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Die akute Rhinitis (umgangssprachlich Erkältungsschnupfen) ist die häufigste Infektionskrankheit überhaupt – im Durchschnitt erwischt sie einen Menschen 200 Mal im Verlauf des Lebens. [1] Entsprechend groß ist die Nachfrage nach Schnupfenmitteln in der Apotheke. Mit dieser Fortbildung können Sie Ihr Wissen rund um die Indikation akute Rhinitis und die entsprechenden Therapieoptionen auffrischen und vertiefen. Der Fokus liegt dabei auf der Anwendung von abschwellenden Mitteln, die eine schnelle und effektive Linderung der akuten Beschwerden bewirken. Einen weiteren Schwerpunkt stellt das Thema „Konservierungs- mittel in Nasenpräparaten“ dar, da immer noch viele Menschen nicht wissen, dass Konservierungs- stoffe Allergien auslösen und die Nasenschleimhaut sogar dauerhaft schädigen können. Hinweis: Begriffe, die farblich hervorgehoben sind, finden Sie im Glossar. INHALT MODUL 1: DIE INDIKATION „AKUTE RHINITIS“ MODUL 2: THERAPIEOPTIONEN BEI AKUTER RHINITIS MODUL 3: ABGABE UND BERATUNG IN DER APOTHEKE GLOSSAR QUELLEN ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG –AKUTE RHINITIS– Von der Bundes- apothekerkammer zertifiziert 3 PUNKTE für Apotheker und PTAs

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Page 1: ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG –AKUTE RHINITIS– · Nasenhaupthöhle (Cavum nasi), die oben in zwei nebeneinander liegen den Öffnungen (Choanen) endet, über die die eingeatmete Luft

Die akute Rhinitis (umgangssprachlich Erkältungsschnupfen) ist die häufigste Infektionskrankheit überhaupt – im Durchschnitt erwischt sie einen Menschen 200 Mal im Verlauf des Lebens. [1] Entsprechend groß ist die Nachfrage nach Schnupfenmitteln in der Apotheke.

Mit dieser Fortbildung können Sie Ihr Wissen rund um die Indikation akute Rhinitis und die entsprechenden Therapieoptionen auffrischen und vertiefen. Der Fokus liegt dabei auf der Anwendung von abschwellenden Mitteln, die eine schnelle und effektive Linderung der akuten Beschwerden bewirken. Einen weiteren Schwerpunkt stellt das Thema „Konservierungs­mittel in Nasenpräparaten“ dar, da immer noch viele Menschen nicht wissen, dass Konservierungs­stoffe Allergien auslösen und die Nasenschleimhaut sogar dauerhaft schädigen können.

Hinweis: Begriffe, die farblich hervorgehoben sind, finden Sie im Glossar.

INHALT MODUL 1: DIE INDIKATION „AKUTE RHINITIS“ MODUL 2:THERAPIEOPTIONEN BEI AKUTER RHINITIS MODUL 3: ABGABE UND BERATUNG IN DER APOTHEKE

GLOSSAR QUELLEN

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

–AKUTE RHINITIS–

Von der Bundes- apothekerkammer zertifiziert

3 PUNKTEfür Apotheker und PTAs

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ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

–AKUTE RHINITIS–

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MODUL 1: DIE INDIKATION „AKUTE RHINITIS“

EinleitungIm Durchschnitt macht jeder Erwachsene zwei bis drei Mal im Jahr eine Erkältung durch. Kinder sind mit vier bis acht Mal im Jahr sogar deutlich häufiger betroffen. Das Leitsymptom der Erkältung ist eine akute Rhinitis. Insgesamt leidet jeder Mensch etwa 200 Mal in seinem Leben an einem Erkältungs­schnupfen! Damit ist dieser die häufigste Infektionskrankheit überhaupt. [1,2]

Eine ursächliche Therapie des Erkältungsschnupfens ist bislang nicht möglich. Durch Anwendung geeig­neter Präparate lassen sich die oft unangenehmen Symptome aber lindern. Eine Therapie ist außerdem wichtig, um mögliche Komplikationen, wie z. B. eine Nebenhöhlen­ oder Mittelohrentzündung, zu verhin­dern.

Die wichtigste Anlaufstelle für Betroffene ist die Apotheke. Da es eine Vielzahl an Präparaten für die Selbstmedikation gibt, ist bei der Auswahl eine fachkundige Beratung gefragt. Auch über den richtigen Umgang mit den Nasenpräparaten sollte im Beratungsgespräch aufgeklärt werden.

Zum besseren Verständnis der Indikation akute Rhinitis und den Therapieoptionen werden in den fol­genden Kapiteln zunächst die anatomischen und physiologischen Grundlagen dargestellt.

Die Nase und die Nasennebenhöhlen [1–4]Die Nase und die Nasennebenhöhlen stellen ein komplexes System aus miteinander verbundenen Hohl­räumen dar, die einen großen Teil des vorderen Schädels ausfüllen. Die Funktionen sind vielfältig – sie reichen von der Reinigung, Befeuchtung und Erwärmung der Atemluft über den Geruchsinn bis hin zur Immunabwehr. Zudem spielen die Hohlräume eine wichtige Rolle bei der Stimmbildung.

Funktionen der Nase

Die Nase ist ein Sinnesorgan, das für die Riechwahrnehmung zuständig und auch am Schmecken betei­ligt ist. Das Riechen erfolgt mithilfe der Riechschleimhaut im oberen Nasengang (siehe unten). In diesem auch als Riechspalte bezeichneten Bereich gelangen während des Essens auch in den Nahrungsmitteln enthaltene Duftstoffe, was zur Geschmackswahrnehmung wesentlich beiträgt. Der Geschmacks sinn der Zunge kann nur die Eigenschaften süß, sauer, salzig und bitter erfassen. Alle anderen Sinneseindrücke werden durch das gustatorische Riechen hervorgerufen.

Als Sinnesorgan kann die Nase nicht nur den Appetit anregen, sondern auch vor verdorbenen Speisen und anderen schädlichen Stoffen warnen. Auch im psychischen und psychosozialen Bereich spielt der Geruchsinn eine wichtige Rolle.

Die Nase fungiert aber nicht nur als Sinnesorgan, sondern wird auch für die Atmung benötigt. Sie ist die Eintrittspforte für die Atemluft, die mit Hilfe der Nasenhaare und der Nasenschleimhaut gereinigt wird. Neben der physikalischen Reinigung sind auch immunologische Abwehrreaktionen der Nasenschleim­haut als Schutz für den gesamten Organismus von Bedeutung.

Menschen leiden im Durchschnitt 200 Mal

im Leben an einer akuten Rhinitis.

Die Nase ist ein wichtiges Sinnes-

organ ...

... und wird außerdem für die Atmung benötigt.

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Mit Hilfe der Nasenschleimhaut wird die eingeatmete Luft zudem befeuchtet und erwärmt und damit an die klimatischen Bedingungen der Lungenbläschen (Alveolen) angepasst. Durch diese Konditionierung der Atemluft kann die Lunge ihre Funktion – den Austausch von Kohlendioxid gegen Sauerstoff – opti­mal erfüllen.

Nicht zuletzt ist die Nase an der Klang­ und Sprachbildung beteiligt. Beispielsweise strömt bei der Bildung der Resonanten „m“, „n“ und „ng“ Luft durch die offene Nase, während bei der Bildung von Vokalen Nase und Nasenrachen durch das Gaumensegel vom Resonanzraum der Mundhöhle weitge­hend abgetrennt sind.

Aufbau der Nase

Die Nase, in deren Inneren sich die Nasenhöhle befindet, wird im oberen Teil durch Knochen (Nasen­bein) und im unteren Bereich durch Knorpel und Bindegewebe (Nasenkuppel und Nasenflügel) gestützt.

Die gesamte Nasenhöhle wird durch die Nasenscheidewand (Septum nasi) in zwei separate Nasen­wege mit jeweils eigener Öffnung nach außen (Nasenlöcher) geteilt. Etwa 1,5 cm hinter dem Nasenein­gang befindet sich die engste Stelle der Nasenhöhle, die als Nasenklappe (Limen nasi) bezeichnet wird. Die Nasenklappe stellt eine wichtige Barriere gegen das Eindringen von Fremdpartikeln dar. Der Bereich vom Naseneingang bis zur Nasenklappe wird als Nasenvorhof (Vestibulum nasi) bezeichnet.

Hier befinden sich Haare, die für eine erste Reinigung der Atemluft sorgen, indem sie das Eindringen größerer Partikel verhindern. In der Epidermis des Nasenvorhofs liegen zudem Talg­drüsen, die für die Entstehung des Na­senpopels verantwortlich sind. Das Nasenseptum im Bereich des Nasen­vorhofs besteht aus Knorpel und Bin­degewebe und wird als Nasensteg (Kolumella) bezeichnet. Das Nasen­dach wird vom Flügelknorpel geformt, der somit wesentlich die Form der Nase bestimmt.

Hinter der Nasenklappe beginnt die Nasenhaupthöhle (Cavum nasi), die oben in zwei nebeneinander liegen­

den Öffnungen (Choanen) endet, über die die eingeatmete Luft über den Rachen in die Luftröhre strömt. Oberhalb der Nasenhaupthöhle befindet sich die Stirnhöhle, unter ihr liegt der Gaumen. Seitlich wird die Nasenhöhle durch Teile des Gesichtsschädels begrenzt.

Die Nasenklappe verhindert das Eindringen von Fremdpartikeln.

Hinter der Nasen-klappe beginnt die Nasenhaupthöhle.

Abb. 1 Aufbau der Nase a knöcherner Nasenrücken, b Nasenscheidewand, c seitlicher Nasenknorpel, d Nasenhöhle (Cavum nasi), e Flügelknorpel, f Vestibulum nasi, g Nasenflügel, h Bulbus olfactorius, i Oberkieferknochen. Unterbrochene blaue Linie = Schnittebene

a

b

e

c

d

g i

h

f

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ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

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Von Bedeutung für die Funktion der Nase und der Nasennebenhöhlen ist vor allem die laterale Wand der Nasenhaupthöhle, da in ihr wichtige Strukturen liegen:

✔ die drei Nasenmuscheln (Conchae nasales) mit den jeweils darunter liegenden Nasengängen,

✔ die Ausführöffnungen der Nasennebenhöhlen (Ostien) – mit Ausnahme der Öffnung der Keilbeinhöhle – sowie

✔ die Ausmündung des Tränennasengangs (Ductus nasolacrimalis)

In den unteren Nasengang, der zwi­schen Nasenboden und unterer Na­senmuschel liegt, mündet der Tränen­nasengang. Der mittlere Nasengang zwischen der unteren und der mitt­ leren Nasenmuschel ist klinisch von besonderer Bedeutung, da in ihn die Stirnhöhle, die vorderen Siebbeinzel­len und die Kieferhöhle münden. In den oberen Nasengang, der zwischen mittlerer und oberer Nasenmuschel liegt, münden die hinteren Siebbein­zellen. Das Ostium der Keilbeinhöhle liegt in Höhe des oberen Nasengangs in der Vorderwand des Keilbeins.

Funktion der Nasennebenhöhlen

Die Nasennebenhöhlen sind luftgefüllte, mit Schleimhaut ausgekleidete Hohlräume, die zusammen mit der Nasenhaupthöhle für die Konditionierung der Atemluft sorgen. Die Hohlräume bilden zudem einen Resonanzraum, der einen wesentlichen Einfluss auf die Stimmbildung hat. Das merkt man z. B., wenn die Nasennebenhöhlen oder deren Öffnungen verstopft sind. Da der Resonanzraum dann nicht zur Ver­fügung steht, klingt die Stimme nasal. Nicht zuletzt hat das Höhlensystem aus Nase und Nebenhöhlen eine Bedeutung für das Gewicht des Kopfes. Wäre der Schädel nicht zu großen Teilen hohl, ließe er sich vom Körper nicht tragen.

Aufbau der Nasennebenhöhlen

Zu den Nasennebenhöhlen zählen:

✔ die Kieferhöhlen (Sinus maxillaris), ✔ die Stirnhöhle (Sinus frontalis), ✔ die Siebbeinhöhlen (Sinus ethmoidales) und ✔ die Keilbeinhöhlen (Sinus sphenoidales)

In der lateralen Wand der Nasenhöhle liegen

wichtige Strukturen.

Die Nasenneben- höhlen sind luftgefüllte Hohlräume, die mit der

Nase in Verbindung stehen.

Abb. 2 Laterale Nasenwand I = oberer Nasengang, II = mittlerer Nasengang, III = unterer Nasengang a Ansatz obere Muschel, b Ansatz mittlere Muschel, c Ansatz untere Muschel, d Stirnhöhle, e Keilbeinhöhle, f Ostium der Stirnhöhle, g Ostium der Keilbeinhöhle, h Ostien der hinteren Siebbeinzellen, i Ostien der vorderen Siebbeinzellen, j Ostium maxillare, k Ausmündung des Ductus nasolacrimalis, l Vestibulum nasi

a

c b

d

egh

l

III

II

I

k

j

fi

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Am größten sind die Kieferhöhlen, die seitlich der Nasenhaupthöhle in den Oberkieferknochen liegen. Über halbmondförmige Öffnungen (Ostium maxillare) münden sie jeweils in den mittleren Nasengang.

Die Stirnhöhle liegt über der Nasenhaupthöhle und begrenzt von oben die Augenhöhle. Der Ausführgang (Ductus nasofrontalis) mündet in den mittleren Nasengang.

Die Siebbeinhöhlen sind ein Komplex aus lufthaltigen Siebbeinzellen (Cel-lulae ethmoidales), die man in eine vordere und eine hintere Gruppe un­terteilt. Die Ausführgänge münden in den mittleren (vordere Siebbeinzellen) bzw. den oberen Nasengang (hintere Siebbeinzellen).

Die Keilbeinhöhlen sind kleine Hohl­räume, die jeweils hinter den Sieb­beinzellen im Schädel liegen. Ihr Aus­führgang mündet hinter und etwas oberhalb der oberen Muschel in die Nasenhaupthöhle.

Aufbau und Funktion der Nasenschleimhaut

Sowohl die Nase als auch die Nasennebenhöhlen sind von einer Schleimhaut (Mukosa) ausgekleidet. Es lassen sich zwei Schleimhauttypen unterscheiden: die olfaktorische und die respiratorische Schleimhaut.

Die olfaktorische Schleimhaut (Riechschleimhaut)

Die Riechschleimhaut befindet sich in einem als Riechfalte bezeichneten Areal im oberen Nasengang. Das Riech­epithel besteht aus einer Schicht an Stützzellen, zwischen denen die senso­rischen Riechzellen liegen. Die Axone dieser Nervenzellen werden in der Submukosa zu Riechfasern gebündelt und ziehen von dort zum primären Riechzentrum, dem Bulbus olfacto-rius. Auf dem Riechepithel liegt eine Schleimschicht, die von den sog. Bowmanschen Drüsen gebildet wird. Das Sekret mit den in ihm ent­haltenen Enzymen dient der Geruchs­wahrnehmung.

Nase und Neben-höhlen sind mit

einer Schleimhaut ausgekleidet.

In der Riechschleim-haut liegen senso-rische Riechzellen.

Abb. 3 Nasennebenhöhlen: frontal und sagittal

Stirnhöhle

Siebbeinzellen

KieferhöhleKeilbeinhöhle

Abb. 4 Aufbau der olfaktorischen Nasenschleimhaut

Bowmansche Drüse

Riechfasern

Riechkegel mit Riechhärchen Stützzelle

Riechzelle

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ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

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Die respiratorische Schleimhaut

Die respiratorische Schleimhaut kleidet die ge­samten Atemwege aus, wobei der Aufbau je nach Lage leicht variiert. Die Abbildung 5 zeigt den Auf­bau der respiratorischen Schleimhaut im Be­reich der Nasenhaupthöhle.

Die respiratorische Nasenschleimhaut besteht aus einem mehrreihigen Flimmerepithel, in dem schleimproduzierende Becherzellen liegen. Die Zilien der Epithelzellen liegen in einem Film aus dünnflüs­ sigem Schleim (Solschicht), dessen Viskosität so gering ist, dass sich die Zilien noch gut bewegen können. Auf der Solschicht schwimmt ein Film aus dickflüssigerem Schleim, die Gelschicht. Diese ist sehr klebrig, sodass eingeatmete Partikel wie Mikroorganismen, Pollen und Staub an ihr kleben bleiben.

Mukoziliäre Clearance

Durch den Zilienschlag in der Solschicht wird die darüber liegende Gelschicht mitsamt den festkle­benden Partikeln in Richtung der Nasenlöcher und des Rachens abtransportiert (mukoziliäre Clea-rance). Über den Rachen gelangt der Schleim in den Magen, wo mittransportierte Keime durch die Magensäure unschädlich gemacht werden.

Auch die Nasennebenhöhlen sind mit respiratorischer Schleimhaut ausgekleidet. Die Zilien schla­gen in Richtung der Ausführgänge (Ostien) und transportieren so den Schleim in Richtung Nasenhöhle. Die Effektivität der Reinigungsleistung der Nasenschleimhaut hängt von verschiedenen Faktoren wie z. B. der Temperatur, Feuchtigkeit und Sekretbeschaffenheit ab. Störungen, wie etwa eine herabgesetzte Zilientätigkeit oder eine Veränderung der Schleimzusammensetzung, beeinträchtigen den Reinigungs­mechanismus.

Immunabwehr

Neben dem Abtransport von Fremdpartikeln spielen auch immunologische Reaktionen der Nasen­schleimhaut eine wichtige Rolle für den Schutz des Organismus, da die Nasenschleimhaut eine poten­zielle Eintrittspforte für Krankheitserreger darstellt. Zu der immunologischen Abwehr tragen im Sekret­film vorhandene Schutzfaktoren (z. B. Lysozyme, Interferone, Immunoglobuline) sowie spezifische und unspezifische Reaktionen von Abwehrzellen (Makrophagen, Mastzellen, B­ und T­Lymphozyten) bei. Doch nicht immer kann das Immunsystem alle Krankheitserreger abtöten, sodass es über die Nasen­schleimhaut zu Infektionen und damit zu Erkrankungen wie einer akuten Rhinitis kommen kann.

Konditionierung der Atemluft

Die Nasenschleimhaut besitzt nicht nur eine Reinigungs­ und Schutzfunktion, sondern ist auch für die Befeuchtung und die Temperierung der Atemluft zuständig. Die Befeuchtung der Luft erfolgt mithilfe

Die respiratorische Schleimhaut kleidet

die gesamten Atemwege aus.

Das Flimmerepithel transportiert

Keime und andere Partikel ab.

Die immunologische Abwehr der Nasen-schleimhaut schützt

vor Infektionen.

Abb. 5 Aufbau der respiratorischen Nasenschleimhaut

Flimmer-epithelzellen

Schleimbildende Becherzellen

GelschichtSolschicht

Schmutzpartikel

Schmutzpartikel/Beförderungsrichtung

Flimmer-härchen

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des relativ flüssigen Nasensekrets. Unabhängig von der relativen Feuchtigkeit der Außenluft liegt die Wasserdampfsättigung in den unteren Luftwegen konstant bei 95–100 %.

Der Wärmeregulation dient ein dichtes Netz an Blutkapillaren, das die Nasenschleimhaut durchzieht. Ist die Atemluft kalt, wird die Nasenschleimhaut stärker durchblutet, wodurch die Luft angewärmt wird. Ist die Atemluft hingegen warm, wird die Durchblutung der Nasenschleimhaut herabgesetzt. Bei normaler Nasenatmung wird die eingeatmete Luft durch Passage der Nase auf eine konstante Temperatur von 31–34 °C gebracht – unabhängig davon, welche Außentemperatur gerade herrscht.

Erst durch diese Konditionierung der Atemluft kann die Lunge ihre Funktion – den Austausch von Koh­lendioxid gegen Sauerstoff – optimal erfüllen.

Ursachen und Symptome der akuten Rhinitis [1–13]„Rhinitis“ ist ein Sammelbegriff für alle entzündlichen Veränderungen der Nasenschleimhaut. Typische Symptome sind ein Anschwellen der Nasenschleimhaut, wodurch die Nase verstopft (nasale Obst-ruktion), eine erhöhte Sekretion (Rhinorrhoe) sowie ein Juck­ bzw. Niesreiz. Besonders unangenehm wird eine vollständige Verstopfung der Nase empfunden, da sie zur Mundatmung zwingt und u. a. die Schlafqualität beeinträchtigt.

Erreger der akuten Rhinitis

Bei der akuten Rhinitis handelt es sich um eine meist harmlose Virusinfektion.

Mit einer Größe von 20–300 Nanometern sind Viren die kleinsten Organismen. Eine weitere Besonder­heit ist die Tatsache, dass Viren keinen eigenen Stoffwechsel haben. Sie können also keine Energie umwandeln, keine Proteine synthetisieren und sich auch nicht eigenständig reproduzieren. Stattdessen nutzen sie den Stoffwechsel von Wirtszellen. Viren sind somit immer pathogen – sie müssen einen Wirtsorganismus befallen, um sich vermehren zu können.

Bei den Erregern des Erkältungsschnupfens handelt es sich überwiegend um Rhino­, Corona­ und Ade­noviren, insgesamt sind allerdings über 200 verschiedene Viren bekannt, die eine Erkältung und damit eine akute Rhinitis auslösen können.

Klar abzugrenzen ist der Erkältungsschnupfen von einer Grippe, welche ausschließlich durch Influenza­viren ausgelöst wird. Manch einer wundert sich, dass er trotz Grippeschutzimpfung eine Erkältung bekommt. Dabei handelt es sich um verschiedene Erkrankungen, die von unterschiedlichen Erregern ausgelöst werden. Ähnlichkeiten gibt es allerdings bei den Symptomen, insbesondere bei einer starken Erkältung (grippaler Infekt).

Die Vielzahl an möglichen Erregern für Erkältungsschnupfen macht es unmöglich, einen Impfstoff zu entwickeln – zumal die Viren eine hohe Variabilität besitzen, d. h., sie können immer wieder verschiedene Varianten mit unterschiedlichen Antigeneigenschaften ausbilden.

Auch Influenzaviren bilden immer wieder neue Varianten aus. Da es sich aber nur um einen Erreger handelt, können die Impfstoffe für jede Saison angepasst werden.

Die Nasenschleimhaut befeuchtet und temperiert die

Atemluft.

Über 200 verschie-dene Viren können eine akute Rhinitis

auslösen.

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ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

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Übertragungswege

Schnupfenviren werden leicht von Mensch zu Mensch übertragen. Vor allem beim Husten und Niesen, aber auch beim Sprechen werden virentragende Sekrettröpfchen freigesetzt, die von anderen Men­schen eingeatmet werden (Tröpfcheninfektion). Die Erreger gelangen also direkt in die Atemwege und befallen dort die Schleimhäute. Ob dies dann auch zur Erkrankung führt, ist von der Anzahl und der Ansteckungskraft der übertragenen Viren, der aktuellen Beschaffenheit der Schleimhäute sowie der Abwehrstärke des Immunsystems abhängig. Besonders leichtes Spiel haben die Viren, wenn die muko-ziliäre Clearance, z. B. im Winter aufgrund der oft sehr trockenen Luft in geheizten Räumen, einge­schränkt ist.

Ein weiterer Infektionsweg, der oft unterschätzt wird, ist der Kontakt mit kontaminierten Oberflächen wie Türklinken, Treppengeländern oder Telefonhörern sowie der körperliche Kontakt z. B. beim Hände­schütteln (Kontakt- oder Schmierinfektion). Die Überlebensdauer von Viren auf Gegenständen und auf der Haut ist vom Virus und der Beschaffenheit des Untergrundes abhängig. Rhinoviren bleiben auf der Handfläche mehrere Stunden infektiös, auf anderen Oberflächen sogar mehrere Tage.

Hat man eine kontaminierte Fläche berührt, gelangen die Erreger von den Händen leicht in die Atemwe­ge, z. B. bei der Nahrungsaufnahme oder wenn wir uns ins Gesicht fassen. Hygienemaßnahmen wie Händewaschen vor dem Essen sind daher wichtige Maßnahmen zur Vermeidung von Infektionen.

Die Infektion

Die Infektion beginnt mit der Anlagerung von in die Nase eingedrungenen Viren an spezifische Oberflä­chenproteine von Schleimhautzellen und dem anschließenden Eindringen in die Wirtszellen. Unter Aus­nutzung des Stoffwechsels der befallenen Zellen vermehren sich die Viren und infizieren weitere Zellen.

Der Körper reagiert auf die Infektion mit einer Immunantwort. Die von Viren befallenen Schleimhaut­zellen werden von Abwehrzellen wie z. B. Makrophagen bekämpft. Diese setzen Entzündungsmediato­ren wie Zytokine und Bradykinin frei, die zu lokalen Entzündungen sowie einer Erweiterung (Dilatation) der Blutgefäße in der Nasenschleimhaut führen. Durch die verstärkte Durchblutung schwillt die Schleim­haut an, sodass die Nasenatmung eingeschränkt wird (nasale Obstruktion). Infolge der Entzündung erhöht sich die Temperatur in der Nase, was die Vermehrung der Viren hemmt. Außerdem kommt es zu einem gesteigerten Sekretfluss (Rhinorrhoe), um vorhandene Erreger aus der Nase zu transportieren. Die gesteigerte Sekretion ist auf eine Reizung des für die Sensorik des Nasenepithels zuständigen Nervus trigeminus zurückzuführen, wodurch wiederum die nasalen Drüsenzellen zur Sekretion ange­regt werden.

Krankheitsverlauf

Die Inkubationszeit von der Ansteckung mit einem Schnupfenvirus bis zum Auftreten der ersten Symp­tome beträgt, je nach Erreger und Abwehrkraft des Körpers, etwa ein bis zwei Tage. In dieser Zeit ver­mehren sich die Viren und werden gleichzeitig vom Immunsystem bekämpft. Hier entscheidet sich also, ob und wie stark die Krankheit ausbricht.

Häufiger Übertra-gungsweg ist die

Tröpcheninfektion.

Auch über Kontakt mit kontaminierten

Flächen werden Viren übertragen.

Die Schnupfen- symptome sind Folgen

der Immunantwort.

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Erste Symptome sind häufig ein gestörtes Allgemeinbefinden (Abgeschlagenheit, Kopfdruck, Frösteln), Halsschmerzen sowie ein Juckreiz in der Nase mit Drang zum Niesen. Der Niesreflex, der ebenfalls auf eine Reizung des Nervus trigeminus zurückzuführen ist, ist ein wichtiger Mechanismus zur Reinigung der Nasenhöhle. Durch den explosionsartigen Luftausstoß werden Nasensekret und in der Nase befind­liche Fremdpartikel aus der Nasenhöhle geschleudert.

Auf dieses trockene Vorstadium folgt oft bereits nach wenigen Stunden das katarrhalische Stadium mit einer erhöhten Produktion von zunächst sehr flüssigem Nasensekret sowie einem Anschwellen der Nasenschleimhaut. Weitere Symptome des katarrhalischen Stadiums sind eine Einschränkung des Geruch­ und Geschmacksinns, Augentränen und eine Zunahme der Allgemeinsymptomatik.

Nach wenigen Tagen erfolgt der Übergang in das schleimige Stadium: Das zu Beginn wässrige Nasensekret wird fester, die Nasenatmung ist deutlich erschwert (Stockschnupfen). Im schlimmsten Fall ist die Nase gänz­lich verstopft, sodass nur noch eine Mundatmung möglich ist, was wiederum die Bronchien reizt.

Kommt es nicht zu Komplikationen, nehmen die Beschwerden bereits nach wenigen Tagen wieder ab. Insgesamt dauert ein Erkältungsschnupfen in der Regel etwa sieben Tage. Die Faustregel „Ein Schnup­fen kommt drei Tage, bleibt drei Tage und geht drei Tage“ trifft den Krankheitsverlauf also ganz gut.

Mögliche Komplikationen

Eine verstopfte Nase ist nicht nur unangenehm, sie stellt auch ein Risiko für Komplikationen dar. Fließt das Nasensekret nicht ab, können sich die Erreger leicht auf angrenzende Strukturen wie z. B. die Nebenhöhlen ausbreiten. Zudem stellt das Sekret einen Nährboden für Bakterien dar, weshalb auf die primäre Virusinfektion leicht eine bakterielle Superinfektion folgen kann.

Schnupfenviren können beispielsweise aus der Nase über die Eustachische Röhre (Tuba auditiva), die die Nasenhaupthöhle mit dem Mittelohr verbindet, in das Mittelohr aufsteigen. Wird die Eusta-chische Röhre aufgrund einer Verstopfung der Nase verschlossen, sammelt sich Sekret im Mittelohr an, das wiederum eine Vermehrung von Bakterien begünstig. Infolge des Schnupfens kann daher eine oft schmerzhafte Mittelohrentzündung (Otitis) auftreten. Diese kann zu weiteren Komplikationen, wie etwa einer Entzündung der Schädelbasis (Mastoditis), führen.

Erreger aus dem Nasenraum können sich auch in Richtung des Rachenraums ausbreiten und zu Folgeer­krankungen wie einer Entzündung des Rachens (Pharyngitis), einer Mandelentzündung (Tonsillitis) oder einer Kehlkopfentzündung (Laryngitis) führen.

Auch die Nasennebenhöhlen können in Mitleidenschaft gezogen werden und sich entzünden (Sinusitis bzw. Rhinosinusitis). Kommt es aufgrund der geschwollenen Schleimhaut der Nase und der Nebenhöhlen zu einem Verschluss der Ostien, werden die Nebenhöhlen nicht mehr belüftet und vor­handenes Sekret kann nicht abfließen. Zu der zunächst viralen Infektion können sich Bakterien gesellen. Breiten die Erreger sich weiter aus, kann es zu Entzündungen der angrenzenden Knochenhaut (Periosi-tis), der Hirnhaut (Meningitis) oder des Gehirns (Enzephalitis) selbst kommen.

Um derartige Komplikationen zu vermeiden, sollte eine verstopfte Nase z. B. mithilfe eines abschwellen­den Mittels (siehe Modul 2) befreit werden. Bei Säuglingen ist eine freie Nase sogar zwingend notwen­dig, da sie obligate Nasenatmer sind.

Typische Symptome sind ein Anschwellen

der Nasenschleimhaut und eine erhöhte

Sekretion.

Eine verstopfte Nase stellt ein Risiko für

Komplikationen dar.

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ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

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Schnupfen bei Kindern

Aufgrund ihres noch nicht vollständig entwickelten Immunsystems sind Kinder deutlich häufiger von Erkältungsschnupfen betroffen als Erwachsene. Schulkinder erkranken zwei­ bis dreimal im Jahr, Kinder im Kindergartenalter sechs­ bis achtmal, Säuglinge sogar bis zu zehnmal.

Bei Säuglingen ist eine verstopfte Nase besonders problematisch. Sie atmen ausschließlich über die Nase, um die Koordination mit der gleichzeitigen Nahrungsaufnahme über den Mund zu gewährleisten. Ist die Nase verstopft, leiden Säuglinge schnell unter Atemnot und sie können nicht trinken. Hinzu kommt, dass die Eustachische Röhre bei ihnen noch kurz und eng ist, sodass sie infolge einer ver­stopften Nase schnell verschlossen wird. Folglich kommt es bei Säuglingen besonders häufig zu schmerzhaften Mittelohrentzündungen.

Da Säuglinge noch nicht die Nase schnäuzen können, muss die Nase auf anderem Wege befreit werden, z. B. mithilfe von für Säuglinge geeigneten Nasentropfen.

Weitere entzündliche Erkrankungen der Nasenschleimhaut [3,4,13]Neben der akuten Rhinitis gibt es noch eine ganze Reihe anderer entzündlicher Erkrankungen der Na­senschleimhaut. Obwohl der Fokus dieser Fortbildung auf der akuten Rhinitis liegt, sollen diese kurz dargestellt werden.

Allergische Rhinitis

Bei der allergischen Rhinitis handelt es sich um eine Überreaktion des Immunsystems auf bestimmte Allergene, wie z. B. Pollen. Kommt die Nasenschleimhaut mit diesen in Kontakt, kommt es zu einer Immun globulin E­ und mastzellvermittelten allergischen Sofortreaktion. Typische Symptome sind Juck­reiz, Niesen, wässrige Sekretion und nasale Obstruktion.

Um der Problematik dauerhaft beizukommen, sollte die Therapie wenn möglich kausal erfolgen, etwa durch eine Hyposensibilisierung. Ist eine kausale Therapie nicht möglich, können die Beschwerden durch eine symptomatische Therapie, z. B. mit oralen Antihistaminika, gelindert werden. Auch die lokale An­wendung von Kortikosteroiden beispielsweise mit dem Wirkstoff Mometasonfuroat ist eine meist wirk­same Option. Zur Linderung einer starken akuten Symptomatik können kurzfristig auch abschwellende Mittel eingesetzt werden.

Vasomotorische Rhinitis

Die vasomotorische oder idiopathische Rhinitis entspricht in ihrer Symptomatik weitestgehend der allergischen Rhinitis, es lassen sich aber keine Allergene oder spezifische Antikörper nachweisen. Of­fenbar handelt es sich um eine Überempfindlichkeit der Nasenschleimhaut, die sich durch Juck­ und Niesreiz, eine erhöhte Sekretion und nasale Obstruktion äußert. Auslöser für die anfallsartig auftre­tenden Symptome können z. B. rasche Temperaturwechsel, mechanische Irritationen, chemische Reize, Stress oder Medikamente sein.

Bei Säuglingen kommt es leicht zur

Mittelohrentzündung.

Die allergische Rhinitis ist eine

Überreaktion des Immunsystems.

Die vasomotorische Rhinitis ist Folge einer

überempfindlichen Nasenschleimhaut.

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In der Therapie werden vor allem topische Kortikosteroide und Antihistaminika eingesetzt. Kurzfristig können auch abschwellende Mittel eingesetzt werden, wenn das Hauptproblem in einer nasalen Obstruktion liegt.

Chronische Rhinitis

Die chronische Rhinitis ist ein Sammelbegriff für verschiedene chronische Entzündungszustände der Nasen schleimhaut, die mit einer Volumenzunahme der Schleimhaut einhergehen. Leitsymptome sind eine behinderte Nasenatmung und die Sekretion von zähem, schleimigem, farblosem Sekret.

Als Ursache kommen verschiedene Faktoren in Frage, z. B. rezidivierende akute Entzündungen, die all­mählich zu einer irreversiblen Schleimhautschädigung führen, vasomotorische Störungen der Schleim­haut, chronische Reize wie Tabakrauch, Staub oder Chemikalien, endokrine Störungen, z. B. der Schild­drüse oder Nebennieren, Diabetes, oder Medikamentennebenwirkungen.

Ist die Ursache bekannt, ist eine Vermeidung der auslösenden Faktoren die beste Therapie. Andernfalls kann eine symptomatische Therapie, z. B. mit salzhaltigen Nasensprays, durchgeführt werden. Da ab­schwellende Präparate nur kurzzeitig angewendet werden dürfen, sind sie bei chronischen Formen der Rhinitis nicht das Mittel der Wahl. Sie sollten, wenn überhaupt, nur kurzfristig bei starker akuter Symp­tomatik eingesetzt werden. Bei erfolglosen Therapieversuchen kann ein operativer Eingriff in Betracht gezogen werden.

Rhinitis sicca

Bei der Rhinitis sicca handelt es sich ebenfalls um eine chronische Entzündung der Nasenschleimhaut, die im Gegensatz zur chronischen Rhinitis vor allem mit einem Trockenheitsgefühl in der Nase und Symp­ tomen wie Juckreiz, Brennen, Krusten­, Schorf­ und Borkenbildung einhergeht. Von einer „Trockennase“ sind Berufsgruppen mit starker Staubbelastung, z. B. Bäcker, besonders häufig betroffen. Aber auch Raucher, Allergiker und Patienten nach Nasenoperationen oder Radiotherapie zählen zu den Risikogruppen.

Therapeutisch stehen die Vermeidung auslösender Faktoren sowie schleimhautprotektive Mittel im Vordergrund. Geeignet ist z. B. die Anwendung dexpanthenol­ oder ölhaltiger Nasenpräparate.

Toxisch-irritative Rhinopathie

Als toxisch­irritative Rhinopathien werden unspezifische Schleimhautschädigungen bezeichnet, die durch toxische Substanzen am Arbeitsplatz oder in der Umwelt verursacht werden. Zu Beginn zeigt sich als Symptom häufig eine Rhinorrhoe. Bei weiterer Schadstoffeinwirkung kommt es allerdings zum Austrocknen der Nasenschleimhaut und zur Borkenbildung. Bei akuten Beschwerden kann das Spülen der Nase mit einer physiologischen Kochsalzlösung zur Entfernung der Schadstoffe und eine anschlie­ßende Schleimhautpflege empfohlen werden. Um die Beschwerden langfristig zu bessern, muss jedoch die Schadstoffexposition reduziert werden.

Eine chronische Rhinitis kann viele Ursachen haben.

Kennzeichen der Rhinitis sicca ist eine

trockene Nase.

Toxisch-irritative Rhinopathien werden durch toxische Subs-

tanzen ausgelöst.

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ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

–AKUTE RHINITIS–

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Schwangerschaftsrhinopathie

Von einer hormonellen Rhinopathie oder Schwangerschaftsrhinitis spricht man, wenn während der letz­ten sechs Monate der Schwangerschaft eine Behinderung der Nasenatmung auftritt, die auf keine an­dere Ursache zurückzuführen ist. Die nasale Obstruktion geht mit einer wässrigen Sekretion einher. Nach der Geburt klingen die Symptome wieder ab. Man geht davon aus, dass bei ca. 15–20 % aller Schwangeren eine Schwangerschaftsrhinopathie auftritt. [4] Ursächlich spielen Einflüsse von Östrogen auf die Nasenschleimhaut eine Rolle, die zu entzündlichen Veränderungen führen. Hormonspiegelschwan­kungen, z. B. aufgrund von Hormontherapien, können daher ebenfalls eine hormonelle Rhinopathie auslö­sen. Auch andere endokrine Störungen, wie beispielsweise eine Hypothyreose oder Akromegalie, können zur Entstehung einer hormonellen Rhinopathie führen.

Ozaena (Rhinitis atrophicans)

Bei der Ozaena (Synonym: Rhinitis atrophicans) handelt es sich um eine chronische, degenerative Erkrankung der Nasenschleimhäute mit unklarer Ätiologie. Man unterscheidet zwei Formen: die primäre Ozaena tritt überwiegend bei Mädchen in der Pubertät auf, die sekundäre Ozaena ist hingegen meist eine Folge von Operationen und/oder einer Strahlentherapie im Bereich der Nase oder Nasennebenhöhlen. Kennzeichen der Erkrankung ist ein Absterben der schleimproduzierenden Becherzellen im Flimmerepi­thel der Nasenschleimhaut. Folge ist eine Eintrocknung des Nasensekrets und die Bildung von Borken in der Nasenhöhle. Im feuchtwarmen Milieu der Nase stellen diese einen idealen Nährboden für verschie­dene Keime dar, deren Zersetzungsprozesse einen fauligen Geruch bewirken („Stinknase“). Wie bei der Rhinitis sicca ist eine therapeutische Befeuchtung der Nasenschleimhaut wichtig, um die weitere Bor­kenbildung und Ansammlung von Keimen zu verhindern. Vorhandene Borken können mithilfe von Nasen­spülungen entfernt werden.

Rhinitis medicamentosa

Unter einer Rhinitis medicamentosa versteht man eine durch Medikamente verursachte reversible oder irreversible Schädigung der Nasenschleimhaut. Häufigster Grund ist der Missbrauch von abschwellenden Nasensprays oder ­tropfen. [13] Diese enthalten als Wirkstoffe sogenannte α­Sympathomimetika, die die α­Rezeptoren der Blutgefäße stimulieren, die sich daraufhin verengen (siehe Modul 2). Folglich wird die Nasenschleimhaut weniger durchblutet und schwillt ab. Aufgrund der schnellen und effektiven Wirkung ist der kurzfristige Einsatz abschwellender Substanzen zur Behandlung akuter Beschwerden äußerst sinn­voll. Bei längerer Anwendung tritt jedoch ein kontraproduktiver Effekt auf, der als Rebound-Phänomen bezeichnet wird: Sobald die Wirkung des Arzneimittels nachlässt, kommt es zu einer erneuten, verstärkten Schleimhautanschwellung, die zu einer wiederholten Anwendung des abschwellenden Mittels verleitet. Dadurch kann es zu einer Daueranwendung und schließlich zu einer Abhängigkeit von abschwellenden Nasenpräparaten kommen. Wird dieser Teufelskreis nicht rechtzeitig unterbrochen, entwickelt sich eine Rhinitis medicamentosa mit ausgetrockneten und unter Umständen irreversibel geschädigten Schleim­häuten. Die Schäden zeigen sich in einer eingeschränkten Zilientätigkeit, sodass die mukoziliäre Clea-rance nicht optimal funktioniert und damit eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen besteht.

Mögliche Auslöser einer Rhinitis medicametosa können auch Konservierungsmittel sein, die in vielen Nasenpräparaten enthalten sind (siehe Modul 2).

Schwangere leiden häufig unter einer

hormonell bedingten Rhinopathie.

Kennzeichen der Ozaena ist eine

trockene Nase und Borkenbildung.

Ein Missbrauch von abschwellenden Mitteln kann zur

Rhinitis medicamen-tosa führen.

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MODUL 2: THERAPIEOPTIONEN BEI AKUTER RHINITISDa Viren im Gegensatz zu Bakterien keinen eigenen Stoffwechsel haben, bieten sie kaum Angriffspunkte, um gegen sie vorzugehen. Eine ursächliche Therapie der akuten Rhinitis ist daher bislang nicht möglich. Die Symptome einer nasalen Obstruktion lassen sich jedoch gut behandeln.

Insbesondere bei einer stark verstopften Nase ist die Anwendung eines abschwellenden Mittels zu empfehlen – einerseits, um den Alltag zu erleichtern und die Schlafqualität zu steigern und zum anderen, um mögliche Komplikationen zu verhindern. Durch zusätzliche Befeuchtung sowie die Anwendung schleimhautprotektiver Substanzen kann die Regeneration der Nasenschleimhaut gefördert werden.

Schleimlösende Mittel [14,15]Schleimlösende Mittel, auch Mukolytika oder Sekretolytika genannt, dienen dazu, den Schleim in den Atemwegen zu verflüssigen, sodass dieser besser abtransportiert werden kann. Neben chemischen Substanzen wie Acetylcystein stehen pflanzliche Präparate z. B. mit Cineol, Myrtol oder Pelargonium zur Verfügung. Diese werden vor allem zur Verflüssigung von festsitzendem Bronchialschleim angewendet, der damit abgehustet werden kann. Da sie allerdings keinen Einfluss auf die Schwellung der Nasen­schleimhaut haben, ist vor allem bei einer stark verstopften Nase die Anwendung eines abschwellen­den Mittels sinnvoller. Bei einer leicht verstopften Nase wird die Anwendung schleimlösender ätheri­scher Öle, wie z. B. Eukalyptus­, Pfefferminz­ oder Kiefernnadelöl, oft als wohltuend empfunden. Besonders angenehm ist eine Inhalation mit heißem Wasserdampf. Diese hat den positiven Nebenef­fekt einer zusätzlichen Befeuchtung der Schleimhäute.

Abschwellende Mittel [1–5,14,15]Abschwellende Nasenpräparate, auch Dekongestiva genannt, enthalten Wirkstoffe aus der Gruppe der α­Sympathomimetika. Neben Phenylephrin werden vor allem Imidazol­Derivate wie z. B. Xylometazolin eingesetzt.

α­Sympathomimetika führen durch Bindung an ad-renerge α­Rezeptoren zu einer Erregung des sympa­thischen Nervensystems. Sie ähneln in ihrer Wirkung damit körpereigenen Botenstoffen wie Adrenalin. An glatten Muskelzellen bewirkt die Erregung von α­Re­zeptoren eine Erhöhung der intrazellulären Calcium­Ionen­Konzentration und damit eine Muskelkontrak­tion. In die Nase eingebracht führen α­Sympatho­ mimetika zu einer Kontraktion der glatten Muskulatur der Schleimhautgefäße und damit zur Vasokonstrik-tion (Verengung der Gefäße). Die Nasenschleimhaut wird weniger durchblutet und schwillt folglich ab.

Schleimlösende Mittel werden vor allem zur

Verflüssigung von Bronchialschleim

verwendet.

Abschwellende Mittel enthalten

α-Sympathomimetika als Wirkstoffe.

α-Sympathomimetika bewirken eine Vaso-

konstriktion und damit ein Abschwellen der Nasenschleimhaut.

Phenylephrin

Naphazolin

Tramazolin

Tetryzolin

Xylometazolin

Oxymetazolin

Abb. 6 α-Sympathomimetika zur lokalen Anwendung

HO

CH

OH

CH2

CH3

NH

CH2

N

N H

NH

N

N H

N

N H

CH3

CH3

CH3C

H3C

H3C

CH2

N

N H

CH3OH

CH3

CH3C

H3C

H3C

CH2

N

N H

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Die Wirkung tritt sehr schnell ein und hält mehrere Stunden an. Der Patient kann wieder frei durch die Nase atmen. Zudem werden auch die Zugänge zu den Nasennebenhöhlen und dem Mittelohr befreit, sodass diese wieder belüftet werden und vorhandenes Sekret abfließen kann. Der Einsatz von α­Sympathomimetika trägt damit entscheidend zur Vermeidung von Komplikationen bei.

Generell sind α­Sympathomimetika bei lokaler Anwendung gut verträglich. Als lokale Nebenwirkungen können ein Brennen in der Nase sowie eine Trockenheit der Nasenschleimhaut auftreten. Bei längerem Gebrauch (mehr als zehn Tage) kann das sog. Rebound-Phänomen auftreten, bei dem die Nasen­schleimhaut nach Anwendung des abschwellenden Mittels verstärkt anschwillt, sobald die Wirkung des Arzneimittels nachlässt. Das kann zu einem Teufelkreis aus wiederholter Anwendung des abschwel­lenden Mittels und anschließender erneuter Blutansammlung (Kongestion) in den Schleimhäuten füh­ren, sodass es letztlich zu einer Rhinits medicamentosa mit dauerhafter Schädigung der Nasenschleim­häute kommen kann (siehe Modul 1).

Um diese Komplikationen zu vermeiden, dürfen α­Sympathomimetika nicht länger als sieben Tage ange­wendet werden. Bei dieser Anwendungsdauer sind keine dauerhaften funktionellen oder morpholo­gischen Veränderungen der Nasenschleimhaut zu erwarten.

Bei schweren Herz­Kreislauf­Erkrankungen oder einem erhöhtem Augeninnendruck (Glaukom) dürfen α­Sympathomimetika nicht angewendet werden, da sie unerwünschte Nebenwirkungen auf das Herz­Kreislauf­System, wie z. B. ein Blutdruckanstieg oder ein beschleunigter Herzschlag, haben können.

Orale Sympathomimetika

Sympathomimetika werden auch oral eingesetzt, z. B. Ephedrin, Pseudoephedrin und Phenylpropanola­min, die als indirekte Sympathomimetika über eine Erhöhung der Neurotransmitterkonzentration an den Rezeptoren wirken, sowie das direkt wirksame α­Sympathomimetikum Phenylephrin. Man findet sie überwiegend in Kombinationspräparaten zur gleichzeitigen Behandlung verschiedener Erkältungssymp­tome. In der gezielten Behandlung der akuten Rhinitis haben die lokalen α­Sympathomimetika den weit­aus größeren Stellenwert.

Mittel zur Förderung der Schleimhautregeneration [1,2,5,16]Sind die Nasenschleimhäute infolge der akuten Rhinitis oder aus anderen Gründen trocken und gereizt, empfiehlt sich der Einsatz befeuchtender und schleimhautprotektiver Mittel, um die Regeneration der Nasenschleimhaut zu unterstützen.

Zur Befeuchtung der Nasenschleimhaut kann die Anwendung von physiologischen, d. h. isotonischen Salzlösungen empfohlen werden. Sie fördern den natürlichen Reinigungsvorgang der Nase, indem sie das Nasensekret verflüssigen und damit die mukoziliäre Clearance verbessern. Es stehen Präparate mit Kochsalz oder Meersalz zur Verfügung.

Salzlösungen können auch mithilfe von Nasenduschen angewendet werden, um die Nase gründlich zu reinigen. Vorhandene Erreger werden so effektiv aus der Nase gespült, gleichzeitig wird die Nasen­schleimhaut befeuchtet und ihr natürlicher Reinigungsprozess unterstützt. Durch die Anwendung wund­heilender Substanzen wie Dexpanthenol wird die Schleimhaut in ihrer Regeneration zusätzlich unterstützt.

Abschwellende Mittel tragen zur Vermeidung

von Komplikationen bei.

Aufgrund des Rebound-Phänomens dürfen abschwellende Mittel nicht länger als

sieben Tage ange-wendet werden.

Isotonische Salz-lösungen verbessern

die mukoziliäre Clearance.

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Dexpanthenol (auch als Pantothenol, D­Panthenol oder Panthenol bezeichnet) wird seit langem in der topischen Behandlung von Erkrankungen der Haut und Schleimhäute eingesetzt. Im Körper wird das Provitamin zu Pantothensäure (Vitamin B5) umgewandelt. Pantothensäure ist ein Bestandteil des

Coenzyms A und spielt damit eine wichtige Rolle im Stoffwechsel der Haut.

Dexpanthenol verbessert die Elastizität der Haut und unterstützt die Neubildung der Hautzellen, wodurch die Regeneration gefördert wird. Es besitzt außerdem auf Haut und Schleimhäute eine juckreizlindernde, entzün­dungshemmende und wundheilungsfördernde Wirkung.

TIPP: Es gibt auch Nasenpräparate mit einer Kombination aus einer Salzlösung und Dexpanthenol, die sich somit besonders für die begleitende Behandlung von Schnupf-nasen eignen.

Kombination aus abschwellenden Mitteln und Mitteln zur Förderung der SchleimhautregenerationFür die Behandlung einer akuten Rhinitis eignet sich die Anwendung eines abschwellenden Mittels wie z. B. Xylometazolin. Falls zusätzlich Reizungen und Entzündungen der Nasenschleimhaut vorliegen, kann Xylometazolin in Kombination mit einem Mittel zur Förderung der Nasenschleimhautregeneration, wie z. B. Dexpanthenol, verwendet werden.

Darreichungsformen [1,2,5,6]Nasenpräparate werden meist in Form von Nasensprays oder ­tropfen angeboten, schleimhautprotektive Mittel wie Dexpanthenol mitunter auch als Gel oder Salbe. Lösungen zum Sprühen oder Tropfen lassen sich auch bei geschwollenen Schleimhäuten gut in die Nase einbringen.

Vorteil von Nasensprays ist ihre einfache Anwendung und die gute Verteilung der feinen Tröpfchen, sodass die Schleimhaut großflächig erreicht wird. Zudem werden durch den Sprühdruck die Zugänge der Nasennebenhöhlen erreicht, womit einer Sinusitis vorgebeugt wird. Bei Kindern unter zwei Jahren sind Nasensprays allerdings kontraindiziert, da es bei ihnen zu Atem­störungen und aufgrund möglicher Überdosierungen zu gefährlichen systemischen Nebenwirkungen kommen kann. Bei Kindern unter zwei Jahren werden daher in erster Linie Tropfen angewendet, die sehr genau dosiert werden können.

Tropfen gelangen durch Neigen des Kopfes sehr gut in die Eustachische Röhre und sind damit beson­ders geeignet, Mittelohrentzündungen vorzubeugen. Allerdings ist die Applikation etwas schwieriger, da der Kopf nach hinten geneigt werden muss, damit die Tropfen nicht wieder aus der Nase herauslau­fen. Bei zu starker Neigung können die Tropfen allerdings in den Rachen gelangen, was ein unangeneh­mes Brennen verursachen kann.

Dexpanthenol fördert die Schleimhaut-

regeneration.

Vorteil von Nasen-sprays ist die feine

Verteilung.

Tropfen gelangen gut in die Eustachische

Röhre.

Abb. 7 Strukturformel Dexpanthenol

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Die Einbringung der Tropfen erfolgt häufig mithilfe einer Pipette. Konservierungsmittelfreie Tropfen müssen allerdings aufgrund der Anforderungen an die mikrobiologische Reinheit des Inhalts in einem dichtabschließenden Behältnis geliefert werden. Diese Tropfen werden daher nicht mithilfe einer Pipette, sondern bei zurückgelegtem Kopf direkt aus dem Behältnis in die Nase geträufelt.

HINWEIS: Umgekehrte Etikettierung bei Nasentropfen

Nasentropfen, die direkt aus der Flasche in die Nase geträufelt werden, werden in ähnlichen oder fast identischen Behältnissen geliefert wie Nasensprays. Aus diesem Grund kann es leicht zur Verwechslung und damit zu Anwendungsfehlern kommen.

Um auf den ersten Blick klarzumachen, dass es sich um Tropfen handelt, die bei zu­rückgelegtem Kopf in die Nase geträufelt werden, sind einige Behältnisse für Nasen­tropfen mit umgekehrten Etiketten versehen. Es handelt sich dabei also nicht um eine fehlerhafte Etikettierung, sondern um eine Unterstützung zur richtigen Anwendung.

Konservierungsmittel in NasenpräparatenNasensprays und ­tropfen werden in Mehrdosenbehältnissen angeboten, die zur Anwendung in die Nasenlöcher eingeführt werden. Dabei lässt sich eine Kontamination mit in der Nase und in der Luft vorhandenen Keimen nicht ausschließen.

Bei herkömmlichen Behältnissen können die Mikroorganismen ungehindert eindringen. Damit sie sich nicht in der enthaltenen Lösung vermehren können, muss diese mit entsprechend wirksamen Konservie­rungsstoffen versehen werden.

Konservierungsmittel haben jedoch den Nachteil, dass sie Allergien auslösen können. Heute weiß man zudem, dass in Nasenpräparaten enthaltene Konservierungsstoffe zu Schäden der Nasenschleimhaut führen können, die in Einzelfällen irreversibel sind.

Schleimhautschäden durch Konservierungsmittel [4,17–21]

Ein häufig in Nasensprays verwendeter Konservie­rungsstoff ist Benzalkoniumchlorid. Dabei handelt es sich um ein Gemisch von Alkylbenzyldimethyl­ammonium­Chloriden, deren Alkylteil aus C8­ bis C18­Ketten besteht. Aufgrund ihrer bakteriziden Ei­genschaften findet die Substanz sowohl in pharma­zeutischen Produkten als auch in Flächendesinfek­tionsmitteln Verwendung.

Inzwischen ist jedoch bekannt, dass in Nasenpräpa­raten enthaltenes Benzalkoniumchlorid eine Funk­

tionsstörung der Flimmerhärchen und damit eine Beeinträchtigung des Reinigungsmechanismus der Nasenschleimhaut bewirken kann. Verschiedene Untersuchungen haben eine zum Teil irreversible Hem­

Viele Nasenpräparate enthalten Konservie-rungsmittel, um das

Wachstum von Keimen zu verhindern.

Abb. 8 Strukturformel Benzalkoniumchlorid

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Inzwischen gibt es Nasalia, die ohne

Konservierungsmittel auskommen.

Konservierungsstoffe können die

Nasenschleimhaut schädigen.

mung des Zilienschlags durch Benzalkoniumchlorid gezeigt. [17–21] Zudem wurden zytotoxische Effekte beobachtet. Aufgrund des toxischen Effekts auf neutrophile Granulozyten wird die lokale Immunab­wehr beeinträchtigt. [21] Das Konservierungsmittel wird außerdem mit der Entwicklung einer Rhinitis medicamentosa in Zusammenhang gebracht. [21]

Vor diesem Hintergrund hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in einem Bescheid vom 05.12.2003 angeordnet, die schleimhautschädigende Wirkung als Warnhinweis in die Fach­ und Gebrauchsinformationen ab dem 01.05.2004 wie folgt aufzunehmen: [22]

In den Abschnitt „Warnhinweise“ der Fach­ und der Gebrauchsinformation:

„Das in /Name des Arzneimittels/ enthaltene Konservierungsmittel (Benzalkoniumchlorid) kann, insbe-sondere bei längerer Anwendung, eine Schwellung der Nasenschleimhaut hervorrufen. Besteht ein Ver-dacht auf eine derartige Reaktion (anhaltend verstopfte Nase), sollte – soweit möglich – ein Arzneimittel zur Anwendung in der Nase ohne Konservierungsstoff verwendet werden. Stehen solche Arzneimittel zur Anwendung in der Nase ohne Konservierungsstoff nicht zur Verfügung, so ist eine andere Darrei-chungsform in Betracht zu ziehen.“

In den Abschnitt „pharmakologisch­toxikologische Eigenschaften“ der Fachinformation:

„Die präklinischen Daten zeigen sowohl in vitro als auch in vivo, dass Benzalkoniumchlorid konzentra-tions- und zeitabhängig einen toxischen Effekt auf die Zilien, bis hin zum irreversiblen Stillstand, ausübt. Desweiteren wurden histopathologische Veränderungen der Nasenschleimhaut induziert.“

FAZIT: Bei den Erkenntnissen hinsichtlich einer möglichen Schädigung der Nasen-schleimhaut kann das Fazit nur lauten, auf konservierungsmittelhaltige Nasalia möglichst zu verzichten!

Nasalia ohne KonservierungsmittelInzwischen gibt es Nasentropfen und ­sprays, die ohne Konservierungsmittel auskommen und dennoch genauso lange haltbar sind wie konservierungsmittelhaltige Präparate. Dies erfordert allerdings spe­zielle Applikationssysteme, bei denen das Eindringen von Keimen nach Anbruch des Behältnisses unter­bunden wird. Zudem muss die Befüllung der Behältnisse unter keimfreien Bedingungen erfolgen, was mit erheblichem Aufwand verbunden ist.

Geeignete Behältnisse zur Anwendung konservierungsmittelfreier Nasalia sind z. B. das 3K®­System sowie das Comod®­System. Diese patentierten Mehrdosenbehältnisse sind mit ihrer speziellen Konst­ruktion darauf ausgerichtet, eine Kontamination des Inhalts zu verhindern. Wie das funktionieren kann, wird im Folgenden anhand des 3K®­Systems erläutert.

Aufbau und Funktion des 3K®-Systems [21,23,24]

Das 3K®­System, auch 3­Kammer­System genannt, ist ein Mehrdosenbehältnis, das mit seiner speziel­len Konstruktion auch nach Anbruch eine Keimfreiheit des Produktes gewährleistet, sodass auf Konser­

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ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

–AKUTE RHINITIS–

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vierungsmittel verzichtet werden kann. Es gibt verschiedene Bautypen, die je nach Darreichungsform des Produktes (Tropfen oder Spray) verwendet werden. Der Mechanismus, mit dem die Behältnisse keimfrei gehalten werden, ist bei allen Bautypen derselbe. Im Folgenden wird der Mechanismus am Beispiel eines Nasensprays dargestellt.

Im Hauptreservoir des Behältnisses befindet sich die sterile Lösung, die über ein Steigrohr mit der Dosierkammer verbunden ist. Diese wird durch ein mikrobiologisch dicht verschließendes Ventil abge­schlossen. Durch Betätigung der Pumpe wird auf die Dosierkammer ein Druck ausgeübt, bis sich bei einem bestimmten Wert das Ventil öffnet und eine definierte Menge an Lösung freigegeben wird. Das

Ventil schließt sich sofort wieder, womit ein Rückfluss von Flüssigkeit verhindert wird. Durch Loslassen des Sprühkop­fes wird die Pumpe wieder in ihre Ausgangsposition ver­setzt, wobei gleichzeitig Lösung aus dem Hauptreservoir in die Dosierkammer aufgesaugt wird. Dadurch entsteht in dem Behältnis kurzzeitig ein Unterdruck, der ausgeglichen wird, indem Luft von außen einströmt. Damit keine Keime in das Behältnis eingebracht werden, erfolgt der Luftein­tritt über einen speziellen Filter.

Mit dem mikrobiologisch dichtschließenden Ventil und der Passage der eindringenden Luft über einen Filter wird der Inhalt des Behältnisses keimfrei gehalten. Zur Sicherheit wurde das 3K®­System noch mit einem weiteren Schutz­mechanismus ausgestattet: An der Auslassöffnung befindet sich eine Silberspirale mit oligodynamischen (antimikro­biellen) Eigenschaften, die eine Verkeimung der Lösung unmittelbar an der Öffnung verhindert.

Durch umfangreiche Prüfungen konnte gezeigt werden, dass die Konstruktion des 3K®­Systems aus mikrobiologischer Sicht als absolut sicher angesehen werden kann. Bei sorgfältiger Reinigung der Spitze kann ein Behältnis daher sogar von mehreren Personen an­gewendet werden.

Befüllung der Behältnisse

Die Einzelteile des 3K®­Systems werden vom Hersteller in geeignete Behältnisse verpackt, sterilisiert und an den Arzneimittelhersteller zur Befüllung und Endmontage ausgeliefert.

Um auf Konservierungsmittel verzichten zu können, müssen nicht nur die Behältnisse keimfrei sein. Auch die Lösung muss steril sein und sie muss unter keimfreien Bedingungen in die Behältnisse gefüllt werden.

Dies geschieht in speziell dafür ausgerüsteten Räumen, die als Reinräume bezeichnet werden. Sie sind so konstruiert, dass die Einbringung von luftgetragenen Partikeln bzw. Keimen weitestgehend verhin­dert wird. Dies wird u. a. dadurch gewährleistet, dass von oben stetig gefilterte und damit keimfreie Luft in den Raum einströmt, die im unteren Bereich des Raumes an bestimmten Stellen nach außen weichen kann. Durch diesen Luftstrom herrscht in dem Raum ein höherer Luftdruck als außen, wodurch keine Luft von außen eindringen kann.

Die Behältnisse müssen unter keim-freien Bedingungen

befüllt werden.

Abb. 9 Aufbau des 3K®-Systems (hier Nasenspray)

Schutzkappe Silberspirale

Öffnung

Mikrobiologisch dicht schließendes Ventil

Druckfeder

Dosierkammer Filtermatrix Dichtung

Feder

Kugelventil

Steigrohr

Hauptreservoir

Das 3K®-System ist so konstruiert, dass

Keime nicht ein- dringen können.

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Nur speziell aus- gebildete Mitarbeiter

können eingreifen.

Fertig montierte Fläschchen bilden ein

abgeschlossenes System.

Wie hoch die Anzahl luftgetragener Partikel in einem Reinraum sein darf, ist genau geregelt. Konservie­rungsmittelfreie Nasenpräparate werden in Reinräumen der Klasse A hergestellt, die eine maximale Anzahl von 20 Partikeln ≥ 5,0 µm bzw. 3.520 Partikeln ≥ 0,5 µm erlauben. [25]

Die Sterilisation der Lösung und die Befüllung der Behältnisse erfolgt vollautomatisch. Zur Überwa­chung und zur Behebung von Störungen haben nur speziell dafür ausgebildete Mitarbeiter Zugang. Um die Keimfreiheit nicht zu gefährden, dürfen die Mit­arbeiter den Reinraum nur mit einer speziellen, un­durchlässigen Kleidung betreten, die den Körper vollständig bedeckt. Zudem müssen sie mehrere Schleusen (von Reinraumklasse D bis A) passieren, um in den Raum zu gelangen.

In den Herstellungsprozess eingreifen können sie nur, indem sie von außerhalb des Raums in Hand­schuhe greifen, die in der Wand befestigt sind. Un­nötige Kontakte mit anderen Flächen sind nicht ge­stattet. So dürfen sich die Mitarbeiter weder an die Wand anlehnen noch mit der Hand ins Gesicht oder an die Wand fassen. Die Türen zu dem Raum öffnen sich automatisch, sodass sie nicht berührt werden müssen. Bevor ein Mitarbeiter im Reinraum arbei­ten darf, wird er umfassend geschult und regelmä­ßig geprüft.

Nach der finalen Montage bildet die Pumpe mit dem Behältnis ein dichtabschließendes System, das vor Verunreinigungen sicher geschützt ist. Die weiteren Prozesse, wie Etikettierung, Verpackung und Auslie­ferung, müssen daher nicht mehr unter sterilen Be­dingungen durchgeführt werden.

HINWEIS: Braucht man ein Nasenspray vollständig auf, befindet sich am Ende häufig ein Rest im Behältnis, der sich nicht mehr zur Anwendung bringen lässt. Manch einer versucht dann, das Fläschchen zu öffnen. Da die Behältnisse für konservierungsmittelfreie Nasalia ein dichtabschlie­ßendes System bilden müssen, lassen sie sich aber nicht öffnen. Eventuell vorhandene Reste sind zusammen mit dem Fläschchen zu entsorgen.

Maximal erlaubte Partikelzahl pro m3

(gleich oder größer als die aufgeführte Größe)

* nicht festgelegt

Tab. 1 Klassifizierung der Reinheitsklasse gemäß EG-GMP-Leitfaden, Annex 1

Klasse Ruhezustand Betriebszustand ≥ 0,5 µm ≥ 5,0 µm ≥ 0,5 µm ≥ 5,0 µm

A 3.520 20 3.520 20

B 3.520 29 352.000 2.900

C 352.000 2.900 3.520.000 29.000

D 3.520.000 29.000 * *

Abb. 10 Arbeiten im Reinraum

Abb. 11 Fertig montierte Fläschchen auf dem Weg zur Etikettierung

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MODUL 3: ABGABE UND BERATUNG IN DER APOTHEKE

Diagnose: Um welche Art von Schnupfen handelt es sich?Erfragt werden sollten neben den aktuellen Symptomen auch die Dauer des Schnupfens, der Krank­heitsverlauf und die Begleitumstände. Lässt sich ein Zusammenhang mit der Jahreszeit oder anderen Faktoren, die als Auslöser in Frage kommen, herstellen?

Gibt es gerade eine Erkältungswelle oder hatte der Kunde Kontakt zu erkälteten Personen, ist die Wahr­scheinlichkeit, dass es sich um eine akute Rhinitis handelt, hoch. Sind die Symptome hingegen nach Kontakt mit oft allergieauslösenden Stoffen, z. B. Pollen oder Tierhaaren, aufgetreten, kann es sich um eine allergische Rhinitis handeln. Deutet alles auf eine akute Rhinitis hin, gilt es, ein geeignetes Produkt für die Selbstmedikation zu empfehlen.

Auswahl eines geeigneten ProduktsFür die Behandlung einer akuten Rhinitis eignen sich abschwellende Mittel z. B. mit dem Wirkstoff Xylometazolin, da sie die Nase schnell und effektiv befreien und Komplikationen somit verhindert wer­den können. Da ein Erkältungsschnupfen in der Regel nicht länger als eine Woche dauert, ist die Anwen­dung abschwellender Substanzen gut verträglich.

Falls zusätzlich Reizungen und Entzündungen der Nasenschleimhaut vorliegen, kann Xylometazolin in Kombination mit einem Mittel zur Förderung der Nasenschleimhautregeneration, wie z. B. Dexpanthenol, verwendet werden.

Dexpanthenol sorgt mit seiner entzündungshemmenden und wundheilungsfördernden Wirkung für eine schnelle Regeneration der durch die Schnupfenviren geschädigten Nasenschleimhaut. Aufgrund der guten Verträglichkeit gibt es Nasensprays mit Xylometazolin und Dexpanthenol auch für Kinder, wobei hier die Konzentration an Xylometazolin an die Bedürfnisse der Kinder angepasst wurde.

Altersgerechte Dosierung [6]

Insbesondere bei Kleinkindern unter zwei Jahren ist auf die Dosierung zu achten, damit es nicht zur Überdosierung und damit zu systemischen Nebenwirkungen kommt. Geeignet sind z. B. Nasentropfen mit 0,01 % Oxymetazolin oder 0,025 % Xylometazolin.

Für Kinder von zwei bis sechs Jahren gibt es u. a. Nasentropfen und ­sprays mit 0,025 % Oxymetazolin oder 0,05 % Xylometazolin. Letzteres gibt es als Nasenspray auch in einer Kombination mit dem wund­heilungsfördernden Wirkstoff Dexpanthenol. Ab einem Alter von sechs Jahren können Tropfen und Sprays mit 0,05 % Oxymetazolin oder 0,1 % Xylometazolin verwendet werden.

Empfehlung konservierungsmittelfreier Produkte

Bei der Empfehlung eines Präparates muss neben der Wirkung und Dosierung der Wirkstoffe auch die Verträglichkeit der sonstigen Inhaltsstoffe berücksichtigt werden. Das sehen auch die Kunden so. In

Im Beratungs-gespräch muss

zunächst geklärt werden, um welche Art von Schnupfen

es sich handelt.

Bei einer akuten Rhinitis können

abschwellende Mittel empfohlen werden.

Insbesondere bei Kindern unter zwei Jahren ist auf die

Dosierung zu achten.

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Bedenken wegen der Haltbarkeit und der

höhere Preis werden als Argumente gegen konservierungsmittel-

freie Präparate genannt.

Konservierungsmittel-freie Präparate sind

ebenso lange haltbar.

Eine schnelle Wirkung und gute Verträglich-keit sind den Kunden

wichtig.

einer Umfrage, bei der insgesamt 389 Anwender gefragt wurden, worauf sie bei der Verwendung von Nasensprays achten, gaben 56,8 % an, dass ihnen eine schnelle Wirkung wichtig ist. [26] 46,1 % achten zudem darauf, dass die Inhaltsstoffe möglichst schonend sind. Dass Konservierungsstoffe in Nasen­sprays Allergien hervorrufen und die Nasenschleimhaut schädigen können, haben viele schon einmal gehört (32,8 % bzw. 47,3 % der Befragten).

Vor diesem Hintergrund ist es fast erstaunlich, dass Nasenpräparate mit Konservierungsmitteln immer noch häufig verwendet werden. Offenbar sind sich viele des Ausmaßes der möglichen Schäden nicht bewusst. Hinzu kommt der Irrglaube, konservierungsmittelfreie Präparate seien weniger lange haltbar als Produkte mit Konservierungsstoffen. Ganze 55,6 % der befragten Kunden waren der Meinung, dass Konservierungsmittel die Haltbarkeit von Nasensprays verlängern. Dabei sind konservierungsmittelfreie Präparate ebenso lange haltbar, da der spezielle Aufbau der Behältnisse eine Verkeimung verhindert.

Ein weiterer Grund, sich für ein konservierungsmittelhaltiges Produkt zu entscheiden, ist offenbar der Preis. So wurden in einer Online­Befragung von insgesamt 100 PTA Bedenken wegen der Haltbarkeit sowie der höhere Preis als die häufigsten Gegenargumente bei der Empfehlung von konservierungsmit­telfreien Nasensprays genannt. [27]

Diese Ergebnisse zeigen, dass beim Thema Konservierungsmittel in Nasenpräparaten Informations­bedarf besteht. Hier kann in der Apotheke wichtige Aufklärungsarbeit geleistet werden. 43 % der befragten Kunden gaben an, die Empfehlung des Apothekers zu beachten. [26]

Die Bedenken bezüglich der Haltbarkeit konservierungsmittelfreier Präparate lassen sich leicht entkräften. Ein Vergleich der entsprechenden Gebrauchs­ oder Fachinformationen genügt. Die meisten Nasensprays (mit oder ohne Konservierungsstoffe) sind nach Anbruch sechs Monate haltbar.

Das Argument des höheren Preises ist zwar oft zutreffend, doch bei genauem Hinschauen zeigt sich, dass es auch sehr günstige konservierungsmittelfreie Präparate gibt. Vor dem Hintergrund der Allergie­gefahr und einer möglichen Schädigung der Nasenschleimhaut ist der geringe Mehrbetrag eine lohnende Investition.

0 10 20 30 40 50 60 70

Bedenken wegen Haltbarkeit

Der höhere Preis wird vom Kunden abgelehnt

Zweifel an der Wirksamkeit

Keine 65 %

11 %

24 %

25 %

Abb. 12 Gegenargumente bei der Empfehlung konservierungsmittelfreier Nasensprays (Online-Befragung von 100 PTAs) [27]

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ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

–AKUTE RHINITIS–

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Geringe Mehrkosten für Konservierungsmittelfreiheit

Die Herstellung von konservierungsmittelfreien Nasensprays und ­tropfen ist sehr aufwendig (siehe Modul 2) und damit teurer als die Herstellung von Präparaten, bei denen das Wachstum von Keimen durch den Zusatz von Konservierungsmitteln verhindert wird. Dies schlägt sich im Preis der Präparate nieder. So gehören konservierungsmittelfreie Präparate in der Regel nicht zu den günstigsten und im Falle einer GKV­Erstattung (maximal bis zum vollendeten 18. Lebensjahr möglich) fallen Kosten trotz Gebührenbefreiung an, da konservierungsmittelfreie Präparate nicht zum Festbetrag angeboten werden (können).

Allerdings dürften viele Kunden bereit sein, etwas mehr für ein konservierungsmittelfreies Mittel zu bezahlen bzw. bei einem GKV­Rezept für ihr Kind einen Mehrkostenbeitrag zu leisten, wenn sie wüssten, dass Konservierungsmittel Allergien auslösen und die Nasenschleimhaut schädigen können – zumal es sich um geringe Beträge handelt.

BEISPIEL: Xylometazolin-Nasensprays auf GKV-Rezept

Bei Verordnungen von Nasensprays für Kinder erstatten die gesetzlichen Krankenkassen nur den Fest­betrag. Dieser liegt für 10 ml Nasenspray mit 0,05 % Xylometazolin bei 1,94 m (Stand 15.08.2017). Es gibt zwei Präparate, die zum Festbetrag erhältlich sind, beide enthalten jedoch Konservierungsstoffe. Vergleichbare Nasensprays ohne Konservierungsstoffe liegen über dem Festbetrag. Der VK des güns­tigsten Nasensprays ohne Konservierungsstoffe liegt bei 2,40 m. Das heißt, die Eltern eines betroffenen Kindes müssten lediglich 0,46 m (2,40 m –1,94 m) aufzahlen.

Ähnlich gering sind die Preisunterschiede für Selbstzahler. Vor dem Hintergrund der aufwendigen Pro­duktion, die dafür aber einen Verzicht auf Konservierungsmittel ermöglicht, kann also auch das Preisar­gument entkräftet werden.

Tropfen oder Spray? [1,2,5,6]Tropfen oder Spray – in den meisten Fällen ist das eine Geschmacksfrage. Allerdings nicht bei Säuglingen – bei ihnen sind Nasensprays kontraindiziert, da sie zu Atemstörungen und aufgrund möglicher Überdo­sierungen zu gefährlichen systemischen Nebenwirkungen führen können. Bei Kindern unter zwei Jahren werden daher Tropfen angewendet, wobei auf eine altersgerechte Dosierung zu achten ist.

Konservierungsmittel-freie Präparate sind oft nur geringfügig

teurer.

Bei Kindern unter zwei Jahren sind Nasen-

sprays kontraindiziert.

Abb. 13 Auszug aus der Lauer-Taxe online, Stand15.08.2017

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Ab einem Alter von zwei Jahren können sowohl Tropfen als auch Sprays in altersgerechter Dosierung angewendet werden. Sprays haben den Vorteil, dass sich die feinen Tröpfchen gut in der Nase verteilen und sie damit die Schleimhaut großflächig erreichen. Zudem sind sie meist einfach in der Anwendung. Tropfen haben den Vorteil, dass sie bei richtiger Anwendung die Eustachische Röhre besser erreichen.

Eine ausführlichere Darstellung der Vor­ und Nachteile von Tropfen und Sprays finden Sie in Modul 2 dieser Fortbildung.

Tipps zur Anwendung von abschwellenden Nasentropfen und -sprays

Bei der Abgabe von abschwellenden Nasensprays und ­tropfen sollte der richtige Umgang mit diesen immer erläutert werden.

Folgende Hinweise können im Beratungsgespräch gegeben werden:

� Aus hygienischen Gründen sollten die Sprüh­ oder Tropfflaschen immer nur von einer Person verwendet werden.

� Vor der Anwendung sollte die Nase geschnäuzt werden, um möglichst viel Sekret zu entfernen, sodass das Nasenspray bzw. die Tropfen die Schleimhaut gut erreichen.

� Es genügt dann jeweils ein Sprühstoß bzw. ein Tropfen in jedes Nasenloch.

� Bei der Anwendung von Tropfen muss der Kopf nach hinten gelegt werden. Anschließend sollte der Kopf nach vorne und nach links und rechts bewegt werden, damit sich die Lösung gleichmäßig in der Nasenhöhle verteilt.

� Säuglinge nimmt man für die Anwendung von Nasentropfen am besten auf den Arm. Bei leicht zurückgelegtem Kopf lassen sich die Tropfen gut einbringen.

� Pipetten und Quetschflaschen sollten zusammengedrückt aus dem Nasenloch gezogen werden, um eine Kontamination durch Einsaugen von Nasensekret zu vermeiden.

� Nach der Anwendung von Nasentropfen oder eines Sprays sollte der Teil, der in die Nase eingeführt wird (Pipette, Sprühkopf) gereinigt werden, um aufgebrachte Keime wieder zu entfernen.

� Um die Dosis der abschwellenden Substanzen möglichst gering zu halten, kann auch Erwachsenen der Tipp gegeben werden, es zunächst mit einer Kinderdosierung zu versuchen und/oder das Mittel abwechselnd immer nur in ein Nasenloch zu geben. Reicht die Wirkung nicht aus, kann das Mittel immer noch in beide Nasenlöcher gegeben und/oder eine höhere Dosierung verwendet werden.

� Abschwellende Mittel sollten aufgrund des möglichen Gewöhnungseffekts (Rebound-Phänomen) nicht länger als sieben Tage angewendet werden. Dauern die Beschwerden länger an, sollte ein Arzt aufgesucht werden, um die Ursache festzustellen.

� Zusätzlich zur Anwendung eines abschwellenden Mittels können befeuchtende und schleimhaut­ protektive Mittel eingesetzt werden, um die Regeneration der Nasenschleimhaut zu fördern.

� Eine Nasenspülung mit einer Salzlösung hilft, zähflüssigen Schleim zu lösen und zu entfernen. So werden auch Krankheitserreger hinausbefördert. Gleichzeitig wird die Nasenschleimhaut befeuchtet.

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ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

–AKUTE RHINITIS–

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BERATUNGSTIPP: Nase spülen

�Zum Spülen der Nase sollte nur speziell dafür vorgesehenes Salz verwendet werden, denn Haushaltssalz kann Fließmittelzusätze enthalten, die die Schleimhaut reizen.

�Beim Spülen der Nase muss der Mund weit offen gehalten werden, damit die Salzlösung nicht in den Rachen läuft.

� Ist die Nase stark verstopft, kann sie vor der Nasenspülung mithilfe eines abschwellenden Mittels geöffnet werden.

Grenzen der SelbstmedikationEin Erkältungsschnupfen ist meist banal und dauert nicht länger als eine Woche. Dauern die Beschwerden länger an, sollte aber ein Arzt konsultiert werden, um die Ursache festzustellen. Auch bei Symptomen, die auf eine andere Erkrankung als einen Erkältungsschnupfen bzw. Komplikationen hindeuten, sollte eine ärztliche Untersuchung erfolgen.

Gelbes oder grünliches Nasensekret sowie Schmerzen und ein Druckgefühl im Gesicht oder Kopf können Zeichen einer bakteriellen Infektion der Nasennebenhöhlen sein. Löst sich bei Husten gelbliches Sekret, kann dies ebenfalls auf eine bakterielle Infektion hinweisen.

Bei Symptomen wie hohes Fieber, Kopf­ und Gliederschmerzen, Schüttelfrost oder Schmerzen in der Brust könnte eine Grippe oder gar eine Lungenentzündung vorliegen. Dies sollte in jedem Fall ärztlich abgeklärt werden, damit ggf. frühzeitig eine geeignete Therapie eingeleitet werden kann. Eventuell ist es sinnvoll, den Patienten mit Arzneimitteln zu versorgen, um die Zeit bis zum Arztbesuch zu überbrücken.

Empfehlungen zur Abgabe und Beratung auf einen BlickDas folgende Schaubild zeigt die Empfehlungen der Bundesapothekerkammer zur Information und Bera­tung im Rahmen der Selbstmedikation bei der Eigendiagnose Schnupfen. [28]

Bei andauernden oder untypischen

Symptomen sollte ein Arzt konsultiert

werden.

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(1) Zunächst stellt sich immer die Frage, für wen das Arzneimittel ist (Kunde selbst/Angehöriger). Ggf. sind individuelle Faktoren wie Alter (z. B. bei Kindern) und Begleitumstände (z. B. Schwangerschaft, Stillzeit, Allergie) zu berücksichtigen.

(2) Mithilfe der folgenden Fragen lässt sich die Eigendiagnose bzw. die Sinnhaftigkeit des Arzneimittelwunsches beurteilen: ­ Welche Symptome liegen vor? Sprechen diese für einen Erkältungsschnupfen oder eine andere Erkrankung? ­ Seit wann liegen die Beschwerden vor? ­ Gibt es weitere Begleitsymptome, z. B. Fieber, Schmerzen? ­ Wurde bereits ein Arzt konsultiert? ­ Liegen weitere Erkrankungen vor, die es bei einer Selbstmedikation zu berücksichtigen gilt? ­ Werden regelmäßig oder akut Arzneimittel angewendet? Welche?

(3) Grenzen der Selbstmedikation sind z. B. überschritten bei ­ andauernden Beschwerden/chronischer Rhinitis ­ Verdacht auf allergische Rhinitis ­ hohem oder langanhaltendem Fieber ­ eitrigem Sekret ­ Nebenhöhlenentzündung ­ Verdacht auf arzneimittelbedingte Rhinitis

(4) Kriterien zur Auswahl eines geeigneten Arzneimittels: ­ Art der Beschwerden ­ Geeigneter Wirkstoff/Wirkstoffkombination ­ Individuelle Faktoren (Alter, Allergien, Unverträglichkeiten) ­ Andere Erkrankungen, Begleitmedikation ­ Geeignete oder bevorzugte Darreichungsform

(5) Informationsinhalte am Beispiel Xylometazolin-Nasenspray ­ Dosierung: 2–3 mal täglich 1 Sprühstoß pro Nasenloch ­ Anwendungshinweis: Kopf zurück und anschließend nach vorne beugen ­ Behandlungsdauer max. 5 Tage ­ Wirkung: abschwellend ­ Mögliche Nebenwirkungen, z. B. Schleimhauttrockenheit, bei Daueranwendung Rhinitis medicamentosa ­ Kühl und trocken lagern ­ Haltbarkeit nach Anbruch ­ Arztbesuch bei anhaltenden Beschwerden (> 7 Tage) oder Verschlechterung der Symptome

(6) Unterstützende Maßnahmen/Zusatzempfehlungen, z. B.: ­ Aufkleber mit Dosierungs­ und/oder Anwendungshinweisen ­ Informationsmaterialien/Patienteninformation ­ Maßnahmen zur Schleimhautbefeuchtung

(7) Bei Abgabe des Arzneimittels sollte immer nachgefragt werden, ob der Patient noch weitere Fragen hat.

Abb. 14 Information und Beratung im Rahmen der Selbstmedikation bei der Eigendiagnose Schnupfen [28]

Patient mit konkretem Arzneimittelwunsch bzw. Eigendiagnose Schnupfen1

Hinterfragen des Arzneimittelwunsches bzw. der Eigendiagnose2

Selbstmedikation möglich/zu empfehlen3

Auswahl eines geeigneten Arzneimittels4

Information über das Arzneimittel5

Unterstützende Maßnahmen6

Keine Arzneimittelabgabe

Abgabe des Arzneimittels7

Arztbesuch empfehlen

Abgabe eines Arzneimittels in ange- messener Menge bis zum Arztbesuch?

NEIN

JA

NEIN

JA

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ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

–AKUTE RHINITIS–

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Prophylaxe: Erkältungsschnupfen vermeidenNicht nur bereits an einer akuten Rhinitis erkrankte Personen profitieren von einer fachkundigen Bera­tung in der Apotheke. Gerade in der Erkältungssaison ist es sinnvoll, Kunden Tipps zur Prophylaxe zu geben, damit sie sich gar nicht erst anstecken. Der beste Schutz gegen eine Infektion mit Schnupfenviren ist ein gut funktionierendes Immunsystem, das es daher zu stärken gilt. Daneben gibt es weitere prä­ventive Maßnahmen, die die Wahrscheinlichkeit einer Infektion reduzieren.

Stärkung des Immunsystems [3]

Neben einer ausgewogenen Ernährung und viel Bewegung sind auch Entspannung und ausreichend Schlaf wichtig für das Immunsystem.

Für eine ausgewogene Ernährung sollte täglich Gemüse, Obst und Vollkornprodukte verzehrt werden. So wird der Körper mit ausreichend Vitaminen und Mineralstoffen versorgt, die für eine gute Immunabwehr benötigt werden. Bewegung, insbesondere Ausdauersport, leistet ebenfalls einen wichtigen Beitrag. Zusätzlich kann das Immunsystem durch wechselnde Temperaturreize (Sauna, Wechselduschen) abge­härtet werden.

Belastungen wie Stress oder zu wenig Schlaf schwächen das Immunsystem. Daher sollte auf ausrei­chend Ruhe und Entspannung geachtet werden.

Weitere präventive Maßnahmen

Gerade im Winter kommen wir ständig mit Schnupfenviren in Kontakt. Um eine Infektion zu vermeiden, sind Hygienemaßnahmen wie Händewaschen vor dem Essen und nach dem Toilettenbesuch wichtig. Dadurch kann die Infektionsgefahr deutlich verringert werden.

Übertreiben sollte man es mit der Hygiene allerdings nicht. Der Kontakt mit Krankheitserregern ist wichtig, um das Immunsystem zu trainieren. Das gilt insbesondere für Kinder, deren Immunabwehr sich noch entwickeln muss.

Wichtig für die Abwehr von Schnupfenviren ist zudem, dass die mukoziliäre Clearance der Nasen­schleimhäute gut funktioniert. Gerade im Winter halten wir uns jedoch häufig in geschlossenen Räumen mit trockener Heizungsluft auf, sodass die Schleimhäute leicht austrocknen können. Vermeiden lässt sich das z. B., indem man eine Schale mit Wasser auf die Heizung stellt. Regelmäßiges Lüften und Auf­enthalte an der frischen Luft tragen ebenso dazu bei, die Schleimhäute feucht zu halten.

Ansteckung anderer vermeiden

Hat einen dennoch eine Erkältung erwischt, gilt es, eine Ansteckung weiterer Personen zu verhindern, indem die oben genannten Hygienemaßnahmen berücksichtigt werden. Da vor allem beim Husten und Niesen virentragende Sekrettröpfchen freigesetzt werden, sollten auch hier bestimmte Verhaltens­ regeln beachtet werden. Beim Husten und Niesen die Hand vor den zu Mund halten ist z. B. kontrapro­duktiv. Denn über die Hände verteilt man die Viren weiter auf Gegenstände und andere Personen. Besser ist es, ins Leere zu husten oder zu niesen, sofern sich niemand in unmittelbarer Nähe befindet. Andernfalls kann in die Armbeuge geniest oder gehustet werden.

Der beste Schutz vor Infektionen ist ein gut

funktionierendes Immunsystem.

Hygiene ist wichtig zur Vermeidung von

Infektionen.

Zudem ist es wichtig, die Schleimhäute feucht zu halten.

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Exemplarisches Beratungsgespräch = Kunde = Apothekenmitarbeiter

Das folgende Gesprächsbeispiel soll Anregungen liefern, wie die Beratung in der Apotheke gestaltet werden kann. In der Praxis gilt es immer, die individuelle Situation des Kunden zu erfragen und die Beratungsinhalte entsprechend anzupassen.

In dem gewählten Beispiel fragt ein Kunde nach einem Nasenspray, der offensichtlich unter einem Erkältungsschnupfen leidet.

Guten Tag. Ich bin erkältet und habe eine verstopfte Nase. Daher benötige ich ein Nasenspray.

Sind Sie sicher, dass es ein akuter Erkältungsschnupfen ist oder kommen auch andere Ursachen wie z. B. eine Allergie in Frage? Wie lange haben sie den Schnupfen schon?

Erst seit gestern. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mich bei meinem Kollegen angesteckt habe. Der ist auch erkältet.

Haben Sie noch weitere Symptome?

Anfangs hatte ich etwas Halsschmerzen. Ein wenig schlapp fühle ich mich auch. Aber vor allem stört mich die verstopfte Nase.

Es handelt sich offenbar tatsächlich um einen Erkältungsschnupfen. Ich empfehle Ihnen die Anwendung eines Nasensprays oder von Nasentropfen, die dafür sorgen, dass die Nasenschleim­häute abschwellen. Dann können Sie wieder frei durch die Nase atmen.

Machen diese abschwellenden Nasensprays nicht süchtig?

Nur wenn sie dauerhaft angewendet werden. Ein Erkältungsschnupfen dauert aber nur wenige Tage. Bei dieser Anwendungsdauer sind abschwellende Mittel gut verträglich. Halten die Symptome länger als sieben Tage an, sollten Sie einen Arzt aufsuchen, um die Ursache abklären zu lassen. Denn dann handelt es sich vermutlich doch nicht um einen Erkältungsschnupfen.

Gut. Können Sie mir ein günstiges Spray raussuchen?

Ich empfehle Ihnen ein Nasenspray, das keine Konservierungsmittel enthält. Das ist nicht das allergünstigste, aber es kostet nur wenig mehr. Konservierungsmittel in Nasensprays können Allergien hervorrufen und die Nasenschleimhaut schädigen. Deshalb sollten Sie den geringen Mehrbetrag investieren.

Ohne Konservierungsstoffe ist das Spray aber sicher nicht so lange haltbar, oder?

Doch. Die Sprühflasche besitzt einen speziellen Aufbau, der das Eindringen von Keimen verhindert. Daher ist es wie konservierungsmittelhaltige Sprays sechs Monate nach Anbruch haltbar.

Und wie häufig kann bzw. sollte ich das Spray anwenden?

Die abschwellende Wirkung setzt sehr schnell ein und hält über mehrere Stunden an. Es reicht daher, wenn Sie zwei bis drei Mal täglich einen Sprühstoß in jedes Nasenloch geben. Denken Sie daran, das Spray nicht länger als sieben Tage anzuwenden.

Ja, vielen Dank.

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ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

–AKUTE RHINITIS–

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Glossar Adrenerg Auf Adrenalin (und Noradrenalin) reagierend

Alveolen Lungenbläschen, Ort des Gasaustausches

Axon Fortsatz einer Nervenzelle, der elektrische Nervenimpulse weiterleitet

Bowmansche Drüsen Drüsenzellen, die den Schleim der Riechschleimhaut produzieren

Bulbus olfactorius Primäres Riechzentrum

Cavum nasi Nasenhaupthöhle

Cellulae ethmoidales Siebbeinzellen, bilden die Siebbeinhöhlen

Choanen Öffnungen der Nasenhaupthöhle in den Rachen

Coenzym A Coenzym, das am Energiestoffwechsel beteiligt ist

Conchae nasales Nasenmuscheln, unterteilen die Nasenhöhle in drei Nasengänge

Dekongestiva Abschwellende Mittel

Ductus nasofrontalis Ausführgang der Stirnhöhle zur Nase

Ductus nasolacrimales Ausmündung des Tränennasengangs

Endokrin Auf das Hormonsystem bezogen

Enzephalitis Entzündung des Gehirns

Eustachische Röhre Verbindungsgang zwischen Nasenhöhle und Mittelohr

Gelschicht Dickflüssige Schleimschicht der respiratorischen Nasenschleimhaut

Gustatorisches Riechen Durch die Riechschleimhaut vermittelte Geschmackswahrnehmung

Idiopathisch Ohne bekannte Ursache, selbstständiger Krankheitszustand

Isoton Mit demselben osmotischen Druck

Kolumella Nasensteg, Nasenscheidewand im Bereich des Nasenvorhofs

Kongestion Schwellung

Kontaktinfektion = Schmierinfektion; Erregerübertragung über Spuren von Körperausscheidungen, auch über kontaminierte Gegenstände

Laryngitis Kehlkopfentzündung

Limen nasi Nasenklappe, engster Bereich der Nase

Meningitis Hirnhautentzündung

Mukolytika Schleimlösende Mittel

Mukosa Schleimhaut

Mukoziliäre Clearance Reinungungsmechanismus der Schleimhaut, mit dem Fremdpartikel abtransportiert werden

Nasale Obstruktion Verstopfung der Nase

Neutrophile Granulozyten Spezielle weiße Blutkörperchen, die Krankheitserreger durch Phagozytose oder durch Exozytose bakterizider Stoffe bekämpfen

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Obligat Verpflichtend, unerlässlich, ausschließlich

Obstruktion Verengung, Verstopfung

Olfaktorische Nasenschleimhaut Bereich der Nasenschleimhaut, der für die Riechwahrnehmung verantwortlich ist

Oligodynamisch Schädigende Wirkung von Metall­Kationen (positiv elektrisch geladene Metallionen) auf lebende Zellen

Ostien Öffnungen der Nasennebenhöhlen in die Nasenhaupthöhle

Ostium maxillare Öffnung der Kieferhöhlen in die Nase

Pathogen Potenziell krankmachend

Periostitis Entzündung der Knochenhaut

Pharyngitis Entzündung des Rachens

Rebound-Phänomen Effekt bei längerer Anwendung von abschwellenden Nasalia: Nach der Anwendung kommt es zu einer erneuten, verstärkten Schleimhautschwellung

Respiratorische Nasenschleimhaut Bereich der Nasenschleimhaut, der für die Reinigung und Konditionierung der Atemluft verantwortlich ist

Rhinorrhoe Starke Absonderung von Nasensekret

Rhinosinusitis Entzündung der Nasenschleimhaut und der Nasennebenhöhlen

Schmierinfektion = Kontaktinfektion; Erregerübertragung über Spuren von Körper aus­ scheidungen, auch über kontaminierte Gegenstände

Sekretolytika Schleimlösende Mittel

Septum nasi Nasenscheidewand, trennt die Nasenhaupthöhle in zwei Nasengänge

Sinus ethmoidales Siebbeinhöhle, Nasennebenhöhle oberhalb der Kieferhöhlen

Sinus frontalis Stirnhöhle, Nasenhöhle oberhalb der Augen

Sinus maxillaris Kieferhöhle, Nasennebenhöhle seitlich der Nase

Sinus sphenoidales Keilbeinhöhle, Nasennebenhöhle hinter den Siebbeinhöhlen

Sinusitis Nasennebenhöhlenentzündung

Solschicht Dünnflüssige Schleimschicht der respiratorischen Nasenschleimhaut

Tonsillitis Mandelentzündung

Tröpfcheninfektion Erregerübertragung über kleinste Wassertröpfchen der Atemluft

Vasokonstriktion Verengung der Blutgefäße

Vasomotorisch Die Bewegung der Blutgefäße betreffend

Vestibulum nasi Nasenvorhof, Bereich vom Nasenloch bis zur Nasenklappe

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ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

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Quellen

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[2] Meyer­Chlond, G. Fortbildung Schnupfen. Nase zu, und nun? DIE PTA IN DER APOTHEKE, Dezember 2013, 34–42. www.pta­aktuell.de

[3] Becker, W., Naumann, H. H., Pfaltz, C. R. Hals­Nasen­Ohren­Heilkunde. 4. Auflage, Georg Thieme Verlag Stuttgart, New York 1989.

[4] Glowania, A. et al. Rhinitis – allergisch oder nicht? Allergo­Journal 2012; 21 (8): 486–497.

[5] Wolf, E. Rhinitits. Verschnupft und zugeschwollen. Pharmazeutische Zeitung 06/2008.

[6] Vollmer, H. Erkältung bei Kindern. Sekretstau verhindern. Pharmazeutische Zeitung 11/2014.

[7] Padberg, J., Bauer, T. Erkältungskrankheiten. Deutsche Medizinische Wochenschrift 2006; 131: 2341–2349.

[8] Seifert, C. Banale Atemwegsinfekte symptomatisch behandeln. Pharmazeutische Zeitung 42/2007.

[9] Handley, J. O., Wenzel, R. P., Gwaltney, J. M. (1973) Transmission of rhinoviruses colds by self­inoculation. The New England Journal of Medicine 1973; 288: 1361–1364.

[10] Pappas, D. E., Hendley, J. O. Transmission of colds. In: Eccles, R., Weber, O. (Ed) Common Cold. Birkhäuser 2009.

[11] Farrer, F. Can we make our home environment healthy? Professional Nursing Today 2010; 14: 12–14.

[12] Eccles, R. Mechansims of symptoms of the common cold and influenza. British Journal of Hospital Medicine 2007; 68: 71–75.

[13] Ramey, J. T. et al. Rhinitis Medicamentosa. J Investig Allergol Clin Immunol 2006; 16 (3): 148–155.

[14] Mutschler, E. et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie. 8. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 2001.

[15] GFI. Gesellschaft für medizinische Information mbH. Selbstmedikation bei Schnupfen. Apotheken­Depesche 1/2006. www.gfi­online.de/artikel/40936

[16] Klöcker, N. et al. Die schleimhautprotektive Wirkung von Dexpanthenol in Nasensprays. Erste Ergebnisse zytoto­xischer und zilientoxischer Versuche in vitro. Laryngo­Rhino­Otologie 2003; 82 (3): 177–182.

[17] Mickenhagen, O. et al. Der Einfluss verschiedener α­Sympathomimetika und Benzalkoniumchlorid auf die Zilien­schlagfrequenz humaner Flimmerzellen in vitro. Laryngo­Rhino­Otologie 2008; 87 (1): 30–38.

[18] Dorn, M. et al. Verträglichkeit und Wirksamkeit von Oxymetazolin und Xylometazolin bei der Behandlung der akuten Rhinitis. HNO 2003; 51 (10): 794–799.

[19] Verse, Th. et al. Die Verträglichkeit von Nasalia unter besonderer Berücksichtigung des Einflusses von Konser­vierungsmitteln und physikalisch­chemischen Parametern. Laryngo­Rhino­Otologie 2003; 82 (11): 782–789.

[20] Klöcker, N., Rudolph, P. Konservierte Nasensprays sind obsolet. Pharmazeutische Zeitung 21/2000.

[21] Beise, U. Benzalkoniumchlorid hat ein erhebliches Nebenwirkungspotenzial. Ein Gespräch mit Jean­Pierre Kapp über den Einsatz von Nasalsprays ohne Konservierungsmittel. Ars Medici 3/2004: 1070–1071.

[22] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Bescheid vom 05.12.2003. http://www.bfarm.de/Shared­Docs/Downloads/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Risikoinformationen/RisikoBewVerf/benzalkoniumchlorid.pdf?__blob=publicationFile&v=2

[23] URSATEC Verpackungs­GmbH. 3K­System Produktprofil. www.ursatec.de

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[24] Bagel, S., Wiedemann, B. Extension of in­use stabilitiy of preservative­free nasalia. European Journal of Pharmaceutics and Biopharmaceutics 2004; 57 (2): 353–358.

[25] EG­GMP Leitfaden für die Gute Herstellungspraxis, Annex I: http://www.bmg.bund.de/fileadmin/redaktion/pdf_gesetze/bekanntmachungen/Anhang­1­GMP­Leitfaden.pdf

[26] GfK Healthcare 2012. Classic Bus: ratiopharm market­research for nasal spray.

[27] GfK Healthcare 2012. Medic Bus: PTAs, Thema: Nasensprays.

[28] Bundesapothekerkammer, Arbeitshilfe zur Qualitätssicherung: Information und Beratung im Rahmen der Selbst­medikation am Beispiel der Eigendiagnose Schnupfen. Anwendungsbeispiel zu den Leitlinien: Information und Beratung des Patienten bei der Abgabe von Arzneimitteln – Selbstmedikation. Stand der Revision: 13.11.2013.

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Notizen

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

–AKUTE RHINITIS–