Über die maassanalytische bestimmung der borsäure

4
Zeitschrift für angewandte Chemie. 1896. Heft 18. -f Über die maassanalytische Bestimmung der Borsäure. Von M. Honig und G. Spitz. Für die Bestimmnug der Borsäure mit Hilfe der Maassanalyse, wenn ihre Basicität nicht näher bekannt ist, besitzen -wir be- kanntlich zur Zeit keine brauchbare Me- thode. Die von F. P a r m e n t i e r (Compt. rend. 113, 41) angegebene Differenzmethode unter Anwendung von Helianthin als Indi- cator gibt nach A. K. Reischle (Z. f. anorg. Chemie 4, H l ) und R. Hefelmann (Z. f. analyt. Chemie 33, 375) schon wegen des wenig deutlichen und scharfen Farbenum- schlages, welchen das Helianthin bei der Titration der freien Scwefelsäure bei Gegen- wart von Borsäure zeigt, keine befriedigenden Resultate und ebenso liefert auch die von -. Jörgensen in neuerer Zeit für die Bestim- mung der Borsäure in der Milch vorgeschla- gene Methode (Z. f. Nahrungsm. IX, 389) unter den von ihm gemachten Annahmen, wie noch später ausführlicher gezeigt werden wird, unrichtige Resultate. Speciell für die Ermittlung der Borsäure im Boraxkalk hat dann weiter H. Gilbert (d. Z. 1893, 532) eine indirecte Methode an- gegeben, die unter der Voraussetzung, dass die Menge der neben den Boraten vorhan- denen, durch stärkere Säuren zersetzbaren Salze, wie Carbonate, Phosphate, eine sehr geringe ist — wie dies in den meisten Fällen auch zutrifft, — recht befriedigende Resultate liefert. Diese Methode ist aber nur dort anwendbar, wo durch vorausgegangene Ver- buche die Basicität der Borsäure ermittelt wurde und, wie schon hervorgehoben, bei Abwesenheit von Carbonaten. Gerade aber der Fall, dass Borsäure neben Kohlensäure EU bestimmen ist, spielt beispielsweise bei der Controle der techni- schen Verarbeitung von Boraten verschiede- ner Abstammung, roher Borsäure u. s. w. zu Borax, eine wichtige Rolle, und hierfür brauch- bare unter allen Umständen zuverlässige Methoden ausfindig zu machen, entspricht daher einem lebhaften Bedürfnisse des Ana- lytikers. Wir haben hierfür 2 Methoden ausgear- beitet, von denen sich insbesondere die unter Ch. 96. I. im Nachstehenden mitgetheilte durch grosse Einfachheit und Zuverlässigkeit aus- zeichnet. I. Methode. Diese beruht darauf, dass freie Borsäure bei Gegenwart von über- schüssigem Glycerin, mit Hilfe von Alkali, unter Anwendung von Phenolphtalei'n als Indicator, genau titrimetrisch unter scharfem Farbenumschlag bestimmt werden kann. "Wie wir schon eingangs bemerkt haben, hat Jörgensen für die Bestimmung der Borsäure in der Milch eine maassanalytische Bestimmung vorgeschlagen, die sich auf das- selbe Princip stützt, hierbei jedoch einen von ihm empirisch gefundenen Titer zur Berech- nung der Borsäuremenge angenommen. Dieser von Jörgensen angegebene empirische Titer ist aber nicht richtig, da, wie wir noch zei- gen werden, für den Verbrauch des Alkalis die Menge des zugesetzten Glycerins und die Concentration der Lösung ausschlaggebend ist und nur bei einem hinreichenden Über- schuss von Glycerin das richtige Äquiva- lent der einbasischen Borsäure = 35, als Anhydrid gerechnet, stets gefunden wird. Die Umsetzung erfolgt unter den angegebe- nen Bedingungen genau nach der Gleichung: B 2 O 3 + 2 Na OH = 2 Na BO 2 +H 2 O. Die Menge des Glycerins, welche zuge- setzt werden muss, lässt sich in sehr ein- facher Weise während der Titration fest- stellen, indem man nämlich beobachtet, dass bei ungenügendem Glycerinzusatz der Farben- umschlag der alkalischen Reaction durch Zusatz einer neuen Glycerinmenge zum Ver- schwinden gebracht wird, dagegen bestehen bleibt, wenn bereits eine ausreichende Quan- tität an Glycerin in der Lösung vorhanden ist. Überdies beobachtet man bei genügen- dem Glycerinvorrath einen scharfen, bei un- genügendem einen allmählichen Farbenüber- gang ins Roth. Ein weiteres, sehr wichtiges Erforderniss ist die Anwendung einer absolut kohlensäure- freien Lauge, die man sich am besten durch Entkohlensäuern einer gewöhnlichen Lauge mit einem kleinen Ätzbarytüberschuss her- stellt. Bei Benutzung einer kohlensäurehal- tigen Lauge muss bekanntlich neben der oben angegebenen Umsetzungsreaction auch noch folgende sich vollziehen: 2 B 2 O 3 + Na 2 CO 3 = Na 2 B 4 O 7 + CO 2 , 71

Upload: m-hoenig

Post on 06-Jun-2016

216 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Über die maassanalytische Bestimmung der Borsäure

Zeitschrift für angewandte Chemie.1896. Heft 18.

-f Über die maassanalytische Bestimmung derBorsäure.

VonM. Honig und G. Spitz.

Für die Bestimmnug der Borsäure mitHilfe der Maassanalyse, wenn ihre Basicitätnicht näher bekannt ist, besitzen -wir be-kanntlich zur Zeit keine brauchbare Me-thode. Die von F. P a r m e n t i e r (Compt.rend. 113, 41) angegebene Differenzmethodeunter Anwendung von Helianthin als Indi-cator gibt nach A. K. Reischle (Z. f. anorg.Chemie 4, H l ) und R. Hefelmann (Z. f.analyt. Chemie 33, 375) schon wegen deswenig deutlichen und scharfen Farbenum-schlages, welchen das Helianthin bei derTitration der freien Scwefelsäure bei Gegen-wart von Borsäure zeigt, keine befriedigendenResultate und ebenso liefert auch die von

-. Jö rgensen in neuerer Zeit für die Bestim-mung der Borsäure in der Milch vorgeschla-gene Methode (Z. f. Nahrungsm. IX, 389)unter den von ihm gemachten Annahmen,wie noch später ausführlicher gezeigt werdenwird, unrichtige Resultate.

Speciell für die Ermittlung der Borsäureim Boraxkalk hat dann weiter H. Gi lber t(d. Z. 1893, 532) eine indirecte Methode an-gegeben, die unter der Voraussetzung, dassdie Menge der neben den Boraten vorhan-denen, durch stärkere Säuren zersetzbarenSalze, wie Carbonate, Phosphate, eine sehrgeringe ist — wie dies in den meisten Fällenauch zutrifft, — recht befriedigende Resultateliefert. Diese Methode ist aber nur dortanwendbar, wo durch vorausgegangene Ver-buche die Basicität der Borsäure ermitteltwurde und, wie schon hervorgehoben, beiAbwesenheit von Carbonaten.

Gerade aber der Fall, dass Borsäureneben Kohlensäure EU bestimmen ist, spieltbeispielsweise bei der Controle der techni-schen Verarbeitung von Boraten verschiede-ner Abstammung, roher Borsäure u. s. w. zuBorax, eine wichtige Rolle, und hierfür brauch-bare unter allen Umständen zuverlässigeMethoden ausfindig zu machen, entsprichtdaher einem lebhaften Bedürfnisse des Ana-lytikers.

Wir haben hierfür 2 Methoden ausgear-beitet, von denen sich insbesondere die unter

Ch. 96.

I. im Nachstehenden mitgetheilte durchgrosse Einfachheit und Zuverlässigkeit aus-zeichnet.

I. Methode. Diese beruht darauf, dassfreie Borsäure bei Gegenwart von über -schüssigem Glycerin, mit Hilfe von Alkali,unter Anwendung von Phenolphtalei'n alsIndicator, genau titrimetrisch unter scharfemFarbenumschlag bestimmt werden kann.

"Wie wir schon eingangs bemerkt haben,hat Jö rgensen für die Bestimmung derBorsäure in der Milch eine maassanalytischeBestimmung vorgeschlagen, die sich auf das-selbe Princip stützt, hierbei jedoch einen vonihm empirisch gefundenen Titer zur Berech-nung der Borsäuremenge angenommen. Dieservon Jörgensen angegebene empirische Titerist aber nicht richtig, da, wie wir noch zei-gen werden, für den Verbrauch des Alkalisdie Menge des zugesetzten Glycerins und dieConcentration der Lösung ausschlaggebendist und nur bei einem hinreichenden Über-schuss von Glycerin das richtige Äquiva-lent der einbasischen Borsäure = 35, alsAnhydrid gerechnet, stets gefunden wird.Die Umsetzung erfolgt unter den angegebe-nen Bedingungen genau nach der Gleichung:

B2 O3 + 2 Na OH = 2 Na BO2 +H2 O.Die Menge des Glycerins, welche zuge-

setzt werden muss, lässt sich in sehr ein-facher Weise während der Titration fest-stellen, indem man nämlich beobachtet, dassbei ungenügendem Glycerinzusatz der Farben-umschlag der alkalischen Reaction durchZusatz einer neuen Glycerinmenge zum Ver-schwinden gebracht wird, dagegen bestehenbleibt, wenn bereits eine ausreichende Quan-tität an Glycerin in der Lösung vorhandenist. Überdies beobachtet man bei genügen-dem Glycerinvorrath einen scharfen, bei un-genügendem einen allmählichen Farbenüber-gang ins Roth.

Ein weiteres, sehr wichtiges Erfordernissist die Anwendung einer absolut kohlensäure-freien Lauge, die man sich am besten durchEntkohlensäuern einer gewöhnlichen Laugemit einem kleinen Ätzbarytüberschuss her-stellt. Bei Benutzung einer kohlensäurehal-tigen Lauge muss bekanntlich neben deroben angegebenen Umsetzungsreaction auchnoch folgende sich vollziehen:

2 B2 O3 + Na2 CO3 = Na2 B4 O7 + CO2,71

Page 2: Über die maassanalytische Bestimmung der Borsäure

550 Honig und Spitz: Bestimmung der Borsäure. r Zeitschrift für(_an gewandte Chemie.

•wodurch die Richtigkeit des Resultats wesent-lich beeinflusst werden würde.

Die Richtigkeit der Grundlage dieserMethode wurde durch folgende Versuche fest-gestellt.

Aus mehrfach umkrystallisirtem Boraxwurden Lösungen hergestellt, von welchenje 50 cc Flüssigkeit 20,5 cc '/a-Normalsalz-säure verbrauchten, die also ungefähr */5-normalwaren. Nach dem genauen Absättigen derLösungen mit Salzsäure unter Zuhilfenahmevon Methylorange als Indicator wurden zweiTropfen Phenolphtaleiinlösung und Glycerinhinzugefügt und mit ^-Normallauge titrirt;der Verbrauch an cc Normallauge war stetsgenau doppelt so gross als jener der zuge-fügten Normalsalzsäure, entsprechend denbeiden Umsetzungen:

2.Bei der oben gewählten Concentration

der Borsäurelösung wurden allmählich 80 ccGlycerin in der Weise zugesetzt, dass zu-nächst auf einmal 50 cc zur Lösung hinzu-gefügt wurden und dann noch so oft jeweitere 10 cc, bis scharfer Farbenumschlagund bleibende Rothfärbung sich einstellte.

Um den Einfluss der Concentration derFlüssigkeit auf den Glycerinverbrauch zu«rmitteln, wurden Versuche mit obiger aufdas 4 fache verdünnter Lösung gemacht undin diesem Falle gefunden, dass bei der gleichenBorsäuremenge 120 cc Glycerin zugesetztwerden mussten, ehe scharfe und bleibendeRöthung eintrat. Mit Hilfe dieser Methodekönnen nun folgende Bestimmungen ausge-führt werden.

A. Best immung des Alka l i s undder Borsäure in A lka l ibo ra t en . Eineunter der Sättigungsgrenze liegende Mengedes Salzes, im Allgemeinen etwa 30 g proLiter, wird in Wasser zu einem bestimmtenVolumen aufgelöst und in einem aliquotenTheil der klaren Lösung mit Hilfe vonMethylorange und '/j-Normalsäure das Alkalibestimmt. Zu dieser Lösung, welche nundie gesammte Borsäure in freiem Zustandeenthält, werden 2 bis 3 Tropfen Phenol-phthalein und für je 1,5 g Borat in dieserConcentration ungefähr 50 cc Glycerin hin-zugefügt und sodann '/a-Normallauge bis zumEintritt der Rothfärbung einfliessen gelassen.Ist dieser Punkt erreicht, so wird eine neueMenge an Glycerin •— etwa 10 cc — zu-gesetzt und beobachtet, ob Entfärbung derFlüssigkeit eintritt, was beim ersten Zusatzin der Regel der Fall ist. Durch tropfen-weises Zufügen von 1Z3-Normallauge wirdnun neuerlich Rothfärbung herbeigeführt,wieder etwa 10 cc Glycerin zugesetzt und

diese Procedur so oft wiederholt, bis scharferFarbenumschlag ohne Verschwinden bei er-neutem Glycerinzusatz eintritt.

Die verbrauchten cc '^"Normallauge mit0,0175 multiplicirt geben Gramme Borsäure,als Anhydrid gerechnet, in dem zur Unter-suchung verwandten Theile der Lösung.

Liegt ein Gemenge von Carbon aten undBoraten vor, so wird, wenn es sich nur umdie Bestimmung der Borsäure handelt, nachder Ermittlung des Gesammtalkalis die Lö-sung am Rückflusskühler einige Minuten ge-kocht, der Rückflusskühler in das Kölbchenausgespült und in der erkalteten Lösung dieBorsäure, wie früher angegeben, bestimmt.Soll gleichzeitig auch die Kohlensäure er-mittelt werden, so wird dies am zweck-mässigsten gewichtsanalytisch nach Kolbe 'sMethode vorgenommen und zwischen demgeräumigen Entwicklungskolben und den Ab-sorptionsapparaten hier unbedingt ein kurzerRückflusskühler eingeschaltet. In das Ent-wicklungsgefäss wird eine gemessene Menge'/a-Normalsäure im Überschuss hinzugefügt,die Kohlensäure ausgekocht und nach demDurchsaugen von Luft und Abkühlen derFlüssigkeit der Kühler in das Kölbchen aus-gespült, der Überschuss an Salzsäure mittelsMethylorange und Lauge bestimmt und so-dann zur Ermittlung der Borsäure, wie früherbeschrieben, geschritten.

Zur Controle wurden mit einer Borax-lösung, von welcher je 50 cc = 20,5 cc '/a"Normalsalzsäure erforderten, und einer '/j-Nor-malsodalösung folgende Versuche durchge-führt:Borax- Soda- verbrauchte '^-Normal- Kohlensäurelösung lösung lauge für B2 O3 gefunden, berechn.

ce cc cc cc g g5 0 + 5 20,55 statt 20,50 0,109 0,11050 + 10 20,50 - 20,50 0,217 0,22050 + 15 20,60 - 20,50 0,328 0,330

B. Untersuchung von in Wasser un-lös l ichen Bora ten (Boronatrocalci t ,Boraci t , Pandermi t u. s. w.). Eine ge-wogene Menge (2 g) werden mit einem Über-schuss von '/a-Normalsäure (etwa 50 cc) amRückflusskühler gekocht und falls Kohlen-säure vorhanden, diese, wie früher angegeben,bestimmt. Nach dem Erkalten der Lösungund Ausspülen des Rückflusskühlers wird,nach Zusatz von Methylorange, der Über-schuss der Säure weggenommen und hieraufdie Borsäure, wie schon beschrieben, bestimmt.Aus der verbrauchten Säure und Lauge wirddann die Menge der an Borsäure gebundenenBasen und die der Borsäure selbst berechnet.

In einer Anzahl von Handelsproben,welche in dem Laboratorium von Dr. H. Gil-ber t in Hamburg untersucht, und in denendie Borsäure gewichtsanalytisch aus der Diffe-

Page 3: Über die maassanalytische Bestimmung der Borsäure

Jahrgang 1896. "1Heft 18. 15. September 1896.J

Honig und Spitz: Bestimmung der Borsäure. 551

renz bestimmt worden war, wurde nachunserer Methode die Borsäure direct titri-metrisch festgestellt; hierbei wurden folgendeResultate erhalten:

Borsäureanhydridnach H. Gilbert titrimetrisch

Proc. Proc.Probe I 44,42 44,20

II 30,22 30,58III 44,37 44,10IV 41,34 40,52V 46,13 45,86

VI 44,43 44,26 -)

C. Bes t immung der B o r s ä u r e inS i l i ca t en , Gläsern , Emai l s u. s. w. Diefeingeriebene Substanz wird, wie zur Be-stimmung der Kieselsäure, mit Kaliumnatrium-carbonat aufgeschlossen, die Schmelze mitWasser ausgelaugt und zur Lösung sovieleines Ammonsalzes hinzugefügt, dass minde-stens eine dem angewandten Alkalicarbonatäquivalente Menge desselben vorhanden ist.Nachdem man die Lösung längere Zeit hin-durch gekocht hat, wird zur Fällung derletzten Reste an Kieselsäure, nach dem Vor-schlage von Be rze l i u s , eine ammoniakalischeZinkoxydlösung hinzugesetzt, nach neuer-lichem Erwärmen, bis zum Verschwindendes Ammoniaks, filtrirt, der Niederschlagmit heissem Wasser gewaschen und die Lö-sung, auf ein möglichst geringes Volumeneingedampft, in ein Kölbchen gespült, wosie nach Zusatz einiger Tropfen Methylorangemit einem kleinen Überschuss von '/j-Normal-salzsäure am Rückflusskühler durch 10 bis15 Minuten hindurch gekocht wird. Nachdem Erkalten wird der Kühler mit Wasserin das Kölbchen ausgespült und nach neuer-

1 lichem Zusatz von Methylorange der Über-schuss der Salzsäure durch Lauge genauweggenommen. In der neutralisirten Lösungerfolgt nun die Bestimmung der Borsäuregenau wie in den früher beschriebenen Fällen.

In 2 borsäurehaltigen Gläsern (Gasglüh-lichtcylinder) wurde die indirecte Bestim-mung der Borsäure auf gewichtsanalytischemWege nach dieser Methode mit nachstehen-den Ergebnissen controlirt.

gewichts-analytisch

aus d DifferenzProc.

titrimetrisch

Proc.I. Borsäureanhydrid

II.5,34 5,12

14,82 14,57II. Methode. Diese Methode verwerthet

folgende, zum Theil von uns neu aufgefun-dene Reactionen:

1. Werden in Wasser unlösliche Borate,wie Boronatrocalcit, Pandermit u. dgl. m., infein gepulvertem und geschlämmtem Zustandemit einer Lösung von Natriumbicarbonat.unter Einleiten von Kohlensäure längere Zeit(etwa 1 Stunde IaDg) gekocht, so findet sich

sämmtliche Borsäure als Natriumtetraborat(Naa B4 O7) in der Lösung.

2. In Lösungen, welche neben borsauremAlkali noch kohlensaures enthalten, kannbei gleichzeitiger Gegenwart eines Ammon-salzes — am zweckmässigsten Ammonium-nitrat — durch Silbernitrat sämmtlicheKohlensäure quantitativ ausgefällt, die Bor-säure hingegen in Lösung erhalten werden.Hierbei ist nur der Umstand zu berücksich-tigen, dass nach dem Ausfällen des Silber-carbonats die Lösung nicht länger als 10bis 15 Minuten mit dem Niederschlag inBerührung bleibt, weil sonst je nach derDauer der Zeit mehr und weniger erheblicheMengen von Silbercarbonat gleichfalls inLösung gebracht werden können.

3. Werden Lösungen von Borax miteinem Ammonsalz {Ammoniumchlorid und-Nitrat), im Überschuss versetzt, gekocht, soentweicht nach der Gleichung

• Na2B4 0, + 2NH4 CH-OH3O =2NaCl + 2 N H 3 + 4H3B O3

eine dem fixen Alkali äquivalente Menge anAmmoniak. Diese von Bolley (Annal. d.Ch. u. Ph. 68, 112) zuerst aufgefundene That-sache hat Krau t bereits zur Untersuchungvon Borax in Vorschlag gebracht. Wie ausden nachstehend angeführten Versuchen her-vorgeht, haben wir diese Reaction neuerlichmit Erfolg auf ihre Zuverlässigkeit geprüftund dabei weiters gefunden, dass die An-wendung der durch die obige Gleichung aus-gedrückten Menge Ammonsalzes im drei-fachen Überschuss und eine Kochdauer von3Ii Stunden hinreichen, die Umsetzung quan-titativ zu bewerkstelligen.

Für die folgenden Versuche, durch welchedie in 2 und 3 aufgezählten Reactionen einerPrüfung auf ihre Richtigkeit unterzogen wurden,gelangten a) eine Boraxlösung, von der 100 cczum Freimachen der Borsäure 34,3 cc '/a-Normalsalzsäure verbrauchten und b) eine '/a-Nor-mal-Natriumcarbonatlösung zur Anwendung.

Je 100 cc dieser Boraxlösung wurdenmit wechselnden Mengen der Natriumcarbo-natlösung versetzt, hierauf 4,4 g Ammonium-nitrat, entsprechend einem 3 fachen Über-schuss, und soviel einer 10 proc. Silbernitrat-lösung (30 bis 60 cc) zugefügt, als nochein Niederschlag entstand, durch 10 Minutenkräf t ig d u r c h g e s c h ü t t e l t , auf 300 ccaufgefüllt, durch ein Faltenfilter filtrirt, vonder klaren Lösung 200 cc genommen, ineinen 3/4 I haltenden Kolben gebracht, mit2 g Chlorammonium versetzt, um das gelösteSilberbornt umzusetzen, hierauf in einemDampfstrom destillirt und das übergehendeAmmoniak in einer gemessenen Menge titrir-ter Salzsäure aufgefangen.

71*

Page 4: Über die maassanalytische Bestimmung der Borsäure

552 Zaloziecki: Bestimmung des spec. Gewichtes. r Zeitschrift für!.angewandte Chemie.

Borax- . .. Natrium- gefunden berechnetlosung v e r s e t z t m i t carbonatlosung verbrauchte Salzsäure

100100100100100100

101520101520

34,4034,3534,4534,3534,5034,40

34.3034,3034,3034,3034,3034,30

Die vorstehenden Zahlen zeigen deutlich,dass bei einem 10 Minuten langen Digerirennur sehr geringfügige Mengen an Silbercar-bonat in Lösung überführt werden, wodurchsich die Menge der gefundenen Borsäuregegenüber der wirklich vorhandenen nur un-wesentlich erhöht.

Die Untersuchung von Boraxkalk nachdieser Methode wurde demnach in folgenderWeise ausgeführt:

15 g des fein gepulverten Materials wur-den mit 10 g Natriumbicarbonat unter Ein-leiten von Kohlensäure 1 Stunde lang imKochen erhalten und hierauf die Lösung auf500 cc aufgefüllt. Zu je 100 cc der klarfiltrirten Flüssigkeit wurden zunächst, wieoben angegeben, 4,30 g Ammoniumnitrat undsoviel Silbernitrat als zur vollständigen Aus-fällung nöthig erschien (etwa 60 cc), hinzu-gefügt und nach dem kräftigen Durchmischender Flüssigkeit ihr Volumen auf 300 cc er-gänzt. Von dem klaren Filtrate wurden so-dann 200 cc, nachdem sie mit 2 g Ammonium-chlorid versetzt worden waren, der Destil-lation im Wasserdampfstrome unterzogenund das übergegangene Ammoniak titrime-trisch bestimmt. Je 1 cc verbrauchter Normal-säure entspricht 0,070 g B9 O3.

Bei 3 Proben, in welchen nach der Me-thode I der Gehalt an Borsäureanhydriddirect titrimetrisch ermittelt worden war,gelangte zur Controle auch die eben be-schriebene II. Methode zur Anwendung undwurden folgende Resultate erhalten:

Probe III

IIIBrunn, k. k.

Borsäur*Methode I

Proc.40,5236,3339,18

^anhydrid nachMethode II

Proc.40,7536,6239,42

techn. Hochschule.

Über eine neue Methodeder Bestimmung des spec. Gewichtes

der Flüssigkeiten.Von

R. Zaloziecki.

Die von mir vorgeschlagene Methode derBestimmung des specifischen Gewichtes derFlüssigkeiten beruht in der Anwendung derhydrostatischen Erscheinungen der flüssigen

Medien. Bekanntlich gestalten sich dieNiveaus zweier mit einander communiciren-der verschiedener Flüssigkeiten im Verhält-nisse ihrer specifischen Gewichte; man kanndaher auf der Differenz der Höhe der Flüssig-keitssäule, welche unter bestimmten Be-dingungen zu Stande kommt, das Principeiner Bestimmungsmethode des specifischenGewichtes aufbauen.

Zur praktischen Anwendung könnenselbstverständlich nur solche flüssige Körperkommen, welche sich nicht mischen, d. i. ineinander unlöslich sind. Nachdem jedochman für jede Flüssigkeit eine andere nichtmischbare auffinden kann, lässt sich dieseMethode im Allgemeinen für alle flüssigenKörper anwenden.

Von zweien zur Bestimmung nothwen-digen Flüssigkeiten heisst eine Normal- oderMaassflüssigkeit, an der anderen wird dieOperation ausgeführt. In der Mehrzahl derFälle kann Wasser als Maassflüssigkeitdienen, so zur Bestimmung des specifischenGewichtes der meisten organischen Flüssig-keiten wie: Alkohole, Äther, Säuren, Ketoneu. s. w., weiter für alle Öle und flüssigen Fette,sämmtliche Mineralöle, Harzöle, Terpentin,Schwefelkohlenstoff u.s.w. In anderen Fällen,wenn es sich um Bestimmung des specifischenGewichtes von in Wasser löslichen Körpernhandelt, können als Maassflüssigkeit Öle,am besten Mineralöle, verwendet werden, sozur Bestimmung des specifischen Gewichtesaller wässerigen Lösungen, so dass man stetsin der Lage sein wird, für jeden Fall eineentsprechende Maassflüssigkeit zu wählen.Als meistgebrauchte Maassflüssigkeiten kannman gelten lassen Wasser und ein Mineralölvom specifischem Gewichte etwa 0,800; nurin speciellen Fällen, wenn es sich um Be-stimmung des specifischen Gewichtes hoch-gradiger alkoholischer Flüssigkeiten handelt,soll ein dichteres Mineralöl, etwa 0,850 bis0,880 in Betracht kommen, weil leichtereMineralöle von starkem Alkohol beträchtlichaufgenommen werden. Die als Maassflüssig-keiten verwendeten Mineralöle müssen freivon leicht flüchtigen Bestandtheilen und gutraffioirt sein, besonders in Fällen, wo es aufdie Bestimmung stark ätzender Substanzen,wie conc. Schwefelsäure, Salzsäure oderSalpetersäure u. s. w. ankommt.

Zur Bestimmung des specifischen Ge-wichtes nach der neuen Methode habe icheinen Apparat construirt, mit Hülfe dessenman leicht, bequem und in kürzester Zeitdie Operation bewirken kann.

Um das hydrostatische Princip, welchesder Methode zu Grunde liegt in einer fürdie Zwecke der Bestimmung des specifischen