synthese, kristallstrukturen und thermische eigenschaften von bariumsalzen der 4-sulfobenzoesäure

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DOI: 10.1002/zaac.200800013 Synthese, Kristallstrukturen und thermische Eigenschaften von Bariumsalzen der 4-Sulfobenzoesäure Synthesis, Crystal Structures and Thermal Properties of Barium Salts of 4-Sulfobenzoic Acid Christoph Wagner und Kurt Merzweiler* Halle/Saale, Institut für Chemie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Bei der Redaktion eingegangen am 20. Dezember 2007. Abstract. The reaction of 4-sulfobenzoic acid with barium hydroxide in the molar ratio 2 : 1 leads to the formation of Ba(O 3 SC 6 H 4 COOH) 2 (1). 3H 2 O crystallizes triclinic, space group P1 ¯ , with a 719.6(7), b 1136.9(6), c 1249.7(10) pm, α 102.81(5), β 91.73(7), γ 106.95(6)° (at 293 K). The barium cations exhibit a ninefold coordination by six oxygen atoms from sulfonate and car- boxyl groups and three water molecules. The linkage of the barium cations by bridging 4-carboxybenzenesulfonate anions leads to a 3D coordination polymer. Ba(O 3 SC 6 H 4 COO) (2) is obtained from 4-sulfobenzoic acid and barium hydroxide in equimolar amounts. Einleitung Strukturuntersuchungen an Salzen der 4-Sulfobenzoesäure werden bereits seit einiger Zeit durchgeführt. Erste Arbeiten gehen auf Gunderman und Squattrito zurück, die 1994 über die Kristallstrukturen von Kalium- und Rubidiumsalzen berichteten [1]. In jüngster Zeit ist das Interesse an 4-Sulfo- natobenzoaten noch einmal gewachsen, da sie als Bausteine für Koordinationspolymere eingesetzt werden können. Bei- spiele dafür findet man im Bereich der Cu- [2] , Zn- [3] , Cd- [4] , Mn- [5], Pb- [6] und Lanthanoid-Verbindungen [7]. In unseren eigenen Arbeiten interessierten wir uns für Erdalkalisalze der 4-Sulfobenzoesäure und berichten im fol- genden über die Synthese und die strukturelle Charakteri- sierung von zwei Bariumsalzen. Ergebnisse und Diskussion Barium-bis(4-carboxybenzolsulfonat) (1) und Barium-(4- sulfonatobenzoat) (2) sind durch Umsetzung von Barium- hydroxid oder Bariumcarbonat mit 4-Sulfobezoesäure im stöchiometrischen Verhältnis 1 : 2 bzw. 1 : 1 zugänglich. * Prof. Dr. K. Merzweiler Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Institut für Chemie Kurt-Mothes-Str. 2 06120 Halle E-mail: [email protected] Z. Anorg. Allg. Chem. 2008, 634, 11871191 © 2008 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 1187 2H 2 O crystallizes monoclinic, space group C2/c with a 2105.5(5), b 704.1(1), c 1455.4(3) pm, β 90.49(3)° (at 220 K). The barium cations are coordinated by seven oxygen atoms from sulfonate and carboxylate groups and two water molecules. The 4-sulfobenzoate anions act as bridging ligands to form a 3D coordination polymer. Keywords: Barium; 4-Sulfobenzoic acid; Crystal structure; Coordi- nation polymer Gemäß Gl. (1) führt die Umsetzung im stöchiometri- schen Verhältnis 1 : 2 zunächst zur Deprotonierung der aci- deren SO 3 H-Gruppe unter Bildung von 1. Mit zwei Äquiva- lenten an Base wird zusätzlich die Carboxylgruppe deprotoniert und es entsteht 2 (Gl. (2)). Ba(OH) 2 2 HO 3 SC 6 H 4 COOH (1) Ba(O 3 SC 6 H 4 COOH) 2 2H 2 O (1) Ba(OH) 2 HO 3 SC 6 H 4 COOH Ba(O 3 SC 6 H 4 COO) 2H 2 O (2) (2) Aus der wässrigen Reaktionslösung erhält man 1 als Tri- hydrat in z. T. zentimeterlangen Nadeln. 2 kristallisiert als Dihydrat und bildet kleinere stäbchenförmige Kristalle, die häufig zu Büscheln verwachsen sind. Im IR-Spektrum von 3H 2 O findet man im Bereich der νCO-Schwingungen Banden mittlerer bis starker Intensität bei 1713 und 1687 cm 1 . Die Lage dieser Banden ist für Carbonsäuren charakteristisch. Das Auftreten zweier ν(CO)-Schwingungen hängt offensichtlich mit der unter- schiedlichen Koordination der beiden 4-Carboxybenzolsul- fonat-Anionen (s.u.) zusammen. Im IR-Spektrum von 2H 2 O beobachtet man im Carbonylbereich zwei relativ breite Banden bei 1526 und 1405 cm 1 . Die höherfrequente Bande kann der antisymmetrischen ν(CO 2 )-Schwingung der Carboxylatgruppe zugeordnet werden, die niederfre- quente der symmetrischen ν(CO 2 )-Schwingung. Die Diffe-

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Page 1: Synthese, Kristallstrukturen und thermische Eigenschaften von Bariumsalzen der 4-Sulfobenzoesäure

DOI: 10.1002/zaac.200800013

Synthese, Kristallstrukturen und thermische Eigenschaften von Bariumsalzender 4-Sulfobenzoesäure

Synthesis, Crystal Structures and Thermal Properties of Barium Saltsof 4-Sulfobenzoic Acid

Christoph Wagner und Kurt Merzweiler*

Halle/Saale, Institut für Chemie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Bei der Redaktion eingegangen am 20. Dezember 2007.

Abstract. The reaction of 4-sulfobenzoic acid with barium hydroxidein the molar ratio 2 : 1 leads to the formation of Ba(O3SC6H4COOH)2

(1). 1 ·3H2O crystallizes triclinic, space group P1̄, with a �

719.6(7), b � 1136.9(6), c � 1249.7(10) pm, α � 102.81(5), β �

91.73(7), γ � 106.95(6)° (at 293 K). The barium cations exhibit aninefold coordination by six oxygen atoms from sulfonate and car-boxyl groups and three water molecules. The linkage of the bariumcations by bridging 4-carboxybenzenesulfonate anions leads to a3D coordination polymer. Ba(O3SC6H4COO) (2) is obtained from4-sulfobenzoic acid and barium hydroxide in equimolar amounts.

Einleitung

Strukturuntersuchungen an Salzen der 4-Sulfobenzoesäurewerden bereits seit einiger Zeit durchgeführt. Erste Arbeitengehen auf Gunderman und Squattrito zurück, die 1994 überdie Kristallstrukturen von Kalium- und Rubidiumsalzenberichteten [1]. In jüngster Zeit ist das Interesse an 4-Sulfo-natobenzoaten noch einmal gewachsen, da sie als Bausteinefür Koordinationspolymere eingesetzt werden können. Bei-spiele dafür findet man im Bereich der Cu- [2] , Zn- [3] ,Cd- [4] , Mn- [5], Pb- [6] und Lanthanoid-Verbindungen[7]. In unseren eigenen Arbeiten interessierten wir uns fürErdalkalisalze der 4-Sulfobenzoesäure und berichten im fol-genden über die Synthese und die strukturelle Charakteri-sierung von zwei Bariumsalzen.

Ergebnisse und Diskussion

Barium-bis(4-carboxybenzolsulfonat) (1) und Barium-(4-sulfonatobenzoat) (2) sind durch Umsetzung von Barium-hydroxid oder Bariumcarbonat mit 4-Sulfobezoesäure imstöchiometrischen Verhältnis 1 : 2 bzw. 1 : 1 zugänglich.

* Prof. Dr. K. MerzweilerMartin-Luther-Universität Halle-WittenbergInstitut für ChemieKurt-Mothes-Str. 206120 HalleE-mail: [email protected]

Z. Anorg. Allg. Chem. 2008, 634, 1187�1191 © 2008 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 1187

2 ·2H2O crystallizes monoclinic, space group C2/c with a �

2105.5(5), b � 704.1(1), c � 1455.4(3) pm, β � 90.49(3)° (at220 K). The barium cations are coordinated by seven oxygen atomsfrom sulfonate and carboxylate groups and two water molecules.The 4-sulfobenzoate anions act as bridging ligands to form a 3Dcoordination polymer.

Keywords: Barium; 4-Sulfobenzoic acid; Crystal structure; Coordi-nation polymer

Gemäß Gl. (1) führt die Umsetzung im stöchiometri-schen Verhältnis 1 : 2 zunächst zur Deprotonierung der aci-deren SO3H-Gruppe unter Bildung von 1. Mit zwei Äquiva-lenten an Base wird zusätzlich die Carboxylgruppedeprotoniert und es entsteht 2 (Gl. (2)).

Ba(OH)2 � 2 HO3SC6H4COOH � (1)Ba(O3SC6H4COOH)2 � 2 H2O

(1)

Ba(OH)2 � HO3SC6H4COOH � Ba(O3SC6H4COO) � 2 H2O (2)(2)

Aus der wässrigen Reaktionslösung erhält man 1 als Tri-hydrat in z. T. zentimeterlangen Nadeln. 2 kristallisiert alsDihydrat und bildet kleinere stäbchenförmige Kristalle, diehäufig zu Büscheln verwachsen sind.

Im IR-Spektrum von 1 ·3H2O findet man im Bereich derνCO-Schwingungen Banden mittlerer bis starker Intensitätbei 1713 und 1687 cm�1. Die Lage dieser Banden ist fürCarbonsäuren charakteristisch. Das Auftreten zweierν(CO)-Schwingungen hängt offensichtlich mit der unter-schiedlichen Koordination der beiden 4-Carboxybenzolsul-fonat-Anionen (s.u.) zusammen. Im IR-Spektrum von2 ·2H2O beobachtet man im Carbonylbereich zwei relativbreite Banden bei 1526 und 1405 cm�1. Die höherfrequenteBande kann der antisymmetrischen ν(CO2)-Schwingungder Carboxylatgruppe zugeordnet werden, die niederfre-quente der symmetrischen ν(CO2)-Schwingung. Die Diffe-

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C. Wagner, K. Merzweiler

renz der Wellenzahlen beider Schwingungen beträgt121 cm�1 und deutet auf eine chelatisierende Koordinationder Carboxylatgruppe hin [8].

Im Erwartungsbereich der antisymmetrischen ν(SO3)-Schwingungen findet man bei 1 ·3H2O breite Banden bei1283, 1234, 1217 und 1177 cm�1, für die symmetrischenν(SO3)-Schwingungen werden Banden bei 1039 und1013 cm�1 beobachtet. Für 2 ·2H2O liegen die νas(SO3)-Schwingungen bei 1228 und 1172 cm�1 und die νs(SO3)-Schwingungen bei 1048 und 1013 cm�1.

Kristallstrukturanalysen

Details zu den Kristallstrukturanalysen von 1 ·3H2O und2 ·2H2O können der Tabelle 1 entnommen werden. 1 ·3H2Okristallisiert triklin in der Raumgruppe P1̄. Die asymme-trische Einheit enthält ein Bariumatom, zwei 4-Carboxy-benzolsulfonat-Einheiten und drei Wassermoleküle. DasBariumatom ist neunfach koordiniert und an sechs Sauer-stoffatome von Sulfonat- und Carboxylgruppen und an dreiWassermoleküle gebunden. Das Koordinationspolyederkann näherungsweise als ein dreifach überkapptes trigona-les Prisma beschrieben werden, mit den Wassermolekülenin den überkappenden Positionen. Die Ba�O-Abstände be-tragen 272,6(2)-302,5(2) pm und ähneln den Werten, die inanderen Bariumsulfonaten gefunden werden [9]. Weitere

Tabelle 1 Daten zu den Kristallstrukturanalysen von 1 ·3H2Ound 2 ·2H2O.

Verbindung 1 · 3H2O 2 · 2H2OFormel C14H16BaO13S2 C7H8BaO7SFormelmasse 593,73 373,53Kristallsystem triklin monoklinRaumgruppe P1̄ C2/cGitterkonstantena /pm 719,6(7) 2105,5(5)b /pm 1136,9(6) 704,1(1)c /pm 1249,7(10) 1455,4(3)α /° 102,81(5) 90β /° 91,73(7) 90,49(3)γ /° 106,95(6) 90Zellvolumen /pm3 948,7(13) � 106 2157,7(8) � 106

Formeleinheiten Z 2 8Berechnete Dichte /g · cm�3 2,078 2,300Absorptionskoeffizient 2,384 3,891

μ(MoKα) /mm�1

Strahlung MoKα MoKαMesstemperatur/K 293 220Kristallgröße/mm3 0,76 � 0,20 � 0,16 0,11 � 0,08 � 0,08Absorptionskorrektur empirisch numerischMessbereich 1,68° � Θ � 30,03° 2,80° � Θ � 25,94°Anzahl der gemessenen Reflexe 9601 7727Anzahl unabh. Reflexe, R(int) 5534; 0,0315 2066; 0,0621Anzahl unabh. Reflexe mit 5362 1720

I � 2σ(I)verfeinerte Parameter 336 161R1(I � 2σ(I)) 0,0240 0,0353wR2(alle Daten) 0,0631 0,0814Messgerät STOE STADI IV STOE IPDSRechenprogramme [10,11,12]Hinterlegungsnummer CCDC 670428 CCDC 670427

* Weitere Einzelheiten zu den Kristallstrukturanalysen können beim Cam-bridge Crystallographic Data Centre, 12 Union Road, Cambridge CB2 1EZin Großbritannien, unter der Angabe der Hinterlegungsnummern der Auto-ren und des Zeitschriftenzitats angefordert werden.

www.zaac.wiley-vch.de © 2008 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Z. Anorg. Allg. Chem. 2008, 1187�11911188

Tabelle 2 Ausgewählte Bindungslängen /pm und -winkel /° für1 ·3H2O und 2 ·2H2O.

1 · 3H2O

Ba�O(2)v 287,7(3) S(1)�O(4) 145,0(2)Ba�O(3) 288,6(3) S(1)�O(5) 145,5(2)Ba�O(4)ii 272,5(3) S(2)�O(8) 145,3(2)Ba�O(5)iii 276,6(3) S(2)�O(9) 146,6(2)Ba�O(8)iv 277,1(3) S(2)�O(10) 144,8(2)Ba�O(9) 281,4(3) C(7)�O(1) 131,6(3)Ba�O(11) 282,9(3) C(7)�O(2) 122,2(3)Ba�O(12) 289,6(3) C(14)�O(7) 121,2(3)Ba�O(13) 302,5(3) C(14)�O(6) 132,0(3)S(1)�O(3) 146,8(2)

C(4)�S(1)�O(3) 107,1(1) O(8)�S(2)�O(9) 111,6(1)C(4)�S(1)�O(4) 105,9(1) O(8)�S(2)�O(10) 113,3(1)C(4)�S(1)�O(5) 105,9(1) O(9)�S(2)�O(10) 112,2(2)O(3)�S(1)�O(5) 112,2(1) Ba�O(3)�S(1) 126,1(1)O(3)�S(1)�O(4) 112,3(1) Baii�O(4)�S(1) 157,6(1)O(4)�S(1)�O(5) 113,0(1) Baiii�O(5)�S(1) 147,3(1)C(11)�S(2)�O(8) 106,5(1) Ba�O(9)�S(2) 133,6(1)C(11)�S(2)�O(9) 105,8(1) Baiv�O(8)�S(2) 144,0(1)C(11)�S(2)�O(10) 106,9(1)

Symmetrieoperationen: i: x, y, z�1; ii: �x, �y�1, �z; iii: �x�1, �y�1, �z;iv: �x, �y, �z; v: x, y, z�1

2 · 2H2O

Ba�O(1)i 280,6(5) Ba�O(6) 283,8(6)Ba�O(2)i 275,0(5) Ba�O(7) 283,8(5)Ba�O(3) 280,6(4) C(7)�O(1) 126,0(8)Ba�O(3)ii 286,3(5) C(7)�O(2) 127,9(7)Ba�O(4)iii 263,1(5) S�O(3) 146,2(5)Ba�O(5)ii 288,5(5) S�O(4) 143,6(5)Ba�O(5)v 282,1(5) S�O(5) 147,6(5)

C(4)�S�O(3) 107,0(3) Ba�O(3)�S 135,0(3)C(4)�S�O(4) 107,6(3) Baii�O(3)�S 102,0(2)C(4)�S�O(5) 107,0(3) Baiii�O(4)�S 179,4(5)O(3)�S�O(4) 114,3(3) Baii�O(5)�S 100,6(2)O(3)�S�O(5) 108,1(3) Baiv�O(5)�S 126,9(3)O(4)�S�O(5) 112,4(4)

Symmetrieopetrationen: i: �x, �y, �z�1; ii: �x�1/2, �y�1/2,�z�1;iii: �x�1/2,�y�1/2, �z�1; iv: x, �y, z�1/2; v: x, �y, z�1/2

Angaben zu Bindungslängen und -winkeln von 1 ·3H2O be-finden sich in Tabelle 2. 1 ·3H2O enthält zwei symmetrieun-abhängige 4-Carboxybenzolsulfonat-Einheiten, die sichdeutlich in der Koordination an die Bariumionen unter-scheiden: Im Anion I (Abb. 1) ist jedes Sauerstoffatom derSulfonatgruppe S(1)O3 an jeweils ein Bariumion gebunden,während im Anion II nur zwei der Sauerstoffatome derSulfonatgruppe S(2)O3 direkten Kontakt zu jeweils einemBariumion haben und das dritte Sauerstoffatom in einH-Brückensystem eingebunden ist. Kristallchemisch unter-schiedlich ist auch die Funktion der Carboxylgruppen bei-der Anionen. Im Anion I ist die Carboxylfunktion überO(2) direkt an ein Bariumion gebunden, während dieCarboxylfunktion von Anion II keinen Kontakt zu Barium-ionen aufweist und nur über Wasserstoffbrücken in dieKristallstruktur eingebunden ist. Betrachtet man die Kris-tallstruktur von 1 ·3H2O mit Blick entlang der kristallogra-phischen b-Achse (Abb. 2), so erkennt man, dass die Bari-umatome in Schichten parallel zu b-c-Ebene angeordnetsind und sich die 4-Carboxybenzolsulfonat-Anionen zwi-

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Bariumsalze der 4-Sulfobenzoesäure

Abb. 1 Koordination der 4-Carboxybenzolsulfonat-Anionen Iund II in 1 ·3H2O.

Abb. 2 Kristallstruktur von 1 ·3H2O mit Blick entlang der kristal-lographischen b-Achse.

schen den Schichten befinden. Primär ergibt sich die Ver-knüpfung der in Richtung c gestapelten Bariumschichtendurch die μ4-verbrückenden 4-Carboxybenzolsulfonatan-ionen, deren Sulfonat- und Carboxylgruppen in aufeinan-derfolgenden Schichten verankert sind. Neben den Ba-O-Wechselwirkungen bilden Wasserstoffbrückenbindungenein tragendes Element der Kristallstruktur. Jedes der drei

Z. Anorg. Allg. Chem. 2008, 1187�1191 © 2008 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.zaac.wiley-vch.de 1189

Abb. 3 Ausschnitt aus dem H-Brücken-Netzwerk in 1 ·3H2O.

an Barium gebundenen Wassermoleküle ist dabei in unter-schiedlicher Weise in das H-Brücken-Netzwerk integriert:Wie Abbildung 3 verdeutlicht, bildet das MolekülH(15)-O(13)-H(16) zwei Wasserstoffbrücken zu den Sulfo-natsauerstoffatomen O(9) und O(10), und fungiert dabei je-weils als H-Donor. Dadurch entstehen zwei chelatartige6-Ringe, die die Atome Ba, O(13), H(16), O(9)iv, S(2)iv,O(8)iv und Ba, O(13), H(15), O(10), S(2), O(9) enthalten.Zusätzlich ist O(13) als H-Akzeptor mit dem Wasserstoff-atom H(10) einer nicht an Barium koordinierten Carboxyl-gruppe verknüpft. Das Wassermolekül H(13)-O(12)-H(14)fungiert als H-Donor für das Sauerstoffatom O(3) einerSulfonateinheit und das Sauerstoffatom O(11)ii eines be-nachbarten Wassermoleküls. Als Akzeptor fungiert O(12)gegenüber dem Wasserstoffatom H(5) der Carboxylgruppe.Das Wassermolekül H(11)-O(11)-H(12) bildet als H-Donorjeweils eine Brücke zu den Sauerstoffatomen O(10)v einerSulfonatgruppe und O(7)vi einer Carboxylatgruppe. DieParameter der H-Brückenbindungen sind in Tabelle 3 zu-sammengefasst.

Ähnlich wie in 1 ·3H2O werden auch in 2 ·2H2O Schich-ten von Bariumionen durch 4-Sulfonatobenzoateinheiten zueiner dreidimensionalen Struktur verknüpft (Abb. 4). Die

Tabelle 3 Parameter der Wasserstoffbrücken in 1 ·3H2O und2 ·2H2O. (D � Donor-, A � Akzeptoratom)

1 · 3H2O

D�H···A d(D�H) /pm d(H···A) /pm d(D···A) /pm D�H···A /°

O(1)�H(5)···O(12) 83(4) 182(4) 261,8(3) 162O(6)�H(10)···O(13) 85(5) 191(5) 269,1(4) 153O(11)�H(11)···O(10) 84(3) 201(3) 283,4(4) 166O(11)�H(12)···O(7) 83(3) 202(4) 279,3(4) 173O(12)�H(13)···O(11) 83(4) 202(4) 281,0(4) 159O(12)�H(14)···O(3) 84(4) 204(4) 285,7(4) 165O(13)�H(15)···O(10) 80(5) 242(5) 306,0(4) 138O(13)�H(16)···O(9) 89(4) 201(5) 288,4(4) 168

2 ·2H2O

D�H···A d(D�H) /pm d(H···A) /pm d(D···A) /pm D�H···A /°

O(6)�H(5)···O(1) 85(6) 209(6) 293,0(7) 171O(6)�H(6)···O(2) 84(7) 221(7) 305,0(7) 176O(7)�H(7)···O(2) 85(7) 208(7) 287,6(6) 156O(7)�H(8)···O(1) 84(7) 231(6) 314,4(7) 172

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C. Wagner, K. Merzweiler

Abb. 4 Kristallstruktur von 2 ·2H2O mit Blick entlang der kristal-lographischen b-Achse.

Abb. 5 Koordination der 4-Sulfonatobenzoat-Einheiten in2 ·2H2O.

4-Sulfonatobenzoationen agieren als μ5-verbrückende Li-ganden, wobei die Carboxylatgruppe chelatisierend an einBariumatom koordiniert und die Sulfonatgruppe an vierBariumatome gebunden ist (Abb. 5). Neben den Sauerstoff-atomen der Sulfonatgruppen und der Carboxylateinheit

www.zaac.wiley-vch.de © 2008 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Z. Anorg. Allg. Chem. 2008, 1187�11911190

Abb. 6 Umgebung des Barium-Ions in 2 ·2H2O.

Abb. 7 Ausschnitt aus dem H-Brücken-Netzwerk in 2 ·2H2O.

sind die Bariumatome zusätzlich an zwei Wassermolekülegebunden und damit insgesamt neunfach koordiniert. ImGegensatz zu 1 ist das Koordinationspolyeder jedoch we-sentlich unregelmäßiger aufgebaut (Abb. 6).

Die Ba-O-Abstände rangieren dabei zwischen 263,1(5)und 286,3(5) pm. Weitere Bindungsparameter von 2 ·2H2Osind in Tabelle 2 zusammengefasst. Die an Barium koordi-nierten Wassermoleküle bilden Wasserstoffbrücken zu Car-boxylatgruppen, die an benachbarte Bariumatome gebun-den sind. Aus der alternierenden Anordnung von jeweilszwei Wassermolekülen und zwei Sauerstoffatomen von Car-boxylatgruppen entstehen achtgliedrige H4O4-Ringe, dieober- und unterhalb der Bariumschichten liegen (Abb. 7).Nähere Angaben zur Geometrie der H-Brücken in 2 ·2H2Osind in Tabelle 3 enthalten.

Thermoanalytische-Untersuchungungen

1 ·3H2O verliert im Temperaturbereich von 25,0-183,0 °Cdrei Wassermoleküle. Dies entspricht einem Masseverlustvon 9,02 % (theor. 9,09 %). Im Intervall von 400�720 °Cwird 1 zu BaSO4 abgebaut. Bezogen auf 1 ·3H2O beträgtder Masseverlust 60,39 % (theor. 60,69 %). 2 ·2H2O zeigtein vergleichbares thermisches Verhalten. Im Bereich von25,0-165,0 °C werden zwei Wassermoleküle abgegeben,

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Bariumsalze der 4-Sulfobenzoesäure

dies entspricht einem Masseverlust von 10,24 % (theor.10,37 %). Im weiteren Verlauf, ab ca. 400 °C bis 667,0 Ctritt der Abbau zu BaSO4 ein. Bezogen auf 2 ·2H2O beträgtder Masseverlust 62,71 % (theor. 62,24 %). Die Identität derBaSO4-Rückstände wurde durch einen Vergleich der Pul-verdiffraktogramme mit den entsprechenden Literaturdaten(PDF 24-1035) bestätigt.

Experimentelles

4-Sulfobenzoesäure-Dihydrat wurde aus Kalium-4-Carboxybenzol-sulfonat (Aldrich) durch Kationenaustausch am stark saurenKationenaustauscher Amberlite IR-120 (Merck) gewonnen. DieElementaranalysen fertigte das Mikroanalytische Labor der Uni-versität Halle mit einem CHNS-932 (LENCO) an. Die simultanethermogravimetrischen Untersuchungen und Differentialthermoa-nalyse (TG/DTA) erfolgte mit einem STA 449C von Netsch (Erwär-mungsrate 10 K/min., Al2O3-Tiegel, Luftstrom von 10 l/h).

Barium-bis(4-carboxybenzolsulfonat)-Trihydrat(1 · 3H2O)

1. Variante: Eine Lösung von 478,4 mg (2 mmol) 4-Sulfobenzoe-säure-Dihydrat in 15 ml Wasser wird mit 631,0 mg Ba(OH)2 ·8H2O(2 mmol) in der Siedhitze umgesetzt. Beim Abkühlen fällt 1 ·3H2Opraktisch quantitativ aus.

2. Variante: 478,4 mg (2 mmol) 4-Sulfobenzoesäure-Dihydrat wer-den mit 197,3 mg (1 mmol) BaCO3 in 7 ml Wasser kurz zum Siedenerhitzt bis keine CO2-Entwicklung mehr auftritt. Beim Abkühlender klaren Lösung entstehen innerhalb einiger Stunden stäbchen-förmige Kristalle von 1 ·3H2O, die abfiltriert und an Luft getrock-net werden. Durch vollständiges Einengen des Filtrats kann weite-res Produkt in Form eines mikrokristallinen Pulvers erhaltenwerden. Ausbeute: (Kristalle) 392,2 mg (66 %), (Pulver) 198,3 mg(33 %). C14H16BaO13S2 (593,73), C 28,7 (ber. 28,3), H 3,0 (2,7) %.

Barium-4-sulfonatobenzoat-Dihydrat (2 · 2H2O)

1. Variante: 239,2 mg (1 mmol) 4-Sulfobenzoesäure-Dihydrat und852,6 mg Ba(OH)2 ·8H2O (2,7 mmol) werden in einer Ar-Atmo-sphäre in 15 ml H2O 2 h unter Rückfluss erhitzt. Der dabei entstan-dene kristalline Rückstand von 2 ·2H2O wird abfiltriert, gewaschenund an der Luft getrocknet. Ausbeute: 230,3 mg (62 %).C7H8BaO7S (373,53), C 22,3 (ber. 22,5) H 2,6 (2,2) %.

2. Variante: Eine Suspension von 138,0 mg (0,232 mmol) 1 ·3H2Oin 5 ml H2O wird mit 29,5 mg (0,52 mmol) festem KOH kurz zum

Z. Anorg. Allg. Chem. 2008, 1187�1191 © 2008 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.zaac.wiley-vch.de 1191

Sieden erhitzt. Aus der klaren Lösung fällt beim Abkühlen 2 ·2H2Oaus. Ausbeute: 51 mg (58 %).

Wir danken Herrn Dr. Th. Müller für die Durchführung derThermoanalysen.

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