 47

6.2 Wirkungsbezogene Steuerungsmaßnahmen ................................................ 50

6.2.1 Risikobegrenzung / Risikoübertragung ....................................................... 50

6.2.2 Risikoteilung ................................................................................................ 52

6.2.3 Selbsttragung des Risikos ........................................................................... 53

7 Supply Chain Risiken am Beispiel der Metall- und Elektroindustrie ...................... 55

7.1 Vorstellung des betrachteten Unternehmens ................................................ 55

7.2 Aluminiumbänder und damit verbundene SC Risiken ................................... 56

7.2.1 Betrachtungsgegenstand ............................................................................ 56

7.2.2 Methodische Vorgehensweise .................................................................... 57

7.2.3 Ergebnisse aus der Know-how Träger Befragung ...................................... 57

7.2.4 Gewonnene Erkenntnisse und mögliche Steuerungsmaßnahmen ............ 61

8 Fazit ..................................................................................................................... 64

Anhang und Anlagen .................................................................................................. 66

Literaturverzeichnis ..................................................................................................... 71

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie IV

Abkürzungsverzeichnis

ABWL ........ Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Al ............... Aluminium

B2B ............ Business to Business

BCP ........... Business Continuity Plan

COSO ........ Committee of Sponsoring Organizations of the Treadway Commission

DDP ........... Delivered Duty Paid

EN ............. Europäische Norm

ERP ........... Enterprise Resource Planning

ETA ........... Event Tree Analysis

FIFO .......... First In, First Out

FMEA ........ Failure Mode Effect Analysis

FTA ............ Fault Tree Analysis

HP ............. Hewlett Packard

Incoterms ... International Commercial Terms

KMU .......... Kleine und mittlere Unternehmen

KonTraG .... Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich

KPI ............. Key Performance Indicator

LCP ........... Lean, Clark and Peacock

QM ............. Qualitätsmanagement

RFID .......... Radio-frequency identification

RPZ ........... Risikoprioritätszahl

RWE .......... Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk

SAP ........... Systeme Anwendungen Produkte

SC ............. Supply Chain

SCM .......... Supply Chain Management

SCRLC ...... Supply Chain Risk Leadership Council

SCRM ........ Supply Chain Risk Management

SCRMP ..... Supply Chain Risk Management Process

TQM .......... Total Quality Management

unt. bez. ..... unternehmensbezogene

VaR ........... Value at Risk

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie V

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: SCRM als Schnittstelle von SCM und Risikomanagement ....................... 9

Abbildung 2: SCRM Prozess von Interos .................................................................... 17

Abbildung 3: Kategorisierung von Supply Chain Risiken nach Entstehungsorten ....... 26

Abbildung 4: Beispiel für ein Risikoportfolio mit einer 6 x 6 Matrix ............................... 43

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie VI

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Beispiel für ein FMEA Formular .................................................................. 38

Tabelle 2: Risikoklassifizierung nach Tummala und Schoenherr ................................. 41

Tabelle 3: TOP 15 Supply Chain Risiken für beschichtete Al-Bänder .......................... 60

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie VII

Abstract

Today industrial enterprises are confronted with an increasing trend to focus on their

core capabilities. By outsourcing certain activities to logistics providers or suppliers a

company has the possibility to create a lean organization and decrease fixed costs. As

a result supply chains gain complexity and the dependency on third parties rises which

bears new risks for the functionality of the value network. While in the past only risks

connected to internal processes were analyzed a contemporary approach is pursuing

the theory that risks can move along supply chains and influence the operations of mul-

tiple supply chain partners. Because of that Supply Chain Risk Management was intro-

duced as a new academic discipline that deals with the identification, evaluation and

mitigation of such risk factors. The present working paper explains the theoretical back-

ground of Supply Chain Risk Management and transfers the findings to a company be-

longing.

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie 1

1 Einleitung

1.1 Hintergrund und Forschungsinteresse

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Analyse des Forschungsfeldes Supply

Chain Risk Management, um das Verständnis für den eigenen Umgang mit Risiken

innerhalb eines Wertschöpfungsnetzwerks zu schärfen und gewonnene Erkenntnisse

später in der Praxis nutzen zu können (Verständnisinteresse). Konkret wird der Supply

Chain Risk Management Prozess thematisiert, mit dessen Hilfe potenzielle Risikofakto-

ren innerhalb einer Wertschöpfungskette aufgedeckt, kategorisiert und bewertet wer-

den können, um im Anschluss Steuerungsmaßnahmen abzuleiten. Die Notwendigkeit

und Relevanz von SCRM im Wirtschaftsumfeld ist aus verschiedenen Gründen gege-

ben:

In der heutigen Zeit sind Lieferketten zunehmend komplexer strukturiert. Bedingt durch

den Trend zur Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen mittels Outsourcing

ganzer Unternehmensbereiche, wird die Leistungstiefe kontinuierlich reduziert, wäh-

rend die Bedeutung der Zulieferer wächst. Daraus resultiert eine immer feinere Auftei-

lung der Wertschöpfung auf mehrere unterschiedlich ausgerichtete Unternehmen.1 Als

Gründe für diese Entwicklung lassen sich insbesondere die Entwicklungen in Politik

und Weltwirtschaft seit Beginn der 80er Jahre anführen. Dazu zählen unter anderem

die Globalisierung, die Verkürzung der Produktionszyklen, die Implementierung von

Just-in-time Konzepten, aber auch die Fokussierung auf die Maximierung des Share-

holder Value börsennotierter Unternehmen inklusive der daraus entstandenen be-

triebswirtschaftlichen Konsequenzen, wie zum Beispiel der Reduzierung von Anlage-

vermögen. Um diesen Umständen gerecht zu werden, sehen sich Unternehmen in der

Pflicht die eigene Lieferkette stetig zu analysieren und nach Optimierungspotenzial zu

suchen. Das Resultat ist ein hochkomplexes Wertschöpfungssystem in dem jeder Lie-

ferant eigene Unterlieferanten unterhält, die auch ihrerseits einen individuellen Liefe-

rantenstamm führen. Des Weiteren treibt die Übernahme von Transport-, Umschlag-

und Lagerprozessen durch entsprechend spezialisierte Dienstleister die Verzahnung

und Verschachtelung der Lieferkette voran.2 Die angesprochene Entwicklung lässt sich

am Beispiel der Automobilindustrie verdeutlichen: Im Rahmen einer Studie des Lehr-

stuhls für ABWL und Logistik der Universität Marburg zur Analyse der Hersteller-

Zulieferer-Beziehung im Automobilsektor wurden die Einkaufs- und Logistikleiter von

28 der 38 weltweit existierenden Produktionsstätten für Oberklassefahrzeuge der Kon-

1 Vgl. Gausmann, O. (2008), S. 1. 2 Vgl. Siebrandt, M. (2010), S. 6.

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie 2

zerne BMW (inklusive der Marken BMW und Mini), Daimler-Chrysler (inklusive Merce-

des-Benz und Smart), sowie Volkswagen (inklusive VW, Skoda, Bentley, Audi, Seat

und Lamborghini) hinsichtlich der eigenen Fertigungstiefe im Zeitablauf befragt.3 In den

Jahren 1998 bis 2003 reduzierte sich die Fertigungstiefe bei den aufgeführten Herstel-

lern von 30,95 % auf 30,69 %. 2008 konnte eine weitere Abnahme auf 29,66 % festge-

stellt werden. Laut Expertenmeinung wird sich die Fertigungstiefe in diesem Segment

auf mittlere Sicht im Bereich zwischen 25 % und 30 % bewegen. Insgesamt 76,92 %

und damit eine deutliche Mehrheit der untersuchten Werke wies 2003 (verglichen mit

1998) eine niedrigere oder konstante Fertigungstiefe auf.4 Auch die Zahlen des Ver-

bands der Automobilindustrie verdeutlichen den Trend, zumal das Verhältnis der eige-

nen Produktionsleistung an der insgesamt erforderlichen Wertschöpfung der gesamten

Branche Anfang der 1980er Jahre noch zwischen 35 % und 40 % lag, vor der Jahrtau-

sendwende jedoch erstmals auf einen Wert unterhalb von 25 % sank.5 Die daraus re-

sultierende Zunahme der Abhängigkeit von Vorlieferanten, aber auch die Verstärkung

der Internationalisierung des Wertschöpfungsnetzwerks, der Abbau von Sicherheitsbe-

ständen zur Reduktion des Working Capitals oder auch zunehmende Outsourcingakti-

vitäten der Unternehmen bedingen eine steigende Anfälligkeit gegenüber Risiken in-

nerhalb des Wertschöpfungsnetzwerks. Während früher die Risikobetrachtung den

Fokus auf unternehmensinterne Prozesse legte, wurde in den letzten Jahren die Er-

kenntnis gewonnen, dass sich Risiken entlang einer Supply Chain durch eine Ketten-

reaktion fortsetzen und Einfluss auf die Geschäftstätigkeit mehrerer Supply Chain

Partner haben können. Als Antwort auf diesen Lernprozess entwickelte sich in den

vergangenen Jahren das Supply Chain Risk Management als eigene Forschungsdiszi-

plin und vereinigt Elemente des Supply Chain Management mit Elementen des Risi-

komanagement.6 Als Ursache für die jüngste Diskussion über SCRM und zur Verdeut-

lichung von dessen Relevanz können Ereignisse, wie die Erdbeben- und Tsunamika-

tastrophe in Japan Anfang 2011 angeführt werden. Speziell die Produktion von Elek-

tronikteilen für die Automobilindustrie war in diesem Zusammenhang betroffen. So

meldete Opel in Deutschland vorübergehend einen Produktionsstopp, da Hitachi

Automotive Systems, ein Lieferant für Sensoren zur Luftstrommessung, aufgrund eines

Bandstillstands nicht liefern konnte.7

3 uni-marburg.de (2012), 10. Jan. 2012. 4 Vgl. Göpfert, I. (2009), S. 135. 5 Vgl. Klug, F. (2010), S. 44. 6 Vgl. Böger, M. (2010), S. 1. 7 marktundmittelstand.de (2012), 10. Jan. 2012.

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie 3

In zahlreichen deutschen Unternehmen wird SCRM jedoch noch nicht praktiziert. So

befragte die Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers im Rahmen der Studie

Krise. Risiko. Management circa 500 Unternehmen aus verschiedenen Branchen, wie

der Automobil- und Pharmaindustrie, hinsichtlich der Entwicklung des eigenen Risiko-

managements ein Jahr nach Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise. Zwar gaben

60 % der Betriebe an eine Anpassung der Strategie zu planen oder diese bereits um-

gesetzt zu haben, allerdings konnte lediglich ein Drittel der Unternehmen außerhalb

der Finanzbranche überhaupt eine dokumentierte Risikostrategie vorweisen. Weiterhin

zeigte eine Umfrage der Fachzeitschrift Logistik Heute, dass von 200 Supply Chain

Verantwortlichen nur 22,8 % nach eigener Aussage einen ausreichenden Informations-

stand über die vorhandenen Supply Chain Risiken haben. Nur 7 % der Befragten ga-

ben vor die Risiken exakt, mit einem Anteil zwischen 90 % und 100 %, zu kennen.8

Die vorliegende Arbeit thematisiert die Grundlagen des SCRM und stellt den klassi-

schen Ablauf des Supply Chain Risk Management Prozesses dar. Die Analyse zeigt,

wie Supply Chain Risiken identifiziert und kategorisiert werden, wie eine Risikobewer-

tung aussieht und welche Möglichkeiten für eine effiziente Risikosteuerung existieren.

Am Praxisbeispiel eines Unternehmens der Metall- und Elektroindustrie werden poten-

tielle Supply Chain Risiken für beschichtete Aluminiumbänder identifiziert und analy-

siert. Dazu werden die im theoretischen Teil der Arbeit gewonnenen Erkenntnisse he-

rangezogen und angewendet.

1.2 Zielsetzung und Aufbau

Ziel der Arbeit ist, die theoretischen Grundlagen von SCRM darzustellen. Neben der

definitorischen Abgrenzung des Supply Chain- und Risikobegriffs werden auch die

unterschiedlichen Ausprägungen von SCRM genauer erläutert (Kapitel 2). Basisinfor-

mationen über SCRM, wie zum Beispiel potenzielle Verwundbarkeitstreiber von Supply

Chains oder vorhandene Richtlinien und Regelwerke werden in Kapitel 3 thematisiert.

In diesem Zusammenhang wird auch der idealtypische Supply Chain Risk Manage-

ment Prozess dargestellt, wie er in der Literatur vorzufinden ist. Dieser Punkt bildet

auch gleichzeitig die Grundlage für die folgenden Kapitel 4 bis 6. Hier erfolgt eine de-

taillierte Analyse der einzelnen Phasen des SCRM Prozesses, bestehend aus der

Identifikation von Supply Chain Risiken (Kapitel 4), deren Bewertung (Kapitel 5) und

deren Steuerung (Kapitel 6). Anhand der ausgearbeiteten Grundlagen erfolgt in Kapitel

7 ein Praxistransfer auf einen Betrieb der metallverarbeitenden Industrie. Konkret wer-

8 Vgl. Kiewitt, A. (2010), S. 50.

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie 4

den für die Materialart der beschichteten Aluminiumbänder typische Supply Chain Risi-

ken ermittelt und im Hinblick auf Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkung auf das

Unternehmen analysiert. Zu diesem Zweck werden ausgewählte Mitarbeiter aus ent-

sprechenden Funktionsbereichen mittels standardisiertem Fragebogen befragt. Durch

Erstellung einer Risikomatrix werden die gewonnenen Erkenntnisse zur Einschätzung

der Supply Chain Risiken für das untersuchte Material visualisiert. Davon ausgehend

werden Handlungsempfehlungen und Steuerungsmaßnahmen für relevante Risikoposi-

tionen abgeleitet beziehungsweise auf bereits existierende Maßnahmen zur Reduzie-

rung von Supply Chain Risiken innerhalb des Unternehmens verwiesen.

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie 5

2 Definitorische Abgrenzung

2.1 Risikobegriff und Risikomanagement

Die Auseinandersetzung mit Risiken ist als zentrale Aufgabe im Rahmen der unter-

nehmerischen Geschäftstätigkeit anzusehen. Häufig erfolgt im umgangssprachlichen

Gebrauch eine Gleichsetzung mit dem Begriff Gefahr. Im weiteren Sinne kann ein Risi-

ko, jedoch auch als Chance eingestuft werden.9 Festzuhalten ist, dass für den Risiko-

begriff zahlreiche verschiedene Definitionen existieren. Von einer Risikosituation kann

dann gesprochen werden, wenn vor dem Treffen einer Entscheidung subjektive oder

objektive Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten einer bestimmten Sachlage vorhan-

den sind. Im Gegensatz dazu ist von Unsicherheit die Rede, sofern keine Anhaltspunk-

te in Form von konkreten Erwartungen oder Wahrscheinlichkeiten vorliegen.10 Häufig

wird zwischen zwei Interpretationen des Risikobegriffs unterschieden, wobei diese eng

miteinander verbunden sind: Die ursachenbezogene Betrachtungsweise stellt den

Grund des Risikos und damit die Unvollkommenheit von Informationen im Rahmen

unternehmerischer Entscheidungen in den Vordergrund. Dagegen beschäftigt sich die

wirkungsbezogene Sichtweise mit der potenziellen Konsequenz eines Risikos, die eine

Abweichung vom ursprünglichen Ziel darstellt. Kombiniert man beide Interpretationen,

so lassen sich Risiken als zukünftige Entwicklungen und Geschehnisse verstehen, die

aufgrund von unvollständigen Informationen die Verfehlung von Zielen nach sich zie-

hen können.11 Da Risiken häufig neutral als Abweichungen von einem erwarteten Er-

gebnis definiert werden, sind nicht nur negative, sondern auch positive Veränderungen

der Ausgangssituation von der Interpretation eingeschlossen, auch wenn Entschei-

dungsträger Risiken oftmals nur mit einer negativen Ausprägung in Verbindung brin-

gen.12 Der enge Zusammenhang zwischen ursachen- und wirkungsbezogener Ebene

kann auch anhand der mathematischen Interpretation des Risikobegriffs festgestellt

werden, welche eine Intensitäts- und eine Quantitätsdimension umfasst. Dabei stellt

die Intensitätsseite die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Verlustes dar (Ursachenbezo-

genheit), während die Quantitätsseite sich mit Art und Höhe des Verlustes auseinan-

dersetzt (Wirkungsbezogenheit). Demnach basiert die Messung eines Risikos auf des-

sen Eintrittswahrscheinlichkeit und der Zielabweichung und wird durch Multiplikation

der beiden Komponenten konkretisiert.13

9 Vgl. Rehner, J., Neumair, S.-M. (2009), S. 27. 10 Vgl. Wels, A. (2008), S. 7. 11 Vgl. Kajüter, P. (2007), S. 13. 12 Vgl. Wels, A. (2008), S. 7. 13 Vgl. Meierbeck, R. (2010), S. 18.

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie 6

Unter Risikomanagement versteht man die Identifikation, Bewertung, Steuerung und

Kontrolle von Risiken, sowie die dazugehörige Kommunikation. Leitfaden für die ge-

nannten Aufgaben ist eine Risikostrategie, welche allgemeine Vorschriften zur Ausei-

nandersetzung mit Risiken innerhalb des Unternehmens enthält. Damit Risikoma-

nagement erfolgreich praktiziert werden kann, muss es dauerhaft in die existierenden

Planungs- und Kontrollprozesse integriert sein.14 Die Risikostrategie, welche die Basis

für alle Risikomanagementaktivitäten bildet, wird aus der Unternehmensstrategie und

den allgemeinen Unternehmenszielen abgeleitet. Eine Unterscheidung kann zwischen

Risikomanagement im engeren Sinn (spezielles Risikomanagement) und Risikoma-

nagement im weiteren Sinn (generelles Risikomanagement) getroffen werden. Dabei

wurde die erste Sichtweise insbesondere Mitte des 20. Jahrhunderts in den USA ge-

prägt und beschäftigt sich mit dem Management von versicherbaren Risiken, wie zum

Beispiel Diebstahl oder Bränden. Ziel des speziellen Risikomanagements ist die Opti-

mierung der Versicherungsleistungen und der in diesem Zusammenhang anfallenden

Prämien. Diese Aufgabe wurde in vielen Unternehmen von entsprechend ausgerichte-

ten Abteilungen oder einzelnen Risk Managern übernommen. Im Gegensatz dazu ver-

steht man unter Risikomanagement im weiteren Sinne die Einbeziehung von Risiko-

überlegungen in die Unternehmensführung. Dabei werden nicht einzelne Risiken in

den Vordergrund gestellt, sondern es werden verschiedene Risiken aus allen Funk-

tionsbereichen des Unternehmens analysiert.15

Zu den zentralen Aufgaben des Risikomanagements zählen die Etablierung eines Risi-

kobewusstseins bzw. einer Risikokultur innerhalb der Unternehmensorganisation, die

Überwachung von Risiken und Prozessen, sowie der Risikomanagement Prozess,

welcher sich mit Identifikation, Beurteilung und Steuerung der Risiken beschäftigt.16

Aufgrund des ständigen Wandels der Umweltbedingungen besteht die Notwendigkeit,

dass auch das Risikomanagementsystem kontinuierlich weiterentwickelt wird. Die Be-

herrschbarkeit von gegenwärtigen, aber auch zukünftigen Risiken muss gewährleistet

sein. Dies ist nur möglich, wenn im Unternehmen Maßnahmen und Richtlinien vorhan-

den sind, aus denen hervorgeht, wie identifizierte Risiken zu behandeln sind.17

2.2 Supply Chain und damit verbundene Risiken

Die Schwierigkeit bei der Definition des Begriffs Supply Chain besteht darin, dass zahl-

reiche verschiedene Erklärungsansätze existieren, die sich zwar nicht gegenseitig aus-

14 Vgl. Kajüter, P. (2007), S. 15. 15 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 13-14. 16 Vgl. Gladen, W. (2011), S. 308. 17 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 14.

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie 7

schließen, aber jeweils unterschiedliche Perspektiven einnehmen. Eine allgemeine

Definition stammt von Martin Christopher, Professor für Marketing und Logistik an der

Cranfield School of Management,18 und beschreibt Supply Chains als Netzwerk von

Organisationen, die an den verschiedenen Wertschöpfungsprozessen zur Erstellung

von Produkten und Dienstleistungen im Sinne des Endkunden beteiligt sind und strom-

auf- (über Beschaffungskanäle) beziehungsweise stromabwärts (über Absatzkanäle)

miteinander interagieren. Aktuelle Studien empfehlen aufgrund der zunehmenden Be-

deutung von Kommunikations- und Informationstechnologie neben Materialflüssen

auch Informations- und Finanzflüsse mit in die Supply Chain Definition aufzunehmen.19

Das Supply Chain Council, eine international operierende Nonprofit-Organisation, die

sich mit der Entwicklung von Industrienormen und Empfehlungen zur Verbesserung

der Lieferketteneffizienz in der Praxis beschäftigt,20 definiert den Begriff Supply Chain

in leicht unterschiedlicher Weise wie folgt: Die Supply Chain umfasst sämtliche Leis-

tungen, die im Zusammenhang mit der Erstellung und Lieferung eines fertigen Pro-

dukts oder einer Dienstleistung anfallen, und zwar vom Vorlieferanten des Lieferanten

bis zum Kunden des Kunden.21 Die mit den Waren-, Informations- und Geldflüssen

verbundene prozessorientierte Planung und Steuerung entlang der Wertschöpfungs-

kette wird als Supply Chain Management bezeichnet. Damit verbunden sind Ziele, wie

die Reduzierung von Lagerbeständen auf allen Stufen der Wertschöpfungskette, die

Fokussierung auf den Kunden, die Realisierung einer bedarfsgerechten und anpas-

sungsfähigen Fertigung, sowie die Abstimmung von Bedarfs- und Versorgungssitua-

tion.22

SCM ist eine komplexe Disziplin, die von einer Vielzahl verschiedener Risiken begleitet

wird. Diese reichen von marginalen Verzögerungen bis zur vollkommenen Zerstörung

der Lieferkette. Selbst geringfügige Probleme eines einzelnen Mitglieds der Lieferkette

können erhebliche Konsequenzen für alle anderen Beteiligten nach sich ziehen. Auch

wenn ein Risiko von den verschiedenen Mitgliedern einer Supply Chain als irrelevant

erachtet wird, kann sich der kumulative Effekt über die Vielzahl an Stationen der Lie-

ferkette deutlich bemerkbar machen.23 Für den Begriff des Supply Chain Risikos exis-

tieren wenige konkrete Definitionen. Einem Erklärungsansatz der Autoren Jüttner, Peck

und Christopher zufolge fallen unter den Terminus sämtliche Risiken mit Bezug auf den

Materialfluss vom Originalteilezulieferer bis hin zur Auslieferung des Endprodukts an

18 martin-christopher.info (2012), 23. Apr. 2012. 19 Vgl. Brindley, C., Ritchie, B. (2004), S. 5. 20 Vgl. Hoffmann, A. (2006), S. 133. 21 Vgl. Ziegenbein, A. (2007), S. 8. 22 Vgl. Kuhn, A., Hellingrath, H. (2002), S. 10. 23 Vgl. Waters, D. (2007), S. 49.

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie 8

den Endkunden. Supply Chain Risiken verkörpern laut dieser Sichtweise die Möglich-

keit des Eintritts von Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage und deren Aus-

wirkungen. Deren Quelle wird in umweltbedingten, organisatorischen und lieferketten-

bezogenen Variablen gesehen, die nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden können

und einen Einfluss auf die Ergebnisvariable der Supply Chain haben. Als mögliche Er-

gebnisvariablen und somit Risikokonsequenzen kommen zum Beispiel anfallende Kos-

ten oder Beeinträchtigungen der Produktqualität in Frage.24 Norrman und Lindroth ver-

binden Supply Chain Risiken mit den Logistikaktivitäten, die im Zusammenhang mit

dem Material- und Informationsfluss eines Unternehmens anfallen. Somit sind Supply

Chain Risiken nur als Teilmenge der existierenden Unternehmensrisiken anzusehen.

Die Autoren betonen in ihrem Erklärungsansatz, dass sich die Betrachtung von Supply

Chain Risiken nicht auf das eigene Unternehmen erstreckt, sondern auch auf den

Kunden, die Lieferanten und deren Vorlieferanten.25 Beide Definitionen haben gemein,

dass sie die unternehmensübergreifende Perspektive von Supply Chain Risiken beto-

nen und diese explizit auf den Wertschöpfungsprozess in Form von Material- und In-

formationsfluss beziehen. Eine klare Abgrenzung muss zum Begriff des Beschaffungs-

risikos erfolgen, dass lediglich Risiken im Hinblick auf die Einkaufsaktivitäten eines

Unternehmens betrachtet und nicht die Gesamtheit der Lieferkette thematisiert.26 Sup-

ply Chain Risiken lassen sich zum einen in ihre Ursache und zum anderen in ihre Aus-

wirkung untergliedern: Abhängig davon, ob die Risikoursache innerhalb des Unter-

nehmens selbst oder in dessen Umwelt identifiziert wird, unterscheidet man traditionell

zwischen innerbetrieblichen oder systeminhärenten (endogenen) und außerbetriebli-

chen (exogenen) Risiken.27 Negative Folgen, die aus Störungen der Supply Chain re-

sultieren, bezeichnet man als Risikowirkungen. Diese machen sich durch Abweichun-

gen bei der Verfolgung von SCM Zielen wie Qualität, Lieferzuverlässigkeit, Flexibilität

und Kosten bemerkbar. Eine zusammenfassende Definition für Supply Chain Risiken

unter Berücksichtigung der aufgeführten Aspekte liefert Ziegenbein: „Supply Chain

Risiken sind potenzielle Störungen in der unternehmensübergreifenden Logistik (her-

vorgerufen durch systeminhärente oder externe Ursachen), die eine negative Abwei-

chung von den Zielen des Logistiknetzwerks zur Folge haben.“28

24 Vgl. Ziegenbein, A. (2007), S. 22. 25 Vgl. Norrman, A., Lindroth, R. (2004), S. 20. 26 Vgl. Ziegenbein, A. (2007), S. 22. 27 Vgl. Götze, U., Mikus, B. (2007), S. 35. 28 Ziegenbein, A. (2007), S. 22.

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2.3 Supply Chain Risk Management

Supply Chain Risk Management erweist sich als ein eher junges Forschungsfeld. So

wurden im Rahmen einer Studie insgesamt 80 wissenschaftliche Artikel aus Fachzeit-

schriften zum Thema SCRM ausgewertet, wobei festgestellt werden konnte, dass die

ältesten beiden Artikel auf die Jahre 1983 und 1987 datiert waren. Alle anderen unter-

suchten Texte entstammten dem Zeitraum 1995 bis 2003, wobei eine signifikante Zu-

nahme der Anzahl an Fachpublikationen pro Jahr erst ab 1999 festgestellt werden

konnte. Weiterhin fällt auf, dass SCRM eine stark von britischen und amerikanischen

Autoren geprägte Forschungsdisziplin ist. So lagen den 80 untersuchten Fachartikeln

insgesamt 150 Beiträge aus verschiedenen Ländern zugrunde, wobei circa 63 % der

Beiträge aus den USA oder Großbritannien stammten.29

Im Grundsatz versteht sich SCRM als proaktiver Ansatz für das Management von Risi-

ken mit Bezug auf die Lieferkette, um das Potenzial von unerwünschten Konsequen-

zen vorausschauend zu minimieren.30 Es kann als Schnittstelle der beiden Disziplinen

Risikomanagement und Supply Chain Management verstanden werden.31

Abbildung 1: SCRM als Schnittstelle von SCM und Risikomanagement

Quelle: In Anlehnung an: Paulsson, U. (2004), S. 80.

Generell existieren nur wenige klare Definitionen des Begriffs Supply Chain Risk Ma-

nagement. Ein Ansatz von Martin Christopher sieht in SCRM das Management von

29 Vgl. Paulsson, U. (2004), S. 81 – 87. 30 Vgl. Ritchie, B., Brindley, C. (2009), S. 16. 31 Vgl. Paulsson, U. (2004), S. 80.

Supply ChainManagement

Risiko-managementSCRM

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externen und Supply Chain Risiken mittels eines koordinierten Ansatzes zwischen den

Beteiligten der Supply Chain, um die Verletzlichkeit der Supply Chain als Ganzes zu

reduzieren. Norrman und Lindroth verstehen unter SCRM die gemeinschaftliche An-

wendung von Risikomanagementpraktiken von allen Mitgliedern der Supply Chain, um

Risiken und Ungewissheiten zu begegnen, die durch Aktivitäten oder Ressourcen aus

dem Logistikbereich verursacht werden oder einen Einfluss auf diese haben.32 Pauls-

son erweitert diesen Erklärungsansatz um den Aspekt, dass von SCRM auch dann

gesprochen wird, sofern bereits ein einziges Unternehmen oder ein Mitglied der Supply

Chain entsprechendes Risikomanagement mit Bezug auf die Lieferkette betreibt.

SCRM kann also auch in Eigenregie betrieben werden und ist nicht abhängig von der

Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen.33

Abhängig von der Betrachtungsebene lassen sich verschiedene Typen des Risikoma-

nagements in der Supply Chain unterscheiden. So können Supply Chain Risiken zum

einen auf der Ebene eines einzelnen Unternehmens auftreten und zum anderen im

unternehmensübergreifenden Kontext.34 Im ersten Fall spricht man von Risikoma-

nagement mit Supply Chain Orientierung, im zweiten Fall lässt sich eine erneute Diffe-

renzierung in dyadisches35 und netzwerkweites SCRM vornehmen.

Risikomanagement mit Supply Chain Orientierung ist Bestandteil der allgemeinen Risi-

komanagementaktivitäten eines Unternehmens. Im Fokus stehen zwar auch Supply

Chain relevante Risiken, jedoch nur bezogen auf ein einzelnes Unternehmen, was da-

zu führt, dass die Kooperationsintensität mit anderen Partnern als gering anzusehen

ist. Weder erfolgt ein Austausch über Risikoinformationen mit den Supply Chain Part-

nern, noch spielen gemeinsame Ziele und Planungsprozesse eine Rolle. Das dyadi-

sche SCRM ist dagegen ein kooperativer Ansatz bei denen eine Zusammenarbeit mit

einzelnen vor- und nachgelagerten Mitgliedern der Supply Chain erfolgt. Dennoch ste-

hen in erster Linie die Risikokonsequenzen für das eigene Unternehmen im Vorder-

grund. Es erfolgt ein Informationsaustausch zwischen den Partnern, was ein Indiz für

eine von Vertrauen geprägte Beziehungsebene ist. Das dyadische SCRM hat geringe

Praxisrelevanz, da Unternehmen in den meisten Fällen nur einseitige Vorschriften ver-

wenden, um ihren Lieferanten aufzuzeigen welche Kriterien deren Risikomanagement

erfüllen muss, damit eine Zusammenarbeit stattfinden kann. Netzwerkweites SCRM ist

nicht auf einzelne Beziehungen zu Mitgliedern der Supply Chain beschränkt, sondern

fokussiert die gesamte Lieferkette. Es erfolgt eine Kooperation sämtlicher Unterneh-

32 Vgl. Norrman, A., Lindroth, R. (2004), S. 14. 33 Vgl. Paulsson, U. (2004), S. 80. 34 Vgl. Steven, M., Pollmeier, I. (2007), S. 275. 35 Dyadisch: Paarweise, sich auf ein Paar beziehend.

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men, die an der Wertschöpfungskette beteiligt sind. Da ein regelmäßiger Transfer von

Informationen und die Verfolgung einer gemeinsamen Zielsetzung notwendig sind, um

den Erfolg dieses Ansatzes zu gewährleisten, macht es Sinn ein unternehmensüber-

greifendes Gremium, bestehend aus Delegierten aller Supply Chain Unternehmen zu

bilden, um die Koordination der Vorgehensweise zu vereinfachen. Die Entscheidung

für einen der drei aufgeführten Ansätze richtet sich nach der Kooperationsintensität der

Partner und dem Stellenwert des eigenen Unternehmens in der Supply Chain.36

36 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 28 – 29.

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3 Grundlagen des Supply Chain Risk Managements

3.1 Verwundbarkeitstreiber in der Supply Chain

Die negativen Konsequenzen, mit denen ein Unternehmen im Zuge eines eintreffenden

Supply Chain Risikos konfrontiert wird, hängen zum einen von den Merkmalen des

Risikoereignisses und zum anderen vom Design der Supply Chain ab. Beide Parame-

ter haben einen wesentlichen Einfluss auf die sogenannte Verwundbarkeit der Wert-

schöpfungskette.37 Dieses Phänomen wird von Christopher und Peck als „exposure to

serious disturbance, arising from risks within the supply chain as well as risks external

to the supply chain“38 beschrieben und setzt Verwundbarkeit mit der Gefährdung einer

Supply Chain gegenüber ernsthaften Störungen gleich. Svensson unterscheidet da-

gegen zwischen atomistischer Verwundbarkeit (atomistic vulnerability), die sich auf

einen Teil der Supply Chain beschränkt und ganzheitlicher Verwundbarkeit (holistic

vulnerability), die für das Gesamtkonstrukt der Supply Chain gilt.39

Das folgende Beispiel verdeutlicht die Verwundbarkeit von Supply Chains in der Praxis:

Bedingt durch ein Unwetter im März 2000 wurde ein Brand in der Fabrik des Chip Her-

stellers Philips am Standort Albuquerque (New Mexico) ausgelöst. Zwar wurde das

Feuer innerhalb kurzer Zeit durch die automatische Sprinkleranlage gelöscht, dennoch

wurden tausende Chips aus der laufenden Fertigung zerstört. Neben massiven Was-

serschäden durch die Sprinkleranlage wurden außerdem Millionen von Chips aus dem

Lagerbestand mit Rauchpartikeln verunreinigt. Die schwedische Firma Ericsson, die

bereits seit Jahren an der Steigerung der Effizienz ihrer Supply Chain gearbeitet hatte,

setzte zur damaligen Zeit massiv auf Single Sourcing, als Schlüsselelement der Be-

schaffungsstrategie. Daher war der Philips Standort in Albuquerque alleiniger Lieferant

für verschiedene RFID Chips. Aufgrund von Andeutungen seitens Philips, dass die

Produktionskapazität innerhalb weniger Wochen wieder auf das normale Level zurück-

gebracht werden könnte, wurden von Ericsson keine weiteren Maßnahmen eingeleitet.

In der Folge stellte sich heraus, dass Philips die Produktion für drei Wochen komplett

schließen musste und sechs Monate benötigte, um den Ausstoß auf die Hälfte des

ursprünglichen Levels zurückzubringen. Mangels alternativer Beschaffungsquellen

fehlten bei einer boomenden Verkaufsphase im Mobiltelefonsektor Millionen von Chips,

was bei Ericsson zu Verlusten von mehr als 400 Millionen US $ führte. Nach Bekannt-

machung dieser Zahl fiel der Aktienwert des Unternehmens innerhalb weniger Stunden

37 Vgl. Wagner, S., Bode, C. (2007), S. 66. 38 Christopher, M. (2005), S. 234. 39 Vgl. Wagner, S., Bode, C. (2009), S. 278.

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um 14 %. Das Konkurrenzunternehmen Nokia, welches ebenfalls Chips über Philips in

New Mexico bezog, reagierte auf die Ereignisse wesentlich schneller. Aufgrund von

negativen Erfahrungen mit Supply Chain Unterbrechungen in den 1990 er Jahren,

wurde als Konsequenz ein Supply Chain Troubleshooter ernannt, der sich intensiv mit

Supply Chain Risiken beschäftigte und sich speziell mit der Vermeidung von Single

Sourcing Situationen auseinandersetzte. So wurde bereits wenige Stunden nach Be-

kanntwerden des Brandes ein Spezialistenteam gebildet, dass Druck auf Philips aus-

übte, mit dem Ziel die Produktion der eigens benötigten Chips an andere Standorte

auszulagern. Auch wurde ein Redesign verschiedener Chips durchgeführt, so dass

andere Hersteller in der Lage waren, die Komponenten für Nokia herzustellen. Dies

resultierte darin, dass Nokia im Vergleich zu Ericsson kaum spürbar durch den Brand

in Albuquerque betroffen war.40

Die Verwundbarkeit einer Supply Chain hängt von zahlreichen Faktoren ab. In der Ver-

gangenheit waren Unternehmen verstärkt gezwungen ihre Geschäftsmodelle anzupas-

sen, um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Supply Chain aufrecht zu erhalten. Um die

Kundenbedürfnisse erfüllen zu können, musste eine immer breitere Produkt- und Va-

riantenvielfalt angeboten werden, was die Komplexität in der Produktion und damit die

Verletzlichkeit der Supply Chain erhöhte. Weiterhin können sich Unternehmen nicht

mehr nur auf lokale Märkte beschränken, sondern müssen sowohl absatz- als auch

beschaffungsseitig auf globaler Ebene operieren, wodurch die Wege innerhalb der

Supply Chain länger und intransparenter werden.41 Einen größeren Koordinationsauf-

wand und Probleme aufgrund von kulturellen Differenzen bringt auch der Trend zur

Verlagerung der Produktion in Niedriglohnländer mit sich, der hauptsächlich dem zu-

nehmenden Kostendruck geschuldet ist. Auch betriebswirtschaftliche Ansätze, wie die

Etablierung einer schlanken Produktion (Lean Management) oder von Just-in-time

Konzepten, die das Ziel haben Verschwendungen innerhalb der Supply Chain zu ver-

meiden, gehen mit der Eliminierung von Zeit-, Kapazitäts- und Lagerpuffern einher, die

vorher als Polster bei Lieferkettenunterbrechungen dienten. Weitere potenzielle Ver-

wundbarkeitstreiber sind eine geringere Wertschöpfungstiefe als Folge zunehmender

Outsourcingaktivitäten und der Konzentration auf die Kernkompetenzen, die Zentrali-

sierung von Produktions- und Distributionsstandorten, die Verkürzung der Produktle-

benszyklen, bedingt durch den technologischen Fortschritt, sowie die zunehmende IT

Unterstützung von Material-, Finanz- und Informationsströmen.42

40 Vgl. Waters, D. (2007), S. 2 – 4. 41 Vgl. Thun, J.-H., Hoenig, D. (2011), S. 244. 42 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 24 – 25.

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Die Frage, ob kleine und mittlere Unternehmen stärker von der zunehmenden Komple-

xität und Effizienz von Supply Chain Strukturen betroffen sind als Großunternehmen,

wurde im Rahmen einer Studie untersucht, die sich mit der Befragung von Automobil-

zulieferern und – herstellern zu diesem Thema beschäftigte. So wurden speziell Per-

sonen mit logistiknahen Tätigkeitsbereichen in den jeweiligen Unternehmen hinsichtlich

ihrer generellen Einschätzung zur Ausprägung der Supply Chain Verletzlichkeit in

ihrem Betrieb befragt und mussten diese auf einer Skala von 1 (= sehr niedrig) bis 5 (=

sehr hoch) bewerten. Bei insgesamt 67 Rückmeldungen ergab sich für KMU ein

Durchschnittswert von 3,47 und für Großunternehmen ein Durchschnittswert von 3,10.

Bei KMU konnte somit eine leicht höhere Einschätzung der Supply Chain Verwundbar-

keit festgestellt werden, die aber nicht als signifikant zu bezeichnen ist.43

3.2 Richtlinien für ein standardisiertes Risikomanagement

Seit dem 1. Mai 1998 bildet das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unterneh-

mensbereich (KonTraG) für Vorstände von Aktiengesellschaften die gesetzliche Basis

hinsichtlich der Identifikation, Kommunikation und Überwachung von Risiken.44 Mit die-

sem Schritt verfolgte der Gesetzgeber das Ziel der Früherkennung von Unternehmens-

risiken zu größerer Bedeutung zu verhelfen. Aus diesem Grund sind Unternehmen

verpflichtet ein Früherkennungs- und Überwachungssystem für die Erfassung und das

Reporting von Risiken zu installieren. Dadurch sollen Bedrohungen für den Unterneh-

mensfortbestand abgewehrt und Anteilseignern eine bessere Informationsbasis über

Risiken, die Auswirkungen auf den Unternehmenswert haben und somit potenzielle

Vermögensschäden verursachen könnten, zur Verfügung gestellt werden. Genaue

Angaben, wie das geforderte Früherkennungs- und Überwachungssystem zu gestalten

ist, macht das KonTraG nicht.45 In diesem Zusammenhang kann auf verschiedene

rechtlich unverbindliche Standards und Empfehlungen zum Thema Risikomanagement

zurückgegriffen werden, die Hilfestellungen bei der Umsetzung der gesetzlichen Erfor-

dernisse leisten. Als Beispiel für einen solchen Standard ist der COSO Internal Control

– Integrated Framework anzuführen.46 Dieser ist als Basiskonzept für den Aufbau eines

internen Kontrollsystems zu verstehen und wurde im September 1992 veröffentlicht.

Hintergrund für die Erstellung des Standards waren die verschiedenen Interpretationen

hinsichtlich des Begriffs der internen Kontrolle. So gab es bis zur Etablierung des auch

als COSO Report bekannten Regelwerks keinen gemeinsamen Rahmen bei der Dis-

43 Vgl. Thun, J.-H., Drüke, M., Hoenig, D. (2011), S. 5514 – 5517. 44 Vgl. Lasch, R., Janker, C. (2007), S. 113. 45 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 16. 46 Vgl. Kajüter, P. (2007), S. 20.

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kussion über diesen Aspekt des Risikomanagements zwischen dem Management und

der internen, wie externen Revision.47 Global gesehen existieren mehr als 80 Stan-

dardwerke, die sich sowohl mit allgemeinen als auch mit speziellen (zum Beispiel pro-

duktspezifischen) Richtlinien zum Thema Risikomanagement befassen.48 Diesen ist

gemein, dass sie keine Aussagen über das Risikomanagement von Supply Chains

treffen. Die Regelwerke beziehen sich stets auf die Betrachtungsebene eines einzel-

nen Unternehmens. Dementsprechend besteht auch keine gesetzliche Verpflichtung

das Risikomanagement von der Unternehmensebene auf die Ebene der Supply Chain

zu erweitern. Trotzdem lässt sich die Identifizierung und Steuerung von Netzwerkrisi-

ken zu den Sorgfaltspflichten der Unternehmensführung zählen. Die Organisation

eines unternehmensübergreifenden Risikomanagements kann erschwert werden,

wenn sich die Supply Chain über mehrere Länder erstreckt, in denen jeweils unter-

schiedliche Normen hinsichtlich der Behandlung von Risikopositionen existieren.49 Um

sich eine Orientierung bei der Gestaltung eines Supply Chain Risikomanagementsys-

tems zu verschaffen bietet sich das SCRM Best Practices Document des Supply Chain

Risk Leadership Council (SCRLC) an, das bewährte Methoden auf branchenübergrei-

fender Ebene darstellt. Das SCRLC wurde 2006 gegründet und versteht sich als Zu-

sammenschluss führender Industrieunternehmen aus den unterschiedlichsten Bran-

chen, die alle das Ziel haben gemeinsam Prozesse, Systeme und Werkzeuge zu ent-

wickeln, mit denen der steigenden Bedrohung durch Supply Chain Risiken in einem

zunehmend globalisierten Umfeld begegnet werden kann.50 Zu den aktuellen Mitglied-

sunternehmen zählen unter anderem Boeing, Cisco, Coca Cola, General Electric,

Merck sowie Procter & Gamble, die sich zu folgender Vision bekennen: „Create a

cross-industry council comprised of world class manufacturing and services supply

chain firms that will work together to develop and share supply chain risk management

best practices.”51

3.3 Idealtypischer Supply Chain Risk Management Prozess

Um Supply Chain Risiken managen zu können, wird ein konzeptioneller Ansatz benö-

tigt, mit dem es gelingt die Risiken aufzuzählen, ihre Eintrittswahrscheinlichkeit und

Auswirkung zu beurteilen und Risikominderungspläne zu entwickeln und umzusetzen.

47 Vgl. Burke, F., Guy, D., Tatum, K. (2008), S. 11.02. 48 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 18. 49 Vgl. Kajüter, P. (2007), S. 21. 50 scrlc.com (2012a), 07. Mai. 2012. 51 scrlc.com (2012b), 07. Mai. 2012.

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Diesen Anforderungen wird der Supply Chain Risk Management Prozess gerecht.52 Er

lässt sich als Weiterentwicklung des allgemeinen, internen Risikomanagement Prozes-

ses verstehen, welcher drei Hauptphasen umfasst. Dazu zählen die Risikoidentifikation

(Erfassung von Risiken), die Risikobewertung (qualitative oder quantitative Einschät-

zung der Risiken) und die Risikosteuerung (Maßnahmen zur Risikobewältigung). Den

drei Hauptphasen geht die Festlegung einer Risikostrategie auf Basis der Unterneh-

mensvision als vorbereitende Tätigkeit voraus. Nachdem alle Stufen durchlaufen sind,

ist weiterhin eine fortlaufende Risikokontrolle notwendig. Die aufgeführten Schritte des

allgemeinen Risikomanagement Prozesses können auch für die Supply Chain verwen-

det werden, wobei eine Anpassung an die netzwerkorientierte Sichtweise notwendig

ist. So schlägt Pfohl vor, eine interne Risikoidentifikation in jedem Unternehmen der

Supply Chain durchzuführen und die gewonnenen Erkenntnisse in einer von allen

Supply Chain Mitgliedern einsehbaren Datenbank zu dokumentieren. Im Anschluss

erfolgt neben einer Analyse und Strukturierung der Risiken auch eine gemeinsame

Risikobewertung, sowie die Planung von Steuerungsmaßnahmen. Auf dieser Grundla-

ge werden Verantwortlichkeiten verteilt und die Aktionspläne innerhalb der einzelnen

Unternehmen individuell umgesetzt. Die Erfolgskontrolle wird erneut gemeinsam auf

unternehmensübergreifender Ebene durchgeführt.53 Am Beispiel der Firma Interos

lässt sich demonstrieren, dass der Supply Chain Risk Management Prozess auch in

der Praxis Relevanz hat. Das Unternehmen tritt als Berater in SCRM Angelegenheiten

für verschiedene Behörden der amerikanischen Regierung auf und unterstützt seine

Kunden bei der Optimierung der internen und externen Supply Chain Prozesse.54 Um

die gewünschten Prozessveränderungen zu erreichen wird von Interos ein Fünf Pha-

sen Modell herangezogen, dass dem beschriebenen SCRM Prozess stark ähnelt. Zu

den einzelnen Schritten zählen:

Phase 1: Identify and Scope (vgl. Risikoidentifikation)

Phase 2: Evaluate and Prioritize (vgl. Risikobewertung)

Phase 3: Preempt and Mitigate (vgl. Risikosteuerung)

Phase 4: Monitor and Measure (vgl. Risikokontrolle)

Phase 5: Refine and Align

Mit Ausnahme der Festlegung einer Risikostrategie als vorbereitende Tätigkeit, sind im

Konzept von Interos demnach alle Phasen des idealtypischen SCRM Prozesses vor-

52 Vgl. Tummala, R., Schoenherr, T. (2011), S. 474 – 475. 53 Vgl. Böger, M. (2010), S. 50 – 51. 54 interos.net (2012a), 18. Mai. 2012.

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handen.55 Die folgende Abbildung verdeutlicht den Zusammenhang der einzelnen Teil-

schritte:

Abbildung 2: SCRM Prozess von Interos

Quelle: in Anlehnung an interos.net (2012b), 18. Mai. 2012.

Festzuhalten bleibt, dass der Supply Chain Risk Management Prozess als Werkzeug

zu verstehen ist, der das Management mit nützlichen strategischen Informationen hin-

sichtlich des Supply Chain Risikoprofils versorgt. Dadurch werden strategische Ent-

scheidungen zur Verbesserung der Supply Chain Performance ermöglicht.56 Im Rah-

men der vorliegenden Arbeit werden ausschließlich die drei Hauptphasen des SCRM

Prozesses, nämlich die Risikoidentifikation (Kapitel 4), die Risikobewertung (Kapitel 5)

und die Risikosteuerung (Kapitel 6) behandelt.

55 interos.net (2012b), 18. Mai. 2012. 56 Vgl. Tummala, R., Schoenherr, T. (2011), S. 481.

II.

Bewerten und Priorisieren

III.

Risiken zuvorkommen und mindern

IV.

Überwachen und Messen

V.

Weiterentwickeln und Ausrichten

I.

Identifizieren und Umfang bestimmen

SCRM

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4 Identifizierung von Supply Chain Risiken

Die Risikoidentifikation gilt als grundlegende Phase innerhalb des SCRM Prozesses.

Das Unternehmen muss nicht nur die direkten Risiken für die eigenen Arbeitsprozesse

ermitteln, sondern auch die potenziellen Gründe und Quellen für diese Risiken an jeder

bedeutsamen Schnittstelle entlang der Supply Chain.57 Sofern Supply Chain Risikoma-

nagement auf unternehmensübergreifender Ebene praktiziert werden soll, besteht eine

Grundvoraussetzung für den Prozess der Risikoidentifikation darin, dass eine einheitli-

che Systematik mit Gültigkeit für alle Kooperationspartner existiert. Dadurch soll allen

Beteiligten die Möglichkeit gegeben werden, Supply Chain Risiken in der Wertschöp-

fungskette zu ermitteln.58 Die Identifikationsphase wird durch den gemeinsamen Zugriff

auf Informationen mit Relevanz für die Supply Chain wesentlich erleichtert. Wenn zu-

künftige Bedürfnisse und Ziele mit den Kooperationspartnern geteilt werden, erhöht

sich die Wahrscheinlichkeit, dass auch das Risikomanagement davon profitiert.59 Das

Ziel der Identifikationsphase besteht in der „rechtzeitigen, regelmäßigen, vollständigen

und wirtschaftlichen Erfassung aller unternehmensinternen und –externen Risiken, die

Einfluss auf wesentliche Unternehmensziele haben“.60 Das Ergebnis dieser Erfas-

sungstätigkeit ist eine Liste mit den wichtigsten Supply Chain Risiken. Dieses Doku-

ment wird häufig auch als Risikoregister oder Risikokatalog bezeichnet und enthält als

Mindestangaben das Datum der Identifikation, den Risikoverantwortlichen (Risk Ow-

ner), eine Beschreibung des Risikos, die potenzielle Auswirkung des Risikos, sowie die

Eintrittswahrscheinlichkeit.61 Aufgrund der häufig sehr komplexen Ereignisketten und

Abhängigkeiten von anderen Unternehmen lassen sich nicht alle Risiken leicht identifi-

zieren.62 Eine weitere Problematik besteht darin, dass die Supply Chain Risiken recht-

zeitig erfasst werden müssen. Je später die Identifikation erfolgt, desto eingeschränkter

sind die möglichen Handlungsalternativen. So müssen auch schwache Signale im Hin-

blick auf ökonomische, technologische und politische Diskontinuitäten erkannt werden,

um entsprechende Vorkehrungen treffen zu können.63 Festzuhalten bleibt, dass die

Risikoidentifikation nicht auf Basis von losen Absprachen erfolgen darf, sondern mit

Hilfe der besten verfügbaren Methoden sauber organisiert werden muss. Wird dies

nicht berücksichtigt, besteht die Gefahr, dass wesentliche Risiken übersehen werden

oder triviale Risiken unberechtigt in den Fokus geraten. Die Frage wie viele Supply

57 Vgl. Norrman, A., Lindroth, R. (2004), S. 21. 58 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 36. 59 Vgl. Hallikas, J., Virolainen, V.-M. (2004), S. 58. 60 Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008b), S. 119. 61 Vgl. Waters, D. (2007), S. 101. 62 Vgl. Hallikas, J., Virolainen, V.-M. (2004), S. 57. 63 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008b), S. 120.

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Chain Risiken betrachtet werden sollen, lässt sich nicht abschließend beantworten, da

jede Supply Chain eigene Besonderheiten aufweist. Letztendlich ist der Detaillierungs-

grad der Analyse eine Managemententscheidung.64

4.1 Ausgewählte Methoden zur Identifikation von Supply Chain Risiken

Für die systematische Identifikation von Supply Chain Risiken existieren zahlreiche

Methoden, wobei die Kombination mehrerer Techniken notwendig ist, um ein genaues

und aussagekräftiges Ergebnis zu erzielen.65 Die Methoden lassen sich grundsätzlich

in kreativ-intuitive und analytisch-strukturierte Techniken untergliedern. Der Unter-

schied besteht darin, dass die kreativ-intuitiven Verfahren keine bestimmte Ordnung

der Gedankenführung verlangen, während bei der analytisch-strukturierten Vorge-

hensweise ein systematisches, rationales Denken vorausgesetzt wird.66 Beiden ist ge-

mein, dass sich mit ihnen alle Risikoarten, also nicht nur Supply Chain Risiken, identifi-

zieren lassen. Als Sonderform existieren daneben spezielle Techniken mit Supply

Chain Charakter. Diese dienen ausschließlich der Ermittlung von Supply Chain Risi-

ken.67

4.1.1 Kreativ-intuitive Techniken

Eine praxisnahe Methode, die von den Autoren Elkins, Kulkarni und Tew beschrieben

wird, setzt die Bildung eines organisations- und funktionsübergreifenden Experten-

teams zu Beginn des Identifikationsprozesses voraus. Die Mitglieder des Ausschusses

rekrutieren sich dabei aus Risiko- und Logistikmanagern, Analysten, Prozessingenieu-

ren, Einkäufern, IT Experten und Mitarbeitern der Ablauf- und Planungsforschung.

Zwar ist das Risikomanagement in vielen großen Unternehmen im Bereich des Versi-

cherungs- und Finanzwesens angesiedelt, jedoch befinden sich die wahren Risikover-

antwortlichen in betriebsnahen Funktionsbereichen, weshalb deren Expertise im Um-

gang mit Produktions- und Supply Chain Unterbrechungen besonders wertvoll während

des Identifikationsprozesses ist. Das Team führt im Anschluss ein Brainstorming zur

Sammlung potentieller Supply Chain Risiken durch.68 Dabei müssen laut Waters fol-

gende Voraussetzungen erfüllt sein: An der Sitzung sollten nicht mehr als 10 Personen

teilnehmen. Weiterhin sollte ein striktes Zeitlimit vorgegeben sein, dass sich typischer-

weise auf zwei bis drei Stunden erstreckt. Da eine Vielzahl an bereits bekannten und

neuen Supply Chain Risiken ermittelt werden soll, muss gewährleistet sein, dass keine

64 Vgl. Waters, D. (2007), S. 102. 65 Vgl. Etterer, W. (2008), S. 198. 66 Vgl. Ziegenbein, A. (2007), S. 50. 67 Vgl. Waters, D. (2007), S. 106. 68 Vgl. Elkins, D., Kulkarni, D., Tew, J. (2008), S. 52.

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Idee bereits im Ansatz verurteilt wird. Weiterhin ist es zweckmäßig, dass die Ideen von

einem Moderator festgehalten werden, so dass die brauchbarsten Ideen in einem Fol-

gemeeting weiterentwickelt werden können.69

Eine weitere Technik, um schnell und ohne großen Aufwand an Informationen über

potenzielle Supply Chain Risiken zu gelangen, stellen Experteninterviews dar. Durch

die gezielte Auswahl sachkundiger Mitarbeiter kann sichergestellt werden, dass die im

Rahmen der Befragung erhobenen Informationen von Personen stammen, die mit den

spezifischen Risiken vertraut sind. Dennoch haben individuelle Sichtweisen den Nach-

teil, dass sie von Ignoranz, Vorurteilen, Widersprüchen oder der Inkompetenz des Be-

fragten geprägt sein können, weshalb die richtige Auswahl des Interviewpartners von

enormer Bedeutung ist.70

Eine Mischung aus Befragung und Brain Storming stellt die Delphi-Methode dar. Dabei

handelt es sich um eine schriftliche Befragung von mehreren Sachverständigen, die

der Supply Chain angehören. Der Moderator stellt jedem Mitglied der Expertenrunde

einen Fragebogen zur Verfügung mit dem die individuellen Sichtweisen hinsichtlich

vorhandener Supply Chain Risiken gesammelt werden. Anschließend erfolgt eine Zu-

sammentragung und Analyse der Aussagen durch den Moderator. Begleitet von einer

Kurzfassung der gesammelten Beiträge wird der Fragebogen erneut an die Teilnehmer

verschickt, wobei die Möglichkeit eingeräumt wird, die bisherige Einschätzung anzu-

passen. Dieser Prozess wird im Rahmen der Delphi-Methode zwecks Konsensfindung

mehrfach wiederholt.71 Da es sich bei dieser Identifikationstechnik um eine anonyme,

getrennte und schriftliche Befragung handelt, können verzerrende Effekte, wie zum

Beispiel Gruppendruck, ausgeschlossen werden. Von Vorteil ist auch, dass es im Ver-

gleich zum Expertenteammeeting nicht notwendig ist, einen gemeinsamen Termin für

alle Teilnehmer zu ermitteln. Aufgrund der Vielzahl an Befragungsrunden, ist der Auf-

wand bei dieser Methode als hoch einzuschätzen.72 Waters empfiehlt die Teilnehmer-

zahl auf circa 15 Personen zu beschränken und drei bis sechs Interviewrunden durch-

zuführen. Die Tatsache, dass durch den standardisierten Fragebogen ein Abschweifen

vom Thema verhindert wird und sich die Meinung des Vorgesetzten nicht zwangsläufig

durchsetzen muss, sieht er als Vorteil der Methode an.73

69 Vgl. Waters, D. (2007), S. 113. 70 Vgl. Waters, D. (2007), S. 112. 71 Vgl. Waters, D. (2007). 113. 72 Vgl. Ziegenbein, A. (2007), S. 51. 73 Vgl. Waters, D. (2007), S. 113 – 114.

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4.1.2 Analytisch-strukturierte Techniken

Als einfach anzuwendende Technik zur Überprüfung einer Lieferkette auf bereits be-

kannte Supply Chain Risiken bietet sich die Nutzung von Risikochecklisten an. Im ers-

ten Schritt wird eine bereits existierende und für den Anwendungsfall geeignete Liste

mit potenziellen Risiken ausgewählt. Daraufhin wird die eigene Supply Chain auf die

darin genannten Positionen untersucht und es erfolgt eine Dokumentation der gewon-

nenen Erkenntnisse.74 Mögliche Quellen für Risikochecklisten sind andere Unterneh-

men, spezielle Industrieforen im Internet, Forschungsinstitute, Beratungsgesellschaften

oder bereits existierende Dokumentationen für andere Supply Chains im eigenen

Unternehmen.75 Ein ausführliches Beispiel findet sich in einer Studie der University of

Bath, die sich mit der Untersuchung typischer Risikofaktoren in Supply Chains beschäf-

tigte. In diesem Zusammenhang wurde jeweils ein Panel mit chinesischen und briti-

schen Managern gebeten ein Brainstorming zur Ermittlung von Supply Chain Risiken

durchzuführen. Bei insgesamt 56 Rückmeldungen aus beiden Gruppen wurden mehr

als 300 individuelle Risikofaktoren identifiziert. Nach Streichung von Dopplungen und

Zusammenfassung ähnlicher Positionen blieben 109 übrig, die anschließend erneut

durch die Studienteilnehmer validiert wurden.76 Die vollständige Studie inklusive der

finalen Risikocheckliste ist auch als kostenloser Download77 im Internet verfügbar und

lässt sich als leicht zugängliches Tool für den eigenen Risikoidentifizierungsprozess

nutzen.

Auch Key Performance Indicator lassen sich zur Identifikation von Supply Chain Risi-

ken heranziehen. Dabei handelt es sich um Kennzahlen mit denen die Leistung von

Supply Chain Partnern, wie Lieferanten und Logistikdienstleistern, gemessen werden

kann. Typische KPI`s zur Ermittlung von ungewöhnlichen Situationen, die potenzielle

Risiken beinhalten, sind der Produktionsausstoß, realisierte Lieferzeiten, die Kapazi-

tätsauslastung und die Lagerverfügbarkeit. Die Werte der KPI`s werden über einen

bestimmten Zeitraum beobachtet und mit vordefinierten Werten, die innerhalb einer

Vereinbarung zwischen den Supply Chain Partnern festgelegt wurden, verglichen. Per

Soll-Ist Abgleich lassen sich signifikante Abweichungen zwischen den gemessenen

und vordefinierten Werten identifizieren. Sobald ein bestimmtes Level unterschritten ist,

wird ein Alarm durch den überwachenden Mitarbeiter ausgelöst.78 Mit diesem Frühauf-

klärungssystem können latente Gefahren für das Unternehmen anhand von Frühwarn-

74 Vgl. Grundmann, T. (2008), S. 22. 75 Vgl. Waters, D. (2007), S. 111. 76 Vgl. Squire, B., Chu, Y. (2011), S. 1 ff. 77 supplychainrisk.org (2012), 30. Mai. 2012. 78 Vgl. Giannakis, M., Louis, M. (2010), S. 26.

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indikatoren rechtzeitig erkannt werden. Es berücksichtigt nicht nur potenzielle Risiken,

sondern auch Chancen.79 Daneben existieren auch Frühwarnsysteme, die aber nur auf

die Identifizierung von Bedrohungen ausgerichtet sind und mögliche Chancen vernach-

lässigen.80

4.1.3 Spezielle Techniken mit Supply Chain Charakter

Ein strukturierter Ansatz, um Risikoquellen abzubilden und dadurch ihre potenziellen

Konsequenzen zu verstehen, ist die Supply Chain Risiko-Map.81 Zunächst muss eine

Supply Chain ausgewählt werden, die in der Folge genauer untersucht werden soll.

Dies kann anhand der Parameter strategische Bedeutung und Verwundbarkeit der ein-

zelnen Lieferketten erfolgen. So sind Supply Chains mit einem hohen Ertrag (strategi-

sche Bedeutung) und mit zahlreichen Unterbrechungen in der Vergangenheit (Ver-

wundbarkeit) bevorzugt zu analysieren. Die ausgewählte Supply Chain muss im An-

schluss beschrieben und visualisiert werden, um die zugehörigen Organisationen und

Prozesse transparent zu machen. Dabei sind sowohl Down- als auch Upstream Pro-

zesse zu berücksichtigen. Für jedes Glied der Lieferkette werden außerdem die wich-

tigsten Informationen festgehalten. Dazu zählen bezogene Produkte und Materialien,

Preise und Kosten, bezogene Mengen, Wiederbeschaffungszeiten und die Beschaf-

fungsstrategie (zum Beispiel Single Sourcing) respektive die Positionierung des Kun-

den (Beispiel: Schlüsselkunde). Das Risiko-Mapping startet vorzugsweise in interdiszi-

plinären Workshops, in denen dann Aufgaben zur weiteren Bearbeitung an einzelne

Verantwortungsträger delegiert werden, da die benötigten Informationen teils schwer

zugänglich sind und detaillierte Recherchearbeiten verlangen.82 Durch die grafische

Darstellung der Supply Chain können kritische Lieferkettenpartner und Prozesse mit

schwachen Sicherheitsvorkehrungen und hoher Zeitsensibilität leichter identifiziert

werden. Sie dient weiterhin als Grundlage für Entscheidungen hinsichtlich alternativer

Beschaffungsmöglichkeiten, Lagerhaltungsstrategien und Transportmöglichkeiten.83

Eine weitere Vorgehensweise zur Identifikation von Supply Chain Gefahren bietet eine

Risikoinventur im Rahmen regelmäßig stattfindender Risiko-Audits. Diese können auch

mit Unterstützung durch externe Berater durchgeführt werden.84 Für die Beschaffungs-

seite stellen Lieferantenaudits in Form von Betriebsbesichtigungen ein Mittel dar, um

Risikopotenziale zu ermitteln. In diesem Zusammenhang kann geprüft werden, ob der

79 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 40. 80 Vgl. Henke, M. (2009), S. 106 – 107. 81 Vgl. Norrman, A., Lindroth, R. (2004), S. 21. 82 Vgl. Jüttner, U., Ziegenbein, A. (2008), S. 211 – 212. 83 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 39. 84 Vgl. Grotegut, M. (2006), S. 23.

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Lieferant Ersatzprozesse für Notfallsituationen eingeplant hat und bereit ist unvorher-

gesehene Risikosituationen zu managen.85

4.2 Risikoarten in der Supply Chain

Bei der Beschäftigung mit Supply Chain Risiken in der Praxis ist festzustellen, dass

selbst die gewissenhaftesten Logistikmanager nicht in der Lage sind alle Risikoarten

für eine bestimmte Lieferkette zu identifizieren. Daher empfiehlt es sich, die wahr-

scheinlichsten und bedrohlichsten, oder generell die bedeutsamsten Risiken zu be-

rücksichtigen und die Anstrengungen auf diese zu konzentrieren.86 Blome und Henke

resümieren daher auch: „An all-embracing and selective list of all supply risks does not

exist“.87

4.2.1 Systematisierung

Aufgrund der Vielfalt möglicher Supply Chain Gefahren ist die Systematisierung von

Risiken ein nützliches Werkzeug zur Identifikation und Analyse. Dies geschieht anhand

der Klassifizierung von Risiken nach verschiedenen Kriterien. Auch hier gilt, dass die

Klassifikationen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben und auch nicht erreichen

können.88 Festzuhalten ist auch, dass die folgenden Risikokategorien nicht über-

schneidungsfrei sind und voneinander abhängen. So können Risikoereignisse auch

gleichzeitig die Quelle oder der Treiber für andere Risikoereignisse sein.89

Zu den gängigen Methoden der Kategorisierung von Risiken zählt die Gliederung nach

dem Entstehungsort der Risikoursache. Abhängig davon, ob die Risikoursache inner-

halb oder außerhalb des Unternehmens lokalisiert werden kann, werden innerbetriebli-

che (endogene) von außerbetrieblichen (exogenen) Risiken unterschieden. Bezogen

auf SCRM erfolgt eine Erweiterung der Sichtweise auf die Lieferkette. Demnach kön-

nen sich Risikoursachen in der Umwelt der Supply Chain oder in der Supply Chain

selbst befinden. Ist die Ursache auf die Lieferkette selbst zurückzuführen wird weiterhin

in unternehmensübergreifende und unternehmensinterne Risiken differenziert. Somit

ergeben sich die folgenden drei Risikoarten: Supply Chain exogene Risiken, Supply

Chain endogene Risiken (unternehmensübergreifend) und Supply Chain endogene

Risiken (unternehmensbezogen). Da von Entscheidungen im Rahmen von Logistik und

SCRM in erster Linie Produkte, Prozesse und Ressourcen betroffen sind, besteht die

85 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 38. 86 Vgl. Waters, D. (2007), S. 101. 87 Blome, C., Henke, M. (2008), S. 128. 88 Vgl. Götze, U., Mikus, B. (2007), S. 34 – 40. 89 Vgl. Norrman, A., Lindroth, R. (2004), S. 19.

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Möglichkeit einer Kategorisierung nach Entscheidungsobjekten in Produkt-, Prozess-,

Ressourcen- und Kooperationsrisiken. Diese sind vornehmlich endogener Natur. An-

hand der verschiedenen Bereiche einer SC lässt sich zum Beispiel in Absatz-, Produk-

tions- und Beschaffungsrisiken untergliedern. Ähnlich angelegt ist die Strukturierung

nach Prozessarten, wobei Kernprozesse der Lieferkette wie Beschaffen, Produzieren,

Ausliefern und Entsorgen als Gliederungskriterium genutzt werden. Weiterhin sind

auch logistische Tätigkeiten aufgrund ihrer Relevanz für die behandelte Thematik zur

Risikodifferenzierung geeignet. Mögliche Ausprägungen sind Verpackungs-, Transport-

und Lagerrisiken. Da eine Supply Chain aus vielen Einzelnetzen besteht, die zum Bei-

spiel als Infrastruktur für den Güter- und Datentransport dienen, ist auch eine Abgren-

zung nach Partialnetzen sinnvoll. Risiken können sich somit auf Güter und Daten be-

ziehen, aber auch sozialer und institutioneller Natur sein.90

Auch Gabath definiert verschiedene Kategorien und nennt dabei die Ergebnisabwei-

chung als Gliederungskriterium, wonach reine von spekulativen Risiken unterschieden

werden. Im Falle von reinen Risiken ist eine Abweichung vom Zielwert nur in eine Rich-

tung möglich. Dagegen sind spekulative Risiken mit positiven und negativen Abwei-

chungen verbunden. Als Beispiel für die spekulative Form kann die Einführung einer

neuen Beschaffungsquelle genannt werden, die zwar mit günstigeren Einstandspreisen

verbunden ist, jedoch eine Gefährdung der kontinuierlichen Versorgung mit sich bringt.

Nimmt man den zeitlichen Kontext als Maßstab, ist zwischen permanenten und zeitlich

begrenzten Risiken zu unterscheiden, je nachdem, ob ein Zeitpunkt- oder ein Zeit-

raumbezug vorliegt. Die Intensität der Auswirkung von Risikoereignissen führt zu einer

Unterscheidung zwischen Bagatellrisiken, kleinen, mittleren, großen und existenzbe-

drohenden Risiken.91

Bezogen auf die Entscheidungsebene ist Lasch und Janker zufolge zwischen strategi-

schen, taktischen und operativen Risiken zu trennen. Während strategische Risiken

eine Gefahr für das gesamte Unternehmen und die Verwirklichung langfristiger Ziele

darstellen, bezieht sich die taktische und operative Komponente auf einen mittel- be-

ziehungsweise kurzfristigen Zeithorizont. Abhängig vom Umfang der Entscheidung

lassen sich Einzel- und Gesamtrisiken ermitteln. Einzelrisiken sind dabei auch auf ein-

zelne Entscheidungen zurückzuführen, wogegen Gesamtrisiken aus deren Gesamtheit

entstehen.92

90 Vgl. Götze, U., Mikus, B. (2007), S. 35 – 37. 91 Vgl. Gabath, C. (2010), S. 35. 92 Vgl. Lasch, R., Janker, C. (2007), S. 114.

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Eine ausführliche Erläuterung der Risikoauswirkung als Kategorisierungsinstrument

liefern die Autoren Pfohl, Gallus und Köhler. Je nach Charakteristik der Auswirkung

wird zwischen kumulativen, additiven und singulären Risiken differenziert. Im Falle von

kumulativen Risiken steigert sich der Schaden über die einzelnen Glieder der Supply

Chain bis zu seiner vollen Entfaltung. Es entsteht ein Domino-Effekt, der sich über die

Lieferkette hinwegzieht. Additive Risiken führen dagegen alleine nicht zu einem Scha-

den. Erst wenn weitere Risikoereignisse parallel eintreten, stellen sich negative Folge-

wirkungen ein. So wird eine defekte Maschine zur Prüfung der Produktqualität erst

dann zu einem Problem, wenn tatsächlich Qualitätsabweichungen im Rahmen der Fer-

tigung auftreten. Weiterhin sind singuläre Risiken zu nennen, die mit ihrer Wirkung lo-

kal begrenzt und daher für die Supply Chain weniger relevant sind. Als weitere Beispie-

le für mögliche Kategorisierungen lassen sich die verwendeten Ressourcen, die Wir-

kungsorte der Risiken, deren Messbarkeit und Versicherbarkeit nennen.93

Für die weitere Betrachtung einzelner Risikoarten wird die eingangs erläuterte Gliede-

rungsmethodik hinsichtlich des Entstehungsorts der Risikoursache gewählt, da sie im

Rahmen der SCRM Literatur besonders häufig Erwähnung findet und die Besonderhei-

ten der Supply Chain entsprechend würdigt. Die folgende Abbildung veranschaulicht

die Systematik:

93 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 22 – 23.

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Abbildung 3: Kategorisierung von Supply Chain Risiken nach Entstehungsorten

Quelle: in Anlehnung an Götze, U., Mikus, B. (2007), S. 35.

4.2.2 Exogene Risiken

Die Kategorie der exogenen, also außerbetrieblichen Risiken ist auf umweltbedingte

Ursachen zurückzuführen, die kaum beeinflussbar sind und zu direkten oder indirekten

Störungen in der Supply Chain führen. Sie entstehen unter anderem aufgrund von so-

zialpolitischen, ökonomischen, technologischen oder geografischen Gegebenheiten.94

Eine mögliche Ausprägung sind Katastrophenrisiken, die sich durch Naturkatastro-

phen, politische Instabilität, Terrorismus, Bürgerkrieg oder volkswirtschaftliche Schä-

den äußern können. So stellen in vielen Ländern Naturkatastrophen in Form von Tsu-

namis, Erdbeben, Hurricanes oder Überschwemmungen potenzielle Bedrohungen für

die Bevölkerung und dort angesiedelte Industrieunternehmen dar.95 Die negativen

Auswirkungen dieser Phänomene für die Supply Chain sind offensichtlich, da Produk-

tionsstätten und der Transportsektor stark in Mitleidenschaft gezogen werden können.

94 Vgl. Thun, J.-H., Hoenig, D. (2011), S. 243. 95 Vgl. Wagner, S., Bode, C. (2007), S. 66.

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Weiterhin haben lokale Katastrophen, bedingt durch die Globalisierung der Märkte und

die weltumspannenden Supply Chain Operationen, in zunehmendem Maße auch glo-

bale Auswirkungen.96 Ein aktuelles Beispiel ist der isländische Vulkan Eyjafjallajökull,

der 2010 die Luftfrachtverbindungen in weiten Teilen Europas lahm legte. Das Nach-

richtenmagazin Bloomberg Businessweek ordnete den dadurch verursachten wirt-

schaftlichen Schaden im Milliarden Dollar Bereich ein und wies in diesem Zusammen-

hang auf die Notwendigkeit einer erhöhten Supply Chain Flexibilität hin.97 Auch instabi-

le politische Verhältnisse, speziell beim Warenbezug aus Drittländern, können negative

Auswirkungen auf die Lieferkette haben. So kann es aufgrund eines politischen Wech-

sels oder eines Putschs im Bezugsland dazu kommen, dass die benötigten Güter nicht

mehr geliefert werden können. Auch sind Beschlagnahmungen der bestellten Waren

oder Enteignungen und Verstaatlichungen der Fertigungsstätten des Zulieferers denk-

bar. Die Verhängung eines Embargos kann dazu führen, dass Lieferungen in das Land

des Bestellers untersagt werden.98 Terrorismus als weitere Form des Katastrophenrisi-

kos ist insbesondere seit den Anschlägen auf das World Trade Center am 11. Septem-

ber 2001 in der Diskussion. Es handelt sich um eine allgegenwärtige Bedrohung, die

sowohl direkte, als auch indirekte (zum Beispiel politische) Auswirkung auf die Liefer-

kette haben kann. So mussten die Automobilhersteller Ford und Toyota unmittelbar

nach den Ereignissen des 11. September Störungen bei der Versorgung ihrer in Nord-

amerika angesiedelten Werke hinnehmen, da die Transportbestimmungen durch die

amerikanische Regierung stark erschwert wurden.99

Bürokratische, rechtliche und regulatorische Risiken zählen ebenfalls zu den exogenen

Supply Chain Gefahren und beziehen sich auf die Ausführung und Durchsetzung von

Gesetzen und Richtlinien mit Relevanz für die Lieferkette. Beispielsweise können ad-

ministrative Beschränkungen, wie Zollformalitäten oder Handelsbestimmungen das

Design der Supply Chain und deren operative Performance beeinflussen. Problemtisch

ist, das rechtliche Änderungen häufig plötzlich und unvorhergesehen zum Tragen

kommen. Die Einführung von Mautgebühren für Lastkraftwagen in vielen europäischen

Ländern zählt dazu, welche eine Erhöhung der Supply Chain Kosten zur Folge hat.100

Auch Importkontingente können negative Auswirkungen mit sich bringen, wenn diese

aufgrund einer hohen innereuropäischen Nachfragesituation ausgeschöpft werden.

Dann ist es bis zu Beginn des neuen Kalenderjahres nicht mehr möglich die benötigten

96 Vgl. Wagner, S., Bode, C. (2009), S. 277 – 278. 97 Vgl. Olson, D. (2011), S. 4. 98 Vgl. Grotegut, M. (2006), S. 55 – 56. 99 Vgl. Wagner, S., Bode, C. (2007), S. 66. 100 Vgl. Wagner, S., Bode, C. (2009), S. 277.

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Güter einzuführen, was zu Fehlmengen oder Deckungskäufen zu hohen Preisen bei

Alternativlieferanten führen kann.101 Ein prominentes Beispiel für die politische Beein-

flussung der Supply Chain ist die Firma Airbus. Die Tatsache, dass der Superjumbo

A380 erst zwei Jahre später als geplant eingeführt werden konnte, war nicht nur auf

technische Probleme zurückzuführen, sondern auch auf den notwendigen politischen

Interessenausgleich zwischen vier Ländern mit Beteiligung am Airbus Konsortium, was

zu einem Verlust von 4,8 Milliarden Euro führte.102

Als dritte Gruppe im Bereich der exogenen Supply Chain Risiken sind infrastrukturelle

Gefahren zu nennen. Beispielhaft lassen sich hier Vandalismus, Feuerschäden, Sabo-

tage, Streiks der Mitarbeiter oder Störungen der Elektrizitäts- und Wasserversorgung

nennen.103

4.2.3 Endogene Risiken

4.2.3.1 Unternehmensübergreifende Risiken

Im Bereich der endogenen Risiken auf unternehmensübergreifender Ebene ist eine

weitere Unterscheidung in Versorgungs- und Nachfragerisiken möglich. Versorgungsri-

siken beziehen sich auf die Upstream Prozesse der Supply Chain in Richtung des Zu-

lieferunternehmens und spielen daher im Bereich Einkauf und Beschaffung eine zen-

trale Rolle. Nachfragerisiken dagegen nehmen die Downstream Prozesse in den Fo-

kus, welche den Weg zum Endkunden bilden.104

Als Versorgungsrisiken kommen zum Beispiel Kapazitätsengpässe und -

schwankungen auf dem Beschaffungsmarkt, Produktionsverzögerungen und -ausfälle

beim Lieferanten oder Abhängigkeitsverhältnisse von einzelnen Lieferanten aufgrund

von Single Sourcing Beziehungen in Frage. Diese drei Supply Chain Risiken wurden

im Rahmen einer Befragung von 160 Logistik-, Industrie- und Handelsunternehmen, in

Kooperation mit der TU Darmstadt, zu den größten Gefahren im Beschaffungsbereich

gewählt. Maßgeblich bei der Bewertung waren die Parameter Schadensausmaß und

Eintrittswahrscheinlichkeit des Risikos.105 Weiterhin sind Qualitätsprobleme bei den

gelieferten Produkten als Versorgungsrisiko zu nennen, welche eine Folge von Ferti-

gungsproblemen des Lieferanten sein können. Auch finanzielle Schwierigkeiten des

Zulieferers, die sich zu einer Insolvenz ausweiten können, führen im schlimmsten Fall

zu einem kompletten Versorgungsstopp. Die mangelnde Fähigkeit des Lieferanten,

101 Vgl. Grotegut, M. (2006), S. 56. 102 Vgl. Tang, C., Tomlin, B. (2009), S. 162. 103 Vgl. Wagner, S., Bode, C. (2007), S. 65. 104 Vgl. Wagner, S., Bode, C. (2007), S. 64. 105 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008b), S. 95 – 100.

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Neuerungen in das Produktdesign zu implementieren, kann sich ebenfalls negativ auf

die Supply Chain auswirken. Speziell bei Single Sourcing Beziehungen sind die Gefah-

ren einer opportunistischen Vorgehensweise des Lieferanten besonders hoch.106

Grundsätzlich ist die Einkaufsabteilung auch mit einem Bestellmengenrisiko konfron-

tiert. So sind die Beschaffungsaktivitäten stark von den Informationen der Materialdis-

position abhängig, die exakte Vorgaben hinsichtlich der benötigten Mengen machen

muss. Werden bei der Mengenplanung Fehler gemacht, oder es ergibt sich nach er-

folgter Bestellung, dass mehr oder weniger benötigt wird (zum Beispiel aufgrund fal-

scher Einschätzungen), entstehen Fehl- oder Übermengenkosten. Diese können sich

durch Vertragsstrafen auf der Vertriebsseite äußern, wenn dadurch Lieferverzögerun-

gen verursacht werden. Des Weiteren existiert ein Bestellzeitpunktrisiko, da Bedarfs-

meldungen nicht zwangsläufig zur richtigen Zeit durch die Materialdisposition gemeldet

werden oder Bestellungen aufgrund einer schlechten Organisation in der Einkaufsab-

teilung zu spät ausgeführt werden. Dies kann zu Produktionsunterbrechungen oder

höheren Kosten aufgrund der Notwendigkeit von Eilsendungen durch den Lieferanten

führen. Ein Liefermengenrisiko ist dann gegeben, wenn die bestellte Menge (Soll-

Menge) von der tatsächlich gelieferten Menge (Ist-Menge) abweicht. Während Minder-

lieferungen Fertigungsunterbrechungen zur Folge haben können, äußern sich Überlie-

ferungen in zu hohen Lagerbeständen. Bestehende Verträge mit Lieferanten sind

ebenfalls mit Risiken belastet. Vertragsbrüche, Fehlverhalten des Kontraktpartners und

ungenau formulierte Verträge bergen eine potenzielle Gefahr für die Materialversor-

gung. Diese ist besonders hoch, wenn verspätete Lieferungen nicht mit einer Vertrags-

strafe geahndet werden. Außerdem kann die vertikale Integration eines Zulieferers

durch ein Konkurrenzunternehmen dazu führen, dass das eigene Unternehmen über-

haupt nicht mehr oder nur noch zu verschlechterten Konditionen beliefert wird. Aus

logistischer Sicht sind darüber hinaus die Beschädigung oder der Untergang der Ware

auf dem Transportweg, sowie der Verderb während des Lagerprozesses als Risikofak-

toren zu nennen.107

Unter Nachfragerisiken versteht man alle Risiken, die mit der physischen Versorgung

des Kunden einhergehen. Betroffen sind daher in erster Linie Transport- und Lagerpro-

zesse. Auch Unsicherheiten bei der Prognose der Kundennachfrage fallen in diese

Kategorie, da diese in überflüssigen Lagerbeständen, teuren Versorgungsengpässen

und einer suboptimalen Kapazitätsauslastung münden können. In diesem Zusammen-

hang ist auch der Bullwhip Effekt zu nennen, welcher auch als Peitschenschlag- oder

106 Vgl. Wagner, S., Bode, C. (2007), S. 64 – 65. 107 Vgl. Grotegut, M. (2006), S. 48 – 59.

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Forrestereffekt bekannt ist. Darunter versteht man Nachfrageschwankungen, die sich

entlang der Lieferkette aufschaukeln.108 So ist zu beobachten, dass die Bestell- und

Lagermengen der vorgelagerten Stufen, selbst bei marginalen Änderungen der End-

kundennachfrage, starken Schwankungen unterworfen sind. Ein Zusammenhang zwi-

schen dem Bedarf des Endkunden und der Bestell- und Lagerplanung des Vorlieferan-

ten ist bedingt durch den Effekt nicht mehr zwangsläufig zu erkennen.109 Ein wesentli-

cher Grund für das Phänomen sind voneinander abweichende Bedarfsprognosen, die

nicht mit allen Supply Chain Partnern abgesprochen wurden, was zum Beispiel falsch

kalkulierte Sicherheitsbestände zur Folge haben kann. Weiterhin werden Nachfrage-

prognosen hinsichtlich des Endkunden erschwert, wenn dieser zur Senkung seiner

fixen Bestellkosten seine Bestellmengen bewusst bündelt. Dadurch entstehen zwar nur

punktuell Bedarfe, die jedoch ein sehr großes Volumen auf sich vereinen. Dieser Effekt

verstärkt sich, sobald günstige Einstandspreise durch den Endkunden genutzt werden,

um Lagerbestände aufzubauen. Das Einkaufsverhalten der Vorlieferanten lässt sich

dann nicht mehr aus den historischen Werten der Endkundennachfrage ableiten.110

Sofern das Unternehmen seine Produkte auf Lager und nicht auftragsbezogen produ-

ziert, besteht außerdem die Gefahr, dass sich diese bei Nachfrageeinbrüchen nicht

mehr absetzen lassen. Ein weiteres Risiko für die Lieferkette bilden kurzfristige Ände-

rungen der Auftragsmodalitäten durch den Kunden hinsichtlich Auftragsmenge, Be-

stellzeitpunkt oder Form der Auftragsübermittlung.111

4.2.3.2 Unternehmensbezogene Risiken

Die Gruppe der endogenen Risiken aus unternehmensbezogener Perspektive lässt

sich weiter in Prozess- und Steuerungsrisiken unterteilen. Diese beschäftigen sich mit

Störungen der Wertschöpfungsprozesse, welche die Erreichung der vereinbarten Pro-

duktionsziele erschweren können.112 Prozessrisiken sind dabei auf die Erfüllung der

betrieblichen Aufgaben zurückzuführen und betreffen daher Mitarbeiter, Produktionsan-

lagen, Logistiksysteme oder IT Strukturen.113 Steuerungsrisiken haben dagegen einen

engen Bezug zu den Regeln, Verfahren und Abläufen, die durch das Management zur

Lenkung des Unternehmens vorgegeben werden. Sie erwachsen aus der falschen An-

wendung dieser Regeln durch die Mitarbeiter.114

108 Vgl. Werners, B., Klempt, P. (2007), S. 289. 109 Vgl. Kiener, S. et al. (2009), S. 13. 110 Vgl. Werners, B., Klempt, P. (2007), S. 289. 111 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008b), S. 102 – 103. 112 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008b), S. 101. 113 Vgl. Kersten, W., Singer, C. (2010), S. 192. 114 Vgl. Englisch, J. (2011), S. 11.

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Typische Prozessrisiken sind lang- und kurzfristige Produktionsausfälle, Qualitäts-

schwankungen der Produktion, der Ausfall von Lagereinrichtungen, eine zu niedrige

Vorratshaltung oder IT Ausfälle. Im Rahmen der bereits erwähnten Befragung in Kapi-

tel 4.2.3.1 wurden langfristige Produktionsausfälle mit dem höchsten Schadenausmaß

aller untersuchten Risiken bewertet, wobei die Eintrittswahrscheinlichkeit als äußerst

gering eingestuft wurde. Als größtes Prozessrisiko für Industriebetriebe wurde die Pro-

duktion an der Kapazitätsgrenze, und die damit verbundenen negativen Auswirkungen

gewertet (zum Beispiel: Mangelnde Flexibilität bei kurzfristigen Kundenaufträgen)115,

welche mit einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit und einem hohen potenziellen

Schaden in Verbindung gebracht wurde.116 IT Risiken kommt ein besondere Bedeutung

zu, da zahlreiche SCM Funktionen von Informationsfluss und Informationsteilung ab-

hängig sind. Organisationen sind in der Vergangenheit in zunehmendem Maße abhän-

gig von der eingesetzten Technologie geworden, so dass eine Anfälligkeit für IT Pro-

bleme und Zusammenbrüche besteht. Mögliche Ursachen dafür sind Virusangriffe,

Cyberkriminalität, sowie Soft- und Hardwarefehler. Durch die Nutzung moderner ERP

mit Zugriffsberechtigung für Kunden und Lieferanten, verstärkt sich dieses Risiko noch

weiter.117

Als Steuerungsrisiken kommen eine mangelnde Qualifikation und Motivation der Mit-

arbeiter des Unternehmens in Frage, die eine fehlerhafte Bearbeitung der übertrage-

nen Aufgaben fördern.118 Weiterhin sind diesem Bereich redundante beziehungsweise

überflüssige Prozesse als potenzielles Risiko zuzuordnen. Auch Verantwortungsleer-

räume an der Schnittstelle zwischen zwei Organisationseinheiten der Supply Chain

bilden eine Gefahr für die Funktionsfähigkeit der Lieferkette.119

115 Vgl. Jodbauer, H. (2008), S. 22. 116 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008b), S. 101. 117 Vgl. Wagner, S., Bode, C. (2009), S. 277. 118 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008b), S. 101. 119 Vgl. Klöti, L. (2008), S. 57.

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie 32

5 Bewertung von Supply Chain Risiken

Für den Prozess der Risikobewertung existieren zahlreiche Methoden, wobei aufgrund

der Vielzahl an vorhandenen Risiken häufig mehrere Instrumente miteinander kombi-

niert werden müssen, ähnlich wie im Rahmen der Risikoidentifikation.120 Die gewonne-

nen Ergebnisse aus der Identifikationsphase bilden die Ausgangsbasis für den Bewer-

tungsprozess, weshalb die Datenqualität und –verfügbarkeit für dessen erfolgreiche

Durchführung besonders wichtig sind. Ziel der Bewertungsphase ist eine kontinuierli-

che und detaillierte Quantifizierung der Risiken, so dass die potenziellen Auswirkungen

der Supply Chain Risiken auf das Unternehmen eingeschätzt werden können. Vor-

zugsweise sind gleiche Risikoarten (siehe Abschnitt 4.2) unternehmensweit mit den

gleichen Methoden zu analysieren, um eine Vergleichbarkeit der Resultate herzustel-

len. Im Bereich der Bewertungsmethoden werden grundsätzlich qualitative von quanti-

tativen Ansätzen unterschieden. Qualitative Methoden beschäftigen sich dabei mit der

Bewertung von Risiken ohne objektive Eintrittswahrscheinlichkeit, weshalb das Scha-

denspotenzial nicht genau ermittelt werden kann. Dagegen sind quantitative Methoden

dazu geeignet das Schadenspotenzial genau zu messen. Die Supply Chain Risiken

lassen sich dadurch mit Geldeinheiten bewerten.121 Als dritte Kategorie existieren wei-

terhin semi-quantitative Methoden, bei denen belastbare Zahlen mit allgemeinen Ein-

schätzungen kombiniert werden.122 Im Rahmen der bereits angesprochenen Befragung

von 160 Industrie-, Handels- und Logistikunternehmen zum Thema SCRM wurden die

Studienteilnehmer auch hinsichtlich der eingesetzten Bewertungsmethoden interviewt.

Dabei mussten die Häufigkeit des Einsatzes, sowie die Eignung der verwendeten Me-

thode zur Bewertung von Supply Chain Risiken eingeschätzt werden. Die Eignung

musste anhand einer Likert-Skala mit fünf Abstufungen eingeordnet werden. Bei den

Industrie- und Handelsunternehmen stellte sich heraus, dass aufwendige Methoden,

wie Scoring Modelle, Risikosimulationen oder Sensitivitätsanalysen, die aus dem quan-

titativen beziehungsweise semi-quantitativen Bereich stammen, zwar positiv hinsicht-

lich der Eignung beurteilt wurden, jedoch nur von circa 20 bis 30 % der Unternehmen

auch tatsächlich eingesetzt werden. Weiterhin zeigte sich, dass Schätzverfahren (quali-

tatives Bewertungsinstrument) von 80 % der befragten Unternehmen verwendet wer-

den und damit die am meisten genutzte Methode darstellten. Trotz der weiten Verbrei-

120 Vgl. Etterer, W. (2008), S. 199. 121 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008b), S. 124. 122 Vgl. Mullai, A. (2004), S. 148.

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie 33

tung schätzten lediglich 36 % der Teilnehmer das Verfahren als geeignet oder voll ge-

eignet ein.123

5.1 Quantitative Methoden

5.1.1 Value at Risk

Die Value at Risk Methode hat ihre Wurzeln im Finanzbereich, wo sie für die Bewer-

tung und Kontrolle von Markt- und Zinsrisiken eingesetzt wird. In diesem Zusammen-

hang wird ein beliebiges Portfolio betrachtet, dass über eine bestimmte Zeitspanne

gehalten wird und aufgrund veränderter Marktgegebenheiten, Gewinne oder Verluste

abwerfen kann.124 Der VaR als statistische Messgröße stellt dann den in Geldeinheiten

bewerteten, maximal möglichen Verlust dar, der sich mit einer bestimmten Wahr-

scheinlichkeit (Konfidenzniveau) innerhalb einer bestimmten Haltedauer ergeben

kann.125 So bedeutet ein VaR von 5 Millionen € und einem Konfidenzniveau von 99 %,

sowie einer Haltedauer von einem Tag, dass der Verlust des betrachteten Portfolios

mit einer Wahrscheinlichkeit von 99 % innerhalb eines Tages 5 Millionen € nicht über-

steigen wird.126 Durch eine Abwandlung der Methode im Hinblick auf die Bezugsgröße,

welche im finanzwirtschaftlichen Bereich der Marktpreis (zum Beispiel der Aktie / des

Portfolios) ist, besteht die Möglichkeit den Ansatz auch auf quantifizierbare Supply

Chain Risiken des Unternehmens zu übertragen. Zu diesem Zweck müssen für das

betrachtete Risiko jedoch objektive Werte für das Schadensausmaß und die Eintritts-

wahrscheinlichkeit existieren. Dadurch ist der Ansatz nur für eine Teilmenge der exis-

tierenden Supply Chain Gefahren einsetzbar.127 Dazu zählen in erster Linie Bestands-

risiken, wie Preis- und Nachfrageschwankungen von Lagerware oder Probleme mit

dem Management einer komplexen Produktvielfalt im Lagersystem. Da die VaR Me-

thode ausschließlich für quantifizierbare Risiken eingesetzt werden kann, wird empfoh-

len den Prozess der Risikobewertung nicht auf sie alleine zu stützen. Dies ist auch der

Grund dafür, weshalb sich Forschungsarbeiten aus dem SCRM Bereich selten mit dem

VaR Ansatz beschäftigen.128

5.1.2 Sensitivitätsanalyse

Mit Hilfe der Sensitivitätsanalyse kann der Einfluss einzelner Risiken auf unterneh-

mensbezogene wirtschaftliche Größen ermittelt werden. Ähnlich wie beim VaR Ansatz

123 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008b), S. 124 – 125. 124 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 64. 125 Vgl. Rabak, R. (2010), S. 147. 126 Vgl. Becker, H.-P. (2012), S. 23. 127 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 64. 128 Vgl. Li, J., Chen, J., Wang, S. (2011), S. 7.

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müssen auch bei der Sensitivitätsanalyse quantitativ verwertbare Daten hinsichtlich der

betrachteten Risiken verfügbar sein. Ausgangspunkt ist eine Zielfunktion bei der eine

oder mehrere Inputgrößen verändert werden, um herauszufinden, wie die Zielgröße

reagiert. Im Umkehrschluss kann auch ermittelt werden, welche Werte die Inputgrößen

annehmen dürfen, damit eine gegebene Zielgröße nicht überschritten wird.129 Als Ziel-

größe kommt zum Beispiel die Veränderung der Umsatzerlöse des Unternehmens

unter dem Einfluss von Supply Chain Risikoereignissen in Frage.130 Die Anpassung der

Inputgrößen kann auf zwei verschiedenen Wegen erfolgen. Entweder der Ausgangs-

wert wird schrittweise verändert, oder man verwendet vorher festgelegte Alternativwer-

te (zum Beispiel Minimal- und Maximalwert). Als sinnvoll erweist sich die Sensitivitäts-

analyse speziell bei finanziellen Risiken, da die Verbindung mit der Zielgröße funktional

darstellbar ist. Bezogen auf betriebliche Risiken kann die Methode nur dann zum Ein-

satz kommen, wenn der Zusammenhang zwischen einer einzelnen Inputgröße und der

Zielgröße nachweisbar ist. Aufgrund wechselseitiger Abhängigkeiten verschiedener

Supply Chain Risiken ist dies jedoch nicht immer möglich. Problematisch an der Sensi-

tivitätsanalyse ist weiterhin, dass die Einflussfaktoren eines Risikos relativ genau be-

kannt sein müssen, um sinnvolle Ergebnisse zu erzielen. Da sich die Zusammenhänge

mit der Zielgröße bei den meisten betrieblichen Risiken nicht funktional darstellen las-

sen, empfehlen die Autoren Pfohl, Gallus und Köhler die Anwendung auf finanzielle

Risiken zu beschränken.131

5.1.3 Risikosimulation

Die Verwendung der Risikosimulation als Bewertungsverfahren wurde erstmals von

Hertz zwecks Risikoanalyse von Investitionsvorhaben angeregt. Mittlerweile gilt sie als

Standardwerkzeug für die kritische Auseinandersetzung mit Investitionen. Allgemein

bezeichnen Simulationen die Abbildung eines realen Systems in einem Modell und die

systematische Durchführung von Experimenten an diesem Modell.132 Ziel der Risikosi-

mulation ist die Prognose von Zuständen einzelner Systemkomponenten, oder des

Gesamtsystems. Eine Variante des Verfahrens ist die historische Simulation, welche

ausschließlich auf Grundlage von Vergangenheitsdaten über die Risikoposition eine

Abschätzung über deren zukünftige Entwicklung abgibt. Weiterhin existiert die Monte

Carlo Simulation als zweite Variante, die sich nicht auf Vergangenheitsdaten bezieht,

sondern Zufallszahlen verwendet, um die zukünftige Entwicklung der Risikoposition

abzuschätzen. Die Verteilung der Zufallszahlen basiert dabei auf Expertenmeinungen.

129 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 62. 130 Vgl. Lockamy, A., McCormack, K. (2009), S. 601. 131 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 62 – 63. 132 Vgl. Freidank, C.-C., Lachnit, L., Tesch, J. (2007), S. 1191.

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Die Risikosimulation ist sowohl für finanzielle, als auch für nicht-finanzielle Risiken und

damit für Supply Chain Risiken geeignet.133 Eine Studie über die Durchführung von

Risikosimulationen mit Lieferkettenbezug stammt von den Autoren Deleris und Erhun.

Auf Basis von produktbezogenen Informationen hinsichtlich Lagerorten, Streckeninfor-

mationen und dem Beitrag zum Gesamtumsatz des Unternehmens, sowie netzwerkbe-

zogenen Informationen bezüglich geografischer Lage, vorhandener Kapazitäten und

Organisationsstruktur, wurde ein Flussmodell entworfen, dass später die Grundlage für

eine Monte Carlo Simulation bilden sollte. Anhand der bereits angesprochenen netz-

werkbezogenen Informationen, sowie Daten über mögliche Risiken, wie der Häufigkeit

von Lieferkettenunterbrechungen, dem Schweregrad der Risiken und vorhandenen

Abhängigkeitsverhältnissen der Risiken untereinander, wurden des Weiteren verschie-

dene Unterbrechungsszenarien ermittelt, auf die das erstellte Flussmodell getestet

werden sollte. Ziel der Simulation war es den Volumenverlust für die Versorgung des

Endkunden mit Produkten unter dem Einfluss verschiedener Supply Chain Unterbre-

chungsszenarien zu ermitteln und im Anschluss in Geldeinheiten beziehungsweise in

den entstehenden Umsatzverlust zu übertragen. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis,

dass sich die Risikosimulation als nützliches Tool für Supply Chain Manager anbietet,

um Schwachstellen in der Lieferkette zu identifizieren. Allerdings wurde auch auf die

Grenzen des Flussmodells hingewiesen, da es sich lediglich um ein statisches Abbild

des eigentlichen Netzwerks handelte und zum Beispiel keine Einschätzungen über

Lieferzeiten getroffen werden konnten.134

5.2 Semi-Quantitative Methoden

5.2.1 Fehler- und Ereignisbaumanalyse

Die Fehlerbaumanalyse (FTA) und Ereignisbaumanalyse (ETA) sind Risikobewer-

tungsmethoden, die sich sowohl für die quantitative als auch für die qualitative Evalua-

tion eignen. Im Rahmen der FTA steht das unerwünschte Supply Chain Ereignis (zum

Beispiel eine Unterbrechung oder ein Schaden) an oberster Stelle. Es erfolgt eine Zer-

legung des Ereignisses in einzelne, nicht weiter unterteilbare Ursachen für den Scha-

den. Demnach stellen die Äste des Fehlerbaums grafisch gesehen die jeweiligen Ursa-

chen dar und können logisch miteinander verbunden werden. Die einzelnen Gründe für

das Schadensereignis werden so transparent gemacht und die gesamte Struktur des

Fehlers kann analysiert werden. Auch die Eintrittswahrscheinlichkeit des übergeordne-

ten Schadens kann ermittelt werden, sofern auch für die einzelnen Ursachen Eintritts-

133 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 63. 134 Vgl. Deleris, L., Erhun, F. (2005), S. 1643 – 1648.

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wahrscheinlichkeiten vorliegen. Als vorteilhaft erweist sich die grafische Darstellung der

FTA, welche die Ursache-Wirkungszusammenhänge eines Supply Chain Risikos er-

kennen lässt. Weiterhin wird die Risikosteuerung erleichtert, da sich gezielt Maßnah-

men für die Beherrschung der einzelnen Ursachen ermitteln lassen. Problematisch

stellt sich der mit der FTA verbundene Aufwand dar, zumal sämtliche Ursachen im De-

tail durchleuchtet werden müssen, weshalb eine Anwendung nur bei Risiken mit ho-

hem Bedrohungspotenzial und großem Schadensausmaß zu empfehlen ist.135

Bei der Ereignisbaumanalyse handelt es sich um eine induktive Methode, die mit

einem auslösenden Ereignis startet und per Baumdiagramm eine systematische Erfas-

sung von allen möglichen Endzuständen liefert, die dadurch verursacht werden kön-

nen. Bei dem auslösenden Ereignis kann es sich zum Beispiel um eine Katastrophe

wie eine Flut, einen Großbrand oder ein Erdbeben handeln.136 Beginnend mit dem

Ausgangsereignis wird der Baum bei jeder Folgereaktion weiter aufgefächert, so dass

sich verschiedene Szenarien hinsichtlich des Endzustands ergeben. Sind für das aus-

lösende Ereignis und die Folgereaktionen Eintrittswahrscheinlichkeiten bekannt, lassen

sich auch Wahrscheinlichkeiten für die verschiedenen Endzustände ermitteln.

Im Rahmen der SCRM Forschung werden sowohl die ETA, als auch die FTA wenig

ausführlich behandelt. Ein potenzieller Anwendungsfall der FTA ist die Ermittlung der

Eintrittswahrscheinlichkeit eines Lieferantenausfalls. Dabei wird das Lieferantenausfall-

risiko als unerwünschtes Supply Chain Ereignis in die vier Fehlerquellen

Mensch/Organisation, Prozess/Material, Infrastruktur und Umfeld unterteilt. Durch eine

weitere Aufgliederung werden die Ursachen daraufhin detaillierter analysiert. Zum Bei-

spiel wird die Fehlerquelle Mensch/Organisation in die Bereiche Mitarbeiterausfall und

Unternehmensausfall aufgeteilt. Im letzten Schritt werden dann die genauen Quellen

für den Ausfall hinterfragt. Im Falle des Mitarbeiters können dies krankheitsbedingte

Fehlzeiten oder Streiks sein, während das Unternehmen selbst aufgrund einer Insol-

venz handlungsunfähig werden kann.137

5.2.2 Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse

Die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) ist ein System von Aktivitäten mit

dem Ziel, die potentiellen Fehler eines Produkts oder Prozesses, sowie die Auswirkun-

gen des Fehlers zu entdecken und abzuschätzen. Weiterhin sollen Maßnahmen ermit-

telt werden, mit denen die Chance des Eintritts eines potentiellen Fehlers reduziert

135 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 58. 136 Vgl. Verma, A.-K., Ajit, S., Karanki, D.-R. (2010), S. 330. 137 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 58 – 59.

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oder eliminiert werden kann. Auch die Dokumentation des gesamten Bewertungspro-

zesses ist Teil der FMEA.138 Der Ablauf der FMEA sieht vor, dass im ersten Schritt die

möglichen Fehler aufgelistet und beschrieben werden. Dies erfolgt, genauso wie alle

weiteren Schritte, mit der Hilfe von standardisierten Formblättern. Die folgende Abbil-

dung zeigt ein Beispiel für ein solches FMEA Formular:

138 Vgl. Dani, S. (2008), S. 61.

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Tabelle 1: Beispiel für ein FMEA Formular

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180

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4

Bedeutung 8

8

Auftreten 2

2

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getroffene Maß-nahmen

Abfrage der Ventilendlage in der SPS und wöchentliche vorbeu-

gende Wartung

Behälter wird an das Druckluftnetz ange-schlossen. Visuelle Kontrollen in den

Pausen

Empfohlene Abstell-maßnahmen

Ventilöffnung sicher stellen Überdruck erzeugen

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RPZ

384

384

Fehlerkosten

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600

Entdeckung 8

8

Bedeutung 8

8

Auftreten 6

6

vorgesehene Prüf-maßnahmen

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Quelle: in Anlehnung an din-iso-zertifizierung-handbuch.de (2012), 27. Jun. 2012.

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Neben der Beschreibung der Fehler, werden auch deren potenzielle Folgen und Ursa-

chen im Formular verbal umschrieben. Die Bewertung der Risiken erfolgt in einem

zweiten Schritt, bei dem der aktuelle Zustand der Risiken evaluiert wird. Dazu werden

die Wahrscheinlichkeit des Auftretens, die Bedeutung und die Entdeckungswahr-

scheinlichkeit jeweils mit 1 bis 10 Punkten bewertet. Die höchste Wahrscheinlichkeit

entspricht dabei 10 Punkten. Anschließend erfolgt eine Multiplikation der drei Werte

aus der sich die Risikoprioritätszahl (RPZ) ergibt. Anhand der ermittelten RPZ erfolgt

eine Priorisierung der Risiken und es besteht die Möglichkeit wichtige Risiken von un-

wichtigen zu trennen. Weiterhin werden im Formblatt Abstellmaßnahmen für die ein-

zelnen Risiken festgehalten und die tatsächlich getroffenen Maßnahmen aufgezeigt.

Zum Abschluss erfolgt ein Soll-Ist Abgleich durch Neubewertung der einzelnen Risiken,

um die Wirkung der eingeleiteten Maßnahmen zu überprüfen. Die Bewertungsmethode

ist die gleiche, wie bei der Initiativbewertung. Auch wenn Fallstudien zeigen, dass die

FMEA in der Praxis für die Bewertung von Supply Chain Risiken herangezogen wird,

muss dennoch festgehalten werden, dass mit der subjektiven Bewertung der Risiken

eine große Schwankungsbreite der RPZ einhergeht und eine Scheingenauigkeit sug-

geriert wird. Auch die Einbeziehung von nur drei Bewertungsmaßstäben (Auftreten,

Bedeutung, Entdeckung) ist als wenig detailliert und ungenau zu bezeichnen. Interpen-

denzen zwischen einzelnen Risiken finden ebenso keine Berücksichtigung.139

5.2.3 Scoring-Modelle

Scoring-Modelle werden in Unternehmen für verschiedene Zwecke eingesetzt. Auf der

Managementebene wird durch ihre Anwendung die Entscheidung zwischen verschie-

denen Handlungsalternativen erleichtert, wobei die Bewertung unter Berücksichtigung

der Ziele und Präferenzen des Entscheidungsträgers erfolgt. Es existieren verschiede-

ne Arten von Scoring-Modellen, welche jedoch auf einer einheitlichen Methodik basie-

ren. Die Evaluation der einzelnen Sachverhalte erfolgt auf der Grundlage von Wer-

tungspunkten. Somit können Supply Chain Risiken, die eigentlich heterogener Natur

(zum Beispiel bezogen auf die Messbarkeit) sind, in einem gemeinsamen Entschei-

dungsmodell bewertet werden, unabhängig davon, ob es sich um quantitative oder

qualitative Risiken handelt.140 Grundsätzlich erfolgt die Bewertung anhand diverser

Kriterien, die ein Risiko charakterisieren. Dazu zählen beispielsweise die Eintrittswahr-

scheinlichkeit, die Schadensauswirkung und die Schadenshäufigkeit. Die Wertungs-

punkte für die einzelnen Kriterien orientieren sich anhand einer einheitlichen Skala, die

Vergleiche der Supply Chain Risiken untereinander erlaubt. Eine verbreitete Möglich-

139 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 56 – 57. 140 Vgl. Burger, A., Buchhart, A. (2002), S. 156.

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keit, um die Gewichtung der einzelnen Risiken, bezogen auf das Gesamtrisiko, sowie

die Kriterien für die Charakterisierung der Risiken festzulegen, bilden Experteninter-

views. Auch bieten sich empirische Daten an, um einen Schlüssel für die Gewichtung

der Risikopositionen zu ermitteln.141 Um eine schlüssige Risikobewertung im gesamten

Unternehmen zu gewährleisten, ist die Einführung von abteilungsübergreifenden Be-

wertungsmustern notwendig. Grundsätzlich besteht bei Scoring-Modellen ein Konflikt

zwischen Vollständigkeit und Genauigkeit der Risikobewertung. Wird eine möglichst

umfassende Aufstellung aller Risiken angestrebt, so ist der Gewichtungsfaktor der ein-

zelnen Supply Chain Risiken möglichst gering zu wählen, damit alle Positionen in die

Gesamtbewertung einfließen können. Zum einen nimmt durch die niedrige Gewichtung

die Genauigkeit der Bewertung ab, zum anderen kann die Vielzahl der Risiken mit

niedrigem Gewichtungsfaktor in Summe die Gesamtbewertung ungewollt dominie-

ren.142

5.3 Qualitative Methoden

5.3.1 Risikoklassifizierung

Bei der Risikoklassifizierung handelt es sich um ein schnelles und leicht verständliches

Verfahren zur Risikobewertung, dass sich insbesondere dann anbietet, wenn sich die

Eintrittswahrscheinlichkeit und das Schadensausmaß des betrachteten Supply Chain

Risikos nicht exakt messen lassen, oder eine Quantifizierung nicht notwendig ist.

Durch die Risikoklassifizierung können qualitative Risiken vergleichbar gemacht wer-

den, was hilfreich im Hinblick auf die später einzuleitenden Steuerungsmaßnahmen ist.

Bei Erstellung der Risikoklassen empfiehlt sich die Festlegung einer geringen Anzahl

an Klassen, um den Überblick nicht zu verlieren und einer Scheingenauigkeit durch

eine zu starke Differenzierung vorzubeugen.143 Die Autoren Tummala und Schoenherr

machen einen konkreten Vorschlag, wie das Modell einer Risikoklassifizierung ausge-

staltet werden kann: Die Grundlage für ein späteres Ranking der einzelnen Supply

Chain Risiken bildet die Ermittlung eines sogenannten Risk Exposure Values für jedes

identifizierte Supply Chain Risiko. Dabei handelt es sich um einen Wert, der das Ge-

fährdungspotenzial des jeweiligen Risikos abbildet. Die Berechnung des Risk Exposure

Values erfolgt durch Multiplikation des Risk Consequence Index, der das Schadens-

ausmaß des Risikos beschreibt, mit dem Risk Probability Index, der die Eintrittswahr-

scheinlichkeit des Risikos anzeigt. Die folgende Tabelle zeigt die von Tummala und

141 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 60. 142 Vgl. Burger, A., Buchhart, A. (2002), S. 161. 143 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 53.

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Schoenherr vorgeschlagenen Ausprägungen für den Risk Consequence Index und den

Risk Probability Index:

Tabelle 2: Risikoklassifizierung nach Tummala und Schoenherr

Schadensausmaß Qualitative Beschreibung Risk Consequence Index

Katastrophal Schließung der Fabrik für mehr als einen Monat aufgrund von Zulieferteilen ohne

Sicherheitsbestand 4

Kritisch

Verlangsamung der Produktionsprozesse oder Schließung der Fabrik für eine Woche

aufgrund von Zulieferteilen ohne Sicher-heitsbestand

3

Gering Eingeschränktes Service Level durch er-

schöpfte Sicherheitsbestände 2

Vernachlässigbar Uneingeschränkter Service durch ausrei-

chend hohe Sicherheitsbestände 1

Eintrittswahrschein-lichkeit

Qualitative Beschreibung Risk Probability Index

Häufig Einmal pro Woche 4

Unregelmäßig Einmal pro Monat 3

Selten Einmal im Jahr 2

Sehr selten Einmal im Jahrzehnt 1

Quelle: In Anlehnung an: Tummala, R., Schoenherr, T. (2011), S. 478.

Der Risk Exposure Value für ein kritisches Risiko (3), welches häufig eintritt (4) wäre

demzufolge mit 12 anzusetzen (3 x 4). Nachdem eine Bewertung für alle identifizierten

Supply Chain Risiken durchgeführt wurde, erfolgt eine Gruppierung der Risiken. So

lassen sich Risiken mit einem Risk Exposure Value von 11 bis 16 zu der kritischsten

Klasse zusammenfassen. Dies können zum Beispiel der Diebstahl oder der Verlust von

Gütern auf dem Transportweg, das Risiko einer Lieferanteninsolvenz oder der Brand

des firmeneigenen Lagerhauses sein. Tummala und Schoenherr empfehlen Risiken mit

einem Risk Exposure Value von 6 bis 10 zur zweit kritischsten Klasse hinzuzufügen.

Dazu können die Beeinflussung der Supply Chain durch Streiks, die Transportverzöge-

rung durch Zollformalitäten oder der Maschinenausfall beim Vorlieferanten zählen.

Supply Chain Risiken mit einem Risk Exposure Value von 1 bis 5 gelten abschließend

als vernachlässigbar. Zu dieser Klasse könnten unvollständige oder beschädigte Liefe-

rungen zählen, die nicht zwangsläufig die internen Prozesse des Verarbeiters, auf-

grund von ausreichenden Lagerbeständen, gefährden. Alternativ ist es auch möglich

die Risk Exposure Values für eine Pareto Analyse heranzuziehen. So können die 20 %

der Risiken ermittelt werden, die wahrscheinlich für 80 % der Supply Chain Unterbre-

chungen verantwortlich sind, um im Anschluss entsprechende Gegenmaßnahmen zu

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definieren.144 Festzuhalten bleibt, dass es sich bei der Risikoklassifizierung um eine

stark vereinfachte Bewertungsmethode handelt. Da die Risiken nur grob kategorisiert

werden, kann es zu Abgrenzungsproblemen kommen. Als Selektionskriterium für die

weiteren Schritte des SCRM Prozesses eignet sich das Verfahren aber dennoch.145

5.3.2 Szenarioanalyse

Die Szenarioanalyse ist eine strikt qualitative Bewertungsmethode, die sich bei Erstel-

lung der verschiedenen Szenarios an einer Mischung aus Expertenmeinungen, Brain-

stormings, Analysen und Vermutungen bedient. Tendenziell eignet sie sich für die Be-

trachtung von größeren Supply Chain Problematiken über einen längerfristigen Zeit-

raum.146 In der Regel werden verschiedene Zukunftsszenarien, deren tatsächliches

Eintreten für realistisch gehalten wird, innerhalb einer Gruppendiskussion erstellt, wo-

bei das gesamte Spektrum durch den Entwurf von Extremszenarien begrenzt wird. Die

Qualität der Ergebnisse hängt maßgeblich vom Know How der Diskussionsteilnehmer,

sowie einer sinnvollen Herangehensweise ab. Ziel ist es eine Planungsgrundlage für

alle an der Supply Chain beteiligten Institutionen zu schaffen und zu überprüfen, wel-

che Gegebenheiten dazu führen, dass ein bestimmtes Szenario eintritt oder nicht.147

Zwar ist es unüblich, dass für die einzelnen Szenarios sinnvolle Eintrittswahrschein-

lichkeiten ermittelt werden, jedoch lässt sich ein Verständnis für Entscheidungen ge-

winnen, die zukünftig getroffen werden müssen.148

5.3.3 Risikoportfolio

Ein weit verbreitetes Mittel für die Bewertung von Supply Chain Risiken stellen Risiko-

portfolios dar. Sie ermöglichen eine grafische, modellartige Darstellung der identifizier-

ten Einzelrisiken und liefern die Basis für eine Risikoaggregation. Der Aufbau des Risi-

koportfolios orientiert sich an der zweidimensionalen Darstellung von zwei Größen,

wobei in den meisten Fällen Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit verwendet

werden. Die Skalierung der Achsen des Risikoportfolios kann entweder qualitativ oder

quantitativ erfolgen.149 Mögliche Einheiten für die Eintrittswahrscheinlichkeit sind je

nach Anwendungsfall Prozentpunkte von 0 bis 100 %, Kategorien wie unwesentlich,

klein, mittel, groß oder existenzbedrohend, beziehungsweise Häufigkeiten bezogen auf

einen bestimmten Zeitraum (Beispiel: Einmal im Monat, einmal im Jahr). Als Einheiten

für die Schadenshöhe kommen die bereits erwähnten Kategorien (unwesentlich, …) in

144 Vgl. Tummala, R., Schoenherr, T. (2011), S. 478 – 479. 145 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 53. 146 Vgl. Waters, D. (2007), S. 142. 147 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 53. 148 Vgl. Waters, D. (2007), S. 142. 149 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 54.

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Frage oder ein ungefährer Wert für den Schaden in Geldeinheiten. Sind alle identifizier-

ten Risiken nach den Kriterien Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe bewertet,

kann eine Visualisierung im Risikoportfolio erfolgen. In der Regel werden auf der x-

Achse die Eintrittswahrscheinlichkeiten (probability / frequency) und auf der y-Achse

die Schadenshöhe (impact / severity) abgetragen, jeweils vom Ursprung aus mit stei-

gender Höhe. Die Größe der verwendeten Risikomatrix und damit die Anzahl der Ab-

stufungen für die beiden Messgrößen (zum Beispiel 3 x 3, 4 x 4, 5 x 5) hängt dabei

vom Ermessen des zuständigen Risikomanagers ab.150 Ein Beispiel für ein Risikoport-

folio mit einer 6 x 6 Matrix zeigt die folgende Darstellung:

Abbildung 4: Beispiel für ein Risikoportfolio mit einer 6 x 6 Matrix

Gew

ichtu

ng

Hig

h 6

5

Med

ium

4

3

Low

2

1

1 2 3 4 5 6

Low Medium High

Frequenz

Quelle: in Anlehnung an: riskviews.wordpress.com (2012), 04. Jul. 2012.

Die Einzelrisiken werden gemäß ihrer Werte für Eintrittswahrscheinlichkeit und Scha-

denshöhe in die jeweiligen Zellen des Risikoportfolios eingetragen. Durch eine farbli-

che Markierung der Zellen besteht die Möglichkeit wichtige Risiken von unwichtigen zu

trennen. So ist unter anderem eine Einteilung in A, B und C Risiken denkbar.151 Auch

kann für die farblich markierten Zellen ein Toleranzlevel definiert werden. So sind im

oben aufgeführten Beispiel für Supply Chain Risiken im dunkelgrau Bereich sofortige

Gegenmaßnahmen einzuleiten, für hellgraue Risiken Gegenmaßnahmen innerhalb

einer Frist von einem Monat, hellgrüne Risiken sollten monatlich und dunkelgrüne Risi-

ken jährlich überprüft werden. Auch ist die Ausgestaltung abhängig von den Bedürfnis-

sen des betrachteten Unternehmens. Alternativ besteht auch die Option eine Akzep-

150 Vgl. Grotegut, M. (2006), S. 24 – 25. 151 Vgl. Waters, D. (2007), S. 139.

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tanzlinie innerhalb des Risikoportfolios zu ziehen. Diese zeigt an, welche Risiken das

Unternehmen akzeptiert, ohne konkrete Gegenmaßnahmen einzuleiten. Alle Risiken

links von der Akzeptanzlinie werden hingenommen, für den Rest müssen entsprechen-

de Steuerungsmaßnahmen gefunden werden.152

Ein wesentlicher Vorteil des Risikoportfolios liegt in der Tatsache, dass eine Visualisie-

rung der Risiken stattfindet, welche die wichtigsten Handlungsfelder auf einen Blick

aufzeigt. Weiterhin handelt es sich um eine sehr einfache Form der Darstellung, die

durch Variation der Achsenkategorien eine Vielzahl an Informationen über die identifi-

zierten Risiken liefern kann. Da es sich um eine zweidimensionale Darstellung handelt,

können jedoch nicht alle relevanten Parameter für die Risikobeurteilung gleichzeitig

betrachtet werden, was zu einem Unvollständigkeitsproblem führt. Da sich Eintritts-

wahrscheinlichkeit und Schadenshöhe im Zeitablauf ändern können, ist anzumerken,

dass ein regelmäßiges Update des Risikoportfolios erfolgen muss um die Aktualität zu

gewährleisten. Änderungen, auch solche, die durch eingeleitete Steuerungsmaßnah-

men erzielt wurden, können durch eine Verschiebung der Risikomarkierungen inner-

halb der Matrix gekennzeichnet werden.153

152 Vgl. Grotegut, M. (2006), S. 26. 153 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 54.

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6 Steuerung von Supply Chain Risiken

Nach Bewertung aller Supply Chain Risiken und Erstellung eines Risikoportfolios, so-

wie eines Rankings der Einzelrisiken (in Abhängigkeit des ermittelten Risk Exposure

Value) wird mit der Analyse des Risikoprofils begonnen. Dabei kann sich zum Beispiel

ergeben, dass die Mehrheit der Risiken in den unternehmensinternen oder in den

unternehmensexternen Supply Chain Prozessen vorzufinden ist. Auch eine Dominanz

der Versorgungsrisiken gegenüber den Nachfragerisiken oder umgekehrt, ist denkbar.

Nach einer ersten Bestandsaufnahme sind potenzielle Steuerungsmaßnahmen im

Rahmen eines Brainstormings zu ermitteln. Die ermittelten Optionen müssen daraufhin

verglichen und bewertet werden. Hauptkriterium bei der Beurteilung ist die Frage, ob

die Steuerungsmaßnahme geeignet ist die Eintrittswahrscheinlichkeit oder das Scha-

densausmaß des identifizierten Risikos zu reduzieren.154 Weiterhin muss die Maßnah-

me aus kaufmännischer Sicht gerechtfertigt werden und kosteneffizient sein. Dies ge-

schieht durch einen Vergleich der Kosten der Steuerungsmaßnahme mit dem poten-

ziellen Schaden, der beim Eintritt des Risikoereignisses entstehen würde. Das Ziel

besteht nicht darin alle Risiken zu eliminieren, sondern sie auf ein tolerierbares Level

zu senken. Die Risikosteuerung ist untrennbar mit der Strategie und den Zielen des

Unternehmens verbunden. So äußert sie sich zum Beispiel in einer Entscheidung

gegen die Einführung eines Produkts oder gegen die Bearbeitung bestimmter Märk-

te.155 Waters definiert vier Mindestanforderungen an eine Steuerungsmaßnahme:

Sie muss dafür sorgen, dass die Supply Chain normal oder mit einer minimalen

Unterbrechung weiterarbeiten kann

Sie muss das Risiko effektiv bewältigen

Sie muss einen angemessenen und effizienten Einsatz der vorhandenen Res-

sourcen erlauben

Sie muss mit allen geltenden Gesetzen und Regelungen vereinbar sein156

Im Rahmen der Risikosteuerung wird zwischen ursachenbezogenen und wirkungsbe-

zogenen Maßnahmen unterschieden. Ziel der ursachenbezogenen Maßnahmen ist die

Verringerung der Eintrittswahrscheinlichkeit des Supply Chain Risikos. Dies kann zum

Beispiel durch die Verbesserung von Planungssystemen beziehungsweise des Quali-

tätsmanagements oder den Aufbau von Alternativlieferanten erfolgen. Dagegen versu-

chen wirkungsbezogene Maßnahmen die Schadenshöhe bei Eintritt eines Supply

Chain Risikos zu reduzieren. Es wird eine Begrenzung, Verminderung oder Kompensa-

154 Vgl. Jüttner, U., Ziegenbein, A. (2008), S. 213 – 214. 155 Vgl. Kaye, D. (2008), S. 38 – 39. 156 Vgl. Waters, D. (2007), S. 150.

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tion des Schadens angestrebt. Beispielhaft lassen sich der Aufbau von Pufferbestän-

den oder die Einführung von Notfallplänen anführen.157 Die ursachenbezogene Risiko-

steuerung lässt sich weiterhin in Maßnahmen zur Risikovermeidung und Maßnahmen

zur Risikoverminderung gliedern. Auf der wirkungsbezogenen Ebene wird eine Unter-

teilung in Risikobegrenzung (Risikoübertragung), Risikoteilung und die Selbsttragung

des Risikos vorgenommen.158

6.1 Ursachenbezogene Steuerungsmaßnahmen

6.1.1 Risikovermeidung

Risikovermeidungskonzepte gehen mit dem Verzicht auf riskante Geschäfte einher.

Dadurch wird eine vollständige Eliminierung der Risikoursache angestrebt.159 Ziel ist

die Senkung der Eintrittswahrscheinlichkeit auf Null, wodurch die Höhe des möglichen

Schadens irrelevant wird, da er sowieso nicht mehr eintreten kann. Problematisch ist

die Risikovermeidung vor allem bei Risiken, die ihre Quelle außerhalb der eigenen Or-

ganisation haben.160 Da unternehmerisches Handeln unweigerlich mit der Nutzung von

Chancen und dem Eingehen von Risiken einhergeht, ist eine vollständige Vermeidung

von Supply Chain Risiken weder möglich noch wünschenswert. Risikovermeidung und

ungenutzte Chancen sind daher untrennbar verbunden. Als konkretes Beispiel für eine

Strategie zur Eliminierung des Lagerrisikos kann die absatzsynchrone Beschaffung

angeführt werden, mit der eine Vereinheitlichung von Beschaffungs-, Produktions- und

Absatzmenge angestrebt wird. Im Rahmen einer strikt auftragsbezogenen Fertigung

wird das benötigte Vormaterial erst nach Vorliegen des Kundenauftrags bestellt, ohne

dass vor der Produktion eine Zwischenlagerung erfolgt. Dies ist jedoch nur möglich,

wenn die Supply Chain Partner eng kooperieren und sich die Kundennachfrage auf

konstantem Niveau bewegt und genau prognostizierbar ist. Ohne Lagerbestand führen

Lieferverzögerungen unmittelbar zu Produktionsunterbrechungen, wodurch das elimi-

nierte Lagerrisiko in einem gestiegenen Transportrisiko münden kann. Weiterhin ist zu

berücksichtigen, dass eine Vermeidungsstrategie bezogen auf die Lagerhaltung einer

Wertschöpfungsstufe stets die Verschiebung der Materialbestände auf eine andere

Stufe nach sich zieht.161 Ein Beispiel zur Vermeidung von Transportrisiken stellen Lie-

ferantenparks dar, wie sie häufig in der Automobilindustrie vorzufinden sind. In diesem

Zusammenhang erfolgt eine Ansiedlung strategisch relevanter Lieferanten in unmittel-

157 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008b), S. 129. 158 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 66 – 68. 159 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 67. 160 Vgl. Grotegut, M. (2006), S. 30 – 31. 161 Vgl. Kummer, S., Sudy, I. (2007), S. 263 – 264.

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barer Werksnähe. Durch die kurze Distanz zum Kunden werden Reaktionszeiten mini-

miert und Transportkosten reduziert. Mit der Hilfe von Logistikdienstleistern kann der

Lieferant dann komplexe Module und Systeme produzieren, um sie im Anschluss se-

quenzgenau und mit optimiertem Versorgungsrisiko zum Montageort innerhalb der

Fertigungslinie zu transportieren.162 Eine simple Risikovermeidungsstrategie im Be-

schaffungsbereich ist weiterhin die Vermeidung von riskanten Prozessen, sowie der

Verzicht auf riskante Beschaffungsmärkte.163 Wird beispielsweise auf eine Beschaffung

in Drittländern verzichtet und stattdessen nur in der europäischen Währungsunion be-

schafft, so kann das Devisenrisiko ausgeschlossen werden.

6.1.2 Risikoverminderung

Mit Risikoverminderungsmaßnahmen wird gezielt auf die Ursachen des Supply Chain

Risikos eingewirkt, um die Eintrittswahrscheinlichkeit zu verringern. Auch wenn die

Schadenshöhe weiterhin unverändert bleibt, kann dadurch eine Senkung des Gesamt-

risikos erzielt werden.164

Die Eintrittswahrscheinlichkeit von Transportrisiken innerhalb der Supply Chain kann

durch eine Verkürzung der Transportwege oder eine gezielte Beschaffung bei lokalen

Lieferanten in räumlicher Nähe zur eigenen Fertigungsstätte gesenkt werden. Auch ist

eine gezielte Auswahl von Transportwegen und Lagerorten nach Sicherheitsaspekten

denkbar. Speziell bei der Nutzung von globalen Beschaffungsmärkten stehen in der

Regel mehrere Alternativrouten zur Verfügung.165 So stellen Piraten in manchen Teilen

der Erde ein ernst zu nehmendes Risiko für Seefrachtspediteure dar, welches durch

die Meidung gefährlicher Routen minimiert werden kann.166 Im Falle internationaler

Lieferketten kommen normalerweise mehrere Transportmittel zum Einsatz, was negati-

ve Auswirkungen auf die Eintrittswahrscheinlichkeit von Schäden während der notwen-

digen Umschlagsprozesse zur Folge hat. Eine wirkungsvolle Steuerungsmaßnahme

stellt dabei die Nutzung des kombinierten Verkehrs dar, welcher die Vorteile der ein-

zelnen Transportmedien vereinigt. Die Transportmittel werden aufeinander abge-

stimmt, um den Umschlagsaufwand von einem Transportmittel zum nächsten mög-

lichst gering zu halten.167 Ein mögliches Beispiel bildet der Huckepackverkehr bei dem

ganze Fahrzeuge (Beispiel: LKW) auf Fahrzeuge eines anderen Verkehrsträgers (Bei-

162 Vgl. Gabath, C. (2010), S. 69. 163 Vgl. Gabath, C. (2010), S. 41. 164 Vgl. Grotegut, M. (2006), S. 31. 165 Vgl. Kummer, S., Sudy, I. (2007), S. 264 – 265. 166 Vgl. Waters, D. (2007), S. 153. 167 Vgl. Gabath, C. (2010), S. 69.

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spiel: Bahn) umgeladen werden.168 Die Eintrittswahrscheinlichkeit von Lagerschäden

kann durch technische und bauliche Veränderungen gesenkt werden. Alarmanlagen,

Videoüberwachungs- und Schließsysteme erschweren Diebstähle und verringern somit

das Lagermengenrisiko. Auch Kontrollmaßnahmen, die nur autorisierten Mitarbeitern

mit Berechtigungsausweis den Zutritt zu den Lagerräumlichkeiten erlauben, sind ein

gängiges Mittel, um Lagerrisiken zu minimieren. Die gezielte Auswahl einer geeigneten

Verpackung zum Schutz der benötigten Güter vor mechanischen und klimatischen

Schäden dient ebenfalls zur Vorbeugung von Transport- und Lagerrisiken. Eine Kenn-

zeichnung der Verpackung mit Bildern oder Zeichen, die auf fragile, giftige, explosive

oder feuchtigkeitsempfindliche Güter hinweisen, dient dazu einen sachgerechten

Transport und eine ordnungsgemäße Lagerung zu gewährleisten. Weiterhin kann eine

Veränderung des Produktdesigns genutzt werden, um die Eintrittswahrscheinlichkeit

von Supply Chain Risiken zu senken. Durch die Konstruktion von Endprodukten mit

standardisierten Teilen kann die Liste der potenziellen Lieferanten erweitert werden.

Außerdem ist eine Reduzierung der Lagerbestände durch die Verringerung des Teile-

spektrums und die Konzentration auf Standardkomponenten möglich.169 Eine weit ver-

breitete Strategie zur Flexibilisierung im Produktionsbereich stellt Postponement dar.

Im Rahmen einer verzögerten Produktdifferenzierung verbleibt das Endprodukt solan-

ge wie möglich in seinem generischen Zustand, bevor es für die einzelnen Kunden

individuell angepasst wird. Dadurch lassen sich spezifische Produkteigenschaften im

letzten Moment anpassen, so dass Nachfrageschwankungen bei speziellen Produkten

oder in speziellen Regionen keine Auswirkungen haben. Das Konzept kommt häufig in

der High Tech Industrie bei der Herstellung von Computern und Druckern zum Ein-

satz.170 Als Beispiel lässt sich der Druckerhersteller Hewlett Packard anführen, der das

Postponement Konzept erfolgreich praktiziert. So wurde die Fertigung der Standard-

drucker an einem Standort in den Niederlanden zentralisiert. Von dort aus wird sowohl

der europäische als auch der nordafrikanische Markt mit Produkten versorgt. Weiterhin

wurden die notwendigen Transport- und Distributionsaktivitäten an die französische

Firma Fraure Machette outgesourct. Diese übernimmt gleichzeitig die Anpassung der

Basisdrucker, sobald ein Kundenauftrag eingegangen ist, indem das Produkt zusam-

men mit dem passenden Set an Zusatzkomponenten verpackt wird, die sich von Re-

gion zu Region unterscheiden. Dabei handelt es sich zum Beispiel um die Betriebsan-

leitung und das Stromkabel. HP hat durch diese Outsourcing Entscheidung die Anfäl-

168 Vgl. Arnold, D., Isermann, H., Kuhn, A., Tempelmeier, H. (2004), o.S. 169 Vgl. Kummer, S., Sudy, I. (2007), S. 266 – 268. 170 Vgl. Autry, C., Sanders, N. (2009), S. 318 – 319.

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ligkeit der eigenen Supply Chain gesenkt und Transportrisiken minimiert.171 Zuneh-

mend wichtiger wird die Anwendung der RFID Technologie zur Reduzierung von

Transport- und Lagerschäden. Dabei werden Objekte mit einem Transponder ausge-

stattet, mit dessen Hilfe verschiedene produktspezifische Daten per Funkübertragung

abgerufen werden können. So besteht die Möglichkeit Güterbewegungen zu registrie-

ren, den Aufenthaltsort von überfälligen Sendungen festzustellen oder die Ankunft

einer Sendung anzukündigen. Mittels RFID können leere Lagerregale signalisieren,

dass es Zeit für eine Auffüllung ist.172 Ein weiterer Anwendungsfall ist der Einsatz von

RFID bei verderblicher Ware, damit kürzere Lagerzeiten durch Einhaltung des FIFO-

Prinzips realisiert werden können. Im Transportprozess ist eine lückenlose Sendungs-

verfolgung über alle Ebenen vom Produkt bis zum Verkehrsträger realisierbar.173 Fer-

ner trägt die Steigerung der Transparenz (Visibility) in der Supply Chain zu einer Risi-

koverminderung bei, da Unterbrechungen besser antizipiert werden können. Dazu ist

es notwendig, ein klares Bild über die Standorte und den Status der Lagerbestände

innerhalb des Liefernetzwerks zu haben. Das Unternehmen wird dadurch in die Lage

versetzt bei Unterbrechungen leichter entscheiden zu können, welche Materialflüsse

umgeleitet und welche Produktionskapazitäten neu verplant werden müssen. Die not-

wendige Transparenz wird durch den Einsatz von Echtzeit Datenbanken erreicht, die

stündlich oder täglich Informationen über Bedarfe, Bestände und Kapazitäten an

Schlüsselpunkten der Supply Chain liefern. Die Firma Cisco nutzt zur Realisierung die-

ses Ziels das selbst entwickelte, onlinebasierte Datennetzwerk e Hub. Der Service ver-

netzt Lieferanten verschiedener Wertschöpfungsstufen und versorgt sie mit einem all-

umfassenden Bild der gesamten Supply Chain, inklusive potentieller Unterbrechungen,

Kapazitätsprobleme, Engpässe und Verspätungen.174 Risikoverminderung lässt sich

auch durch Qualitätsmanagementkonzepte wie Total Quality Management erreichen.

Diese ganzheitliche Methode beschäftigt sich mit Kundenorientierung, kontinuierlicher

Verbesserung, Mitarbeiterorientierung (durch Schulungsmaßnahmen) oder der Ursa-

chenanalyse.175 TQM verfolgt das Ziel Qualität in den Prozess zu implementieren an-

statt sich auf Qualitätsprüfungen nach Fertigstellung eines Produkts zu verlassen.

Durch eine Inspektion des Endprodukts werden zwar Fehler erkannt, die Qualität wird

jedoch nicht gesteigert. Deshalb werden im Rahmen von TQM Qualitätsprozesse auf

allen Ebenen der Supply Chain, vom Lieferanten, über die Produktion bis hin zum End-

kunden, etabliert. Durch eine kontinuierliche Beobachtung der Prozesse werden Fehler

171 Vgl. Yang, B., Yang, Y. (2010), S. 1905. 172 Vgl. Autry, C., Sanders, N. (2009), S. 322. 173 Vgl. Kummer, S., Sudy, I. (2007), S. 268. 174 Vgl. Autry, C., Sanders, N. (2009), S. 316 – 317. 175 Vgl. Kummer, S., Sudy, I. (2007), S. 268.

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schneller entdeckt und Korrekturmaßnahmen können rechtzeitig eingeleitet werden

noch bevor das Produkt fertiggestellt ist.176 Generell ist eine risikoorientierte Auswahl

der Kooperationspartner anzuraten. So sollten nur Lieferanten in Betracht gezogen

werden, deren Zuverlässigkeit als hoch eingestuft wird und deren Liquiditätslage als

unkritisch angesehen wird.177

6.2 Wirkungsbezogene Steuerungsmaßnahmen

6.2.1 Risikobegrenzung / Risikoübertragung

Durch Risikoübertragung werden Risiken von einer Organisation innerhalb der Supply

Chain auf Dritte transferiert, die eher in der Lage sind oder sich bereit erklären die

Konsequenzen zu tragen.178 Dies können Lieferanten, Kunden, Versicherungen oder

Logistikdienstleister sein.179 Festzuhalten ist, dass die Risikoübertragung weder zu

einer Eliminierung des Risikos, noch zu einer Senkung der Eintrittswahrscheinlichkeit

führt. In der Praxis kann die Anwendung dieser Steuerungsmaßnahme sogar zu einer

Steigerung des Risikos für die Supply Chain führen, wenn Risiken auf Organisationen

übertragen werden, die nicht in der Lage sind mit ihnen umzugehen. So könnte ein

dominanter Automobilhersteller dazu übergehen wichtige Risiken auf einen kleinen

Zulieferbetrieb abzuwälzen, der nicht über das notwendige Know How verfügt.180

Eine Risikoübertragung im Transportbereich ist durch eine Verpflichtung des Lieferan-

ten zum Gütertransport und die Wahl eines möglichst späten Gefahrenübergangs der

Ware erreichbar. Um die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien eindeutig zu defi-

nieren, ist die Nutzung der International Commercial Terms als Vertragsbestandteil

sinnvoll. Für das beschaffende Unternehmen bietet die DDP Klausel die meisten Vor-

teile, da der Lieferant verpflichtet wird alle Gefahren und Kosten bis zum Bestim-

mungsort inklusive der Verzollung zu tragen. Die Supply Chain Risiken werden da-

durch auf den Lieferanten abgewälzt.181 Im Absatzbereich empfiehlt sich dagegen die

Wahl eines möglichst frühen Gefahrenübergangs auf den Kunden182, was im Kontext

der Incoterms durch die E-Klauseln (Abholklauseln)183 erreicht werden kann. Eine

Übertragung von Lagerrisiken auf den Lieferanten ist zum Beispiel durch die Einrich-

tung eines Konsignationslagers realisierbar. Das Beschaffungskonzept sieht vor, dass

176 Vgl. Autry, C., Sanders, N. (2009), S. 315 – 316. 177 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 67. 178 Vgl. Waters, D. (2007), S. 154. 179 Vgl. Grotegut, M. (2006), S. 32. 180 Vgl. Waters, D. (2007), S. 154. 181 Vgl. Gabath, C. (2010), S. 70. 182 Vgl. Kummer, S., Sudy, I. (2007), S. 270. 183 Vgl. Gabath, C. (2010), S. 70.

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die Lagerhaltung beim Kunden durch den Lieferanten ausgeübt wird. Die Verantwor-

tung für die Bestände (und somit das Lagerrisiko) wird auf den Zulieferer transferiert.

Der Abschluss von Transport-, Diebstahl- oder Feuerversicherungen stellt eine weitere

gängige Steuerungsmaßnahme dar, bei der ein entstandener Schaden je nach Ausge-

staltung der Versicherungspolice teilweise oder vollständig von der Versicherung kom-

pensiert wird.184 Eine Transportversicherung bietet sich insbesondere dann an, wenn

es dem Abnehmer nicht gelingt eine D-Klausel bei den Verhandlungen mit dem Liefe-

ranten durchzusetzen. Grundsätzlich ist zwischen der vollen Deckung und der Stran-

dungsfalldeckung zu unterscheiden. In der vollen Deckung sind alle zufälligen Verluste

und Beschädigungen enthalten, wenn sie nicht vertraglich ausgeschlossen wurden

(zum Beispiel Force Majeure). Bei der Strandungsfalldeckung werden nur Schäden

aufgefangen, die auf Ursachen basieren, die explizit im Vertrag festgehalten wurden

und in der Regel zum vollständigen Verlust der Ware führen. Mit einer Transport-

Betriebsunterbrechungsversicherung können auch Transportfolgeschäden wie Produk-

tionsverzögerungen oder –unterbrechungen abgefedert werden. Diese kompensiert

entgangene Gewinne, sowie fixe Produktionskosten. Durch die Vereinbarung von Ver-

tragsstrafen (Pönalen) mit dem Lieferanten erhält der Abnehmer weit reichende An-

sprüche, falls sich ein Lieferverzug ergibt. Zu beachten ist, dass Vertragsstrafen un-

wirksam sein können, sofern sie den Vertragspartner in einer unangemessenen Weise

benachteiligen.185 Einen wesentlichen Einfluss bei der Verhandlung derartiger Ver-

tragsbestandteile haben die Machtverhältnisse der Vertragsparteien. Es besteht die

Gefahr, dass eine opportunistisch motivierte Risikoüberwälzung auf das schwächere

Glied vorgenommen wird. Dies wiederspricht jedoch einer ganzheitlichen Optimierung

der Lieferkette, welche eine Teilung von Erfolg und Risiken zwischen den Mitgliedern

der Supply Chain vorsieht. Ein weiteres Instrument der Risikoüberwälzung besteht in

der Gründung eines sogenannten Captive. Dabei handelt es sich um ein Versiche-

rungsunternehmen, dass von einem Großunternehmen oder mehreren Unternehmen

gemeinsam ins Leben gerufen wird. In erster Linie sollen mit Hilfe des Captive endo-

gene Risiken der Gründungsunternehmen versichert werden. Der Vorteil besteht darin,

dass auch ansonsten schwer versicherbare Risiken versichert werden können, da das

Captive auch Zugriff auf den Rückversicherungsmarkt hat.186

184 Vgl. Kummer, S., Sudy, I. (2007), S. 270. 185 Vgl. Gabath, C. (2010), S. 70. 186 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 68 – 69.

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6.2.2 Risikoteilung

Der Grundgedanke der Risikoteilung besteht darin, neben den primären Beziehungen

zu Fertigungsstätten, Lagerorten und Lieferanten weitere lose Verbindungen mit ande-

ren Standorten zu pflegen, um sich im Notfall bei sekundären Bezugsquellen bedienen

zu können.187 Der Trend zum Lean Manufacturing seit den 1980er Jahren führte dazu,

dass zahlreiche Unternehmen Single Sourcing Strategien für bestimmte Materialien

etablierten, um eine enge Zusammenarbeit mit dem Lieferanten zwecks Steigerung der

Qualität zu realisieren. Versorgungsengpässe als Folge umweltbedingter oder von

Menschenhand geschaffener Katastrophen führten zu der Erkenntnis, dass Single

Sourcing Strategien mit Risiken verbunden sind. Ein Ansatz zur Erhöhung der Supply

Chain Sicherheit ist die Entwicklung mehrerer Alternativlieferanten für die gleiche

Komponente. Der Druckerhersteller Hewlett Packard verfolgt die Strategie sowohl

einen Lieferanten zwecks Kosteneffizienz als auch einen Lieferanten zwecks Flexibilität

unter Vertrag zu nehmen. Der auf Kosteneffizienz ausgerichtete Zulieferer erhält eine

klar festgelegte Mengenzusage mit Abnahmeverpflichtung seitens HP, was ihn in die

Lage versetzt besonders günstige Preise anzubieten. Dagegen wird mit dem auf Flexi-

bilität spezialisierten Lieferanten ein Vertrag über eine variable Menge mit festgelegter

Ober- und Untergrenze ausgehandelt. Weiterhin bietet es sich an lokale Lieferanten in

das Beschaffungskonzept zu integrieren, besonders dann wenn ansonsten hauptsäch-

lich auf Global Sourcing gesetzt wird. Zwar kann ein lokaler Zulieferer bezogen auf die

Einstandspreise teurer sein, jedoch bietet er den Vorteil schnellerer Reaktionszeiten,

weshalb er als Backup Lösung in Erwägung gezogen werden sollte. Risikoteilung kann

auch erzielt werden, wenn explizit auf Lieferanten gesetzt wird, die mehrere Produk-

tionsstätten an verschiedenen Orten betreiben, die alle die benötigten Materialien her-

stellen. Supply Chain Unterbrechungen werden dadurch minimiert, zumal die Produk-

tion der gewünschten Komponente zwischen den Standorten hin und her geschoben

werden kann.188 Das Phänomen der Risikoteilung lässt sich auch am Beispiel des Ein-

satzes von Subkontraktoren im Speditionsbereich verdeutlichen. Wenn sich eine Spe-

dition bereit erklärt den Transport für einen Kunden mit einem festen Ankunftstermin zu

organisieren, kann sie einen Subunternehmer mit der Durchführung des Transports

beauftragen, um das Risiko zu splitten. Die Verantwortlichkeiten der beiden Partner

und die Verteilung der Risiken werden zu diesem Zweck vertraglich geregelt. Wenn

sich der Subunternehmer bereit erklärt das Risiko eines Lieferverzugs zu tragen und

für daraus resultierende Verspätungsschäden aufkommt, wird er dafür vom Auftragge-

187 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 69. 188 Vgl. Autry, C., Sanders, N. (2009), S. 317.

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ber eine höhere Prämie erwarten. Übernimmt die beauftragende Spedition das Risiko

einer nicht fristgerechten Zustellung der Ware selbst, wird sie auch für die Verspä-

tungsschäden zahlen. Der Subunternehmer erhält im Gegenzug aber auch eine gerin-

gere Prämie für seine Leistung. Das Beispiel zeigt, dass die Aufteilung von Risiken

stark von Verhandlungen und getroffenen Vereinbarungen abhängt. Waters zeigt die

wesentlichen Einflussfaktoren auf, die bei der Risikoteilung eine Rolle spielen. Dazu

zählen die Verhandlungsmacht der Supply Chain Partner, die Grundeinstellung gegen-

über Risiken, die Fähigkeit Risiken kontrollieren zu können, die Zahlungsbereitschaft

zwecks Beherrschung der Risiken, die Erfahrung im Umgang mit Risiken, sowie die

individuelle Beurteilung der Risikosituation durch jedes einzelne Unternehmen.189 In

der Literatur wird auch die Bildung von Einkaufsgemeinschaften (zum Beispiel mit

Unternehmen der gleichen Wertschöpfungsstufe) als Mittel genannt, um eine Auftei-

lung des Risikos auf mehrere Unternehmen umzusetzen.190

6.2.3 Selbsttragung des Risikos

Im Rahmen der Selbsttragung von Risiken werden Auswirkungen, die auf den Eintritt

von Risikoursachen zurückzuführen sind, bewusst akzeptiert. Je nach Risikobereit-

schaft werden betriebsgerichtete Maßnahmen ergriffen, die das Erreichen der überge-

ordneten Unternehmensziele dennoch sicherstellen sollen.191 Werden dagegen keiner-

lei Schutzmaßnahmen ergriffen, muss das Risiko in voller Höhe getragen werden. Die-

ser Extremfall ist relevant, wenn das Unternehmen keine andere Wahl hat, da sich kei-

ne Versicherung bereit erklärt das Supply Chain Risiko zu übernehmen. In diesem Fall

ist die Generierung von Rücklagen und Rückstellungen gemäß der geltenden handels-

und steuerrechtlichen Regularien in Erwägung zu ziehen.192 Eine vollständige Ignorie-

rung des Risikos kommt weiterhin in Frage, wenn sowohl die potenzielle Eintrittswahr-

scheinlichkeit, als auch das potenzielle Schadensausmaß als besonders gering einge-

stuft werden. Der erwartete Schaden eines Risikos muss geringer sein als die Kosten

für jegliche geeignete Steuerungsmaßnahme. Dies bedeutet, dass selbst die risikoa-

versesten Unternehmen bestimmte Risiken akzeptieren und ignorieren. Auch signifi-

kante Risiken werden bewusst vernachlässigt, wenn die Kosten für eine sinnvolle

Gegenmaßnahme hoch sind oder eine Risikosteuerung dazu führen würde, dass die

Situation eher schlimmer wird. Natürlich kann es auch passieren, dass Risiken

schlichtweg nicht erkannt werden oder ihre Konsequenzen falsch abgeschätzt werden,

189 Vgl. Waters, D. (2007), S. 155. 190 Vgl. Grotegut, M. (2006), S. 32. 191 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 70. 192 Vgl. Grotegut, M. (2006), S. 33 – 34.

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was ebenfalls dazu führt, dass keine weiteren Schritte eingeleitet werden.193 Wie stark

der Hang zur Selbsttragung von Risiken ausgeprägt ist, hängt wesentlich von der Risi-

kobereitschaft des betrachteten Unternehmens ab. Eine Möglichkeit, um dennoch indi-

rekt Vorsorge zu betreiben ist die Berücksichtigung von kalkulatorischen Wagnissen,

um zum Beispiel drohende Transport- und Lagerschäden einzupreisen.194 Wie bereits

erwähnt ist eine bewusste Selbsttragung von Risiken in Kombination mit Maßnahmen

zur Dämpfung des auftretenden Effekts ebenfalls möglich. So können zur Reduzierung

des ungebremst eintretenden Risikos Redundanzen in verschiedenen Unternehmens-

bereichen aufgebaut werden. Dies erfolgt durch Einplanung von Pufferzeiten und –

beständen, den Einsatz universeller Maschinen, die Verwendung von austauschbaren

Materialien oder eine flexible Prozessstruktur. Es muss darauf hingewiesen werden,

dass die Gefahr besteht, dass Risiken als Begründung herangezogen werden, um In-

effizienzen in der Supply Chain zu rechtfertigen, weshalb eine klare Trennung von

normalen Lagerbeständen und Sicherheitsbeständen vorgenommen werden muss.195

193 Vgl. Waters, D. (2007), S. 151 – 152. 194 Vgl. Kummer, S., Sudy, I. (2007), S. 270. 195 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 70.

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7 Supply Chain Risiken am Beispiel der Metall- und Elektroindustrie

7.1 Vorstellung des betrachteten Unternehmens

Der im Zusammenhang der Arbeit untersuchte Betrieb ist ein international tätiges

Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie und unterhält Produktionsstandorte in

Mittel- und Osteuropa, sowie China. Der Fokus des Unternehmens liegt auf der Her-

stellung von Investitionsgütern, die eine zentrale Rolle im Rahmen der weltweiten

Energieversorgung darstellen. Seit circa 3 Jahren existieren Bestrebungen Produkte

am Markt zu platzieren, die für die Umstellung der allgemeinen Energieversorgung auf

erneuerbare Ressourcen benötigt werden. Die gesamte Unternehmensgruppe be-

schäftigt rund 3.500 Mitarbeiter weltweit und erreichte 2010 einen Umsatz in Höhe von

1,2 Milliarden Euro. Sie ist Teil einer Holding, die wiederum an der Börse gelistet ist. Im

Besitz der angesprochenen Holding befinden sich Unternehmen aus verschiedenen

Industriezweigen, unter anderem auch aus dem Bereich Maschinenbau, so dass von

einem diversifizierten Produktportfolio gesprochen werden kann. Zu den bedeutsams-

ten Kunden zählen die großen Energieversorgungsunternehmen, wie zum Beispiel

E.On, RWE und Vattenfall in Deutschland, sowie die entsprechenden Pendants im

europäischen und nicht europäischen Ausland. Im Jahr 2010 gelang die endgültige

Fertigstellung einer neuen Fabrik in Mitteleuropa, die speziell auf die Produktion von

Investitionsgütern für den bereits angesprochenen Sektor der erneuerbaren Energien

ausgelegt ist. Während die neue Produktionshalle eine Grundfläche von 50.000 Qua-

dratmetern aufweist, beträgt die Gesamtfläche der neuen Fertigungsstätte 84.000

Quadratmeter.196 Die neue Fabrik ist mit innovativer Technologie ausgestattet und rea-

lisiert Konzepte, die für den Industriezweig nach heutigem Stand einmalig sind. So be-

steht die Möglichkeit Fertigwaren mit einem Gesamtgewicht von bis zu 2.000 Tonnen

zu produzieren und durch die direkte Flussanbindung unmittelbar über den Wasserweg

zum Endkunden zu transportieren. Ein automatisiertes Logistiksystem in der Produk-

tionshalle sorgt dafür, dass Gabelstaplertransporte nur noch in Ausnahmefällen not-

wendig sind und trägt wesentlich zur Steigerung der Energieeffizienz bei.197

196 Internetseite des betrachteten Unternehmens (anonymisiert), 07. Aug. 2012. 197 Vgl. Einkaufsleiter (2012), Interview.

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7.2 Aluminiumbänder und damit verbundene SC Risiken

7.2.1 Betrachtungsgegenstand

Ein europäischer Energieversorger gilt als wichtigster Abnehmer für eine spezielle Pro-

duktkategorie am Kölner Standort. Ein Rahmenvertrag auf Jahresbasis sorgt für Pla-

nungssicherheit hinsichtlich der Maschinenauslastung und soll die Versorgungssicher-

heit des Kunden gewährleisten. Der Vertrag beinhaltet zwei verschiedene Konstruktio-

nen, die sich am Durchmesser des Endprodukts unterscheiden.198 Beide Typen werden

mit Aluminiummänteln ausgestattet, die das Vordringen von Wasser in das Innere des

Produkts verhindern sollen.199

Für die Fertigung des Mantels wird eine laminierte Aluminiumfolie benötigt. Nach der

aktuell praktizierten Sourcing Strategie für dieses Produkt gilt ein deutscher Hersteller

als ein wichtiger Lieferant. Bei dem Unternehmen handelt es sich um den weltweit

größten Hersteller von Aluminium Walzprodukten. Der bereits angesprochene deut-

sche Standort besteht aus einem Folienwalzwerk und einem Umwandlungsbetrieb.

Zum Produktspektrum zählen Folien für die Verpackungsindustrie, metallisiertes

Papier, sowie unbehandelte und beschichtete Folien für verschiedene Anwendungs-

zwecke.200 Auf der schnellsten Strecke liegen zwischen dem Werk des Zulieferers und

dem Produktionsstandort des betrachteten Unternehmens insgesamt 104 Kilometer,

für die eine Fahrtzeit von circa 1 Stunde und 16 Minuten anzusetzen ist.201 Die benötig-

ten Aluminiumbänder haben eine Stärke von 0,2 mm und weisen zusätzlich eine Be-

schichtung mit einer Stärke von 0,05 mm auf. Da die Aluminiumbänder hohen Anforde-

rungen hinsichtlich der Zugfestigkeit genügen müssen, wird für ihre Produktion eine

spezielle Legierung eingesetzt, die auf dem Markt eher selten anzutreffen ist. Die Alu-

miniumbänder werden in Rollenform in zwei verschiedenen Breiten geliefert, abhängig

davon, welche der beiden Konstruktionen produziert werden soll. Die Lieferung erfolgt

auf Holzpaletten, wobei, abhängig von der Rollenlänge, entweder zwei oder fünf Bän-

der in einem Packstück zusammengefasst werden. Zusätzlich werden die Bänder in

Folie verschweißt und mit Pappe gegen Transportschäden geschützt. Die benötigte

Menge für die Wochenproduktion wird immer dienstags angeliefert. Da mit dem Liefe-

ranten Selbstabholung vereinbart wurde, werden die Transporte vom Standort des be-

trachteten Unternehmens aus koordiniert.202 Aufgrund der zunehmenden Bedeutung

des angesprochenen Endkunden für das Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie

198 Vgl. Einkaufsleiter (2012), Interview. 199 Vgl. Küchler, A., S. 430 – 431. 200 Internetseite des Zulieferers (anonymisiert), 22. Jul. 2012. 201 viamichelin.de (2012), 22. Jul. 2012. 202 Vgl. Einkaufsleiter (2012), Interview.

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und der stark gestiegenen Bedarfe an Aluminiumband am Produktionsstandort in den

letzten Jahren, soll im Folgenden eine Analyse der Supply Chain Risiken erfolgen, wel-

che im Zusammenhang mit diesem Rohstoff auftreten können.

7.2.2 Methodische Vorgehensweise

Zur Identifizierung relevanter Supply Chain Gefahren wurde zunächst eine Brainstor-

ming Session durchgeführt, an der je ein Teilnehmer aus den Funktionsbereichen Ein-

kauf, Produktionsplanung und Logistik des betrachteten Unternehmens beteiligt war.

Dabei konnten insgesamt 33 potenzielle Risiken ermittelt werden, wobei sechs als

exogen, 16 als unternehmensübergreifend-endogen und elf als unternehmensbezo-

gen-endogen kategorisiert wurden. Im Anschluss wurden die Risiken jeder Kategorie

durchnummeriert. In diesem Zusammenhang wurde exogenen Risiken der Buchstabe

A, unternehmensübergreifend-endogenen Risiken der Buchstabe B und unterneh-

mensbezogen-endogenen Risiken der Buchstabe C, zwecks Kennzeichnung vorange-

stellt. Die einzelnen Positionen wurden in einem Fragebogen (siehe Anhang) aufgelis-

tet. Mit diesem wurde für jedes Risiko eine Einschätzung im Hinblick auf die Eintritts-

wahrscheinlichkeit und die potenzielle Schadenshöhe von den Studienteilnehmern ein-

geholt. Beide Parameter sollten auf einer Skala von 1 bis 5 (1 = sehr gering, 2 = gering,

3 = mittel, 4 = hoch, 5 = sehr hoch) beurteilt werden. Insgesamt erfolgte eine Befra-

gung von 8 Know-how Trägern des Unternehmens, davon 4 aus dem Einkauf, 3 aus

der Produktionsplanung, sowie einem Mitarbeiter aus der Logistikabteilung. Die Wahl

einer größeren Grundgesamtheit für die Umfrage wurde als nicht sinnvoll eingestuft, da

das Wissen über den Rohstoff und die dazugehörige Lieferkette auf wenige Mitarbeiter

im Unternehmen verteilt ist. Die Rücklaufquote betrug 100 %. Im Rahmen der Auswer-

tung wurden für jedes Supply Chain Risiko Durchschnittswerte (gerundet auf zwei

Nachkommastellen) für die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Schadenshöhe auf Basis

der 8 Rückmeldungen gebildet. Durch Multiplikation der Durchschnittswerte für beide

Parameter wurde anschließend der Risk Exposure Value (gerundet auf zwei Nach-

kommastellen) für jede Risikoposition ermittelt. Anhand des REP wurde ein Ranking

sämtlicher Supply Chain Risiken erstellt. Zur Visualisierung der Kombination aus Ein-

trittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe für jede Risikoposition wurde außerdem

eine Risikomatrix erstellt.

7.2.3 Ergebnisse aus der Know-how Träger Befragung

Für alle drei Risikokategorien (exogen, unternehmensübergreifend-endogen und

unternehmensbezogen-endogen) wurde eine separate Risikomatrix erstellt, die dem

Anhang entnommen werden kann. Das vorrangige Ziel bestand darin, die Interpretation

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der Befragungsergebnisse zu erleichtern und die Relevanz der einzelnen Risiken prä-

gnant darzustellen.

Im Bereich der exogenen Risiken zeigte sich, dass insbesondere Katastrophenrisiken,

wie Produktionsausfälle aufgrund von Naturgewalten (A3) und terroristischer Anschlä-

ge (A4) mit einem potenziell hohen bis sehr hohen Schaden in Verbindung gebracht

wurden. Dagegen wurde die Eintrittswahrscheinlichkeit der beiden Risiken fast durch-

weg als gering eingestuft, was an der vorteilhaften Lage des Zulieferers in Deutschland

liegt. Das Supply Chain Risiko mit der am höchsten bewerteten Eintrittswahrscheinlich-

keit (Durchschnittswert: 3,25) aus dem exogenen Bereich ist die Abhängigkeit vom

Lieferanten aufgrund einer geringen Anbieterzahl. So ist zu beobachten, dass der

Markt für beschichtete Aluminiumbänder zwar relativ groß ist, jedoch nur wenige Liefe-

ranten existieren, welche in der Lage sind die benötigte Qualität zur Verfügung zu stel-

len, zumal hohe Anforderungen an die Schnittkantenqualität oder die Gleichmäßigkeit

der Beschichtung gestellt werden. Aufgrund des Preisdrucks durch den globalen Wett-

bewerb und speziell chinesische Anbieter, die verstärkt den europäischen Markt be-

arbeiten, wird das Geschäft für europäische Zulieferer, die das nötige Maß an Flexibili-

tät mit sich bringen, erschwert.203 Grundsätzlich ist anzumerken, dass im Bereich der

exogenen Risiken (abgesehen von den bereits angesprochenen Katastrophenrisiken),

keine Risikoposition von den Teilnehmern im kritischen Bereich einer hohen oder sehr

hohen Eintrittswahrscheinlichkeit beziehungsweise Schadenshöhe gesehen wurde.

Dies unterstreicht die als gering empfundene Relevanz der gesamten Risikogruppe.

Bei der Auswertung der Risikomatrix, bezogen auf die endogen unternehmensüber-

greifenden Risiken fällt zunächst die Risikoposition B8 (Versorgungsstopp wegen Lie-

feranteninsolvenz) auf, da sie den zweithöchsten Wert hinsichtlich der Schadenshöhe

von allen untersuchten Risiken aufweist (4,63). Da nach aktuellem Stand wenige Mate-

rialalternativen anderer Hersteller das werksinterne Freigabeprozedere durchlaufen

haben, drohen bei Eintreten des Risikos Konsequenzen für den Produktionsablauf.204

Als besonders relevant lassen sich auch die Risiken B3 (Versorgungsengpass durch

schlechtes Forecasting / volatile Produktionspläne) und B4 (Versorgungsengpass

durch zu spät platzierte Bestellung / übermittelte Bedarfsmeldung) einstufen, da beide

überdurchschnittliche Werte (> 3) hinsichtlich Eintrittswahrscheinlichkeit und Scha-

denshöhe aufweisen. Dies führt zu hohen REP Werten von 12,69 (B4) und 11,78 (B3)

und damit zu einer Platzierung beider Risiken unter den TOP 5 aller untersuchten Posi-

tionen. Auffällig ist, dass beide Positionen prozessbedingte Ursachen im werksinternen

203 Vgl. Einkaufsleiter (2012), Interview. 204 Vgl. Einkaufsleiter (2012), Interview.

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Bereich (späte Bedarfsmeldung, volatile Produktionspläne) in Kombination mit der da-

durch erschwerten Planbarkeit für den Lieferanten haben. In der Risikomatrix sticht

weiterhin ein Cluster aus vier Risiken hervor, die alle gemittelte Werte bezüglich Ein-

trittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe zwischen drei und vier verzeichnen. Dazu

zählen Versorgungsengpässe hinsichtlich der benötigten Aluminiumlegierung (B1) be-

ziehungsweise des benötigten Beschichtungscompounds (B2), ein Lieferstopp auf-

grund nicht oder zu spät beglichener Lieferantenrechnungen (B9) und ein Lieferverzug

des Vorlieferanten, der zu Produktionsverzögerungen beim Lieferanten führt (B11).

Drei von vier dieser Risiken haben (B1 und B2) oder können (B11) ihre Ursache im

Bereich der Material- und Ressourcenknappheit haben. Alle weisen einen hohen REP

zwischen 8,31 und 9,38 auf. Neben den bereits genannten Risiken taucht außerdem

Risikoposition B13 (Wunsch nach kurzfristiger Änderung der Auftragsparameter nicht

erfüllbar) im TOP 15 Ranking aller untersuchten Risiken auf. Der Rest wird als weniger

relevant eingestuft.

Bei der Untersuchung der endogen-unternehmensbezogenen Risiken ergab sich, dass

Risikoposition C2 (Qualitätsmängel werden beim Wareneingang nicht erkannt, sondern

erst während der Verarbeitung) gruppenintern mit dem höchsten potentiellen Scha-

densausmaß (4,13) bewertet wurde. Dieses Ergebnis überrascht nicht, da fehlerhaftes

Material, das im Rahmen des Produktionsprozesses eingesetzt wird, zu Produktions-

abbrüchen, Unbrauchbarkeit des Fertigerzeugnisses, Reklamationen durch den End-

kunden oder anderen schwerwiegenden Problemen für das Unternehmen führen

kann.205 Wie in der Risikomatrix ersichtlich, stellen die Positionen C10 (Abhängigkeit

aufgrund praktizierter Sourcing Strategie) und C11 (Mangel an Alternativmaterialien

aufgrund fehlender Testkapazitäten / träger Freigabeprozeduren) die relevantesten

Supply Chain Risiken der Gruppe dar. Gleichzeitig wurden sie von den Teilnehmern

der Befragung, gemessen am REP (C10: 15,41 / C11: 14,88), als kritischste von allen

33 untersuchten Supply Chain Risiken eingestuft. Der hohe REP ist in erster Linie

durch die als besonders hoch eingeschätzte Eintrittswahrscheinlichkeit von durch-

schnittlich 4,25 für beide Risiken begründet. Erneut betonen die Teilnehmer der Studie

deutlich den Mangel an Alternativen hinsichtlich Lieferant und Material, sowie die

potenziellen Gefahren der praktizierten Sourcing Strategie. Zwei Risiken, die in enger

Verbindung mit dem neuen Produktionsstandort stehen, sind Bestandsabweichungen

bedingt durch die praktizierte Buchungssystematik in SAP (C4), sowie die unvollstän-

dige Berichterstattung an den Einkauf im Hinblick auf Reklamationen (C8). Rohstoff-

mengen, die für die Produktion eines Kabels eingesetzt worden sind, werden nach Fer-

205 Vgl. Einkaufsleiter (2012), Interview.

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tigstellung des Auftrags per retrograder Entnahme aus dem Bestand in SAP gebucht.

Basis für diese mengenmäßige Buchung sind die in SAP hinterlegten Stücklisten aus

denen der planmäßige Materialeinsatz pro Fertigungseinheit hervorgeht. Wird wider

Erwarten mehr Material verbraucht, als die theoretischen Verbrauchsmengen gemäß

Stückliste vorgeben, kommt es zu Bestandsabweichungen. Unter anderem bedingt

durch falsch gepflegte Verbrauchsmengen kam es seit Eröffnung des Standorts ver-

stärkt zu Ungenauigkeiten bei der Bestandsführung, die zu signifikanten Inventurdiffe-

renzen führten. Ein Grund für unvollständige Informationen bei der Meldung von Re-

klamationen an den Einkauf sind falsch verstandene Qualitätsmanagement Prozesse

oder ein Schulungsmangel im Bereich QM. So wurden seit der Werkseröffnung zahl-

reiche neue Mitarbeiter eingestellt, die sich erst mit der Materie vertraut machen müs-

sen.206 Die folgende Tabelle zeigt die TOP 15 Supply Chain Risiken der Mitarbeiterbe-

fragung gemessen am ermittelten REP:

Tabelle 3: TOP 15 Supply Chain Risiken für beschichtete Al-Bänder

Rang Code Supply Chain Risiko REP

1 C10 Abhängigkeit aufgrund praktizierter Sourcing Strategie 15,41

2 C11 Mangel an Alternativmaterialien aufgrund fehlender Testkapazitäten / träger Freigabeprozeduren

14,88

3 B4 Versorgungsengpass aufgrund zu spät platzierter Bestellung / übermittelter Bedarfsmeldung

12,69

4 B3 Versorgungsengpass bedingt durch schlechtes Forecasting der Bedarfsmen-gen

11,78

5 C8 Unvollständige Berichterstattung an den Einkauf im Hinblick auf Reklamationen 11,38

6 C4 Bestandsabweichung bedingt durch Buchungssystematik in SAP (retrograde Entnahme)

10,88

7 A6 Abhängigkeit aufgrund geringer Anbieterzahl 10,56

8 C2 Qualitätsmängel werden beim Wareneingang nicht erkannt, sondern erst wäh-rend der Verarbeitung

9,8

9 B1 Versorgungsengpass hinsichtlich der benötigten Aluminiumlegierung 9,38

10 C1 Qualitätsmängel werden beim Wareneingang nicht erkannt, sondern erst vor der Verarbeitung

9,34

11 B11 Lieferverzug Vorlieferant, dadurch Produktionsverzögerungen beim Lieferanten 9,19

12 B8 Versorgungsstopp wegen Lieferanteninsolvenz 8,67

13 B13 Wunsch nach kurzfristiger Änderung der Auftragsparameter (Menge, Lieferzeit) nicht erfüllbar

8,63

14 B2 Versorgungsengpass hinsichtlich des benötigten Beschichtungscompounds 8,44

15 B9 Lieferstopp wegen nicht beglichener / zu spät beglichener Lieferantenrechnun-gen

8,31

Quelle: eigene Darstellung.

206 Vgl. Einkaufsleiter (2012), Interview.

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7.2.4 Gewonnene Erkenntnisse und mögliche Steuerungsmaßnahmen

Betrachtet man die TOP 15 Supply Chain Risiken gemäß der ermittelten REP Werte,

so fällt auf, dass ein Großteil der potenziellen Gefahren auf die Sourcing Beziehung

zum Lieferanten zurückzuführen ist. Dazu zählen insbesondere die Risikopositionen

A6, B1, B2, B8, B11 und C10. Dies hat den Vorteil, dass mit einer geringen Anzahl an

Steuerungsmaßnahmen gleichzeitig mehrere Risiken eingedämmt werden können. Die

naheliegende Vorkehrung besteht in der Umstellung der aktuell praktizierten Beschaf-

fungsstrategie auf eine breitere Lieferantenbasis. Dabei wird das Beschaffungsobjekt

von mehreren Zulieferern bezogen, die miteinander im Wettbewerb stehen. Häufig wird

dem Lieferanten, der die vorteilhafteren Konditionen offeriert, eine größere Menge zu-

geteilt, als dem Konkurrenten. Es handelt sich um eine Sicherheitsstrategie, die insbe-

sondere für strategische Rohstoffe geeignet ist und auf der einen Seite die Materialver-

sorgung des Unternehmens sicherstellen beziehungsweise auf der anderen Seite den

Wettbewerb zwischen den Lieferanten fördern soll.207 Häufig wird die Bedarfsmenge

auf verschiedene Zulieferer aufgeteilt, was die Konkurrenzsituation fördert, zumal der

dominierende Lieferant versuchen wird seinen Anteil zu verteidigen. Dagegen wird der

unterlegene Lieferant versuchen den Rang mit dem Hauptlieferant langfristig zu tau-

schen und seine Liefermengen kontinuierlich zu steigern.208 Im konkreten Fall der be-

schichteten Aluminiumbänder bietet es sich an den Anteil des aktuellen Zulieferers

zunächst auf einem hohen Niveau zu belassen, zumal das Material qualitativ zufrie-

denstellend ist und mit potenziellen, neuen Alternativmaterialien nur wenige Erfahrun-

gen gesammelt werden konnten. Ein Großteil der Lieferanten am Markt bietet zwar

nicht die spezifizierte Legierung an, jedoch existieren Produkte mit vergleichbaren

Eigenschaften, die im Rahmen einer Versuchsreihe auf Einsetzbarkeit geprüft werden

müssten.209 Parallel bietet sich eine kontinuierliche Analyse und Beobachtung des ak-

tuellen Lieferanten im Hinblick auf potenzielle Supply Chain Risiken an. Dies erfolgt

zum Beispiel durch standardisierte Fragebögen zur Selbsteinschätzung des Zulieferers

oder durch Anwendung von eigenen Risk-Scoring Modellen, die Parameter wie Quali-

tät, finanzielle Lage, Konkurrenzfähigkeit oder die Wahl der Transportrouten evaluie-

ren. Wichtig ist, dass es sich um einen laufenden Prozess handelt, dessen Ergebnisse

und Fortschritte in einer Lieferantendatenbank festgehalten werden.210 Ein Standard-

werk, dass als Grundlage genutzt werden kann, um den Lieferanten zwecks Selbstein-

schätzung seiner Supply Chain Risiken zu befragen, wurde von dem Beratungsunter-

207 Vgl. Wannenwetsch, H. (2010), S. 166. 208 Vgl. Pepels, W. (2009), S. 110. 209 Vgl. Einkaufsleiter (2012), Interview. 210 Vgl. Elkins, D., Handfield, R., Blackhurst, J., Craighead, C. (2008), S. 60.

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nehmen LCP Consulting in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Logistik und Supply

Chain Management der Cranfield School of Management entwickelt (Understanding

Supply Chain Risk: A Self-Assessment Workbook). Das Dokument beinhaltet standar-

disierte Arbeitsblätter, mit denen der Lieferant seine eigenen Lieferketten analysieren

und sich selbst hinsichtlich der folgenden fünf Risikodimensionen testen kann: Versor-

gungsrisiken, Nachfragerisiken, Prozessrisiken, Steuerungsrisiken und exogene Risi-

ken.211 Ein weiterer Ansatz besteht darin einen Business Continuity Plan vom Lieferan-

ten abzuverlangen. Darin muss er SCRM Maßnahmen identifizieren und definieren, die

im Falle einer Lieferkettenunterbrechung durchgeführt werden können. Bei der Aus-

wahl potenzieller Alternativlieferanten muss die Auswertung des BCP fester Bestandteil

der Angebotsanalyse sein, um Risiken noch vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung

vorzubeugen. Dabei ist auch eine Zusammenarbeit mit dem Lieferanten zwecks Ver-

besserung der angedachten Steuerungsmaßnahmen im Krisenfall denkbar.212

Für einige der TOP 15 Risiken wurden in jüngster Vergangenheit Steuerungsmaßnah-

men entworfen, deren Effektivität sich noch zeigen muss. Als Reaktion auf die Risiko-

position C11 (Mangel an Alternativmaterialien aufgrund fehlender Testkapazitäten /

träger Freigabeprozeduren) wurde ein Materialkostenteam ins Leben gerufen, dass

aus Mitarbeitern des Einkaufs und der Produktionsplanung besteht. In einem Meeting,

dass alle vier bis acht Wochen stattfindet, informiert der Einkauf über Alternativmateria-

lien und zeigt damit verbundene Einsparpotenziale auf. Diese sollen der Produktions-

planung als Incentive dienen, um Testkapazitäten für die notwendigen Versuchsaufträ-

ge einzuplanen. Um die Auswirkungen des Risikos C4 (Bestandsabweichung durch

Buchungssystematik in SAP) zu minimieren, wurden die Verbrauchswerte pro Ferti-

gungseinheit vor kurzer Zeit auf den Prüfstand gestellt. Für Materialien bei denen signi-

fikante Bestandsabweichungen in der Vergangenheit beobachtet wurden, erfolgte eine

Adjustierung der in der Stückliste hinterlegten Parameter. Als präventive Maßnahmen

zur Eindämmung der Risiken B4 (Versorgungsengpass aufgrund zu spät platzierter

Bestellung / übermittelter Bedarfsmeldung) und B3 (Versorgungsengpass bedingt

durch schlechtes Forecasting der Bedarfsmengen / volatile Produktionspläne) werden

bereits heute Änderungen der Wiederbeschaffungszeit für Aluminiumbänder umge-

hend nach Bekanntwerden an die Materialdisposition kommuniziert. Nach aktuellem

Stand wird bereits 8 Wochen im Voraus die Gesamtmenge für den übernächsten Mo-

nat geordert, wobei die Einteilung der tatsächlichen Liefertermine innerhalb des jeweili-

gen Monats erst circa 2 Wochen im Voraus erfolgt. Jedoch zeigte sich, dass die ur-

211 Vgl. Christopher, M. (2003), S. 24 – 32. 212 Vgl. Elkins, D., Handfield, R., Blackhurst, J., Craighead, C. (2008), S. 60.

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sprünglich bestellte Monatsmenge häufig im Nachhinein drastisch korrigiert werden

musste (zum Beispiel aufgrund von Produktionsplanänderungen).213 Ergänzend zum

bisher praktizierten System könnte es sich daher als sinnvoll erweisen dem Lieferanten

eine Bandbreite an möglichen Forecast Mengen zu nennen, abhängig von verschiede-

nen Szenarien, die in den nächsten Wochen für denkbar gehalten werden. Dies schafft

eine höhere Flexibilität als bei der Kommunikation einer einzelnen Zahl, sofern der Lie-

ferant in der Lage ist die verschiedenen Szenarien auch bei kurzfristiger Änderung ab-

zubilden.214 Zur Minimierung der Risiken C1, C2 und C8, die in erster Linie unentdeckte

oder zu spät entdeckte Qualitätsmängel des Vormaterials beziehungsweise Schwä-

chen bei der Reklamationsbearbeitung thematisieren, ist ein ausgiebiges Training der

Mitarbeiter die effektivste Strategie. Auf allen Unternehmensebenen muss ein Be-

wusstsein für Produktionsunterbrechungen vorhanden sein. Dies lässt sich durch ein

initiales QM Training für Mitarbeiter (zum Beispiel im Wareneingangsbereich) und an-

schließend periodisch stattfindende Refresher Kurse erreichen.215

213 Vgl. Einkaufsleiter (2012), Interview. 214 Vgl. Autry, C., Sanders, N. (2009), S. 320. 215 Vgl. Autry, C., Sanders, N. (2009), S. 326.

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8 Fazit

Auch wenn die Begriffe Agilität und Flexibilität im Kontext des Supply Chain Manage-

ments derzeit inflationär benutzt werden, besteht aufgrund der starken Nachfrage-

schwankungen in den letzten Jahren dennoch die Notwendigkeit, dass sich insbeson-

dere global handelnde Unternehmen mit der Versorgungssicherheit ihrer Produktion

und der Reaktionsfähigkeit auf unvorhergesehene Umstände beschäftigen. Wie ernst

dieses Thema tatsächlich genommen wird, zeigt die Firma Bosch, welche eine eigene

Supply Chain Academy betreibt, um den Mitarbeitern, aber auch den Lieferanten eine

ganzheitliche Supply Chain Perspektive zu vermitteln. Weiterhin verfolgt Bosch die

Strategie verstärkt auf regionale Beschaffungsmärkte zurückzugreifen und die Eigen-

fertigung zu stärken, um die Agilität zu stärken und unabhängiger von Fremdeinflüssen

zu werden. Dass sich dieses Verständnis für Supply Chain Risiken auszahlt, zeigte die

Atomkatastrophe in Japan, die Bosch mit fehlenden Sendungen von circa 500 Liefe-

ranten konfrontierte. Aufgrund der praktizierten SCRM Maßnahmen von Bosch war es

dennoch möglich alle Kunden ohne Lieferkettenunterbrechung zu bedienen.216 Trotz

der positiven Effekte ist die Implementierung von SCRM dennoch mit zahlreichen He-

rausforderungen verbunden. So beschäftigen sich Manager vornehmlich mit Risiken,

die ihre eigenen Kunden und Lieferanten betreffen, ohne ein ganzheitliches, funktions-

bereichsübergreifendes Risikomanagement zu verfolgen. Daher muss in der Organisa-

tion häufig ein Umdenkprozess eingeleitet werden, bevor SCRM Methoden zielführend

implementiert werden können. Weiterhin ist der Erfolg eng mit einer klaren Abgrenzung

der Zuständigkeiten verbunden. Auch wenn es einer Person gelingt bestimmte Risiken

innerhalb der Supply Chain zu identifizieren, bedeutet dies nicht, dass diese Person

auch die Verantwortung dafür tragen kann beziehungsweise die Fähigkeiten besitzt mit

dem Risiko umzugehen. SCRM lebt von einer engen Kooperation zwischen den Supply

Chain Partnern, die nur durch gegenseitiges Vertrauen sinnvoll gestaltet werden kann.

Doch viele Unternehmen zweifeln die Vertrauenswürdigkeit ihrer Geschäftspartner an,

was häufig nicht grundlos geschieht. Natürlich hat die Wahrung des Betriebsgeheim-

nisses höchste Priorität, jedoch führt eine Blockadehaltung im Gegenzug zu einem

erhöhten Risiko, zum Beispiel durch ungewisse Materialbedarfe. Da die Einführung von

SCRM zeit- und ressourcenintensiv ist, fällt es zudem schwer die entstehenden Kosten

zu rechtfertigen, wenn der Nutzen der Maßnahme nicht eindeutig quantifiziert werden

kann. Managern fällt es schwer Geld in die Risikovermeidung zu investieren, da der

Erfolg letztendlich darin besteht, dass nichts passiert. Mit dieser Problematik sind ins-

216 Vgl. Semmann, C. (2011), S. 5.

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besondere KMU konfrontiert, die nur über begrenzte Kapazitäten im personellen und

finanziellen Bereich verfügen. Mangelnde Kommunikation zwischen den Supply Chain

Partnern gefährdet ebenfalls den erfolgreichen Start für ein Risikomanagement mit

Lieferkettenbezug. Die Verständigung zwischen den Parteien muss auf allen Ebenen

funktionieren: Die Bereichsleiter müssen in der Lage sein verschiedene Ziele und Kul-

turen organisatorisch zu vereinen, während auf dem operativen Level ein enger Infor-

mationsaustausch erfolgen muss, um Supply Chain Risiken bei bestimmten Aktivitäten

zu vermindern. Eine Herausforderung stellt auch die Verbindung der häufig sehr unter-

schiedlichen IT Strukturen dar.217 Kapitel 7 verdeutlicht, dass der SCRM Prozess auch

mit einfachen Mitteln in der Praxis angewendet werden kann. Mit einer geringen Zahl

an Instrumenten wie dem Brainstorming (Risikoidentifikation), dem Risk Ranking und

der Risikomatrix (Risikobewertung) wurde sich ein umfassender Überblick über be-

stehende Supply Chain Risiken in Verbindung mit Aluminiumbändern verschafft. Da-

durch konnten wichtige von unwichtigen Risikopositionen getrennt und Prioritäten für

die weitere Risikosteuerung festgelegt werden. Auch wenn die vorgestellten Verfahren

schnell und eingängig sind, muss darauf hingewiesen werden, dass die gewählte Be-

wertungsmethodik eine starke Vereinfachung darstellt und die Supply Chain Risiken

nur sehr allgemein einordnet. Wie der Fall zeigt ist die Vorgehensweise aber dennoch

geeignet, um Risiken zu selektieren. Die visuelle Darstellung der Risiken im Risikoport-

folio erleichtert zudem die Interpretation der Befragungsergebnisse, auch wenn eine

Beschränkung auf die Risikoparameter Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe

erfolgt.218 Eine wesentliche Herausforderung mit der sich die Disziplin SCRM in Zukunft

auseinandersetzen muss, besteht darin den Widerspruch von agilen Lieferketten und

umweltschonenden Logistikkonzepten aufzulösen. So muss es gelingen Risikobe-

wusstsein, Agilität und Nachhaltigkeit miteinander zu verbinden. Weiterhin darf der

wieder aufblühende Trend zur Regionalisierung im Lieferantenbereich zwecks Minimie-

rung der Supply Chain Risiken nicht dazu führen, dass das Ziel der Flexibilisierung

globaler Strukturen aus den Augen verloren wird.219

217 Vgl. Waters, D. (2007), S. 187 – 188. 218 Vgl. Pfohl, H.-C., Gallus, P., Köhler, H. (2008a), S. 53 – 54. 219 Vgl. Henke, M. (2011), S. 5.

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Anhang und Anlagen

Anlage 1: Fragebogen: Beschichtete Aluminiumbänder und damit verbundene Supply

Chain Risiken

Fragebogen: Beschichtete Aluminiumbänder und damit verbundene Supply Chain Risiken

Hintergrund

Im Rahmen meiner Bachelor Thesis mit dem Titel "Der Supply Chain Risk Management Prozess und Supply Chain Risiken in der industriellen Praxis" ist eine Analyse von Supply Chain (Lieferketten) Risiken

im Hinblick auf beschichtete Aluminiumbänder vorgesehen. Dieser Rohstoff wird am Produktionsstandort des betrachteten Unternehmens der Metall- und Elektroindustrie für die

Fertigung von Investitionsgütern für einen europäischen Energieversorger eingesetzt. Bei der Materialqualität handelt es sich um eine spezielle Aluminiumlegierung.

Grundsätzlich werden Bänder in zwei verschiedenen Breiten, jedoch unterschiedlichen Lauflängen eingesetzt. Für diesen Rohstoff wurden insgesamt 33 potentielle Supply Chain Risiken ermittelt, die von

den Know-How Trägern des betrachteten Unternehmens hinsichtlich Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe eingeschätzt werden sollen.

Bitte nehmen Sie sich 10 Minuten Zeit den vorliegenden Fragebogen auszufüllen. Sie tragen damit maßgeblich zum Erfolg meiner Abschlussarbeit bei.

Die Befragung erfolgt selbstverständlich anonym und die Ergebnisse werden vertraulich behandelt. Im Folgenden einige Erläuterungen und Ausfüllhinweise:

Erläuterungen

Exogene Risiken : Außerbetriebliche Risiken. Sind auf umweltbedingte Ursachen zurückzuführen. Entstehen aufgrund sozialpolitischer, ökonomischer, technologischer oder geographischer Gegebenheiten

Endogene Risiken (unternehmensübergreifend) : Innerbetriebliche Risiken. Sind auf die Lieferkettenbeziehung mit dem Lieferanten zurückzuführen.

Endogene Risiken (unternehmensbezogen) : Innerbetriebliche Risiken. Sind auf die Tätigkeiten im eigenen Fertigungsbetrieb zurückzuführen.

Ausfüllhinweise

Je Supply Chain Risiko darf nur ein Kreuz im Bereich Eintrittswahrscheinlichkeit und ein Kreuz im Bereich Schadenshöhe vorgenommen werden. Bitte ausnahmslos alle Supply Chain Risiken bewerten.

Eintrittswahrscheinlichkeit: Schadenshöhe:

1 sehr gering 1 sehr gering

2 gering 2 gering

3 mittel 3 mittel

4 hoch 4 hoch

5 sehr hoch 5 sehr hoch

A) Exogene Risiken 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5

A1) Lieferverzug bedingt durch Verkehrsstau / Vollsperrung der Autobahn

A2) Personalstreik beim Lieferanten oder Vorlieferanten

A3) Produktionsausfall / Lieferstopp aufgrund von Naturkatastrophe (z.B. Erdbeben, Flut)

A4) Produktionsausfall / Lieferstopp aufgrund terroristischer Anschläge / politischer Instabilität

A5) Konsolidierung der Lieferantenstruktur führt zu Bestreitung der bisherigen Mengenzusagen

A6) Abhängigkeit aufgrund geringer Anbieterzahl

Endogene Risiken (unternehmensübergreifend)

B1) Versorgungsengpass hinsichtlich der benötigten Aluminiumlegierung

B2) Versorgungsengpass hinsichtlich des benötigten Beschichtungscompounds

B3) Versorgungsengpass bedingt durch schlechtes Forecasting der Bedarfsmengen / volatile Produktionspläne

B4) Versorgungsengpass aufgrund zu spät platzierter Bestellung / übermittelter Bedarfsmeldung

B5) Versorgungsengpass bedingt durch unerwarteten Anstieg der Kundennachfrage (Spontanbestellung etc.)

B6) Lieferung höherer Menge als erwartet (Überlieferung)

B7) Lieferung geringerer Menge als erwartet (Unterlieferung)

B8) Versorgungsstopp wegen Lieferanteninsolvenz

B9) Lieferstopp wegen nicht beglichener / zu spät beglichener Lieferantenrechnungen

B10) Lieferverzug bedingt durch zwischengeschaltete Logistikdienstleister (z.B. Abfertigung am Werkstor)

B11) Lieferverzug Vorlieferant, dadurch Produktionsverzögerungen beim Lieferanten

B12) Beschädigung / Untergang der Ware auf dem Transportweg

B13) Wunsch nach kurzfristiger Änderung der Auftragsparameter (Menge, Lieferzeit) nicht erfüllbar

B14) Mangelnde Qualität der gelieferten Ware (unsaubere Schnittkanten, ungleichmäßige Beschichtung etc.)

B15) Lieferant senkt Qualitätslevel bedingt durch Kostendruck

B16) Lieferant nimmt unauthorisierte Änderungen am Produkt vor (z.B. neuer Beschichtungscompound)

C) Endogene Risiken (unternehmensbezogen)

C1) Qualitätsmängel werden beim Wareneingang nicht erkannt, sondern erst vor der Verarbeitung

C2) Qualitätsmängel werden beim Wareneingang nicht erkannt, sondern erst während der Verarbeitung

C3) Gelieferte Mengen werden nicht eingebucht, dadurch Bestandsabweichung

C4) Bestandsabweichung bedingt duch Buchungssystematik in SAP (retrograde Entnahme)

C5) Kapazitätsengpässe bezogen auf vorhandene Lagerplätze

C6) Probleme bei der administrativen Abwicklung (Dokumentenfluss etc.) bedingt durch Urlaubsvertretung

C7) Übermittlung der Abholaufträge an Spediteur schlägt fehl / wird vergessen

C8) Unvollständige Berichterstattung an den Einkauf im Hinblick auf Reklamationen

C9) Personalmangel / Einsatz von Leihkräften führt zu unsachgemäßer Verarbeitung der gelieferten Bänder

C10) Abhängigkeit aufgrund praktizierter Sourcing Strategie

C11) Mangel an Alternativmaterialien aufgrund fehlender Testkapazitäten / träger Freigabeprozeduren

Eintrittswahrscheinlichkeit Schadenshöhe

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Anlage 2: Risikomatrix – exogene Risiken

Anlage 3: Risikomatrix – endogen-unternehmensübergreifende Risiken

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Anlage 4: Risikomatrix – endogen-unternehmensbezogene Risiken

Anlage 5: Protokoll zu Experteninterview mit Einkaufsleiter

Experteninterview

Thema: Aluminiumbänder und deren Supply Chain Risiken

Datum des Interviews: 07.08.2012

Name des Interviewpartners: Einkaufsleiter des betrachteten Unternehmens

Position: Einkaufsleiter

Auskunftserteilung: persönlich

Frage 1:

Bereits seit rund 3 Jahren wird an Ihrem neuen Produktionsstandort produziert. Was

zeichnet die neue Fabrik aus und wo liegen die Stärken gegenüber dem alten Stand-

ort?

Antwort:

Während am alten Standort ein Großteil der internen Logistik noch über

Gabelstaplertransporte abgewickelt wurde, kommen nun automatisierte Transportmittel

auf Luftkissenbasis innerhalb der Produktionshalle zum Einsatz. Dies trägt zu einer

Verringerung des CO2 Ausstoßes und zur Steigerung der Energieeffizienz bei.

Weiterhin verfügt die Fabrik über weltweit einzigartige Fertigungsanlagen. So besteht

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die Möglichkeit Endprodukte mit bis zu 2.000 Tonnen Gesamtgewicht zu produzieren

und über den Flussweg zum Endkunden zu bringen.

Frage 2:

Der Bedarf an beschichteten Aluminiumbändern ist in den letzten Jahren drastisch ge-

stiegen. Das Material wird für die Fertigung von Endprodukten für einen europäischen

Energieversorger eingesetzt. Welche Relevanz hat der Kunde und welche Beschaf-

fungsstrategie kommt bei diesem Material zum Tragen?

Antwort:

Der angesprochene Energieversorger ist der wichtigste Abnehmer für dieses

Produktsegment an unserem Standort. Die Abnahmemengen werden auf Jahresbasis

fixiert und sorgen für eine kontinuierliche Auslastung unserer Fertigung. Der Vertrag

umfasst zwei verschiedene Konstruktionen, die in etwa im gleichen Verhältnis durch

den Kunden abgerufen werden. Aktuell nutzen wir wenige freigegebene Lieferanten für

die Beschaffung der benötigten Aluminiumbänder.

Frage 3:

Was sind die (groben) Anforderungen an das benötigte Material und wie ist die Logistik

strukturiert?

Antwort

Spezifiziert wird eine relativ seltene Aluminiumknetlegierung, die allerdings die not-

wendigen Voraussetzungen im Hinblick auf die Zugfestigkeit des Materials erfüllt. Die

Lieferung erfolgt in Rollenform, wobei zwei verschiedene Breiten zum Einsatz kommen.

Je nach Breite kommen unterschiedliche Lauflängen zum Tragen. Die Verladung er-

folgt auf Holzpaletten, der Transportschutz wird mit Pappe und Folie ausgeführt. Je

nach Rollenlänge werden pro Palette entweder zwei oder fünf Rollen verladen. Einmal

pro Woche erfolgt eine durch uns organisierte Abholung beim Lieferanten für die jewei-

lige Wochenproduktion.

Frage 4:

Der Markt für beschichtete Aluminiumbänder ist relativ groß, jedoch gibt es wenige

Lieferanten, die den Ansprüchen genügen. Welche weiteren Herausforderungen bringt

der Rohstoff mit sich?

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie 70

Antwort

Zahlreiche Anbieter sind mittlerweile im ostasiatischen Bereich ansässig. Hier ist es

nicht immer einfach die notwendige Flexibilität hinsichtlich der Versorgung zu gewähr-

leisten. Europäische Anbieter leiden zudem unter dem Preisdruck verursacht durch die

chinesischen Hersteller. Die aktuell praktizierte Sourcing Strategie führt zwar dazu,

dass entsprechend vorteilhafte Einkaufskonditionen erzielt werden können, jedoch ha-

ben aktuell nur wenige Alternativmaterialien das interne Freigabeprozedere von uns

durchlaufen, so dass wir mit dem potenziellen Risiko eines Versorgungsstopps kon-

frontiert sind. Auch wenn wir mit der aktuell bezogenen Legierung sehr zufrieden sind,

bietet es sich mittelfristig an bestimmte Alternativlegierungen auszutesten, da die Ver-

fügbarkeit am Markt hier wesentlich größer ist.

Frage 5:

Welche konkreten Maßnahmen wurden bereits ergriffen, um mit dem Rohstoff verbun-

dene Supply Chain Risiken einzudämmen? Welche Maßnahmen wünschen Sie sich für

die Zukunft?

Antwort

Alle 4 bis 8 Wochen tagt ein Materialkostenteam in dem ein Austausch zwischen Mit-

arbeitern der Arbeitsvorbereitung und des Einkaufs stattfindet. Hier wird über alternati-

ve Materialien und damit verbundene Kosteneinsparungen informiert. Mittlerweile wur-

den auch die Verbrauchswerte der Aluminiumbänder je Fertigungseinheit analysiert.

Aufgrund falsch gepflegter Parameter in der Stückliste gab es hier in der Vergangen-

heit drastische Bestandsabweichungen, die auf die automatisierte Verbrauchsbuchung

per retrograder Entnahme zurückzuführen waren und nun hoffentlich behoben sind.

Grundsätzlich wird das Material zudem 8 Wochen im Voraus bestellt, um dem Lieferan-

ten eine großzügige Planungszeit einzuräumen. Die endgültige Einteilung der Liefer-

termine erfolgt dann 2 Wochen vor Monatsbeginn, um noch kurzfristig auf Produktions-

planänderungen reagieren zu können. Allgemein wäre es sicherlich sinnvoll in Zukunft

verstärkt Augenmerk auf die Schulung von Mitarbeitern im QM Bereich zu legen. Spe-

ziell der Informationsfluss bei Reklamationen ist nämlich suboptimal.

Vielen Dank für das Interview!

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Ziegenbein, A. (2007): Supply Chain Risiken – Identifikation, Bewertung und Steue-

rung, Zürich.

Page 86: Supply Chain Risk Management in der Industrie – am ... · Arbeitspapiere der FOM Die 1993 von Verbänden der Wirtschaft gegründete staatlich anerkannte gemeinnützige FOM Hochschule

Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie 77

Die Publikationsreihe

Schriftenreihe Logistikforschung / Research Paper Logistics

In der Schriftenreihe Logistikforschung des Institutes für Logistik- & Dienstleistungs-

management (ild) der FOM werden fortlaufend aktuelle Fragestellungen rund um die

Entwicklung der Logistikbranche aufgegriffen. Sowohl aus der Perspektive der Logis-

tikdienstleister als auch der verladenden Wirtschaft aus Industrie und Handel werden

innovative Konzepte und praxisbezogene Instrumente des Logistikmanagement vorge-

stellt. Damit kann ein öffentlicher Austausch von Erfahrungswerten und Benchmarks in

der Logistik erfolgen, was insbesondere den KMU der Branche zu Gute kommt.

The series research paper logistics within Institute for Logistics and Service Manage-

ment of FOM University of Applied Sciences addresses management topics within the

logistics industry. The research perspectives include logistics service providers as well

as industry and commerce concerned with logistics research questions. The research

documents support an open discussion about logistics concepts and benchmarks.

Band 1 Klumpp, M., Bovie, F.: Personalmanagement in der Logistikwirtschaft

Band 2 Jasper, A., Klumpp, M.: Handelslogistik und E-Commerce [vergriffen]

Band 3 Klumpp, M.: Logistikanforderungen globaler Wertschöpfungsketten [vergrif-

fen]

Band 4 Matheus, D., Klumpp, M.: Radio Frequency Identification (RFID)

in der Logistik

Band 5 Bioly, S., Klumpp, M.: RFID und Dokumentenlogistik

Band 6 Klumpp, M.: Logistiktrends und Logistikausbildung 2020

Band 7 Klumpp, M., Koppers, C.: Integrated Business Development

Band 8 Gusik, V., Westphal, C.: GPS in Beschaffungs- und Handelslogistik

Band 9 Koppers, L., Klumpp, M.: Kooperationskonzepte in der Logistik

Band 10 Koppers, L.: Preisdifferenzierung im Supply Chain Management

Band 11 Klumpp, M.: Logistiktrends 2010

Band 12 Keuschen, T., Klumpp, M.: Logistikstudienangebote und Logistiktrends

Band 13 Bioly, S., Klumpp, M.: Modulare Qualifizierungskonzeption RFID

in der Logistik

Band 14 Klumpp, M.: Qualitätsmanagement der Hochschullehre Logistik

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie 78

Band 15 Klumpp, M., Krol, B.: Das Untersuchungskonzept Berufswertigkeit

in der Logistikbranche

Band 16 Keuschen, T., Klumpp, M.: Green Logistics Qualifikation in der

Logistikpraxis

Band 17 Kandel, C., Klumpp, M.: E-Learning in der Logistik

Band 18 Abidi, H., Zinnert, S., Klumpp, M.: Humanitäre Logistik – Status

quo und wissenschaftliche Systematisierung

Band 19 Backhaus, O., Döther, H., Heupel, T.: Elektroauto – Milliardengrab oder

Erfolgsstory?

Band 20 Hesen, M.-A., Klumpp, M.: Zukunftstrends in der Chemielogistik

Band 21 Große-Brockhoff, M., Klumpp, M., Krome, D.: Logistics capacity

management – A theoretical review and applications to outbound logistics

Band 22 Helmold, M., Klumpp, M.: Schlanke Prinzipien im Lieferantenmanagement

Band 23 Gusik, V., Klumpp, M., Westphal, C.: International Comparison of Danger-

ous Goods Transport and Training Schemes

Band 24 Bioly, S., Kuchshaus, V., Klumpp, M.: Elektromobilität und Ladesäulen-

standortbestimmung – Eine exemplarische Analyse mit dem Beispiel der

Stadt Duisburg

Band 25 Sain, S., Keuschen, T., Klumpp, M.: Demographic Change and ist Effect on

Urban Transportation Systems: A View from India

Band 26 Abidi, H., Klumpp, M.: Konzepte der Beschaffungslogistik in Katastrophen-

hilfe und humanitärer Logistik

Band 27 Froelian, E., Sandhaus, G.: Conception of Implementing a Service Oriented

Architecture (SOA) in a Legacy Environment

Band 28 Albrecht, L., Klumpp, M., Keuschen, T.: DEA-Effizienzvergleich Deutscher

Verkehrsflughäfen in den Bereichen Passage/Fracht

Band 29 Meyer, A., Witte, C., Klumpp, M.: Arbeitgeberwahl und Mitarbeitermotiva-

tion in der Logistikbranche

Band 30 Keuschen, T., Klumpp, M.: Einsatz von Wikis in der Logistikpraxis

Band 31 Abidi, H., Klumpp, M.: Industrie-Qualifikationsrahmen in der Logistik

Band 32 Kaiser, S., Abidi, H., Klumpp, M.: Gemeinnützige Kontraktlogistik in der

humanitären Hilfe

Band 33 Abidi, H., Klumpp, M., Bölsche, D.: Kompetenzen in der humanitären Logis-

tik

Band 34 Just, J., Klumpp, M., Bioly, S.: Mitarbeitermotivation bei Berufskraftfahrern

– Eine empirische Erhebung auf der Basis der AHP-Methode

Band 35 Bioly, S., Klumpp, M.: Demografischer Wandel in der Logistik

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Schriftenreihe Logistikforschung Band 41, Supply Chain Risk Management in der Industrie 79

Band 36 Kutlu, C., Bioly, S., Klumpp, M.: Demografic change in the CEP sector

Band 37 Witte, C., Klumpp, M.: Betriebliche Änderungsanforderungen für den Ein-

satz von Elektronutzfahrzeugen – eine AHP-Expertenbefragung

Band 38 Keuschen, T., Klumpp, M.: Lebenslanges Lernen in der Logistikbranche –

Einsatz von ergänzenden Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen

Band 39 Keinhörster, M., Sandhaus, G.: Maschinelles Lernen zur Erkennung von

SMS-Spam

Band 40 Abidi, H., Klumpp, M.: Demografischer Wandel und Industrie-

Qualifikationsrahmen Logistik

Band 41 Bayer, F., Bioly, S.: Der Supply Chain Risk Management Prozess und Sup-

ply Chain Risiken in der industriellen Praxis

Page 89: Supply Chain Risk Management in der Industrie – am ... · Arbeitspapiere der FOM Die 1993 von Verbänden der Wirtschaft gegründete staatlich anerkannte gemeinnützige FOM Hochschule

Arbeitspapiere der FOM

Die 1993 von Verbänden der Wirtschaft gegründete staatlich anerkannte gemeinnützige

FOM Hochschule verfügt über 31 Studienorte in Deutschland.

Als praxisorientierte Hochschule fördert die FOM den Wissenstransfer zwischen Hochschule

und Unternehmen. Dabei sind alle wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge der FOM

auf die Bedürfnisse von Berufstätigen zugeschnitten. Die hohe Akzeptanz der FOM zeigt sich

nicht nur in der engen Zusammenarbeit mit staatlichen Hochschulen, sondern auch in zahl-

reichen Kooperationen mit regionalen mittelständischen Betrieben sowie mit internationalen

Großkonzernen. FOM-Absolventen verfügen über solide Fachkompetenzen wie auch über

herausragende soziale Kompetenzen und sind deshalb von der Wirtschaft sehr begehrt.

Weitere Informationen finden Sie unter fom.de

Das Ziel des ild Institut für Logistik- & Dienstleistungsmanagement ist der konstruktive Aus-

tausch zwischen anwendungsorientierter Forschung und Betriebspraxis. Die Wissenschaftler

des Instituts untersuchen nachhaltige und innovative Logistik- und Dienstleistungskonzepte

unterschiedlicher Bereiche, initiieren fachbezogene Managementdiskurse und sorgen zudem

für einen anwendungs- und wirtschaftsorientierten Transfer ihrer Forschungsergebnisse

in die Unternehmen. So werden die wesentlichen Erkenntnisse der verschiedenen Projekte

und Forschungen unter anderem in dieser Schriftenreihe Logistikforschung herausgegeben.

Darüber hinaus erfolgen weitergehende Veröffentlichungen bei nationalen und internationalen

Fachkonferenzen sowie in Fachpublikationen.

Weitere Informationen finden Sie unter fom-ild.de

ISSN 1866-0304

Klumpp, Matthias / Marner, Torsten / Sandhaus, Gregor (Hrsg.)

ild Schriftenreihe Logistikforschung Band 41 Supply Chain Risk Management in der Industrie – am Beispiel der Metall- und Elektroindustrie Bayer, Frank / Bioly, Sascha