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ASTRONOMISCHE NACHRICHTEN. Nr 2459. T od e s- A n zeige. Professor Emile Plantamour, Director der Sternwarte in Genf, erlag in der Nacht vom 6. auf den 7. September daselbst den Folgen einer Brustfellentzundung. Zu Genf am 14. Mai 1815 geboren, besuchte Plantamour vorerst die Schulen seiner Vaterstadt, brachte sodann die Jahre 1824 bis 1832 in dem damals noch in voller Bliithe stehenden Fellenberg'schen Institute in Hofwyl zu, absolvirte nachher an der Genfer Academie, durch Alfred Gautier in die Astronomie eingefiihrt und bereits zu seinem Nachfolger designirt, die philosophischen Studien, ging I 83 5 nach Paris, wo er sich der Gunst von Arago erfreute, und Anfang 1837 nach Konigsberg, wo er durch Bessel die Weihe zum Astrcnornen erhielt, auch 1838 mit einer ))Disquisitio de methodis traditis ad Cometarum orbitas determinandas (Regiomonti 1839 in 4O)" promovirte, arbeitete im Winter 1838/1839 noch einige Zeit bei Encke in Berlin und kehrte sodann iiber Gottingen, wo er, durch Humboldt warm empfohlen, bei Gauss gute Aufnahme fand, nach Hause zuruck. Nach dem Wunsche von Gauti,er sofort mit dessen Professur -und der Leitung der kurz zuvor er- bauten neuen Sternwarte betraut, wusste Plantamour bald durch vorzugliche Beobachtungen und gute AUS- nutzung derselben unter den praktischen Astronomen Stellung zu nehmen. Namentlich sind seine Cometen- Beobachtungen und Berechnungen hervorzuheben, beispielsweise sein I 847 zu Genf erschienenes > Memoire sur la Comete Mauvais de 1'annCe 1844." Auch seiner Reise nach Spanien zur Beobachtung der totalen Sonnenfinsterniss vom I 8. Juli I 860 und seiner neuerlichen Schenkung eines Refractors von I o Zoll Oeffnung an die Genfer Sternwarte, mag hier gedacht werden. Neben Astrononiie gab sich Plantamour rnit Vorliebe und grossem Erfolg meteorologischen und hypsometrischen Untersuchungen hin. Seine Abhandlungen >Du Climat de Genkve. Genkve I 863 a in 4O und: Nouvelles etudes sur le Climat de Geneve. Genkve 1876~ in 4O werden als mustergultig betrachtet, und das von ihm init Burnier ausgefiihrte Nivellenient des grossen St. Bernhard gehort zu den fundamen- talen Grundlagen der neueren Hypsometrie. Auch die successiven meteorologischen Commissionen der Schweiz zahlten ihn ZLI ihren hervorragendsten Mitgliedern. Noch bedeutender war die 'I'hatigkeit 1-on Plantamour als Mitglied der schweizerischen geodatischen Commission, in welche er 1862 nach dem 'rode von Elie Ritter eintrat: nicht nur uhernahni er die sammt- lichen fiinf astronomischen Stationen , welche zu Gunsten der emopaischen Grndniessung niit den Stern- warten in Neuenburg und Zurich, sowie rnit den Anschlussstationen der umliegenden Staaten auf telegra- phischem Wege in Lange zu vergleichen und zugleich in Breite zu bestimmen waren, sondern er verglich auch noch Genf, das er bereits I 862 n i t Neuenburg telegraphisch verbunden hatte, mit Strassburg, Miinchen Lyon und Wien ; ferner ermittelte er rnit dzm durch die Commission angeschafften Reversionspendel von Repsold den Betrag der Schwere in Genf, auf dem Rigi etc., wofiir unter Anderm seine classische Ab- handlung >Experiences faites B Geneve avec le pendule ir. reversion. Genkve 1866a in 4O zu vergleichen ist, leitete und controlirte rnit Hirsch das I 864 von der Commission angeordnete *Nivellement de precisiona etc. Dass Plantamour schon bei Lebzeiten fur sein Wirken als Lehrer und seine vielseitige wissenschaftliche Thatigkeit, fur welche ihm kein Opfer an Arbeit und, Geld zu gross war, die allgemeine Anerkennung zu Theil wurde, und ihn z. B. eine grosse Anzahl gelehrter Corporationen unter ihre Mitglieder aufnahm, wird niemand verwundern und ebenso wenig dass der unerwartet friihe Tod des auch als Mensch nach jeder Richtung ausgezeichneten Mannes von Familie, Freunden und Fachgenossen, sowie von Staat und Wissenschnft schwer und schmerzlich empfunden wurde. Zurich im September 1882. R?ldO<f woy. Bd 103. II

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ASTRONOMISCHE NACHRICHTEN. Nr 2459.

T od e s- A n zeige. Professor Emile Plantamour, Director der Sternwarte in Genf, erlag in der Nacht vom 6. auf

den 7 . September daselbst den Folgen einer Brustfellentzundung. Zu Genf am 14. Mai 1 8 1 5 geboren, besuchte Plantamour vorerst die Schulen seiner Vaterstadt,

brachte sodann die Jahre 1824 bis 1832 in dem damals noch in voller Bliithe stehenden Fellenberg'schen Institute in Hofwyl zu, absolvirte nachher an der Genfer Academie, durch Alfred Gautier in die Astronomie eingefiihrt und bereits zu seinem Nachfolger designirt, die philosophischen Studien, ging I 83 5 nach Paris, wo er sich der Gunst von Arago erfreute, und Anfang 1837 nach Konigsberg, wo er durch Bessel die Weihe zum Astrcnornen erhielt, auch 1838 mit einer ))Disquisitio de methodis traditis ad Cometarum orbitas determinandas (Regiomonti 1839 in 4 O ) " promovirte, arbeitete im Winter 1838/1839 noch einige Zeit bei Encke in Berlin und kehrte sodann iiber Gottingen, wo er, durch Humboldt warm empfohlen, bei Gauss gute Aufnahme fand, nach Hause zuruck.

Nach dem Wunsche von Gauti,er sofort mit dessen Professur -und der Leitung der kurz zuvor er- bauten neuen Sternwarte betraut, wusste Plantamour bald durch vorzugliche Beobachtungen und gute AUS- nutzung derselben unter den praktischen Astronomen Stellung zu nehmen. Namentlich sind seine Cometen- Beobachtungen und Berechnungen hervorzuheben, beispielsweise sein I 847 zu Genf erschienenes > Memoire sur la Comete Mauvais de 1'annCe 1844." Auch seiner Reise nach Spanien zur Beobachtung der totalen Sonnenfinsterniss vom I 8. Juli I 860 und seiner neuerlichen Schenkung eines Refractors von I o Zoll Oeffnung an die Genfer Sternwarte, mag hier gedacht werden.

Neben Astrononiie gab sich Plantamour rnit Vorliebe und grossem Erfolg meteorologischen und hypsometrischen Untersuchungen hin. Seine Abhandlungen >Du Climat de Genkve. Genkve I 863 a in 4 O und: Nouvelles etudes sur le Climat de Geneve. Genkve 1 8 7 6 ~ in 4 O werden als mustergultig betrachtet, und das von ihm init Burnier ausgefiihrte Nivellenient des grossen St. Bernhard gehort zu den fundamen- talen Grundlagen der neueren Hypsometrie. Auch die successiven meteorologischen Commissionen der Schweiz zahlten ihn ZLI ihren hervorragendsten Mitgliedern.

Noch bedeutender war die 'I'hatigkeit 1-on Plantamour als Mitglied der schweizerischen geodatischen Commission, in welche er 1862 nach dem 'rode von Elie Ritter eintrat: nicht nur uhernahni er die sammt- lichen fiinf astronomischen Stationen , welche zu Gunsten der emopaischen Grndniessung niit den Stern- warten in Neuenburg und Zurich, sowie rnit den Anschlussstationen der umliegenden Staaten auf telegra- phischem Wege in Lange zu vergleichen und zugleich in Breite z u bestimmen waren, sondern er verglich auch noch Genf, das er bereits I 862 n i t Neuenburg telegraphisch verbunden hatte, mit Strassburg, Miinchen Lyon und Wien ; ferner ermittelte er rnit dzm durch die Commission angeschafften Reversionspendel von Repsold den Betrag der Schwere in Genf, auf dem Rigi etc., wofiir unter Anderm seine classische Ab- handlung >Experiences faites B Geneve avec le pendule ir. reversion. Genkve 1866a in 4 O zu vergleichen ist, leitete und controlirte rnit Hirsch das I 864 von der Commission angeordnete *Nivellement de precisiona etc.

Dass Plantamour schon bei Lebzeiten fur sein Wirken als Lehrer und seine vielseitige wissenschaftliche Thatigkeit, fur welche ihm kein Opfer an Arbeit und, Geld zu gross war, die allgemeine Anerkennung zu Theil wurde, und ihn z. B. eine grosse Anzahl gelehrter Corporationen unter ihre Mitglieder aufnahm, wird niemand verwundern und ebenso wenig dass der unerwartet friihe Tod des auch als Mensch nach jeder Richtung ausgezeichneten Mannes von Familie, Freunden und Fachgenossen, sowie von Staat und Wissenschnft schwer und schmerzlich empfunden wurde.

Zurich im September 1882. R?ldO<f woy.

Bd 103. II