the magazine · vor ein paar jahren noch als utopisch abgetan und kaum vorstellbar: robotik kann...

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The Magazine Management-Wissen für die Praxis 3 | 2016 Projekt-Laufzeiten dank neuer Vorgehensmethode verkürzen statt verlängern Robotik und Maschinenlernen – Von der Vision zur gewinnbringenden Realität Ihre Kunden denken nicht in Kanälen. Warum sollten Sie es dann?

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synpulse Rubrik | 1

The MagazineManagement-Wissen für die Praxis

3 | 2016

Projekt-Laufzeiten dank neuer Vorgehensmethode verkürzen

statt verlängern

Robotik und Maschinenlernen – Von der Vision zur gewinnbringenden Realität

Ihre Kunden denken nicht in Kanälen. Warum sollten Sie es dann?

synpulse | 3

«Die Zukunft ist schon da. Sie ist bloß noch nicht gleichmäßig verteilt.» William Gibson

4 | Rubrik synpulse synpulse

Editorial ................................................................................................................................................................................ 4

Digital Banking Robotik und Maschinenlernen – Von der Vision zur gewinnbringenden Realität .................................................. 6

Operational Excellence Trainings effizient und erfolgreich umsetzen ................................................................................................................ 10

Sales & Customer Management Ihre Kunden denken nicht in Kanälen. Warum sollten Sie es dann? ........................................................................... 14

Operational Excellence Schrittweise Einführung des Target Operating Models über mehrere Standorte ................................................. 20

From Outside In Interview mit Dr. Jens Libbe: Smart Cities ‒ Macht die Digitalisierung unsere Städte lebenswerter? ..................................................................... 24

Operational Excellence Wissensmanagement ‒ auch im 21. Jahrhundert eine strategische Disziplin ........................................................ 28

Digital Transformation Ein Betriebsmodell für Versicherer im digitalen Zeitalter (Teil 2) .............................................................................. 32

Operational Excellence Projekt-Laufzeiten dank neuer Vorgehensmethode verkürzen statt verlängern ................................................... 36

Digital Banking Blockchain ‒ Hype oder Realität? .................................................................................................................................... 40

Impressum ........................................................................................................................................................................... 44

Inhaltsverzeichnis | 5

Edito

rial

Ein Privileg meiner Funktion ist, dass ich Kunden und Mitarbeiter in vielen Metropolen dieser Welt treffen darf. Es ist extrem spannend zu beobachten, wie neue, urbane Kon-zepte, Architektur, politische Mitbestimmung, Mobilität, Konsum und ganz viele andere Bereiche das tägliche Leben beeinflussen. Wenn man bedenkt, dass heute jeder Zweite in Städten wohnt und der Anteil weltweit in den nächsten 50 Jahren auf 75% steigen wird, dann wird klar, dass Urbanität das zentrale Zukunftsthema ist. Der technische Fortschritt, z.B. in den Bereichen Mobilität und Digitalisierung, kann viel dazu beitragen, das tägliche (Zusammen-)Leben und den Ressourcenverbrauch zu verbessern.

In unserem «From Outside In»-Interview schildert Dr. Jens Libbe, Bereichsleiter In- frastruktur und Finanzen am Deutschen Institut für Urbanistik, auf eindrückliche Art und Weise technologische Möglichkeiten von Smart Cities und warum diese stets den Bedürfnissen des Menschen untergeordnet werden müssen. Vor dem Hintergrund von Kultur und Gesellschaft veranschaulicht er weltweit unterschiedliche Umsetzungen.

Vor ein paar Jahren noch als utopisch abgetan und kaum vorstellbar: Robotik kann auch bei Banken effizient eingesetzt werden. «The Magazine» zeigt auf, wie mithilfe von selbstlernenden Maschinen Routine-Prozesse vereinfacht, menschliche Interaktion reduziert und Effizienzsteigerungen erzielt werden können ‒ ein spannendes Thema, das über reine Digitalisierung hinausgeht. Ein weiteres Thema, das wir Ihnen in dieser Ausgabe vorstellen möchten, ist das Target Operating Model. Es erklärt, wie heterogene und fragmentierte Betriebslandschaften zu einem stimmigen Modell für Banken zusam-mengeführt werden können.

Ein Augenmerk liegt auch auf einem optimierten Betriebsmodell für Versicherer im digitalen Zeitalter. Im letzten «The Magazine» haben wir Ihnen organisatorische Aspekte für die Umsetzung vorgestellt. Diesmal liegt der Fokus auf technischen Faktoren. Der Artikel beleuchtet die Vorteile der Microservice-Architektur und gibt Handlungs-empfehlungen, wie sich Versicherungsunternehmen in agile Dienstleister transformieren können. Des Weiteren demonstrieren wir Ihnen, wie das ideale Wissensmanagement aussieht und wie es schnell eingeführt werden kann, um Nutzen zu stiften.

Und nun wünsche ich Ihnen eine spannende Lektüre.

Ihr Christoph Nützenadel

synpulse synpulse Digital Banking | 7 6 | Digital Banking

Robotik und Maschinen- lernen – Von der Vision zur gewinnbringenden Realität

Was in der Industrie längst selbstverständlich geworden ist, steckt bei Europas Banken noch in den Kinderschuhen: Die Industrialisierung der Banken geht mit der Robotik und dem Maschinenlernen in die nächste Runde. Der Weg ist steinig, verspricht aber, monumentales Potenzial freizulegen.

Autoren: André H. Burger | Raphael Bianchi

Im Vergleich zur bereits bekannten und gängigen Automati-sierung von Prozessen geht die Robotik einen Schritt weiter. Es geht um die Automatisierung von ganzen Aktivitätsketten. Deren Verknüpfung setzt ein hohes Maß an Komplexität und Intelligenz voraus. Ultimatives Vorbild dieser kognitiven Ka-pazität ist das menschliche Gehirn. Die Aufgaben werden so erfüllt, als ob eine reale Person systemübergreifende Aufga-ben erledigt – und dies, ohne dass die zugrunde liegenden Systeme miteinander gekoppelt wären. Damit sind die Akteure virtuelle Arbeitnehmer, die regelbasiert Aufgaben erledigen. Das Konzept der sich selbst verbessernden Maschine ist mittels Maschinenlernen im darauf logisch fol-genden Entwicklungsschritt bereits realisiert. Die Robotik- Software ist dazu ausgelegt, Modelle schnell und exakt zu berechnen und diese in Form einer Automatisierung direkt in die Realität zu transformieren. Die Roboter vereinen damit folgende Eigenschaften:

Sie übernehmen die Automatisierung von repetitiven Aufgaben des Menschen.

Sie agieren als virtuelle Arbeitskräfte, die durch Menschen überwacht werden.

Sie sind lernfähig und konfigurierbar, im besten Fall sogar selbstlernend.

Sie sind in die bestehende IT-Architektur integriert und benötigen keine komplexen Schnittstellen.

Das häufig unter Robotic Process Automation anzutreffende Gebiet bezeichnet genau diese Software-gesteuerte Koordi-nation von Aktivitäten über verschiedene Applikationen und Systeme hinweg. Ohne große Anpassung der bisherigen Landschaft agiert der Roboter mit eigenem User und Pass-wörtern in den bestehenden Systemen.

Diese Definition liest sich für einige möglicherweise sehr the-oretisch, gar futuristisch. Für andere sind ethische Bedenken im Vordergrund, wenn Maschinen den Menschen ersetzen sollen. Doch die Anwendungen sind in einigen Bereichen be-reits im Einsatz und helfen den besten Banken dabei, noch besser zu werden.

Effizienzsteigerung um 80%Die Hauptzielsetzung der Robotik ist es, Effizienzsteigerun-gen in manuellen und repetitiven Prozessen zu schaffen – und zwar durch die Reduktion menschlicher Interaktion. Produk-tivität ist also der Haupttreiber der Robotik ( 1).

Jede menschlich ausgeführte Aufgabe wie beispielsweise die Erstellung eines Reports in einer Tabellenkalkulation wird dabei als Algorithmus betrachtet und ist deshalb automati-sierbar. Die Robotic Process Automation Software kombi-niert dabei Technologien der Erkennung grafischer Benut-zeroberflächen mit einer Workflow-Steuerung. Die Software ist darauf ausgelegt, zwischen verschiedenen Applikationen und Bildoberflächen zu wechseln. In Zwischenschritten au-tomatisiert sie Berechnungen und Datentransformationen. Meistens ist die Software darauf eingestellt, weitere Akti- onen in der Prozesskette auszulösen und so verschiedene Workflows unter der Einhaltung von Bedingungen und Re-geln miteinander zu verketten. Im einfachen Fall «lebt» der Roboter auf einem gewöhnlichen Desktop-System. Er kann sich jedoch auch auf virtuellen Desktops in einem Automati-sierungs-Hub befinden.

Die durch die Robotik erzielten Qualitätsverbesserungen werden häufig unterschätzt. So sind Roboter-gestützte Pro-zesse rund um die Uhr durchführbar und reduzieren mensch-liche Fehler. Durch den Wegfall menschlicher Komponenten wie Gewohnheit und Beharrlichkeit, Widerstand gegen Ver-änderungen oder menschliche Fehler lassen sich Prozesse auf Basis dieser technischen Lösung sehr viel schneller an-passen. Auch Umstellungen sind blitzschnell realisierbar durch die Wiederverwendung einzelner Prozesssequenzen. Damit ermöglicht Robotic Process Automation der Bank, sich voll auf den Kundenservice und die Weiterentwicklung der Unternehmung zu fokussieren.

1: Vision von Robotik und Maschinenlernen

Quelle: Synpulse

Wachsender Kostendruck im Tiefzinsumfeld

Komplexere Prozesse aufgrund zunehmender Regulatorik

Niedrige Produktivität durch viele manuelle Arbeitsschritte

Langsame Servicegeschwindigkeit

Wenig flexible Skalierbarkeit von Arbeitskapazitäten zu Spitzenzeiten

Compliance-Risiko bei manuell ausgeführten Prozessen

Herausforderungen

1. Roadmap: Definition, Zielsetzung und Selektion der Aktionsfelder

2. Systemevaluation: Selektion der geeigneten Robotic Process Auto-mation Software

3. Prototyping: Auswahl von Feldern mit hohen Quick-Wins und Umset-zung mittels Prototyp und iterativer Durchführung

4. Testen und Übertragen: Testen der Automatisierungen im Kleinen und Übertragung auf die regelmäßige Arbeit

5. Multiplikation: Ausdehnung des ersten Anwendungsfalles auf weite-re Gebiete und Aufsetzen einer Füh-rungsstruktur

Fünf Schritte zur Robotic Process Automation

Reduzierte Kosten

Erhöhte Servicequalität

Skalierbarkeit zu Spitzenzeiten

Garantierte Compliance

Erhöhte Servicegeschwindigkeit

Mehr Kapazität für Servicever- besserung

24 Stunden Verfügbarkeit

Keine Einarbeitungszeit

Schnelle Prozessänderung ohne Mitarbeiterresistenz

Erzielte Resultate

synpulse synpulse Digital Banking | 9 8 | Digital Banking

Anwendungsfelder: von der Kundeneröffnung bis zur RechnungsabwicklungFür die Prozess-Robotisierung bei Finanzinstituten eignen sich sämtliche Routine-Prozesse. Dies reicht von der Daten-eingabe, Validierung, Manipulation und Konsolidierung bis zum Exportieren, Herunter- und Hochladen von Daten oder Dateien. Prozesse, bei denen Kunden nicht unmittelbar invol-viert sind, stoßen dabei inner- und außerhalb der Organisa- tion voraussichtlich auf den geringsten Widerstand – zunächst könnten also Prozesse im Back-Office-Bereich robotisiert werden. Einige selektierte Beispiele sollen die Anwendungs-möglichkeiten verdeutlichen:

Kundeneröffnung: Eine Schweizer Privatbank hat den Eröffnungsprozess von Neukunden im Privatkundenge-schäft zu 85% automatisiert. Der Stammdatenleiter wurde dadurch in der Überwachung und Kontrolle nach wenigen Wochen deutlich entlastet. Das Team konnte sich fortan auf die Verbesserung der Prozesse statt auf die mühsame Dateneingabe konzentrieren.

Rechnungsstellung: Eine deutsche Bank hat mittels Ro-botic Process Automation den gesamten Rechnungslauf und monatlich über 10ʼ000 Rechnungen robotergesteu-ert durchgeführt. Dabei konnten mehr als 90% der strukturierten Rechnungen automatisch ausgelöst und bezahlt werden. Für die Abteilung wurde damit eine Effi-zienzsteigerung von 50% erreicht.

Reconciliation: Die Loro- und Nostroabstimmung ist bei fast allen Banken zum Großteil bereits vollautomatisch. Dennoch bleiben mit dem geringen, nicht automatisier-ten Anteil sehr hohe Aufgabenblöcke, die manuell abge-arbeitet werden müssen. Eine deutsche Großbank hat sich diesem Thema mittels Robotic Process Automation gestellt und so den Automatisierungsgrad der Abstim-mung um zwei Prozentpunkte erhöht. Das klingt zwar nach wenig. Wenn man jedoch bedenkt, dass dadurch der Arbeitsaufwand der gesamten Reconciliation-Abtei-lung halbiert wurde, zeigt sich, dass selbst bei bereits hochautomatisierten Prozessen noch großes Optimie-rungspotenzial vorhanden ist.

André H. BurgerManaging [email protected]

Raphael [email protected]

Autoren

2: Produktivitätssteigerung mittels Maschinenlernen

Quelle: Synpulse

Prod

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10-20%

10-20%

20-30%

15-25%

Standardisierung

Vereinheitlichung von Prozessen über Organisationsein-heiten hinweg und Modularisierung von Produkten

Industrialisierung

Aufbrechen der Wertschöpfungs-kette auf verschie-dene Unternehmen

Digitalisierung

Verlagerung der physischen Prozesse in die digitale Welt

Automatisierung

Ersetzen von menschlichen Arbeitskräften durch virtuelle Mitarbeiter mittels Robotic Process Automation

Maschinenlernen

Kognitive Automatisierung von Prozessen, die sich selbst verbessern und optimieren

Stammdaten Parallelpflege: Der Cut-Over-Plan einer Kernbankensystemeinführung sah vor, das neue System in zwei Schritten aufzuschalten. Im ersten Schritt wur-den im neuen System nur die Stammdaten parallel zum Altsystem geführt. Diese Parallelphase wurde mittels Robotic Process Automation komplett verselbststän-digt, ohne dass in die Systemlandschaft eingegriffen werden musste. Damit konnte sich das Stammdaten-team auf komplexere Themen konzentrieren.

Weitere sehr gut geeignete Einsatzgebiete, die von Synpulse bereits umgesetzt wurden, sind die Erstellung systemüber-greifender Berichte, die Extraktion elektronischer Formulare, die Angebotsgestaltung für Kreditanträge, die Automatisie-rung des Bilanzabschlusses sowie die Betrugs- und Geldwä-scheerkennung. Die Liste der Anwendungsfelder ist beliebig erweiterbar.

Felder identifizieren, robotisieren und profitierenIn fünf Schritten kann eine Bank bereits erste Felder mithilfe von Robotic Process Automation bearbeiten und davon pro-fitieren. Einzige Voraussetzung für den Start ist, dass die ent-sprechenden Prozesse bereits eine gewisse Reife in der Stan-dardisierung und Digitalisierung haben. Die Eintrittsbarriere ist in diesen Feldern besonders niedrig und für Banken jegli-cher Größe interessant. Das Vorgehen von Synpulse gestaltet sich dabei wie folgt:

1. Roadmap definieren: Definition, Zielsetzung und Selektion der Aktionsfelder.

2. Systemevaluation: Selektion der geeigneten Robotic Process Automation Software.

3. Prototyping: Auswahl eines Feldes mit hohen Quick-Wins; Errechnung eines Business Cases und Umsetzung mittels Prototyp und infolge iterativer Durchführung.

4. Testen und Übertragen: Testen der Automatisierungen im Kleinen und spätere Aufnahme in die regelmäßige tägliche Arbeit.

5. Multiplikation und Verbesserung: Ausdehnung des ersten Anwendungsfalles auf weitere Gebiete und Aufsetzen einer Führungsstruktur zur Umsetzung von Robotic Process Automation in allen Bereichen der Bank ( 2).

Da Robotic Process Automation in kleinen Schritten und punktuell eingesetzt werden kann, eignet sich die Umset-zung mit agilen Methoden wie dem Rapid Design und Proto-typing. Die nicht invasiven Technologien erlauben eine ar- chitekturkonforme Umsetzung in kürzester Zeit. Dabei sind ein Pilotprojekt und damit die Automatisierung eines Berei-ches bereits nach sechs bis acht Wochen umgesetzt.

synpulse synpulse Operational Excellence | 11 10 | Operational Excellence

Trainings effizient und erfolgreich umsetzen

Effiziente Trainings sind wichtige Voraussetzungen, um sich für Veränderungen zu wappnen und im Wettbewerb zu bestehen. Gut geschulte und mit dem Trainingsprojekt zufriedene Mitarbeiter sind Grundlage für den Unternehmenserfolg. Welches sind die wesentlichen Kriterien für erfolgreiche Trainings – darauf gehen wir in diesem Artikel ein.

Autor: Matthias Eberhard

Es ist einfach zu sagen, ob ein Training beim Publikum gut oder nicht gut angekommen ist, jedoch ist es nicht immer leicht, daraus die Kriterien für erfolgreiche Trainings abzulei-ten. Häufige Kritikpunkte an Trainings sind folgende:

Der Inhalt wurde nicht verständlich erklärt

Die Komplexität der Lerninhalte war zu hoch

Die Trainer konnten nicht begeistern

Der rote Faden hat gefehlt

Das Training war zu theoretisch, ohne Praxisbezug und Übungen

Das Training dauerte zu lange

Aus den Kritikpunkten lassen sich im Umkehrschluss Erfolgs-merkmale ableiten. Es ist somit wichtig, dass Trainings:

eine hohe Qualität der Inhalte bieten,

dass die Flughöhe stimmt (Detail/Vereinfachung),

dass die Inhalte spannend vermittelt werden,

dass sie effizient, evtl. sogar zeitunabhängig sind.

Qualität der InhalteEin Training sollte die Inhalte in hoher Qualität wiedergeben. Eine Grundvoraussetzung ist, dass bei der Erarbeitung von Trainingsunterlagen besonders kompetente Mitarbeiter mit gutem Fachwissen und hohem Praxisverständnis eingesetzt werden. Theoretische Inhalte können mittels «Reviewzyk-len» mit den Endanwendern des Trainings aufgelockert wer-den. Zusätzliche Übungen ermöglichen einen Praxisbezug und erlauben es, die Trainings für die Teilnehmer greifbarer zu machen.

Die richtige FlughöheSind die Inhalte in einem ersten Entwurf vollständig erarbei-tet, fängt die eigentliche Arbeit erst an. In mehreren Review-zyklen durch Endanwender und Fachexperten werden die Inhalte weiter vereinfacht und die Darstellung optimiert. Wir haben festgestellt, dass in etwa zwei bis drei Reviewzyklen ein Optimum zwischen Erarbeitungsaufwand und Verbesse-rung der Beschreibung und Darstellung der Inhalte erreicht wird.

Ist die Darstellung der Inhalte intuitiv genug, weitgehend selbsterklärend und auf den Trainingsbedarf der User opti-miert, lassen sich Gedanken darüber anstellen, wie diese In-halte möglichst effizient vermittelt werden können.

Effiziente Vermittlung von TrainingsinhaltenDie Trainingsinhalte können über diverse Kanäle vermittelt werden. War früher das Frontaltraining dominant, so ver-schiebt sich heute die Trainingslandschaft eher in Richtung digitaler Kanäle. Beispiele für die vorwiegenden Trainings-methoden unserer Kunden finden Sie in der Abbildung unter Trainingskanäle ( 1).

Die Wahl des richtigen Trainingskanals ist von diversen Krite-rien abhängig wie dem Budget, der bestehenden Trainingsin-frastruktur, der Komplexität der Inhalte, der Anzahl der Mit-arbeiter, der örtlichen Verteilung etc. Auch eignen sich nicht alle Trainingsmethoden für jeden Mitarbeiter gleich gut. So bevorzugen manche ein persönliches Frontaltraining, andere erarbeiten sich die Themen lieber zeitunabhängig aus Videos, Manuals oder Web based Trainings.

Es empfiehlt sich daher, die Trainingserwartung direkt beim Trainingsempfänger abzuholen und darauf basierend den optimalen Trainings-Mix zu erstellen. Wir empfehlen das pa- rallele Angebot mehrerer Trainingskanäle, damit sich die Mit-arbeiter jeweils die für sie beste Trainingsart selbst auswäh-len können. So lohnt es sich zum Beispiel, neben jedem Web based Training auch ein Manual zu erstellen. Dies ermöglicht, das Erlernte später mittels Frontalunterricht, Übungen oder Webinaren noch weiter zu vertiefen.

Je größer die Anzahl der zu schulenden Mitarbeiter ist und je mehr sie ortsunabhängig arbeiten, umso mehr bieten sich digitale Trainingsmethoden an. Gerade Sales-Mitarbeiter schätzen die Möglichkeit, Trainings zeitunabhängig aufzuru-fen und diese z.B. während einer Zugfahrt zum Kunden durchzugehen.

Spannende TrainingsEs gibt nichts Besseres als einen motivierten und mitreißen-den Trainer. Es ist daher wichtig, dass die Trainer ein gewisses Talent aufweisen. Der Mitarbeiter merkt, ob sein Gegenüber

1: Elemente eines erfolgreichen Trainings

Quelle: Synpulse

Lerninhalte pro Zielgruppe

Lernziele Art der Durch-

führung der Trainings

Trainingskonzept

Fachkompetenz Trainings-

erfahrung Eignung als

Trainer

Trainingsteam

Detaillierungsgrad vs. Vereinfachung

Zielgruppen- gerechte Aufbereitung

Einfache Darstellung und Erklärung

Trainingsinhalte

Frontalunterricht Online Live

Trainings Web based

Trainings Videoaufnahmen Manuals Sammlung von

Beispielen Learning Manage-

ment Systems (LMS) oder Intra-netseiten mit Trai-ningsmaterialien

Tests Frequently asked

questions Quick guides On the job

trainings (expert sessions)

Trainingskanäle

LMS (Learning- Management- Systeme)

Web based Training- Recording Tool

Videoanbieter Übersetzungen Vertonung

Trainingstools/ -dienstleister

synpulse synpulse Operational Excellence | 13 12 | Operational Excellence

die Inhalte mit Leidenschaft vermittelt und ob er/sie mensch-liches Einfühlungsvermögen hat. Die Wahl der richtigen Trai-ner trägt vor allem beim Frontalunterricht wesentlich zum Erfolg bei.

Bei Web based Trainings wird die Spannung in einem Training durch Animationen, gesprochene Passagen, grafische Dar-stellungen sowie Interaktionen erzeugt. Auch Übungen und E-Tests können dazu beitragen, dass der Lernende motiviert bleibt und Erfolgserlebnisse mitnehmen kann. Ein Web ba-sed Training muss daher viel genauer ausgearbeitet werden als eine PowerPoint-Präsentation. Außerdem bedarf es einer gewissen Erfahrung im Umgang mit diesen Medien, damit eine geeignete Wirkung erzielt werden kann.

Videoaufnahmen zu spezifischen Lerninhalten erleben Ler-nende oft als erfrischend und auflockernd. Längere Videos führen hingegen zur Ermüdung, da sie im Gegensatz zu Web based Trainings keine Interaktion erlauben. Oft werden Vi-deos auch zur Aufzeichnung von Webinaren (Online Trainings) oder für Frontaltrainings eingesetzt. Dies ermöglicht den Ler-nenden, die Trainings zeitversetzt zu besuchen.

Spannende und gut aufgebaute Manuals leben hauptsäch-lich von den Inhalten und deren Darstellung. In Manuals ist es zudem wesentlich, dass die Struktur (Inhaltsverzeichnis) und der Aufbau der Themen stimmen. Manuals sind für erfahrene Lernende von Vorteil, da sie punktuelles Lernen erlauben und der Lernende frei im Skript vor- und zurückspringen kann. Auch ermöglichen nur Manuals die textbasierte Suche nach Themen.

Effizienz von TrainingsDie Effizienz von Trainings ist sehr stark abhängig von der An-zahl der Teilnehmer. Während bei kleinen Gruppen praktisch immer das Frontaltraining die effizienteste Methode dar-stellt, ist es bei größeren Gruppen nicht mehr praktikabel. Die Organisation von Trainingsräumen, Anmeldungen, Trai-nern, Sprachversionen usw. ist bereits bei 500 Teilnehmern eine Herausforderung. Trainiert man jedoch 500 Mitarbeiter online mittels Webinar, so kann dies mit vier bis fünf Durch-läufen sehr einfach und sogar ortsunabhängig durchgeführt werden. Bei einem großen Zielpublikum empfiehlt es sich zudem, den Anteil des selbstständigen Lernens mittels Web based Trainings, Videos, Manuals und Tests auszubauen.

Auf Intranetseiten oder LMS-Systemen (Learning-Manage-ment-Systemen) können diese Lerninhalte strukturiert und zentral zur Verfügung gestellt werden. Auch kann die Durch-führung von Web based Trainings automatisch kontrolliert werden, was besonders die Kontrolle von regulatorischen Pflichttrainings vereinfacht.

Den größten Effizienzgewinn erzielt man bereits, indem durch digitale Trainingsmethoden die Anreisezeit wegfällt und das Training bequem vom eigenen Arbeitsplatz aus bearbeitet werden kann. Auch kann durch Videos oder Web based Trai-nings ein Lerninhalt zeitunabhängig abgerufen werden. Dies vereinfacht insbesondere das Training an internationalen Standorten und es ermöglicht allen Geschäftsbereichen das Training durchzuführen, ohne den Tagesbetrieb zu gefährden.

TrainingskonzeptEs empfiehlt sich, Trainings gut zu planen und auf die Bedürf-nisse und die Größe der Zielgruppe abzustimmen. Die Erar-beitung eines Trainingskonzeptes ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Im Trainingskonzept werden die Lerninhalte pro Zielgruppe, die Lernziele und die Art der Durchführung der Trainings geplant und mit den Trainingsempfängern verein-bart. Danach kann mit der Erarbeitung der Inhalte begonnen werden.

Trainingstools und TrainingsdienstleisterParallel zur Erarbeitung der Inhalte können bereits geeignete Tools und Trainingsdienstleister evaluiert werden. Gerade für die Erstellung professioneller Videoaufnahmen, für Sprachübersetzungen, Vertonungen und Web based Trai-nings gibt es diverse Anbieter auf dem Markt, die sich darauf spezialisiert haben. Trotz ihres kostengünstigen Angebots und hohen Qualitätsstandards sind diese Firmen inhaltlich meist sehr weit von einem Verständnis des fachlichen Hinter-grundes entfernt. Es ist somit unabdingbar, dass die Trai-ningsskripte bereits in einer sehr hohen Qualität von fachlich versierten Projektmitarbeitern ausgearbeitet werden, bevor ein Auftrag zur Produktion eines Web based Trainings erfolgt. Auch muss mit mehreren Reviewzyklen des Web based Trai-nings gerechnet werden und die Inhalte sollten bis ins kleins-te Detail ausgetestet und geprüft werden, um logische und inhaltliche Fehler zu vermeiden.

Matthias Eberhard Associate [email protected]

Autor

Oft ist die Erstellung eines Trainingsskriptes als Auftrag für ei-nen externen Trainingsanbieter aufwendiger als die eigentli-che Produktion eines Web based Trainings. Anstelle der exter-nen Beauftragung können Web based Trainings mit geeigneter Software in vielen Fällen auch selbst erstellt werden. Beson-ders bei Applikationsschulungen ist dies ein sehr eleganter Weg. Gewisse Tools ermöglichen, dass Arbeitsschritte in einer Applikation automatisch aufgezeichnet werden können und daraus sehr schnell ein entsprechendes Web based Training generiert wird. Dadurch können interne Projektmitarbeiter mit fachlichem Hintergrund auf die Erstellung der Trainings angesetzt werden. Dies erhöht insgesamt die Effizienz und die Flexibilität. Auch fallen durch die interne Produktion viele Re-viewzyklen weg.

VariantenbildungEin großer Aufwands- und Komplexitätstreiber sind Trai-ningsvarianten. Sobald das Training in mehreren Sprachen oder in unterschiedlichen inhaltlichen Versionen vorliegen muss, steigt der Aufwand jeder kleinen Änderung drama-tisch an. Hier muss z.B. für jede Variante eines Web based Trainings nochmals mit ca. 30% der initialen Kosten gerech-net werden.

FazitBei der Erstellung eines erfolgreichen Trainings kommen viele unterschiedliche Aspekte zum Tragen. So spielen die Qualität der Inhalte, die spannende Vermittlung und die Effizienz eine große Rolle. Die richtige Kombination der Trainingskanäle, Tools und Trainingsdienstleister ermöglicht eine hohe Effekti-vität. Am allerwichtigsten sind jedoch kompetente, fachlich versierte Mitarbeiter, welche die Inhalte ausformulieren und einfach erklären können. Der Erfolg entsteht aus der optima-len Kombination all dieser Elemente.

synpulse synpulse Sales & Customer Management | 15 14 | Sales & Customer Management

Ihre Kunden denken nicht in Kanälen. Warum sollten Sie es dann?

Die Customer Journey ist in aller Munde. Umso erstaunter waren wir festzustellen, dass Kunden und Versicherer offenbar zwei sehr unterschiedliche Sichten haben, wenn es um die gemeinsame Reise mit dem Kunden geht.

Autoren: Dennis Block | Dr. Christoph Nützenadel

Zusammen mit der Universität St. Gallen hat Synpulse eine Studie zur Customer Journey in der Motorfahrzeugversiche-rung in Deutschland, der Schweiz und Österreich durchge-führt. Die Customer Journey wurde dabei sehr breit gefasst ‒ von der ersten Bedürfniswahrnehmung über Pre-Sales, Sales und After-Sales bis hin zur Kündigung ( 1). Eine zentrale Erkenntnis aus dieser Studie ist: Kunden wech-seln Kanäle und Ansprechpartner, wann sie wollen und wie sie wollen. Praktisch keine Customer Journey gleicht der nächsten und Kundensegmente haben kaum Einfluss auf ih-ren Verlauf.

Viel Potenzial zur DifferenzierungWir haben alle schon das Mantra vom Digital Native gehört und kennen ähnliche Vorurteile über Kundentypen, die an-hand demografischer Merkmale wie Geschlecht, Alter, Bil-dungsgrad, Einkommen, Interesse an oder Kenntnisse von Versicherungen vorgenommen werden. Für unsere Studie haben wir das Verhalten von weit über 3'000 Kunden unter-sucht – und daraus eine weitreichende Erkenntnis gewon-nen: All diese statischen Merkmale haben praktisch keinen Einfluss auf die Wahl des Interaktionspartners. Kundenseg-mentierungen können möglicherweise für die Gestaltung des Angebots sinnvoll eingesetzt werden – aber nicht für

konkrete Vorhersagen, welcher Typ sich wann, wie und an wen richtet ( 2).

Wie der Versicherer die Customer Journey managt, ist ein ganz wesentlicher Teil des Kundenerlebnisses. Hier werden Beziehungen gefestigt oder beschädigt. Entsprechend sollte die Unterstützung der Customer Journey eine hohe Relevanz haben. Umso erstaunlicher ist, dass dazu bisher auf theoreti-scher wie praktischer Ebene nur wenige Beiträge oder Erfah-rungswerte bestehen, die für ein ausgereiftes Konzept geeig-net sind. Dabei finden Versicherungen genau hier noch eine der wenigen Oasen zur Differenzierung.

Kunden sollten nicht Kanälen gehörenDer etwas provokative Titel zeigt das zentrale Dilemma auf, dem sich Versicherer auch 2016 noch gegenübersehen. Auf der einen Seite haben sie eine historisch gewachsene Organi-sation, häufig mit Kanalverantwortlichen. Daran hängen per-sönliche Schicksale, Stellenprozente, Entlohnungs- und In-centivierungsstrukturen und viele Prozesse. Auf der anderen Seite sehen sie sich Kunden gegenüber, die nur eines wollen: dass die Versicherung ihre Anliegen löst. Es ist Zeit, Abschied zu nehmen von der Vorstellung, ein Kunde würde einem Kanal «gehören». 1: Interaktionsverhalten in der Customer Journey (DACH aggregiert)

Quelle: Synpulse & I.VW-HSG

Lesebeispiel:28% der Befragten haben sich persönlich bei einem Agenten infor-miert. Weitere 8% haben sich über andere Medien bei einem Agen-ten informiert. Insgesamt haben sich damit 36% aller Befragten beim Agenten informiert.

Highlights: Agenturen stellen nach wie vor die wichtigsten Ansprechpart-

ner dar, vor allem beim Kauf. Interessant: Sie kommunizieren kaum digital.

Vermittler/Broker werden über die ganze Customer Journey hinweg am konstantesten von ihren Kunden angesprochen.

Das Service Center wird vor allem im Schadenfall genutzt. Die Kunden greifen dabei am liebsten zum Hörer.

Die eigene Website/Kundenportal fristet über alle Schritte hinweg ein Schattendasein. Liegt es an Angebot, Usability oder Vertrauen?

Das Vergleichsportal ist vor allem vor dem Kauf sehr wichtig. Knapp 20% nutzen dabei den Computer, ohne mit jemandem zu sprechen.

Social Media spielt entlang aller Phasen noch kaum eine Rolle. Die Kundenwahrnehmung ist im Durchschnitt über die gesamte

Journey positiv, nimmt aber nach dem Kauf kontinuierlich ab.

Details zur Kanalwahl:Bei allem herbeigesagten Rückgang der klassischen Beratung stel-len wir fest, dass auch 2016 die personengebundenen Kanäle nach wie vor über die gesamte Customer Journey am stärksten genutzt werden – mit den weitaus höchsten Werten beim Kauf. In der Kom-munikation mit Agenten realisiert auch die große Mehrheit (42%) überhaupt erst ein Bedürfnis. Selbst bei der Vertragsbetreuung und im Schadenfall spielen Agenturen eine bedeutendere Rolle als Service Center. Dies könnte in Teilen durch eine dezentrale Betreu-ungsorganisation erklärt werden, wo verschiedene Rollen in den Agenturen verschiedene Aufgaben wahrnehmen. Angesichts der weiten Verbreitung von zentralen Anlaufstellen zur Kundenbetreu-ung bei vielen Versicherern erstaunt es dennoch. Es ist zu fragen, ob Service Center und vor allem digitale Betreuungsmodelle noch nicht ein Niveau erreicht haben, das den Kundenbedürfnissen ent-spricht. Dass Vergleichsportale in den Phasen vor dem Kauf wichtig sind, überrascht nicht. Es fällt aber auf, dass die Nutzung von Mobilgerä-ten selbst bei einer mittelkomplexen Versicherung wie MF/Kfz prak-tisch keine Rolle spielt. Auch hier stellt sich die Frage, welchen Anteil dabei die Qualität des Angebots hat. Enttäuschend ist die durchge-hend geringe Relevanz der eigenen Website sowohl vor, während als auch nach dem Kauf. Von einem Online-Modell, das die meisten Retail-Banken heute erfolgreich bei vielen Kunden etabliert haben, ist die Versicherung nach wie vor weit entfernt.

Kunden wahrnehmungDurchschnitt+/– 1 StD

Interaktionsart: In persona Gespräch Brief Email Telefon Online-Chat PC/Laptop Mobiltelefon/Tablet Andere

Agent

Broker

Service Center

Webseite/Kundenportal

Vergleichsportal

Mobilapplikation

Social Media

Banken

Familie/Freunde

Garagisten

Andere

Interaktionspartner 1 Bedürfnis- realisation Information Evaluation Kauf Laufzeit Schadenfall

Vertrags- anpassung

Vertrags- auflösung

1 Primärkontakt

4232 28 25 43 26 25 36 28

10

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Angaben in % 1

synpulse synpulse Sales & Customer Management | 17 16 | Sales & Customer Management

Das ist leichter gesagt als getan. Eine Organisation lässt sich nicht von jetzt auf gleich ändern. Hinter der Incentivierung von Abschlüssen und Leads steht ein ganzes Business Model und die wenigsten Prozesse sind schon auf hohe Durchlässig-keit sowohl über alle Kanäle als auch über die gesamte Customer Journey ausgelegt ( 3). Sollten Versicherungen aber deswegen die Hände in den Schoß legen und weiterma-chen wie bisher? Diese Frage lässt sich vielleicht analog einem Rätsel aus Kindertagen beantworten: Wie isst man einen Ele-fanten? Antwort: In kleinen Stücken.

Kleine Schritte führen zum ZielVersicherungen stehen vor der doppelten Herausforderung, einerseits ihre Kanäle zu integrieren und andererseits die Verantwortung für ein Kundenanliegen über alle Schritte der Customer Journey zu übernehmen. Ein guter erster Schritt ist eine Auslegeordnung der Customer Journey im Unternehmen.

Idealerweise gehen Versicherer dabei vom Kunden aus und nicht von ihren internen Prozessen. Wichtig ist dabei, eine Matrix zu erstellen, in der Kundennutzen und Kanalkosten pro Touchpoint auf der Customer Journey gegenübergestellt werden ( 4). Die Assekuranz muss erkennen, wo und wie die Kunden mit ihnen in Kontakt treten wollen. Außerdem sollten sie sich den Steuerungsmöglichkeiten (und -grenzen) bewusst werden. Die Bereichsstrategien für Produkt, Ver-trieb, Service und IT sollten den gewonnenen Erkenntnissen angepasst werden.

Die Versicherer müssen sich bewusst vor Augen führen, dass Kunden vor allem eines sind: normale Menschen mit Einstel-lungen, Gefühlen und Wahrnehmungen, die ab und zu auch mal mit einer Versicherung in Kontakt treten. Dies sollten Versicherungen berücksichtigen, wenn sie über den Beitrag zur Customer Journey nachdenken.

3: VeränderungkünftigesVorgehen(DACH)

Quelle: Synpulse & I.VW-HSG

Gleiches VorgehenAnderes Vorgehen

Bedüfnis-realisation

4

96

Information

4

96

Evaluation

4

96

Kauf

3

97

Laufzeit

4

96

Schadenfall

4

96

Vertrags-anpassung

5

95

Vertrags-auflösung

5

95

Lesebeispiel:72% aller Befragten, die bei der Bedürfnisrealisation mit dem Agen-ten kommuniziert haben, haben diesen auch für den nächsten Schritt in Anspruch genommen. Im Umkehrschluss haben 28% den Interaktionspartner gewechselt. 15% sind dabei zum Vergleichs- portal gegangen. Die Länge der Balken zeigt wie in 1 die Vertei-lung aller Befragten je Schritt an (je länger, desto mehr).

Highlights: Ein nicht geringer Anteil der Kunden wechselt nach der

Bedürfnisrealisation oder der Information beim Agenten zum Vergleichsportal.

Broker-Kunden wechseln über die gesamte Customer Journey am wenigsten.

Das Service Center wird vor allem im Schadenfall genutzt. Bei der Vertragsanpassung wechseln die Kunden jedoch vorwiegend wieder zum Agenten.

Die eigene Website wird kaum für den Abschluss genutzt. Die meisten Kunden gehen dafür zum Berater.

Auch das Vergleichsportal wird hauptsächlich vor dem Kauf genutzt. Das zeigt einen starken ROPO-Effekt (Research Online, Purchase Offline).

Details zum Wechselverhalten:Die Abbildung zeigt sehr deutlich, dass Kunden in jedem Schritt die Kanäle und Ansprechpartner wechseln. Tiefere Analyse hat gezeigt, dass sich dazu keine Muster erkennen lassen, die eine Vorhersage ermöglichen. Im Besonderen haben wir festgestellt, dass verbreite-te Kundentypologien nach demografischen Merkmalen (Alter, Geschlecht, Ausbildung, Einkommen) oder Verhalten (Interesse, Kenntnisse, Internet-Nutzung, Social-Media-Nutzung) keine Aussa-gekraft für die Kanalwahl haben. Wir konnten jedoch eine nach Ein-stellungen aufgebaute Typologie identifizieren, die gewisse Präfe-renzen in der Wahl des Ansprechpartners erkennen lässt – für die Steuerung der Customer Journey taugt dieses Modell dennoch nur sehr eingeschränkt. Was uns aber sinnvoll erscheint, ist, diese Typo-logie für die Gestaltung des konkreten Angebots zu nutzen. In unseren Augen ist eine logische Konsequenz daraus, dass Versi-cherer sich dieses Verhaltens noch stärker bewusst werden müs-sen. Es gibt nicht «den Online-Kunden» oder «den Berater-Kunden». Wer einmal über einen Kanal zu einem bestimmten Anliegen an die Versicherung gelangt ist, kann das nächste Mal ganz anders vorge-hen. Wer es als Versicherer den Kunden möglichst einfach macht, zwischen den Kanälen zu wechseln, hat einen Vorteil. Dabei muss aber nicht zwangsläufig alles auf jedem Kanal in jedem Medium mit jedem Ansprechpartner genau gleich sein. All diese Dimensionen haben unterschiedliche Stärken, die Sie auch einsetzen können. Wenn Sie Interesse an weiteren Informationen zur Kundentypologie oder Steuerungsmöglichkeiten haben, kontaktieren Sie bitte die Autoren.

Agent N/A

Broker N/A

Service Center N/A

Webseite/Kundenportal N/A

Vergleichsportal N/A

Mobil- applikation N/A

Social Media N/A

Banken N/A

Familie/Freunde N/A

Garagisten N/A

Andere N/A

Interaktionspartner 1

Bedürf-nisreali-

sationInfor-

mationEvalu- ation Kauf Laufzeit

Schaden-fall

Vertrags- anpassung

Vertrags- auflösung

Beibehält Interaktionspartner Wechselt Interaktionspartner

31

15

12

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1915

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42 1316

30

9

11

22

72 69

68

94

77

68 77 84 70

1 Primärkontakt

2: Wechselverhalten in der Customer Journey

Quelle: Synpulse & I.VW-HSG

Angaben in % 1

Anzahl Befragte, in %

Rund 95% der Kunden würden wieder so vorgehen in ihrer Journey. Es bleibt zu fragen, ob dies so ist, weil die Kunden restlos zufrieden waren – oder weil sie der Versicherung kein besseres Angebot zu-trauen.

synpulse synpulse18 | Sales & Customer Management Sales & Customer Management | 19

Dr. Christoph Nützenadel Partner & [email protected]

Dennis BlockAssociate [email protected]

Autoren

gebräuchlich. Kanäle aus Sicht einer Versicherung set-zen aber per Definition voraus, dass der Versicherer in irgendeiner Form an der Interaktion mit dem Kunden beteiligt ist.

Damit rücken all die Interaktionen aus dem Fokus, die ohne die Versicherung stattfinden, vor allem vor dem Kauf. In Summe sind dies ca. 30% aller Interaktionen – eine sehr große Zahl. Überlegen Sie daher, wie Sie Ihre Relevanz im Alltag Ihrer Kunden erhöhen können z.B. über Kooperationen, Ökosysteme oder (Online-)Com-munities.

Machen Sie das Anliegen des Kunden zum Leitmotiv Kommunikation geschieht nie ohne Grund. Eine Versi-

cherung sollte die Anliegen ihrer Kunden erkennen und sicherstellen, dass die Organisation befähigt ist, über alle Stationen einer Customer Journey hinweg den An-forderungen gerecht zu werden. Dafür gibt es nicht die eine Musterlösung. Ob z.B. jeder Kunde mit all seinen Anliegen einer Einheit zugeordnet oder die Organisation nach Kundenanliegen aufgestellt wird, kann je nach Ver-sicherung verschieden sein.

FazitWer sich jetzt dieses Themas annimmt, hat gute Chancen auf nachhaltige Differenzierung. Als Team – und nicht als Einzel-kämpfer – auftretende Interaktionspartner sind schwer zu kopieren, weil das Zusammenspiel je Versicherer anders aus-sehen und unterschiedlichen Mehrwert schaffen kann. Ein integriertes Modell ‒ mit einer darin implementierten Ver-antwortung über die gesamte Customer Journey ‒ in diesem Sinne aufzubauen, ist nicht einfach. Doch die Ergebnisse der Studie legen nahe: Die Mühe lohnt sich.

Wie sind wir vorgegangen?Für die Studie wurden aus Deutschland, der Schweiz und Österreich je ca. 1‘000 repräsentativ ausgewählte Personen zu ihrem Verhalten im Umgang mit ihrer Fahrzeugversiche-rung befragt. Anhand der quantitativen Befragung konnten Erkenntnisse über die Zusammenhänge gewonnen und re-präsentative Aussagen über die Grundgesamtheit gezogen werden. Vorgängig wurden durch Desk Research bestehende Erkenntnisse zur Customer Journey gesichtet, der konzepti-onelle Aufbau mit Fokusgruppen diskutiert und zur Vertie-fung der Thematik und Vorbereitung der quantitativen Befra-gung 40 Einzelinterviews durchgeführt.

Bei Interesse an weiteren Ergebnissen der Studie kontaktie-ren Sie bitte die Autoren.

HandlungsempfehlungenDas Kundenerlebnis ist einer der wenigen Bereiche, in de-nen sich Versicherungen heute nachhaltig vom Wettbewerb differenzieren können. Ein Produkt lässt sich schnell kopie-ren – bei einer End-to-End auf den Kunden ausgerichteten Customer Journey ist das aufgrund der vielen Abhängigkei-ten schon schwieriger. Im Folgenden finden Sie dazu ausge-wählte Handlungsfelder:

Wechselbarrieren für Kunden reduzieren Kunden wollen Kanäle jederzeit ändern können. Jeder

Wechsel birgt für den Versicherer jedoch die Gefahr, den Kunden zu verlieren – vor allem, wenn der Sprung auf-wendig ist. Dementsprechend ist es unerlässlich heraus-zufinden, warum Kanalwechsel stattfinden und wie die-se aussehen. Versicherungen stehen vor der Aufgabe zu erkennen, wo sie Kanalloyalität beeinflussen können (Kosten vs. Nutzen) und wo sie Wechselkosten senken müssen.

Segmentierung nicht für die Kanalsteuerung nutzen Kunden anhand von Personenmerkmalen in den Kanä-

len zu steuern, erscheint aufgrund der Studienergebnis-se wenig zielführend. Viel entscheidender ist es, die Kunden besser kennenzulernen. Mit der Identifizierung ihrer Einstellungen kann die Assekuranz das Angebot optimieren und individualisieren.

Bringen Sie Ihren Kanälen bei zu kooperieren Die Ergebnisse der Studie zeigen eindrücklich, dass ein

Kunde nicht einem Kanal «gehören» sollte. Das Anliegen des Kunden sollte stets über alle Kanäle und Touch-points hinweg im Vordergrund stehen. Dazu müssen Fragen zur Incentivierung, Organisation, zu Prozessen und zur Technologie beantwortet werden.

Denken Sie über Kanäle hinaus Schlagworte wie Omnikanal- oder Multi-Access-Ma-

nagement sind heute in praktisch jeder Versicherung

Unterer Richtwert Typische Spanne

Typische Vertriebskosten1, in % der gebuchten Bruttoprämien2

~10–14

~13–15

~11–14

~8–12

~6–10

Durchschnitt ~11–12

1 Hauptvertriebskanäle, d.h. reine Lead-Generatoren wie z.B. Portaldienste exkludiert; für neue Vertriebskanäle (z.B. Automobilhersteller) liegen keine verlässlichen Zahlen vor, Schätzungen in der Größenordnung ~10-14%; inkl. Provisionen und Vertriebsunterstützung2 Für MfZ-Versicherungen (Haftpflicht, Voll-, Teilkasko gewichtet) in D/A/CH3 Z.B. Callcenter

Agenturen

Broker

Bancassurance

Direkt (offline 3)

Direkt (digital)

4: Kosten der Vertriebswege

Quelle: Erfahrungswerte Synpulse und I.VW-HSG, Insurance cost benchmarking, Experteninterviews

synpulse synpulse20 | Operational Excellence

Schrittweise Einführung des Target Operating Models über mehrere Standorte

Die Definition eines übergreifenden Betriebsmodells (Target Operating Model) ist eine anspruchsvolle Aufgabe für die strategische Führung. Wenn auch noch mehrere Standorte mit unterschiedlichen Reifegraden an dieses herangeführt werden sollen, erhöht sich der Grad an Komplexität zusätzlich.

Autoren: David Steiger | Heinrich Frankenbach

Das Target Operating Model (TOM) harmonisiert unterschiedli-che Betriebsmodelle und erschließt Skaleneffekte und Syner-gien. Prozesse und Betriebsmodelle in Unternehmen haben sich oft historisch entwickelt oder sind aus M&A-Transaktio-nen entstanden. Gerade in Zeiten erschwerter Ertragslagen wird der Fokus eher auf Konsolidierung und Expansion gelegt als auf die Harmonisierung der Prozesse und Organisation. So trifft man heute in vielen Unternehmen auf eine heterogene Landschaft von Filialen, Verarbeitungs- und Buchungszentren mit unterschiedlich reifen Betriebsmodellen. Skaleneffekte und Synergien sind in einer solchen Organisation kaum er-schließbar. Diese heterogenen und fragmentierten Betriebs-landschaften sollen im Rahmen eines Target-Operating- Model-Projektes zu einem in sich stimmigen und effizienten Modell zusammengeführt werden.

Das Target Operating Model ist die operative Umsetzung der Unternehmensstrategie Das Betriebsmodell (TOM) definiert im ersten Schritt den Zielzustand und die Führungsgrößen des Betriebes anhand der vier Dimensionen:

Produkte & Dienstleistungen

Organisation & Prozesse

Technologie & Architektur

Partnerschaften & Sourcing

Generell stellt die Definition eines neuen TOMs ein äußerst aufwendiges Unterfangen dar. Die Komplexität erhöht sich mit der Anzahl der Leistungsträger, den Differenzen in ihrer organisatorischen Reife sowie mit den Ausprägungen der an-gebotenen Dienstleistungen, etablierten Prozessen und ge-nutzten Systemen. Im TOM-Projekt werden also mehrere Lokationen von unterschiedlichen Reifegraden betrachtet. Daher ist ein strukturiertes und methodisch bewährtes Vor-gehen unumgänglich, um die angestrebten Synergieeffekte tatsächlich realisieren zu können.

Operational Excellence | 21

Die Definition des TOMs erfordert eine sachliche Diskussion über alle Führungsebenen Neben dem stringenten Vorgehen ist die gezielte Einbindung der verschiedenen Führungsebenen aller involvierten Lokali-täten ein zentraler Erfolgsfaktor. Mit dem Synpulse V-Modell ( 1) wird das Target Operating Model, durch den Einbezug des lokalen Managements und der lokalen Experten, rasch über das Gesamtunternehmen diffundiert und die Betroffe-nen zu aktiv Beteiligten gemacht.

Eine gemeinsame Vision des zukünftigen Betriebsmodells wird standortunabhängig entwickeltAm Anfang steht die Vision des zukünftigen Betriebsmodells (Schritt 1 im «V-Modell»). Diese soll bewusst unabhängig von den heutigen Differenzen zwischen den einzelnen Standor-ten entwickelt werden. Die TOM-Vision konkretisiert die ope-rativen Aspekte der Unternehmensstrategie und verknüpft sie mit messbaren Zielen und Erfolgskriterien. Die Definition einer klaren Vision der künftigen Zusammenarbeit zwischen den Standorten muss von der Gruppenführung getrieben werden, um eine bindende Wirkung für alle Standorte zu er-zeugen.

Die Vision wird anhand eines TOM Blueprints auf Basis von «Best Practices» konkretisiertBei einem Finanzdienstleister mit einer Vielzahl von Filialen, Verarbeitungs- und Buchungszentren soll die gewünschte Ausprägung der Leistungen in einem ersten Schritt durch einen TOM-Blueprint festgehalten werden (Schritt 2 im «V-Modell»). Dieser Blueprint soll auf Basis der «Best Practices» der reifsten Leistungsträger aufbauen. D.h., die Standorte, die die TOM-Zielsetzungen der Vision am besten erfüllen, dienen als «Best Practice»-Vorbild. Somit wird sichergestellt, dass das neue TOM nicht auf der «grünen Wiese» aufsetzt, sondern praxisnah und kosteneffizient den Ist-Zustand der Lokationen einbezieht. Die «Best Practices» sollen in einer Arbeitsgruppe von lokalen Managern be-stimmt werden, um hier bereits früh einen gemeinsamen Nenner zu identifizieren. In 2 ist ein Beispiel von TOM-Ziel-setzungen entlang der vier Dimensionen mit Beurteilung des Reifegrads pro Standort abgebildet. Ebenfalls ist ersichtlich, dass die «Best Practices» anhand der besten Ausprägung de-finiert werden.

1: TOM-DefinitionunterEinbezugvonGruppenführungundlokalenExperten

Quelle: Synpulse

Gru

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TOM-Vision & -Ziele definieren1

TOM-Blueprint erarbeiten2

Gaps identifizieren3

Transformations- projekt starten6

Gaps analysieren4

Transformationsplan & Business Case erstellen

5

synpulse synpulse22 | Operational Excellence

Der TOM-Blueprint soll als Hypothese den Standorten gegenübergestellt und lokal hinterfragt werdenDer erarbeitete TOM-Blueprint wird als Hypothese in einem zweiten Schritt den lokalen Einheiten von unterschiedlichen Ausprägungen und Reifegraden gegenübergestellt. Ziel die-ses Schrittes ist es, lokale Abweichungen (Gaps) zum TOM- Blueprint festzustellen und zu dokumentieren (Schritt 3 im «V-Modell»). In den Gap Workshops präsentieren die Verant-wortlichen den als «Best Practice» definierten Bereich ihres Ist-Zustands den lokalen Managern und Experten. So können Abweichungen im gemeinsamen Gespräch festgestellt und auf eine zeitaufwendige Dokumentenstudie verzichtet wer-den. Die Beurteilung und detaillierte Analyse der Abwei-chung erfolgt im Nachgang.

Die Experten der Standorte analysieren die Gaps und erarbeiten Lösungen für die StandorteDie identifizierten Gaps werden vom Projektteam konsoli-diert, wobei sich Themenfelder und unterschiedliche Maturi-tätslevel identifizieren lassen. Die thematisch geordneten Abweichungen werden verschiedenen Arbeitsgruppen, be-stehend aus den lokalen Experten der betroffenen Leistungs-träger, zur Analyse zugewiesen (Schritt 4 im «V-Modell»). Sie erarbeiten für die Gaps mögliche Lösungsoptionen unter Be-rücksichtigung der lokalen Gegebenheiten und kundenspe-zifischen Anforderungen. Grundsätzlich wird immer ange-nommen, dass die «Best Practice» Anwendung findet, doch können die Arbeitsgruppen aufgrund von lokalen Anforderun-gen (z.B. regulatorischen) zu einem anderen Schluss kom- men. Die erarbeiteten Lösungswege werden hinsichtlich des

Operational Excellence | 23

David SteigerAssociate [email protected]

Heinrich [email protected]

Autoren

Implementierungsaufwandes (Zeit- und Ressourceneinsatz) und ihrer Auswirkungen auf die Betriebskosten analysiert.

Die Transformation wird anhand eines Business Cases und Umsetzungsplans initiiertBasierend auf den analysierten Gaps werden die veränder-ten Betriebskosten im Business Case den benötigten Investi-tionen gegenübergestellt (Schritt 5 im «V-Modell»). Mittels der Gaps können die Auswirkungen auf die eingangs definier-ten Ziele zurückverfolgt und Umsetzungsentscheidungen auf einer feingranularen Ebene getroffen werden.

Anhand der TOM-Zielsetzungen können die Gap-Lösungen zu thematischen Projekten gebündelt und deren Umsetzung unter Berücksichtigung ihrer inhaltlichen Abhängigkeiten geplant werden. Neben dieser thematischen Dimension bil-den die unterschiedlichen Reifegrade der Standorte die zwei-te Dimension der Umsetzungsplanung. Die verschiedenen Rei-fegrade führen innerhalb der Projekte zu verschiedenen Lösungswegen und Prioritäten. Durch die Berücksichtigung der beiden Dimensionen lässt sich der Transformationsplan sowohl in einer globalen als auch in einer standortspezifi-schen lokalen Sicht darstellen.

Die Berechnung des Business Cases für das Target Operating Model und die Planung der Transformationsphase führt das Projektteam mit dem lokalen Management durch, da dieses die örtlichen Potenziale und Möglichkeiten am besten ein-schätzen kann. Final verpflichtet die Gruppenführung die lo-kalen Verantwortlichen mit dem gemeinsamen Transforma-tionsprojektstart zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen (Schritt 6 im «V-Modell»).

Die Komplexität in kleinen Schritten in die Organisation einbringenDie eingangs beschriebene Komplexität wurde im Projekt beherrschbar gemacht, indem

früh durch eine klare Vision und Zielsetzungen die Leitplanken des Target Operating Models festgesetzt wurden,

durch die Definition eines Blueprints bestehende Fähigkeiten («Best Practices») multipliziert werden konnten,

durch das Gap-basierte Vorgehen die Organisation über mehrere Ebene eingebunden wird, ohne dass der rote Faden verloren geht,

die auf Gaps basierende Transformationsplanung standortspezifische Entwicklungspläne ermöglicht, die die lokalen Gegebenheiten berücksichtigen und gleichzeitig das gemeinsame Ziel im Auge behalten,

die durchgängige Rückverfolgbarkeit der identifizierten Abweichungen und erarbeiteten Lösungsansätze auf die TOM-Ziele eine sachliche und logische Betrachtung der Transformation fördert.

Mit der TOM-Definition und dessen Einführung entlang des Synpulse «V-Modells» wird eine standortübergreifende Har-monisierung entlang der TOM-Ziele erreicht, die es erlaubt, die ursprünglich blockierten Skaleneffekte und Synergien zu erschließen. Diese bilden gleichzeitig die Basis für die nächs-ten strategischen Maßnahmen.

2: BeurteilungderMaturitätderStandorteanhandderTOM-ZielsetzungenundDefinitionder«BestPractices»

Quelle: Synpulse

TOM-Zielsetzung Standort-Maturität

Standort A Standort CStandort B

Arbeitsplatzkosten pro Mitarbeiter

Harmonisierung des Kernbankensystems

R

R

Technologie & Architektur3

Eigenfertigungsgrad

Globale Lieferanten für großvolumige Aufträge R

R

Partnerschaften & Sourcing4

Automatisierungsgrad (STP)

Personaleinsatz pro Leistungseinheit

R

R R

Organisation & Prozesse2

Umsetzung eines globalen Servicemodells

Preisdurchsetzung

R

R R

Produkte & Dienstleistungen1

R TOM-Blueprint «Best Practice»-StandortAnderer StandortErfüllungsgrad des TOM-Ziels

synpulse synpulse24 | From Outside In

Smart Cities – Macht die Digitalisierung unsere Städte lebenswerter?

Smart Cities – erleichtern sie tatsächlich unser tägliches Leben? Ab wann ist eine Stadt «smart»? Vernetzung von Mobilität, Energie und Informationen – können digitale Technologien die soziale Umgebung positiv beeinflussen oder ist eher das Gegenteil der Fall? Dr. Jens Libbe vom Deutschen Institut für Urbanistik berichtet aus erster Hand.

Interview mit Dr. Jens Libbe

Herr Dr. Libbe, wie sieht die Stadt der Zukunft aus? Von ihrer Gestalt her sieht die Smart City – die vernetzte Stadt – gar nicht so viel anders aus als die Stadt heute. Die bauliche Struktur von Städten entwickelt sich sehr langsam. Was sich aber gegenwärtig ändert, sind die technischen Systeme in den Städten. Bewusst nehmen wir nur zum Teil wahr, dass die Smart City schon Realität ist. Klassische Stadttechnik wie etwa Entsorgungslösungen werden vermehrt dezentraler or-ganisiert, z.B. im Quartier. Viel Bewegung wird zudem in die erwerbswirtschaftliche und soziale Infrastruktur kommen. Der Einzelhandel wird sich weiter umstrukturieren, da sich das Einkaufsverhalten infolge der Digitalisierung verändert. Schon heute beziehen wir viele Dinge übers Internet, wo-durch die Bedeutung von Einzelhandelsstandorten abnimmt. Auch im sozialen Bereich werden viele Dienstleistungen digi-tal gestützt werden. Unter anderem im Bürgerdienst der städ-tischen Verwaltung oder in der medizinischen Versorgung. Hinzu kommt: Die städtischen Infrastruktursysteme werden noch stärker miteinander vernetzt. So nutzen wir heute schon unterschiedliche Quellen von Erneuerbaren Energien für Strom- und Wärmenetze. Im Verkehrsbereich wird die Ver-knüpfung zwischen Mobilitätsformen wie Auto, öffentlicher

Verkehr, Fahrrad und Zufußgehen zunehmen. Das Ziel dabei ist, nachhaltige und umweltfreundliche Mittel zu fördern.

Was spricht für Sie persönlich für das Leben in einer Smart City?Wir sind längst auf dem Weg zur Smart City, daher stellt sich die Frage für mich eigentlich nicht. Die Smart City hat für mich dann einen Reiz, wenn Lebensqualität und Dienstleistungen besser werden. Komfortverbesserungen zeigen sich dort, wo ich beispielsweise mittels einer App meine Wege durch die Stadt oder die Heizung meiner Wohnung organisieren kann. Zugleich ist es mir wichtig zu wissen, wer meine Daten sam-melt und verwendet. Dieser ganze Prozess soll nachvollzieh-bar sein. Komfort und Transparenz spielen für mich eine ganz zentrale Rolle.

Sehen Sie die Gefahr des gläsernen Bürgers?Immer wenn Daten gesammelt, ausgewertet und interpre-tiert werden, besteht die Gefahr des gläsernen Bürgers. Da- ran kommen wir kaum vorbei. Viel wichtiger für mich ist die Frage, ob es für den Bürger nachvollziehbar bleibt, was mit seinen Daten passiert. Ist es die Stadt, ein städtisches Unter-

From Outside In | 25

nehmen oder ein privater Dienstleister, der die eigenen Mobi-litäts- und Energiekennzahlen verwaltet? Problematisch wird es, wenn ein privater Dienstleister anfängt, die Daten nicht nur für seine Leistungen zu erheben, sondern das gesamte Konsumverhalten des Verbrauchers auswertet und entspre-chend manipuliert, wie das Google tut. Ein Google-Modell für eine Smart City halte ich nicht für wünschenswert. Die Frage ist also nicht die nach dem gläsernen Bürger, sondern: «Wie behält der Bürger die Hoheit über seine Daten?».

Was gewinnen Menschen in einer Smart City? Das hängt stark davon ab, was bei Smart City-Projekten in den Vordergrund gestellt wird – die Bedürfnisse der Bewoh-ner oder die Technologie. Ich möchte dies am Beispiel der Mo-bilität veranschaulichen. Eine Stadt kann beispielsweise die Elektromobilität oder die Verknüpfung zwischen Mobilitäts-formen fördern. Hier stellt sich die Frage, was ganz oben steht. Es wäre Wahnsinn, das Leitbild der autogerechten Stadt unter dem Label der Elektromobilität wieder aufleben zu lassen. Dieses Leitbild wurde in den 50er- und 60er-Jahren entwickelt. Die Städte wurden von Autobahnen und Schnell-straßen durchbrochen, da der ungehinderte Verkehrsfluss des Autos oberste Priorität besaß. Diese Ideologie führte schnell zu Bürgerprotesten. Wenn wir also heute eine stadt-verträgliche Mobilität betrachten, sprechen wir von einer Rangfolge von Fuß, Fahrrad, öffentlicher Nahverkehr und Au-tomobil. Und eine durch smarte Lösungen beförderte Kultur des Auto- oder Fahrradteilens mag die stadtverträgliche Mo-bilität stärken.Die Elektromobilität muss sich folglich in diese Reihenfolge ein- und sich unterordnen. Das oberste Ziel ist stets, die Auf-enthaltsqualität des städtischen Raums zu gewährleisten. In-sofern sollten wir bei jeder Smart City-Lösung fragen: Was wird höher bewertet ‒ die Technologie oder der Mensch?

Welche urbanen Probleme lassen sich verbessern – entstehen auch neue?Im Prinzip lässt sich ganz viel verbessern. Technik besitzt im- mer das Potenzial, einiges zu optimieren. Technologie ist je-doch kein Selbstzweck, sondern muss den Menschen und ih-ren Bedürfnissen dienen. Sozial können Smart Cities sehr viel leisten und zusätzliche Vernetzung erleichtert vielen das Le-ben. Beispiele dafür sind die Gesundheitsversorgung, die Kontaktaufnahme zu anderen Menschen, die eigene Mobilität und vieles mehr. Wenn ich heute Bürgerdienste über digitale Netze anbiete, ist das für die Bürger mit Zugriff wunderbar. Es wird aber zum Problem, wenn ich damit ältere Menschen, die

keinen Computer zu Hause haben, abhänge. Für ältere Gene-rationen ist es beispielsweise auch problematisch, wenn in-folge des Online-Bankings immer mehr Bankfilialen geschlos-sen werden und zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten wegfallen. Oder wenn man schon beim Fahrkartenkauf oder der Verein-barung eines Arzttermins auf digitale Technologien angewie-sen ist. Dies ist dann sozial eine deutliche Schranke. Verschiedene Studien machen zudem deutlich, dass sich für Smart Cities vorwiegend Männer zwischen 30 und 50 Jahren interessieren. Relativ wenige Frauen beschäftigen sich mit dem Thema, vielleicht weil der Fokus noch stark auf der Tech-nologie selbst liegt. Davon müssen wir wegkommen und den Diskurs verstärkt über Bedürfnisse und Möglichkeiten führen. Es sollten differenzierte Wege der Ansprache genutzt werden, um alle Bevölkerungsschichten mitzunehmen.Ein Smart City-Projekt ist nur dann erfolgreich, wenn die Dienstleistung so eingestellt ist, dass alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig von Geschlecht und Herkunft davon profi-tieren.

Leiden die Dörfer an der Weiterentwicklung der Städte?Das ist nicht entschieden. Die Entwicklung hin zu moderneren Informationstechnologien und zur Vernetzung, die für Städte angewendet werden, kann auch für die ländlichen Gebiete als Chance genutzt werden. Ein Vorbild ist Skandinavien. Dort ist die medizinische Versorgung stärker über digitale Angebote organisiert, da die dünn besiedelten Gebiete über große räumliche Distanzen sonst kaum zu versorgen wären. Oder nehmen wir Australien. Kinder, die im Outback leben, haben oft nicht die Möglichkeit, eine normale Schule zu besuchen. Beim Konzept «School of the Air» finden sich Kinder in einem virtuellen Klassenzimmer zusammen und werden via Internet unterrichtet.

Wo hat sich ein besonders modernes Smart City-Projekt durchgesetzt? Gibt es Vorbilder?Singapur ist beispielweise sehr technikaffin. Durch die steigen-de Einwohnerzahl, jedoch begrenzten Ausdehnungsmöglich-keiten der Stadt ist auch die Verkehrsoptimierung ein zentrales Thema. Täglich sind hier etwa 1.6 Millionen Menschen per Zug unterwegs und 3 Millionen mit dem Bus. Die Gebühren für öf-fentliche Verkehrsmittel werden mit einer wiederaufladbaren Chipkarte bezahlt. Das Barzahlen ist möglich, aber unüblich – Busfahrer geben nämlich kein Wechselgeld heraus. Singapur nutzt ein elektronisches Mautsystem, bei dem jedes Auto auto-matisch durch ein integriertes Lesegerät beim Passieren einer Mautstelle identifiziert wird. Die Innenstadtmaut passt sich

synpulse synpulse26 | From Outside In

preislich alle 15 Minuten an – je mehr Verkehr, desto teurer. Langfristig will man hier vom Auto als primärem Fortbewe-gungsmittel wegkommen. Durch die Auswertung von Ver-kehrsdaten aus verschiedenen Quellen kann der Verkehr bis zu 60 Minuten prognostiziert werden. Auch sehr wichtig für Singa-pur ist die Energieeffizienz. Das ganzjährige schwülheiße Kli- ma erfordert die Klimatisierung aller Innenräume. Der Strom- und Platzverbrauch ist enorm: Etwa ein Fünftel des verbrauch-ten Stroms geht auf Klimaanlagen zurück und im Moment neh-men die Anlagen bis zu einem Viertel der Gebäudemasse ein. Mittlerweile wurde eine Lösung entworfen. Anstatt eines gros-sen Aggregats verteilt sich ein Kühlsystem auf viele kleine Ein-heiten, die im Gebäude verteilt sind. Außerdem wird mit Was-sersystemen in der Decke gekühlt anstatt herkömmlich mit großen Luftschächten. Wissenschaftler schätzen, dass diese Form von Gebäuden 40% weniger Energie verbraucht als der nationale Durchschnitt. Hinzu kommt, dass etwa ein Drittel der Gebäudemasse eingespart wird und somit auch Kosten für die Baumaterialen. Für meine Projekte ziehe ich jedoch eher Ver-gleichswerte aus europäischen Städten heran, da sich die Rah-menbedingungen ähneln. Kopenhagen entwickelt beispiels-weise Maßnahmen, um sich bis 2025 CO₂-neutral aufzustellen. Beispielsweise gibt es dort eine ausgeprägte Fahrradkultur und die kommunale Regierung setzt sich bei der Stadtgestal-tung für Fahrradfreundlichkeit ein. Zusammen sind alle Radwe-ge 390 Kilometer lang. Auf ihnen werden täglich um die 1.1 Millionen Kilometer zurückgelegt. Etwa 36% der Kopenhage-ner fahren mit dem Rad zur Arbeit. Für Besucher der Stadt bie-tet sich der schon seit 1995 verfügbare kostenlose Leihrad- Service an – dieser erfreut sich hierzulande ja mittlerweile auch wachsender Beliebtheit.Die österreichischen Städte Graz und Wien arbeiten an einer integrierten Stadtentwicklung, die auch soziale Fragen auf-greift. Ein intuitiver Tablet Computer (SeniorPad) ermöglicht Senioren die Anbindung an Hilfsorganisationen, soziale Ver-netzung, Vital-Monitoring, Unterhaltung und Kommunikation mit Angehörigen, Verwandten und Bekannten. Damit können ältere Menschen möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben führen und verlieren nicht den sozialen Anschluss. Viele Ihrer Leser kommen ja aus der Schweiz – aber mögliche spannende Konzepte von dort sind mir nicht so bekannt, da sie bislang noch nicht zu unserem Forschungsbereich gehören. Ein gutes Beispiel für ein funktionierendes Sicherheitskonzept liefert Bogotá, Kolumbien. Mit Einbeziehung der Bürger wur-den Maßnahmen ausgearbeitet, die die öffentliche Sicherheit maßgeblich verbesserten. Die Bürger werden zum Beispiel mithilfe der App «Tu Bogotá» einbezogen. Nutzer der App

können Informationen über Einrichtungen der Stadt abrufen und auch bewerten. Zudem ist es möglich, selbst Vorschlä-ge über Ausbaumöglichkeiten in den Bereichen Gesundheit, Kultur, Handel, Tourismus, Sicherheit, Mobilität und Umwelt in der Stadt einzugeben. Generell ist es allerdings schwierig, von einer Vorreiter-Stadt zu sprechen, da sie immer auch von landesspezifischen Rahmenbedingungen abhängen. Die USA setzt in ihren Städten beispielsweise stark auf Smart-Gover-nance-Strategien – dadurch sollen Planungsverfahren ver-bessert und der Verwaltungsapparat modernisiert werden. Solche Anpassungen sind in den USA extrem wichtig und spie-len im deutschsprachigen Raum eine geringere Rolle.

Wie sieht es in Deutschland aus?Ein für mich interessantes Smart City-Projekt wird zurzeit in München im Gebiet Neuaubing-Westkreuz und im benach-barten Neubaugebiet Freiham umgesetzt. Hierbei handelt es sich um ein EU-Projekt, das von der Stadt betrieben wird. Die-ses Projekt betrifft sämtliche Bereiche, von der Infrastruktur, über die Gebäudeeffizienz bis hin zu sozialen Strukturen. Mit lokalen Dienstleistern wurden die Möglichkeiten sorgfältig geprüft. Im Vordergrund stehen fünf Maßnahmen: Der Aufbau von Niedrigenergiequartieren auf Basis erneuerbarer Fern- wärme, die ganzheitliche Sanierung von Wohnbestand, der Ausbau integrierter Infrastrukturen in Form von Smart-Data- Management-Plattformen und Smart-Service-Angeboten (z.B. intelligente Laternenmasten, Verteilerstationen für Gü- ter), Lösungen für nachhaltige Mobilität im Quartier (z.B. Carsharing-Systeme) und Stadtteil-Labore. In Letzteren ent-wickeln Bürger zusammen mit Unternehmen Lösungen für ihren Stadtteil. Der Unterschied zu anderen Projekten wie beispielsweise dem Flughafen Tegel in Berlin ist, dass man in München in der Umsetzung schon viel weiter ist. Im Übrigen: Die ganze Smart City-Diskussion krankt daran, dass zwar viele Hochglanzbroschüren gedruckt werden, die - wenn man ge-nauer hinschaut - aber auch viel heiße Luft enthalten.

Welche Ideen lassen sich recht einfach realisieren, welche eher schwieriger?Heutige Smart City-Projekte finden häufig auf der grünen Wiese statt. Das heißt, die Stadt hat ein Baugebiet oder Kon-versionsgebiet – zum Beispiel eine alte Kaserne – zur Verfü-gung, um etwas Neues zu entwickeln. Das ist relativ einfach, da es keine Restriktionen gibt und man von null an neu pla-nen kann. In bestehenden Stadtgebieten neue Technologien zu implementieren, ist komplizierter.

From Outside In | 27

Dr. Jens Libbe, 54, studierte Volkswirt-schaft und Sozialökonomie an der Hambur-ger Hochschule für Wirtschaft und Politik. An der Universität Leipzig promovierte er mit einer Arbeit zum Thema «Transforma-tion städtischer Infrastruktur – Perspek- tiven und Elemente eines kommunalen Transformationsmanagements am Bei-spiel Energie». Seit 1991 ist Jens Libbe wis-

senschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Urbanistik in Berlin. Die Arbeit des Instituts bewegt sich zwischen Grund-lagenforschung und Politikberatung. Deutschlands große und mittelgroße Städte sind Mitglieder. In seiner unabhängigen For-schung arbeitet das Institut eng mit den Kommunen zusammen. Neben der Forschungsarbeit bietet das Institut auch Fortbildun-gen an. Seit August 2015 leitet Jens Libbe den Bereich «Infrastruk-tur und Finanzen». Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem im Bereich Stadt der Zukunft.

Welche Dimensionen werden von Smart Cities berührt?Aus Sicht der Wirtschaft ist die Smart City ein neuer Dienst-leistungsmarkt. Da Deutschland nicht mehr das klassische In-dustrieland, sondern ein Dienstleistungsland ist, sind Städte daher der Markt der Zukunft. Außerdem leben weltweit heute schon mehr als 50% der Menschen in Städten und in 50 Jah-ren werden es 75% sein. Da ist unglaublich viel zu tun. Aus Sicht der Kommunen und Bürger ist Energie- und Ressourcen- effizienz eine sehr wichtige Dimension. Die Energiewende und der Klimawandel zwingen uns dazu, unsere Städte in Richtung CO₂-Neutralität zu entwickeln. Dies führt auch dazu, dass technische Systeme und unsere Mobilität energieeffizienter werden müssen. Weniger domi-nant, aber trotzdem präsent ist die Dimension Sicherheit im öffentlichen Raum – auch vor dem Hintergrund terroristischer Bedrohungen. Hier gilt es die Balance zu wahren zwischen Sicherheitsbedürfnissen und unserer kulturellen Errungen-schaft von öffentlichen Räumen, die für alle Menschen frei zu-gänglich sind. Anders formuliert: Die Dimension der Sicher-heit darf gesellschaftliche Freiheitsrechte nicht beschränken!

Was sind politische und wirtschaftliche Herausforderungen auf dem Weg zur Smart City?Politische Herausforderungen sehe ich darin, dass eine Stadt viele Funktionen integriert und die Menschen mitnehmen muss. Lokale Prozesse sollten auch lokalpolitisch verantwor-tet werden. Es wird zum Problem, wenn große Dienstleister ganze Stadtgebiete bedienen, wie dies in Asien teilweise der Fall ist. Das ist in Mitteleuropa glücklicherweise noch nicht der Fall. Die Menschen erwarten, dass die Digitalisierung die Lebens-qualität fördert, aber sie nicht fremdbestimmt. In wirtschaftspolitischer Hinsicht empfehle ich Dienstleis-tern, dass sie nicht nur ihre Technologien verkaufen, sondern den Service für die Bürger und Kommunen ins Zentrum ihres Geschäftsfeldes stellen.

Sie sollten nicht durch Technologien versuchen, Stadtpolitik zu betreiben. Mein Eindruck ist, dass hier auch bereits ein Prozess des Nachdenkens stattfindet. Im Dialog mit Kommu-nen, Wissenschaft und zivilgesellschaftlichen Gruppen lernen die großen Telekommunikations- und Elektrotechnikkonzer-ne, Smart City-Projekte bürgernäher ins Leben zu rufen. Zu Beginn ist das aufwendig und wird als Hindernis gesehen, auf Dauer wird es zum Erfolgsmoment.

Wie schätzen Sie den Fortschritt in den nächsten 10 bis 20 Jahren ein?Das ist schwer zu sagen, die momentane Dynamik wird aber sicherlich weiter anhalten. Das Smartphone, die Informa-tions- und Kommunikationstechnologie und die Energiewen-de sind Treiber, die die Richtung der Entwicklung beeinflus-sen werden. Das Thema Energie führt dazu, dass wir uns bei jeder Smart City-Lösung fragen müssen, ob es zu mehr oder weniger Energieverbrauch führen wird. Hilft es uns zu sparen oder wird mehr konsumiert? Eine andere Frage ist die nach der Finanzierung. Zunächst geht man davon aus, Geld zu spa-ren, es wird aber häufig vergessen, dass jede neue Technolo-gie auch Folgekosten produziert.

Wie sieht für Sie persönlich die ideale Smart City aus?Idealbild einer Smart City ist für mich, dass dort ganz unter-schiedliche Menschen und Bevölkerungsgruppen mit unter-schiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen harmo-nisch auf dem engen Raum einer Stadt miteinander wohnen können. Ich habe die Vision einer Stadt, in der es Spaß macht zu leben, in der man Buntheit und Vielfalt erleben kann, und keine Stadt, die technische steril ist, wo man nur noch sei-nesgleichen findet und andere weniger technikaffine Bevöl-kerungsgruppen nicht mehr antrifft. Sofern Technologie zu einer solchen lebenswerten Stadt beiträgt, ist sie sinnvoll eingesetzt.

synpulse synpulse28 | Operational Excellence

Wissensmanagement ‒ auch im 21. Jahrhundert eine strategische Disziplin

Unternehmen vernachlässigen oft ihre Wissensbasis oder sehen Suchmaschinen und künstliche Intelligenz als Lösungen zur Wissenssicherung und -verbreitung. Diese Techniken sind jedoch unzureichend bzw. decken nur einen Teil der Anforderungen ab. Ein gutes Wissensmanagement bietet dagegen immer noch Wettbewerbsvorteile.

Autor: Christian Ruhse

Mitarbeiter sind es aus ihrem privaten Umfeld gewohnt, im-mer und überall auf das scheinbar unerschöpfliche Wissen des Internets zuzugreifen und dieses mit mächtiger Such-funktionalität wie jener von Google durchsuchen zu können. Gleichzeitig reichern moderne Geräte wie das iPhone die Da-ten ihrer Benutzer automatisch mit nützlichen Informationen an (Ort, Zeit, Personen auf dem gemachten Foto etc.) und machen diese ohne viel Zutun leicht wieder auffindbar. In pri-vaten Anwendungsbereichen erscheint es vielen Benutzern heute deshalb als einfach, ihre Dokumente, Fotos, Termine und Kontakte zu verwalten. Entsprechend hoch sind deren Anforderungen an das Wissensmanagement im Unterneh-men. Dieses erscheint im Vergleich zu den Möglichkeiten im Privaten oftmals aufwendig und unbefriedigend. Die folgen-den beiden Aspekte sollten jedoch berücksichtigt werden: Zum einen ist die Anzahl der aktiv ins Wissensmanagement involvierten Mitarbeiter eines Unternehmens im Vergleich zur Anzahl der Anwender gängiger Endnutzergeräte (z.B. iPhone) und privater Anwendungen (z.B. Dropbox) enorm klein. Entsprechend gering sind Reife, Funktionsumfang und Benutzerfreundlichkeit einiger spezifischer, unterneh-

mensinterner Wissensmanagement-Tools. Und auch Inves-titionen werden in diesem Zusammenhang eher vorsichtig getätigt. Zum anderen suggerieren uns Suchmaschinen wie Google eine Vollständigkeit in der Aufbereitung der Daten, die sie aber bei Weitem nicht erreichen. Ganz im Gegenteil: Nur ein Bruchteil der im Internet abgelegten Daten wird von Google indexiert. Google kann sich hier auf Daten kon-zentrieren, welche relativ einfach analysiert und mit Meta- Informationen angereichert werden können. Die Erwartung an das Wissensmanagement eines Unternehmens ist da an-ders: Das gesamte Wissen zu einem Sachverhalt soll allen re-levanten Mitarbeitern verfügbar gemacht werden.

Unternehmenswissen muss aktiv gemanagt werdenWissen spielt in hochentwickelten Ländern eine zentrale Rolle. Es ist die strategische Unternehmensressource des 21. Jahrhunderts. Dies ist im Jahr 2016 keine neue Erkenntnis. Aber die immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen, die steigende Komplexität in den Branchen und Märkten, die rasante Entwicklung der Technik und das Obsoletwerden

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traditioneller Geschäftsmodelle erhöhen die Anforderungen an das Wissensmanagement enorm. Für Versicherungen und Banken mit ihren virtuellen Produkten trifft dies besonders zu. Unternehmen, die am Markt bestehen wollen, müssen ihre Organisation und Abläufe ständig optimieren und in-novative Produkte und Dienstleistungen entwickeln. Einen Wettbewerbsvorteil genießt, wer diese Änderungsprozesse effizient durchlaufen kann. Hierbei spielt das Unternehmens-wissen eine zentrale Rolle. Nicht umsonst findet «Intellectual Capital» Berücksichtigung in der Unternehmensbewertung. Unter dieser Bedingung ist es selbstverständlich, dass das Wissen im Unternehmen aktiv und professionell gemanagt werden muss.

In unserem Projektalltag erleben wir aber leider allzu oft, dass das Unternehmenswissen vernachlässigt wird. Beispielswei-se führt das Ausscheiden von Mitarbeitern heute oftmals zum Verlust wichtigen Fachwissens. Nicht selten werden ehema-lige Mitarbeiter nach ihrem Ausscheiden als externe Berater wieder engagiert, um Wissenslücken zu schließen. Ebenfalls kommt es vor, dass bei der Initiierung neuer Projekte die er-probte, unternehmenseigene Projektmethode oder die auf- wendig erstellte Prozesslandkarte vergessen oder sogar ignoriert werden. Dies führt zu Ineffizienzen in der Zusam-menarbeit verschiedener Geschäftsbereiche, zu unnötigem Aufwand im Projekt und es erhöht generell das Projektrisiko. Die langfristig schwerwiegendste Auswirkung ist, dass dieses Verhalten Wissensträger bzgl. der Externalisierung ihres Wis-sens und der Pflege der entsprechenden Dokumentationen demotiviert. In all diesen Fällen ist das Wissensmanagement gefordert. Unternehmen müssen sich in diesem Zusammen-hang zwei zentrale Fragen stellen:

Wie sieht das ideale Wissensmanagement für unser Unternehmen aus?

Wie führen wir das Wissensmanagement ein, damit es bei den Mitarbeitern akzeptiert wird und schnell Nutzen stiftet?

Das Standard-Wissensmanagement gibt es nichtAufgabe des Wissensmanagements ist es, die Ressource Wis-sen im Unternehmen stetig auszubauen, zu erneuern, den Mitarbeitern verfügbar zu machen, sie zur Steigerung des Markterfolges einzusetzen und die unerwünschte Verwen-dung des Wissens durch Dritte zu vermeiden. Dabei muss das

Wissensmanagement flexibel genug sein, um sich ändernden Rahmenbedingungen anpassen zu können. Es muss zudem bei den Mitarbeitern akzeptiert sein. Sowohl die Wissens-bereitstellung als auch die Wissenssuche müssen effizient funktionieren. Aus Sicht der Mitarbeiter muss das Wissens-management gut in den Arbeitsalltag integriert sein. Aus Sicht des Managements muss es den größtmöglichen Nutzen stiften. Das heisst: Wissensmanagement ist auf strategischer, Prozess- und technischer Ebene ( 1) unternehmensspezi-fisch auszugestalten.

Strategische EbeneDer Stellenwert des Wissens für das Unternehmen wurde oben bereits dargestellt. Dementsprechend braucht das Wis-sensmanagement auf strategischer Ebene eine Vision, Missi-on und klare Ziele. Zentral sind zudem die Verankerung in der Gesamtunternehmensstrategie und die Unterstützung durch die Geschäftsleitung.

ProzessebeneDie zentralen Prozessschritte des Wissensmanagements sind 1) Wissensgenerierung und -aktualisierung, 2) Wissenstriagierung, 3) Wissensaufbereitung und -schutz, 4) Wissensbereitstellung und -verbreitung sowie 5) Wissensanwendung und Kontrolle.

Im ersten Schritt wird Wissen generiert oder aktualisiert. Da nicht jedes Wissen einen strategischen oder operativen Wert für das Unternehmen hat, findet im zweiten Schritt eine Wis-senstriage statt. Hier muss entschieden werden, wie relevant das Wissen momentan für das Unternehmen ist, welches die Zielgruppe ist und wie groß der Nutzen aus der Aufarbeitung und Verbreitung des Wissens ist. Auf diesen Einschätzungen bauen die nächsten Schritte auf. Im dritten Schritt wird das Wissen aufbereitet und geschützt. Wir schlagen drei Arten der Aufbereitung vor:

Wissen kann in Form von Dokumenten abgelegt werden. Dies ist der schnellste und am wenigsten aufwendige Weg der Wissenssicherung. Er sollte zur Archivierung von Bewährtem und Beispielen (wie dem Organigramm oder dem Meilensteinplan eines erfolgreich abgeschlos-senen Projektes) verwendet werden.

Wissen kann speziell für die Wissensverbreitung aufbe-reitet werden. Dieser Weg sollte bspw. für Projektab-

synpulse synpulse30 | Operational Excellence

schlussberichte oder die Ergebnisse eines Workshops gewählt werden. Für jede Zielgruppe muss ein Konden-sat des für sie relevanten Wissens formuliert und ggf. durch grafische Darstellungen angereichert werden.

Besonders wichtiges Wissen muss in die Arbeits-anweisungen und in die Ausbildung der Mitarbeiter einfließen. Solches Wissen wird sehr gründlich auf- bereitet und ggf. noch mit Zusatzinformationen (bspw. Forschungsergebnissen, Markt- und Wettbewerbsana-lysen) angereichert. Die Ausbildungsmodule sollten so strukturiert und formuliert sein, dass solche Ergänzun-gen oder Aktualisierungen leicht eingearbeitet werden können.

Im vierten Schritt wird das Wissen verbreitet. Die Zielgruppe, Schutzwürdigkeit etc. sind aus Schritt 2 bekannt. Im fünf-ten Schritt verwenden die Mitarbeiter das Wissen und lösen damit ggf. die Wissensaktualisierung erneut aus. Zentral ist

hier aber auch die Kontrolle: Vorgesetzte und die zentralen Wissensmanager müssen sicherstellen, dass die Vorgaben eingehalten werden. Ein Wissensmanagement, das zwar Standards vorgibt, die Ausführung und Qualitätskontrolle aber allein den Linienverantwortlichen überlässt, wird lang-fristig nicht erfolgreich sein.

All diese Prozessschritte beschäftigen sich mit der Wissens-basis eines Unternehmens, das aus Fach-, Prozess-, Metho-den- und Führungswissen besteht. Jeder Mitarbeiter muss sich seiner Verantwortung in den verschiedenen Prozess-schritten bewusst sein. Angestoßen werden diese Schritte durch externe und interne Auslöser.

Technische EbeneAm Anfang der Umsetzung der Anforderungen aus dem Wis-sensmanagement steht die Erstellung der Informationsarchi-tektur eines Unternehmens. Hierbei werden die angebotenen Wissensinhalte, deren Struktur sowie weitere Meta-Daten

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Christian Ruhse Associate Partner (Topic Expert)[email protected]

Autor

definiert. Dieses Modell, die funktionalen und weitere An-forderungen führen zur Wahl einer geeigneten Wissensma-nagement-Software. Die drei Arten der Wissensaufbereitung (siehe oben) führen in der Regel zu drei verschiedenen Un-terstützungs-Tools: ein Content-Management-System, ein Diskussionsforum und eine gut strukturierte Lernplattform. Die Anfangsinvestitionen können hier ruhig klein sein, da wirklich zentrales Wissen in Dokumente wie Checklisten und Arbeitsanweisungen einfließt, welche bspw. auch im beste-henden Intranet o.Ä. publiziert werden können.

Sinnvoll sind zudem Investitionen in Software, die die be-stehenden Datenquellen wie das Data-Warehouse, ERP-An-wendung, Archivsystem, ggf. sogar Mailboxen so einbindet und ausliest, dass von zentraler Stelle aus Texte und sogar Video- und Audiodateien durchsucht werden können. Gleich-zeitig wird aber immer noch eine gut strukturierte Ablage oder die Anreicherung der Informationen mit entsprechen-den Meta-Daten benötigt. Nur so kann bspw. einem neuen Mitarbeiter zu einem Themengebiet effizient das gesamte externalisierte Unternehmenswissen aufgezeigt werden. Weniger sinnvoll erscheint der Ansatz, mit innovativen An-wendungen wie jener von IBM Watson in die Disziplin Wis-sensmanagement zu starten. Zu unsicher sind der Zustand der Datenbasis und der Return on Investment. Grundsätzlich müssen technische Lösungen für das Wissensmanagement unternehmensweit verwendet werden. Unterschiedliche, dezentrale Anwendungen reduzieren Effektivität und Effizi-enz des Wissensmanagements in allen fünf Prozessschritten sowie die Akzeptanz bei den Mitarbeitern erheblich.

Langfristige Ziele mit schnellen Erfolgen verknüpfenSind wir ehrlich: Die Einführung und der Betrieb des Wis-sensmanagements ist aufwendig und teuer, die Umsetzung langwierig. Die Auftraggeber und die beteiligten Mitarbeiter müssen deshalb durch kurzfristige Etappenziele motiviert werden. Es muss pragmatisch und iterativ vorgegangen werden. Das Ziel einer eierlegenden Wollmilchsau in einem Unternehmensbereich mit hoher Mitarbeiterfluktuation und Ellenbogenmentalität wird jede Bemühung des Wissensma-nagements scheitern lassen. Für die ersten organisatori-schen und technischen Lösungen sollten vielmehr innovative Unternehmensbereiche mit einer offenen Unternehmenskul-tur gewählt werden. Dabei dürfen aber die Gesamtziele und die unternehmensweite Lösung nicht aus den Augen verloren werden.

Der Aufwand für ein sinnvolles Vorgehen mit realistischen Zielen wird sich in allen Unternehmensbereichen auszahlen. Wissen ist außerdem die strategische Ressource der Unter-nehmen und beschert einen Vorteil im Wettbewerb. Ein gut etabliertes Wissensmanagement führt zudem zu einem kol-legialeren Arbeitsumfeld, zu höherer Mitarbeiterzufrieden-heit und entsprechender Mitarbeiterbindung.

1: Wissensmanagement im Unternehmen

Quelle: Synpulse

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Vision, Mission und Zielsetzung des Wissensmanagements

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Eben

e Check-Listen | Arbeitsanweisungen | FAQs | Who’s who | Dokumenten-Pool | Forum | Archiv-System | Reporting Tools | Wissensportal | Intranet | Lernplattform | …

Proz

esse

bene

Wissensgenerierung & -aktualisierung1

Wissenstriagierung2Wissensanwendung & Kontrolle5

Wissensbasis

Fachwissen Prozess- wissen

Methoden- wissen

Führungs- wissen

Wissensaufbereitung & -schutz3Wissensbereitstellung

& -verbreitung4

extern

Gesetzesänderungen

neue Marktteilnehmer

intern

Projektstart

Projektabschluss

Merger/Akquisition

Mitarbeitereintritt

externe Weiterbildung

Beförderung/Stellen-wechsel

Reorganisation

Mitarbeiteraustritt

Auslöser

synpulse synpulse32 | Digital Transformation

Ein Betriebsmodell für Versicherer im digitalen Zeitalter (Teil 2)

Klassische Versicherer sind im Vergleich zu technologieaffinen Newcomern wenig agil. Angesichts des immer schnelleren technologischen und gesellschaftlichen Wandels stellt dies für sie mittelfristig eine beträchtliche Gefahr dar. Wir stellen die technischen Aspekte unseres Betriebsmodells für intrinsisch reaktionsfähige Versicherer vor.

Autoren: Dr. Dominik Langer | Dr. Andreas Wicht

In der letzten Ausgabe von «The Magazine» stellten wir die organisatorischen Aspekte eines Betriebsmodells für einen intrinsisch reaktionsfähigen Versicherer des digitalen Zeit-alters vor. Im Zentrum stand dabei der komponentenorien-tierte Ansatz, bei dem der Betrieb in schlanken, funktions-übergreifenden Teams organisiert ist, die operativ nur noch über wohl definierte Softwareschnittstellen interagieren. So werden eine lose Kopplung zwischen Organisationseinhei-ten und kürzere Durchlaufzeiten für Anpassungen erreicht.

Im vorliegenden Artikel beleuchten wir nun die technologi-schen Aspekte unseres Betriebsmodells genauer, da diese ebenfalls für eine hohe Reaktionsfähigkeit wichtig sind. Bei vielen Versicherern bilden alte Host-Systeme den Kern der IT-Landschaft. Selbst bei Unternehmen, die ihre Kernsysteme in den letzten Jahren modernisiert haben, erfolgte dies in der Regel wiederum mit großen monolithischen Systemen. Die Implementierung solcher führt zu langen und teuren Einfüh-rungsprojekten. Auch nach der Einführung bleibt die IT-Land-schaft träge: Langsame Release-Zyklen sind die Regel, u.a.

aufgrund fehlender oder beschränkter Testautomation so-wie der kompletten Trennung von Entwicklung und Betrieb.

Unser Betriebsmodell – die technologischen AspekteMicroservices: Klein aber feinUnternehmenskomponenten sollen nicht nur organisatorisch, sondern auch technisch gekapselt sein, indem sie ihre eigenen Applikationsinstanzen betreiben. Der Zugriff auf Daten oder die Funktionalität von Applikationsinstanzen einer anderen Organisationseinheit sollte nur über deren Serviceschnittstel-le erlaubt sein. Dies verbieten natürlich die heute verbreiteten monolithischen Applikationen, die oft mehrere Organisati-onseinheiten überspannen. Stattdessen bietet sich die soge-nannte Microservice-Architektur an. Dabei werden möglichst atomare Geschäftsfunktionalitäten in Form separat betrie-bener Miniapplikationen implementiert, als Webservices an-geboten und miteinander verknüpft ( 1). Das Gesetz von Convay besagt, dass sich die Kommunikationsstruktur und

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damit die Organisationsform der Entwicklungsteams in der von ihnen gewählten IT-Architektur widerspiegeln. Dement-sprechend fördern schlanke, organisatorisch getrennte Ent-wicklungsteams eine Microservice-Architektur.

Die Vorteile von Microservices liegen auf der Hand: Sie kön-nen aufgrund ihrer losen Kopplung unabhängig voneinander weiterentwickelt werden. Sie sind einzeln skalierbar und können in der jeweils optimal passenden Programmierspra-che geschrieben werden. Aufgrund ihres kleinen Umfangs kann sich ein Entwickler rasch in einen ihm bisher nicht ver-trauten Microservice einarbeiten und benötigt nicht lange, um produktiv an diesem arbeiten zu können. Ferner ist ein neuer Microservice vergleichsweise rasch entwickelt oder ein bestehender auf eine modernere Plattform portiert.

Container als Gefäße für MicroservicesDie gesamte Kern-IT-Infrastruktur eines Versicherers in Micro- services aufzuspalten, resultiert in Dutzenden oder gar Hun-derten von Microservices, die unabhängig voneinander be-trieben und weiterentwickelt werden müssen. Jeden Micro-service auf seiner eigenen virtuellen oder gar physischen Maschine zu betreiben, würde in einem großen Overhead resultieren. Container-Technologie bietet hier eine ideale Lösung. Mehrere sogenannte Container können mit vonein-

ander isolierten Lebenszyklen auf der gleichen Maschine be-trieben werden, teilen sich jedoch den Betriebssystemkern der Host-Maschine und können daher im Vergleich zu virtuel-len Maschinen wesentlich schlanker gehalten werden.

Mit Docker hat sich ein Standard herauskristallisiert, der es ermöglicht, fertig paketierte Microservices inklusive ihrer jeweiligen Laufzeitumgebung auf unterschiedlichen Host- Systemen zu betreiben (sofern auf diesen Docker im Einsatz ist). Die Laufzeitumgebung eines Docker-Containers ist ex- plizit definiert und wird beim Transfer des Containers auf einen neuen Host von Docker jeweils gemäß Spezifikation komplett neu erstellt. Ein Docker-Container sollte sich daher immer gleich verhalten, unabhängig davon, wo er ausgeführt wird – sei es in der Entwicklungs-, Test- oder Produktionsumge-bung – und auf welchem Wege er entstanden ist – sei es durch ein Rollforward oder ein Rollback. Dieselbe Unveränderlich-keit kann ein Server nicht bieten, egal ob es sich um eine virtu-elle oder physische Maschine handelt, da er in der Regel nicht mit jedem Release komplett neu aufgesetzt wird. In der Test-umgebung bestandene Tests haben daher im Falle einer containerisierten Applikation eine wesentlich höhere Aus-sagekraft für das spätere Verhalten in der Produktion als bei klassischen serverbasierten Applikationen. Zudem sind Roll-backs wesentlich einfacher möglich.

1: Continuous Deployment Pipeline

Quelle: Synpulse

Eingehende HTTP-Requests

Die erfolgreich durch die Continuous Deployment Pipeline gelaufene Änderung an der Code-Basis resultiert einer neuen Version des Microservices

in der Produktivumgebung.

Urheber des Commits wird benachrichtigt, falls der Continuous-Deployment- Prozess wegen eines nicht bestandenen Tests abgebrochen wurde.

Microservices

API

A

API

B

API

C

API

D

Funktionsübergreifendes Team

Continuous Deployment Pipeline

In der CD-Pipeline erfolgen Testing und

Deployment in die Produktion automatisch.

Continuous Integration Tool

Das CI-Tool stößt bei neuen Commits ins Code Repository automatisch

die CD-Pipeline an.

Code Repository

Entwickler committen Änderungen am Code ins Versionierungssystems.

synpulse synpulse34 | Digital Transformation

Nur noch in der CloudApplikationen innerhalb einer Komponente werden prinzipi-ell in der Cloud betrieben. Dies bringt mannigfaltige Vorteile gegenüber dem Betrieb eigener Server. Dazu gehört die enor-me Agilität und Flexibilität moderner Cloud-Infrastrukturen, die innerhalb weniger Minuten auf Knopfdruck oder automa-tisiert neue Instanzen von Applikationskomponenten, Con- tainern oder virtuellen Maschinen bereitstellen können. Dar-aus ergibt sich auch eine rasche Skalierbarkeit, indem bei Lastveränderungen sofort und automatisiert zusätzlich be-nötigte Instanzen hoch- oder überzählige heruntergefahren werden können. Kosten fallen dabei nur für die effektiv ge-nutzten Instanzen an.

Neue Releases am Laufmeter dank Continuous DeploymentKomponenten rollen Bugfixes und neue Features ihrer Ser-vices kontinuierlich aus, sofern dadurch nicht die entspre-chenden Schnittstellenverträge tangiert werden. Dies setzt eine sogenannten Continuous Deployment Pipeline voraus ( 1). Code-Anpassungen werden dabei beim Einspielen in

ein Versionenverwaltungssystem automatisch in eine lauffä-hige Testinstanz integriert. Danach werden automatisierte Tests angestoßen und nach dem Passieren aller Quality Gates erfolgt die automatische Einspeisung in die Produktionsum-gebung. Ein Reverse Proxy sorgt dabei dafür, dass der Service trotzdem zu jedem Zeitpunkt zur Verfügung steht und auch das Umschalten auf eine neue Version ohne Downtime erfolgt ( 2). Die alte Version eines Service kann auch für einige Zeit weiterbetrieben werden, um im Falle eines Problems mit der neuen Version ohne Verzögerung wieder zurückwechseln zu können.

Durch die vollständige Automatisierung des Deployment- Prozesses, die Möglichkeit eines graduellen Ausrollens inner-halb der Benutzerpopulation und die Gewissheit, jederzeit auf eine frühere Version zurückschalten zu können, sinken Risiko und Kosten pro Release drastisch. Dadurch können täglich mehrere bis Hunderte von neuen Releases in Produk-tion gehen.

Digital Transformation | 35

Dr. Dominik LangerManager (Topic Expert)[email protected]

Dr. Andreas WichtSenior [email protected]

Autoren

Testgetriebene Entwicklung Der Betrieb einer automatisierten Continuous Deployment Pipeline setzt voraus, dass Softwaretests automatisiert aus-geführt werden können und dass diese die Funktionalität der Software möglichst weitgehend abdecken. Software-Tests sollen also nicht als notwendiges Übel gesehen werden, mit dem man sich möglichst spät beschäftigt. Vielmehr sollen Tests im Zentrum stehen. Das heisst, beim Entwickeln einer neuen Software-Einheit werden Tests als Erstes entworfen und implementiert. Erst anschließend wird die eigentliche Funktionalität implementiert, sodass die Tests erfolgreich durchlaufen werden.

ProgrammierschnittstellenBei der Umstellung auf eine komponentenorientierte Organi-sationsform oder bei der Neuerstellung einer Komponente sollte der «API first»-Ansatz verfolgt werden: Zuerst wird die Funktionalität der Komponente definiert und in Form eines APIs implementiert, sodass dieses unmittelbar von anderen Komponenten aufgerufen und darauf aufgebaut werden kann.

Anpassungen oder Erweiterungen, die Bestandteile des Schnittstellenvertrags verändern und damit bei abhängigen Komponenten Anpassungen notwendig machen, werden als neue API-Versionen ausgerollt, die so lange parallel zur Vor-gängerversion betrieben werden, wie Letztere noch von an-deren Komponenten benötigt wird. Veraltete API-Versionen

werden als solche markiert, um zu verhindern, dass andere Komponenten sie beim Entwickeln neuer Services verwen-den. Umgekehrt können neue API-Versionen bereits vor der Implementierung ihrer eigentlichen Funktionalität zur Ver- fügung gestellt werden, sodass Entwickler anderer Kompo-nenten bereits darauf aufbauen können.

FazitDie Vorteile einer Microservice-Architektur gegenüber mono-lithischen Systemen sind nicht von der Hand zu weisen. Wäh-rend führende Internetunternehmen dies erkannt haben und erfolgreich auf dieses Prinzip setzen, konnten wir dergleichen bei klassischen Versicherern noch nicht beobachten. Wir neh-men jedoch wahr, dass neue Unternehmen in den Markt drän-gen mit dem Potenzial, die klassischen Geschäftsmodelle der Versicherer zu verdrängen. Die heutigen Systemlandschaften hemmen den klassischen Versicherer jedoch, sich rasch auf immer schneller ändernde Marktbedingungen einzustellen. Wir sehen daher die dringende Notwendigkeit, bereits heute Möglichkeiten einer fundamentalen Transformation in ein agiles Versicherungsunternehmen auszuloten und entspre-chend zu handeln. Die technologischen Möglichkeiten beste-hen, um enorm an Agilität und Flexibilität zu gewinnen.

2: Ausrollen einer neuen Microservice-Version ohne Downtime

Quelle: Synpulse

1

Eingehende HTTP-Requests

2

Eingehende HTTP-Requests

3

Eingehende HTTP-Requests

4

Eingehende HTTP-Requests

Container mit neuer

Version des Microservices

anlegen

Proxy rekonfigu-

rieren

Container mit alter

Version des Microservices

entfernen

Reverse Proxy

A

VM oder physische Maschine

Reverse Proxy

A B

VM oder physische Maschine

Reverse Proxy

A B

VM oder physische Maschine

Reverse Proxy

B

VM oder physische Maschine

A

B

Container mit alter Version des Microservices

Container mit neuer Version des Microservices

Virtuelle MaschineVM

Erst wenn alle vorherigen Schritte in der Continuous Deployment Pipeline erfolgreich durchlaufen wurden, wird im letzten Schritt der Reverse Proxy so rekonfiguriert, dass eingehende Requests nicht mehr an die alte, sondern an die neue Version des Microservices weitergeleitet werden.

Legende:

synpulse synpulse36 | Operational Excellence

Projekt-Laufzeiten der Software-Einführung erfolgreich verkürzen

Software-Einführungen, die mit größeren Prozessveränderungen einhergehen, verursachen zu Beginn eines Projektes Unsicherheit und Abwehrhaltungen bei Mitarbeitern. Eine professi-onelle, methodisch durchdachte Vorgehensmethode und Begleitung beim Kennenlernen der neuen Umgebung und Abläufe steigert den Projekterfolg und verkürzt die Einführung.

Autoren: Markus Steinemann | Magnus Krähenmann

Die IT- und Business-Engineering-Abteilungen von Versiche-rungen und Banken sind nicht zu beneiden. Die Erwartungs-haltung an eine moderne, flexible IT und an effiziente und stetig optimierte Prozessabwicklung über alle Kundeninter-aktionskanäle steigt sowohl intern wie auch extern an. Nebst auszuführenden Wartungs- und Weiterentwicklungsarbeiten an Servern, Altsystemen und Netzwerken führen viele Versi-cherungsanbieter neue Systeme ein. Der Fokus liegt in Ein-führungen von Frontend-Applikationen und der Ablösung der in die Jahre gekommenen Host-Systeme durch komplett neue Applikationsverbunde. Die Verantwortungslast und zeitliche Beanspruchung von Schlüsselpersonen sowie der Anspruch an Umsetzungskapazität allgemein sind in den ge-nannten Abteilungen spürbar erhöht.

Schwierigkeiten bisheriger VorgehensweisenAus einer Vielzahl von Studien und Artikeln renommierter Consulting-Firmen und Universitäten ist zu entnehmen, dass mehr als die Hälfte der Projekte scheitern, wenn es darum geht, die Erreichung der Projektziele unter Berücksichtigung

des magischen Dreiecks mit den Dimensionen «Zeit», «Kos-ten» und «Qualität» zu erreichen. Allgemeine Ratschläge im Umgang mit Change, agiler Organisation(sformen), Projekt-management etc. werden mit diesen Studien und Artikeln meist mitgeliefert. Sie können aber nur zum Teil direkt und nachhaltig umgesetzt werden.

Versicherungsanbieter und deren Mitarbeiter sind i.d.R. sehr vertraut mit ihren aktuellen Prozessen und Arbeitsanweisun-gen. Mit diesem Wissen gehen sie bei Software-Neueinfüh-rungsprojekten einzelner Systeme (wie CRM) oder ganzen Systemverbunden (wie Adcubum SYRIUS, Guidewire oder sonstigen Standardsoftware-Anbietern) ans Werk. Sie haben das Ziel, das neue System möglichst schnell und umfassend kennenzulernen, denken aber noch in den bisherigen Pro-zesswelten. Die Business-Analysten und Projektmitarbeiter wünschen daher eine Vorgehensweise, die entlang der ihnen bekannten Prozesse Schritt für Schritt zum neuen System führt. Es ist nur menschlich, sich in bekannten Gewohnhei-ten wohlzufühlen. Für die ersten Schritte in ein unbekanntes Neues sollten sie daher professionelle Begleitung erhalten.

Operational Excellence | 37

Der Anspruch des Software-Anbieters oder der verantwortli-chen IT-Abteilungen ist hingegen eine möglichst schnelle Er-kenntnis, welche Spezifika (z.B. spezielle Handhabung ein-zelner Prozesse und Kundengruppen) beim Kunden existieren und ob sich diese mit der Standard-Software um-setzen lassen. Ganze Prozessabläufe und -varianten werden daher meist nicht aus kundenorientierter Prozesssicht be-sprochen, sondern nur über Funktionsblöcke und einzelne Systemspezifika am System verifiziert. Diese Diskussion ist oft sehr technisch und erzeugt bei Fachvertretern häufig mehr Fragen als Antworten. Aufgrund dieser unterschiedli-chen Startszenarien entstehen zu Beginn eines Projektes meist Unklarheiten und Konflikte, insbesondere bezüglich des Vorgehens.

Ein in der Vergangenheit ebenfalls oft gewählter Vorgehens-ansatz war die Durchführung eines Anforderungsworkshops nach dem Motto «Lass uns doch mal die Anforderungen auf der grünen Wiese zusammentragen» – also ohne das SOLL-System und deren Arbeits- und Funktionsweise aufzu-zeigen. Diese Herangehensweise ist jedoch suboptimal und bezieht sich wiederum lediglich auf Funktionen und Funk-tionsblöcke – beispielsweise darauf, wie Datenobjekte ver-ändert werden und deren Darstellung in der Benutzerober-fläche sein soll. Auch da kann sich der eher auf Gewohntem basierende Fachexperte und Business-Analyst noch kein neues Bild seiner IST-Prozesse im neuen System machen. Wenn das auf Veränderung oft kritisch eingestellte Gegen-über bereits zu Beginn im unguten Gefühl in der für ihn neuen Welt belassen wird, ist die Herausforderung hoch, ihn für den Mehrwert der Software-Einführung zu begeistern. Denn der erste Eindruck bleibt noch lange haften.

Ein zweiter wichtiger Verfahrenspunkt, der oft nicht genutzt wird, ist die Verwendung einer existierenden Prozessdoku-mentation in z.B. BPM-Notationstools oder sogar erarbei-teten Zielbildern, welche die Basis legen, wie und was in Zukunft verbessert werden soll. Leider liegt Ersteres – falls überhaupt vorliegend – meist unvollständig, nicht aktua-lisiert oder sogar in unterschiedlicher Granularität und Vi-sualisierungsform vor. Daher muss leider immer noch auf die meist wenigen Fachexperten und Business-Analysten zurückgegriffen werden, die über die IST-Abläufe nochmals ausführlich Auskunft geben, um daraus eine Nachdoku-mentation zu erstellen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Projektmitarbeiter des Software-Anbieters und zum Teil auch für das Projekt akquirierte prozessfremde Berater mit

unterschiedlichen Begriffen operieren, welche die Kommu-nikation erschweren und zu Missverständen führen können. Also summa summarum: Zwei der wichtigsten Erfolgsfakto-ren zu einem gelungenen Projektstart fehlen: Es kann aus Bewährtem (IST-Prozesse) nicht auf Neues (SOLL-Prozesse am SOLL-System) zurückgegriffen werden und dem Faktor Mensch wird zu wenig Beachtung geschenkt.

Upgrade durch eine neue VorgehensmethodeWir haben in den letzten sechs Jahren in diversen Projekten zur Einführung von Standard-Software eine neuartige Vorge-hensmethode erarbeitet, die sich in vielerlei Hinsicht be-währt hat. Es ist ein Ansatz, der den Schwierigkeiten der her-kömmlichen Vorgehensweise mit vier Hauptelementen begegnet. Diese werden im Folgenden kurz erläutert.

Referenzprozessmodell für VersicherungsanbieterIm Mittelpunkt der Vorgehensmethode stehen die Prozesse. Mit unseren spartenspezifischen Referenzprozessmodellen INSURANCEINABOX® Health, INSURANCEINABOX® Life, MOTOR- INSURANCEINABOX®, BANKINABOX® bieten wir einen alter-nativen Einstieg für Projektmitarbeiter und Fachexperten. Dabei wird im optimalen Falle direkt auf die IST-Prozesse des Kunden zugegriffen. Letztere werden wiederum mit den Re-ferenzprozessmodellen abgeglichen. Dies geschieht am bes-ten mit gut vorbereiteten Workshops.

Testsysteme mit Grundparametrisierung Während der einzelnen Workshops wird der Prozessablauf und der bereits vorhandene Funktionsumfang jeweils live am System gezeigt. Dazu eignen sich meist Schulungsumge-bungen des Software-Anbieters (mit einer Basis-Parametri-sierung) oder bereits entwickelte Software-Komponenten – beispielsweise nach einem ersten Scrum-Sprint und der daraus entwickelten Funktionalität. Dabei wird auf die vom Kunden mitgebrachten Prozesse, erarbeiteten Fachkonzepte und Zielbilder zurückgegriffen. Die internen Business-Ana-lysten und Fachexperten erhalten so bereits einen ersten Einblick in den Funktionsumfang und Prozessabläufe der Software sowie in die veränderte Arbeitsweise der neuen, zu-künftigen Arbeitsumgebung.

Bewährtes Wissen über die Workshops In Workshops werden die IST-Prozesse erhoben, vertieft und in einem Mapping-/Gapping-Ansatz auf die neue System-welt und deren Abläufe übertragen. Die Fachsprints bauen

synpulse synpulse38 | Operational Excellence

anhand der Unternehmens-Wertschöpfungskette aufeinander auf. Sie starten meist mit Partnermanagementprozessen. Im Anschluss daran folgen Vertragsverwaltungsprozesse etc. Die angewendete Arbeitsweise in den Workshops ist eine Kom-bination aus einem Blick auf die IST-Welt (z.B. was ist wichtig für den Prozess und wer führt ihn aus bzw. stößt ihn an?) und der Berücksichtigung neuer Anforderungen an die SOLL-Welt und deren Restriktionen im Customizing. Als Resultat liegt nach einem Fachsprint eine SOLL-Prozessbeschreibung in Form von Use Cases sowie von Anforderungen für Custo-mizing, Schnittstellen und Kundendokumenten vor. Diese ausdifferenzierten Anforderungen werden in weiteren Fach-sprints in einer kleineren Gruppe ausgearbeitet ( 1).

Projektmethode mit Dokumentenablagestruktur & VorlagenOffene Fragen und Abklärungen im Fach wie auch die Mach-barkeit des Customizing im System werden auf Dokument-vorlagen unserer Synpulse-eigenen Projektmanagement-

methode SPEEDmethod® erfasst, dokumentiert, nachver-folgt und in kleinen Nachfass-/Klärungssprints später oder parallel wieder aufgegriffen und für deren finale Klärung und Umsetzung fertiggestellt.

Die VorteileDurch die Vergegenwärtigung der möglichen SOLL-Prozesse bereits zu Beginn kann die Dynamik im Erstkontakt auf eine gewinnende Art gestaltet werden. So fühlt sich das Gegen-über in seinem natürlichen psychologischen Widerstand be-züglich des Change-Prozesses abgeholt und die Bereitschaft zu kooperieren wird erhöht.

Dank der Dokumentation der SOLL-Prozesse in anschauli-cher Darstellung der Möglichkeiten und Einschränkungen der Standard-Software sind die Fach- und die Business-Ana-lysten in der Lage, wertvolles Know-how aufzubauen und wieder nachzulesen. Das neu erworbene Wissen der SOLL-

Operational Excellence | 39

Markus SteinemannAssociate Partner (Topic Expert)[email protected]

Magnus KrähenmannAssociate Partner (Project Specialist)[email protected]

Autoren

Prozesse im System wird auf mehrere Personen verteilt und die Key-Personen können später von weiteren Arbeiten entlastet werden (z.B. kann jemand anhand der SOLL-Pro-zessdokumentation und dokumentierten Entscheide eigen-ständig Testfälle oder Schulungsunterlagen bzw. Arbeitsan-weisungen für die Sachbearbeiter erstellen).

Die Anforderungen an Dokumente, Schnittstellen und Para-metrierung wie auch die in den Meetings getroffenen Ent-scheidungen und beauftragten Abklärungen werden doku-mentiert und in später stattfindenden Vertiefungsmeetings aktualisiert. Durch ein gemeinsames Erarbeiten von Ergeb-nissen wird die persönliche Motivation jedes Einzelnen ge-fördert. Die internen Mitarbeiter sind anhand des erarbeite-ten Prozesswissens in der Lage, wichtige Projektrollen zu übernehmen, insbesondere für die Test- und Einführungs-phase. Weiterentwicklungen im Anschluss an das Einfüh-rungsprojekt sowie Optimierungen unter dem Gesichtspunkt von Automatisierung und des Kunden-Self-Services (Portal) können aufgrund der vollständigen Prozess-Dokumentation optimal veranlasst und umgesetzt werden. Ebenso ist die Nachdokumentation der nun umgesetzten SOLL-Prozesse vereinfacht möglich.

Die aufgeführten Vorteile konnten wir in einer Studie in der Bankenindustrie bestätigen. Die Studie ergab, dass bei Ein-satz eines Referenzprozessmodells im Vergleich zu einem Projekt ohne vorliegendem Prozessmodell Einsparungen von bis zu 20% der Projektkosten erzielt werden konnten. Auch Aussagen unserer Kunden bestätigen die verbesserte Qualität und die höheren Erfolgsaussichten bei Groß- sowie bei Kleinprojekten durch die Anwendung des vorgestellten Ansatzes.

FazitFür einen erfolgreichen Beziehungsaufbau zu unserer Kund-schaft zu Beginn eines Projektes ist die Berücksichtigung des Faktors Mensch enorm wichtig. Durch die Anwendung des hier vorgestellten Ansatzes gelingt es nachweislich, die Change- und Kooperationsbereitschaft der betroffenen Mit-arbeiter zu erhöhen. Schließlich können signifikante Kosten-einsparungen erzielt werden und dies auch in einem befrie- digenderen Arbeitsklima begleitet von einem optimalen in-ternen Know-how-Aufbau. Ein Zitat von Aristoteles ist dazu treffend: «Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen.» Versinnbild-licht dazu haben wir bewusst das Ruderbootrennen gewählt. Auch dabei ist der Start entscheidend. Die erarbeitete Grund-lage, Grundgeschwindigkeit und der Zeitvorsprung können auch in einem Software-Einführungsprojekt nicht mehr wettgemacht werden. Dagegen kann infolge einer validen Grundlage wie dem Know-how-Aufbau beim Kunden, enga-gierten und motivierten Mitarbeitern, Gapping/Mapping so-wie einer verständlichen Prozessdokumentation erfolgreich aufgebaut werden.

1: Sprint-Vorgehen: Unterschiedliche fachliche Ausgangslagen berücksichtigen

Quelle: Synpulse

In iterativen Sprint-Zyklen sollen Anforderungsdefinitionen anhand Gapping/Mapping aus IST- zu SOLL-Prozessen entstehen, die in nachfolgenden Projekteinheiten (IT...) umgesetzt werden können.

INSURANCEINABOX® HEALTH Prozesse

Kundenprozesse/ Fachkonzepte

ERP-System (grundparametriert) SPEEDmethod®

Fachsprint (Vorbereitungs(meetings), Workshops) «Handshake»

F100 Use Case Liste | F130 Use Case | F200 Business Requirements | F230 Param DetailsWeitergabe zur

Umsetzung/ Abtiefung

Sprint

synpulse synpulse40 | Digital Banking

Blockchain - Hype oder Realität?

«Blockchain» und «Distributed Ledgers» sind zu den neuen Schlagwörtern der Finanzindustrie avanciert. Meist stehen sie im Zusammenhang mit Aussagen wie: Blockchain wird das Bankwesen revolutionieren, das Betrugsrisiko senken und das Compliance-Tracking erleichtern. Was aber steckt wirklich hinter dieser neuen Technologie für Banken?

Autoren: Dennis Flad | Clarette du Plooy

Bei Transaktionen von Vermögenswerten spielt der Faktor Vertrauen eine grundlegende Rolle. Seit Jahrhunderten ist es die Rolle von Banken, als neutraler Vermittler das faire Funktionieren solcher Transaktionen zu gewährleisten. Zu-letzt haben jedoch eine Reihe von Skandalen das Vertrauen der Verbraucher, Unternehmen und Politik in die Banken be-schädigt. So sind neue sogenannte Person-to-Person-Dienst-leistungen im Kreditwesen, Devisenhandel und Zahlungsver-kehr entstanden.

Mit Bitcoin wurde zum Beispiel eine digitale Währung für weltweite Transaktionen zwischen Individuen geschaffen, bei denen keine Bank zwischengeschaltet ist. Revolutionär war dabei nicht die digitale Währung, sondern das krypto-grafische Protokoll. Es ermöglicht eine externe und automa-tische Validierung jeder einzelnen Transaktion durch mehre-re unabhängige Notare. Der dezentrale Validierungsprozess schafft dabei das Vertrauen zwischen allen Beteiligten, dass eine Transaktion einmalig und echt ist sowie vom tatsächli-chen Besitzer des Vermögenswerts autorisiert wurde.

Wie läuft eine Blockchain-Transaktion ab?Bob und Alice besitzen Konten mit «digitalisierten Werten» wie etwa Bitcoins, Zertifikate über Eigentumsrechte (z.B. Kunst, Autos, Diamanten) oder geistiges Eigentumsrecht (z.B. Musik, Baupläne). Wie alle Konten werden diese in ei-nem Hauptbuch (engl. Ledger) geführt. Der wesentliche Un-terschied zu bestehenden Systemen ist, dass diese Konten nicht an einem zentralen Ort gespeichert sind, sondern dis-tribuiert und redundant auf mehreren Servern geführt wer-den. Jede Transaktion wird auf dem Hauptbuch gegen die Konten gebucht. Nach jeder Transaktionsrunde verändert sich mit den angepassten Kontoständen der «Datenblock» des Hauptbuchs. Die Historie bzw. Aneinanderreihung der verschiedenen Datenstände ergibt die Blockchain.

Wenn Bob nun einen Teil seiner digitalisierten Vermögens-werte auf Alices Konto übertragen möchte, unterzeichnet er diese Transaktion kryptografisch mit seinem persönlichen Schlüssel und übermittelt diese mithilfe des Protokolls der Blockchain an die Netzwerkgemeinschaft. In diesem Netz-

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werk überprüfen «Validatoren» (z.B. «Miners») anhand einer komplexen, mathematischen Berechnung, ob die Transakti-on einzigartig, autorisiert und mit entsprechendem «digitali-siertem Kontoguthaben» gedeckt ist. Erst wenn die Richtig-keit der Berechnung durch alle Validatoren bestätigt wurde, werden die digitalen Werte von Bobs auf Alices Konto auf der Blockchain übertragen. Alice kann umgehend die neuen Ver-mögenswerte auf ihrem Konto für ihre eigenen Transaktio-nen verwenden und muss nicht auf Maßnahmen zwischenge-schalteter Stellen warten.

Vorteile der Distributed LedgersAufgrund der dezentralen Speicherung bei einer Blockchain bzw. Distributed Ledger entfällt das «single-point-of-failure»- Risiko. Eine manipulierte Änderung auf einer Blockchain würde zu keiner Anpassung führen, da alle Kopien der Block-chain stets einheitlich sein müssen ( 1).

Neue MöglichkeitenDank ihrer Geschwindigkeit, Sicherheit und kryptografi-schen Verifikation ermöglichen Blockchain- und Distributed- Ledger-Technologien ganz neue Geschäftsmöglichkeiten. Einige innovative Lösungen sind bereits entwickelt. Viele stecken aber noch in der Pilotphase. Erst wenige Lösungen sind produktiv und keine Lösung hat bereits Massenmarkt-tauglichkeit erreicht ‒ eingeschlossen Bitcoin. Im Bankwesen gibt es Lösungen zum Settlement von Vermögenswerttrans-aktionen wie Zahlungen, Fremdwährungsderivate, Wertpa-piere oder Kredite, oder zum dezentralisierten Tracking von Transaktionsstatus, wie etwa im Trade Finance. Außerhalb des Bankensektors fokussieren sich Blockchain-Lösungen primär auf den Schutz von Eigentumsrechten. Beispiele sind hier Lösungen zur Überprüfung von Diamanten auf ihre Echt-heit, Herkunft und Besitzerhistorie oder Archive von digita-len Schlüsseln zur Entsperrung physischer Wertgegenstände (Fahrräder, Autos, Häuser). Eine unerschöpfliche Liste neuer

1: Zentralesvs.dezentralesBuchungssystem

Quelle: Arevos AG

Transaktionen zwischen Banken laufen über ein zentrales Hauptbuch

Zentrales Buchungssystem

Transaktionen zwischen Banken laufen direkt und werden in «Distributed Ledgers» gebucht. Jede Buchung wird

kryptografisch auf ihre Echtheit und Eindeutigkeit validiert.

Dezentrales Buchungssystem

synpulse synpulse42 | Digital Banking

Möglichkeiten. All diese Lösungen haben jedoch eines ge-meinsam: Sie alle funktionieren nur als Netzwerk. Sie brau-chen viele Teilnehmer, um ihren Mehrwert zu erreichen.

Erfolgsfaktoren der Distributed-Ledger-LösungenAls dezentrale Buchungssysteme brauchen Blockchain oder Distributed Ledger gemeinsame Standards und Regeln, um zwischen den Akteuren einwandfrei zu funktionieren. Dabei gibt es technische, aber auch operative Standards.

Wichtig sind die Standardisierungen des kryptografischen Protokolls, des Validierungsmechanismus und der Regeln für die Berechnung der sogenannten «Source of Truth» (dt. Ur-sprung der Wahrheit) hinter einer Transaktion. Die Source of Truth ist die mathematische Kalkulation, welche bestätigt, dass eine Transaktion echt, final und unwiderruflich ist. Alle Netzwerkteilnehmer müssen diesen Regeln vertrauen, da-mit ein Transaktionsnetzwerk skalierbar ist.

Erfolgreiche Netzwerke brauchen nicht nur technische Stan-dards, sondern auch operative. Hier sprechen wir häufig von sogenannten «Schemes», Regelwerken, bei denen die opera-tiven Regeln und Pflichten zwischen den Teilnehmern auf ei-ner multilateralen Basis definiert sind. Auch Bitcoin ist im Kern ein einfacher Scheme. Es gibt klare Regeln und Verant-wortlichkeiten wie eine Bitcoin-Transaktion ablaufen muss.

Standards alleine sind jedoch nicht ausreichend für den Er-folg eines Netzwerks. Erfolgreiche Netzwerke haben eine Vielzahl von Teilnehmern. Neue Lösungen müssen einfach und zu geringen Kosten in bestehende Angebote integrierbar sein. Wenn dies nicht der Fall ist, wird die Adaption einer neu-en Lösung tief bleiben und alternative Lösungen, die auf be-stehenden Systemen basieren, werden präferiert.

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Dennis Flad Managing Director [email protected]

Clarette du Plooy Principal Arevos [email protected]

Autoren

Wichtige Aspekte bei der Einführung von Blockchain-LösungenBlockchain und andere ähnliche Lösungen tun sich momentan immer noch mit den drei genannten Erfolgsfaktoren schwer. Viele Banken und Versicherungen scheuen das Investitionsri-siko. Es gestaltet sich meist schwierig, einen Business Case zu finden. Oft sind die Geschäftsleitungen von der strategischen Wichtigkeit der dezentralen Technologien und deren positiven Auswirkungen auf das Geschäftsfeld schwer zu überzeugen.

Eine weitere Herausforderung liegt in der Festlegung, auf welche Lösung und welchen Partner man setzen soll. Auch die Überführung von Pilotprojekten in den operativen Be-trieb ist eine Herausforderung, v.a. im Produktmanagement. Für einen Vollbetrieb müssen Produktangebote umfassend bestimmt, Verträge umgeschrieben und Prozesse definiert sein. Existierende Systeme müssen angepasst werden. Synpulse hat deshalb mit Arevos ein fokussiertes Start-up geschaffen, das Banken, Versicherungen, Corporate Trea-surer, aber auch FinTech-Unternehmen bei Fragestellungen in der Produktstrategie und im Produktmanagement, bei Innovationen und neuen Technologien unterstützt. Ziel von Arevos ist, Brücken zwischen den verschiedenen Teilneh-mern neuer Wertschöpfungsketten zu bauen und damit neue Technologien in marktfähige Produkte umzuwandeln. Arevos setzt auf ein Netzwerk von Spezialisten und Experten, um seinen Kunden die beste Beratung für die Ausgestaltung ihrer Produkte und Lösungen zu liefern.

Blockchain wird zur RealitätDie Herausforderungen neuer Produkte, die Blockchain nut-zen, sind vielfältig. Aber die Chancen hinter dieser Techno-logie sind groß, wie die ersten produktiven Lösungen wie Ripple zeigen. Damit Blockchain- und Distributed-Ledger- Lösungen erfolgreich werden, braucht es zentrale Erfolgs- faktoren: technische und operative Standardisierung, Zusammenarbeit mit Partnern, Mitbewerbern und verschie-densten Lieferanten sowie ein solides Produkt- und Projekt-management. Zu guter Letzt muss man das Thema auch aktiv angehen. Wer zu lange auf den Rängen der Zuschauer verharrt, läuft Gefahr, von neuen Intermediären verdrängt zu werden. Auf lange Sicht überwiegen die Chancen hinter Blockchain und Distributed Ledgers gegenüber Kosten und Aufwand.

Beispiel einer Blockchain-TechnologieEine erste reale und produktive Lösung, die auf der Block-chain-Technologie beruht, ist Ripple. Ripple wird von Arevos, einem Start-up der Synpulse Management Consulting AG, im Business Development, Produktmanagement und Vertrieb unterstützt. Ripple hat mit Krypto-Technologie das erste grenzüberschreitende «Real Time Gross Settlement» (RTGS) Netzwerk als Alternative zum klassischen Korrespon-dent-Banking geschaffen ( 2).

Ripple ermöglicht damit internationale Fremdwährungszah-lungen in Echtzeit. Bei dieser Lösung wird die Distribut- ed-Ledger-Technologie ausschließlich für das Settlement der Zahlung genutzt. Die zahlungsbezogenen Daten hingegen werden sicher und direkt zwischen der Ripple-Software «Rip-ple Connect» der Sender- und Empfängerbank übermittelt. Dem Risiko von «Data Leakage» (dt. Datenlecks) kann besser vorgebeugt werden, da die Banken die volle Kontrolle über die Speicherung und den Schutz der Kundendaten haben.

2: Beispiel einer Blockchain-Technologie (Ripple)

Quelle: Ripple Incorporated, San Francisco

Senderbank Begünstigtenbank

Ripple Connect Ripple Connect

Ripple Network mit Distributed Ledgers

Messaging

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