zukunftssicher bauen - die sicht des bundesbauministeriums

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279 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Mauerwerk 18 (2014), Heft 5 Fachthemen DOI: 10.1002/dama.201400635 Hans-Dieter Hegner Zukunftssicher bauen – die Sicht des Bundesbauministeriums Das neu gebildete Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicher- heit wird aufbauend auf den Forderungen des Koalitionsvertrages der aktuellen Bundes- regierung rasch ein „Aktionsprogramm Klimaschutz“ vorlegen, um zusätzliche CO 2 -Ein- sparungen zu generieren. Gleichzeitig soll mit dem „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ dafür gesorgt werden, dass Wohnen bezahlbar bleibt und mehr Sozialwohnungen insbesondere in Ballungsräumen errichtet werden. Beides gelingt nur, wenn konsequent innovative Ansätze beim Wohnungsbau und dem energieeffizienten und nachhaltigen Bauen umgesetzt werden. Die Forschungsinitiative Zukunft Bau leistet dabei umfang- reiche Unterstützung. Die aktuelle Förderrichtlinie wurde am 28. Juli 2014 in Kraft gesetzt. Building for the future - the view of the Federal Building Ministry. The new Federal Min- istry for the Environment, Nature Conservation, Building and Nuclear Safety will shortly submit a Climate Action Programme 2020 based on the Coalition Agreement of the current government to achieve additional CO 2 savings. At the same time the Alliance for Afforda- ble Housing and Building aims to keep housing affordable and ensure that more social housing is built, in particular in conurbations. These two goals can only be attained if we consistently implement innovative approaches in housing development and energy-effi- cient, sustainable building. The research initiative Future Building (Zukunft Bau) makes a vital contribution to this. The current funding guidelines entered into force on 28 July 2014. 1 Wirtschaftliche und klimapolitische Ausgangslage sowie aktuelle Reak- tionen im Baubereich Die Bau-, Wohnungs- und Immobili- enwirtschaft ist ein Schwergewicht unserer Volkswirtschaft und steht in vielfältigen Wechselbeziehungen mit Maßnahmen und Zielen der Nachhal- tigkeitsstrategie der Bundesregierung. 55 % aller Investitionen werden im Gebäudebereich getätigt. Die Bau- wirtschaft trägt in der gesamten Wert- schöpfungskette mit 11 % zur Produk- tion in Deutschland bei und vereint dabei 12 % aller sozialversicherungs- pflichtigen Beschäftigten. Der Gebäu- debestand ist mit etwas mehr als einem Drittel der größte Energieverbraucher der Volkswirtschaft und damit auch einer der Sektoren, die für den höchs- ten CO 2 -Ausstoß verantwortlich sind. Etwa 46 % der von Privathaushalten verursachten CO 2 -Emissionen sind auf Heizung und Warmwasserberei- tung zurückzuführen. Der Gebäude- lich die Nachfrage nach Immobilien, sondern erhöhen sich auch die Mieten aufgrund der Verknappung des Woh- nungsangebots in den entsprechen- den Regionen. Diese Ausgangslage stellt die Bun- desregierung vor komplizierte Heraus- forderungen. Ein besonderer Schwer- punkt der Bundesregierung liegt des- halb ohne Zweifel auf der Reaktion auf den Klimawandel und der damit verbundenen Verbesserung der Ener- gieeffizienz. Die Ziele, die sich der EU- Rat vorgegeben hat, sind ehrgeizig: So sollen die CO 2 -Emission bis 2020 ge- genüber 1990 um 20 % gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Primärenergieverbrauch bis 2020 auf 20 % erhöht werden. Auch der für 2020 prognostizierte Energie- verbrauchs soll um 20 % verringert werden. Im Energiekonzept vom 28. 09. 2010 formulierte die Bundesregie- rung deshalb Leitlinien für eine um- weltschonende, zuverlässige und be- zahlbare Energieversorgung und be- schreibt erstmalig den Weg in das Zeitalter erneuerbarer Energien. Ge- genüber dem Jahre 2008 soll bis 2020 der Primärenergieverbrauch um 20 % und bis 2050 um 50 % sinken, der An- teil erneuerbarer Energien soll bis 2050 auf 60 % erhöht werden. Damit können die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis 2050 um mindes- tens 80 % im Vergleich zum Jahre 1990 gemindert werden. Das Zwi- schenziel, was sich die Bundesregie- rung hier gesetzt hat, ist die CO 2 -Emis- sion bis 2020 um 40 % zu senken. Bis 2012 konnten die Treibhausgasemissi- onen in Deutschland um knapp 25 % gegenüber dem Stand von 1990 ge- senkt werden (Bild 1). Eine erste Einschätzung im Jahre 2013 ergab, dass bis 2020 ein Rück- sektor ist jedoch nicht nur für die Energieeffizienz und den Klimaschutz interessant. Auch die Verbesserung der Rohstoffproduktivität, die Sen- kung der Flächeninanspruchnahme und die Gestaltung des demografi- schen Wandels werden maßgeblich von der Bauwirtschaft mitbestimmt. Auf der anderen Seite rückt die Be- zahlbarkeit des Wohnens stärker in den Fokus. Seit 2009 ziehen die Wohnkosten zum Teil deutlich an. Trotz insgesamt rückläufiger Einwoh- nerzahlen in Deutschland weisen die Städte, insbesondere die Großstädte deutlich steigende Einwohnerzahlen auf. Steigende Mobilitätskosten ma- chen das Wohnen in den Städten für den Zuzug gut verdienender Arbeit- nehmer attraktiver. Aber auch für an- dere Bevölkerungsgruppen, wie Stu- denten und Senioren werden Städte aufgrund der vielfältigen Bildungs-, Freizeit-, Kultur- und Gesundheitsan- gebote interessanter. Mit dem verstärk- ten Zuzug steigt nicht nur grundsätz-

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Page 1: Zukunftssicher bauen - die Sicht des Bundesbauministeriums

279© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Mauerwerk 18 (2014), Heft 5

Fachthemen

DOI: 10.1002/dama.201400635Hans-Dieter Hegner

Zukunftssicher bauen – die Sicht des Bundesbauministeriums

Das neu gebildete Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicher-heit wird aufbauend auf den Forderungen des Koalitionsvertrages der aktuellen Bundes-regierung rasch ein „Aktionsprogramm Klimaschutz“ vorlegen, um zusätzliche CO2-Ein-sparungen zu generieren. Gleichzeitig soll mit dem „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ dafür gesorgt werden, dass Wohnen bezahlbar bleibt und mehr Sozialwohnungen insbesondere in Ballungsräumen errichtet werden. Beides gelingt nur, wenn konsequent innovative Ansätze beim Wohnungsbau und dem energieeffizienten und nachhaltigen Bauen umgesetzt werden. Die Forschungsinitiative Zukunft Bau leistet dabei umfang-reiche Unterstützung. Die aktuelle Förderrichtlinie wurde am 28. Juli 2014 in Kraft gesetzt.

Building for the future - the view of the Federal Building Ministry. The new Federal Min-istry for the Environment, Nature Conservation, Building and Nuclear Safety will shortly submit a Climate Action Programme 2020 based on the Coalition Agreement of the current government to achieve additional CO2 savings. At the same time the Alliance for Afforda-ble Housing and Building aims to keep housing affordable and ensure that more social housing is built, in particular in conurbations. These two goals can only be attained if we consistently implement innovative approaches in housing development and energy-effi-cient, sustainable building. The research initiative Future Building (Zukunft Bau) makes a vital contribution to this. The current funding guidelines entered into force on 28 July 2014.

1 Wirtschaftliche und klimapolitische Ausgangslage sowie aktuelle Reak-tionen im Baubereich

Die Bau-, Wohnungs- und Immobili-enwirtschaft ist ein Schwergewicht unserer Volkswirtschaft und steht in vielfältigen Wechselbeziehungen mit Maßnahmen und Zielen der Nachhal-tigkeitsstrategie der Bundesregierung. 55 % aller Investitionen werden im Gebäudebereich getätigt. Die Bau-wirtschaft trägt in der gesamten Wert-schöpfungskette mit 11 % zur Produk-tion in Deutschland bei und vereint dabei 12 % aller sozialver siche rungs-pflichtigen Beschäftigten. Der Gebäu-debestand ist mit etwas mehr als einem Drittel der größte Energieverbraucher der Volkswirtschaft und damit auch einer der Sektoren, die für den höchs-ten CO2-Ausstoß verantwortlich sind. Etwa 46 % der von Privathaushalten verursachten CO2-Emissionen sind auf Heizung und Warmwasserberei-tung zurückzuführen. Der Gebäude-

lich die Nachfrage nach Immobilien, sondern erhöhen sich auch die Mieten aufgrund der Verknappung des Woh-nungsangebots in den entsprechen-den Regionen.

Diese Ausgangslage stellt die Bun-desregierung vor komplizierte Heraus-forderungen. Ein besonderer Schwer-punkt der Bundesregierung liegt des-halb ohne Zweifel auf der Reaktion auf den Klimawandel und der damit verbundenen Verbesserung der Ener-gieeffizienz. Die Ziele, die sich der EU-Rat vorgegeben hat, sind ehrgeizig: So sollen die CO2-Emission bis 2020 ge-genüber 1990 um 20 % gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Primärenergieverbrauch bis 2020 auf 20 % erhöht werden. Auch der für 2020 prognostizierte Energie-verbrauchs soll um 20 % verringert werden. Im Energiekonzept vom 28. 09. 2010 formulierte die Bundesregie-rung deshalb Leitlinien für eine um-weltschonende, zuverlässige und be-zahlbare Energieversorgung und be-schreibt erstmalig den Weg in das Zeitalter erneuerbarer Energien. Ge-genüber dem Jahre 2008 soll bis 2020 der Primärenergieverbrauch um 20 % und bis 2050 um 50 % sinken, der An-teil erneuerbarer Energien soll bis 2050 auf 60 % erhöht werden. Damit können die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis 2050 um mindes-tens 80 % im Vergleich zum Jahre 1990 gemindert werden. Das Zwi-schenziel, was sich die Bundesregie-rung hier gesetzt hat, ist die CO2-Emis-sion bis 2020 um 40 % zu senken. Bis 2012 konnten die Treibhausgasemissi-onen in Deutschland um knapp 25 % gegenüber dem Stand von 1990 ge-senkt werden (Bild 1).

Eine erste Einschätzung im Jahre 2013 ergab, dass bis 2020 ein Rück-

sektor ist jedoch nicht nur für die Energieeffizienz und den Klimaschutz interessant. Auch die Verbesserung der Rohstoffproduktivität, die Sen-kung der Flächeninanspruchnahme und die Gestaltung des demo gra fi-schen Wandels werden maßgeblich von der Bauwirtschaft mitbestimmt. Auf der anderen Seite rückt die Be-zahlbarkeit des Wohnens stärker in den Fokus. Seit 2009 ziehen die Wohnkosten zum Teil deutlich an. Trotz insgesamt rückläufiger Einwoh-nerzahlen in Deutschland weisen die Städte, insbesondere die Großstädte deutlich steigende Einwohnerzahlen auf. Steigende Mobilitätskosten ma-chen das Wohnen in den Städten für den Zuzug gut verdienender Arbeit-nehmer attraktiver. Aber auch für an-dere Bevölkerungsgruppen, wie Stu-denten und Senioren werden Städte aufgrund der vielfältigen Bildungs-, Freizeit-, Kultur- und Gesundheitsan-gebote interessanter. Mit dem verstärk-ten Zuzug steigt nicht nur grundsätz-

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den sozialen Wohnungsbau ankur-beln. Die Höhe von Mieten und ihre weitere Entwicklung werden durch zahlreiche Aspekte beeinflusst. Neben den Grundstücks- und Transaktions-kosten, den Finanzierungs- und För-derkonditionen, der aktuellen Marktsi-tuationen sowie den Zielen und Rest-riktionen der Investoren und Vermieter sind dies u. a. auch die Bau- und nicht umlagefähigen Instandhaltungskosten.

Im „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ das BMUB wird deshalb eine Baukostensenkungs-kommission eingerichtet. Der Fokus soll auf die Baukosten bei Neubau und Modernisierung von Wohngebäu-den gelegt werden. Dabei sollen die Kosten im Verhältnis zu den zu erzie-lenden ökologischen und sozio-kultu-rellen Qualitäten gestellt werden. Ziel der Kommission soll es sein, nicht nur mögliche Kostentreiber festzustellen, sondern auch eine lebenszyklusorien-tierte Kosten/Nutzen-Analyse zu rea-lisieren. Eine erste Auswertung von Baukosten für „Nachhaltige Wohn-bauten“ (Ausgewertete Projekte des Fördervereins Nachhaltiger Woh-nungsbau der Spitzenverbände Woh-nungswirtschaft) zeigen, dass derar-tige Gebäude im üblichen Korridor des statistischen Baukostenindex (BKI) liegen. Die Aufgabenstellung liegt nunmehr darin, anhand derarti-ger Beispiele den Prozess des Bauens und Sanierens in der Wohnungswirt-schaft besser zu analysieren. Dabei muss der Fokus nicht auf die Investi-tionskosten allein, sondern auf eine Lebenszykluskostenbetrachtung ge-lenkt werden. Gleichzeitig ist zu dis-kutieren, wie Rationalisierungs- und Innovationspotenziale von der Woh-nungswirtschaft umfassend genutzt werden und inwieweit hier noch Re-serven zu erschließen sind.

Effektiver Klimaschutz, Energie-wende und bezahlbares Wohnen las-sen sich nur durch wirtschaftliches und effizientes Bauen sicherstellen. Dazu bedarf es verstärkter Innovatio-nen. Die Forschungsinitiative Zukunft Bau wird deshalb vom BMUB fortge-setzt (Bild 2). Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) ist Projekt-träger und damit Vertragspartner mit den Forschenden.

Seit dem achtjährigen Bestehen der Forschungsinitiative sind insge-

gang der Treibhausgasemissionen in Deutschland um 33 % im Vergleich zum Niveau von 1990 zu erwarten ist. Im Vergleich zum Ziel der Bundesre-gierung, die Emissionen bis 2020 um mindestens 40 % gegenüber 1990 zu senken, ergibt sich somit eine Lücke von 7 %-Punkten. Diese Lücke will das neue Bundesministerium für Um-welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsi-cherheit (BMUB) möglichst rasch mit einem Aktionsplan Klimaschutz schließen, der bereits im Herbst für eine Entscheidung im Kabinett reif sein soll. Dazu braucht man substan-zielle Beiträge der Sektoren „Haus-halte“ und „Gewerbe, Handel, Dienst-leistungen“ hinter denen sich im We-sentlichen der Gebäudesektor verbirgt.

Allgemein gilt für den Gebäude-bereich: Das bewährte Zusammen-spiel aus Ordnungsrecht, Förderung und Beratung („Fordern, Fördern und Informieren“) muss weiterentwickelt und ergänzt werden. Der Koalitions-vertrag enthält hier verschiedene An-knüpfungspunkte für Maßnahmen. Weitere ordnungsrechtliche Maßnah-men über die aktuelle Energieeinspar-verordnung (EnEV) hinaus, die bereits bis 2020 wirken, sind kaum vorstell-bar. Hier werden eher ein stringenter Vollzug und die bessere Information zu den Tatbeständen der EnEV im Mittelpunkt stehen.

Klar ist, dass die Maßnahmen zur energetischen Verbesserung der Bau-substanz auch wegen der finanziellen und sozialen Auswirkung auf die Haushalte in Deutschland weiter kon-tinuierlich fortgeführt werden müs-sen. Rund 70 % der Energie verwen-den die Haushalte in Deutschland fürs Heizen der Räume, wo auch bis-

her die maßgeblichen Sparerfolge er-zielt wurden. Für Raumwärme wur-den im Jahre 2012 466 Mrd. kWh auf-gewendet. Das sind 8,4 % weniger als sieben Jahre zuvor. Finanziell hat sich der rückläufige Energieverbrauch nicht so ausgezahlt wie erhofft, weil gleich-zeitig die Preise für Öl, Gas und Strom gestiegen sind. Während pro Kopf für die Raumheizung im Jahre 1996 rund 408 € aufgewendet wurde, waren es im Jahre 2011 bereits rund 878 €. Das ist immerhin eine Steigerung von über 100 %. Bei durchschnittlich zwei Per-sonen pro Haushalt sind das 1 777 € pro Jahr Kosten für die Raumheizung. Mit den Kraftstoffkosten kommt der durchschnittliche Haushalt fast auf 3 000 €. Das geht aus den Energieda-ten des Bundeswirtschaftsministeri-ums hervor.

Im Mieterland Deutschland (rund 65 % aller Wohnungen sind vermie-tet) ist die so genannte Nettokaltmiete (Miete ohne Betriebskosten) im Zeit-raum von Mitte 2000 bis Mitte 2012 um ca. 16 % gestiegen. Die warmen Betriebskosten (Heizkosten) stiegen im gleichen Zeitraum um 117 %, die Kosten für Strom hatten sich in die-sem Zeitraum um 79 % erhöht. Das heißt, die so genannt „zweite Miete“ wird immer mehr zu einem entschei-denden Kriterium für die Anmietung oder den Kauf einer Immobilie oder Wohnung.

Neben den Betriebskosten steigen auch die Mieten und Immobilienpreise insbesondere in Ballungsgebieten. Mit dem „Bündnis für bezahlbares Woh-nen und Bauen“ will die Bundesregie-rung vorrangig den Mietpreisanstieg im Zuge von Mieterwechseln vor al-lem in Ballungsräumen begrenzen und

Bild 1. Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland (Quelle: UBA)Fig. 1. Development of the greenhouse gas emissions in Germany (Source: UBA)

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– die Verweisung der EnEV auf die Neuausgabe der DIN V 18599 vom Dezember 2011

– die Inbezugnahme neuer Klimada-ten (neues langjähriges Mittel, Refe-renzklima Potsdam)

– die Anpassung der Skalen im Ener-gieausweis für Wohngebäude und

– die Einführung eines „vereinfachten Verfahrens“ für Wohngebäude („EnEV-easy“)

Für zu errichtende Nichtwohngebäude verweist die EnEV 2014 generell auf die DIN V 18599: 2011 – 12 als Be-rechnungsvorschrift. Bei Wohngebäu-den bleibt die Dualität der Berech-nungsverfahren zunächst noch erhal-ten. Sowohl die DIN V 18599 als auch die DIN V 4108-6/DIN V 4701-10 sind alternativ anwendbar. Dies gilt jedoch nur bei ungekühlten Wohngebäuden.

Die Anforderungen an die Quali-tät der Hülle sollen mit der Referenz-anforderung verknüpft werden. Der spezifische, auf die Wärmeübertragung Umfassungsfläche bezogene Trans-missionswärmeverlust eines zu errich-tenden Wohngebäudes wird an den entsprechenden Wert des jeweiligen Referenzgebäudes gekoppelt. Durch den Deutschen Wetterdienst wurde

technischen Regelwerkes geändert wurden. Die Verordnung ist das zen-trale ordnungspolitische Regelwerk zur Verbesserung der Gebäudeener-gieeffizienz [2], [4], [6], [7].

Mit der EnEV 2009 [6] war eine durchschnittliche Verschärfung der energetischen Anforderungen um etwa 30 % erfolgt. Die Energiewende-beschlüsse der Bundesregierung machten eine Weiterentwicklung der EnEV zwingend erforderlich. Die neue EnEV trat nach längerer Diskus-sion nunmehr am 01. Mai 2014 in Kraft. Im Weiteren wird sie als EnEV 2014 bezeichnet [7].

Neben den Fragen zur Umset-zung der novellierten EU-Richtlinie waren auch interne nationale Aufga-ben zu bearbeiten. Die Planungspraxis und der verstärkte Einsatz neuer Tech-nologien hatte zur Fortschreibung der entsprechenden Norm DIN V 18599 „Energetische Bewertung von Gebäu-den“ geführt. Die zahlreichen Er-kenntnisse aus den Auslegungen zur Durchführung der Energieeinsparver-ordnung sollten in die Verordnung eingearbeitet werden, um einen rei-bungslosen Vollzug zu gewährleisten. Die wichtigsten technischen Umstel-lungen in der neuen EnEV 2014 sind

samt 750 Forschungsprojekte geför-dert und dafür ca. 83 Mio. € Bundes-mittel eingesetzt worden. Dabei be-ruht das Forschungsprogramm auf drei Säulen: der Auftragsforschung, der Antragsforschung und dem Netz-werk Effizienzhaus-Plus (Bild 3) [1].

Mit der Antragsforschung ver-folgt die Forschungsinitiative das Ziel, Forschungsimpulse, die vom Markt kommen, aufzunehmen. In Zusam-menarbeit mit der Wissenschaft und mit möglicher Unterstützung von In-dustriepartnern reicht die Baubran-che Forschungsansätze zu vorgegebe-nen Themenschwerpunkten ein. Ins-besondere sollen Innovationskraft und Marktposition der überwiegend klein- und mittelständischen Unter-nehmen gestärkt werden. In Form von Zuwendungen werden Forschungs-vorhaben vom Bund anteilig bezu-schusst. Am 28. 07. 2014 ist die neue BMUB-Förderrichtlinie erschienen (veröffentlicht unter www.forschungs-initiative.de oder www.bbsr.bund.de oder im Bundesanzeiger). Im aktuel-len Programmjahr können noch bis zum 15. 10. 2014 Forschungsanträge gestellt werden. Diese Möglichkeit gilt auch für den Mauerwerksbau. Der nächste Aufruf ist dann im Frühjahr 2015 zu erwarten.

2 Neue ordnungsrechtliche Vorschrif-ten in Kraft: die Energieeinsparver-ordnung (EnEV) 2014

Die Energieeinsparverordnung (EnEV) ist im Jahre 2002 erstmals in Deutsch-land in Kraft getreten und ist seitdem mehrfach wegen politischer Zielstel-lungen, der Umsetzungen von EU-Richtlinien und Änderungen des

Bild 2. Die drei Säulen der Forschungs­initiative Zukunft Bau (Quelle: BBSR)Fig. 2. The three pillars of the research initiative Future Building (Source: BBSR)

Bild 3. Entwicklung der Haushaltsmittel der Forschungsinitiative Zukunft Bau; hellblau: Antragsforschung, dunkelblau: Auftragsforschung, grün: Mittel aus dem Energie­ und Klimafond für Effizienzhäuser Plus (Quelle: BBSR)Fig. 3. Development of the financial resources of the research initiative Future Building, light blue: application research, dark blue: ordered research, green: fi­nancial resources from government bond for energy and climate protection for the Efficiency Houses Plus (Source: BBSR)

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Beim Neubau muss der Energieaus-weis unverzüglich nach Fertigstellung des Gebäudes ausgestellt und ausge-händigt werden. Die gleiche Pflicht be-steht bei baulichen Änderungen, Er-weiterungen und Ausbauten für den Fall, dass der Bauherr das geänderte Gebäude insgesamt – also nicht nur die geänderten Außenbauteile – frei-willig den Gesamtanforderungen un-terwirft und das Gebäude entspre-chend berechnen lässt. Bei einem Kauf- oder Mietinteressenten gilt die Vorlagepflicht gleichermaßen, es reicht auch die Aushändigung wäh-rend der Besichtigung. Der Vorlage-pflicht wird auch Genüge getan, wenn der Energieausweis oder die Kopie beim Besichtigungstermin an deutlich sichtbarer Stelle ausgehängt oder aus-gelegt wird. In den eher seltenen Fäl-len, in denen es nicht zu einer Besich-tigung kommt, besteht ebenfalls eine Pflicht des Verkäufers, dem potenziel-len Käufer unverzüglich den Energie-ausweis oder eine Kopie hiervon vor-zulegen. Der Verkäufer muss diese Vorlagepflicht spätestens unverzüg-lich dann erfüllen, wenn der poten-zielle Käufer ihn hierzu auffordert. Die Übergabepflicht wird die prakti-sche Bedeutung des Energieausweises noch weiter erhöhen.

Mit den neuen Energieausweisen werden gleichzeitig auch Energieeffi-zienzklassen für die Endenergie ein-geführt und auf dem bisherigen „Bandtacho“ kenntlich gemacht. Sie sollen die Verbraucher insbesondere in Immobilienanzeigen noch schnel-ler orientieren (Bild 4).

Mit der EnEV 2014 wird auch eine Aushangpflicht für nichtöffentli-che Gebäude begründet. Vorausset-zung ist allerdings, dass ein Energie-ausweis für das Gebäude bereits vor-handen ist (z. B. Neubauvorhaben seit Inkrafttreten der EnEV 2007, Verkauf oder Vermietung). In Zukunft muss ein bereits vorhandener Energieaus-weis auch in Gebäuden ausgehängt werden, die einen starken Publikums-verkehr auf mehr als 500 m² aufwei-sen, ohne dass dieser durch eine be-hördliche Nutzung verursacht wird.

3 Neue Standards für energieeffizientes Bauen

Mit der Neufassung der EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden wird u. a. verlangt, dass zü-

ein neues Testreferenzjahr zur Verfü-gung gestellt. Dabei zeigt die Auswer-tung der letzten 20 Jahre, dass die Au-ßenlufttemperaturen zugenommen haben. Das bedeutet gleichermaßen, dass die Nutzenergie für das Heizen abnimmt und für das Kühlen zunimmt.

Seit Inkrafttreten der EnEV vor über 10 Jahren wird über Vereinfa-chungen für einfache Gebäude disku-tiert. Nunmehr wurde ein Vereinfa-chungsansatz für neue Wohngebäude vorgestellt („EnEV-easy“). Dabei geht es nicht um ein neues Rechenverfah-ren. Vielmehr wurden lediglich eine Vielzahl von Modellhäusern berech-net und diese Ergebnisse in einer Ta-belle zusammengestellt. Ausgehend von der Gebäudenutzfläche kann man verschiedene einzuhaltende U-Werte der Gebäudehülle mit entspre-chenden Anlagentechniken kombinie-ren. Die Anlagen sind dabei so konzi-piert, dass sie das EEWärmeG [8] erfüllen. Das heißt, dass EnEV-easy eher eine Rechenerleichterung ist als ein neues Verfahren.

Neben den verfahrenstechnischen Veränderungen ist insbesondere der von der Bundesregierung verfolgte Verschärfungsansatz interessant. Die Verschärfung erfolgt bei der Hauptan-forderung „Jahres-Primärenergiebe-darf“. Der Vergleichsmaßstab der Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen war dabei das Anforderungsniveau der EnEV 2009. Als erster Schritt auf dem Weg zur Einführung des Niedrigst-energiegebäude-Standards wird eine Verschärfung um 25 % umgesetzt. Durch Multiplikation des Jahres-Pri-märenergiebedarfs eines Referenzge-bäudes gleicher Geometrie, Gebäude-nutzfläche und Ausrichtung wie das zu errichtende Wohngebäude mit dem Faktor 0,75 ergibt sich damit der neue Anforderungswert. Die Verschärfung gilt ab dem 1. Januar 2016, d. h. fast zwei Jahre nach Inkrafttreten der EnEV 2014. Die Verschärfung gilt so-wohl für neue Wohn- als auch Nicht-wohngebäude. Bauherren, Planer und Bauproduktehersteller haben also ge-nügend Zeit, sich auf diese Maßnahme einzustellen.

Im Gebäudebestand ist keine Verschärfung der Anforderungen bei Modernisierung von Außenbauteilen durch die EnEV 2014 vorgesehen. Die zusätzlichen, nach dem Wirtschaft-lichkeitsgrundsatz zu beurteilenden Primärenergieeinsparungen im Ver-

gleich zur EnEV 2009 wären nur ge-ringfügig gewesen. Lediglich kleinere technische und redaktionelle Anpas-sungen wurden durchgeführt. Die Bun-desregierung setzt hier auf Anreize. Neu ist in der EnEV 2014 das Gebot zum Austausch von Wärmeerzeugern, die mehr als 30 Jahre im Betrieb wa-ren. Hierzu wurde der entsprechende § 10 neu gefasst.

Es war immer Aufgabe der Be-hörden, den Vollzug der EnEV zu ver-bessern. In der EnEV wurden dazu schrittweise bessere Voraussetzungen geschaffen und Ermächtigungen er-teilt. Zur Stärkung der hoheitlichen Überwachung werden die Bezirks-schornsteinfeger gesetzlich mit der öffentlichen Aufgabe betraut, im Rah-men der Feuerstättenschau bestimmte Prüfungen vorzunehmen, Fristen zur Nacherfüllung zu setzen und im Falle der Nichterfüllung die zuständige Be-hörde zu unterrichten. Zur Stärkung des Vollzugs wurden mit der EnEV 2009 private Nachweise in Form von Unternehmer- und Eigentümererklä-rungen insbesondere bei der Durch-führung bestimmter Arbeiten im Ge-bäudebestand eingeführt.

Im Bereich der Inspektionen von Klimaanlagen oder der Ausstellung von Energieausweisen folgt die EnEV 2014 den Vorgaben der Novelle der EU-Richtlinie, die Stichprobenkon-trollen durch die Behörden vorsieht. Damit Kontrollen stattfinden können, sind die zu kontrollierenden Fälle erst einmal zu registrieren. Dazu bauen die Länder ein Registriernummern-Sys-tem auf. Wer einen Inspektionsbericht oder einen Energieausweis ausstellt, hat für diesen Bericht oder für diesen Energieausweis bei der zuständigen Behörde (Registrierstelle) eine Regis-triernummer zu beantragen. Aufgrund der erhobenen Daten können die Län-derbehörden Stichproben durchfüh-ren. Die Stichproben müssen jeweils einen statistisch signifikanten Prozent-anteil aller in einem Kalenderjahr neu ausgestellten Energieausweise und neu ausgestellten Inspektionsberichte über Klimaanlagen erfassen.

Mit der EnEV 2014 wurden wei-tere Veränderungen in der Energie-ausweispraxis umgesetzt. Durch die Verordnung wird festgelegt, dass so-wohl beim Tatbestand des Neubaus als auch bei Verkauf und Vermietung der Energieausweis nicht nur vorzule-gen sondern auch auszuhändigen ist.

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intensiv an der Entwicklung sog. „Ef-fizienzhäuser Plus“ geforscht. Diese Gebäude können mehr Energie erzeu-gen als sie unter voller Nutzung ver-brauchen. Der Energieüberschuss soll unter anderem für den Ausbau der Elektromobilität oder für die Quar-tiersversorgung zur Verfügung stehen. In Weiterentwicklung der bestehen-den KfW-Marke „Effizienzhaus“ wird der neue Standard als „Effizienzhaus Plus“ bzw. als „Effizienzhaus Plus mit Elektromobilität“ bezeichnet (Bild 5).

Die Einführung einer derartigen Marke war eng mit der Diskussion um eine klare Definition des „Effizienz-hauses Plus“ verbunden. Nach ent-sprechender Diskussion wurde eine vorläufige Definition in einer Bro-schüre des BMVBS „Wege zum Effizi-enzhaus Plus“ im August 2011 veröf-fentlicht. Das Effizienzhaus-Plus-Ni-veau ist erreicht, wenn sowohl ein negativer Jahres-Primärenergiebedarf (∑Qp < 0 kWh/m²a) als auch ein nega-tiver Jahres-Endenergiebedarf (∑Qe < 0 kWh/m²a) vorliegen. Alle sonstigen Bedingungen der Energieeinsparver-ordnung sind einzuhalten. Die Primär-energiefaktoren für den nicht erneuer-baren Anteil sind nach der neuen DIN V 18599 zu verwenden. Der netz-eingespeiste Strom ist analog dem Verdrängungsstrommix zu bewerten.

Allerdings müssen in Ergänzung zur Nachweisprozedur der EnEV die End- und Primärenergiebedarfswerte für die Wohnungsbeleuchtung und für die Haushaltsgeräte und -prozesse in der Berechnung mitberücksichtigt werden. Dabei ist ein pauschaler Wert von 20 kWh/m²a (davon Beleuch-tung: 3 kWh/m²a; Haushaltsgeräte: 10 kWh/m²a; Kochen: 3 kWh/m²a; sonstiges: 4 kWh/m²a) jedoch maxi-mal 2 500 kWh/a je Wohneinheit anzu-nehmen. Die Einbeziehung von Haus-haltsstrom und Beleuchtung in die Bi-lanz erfolgt nur für die Belange der Forschung und Förderung, ist aber völlig sachgerecht. Die Simulation und die praktische Umsetzung derar-

gig mehr Niedrigstenergiegebäude er-richtet werden [5]. Der fast bei null liegende oder sehr geringe Energiebe-darf soll zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen – einschließlich Energie aus erneuerbaren Quellen, die am Stand-ort oder in der Nähe erzeugt wird – gedeckt werden. Dabei kommen im Neubau hohe energetische Anforde-rungen auf die Mitgliedsstaaten zu. Nach Artikel 9 der Richtlinie haben die „Mitgliedstaaten zu gewährleisten, dass

a) bis 31. Dezember 2020 alle neuen Gebäude Niedrigstenergiegebäude sind und

b) nach dem 31. Dezember 2018 neue Gebäude, die von Behörden als Eigentümer genutzt werden, Niedrigstenergiegebäude sind.“

In der Forschungsinitiative Zukunft Bau des früheren Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwick-lung (jetzt Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reak-torsicherheit − BMUB) wurde deshalb

Bild 4. Seite 2 des Energieausweises mit den Angaben für den Energiebedarf mit dem Bandtacho (Quelle: BMUB)Fig. 4. Site 2 of the energy certificate with data for energy use and the „tape­mea­sure“ (Source: Federal Ministry for the Environment, Nature Conservation, Building and Nuclear Safety ­ BMUB)

Bild 5. Die Marke Effizienzhaus Plus mit Elektromobilität (Quelle: BMUB)Fig. 5. The Efficiency House Plus with Electric Mobility brand (Source: BMUB)

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technik, aber auch die Nassräume be-finden.

Ein wichtiges Anliegen war es, die energiegewinnenden Anlagen in die Architektur zu integrieren. In der Si-mulation der Planer wurde vorausbe-rechnet, dass das Dach (98 m² mono-kristalline PV-Module mit einem Wir-kungsgrad von ca. 15 %) als auch die Fassade (73 m² Dünnschichtmodule mit 12 % Wirkungsgrad) vsl. einen Stromertrag von rund 16 MWh pro Jahr erwirtschaften. Nach der Prognose sollte das Haus davon ca. 10 MWh be-nötigen und die Fahrzeuge ca. 6 MWh. Das Haus verfügt über eine Zentral-heizung mit einer Luft-Wasser-Wär-mepumpe. Die Wärmeabgabe erfolgt über ein Fußbodenheizungssystem. Darüber hinaus ist eine Zu- und Ab-luftanlage eingebaut. Über ein Gebäu-deautomatisationssystem, das alle ge-messenen Daten zentral aufbereitet und für ein offen programmierbares System zur Verfügung stellt, wird ein zielgerichtetes Energiemanagement betrieben. Die Nutzer können über Touchpads und Smartphones mit dem System kommunizieren.

Besonders hervorzuheben im Gesamtkonzept ist der Aufbau einer Pufferbatterie. Diese Batterie sorgt da-für, dass der vom Haus gewonnene Strom auch selbst genutzt werden kann. Die für das BMVBS-Modellhaus eingesetzte Pufferbatterie hat eine Speicherkapazität von ca. 40 kWh. Sie wurde aus gebrauchten Batteriezellen aus der Elektromobilität zusammen-gebaut. Im Fahrzeugbau besteht das Problem, dass ein Absinken der Spei-cherkapazität der Batterien auf 80 %

sprechende Ideen, Technologien und Materialien schneller den Weg in die Praxis finden. Mit den Gebäuden sol-len Erfahrungen gesammelt und Wirt-schaftlichkeitsüberlegungen angestellt werden.

Insgesamt beteiligten sich zum Zeitpunkt der Erstellung des Beitra-ges am neuen Netzwerk bereits 36 Gebäude. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik führt im Auftrag des BMVBS eine Begleitforschung durch und kommuniziert alle Ergebnisse im Internet. Die technischen Steckbriefe und die Messergebnisse aller bereits im Betrieb befindlichen Gebäude können auf der Web-Seite des BMVI (dem-nächst bei der Forschungsinitiative Zu-kunft Bau unter www.forschungsinitia-tive.de) nachgelesen werden.

Vorreiter war das Modellgebäude des Bundes in Berlin (Bild 6). Auf-grund eines Wettbewerbes erfolgte die Errichtung bis Ende November 2011. Vom März 2012 bis zum Mai 2013 war das Haus von einer „Testfamilie“ für 15 Monate bewohnt. Realisiert wurde ein Einfamilien-Wohnhaus für eine vierköpfige Familie von ca. 130 m² Wohnfläche auf zwei Ebenen mit ei-nem vorgelagertem „Schaufenster“ zum Parken der Fahrzeuge und zur Unterbringung der Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität. Für die Ver-anschaulichung von Mobilitätsanfor-derungen in einer Familie wurden zwei Elektrofahrzeuge und zwei Pede-lecs zur Verfügung gestellt. Zwischen dem zweigeschossigen Wohnbereich und dem vorgelagerten „Schaufenster“ verläuft der sog. „Energiekern“ des Ge-bäudes, in dem sich die gesamte Haus-

tiger Gebäude zeigen, dass der Ener-gieanteil für Licht und Haushalts-strom etwa gleich groß ist wie der Anteil für die Heizung.

Bei einer derartigen Bilanzie-rungsmethode ist klar, dass das „Effi-zienzhaus Plus“ sein „Plus“ über eine positive Jahresbilanz erzeugt. Es ist keineswegs autark und es bestehen keine Erwartungen hinsichtlich einer Netzabkopplung. Es ist völlig klar, dass Energieüberschüsse und -bedarfe zu unterschiedlichen Zeiten anfallen, so dass man Ausgleiche über das Netz oder Speicher schaffen muss. Allen Beteiligten an der Erforschung einer derartigen Gebäudegeneration ist da-ran gelegen, den selbst genutzten An-teil an der erzeugten erneuerbaren Energie möglichst hoch zu halten. Deshalb ist ergänzend zu dem Ein-zahlkennwert „Jahres-Primärenergie-bedarf und Jahres-Endenergiebedarf“ das Verhältnis von selbstgenutzter zu generierter erneuerbarer Energie in-nerhalb der Bilanzgrenze auszuweisen. Die Ermittlung ist in Anlehnung an die EnEV-Bewertung auf der Basis von Monatsbilanzen durchzuführen. Das soll insbesondere auch den Einsatz von Speichertechnologien fördern.

Ziel war es, nicht nur einmalige Leuchtturmprojekte zu realisieren, sondern in einem Netzwerk von unter-schiedlichen Lösungen verschiedene Technologien auszuprobieren und weiter zu optimieren. Deshalb förderte die Bundesregierung in einem For-schungsprogramm die „Effizienzhäu-ser Plus“. Betroffen waren ausschließ-lich Wohngebäude, die in Deutschland errichtet werden. So sollen viel ver-

Bild 6. Das Effizienzhaus­Plus des BMVBS in der Berliner Fasanenstraße (Quelle: BMUB/Foto: Schwarz)Fig. 6. Efficiency House Plus of the Federal Ministry for the Environment, Nature Conservation, Building and Nuclear Safety on Fasanenstrasse in Berlin (Source: BMUB/photo Schwarz)

Bild 7. Das M1­Haus mit einer Porenbetonaußenwand in Brieselang bei Berlin (Quelle: Xella)Fig. 7. The M1 house with external walls of autoclaved ae­rated concrete in Brieselang near Berlin (Source: Xella)

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den Ersatz der Batterie im Fahrzeug erfordert. Diese Batteriezellen sollen im stationären Bereich ein „zweites Le-ben“ erhalten. Die Batterie im BMVBS-Haus ist deshalb ein Prototyp und wurde aus 7250 gebrauchten Zellen zusammengebaut.

Neben dem energetischen Pro-blem sollte das Projekt aber auch auf Fragen der Nachhaltigkeit eine Ant-wort geben. Eines der Ziele war z. B. die vollständige Rezyklierbarkeit des Hauses. Aber auch Umnutzungsfähig-keit und Flexibilität sollten bei höchs-tem Wohnkomfort sichergestellt wer-den. Dies ist gelungen. Falls das Haus zurückgebaut werden muss, werden alle Komponenten zur Wiederver-wendung zurückgegeben bzw. voll-ständig recycelt und gehen damit wie-der in den Wirtschaftskreislauf ein.

Seit dem Einzug der Familie in das Haus wurde das Haus energetisch „vermessen“. Der Praxistest zeigt, dass sich das Modellprojekt auch im Alltag bewährt. Das Haus lag in der ersten Messperiode von März 2012 bis März 2013 mit über 900 kWh deutlich im „Plus“: Dieser Überschuss konnte genutzt werden, um die Elektrofahr-zeuge vor dem Haus mindestens an-teilig zu betanken. Allerdings war die Erwartung größer gewesen. Nicht alle Annahmen haben sich zu 100 % gleich umsetzen lassen. Im zweiten Messjahr konnten immerhin über 2000 kWh er-wirtschaftet werden.

Auch andere Modellhäuser kön-nen bereits zwei Messperioden vor-weisen. Das Effizienzhaus Plus von Herrn Professor Fisch in Leonberg bei Stuttgart konnte in 2012 dabei mit ei-

nem Plus von 4 269 kWh und einer Eigennutzungsquote von über 30 % ein besonders gutes Ergebnis erzielen. Auch das Haus der Firma Bien-Zen-ker kann bereits im ersten Betriebs-jahr 1 235 kWh Plus vermelden. Viele Projekte sind gegenwärtig in der Rea-lisierung. Darunter sind auch erste Mehrfamilienhäuser.

Auch Mauerwerksbauten befin-den sich im Feld der Modellvorhaben. Sie können den Standard ohne Pro-bleme realisieren. In der Regel liegen die Konstruktionen hinsichtlich der Außenwände im Bereich des sog. „KfW-55-Standards“. Ende 2012 wurde in der Nähe von der Berlin das Projekt „M1“ der Fa. Elbehaus einge-weiht (Bild 7). Es entstand mit Hilfe innovativer Porenbetonelemente der Fa. Xella. Das erste monolithische Ziegelhaus im Effizienzhaus-Plus-Standard der Fa. Schlagmann-Poro-ton in Burghausen ist ebenfalls fertig-gestellt und läuft bereits im energeti-schen Monitoring (Bild 8).

Das erste Mehrfamilienhaus im Netzwerk konnte am 21. 06. 2013 in Bischofswiesen in Bayern eröffnet werden. Weitere entstehen in Berlin-Lichtenberg und Frankfurt am Main. Die Nassausche Heimstätte baut ein Mehrfamilien-Effizienzhaus Plus am Riedberg, während die Wohnungs-baugesellschaft ABG ein großes in-nerstädtisches Wohnhaus als Effizi-enzhaus Plus errichtet. In beiden Fällen werden den Mietern per Car-sharing auch Mobilitätsangebote für die Elektromobilität gemacht.

Das Netzwerk Effizienzhaus Plus soll auch in dieser Legislaturperiode

fortgeführt werden. Geplant ist, dass neben Wohnhäusern auch Nichtwohn-gebäude am Programm teilnehmen. Darüber hinaus soll der Standard „Ef-fizienzhaus Plus“ auch förderfähig durch KfW-Programme gemacht wer-den.

4 Staatliche Förderung der Gebäude-energieeffizienz

Klar ist, dass das Ordnungsrecht al-lein nicht zum Durchbruch verhilft. Um die geforderten Effizienzstan-dards zu erreichen, werden eine ziel-gerichtete Förderung und eine sachge-rechte Innovationspolitik benötigt. Die im Rahmen des Energiekonzepts aufgelegten KfW-Programme zum energieeffizienten Bauen und Sanie-ren sind dabei eine klima- und wirt-schaftspolitische Erfolgsgeschichte.

Das CO2-Gebäudesanierungs-programm ist der zentrale Baustein der Energiewende im Gebäudebe-reich. Seit 2006 wurden mit diesem Programm ca. 2,9 Mio. Wohnungen neu errichtet oder energieeffizient sa-niert. Etwa 50 % der neu errichteten Wohngebäude werden KfW-gefördert und damit nach besserem Standard errichtet, als die bisherige EnEV 2009 vorschreibt. Damit ist das aus dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm fi-nanzierte KfW-Programm „Energieef-fizient Bauen“ das wichtigste Neu-bauförderprogramm des Bundes. Be-sonders bedeutsam ist dies auch im Hinblick auf die zunehmende Woh-nungsknappheit in Wachstumsregio-nen und Großstädten.

2013 und 2014 wurden und wer-den jeweils 1,5 Mrd. € für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm zur Ver-fügung gestellt werden. Hinzu kom-men jährlich noch 300 Mio. € zur Verbesserung des Programms, die die Bundesregierung ehemals für steuerli-che Verbesserungen eingeplant hatte. Wie bekannt, scheiterte diese Maß-nahme bisher im Bundesrat.

Der Sanierungsprozess muss über das Einzelgebäude hinaus auch auf das Quartier ausgeweitet werden. Hier setzt das im November 2011 ge-startete KfW-Programm „Energetische Stadtsanierung“ an. Durch den quar-tiersbezogenen Ansatz wird (neben energetischen Verbesserungen an Ge-bäuden) vor allem auch eine gemein-same Wärmeversorgung mehrerer Ge-bäude im Quartier möglich. Auf diese

Bild 8. Das Effizienzhaus Plus mit Elektromobilität der Fa. Schlagmann­ Poroton in Burghausen (Quelle: Fraunhofer­Institut für Bauphysik)Fig. 8. Schlagmann­Poroton‘s Efficiency House Plus with Electric Mobility in Burghausen (Source: Fraunhofer Institute for Building Physics)

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sog. Kriterien-Steckbriefen klar be-schrieben sind. Ziel war es, alle bau-ordnungsrechtlichen Anforderungen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Regelungen einzubeziehen. Im ökolo-gischen Bereich wird zusätzlich zu denen im Zuge der Planung ohnehin abzuliefernden Nachweise eine Öko-bilanz verlangt. Bei den ökonomischen Qualitäten sind nicht nur die Investi-tionskosten, sondern die Lebenszyklus-kosten zu ermitteln. Die zusätzlichen Anforderungen an Nachweispflichten sind eher gering, wenn im normalen Planungsprozess bereits übergreifend Überlegungen und Dokumentationen zur Nachhaltigkeit realisiert wurden.

Die Ausrichtung der Planung auf Übererfüllung und erhebliche Quali-tätskontrolle sind das eigentliche Merkmal einer Zertifizierung. In der Zusammenfassung der Bewertungser-gebnisse werden eine „Gebäudenote“ vergeben und die Standortmerkmale beschrieben. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Re-aktorsicherheit (BMUB) fordert die Erfüllung des sog. „Silber-Standards“ (65 % Erfüllungsgrad) und die Unter-schreitung der Anforderungen an die Energieeinsparverordnung von bis zu 30 %. Das normale Baugeschehen in Deutschland liegt bei einem Erfüllungs-grad von bis zu 50 %. Der Bund als großer öffentlicher Bauherr will hier Vorbildwirkung entfalten und hofft auf eine möglichst breite Anwendung des Leitfadens Nachhaltiges Bauen auch durch andere große Marktteilnehmer, wie Immobiliengesellschaften, andere öffentliche Bauherren wie Länder, Kommune und private Bauherren.

wurde das System nicht nur wissen-schaftlich erarbeitet, sondern auch breit diskutiert und erprobt.

Das Bewertungssystem des Bun-des folgt einem modularen Ansatz, der vom Leitfaden eins zu eins abge-bildet wird. Neben den Grundsätzen zum nachhaltigen Bauen (Teil A des Leitfadens) wurden drei Bewertungs-module konzipiert, die für unterschied-liche Gebäudekategorien spezifiziert werden können: – Modul Neubau (Teil B) – Modul Nutzen und Betreiben (Teil C)

und– Modul Komplettmodernisierung

(Teil D).

Die Module wurden zuerst für die Ge-bäudekategorie Büro- und Verwal-tungsgebäude erarbeitet. Andere Sys-temvarianten wurden dann auf dieser Grundlage entwickelt.

Der „Leitfaden Nachhaltiges Bauen“ des Bundes, der bereits im Jahre 2012 für alle großen Neubau-maßnahmen (Investitionen größer 2 Mio. €) verbindlich eingeführt wurde, wurde im Jahr 2013 um die Teile C und D erweitert (Bild 9). Mit der aktu-ellen Leitfadenversion werden damit auch Bestandsmaßnahmen bedient. In der Nutzung sind bisher die Sys-temvarianten für Büro- und Verwal-tungsgebäude, Bildungsgebäude und Außenanlagen. Die Systemvarianten Laborgebäude und überbetriebliche Ausbildungsstätten befinden sich ge-rade in der Fertigstellung. Das Bewer-tungssystem gliedert sich in eine ge-naue Anzahl von Kriterien, für die Messmethoden und Benchmarks in

Weise lassen sich zusätzliche Energie-einsparpotenziale erschließen. Zudem ist eine zentrale Wärmeversorgung meist einfacher mit erneuerbaren Ener-gien zu betreiben.

Für die Sanierung von Baudenk-mälern und Gebäuden mit besonders erhaltenswerter Bausubstanz steht seit April 2012 zudem der neue Förder-baustein „Effizienzhaus Denkmal“ zur Verfügung.

5 Umfassende Verbesserung der Bau-qualität durch nachhaltiges Bauen

Nachhaltiges Bauen zielt auf eine ganzheitliche Qualitätsverbesserung des Bauens über den gesamten Le-benszyklus eines Bauwerks ab: von den ersten Planungsschritten über die bauliche Realisierung bis hinein in die Zeit der eigentlichen Nutzung. Die Bewertung des Beitrags von Bauwer-ken für eine nachhaltige Entwicklung bezieht umfassend ökologische, öko-nomische und sozio-kulturelle As-pekte ein. Dabei ist klar, dass Nach-haltigkeit keine Floskel bleiben darf, sondern sich real messen lassen muss. Die Staatssekretärsrunde für Nachhal-tigkeit beim Bundeskanzleramt hatte deshalb schon im Dezember 2010 ei-nen Maßnahmeplan für die Bundesre-gierung vorgelegt. An erster Stelle steht dabei die nachhaltige Beschaffung von Immo bilien und die damit im Zu-sammenhang stehende Einführung eines Be wer tungs- und Zertifizie-rungssystems für den Bundesbau, das sich überwiegend auf quantitative Be-wertungen und Beschreibungen abstüt-zen sollte. Die ses „Bewertungssystem Nach haltiges Bauen“ (BNB) wurde als freiwilliges Marktinstrument erarbei-tet. Die Bun des regierung hat es mit dem Leitfaden „Nachhaltiges Bauen“ verbindlich für die Bundesbauverwal-tung umgesetzt [9]. Der Leitfaden kann beim BMUB bezogen werden. Darü-ber hinaus stehen der Leitfaden und das BNB-System frei verfügbar auf dem BMUB-Internetportal zum nach-haltigen Bauen elektronisch zur Verfü-gung (www.nachhaltigesbauen.de).

Natürlich kann das System auch von privaten Anbietern genutzt wer-den. Auch dazu wurden Regeln veröf-fentlicht. Der Bund konzentriert sich auf Gebäudekategorien, die von er-heblichem öffentlichem Interesse sind. In Arbeitsgruppen gemeinsam mit den Trägern öffentlicher Belange

Bild 9. Übersicht über Module und Systemvarianten des Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (Quelle: BMUB)Fig. 9. Overview of modules and building categories of the Sustainable Construc­tion Assessment System (Source: BMUB)

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der o. g. Broschüre ein Praxistest durchgeführt. Testprojekte waren da-bei der Neubau des Bundesministeri-ums für Bildung und Forschung am Kapellenufer in Berlin sowie der ge-plante Erweiterungsbau des Umwelt-bundsamtes in Dessau (Bild 10). Insbe-sondere das Gebäude in Dessau hatte mit hohen Anforderungen zu kämp-fen. Hier sollte ein Null-Energiehaus konzipiert werden und das Qualitäts-niveau BNB-Gold erreicht werden. Im Ergebnis wurde ein Beitrag als Wettbe-werbssieger ausgezeichnet, der um-fangreiche Einzelaspekte des nachhal-tigen Bauens in einem ganzheitlichen Konzept in hoher Qualität bündelt.

Derzeit liegt der Fokus der For-schungsansätze beim nachhaltigen Bauen in der Qualitätssicherung und auf der Bereitstellung elektronischer Arbeitshilfen sowie der Fortschrei-bung der Datenbanken im Kontext mit der europäischen Normung. Da-mit soll gewährleistet werden, dass sowohl die Bundesbauverwaltung als auch alle anderen öffentlichen Hände und private Anbieter die Systeme für nachhaltiges Planen und Bauen zügig und mit angemessenem Aufwand um-setzen können. Instrumente wie „eLCA“ und „eBNB“ verknüpfen be-stehende Datenbanksysteme mit dem Nachhaltigkeitsbewertungssystem und geben schnell Antworten im Planungs-prozess. Das BMUB wird auf seinem weiterentwickelten Internetportal (www.nachhaltigesbauen.de) die not-wendigen Werkzeuge schnell zur Ver-fügung stellen und über Neuentwick-lungen informieren.

ganzheitliche Ansatz des nachhalti-gen Bauens nach den Bewertungssys-temen BNB im Lebenszyklus wurde bisher im Regelfalle jedoch nicht be-rücksichtigt. Deshalb war zu klären, wie sich der Nachhaltigkeitsansatz in das etablierte Wettbewerbswesen inte-grieren lässt. Dabei waren Fragen zu beantworten, wie – Welche Nachhaltigkeitskriterien

sind phasengerecht bzw. wettbe-werbsrelevant?

– Wie und in welcher Detailtiefe wer-den diese Kriterien überprüft?

– Wie werden die Vorprüfergebnisse für das Preisgericht zusammenge-fasst und dargestellt?

– Wie müssen Wettbewerbsverfahren strukturiert und durchgeführt wer-den, um Nachhaltigkeitsanforde-rungen zu integrieren?

Im Rahmen einer Forschungsarbeit wurden dafür konkrete Empfehlungen in Form der Broschüre „Systematik für Nachhaltigkeitsanforderungen in Pla-nungswettbewerben“ (SNAP-Bro-schüre) erarbeitet. Um die Nachhaltig-keitsmethodik in die bewährte Kultur der Wettbewerbsverfahren zu integrie-ren, wurde ein Kern von 15 Nachhal-tigkeitskriterien herausgearbeitet, die gestaltprägend und vorentwurfsrele-vant sind und im Rahmen von Wettbe-werben mit angemessenem Aufwand seitens der Planer darzustellen und seitens der Vorprüfer zu beurteilen sind (Die Broschüre kann im BMUB abgerufen werden). Wie in der Baufor-schung üblich, wurde vor Veröffentli-chung der Forschungsergebnisse bzw.

Die in der Forschungsinitiative Zukunft Bau entwickelten Steckbriefe, Methoden, Datenbanken sowie Ar-beitshilfen tragen dazu bei, dass insbe-sondere die öffentliche Hand einen ausgewogenen Kriterienkatalog für zukunftsfähiges Bauen erhält. Die Ar-beitshilfe „Nachhaltige Unterrichtsge-bäude“, die im Rahmen der For-schungsinitiative Zukunft Bau erarbei-tet wurde, beruht insbesondere auch auf gemeinsamen Arbeitsergebnissen von Bund und Ländern. Auf einer Fachveranstaltung des BMUB anläss-lich der internationalen Baufach-messe bautec 2014 in Berlin wurde die Arbeitshilfe vorgestellt und Einzel-fragen nachhaltiger Bildungsgebäude gemeinsam mit der Deutschen Bun-desstiftung Umwelt mit Fachleuten diskutiert.

Aber auch private Nachhaltig-keits-Bewertungssysteme, wie das der Deutschen Gesellschaft für nachhalti-ges Bauen, die auch weitergehende Gebäudekategorien ansprechen, pro-fitieren von den Ergebnissen der For-schungsinitiative Zukunft Bau. Einer-seits können private Systeme in einem formalen Verfahren vom BMUB offi-ziell anerkannt werden. Andererseits nutzen die privaten Systeme insbe-sondere methodische Entwicklungen und Datenbanken. So sei darauf ver-wiesen, dass die Entwicklungen der Systemvariante Laborbauten gemein-sam von BMUB und DGNB erfolgt. Darüber hinaus ist die Fortentwick-lung der Daten für die Ökobilanzie-rung von Bauprodukten (nationale Datenbank „Ökobau.dat“), Daten für die Nutzungsdauer von Bauteilen oder Bauprodukt- und Gefahrstoffinforma-tionssysteme (z. B. das von BMUB und der bayerischen Architektenkam-mer zur Verfügung gestellte WECO-BIS) ein ständiges Anliegen der Bau-forschung.

Ein besonders wichtiges Anliegen der jüngsten Zeit war die Aufgabe, Nachhaltigkeitskriterien bereits in frühen Planungsstufen zu etablieren. Eine besondere Herausforderung sind dabei Planungswettbewerbe. Einzelne Betrachtungsfelder des nachhaltigen Bauens werden seit jeher in Wettbe-werbsverfahren berücksichtigt. Hierzu zählen bspw. funktionale Anforderun-gen, wie die Erschließung und die Barrierefreiheit oder Wirtschaftlich-keitsaspekte wie die Errichtungskos-ten oder die Flächeneffizienz. Der

Bild 10. Erweiterung des Umweltbundesamtes in Dessau, Planung (Quelle: BBR)Fig. 10. Extension building of the Federal Environment Agency in Dessau, design (Source: BBR)

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[6] Änderung der Energieeinsparverord-nung vom 29. April 2009, BGBl. I S. 954.

[7] Zweite Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung vom 18. November 2013, BGBl. I S. 3951.

[8] Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz vom 7. August 2008 (BGBl. I S. 1658), das durch Artikel 3 des Gesetzes vom 15. Juli 2009 (BGBl. I S. 1804) und durch Art. 2 Abs. 68 G vom 22. Dezem-ber 2011 (BGBl. I S. 3044, 3051) geän-dert worden ist.

[9] Leitfaden Nachhaltiges Bauen. Her-ausgeber: Bundesministerium für Ver-kehr, Bau und Stadtentwicklung, Ber-lin, 2013.

Autor dieses Beitrages:Ministerialrat Dipl.-Ing. Hans-Dieter HegnerBundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB)11055 Berlin

Naturschutz, Bau und Reaktorsicher-heit, Referat B I 5, Berlin, 2014.

[2] Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende An-lagentechnik bei Gebäuden (Energie-einsparverordnung – EnEV) vom 16. November 2001, BGBl. I S. 3085.

[3] Erste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen – 1.BImSchV) vom 26. Januar 2010, BGBl. I S. 38.

[4] Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende An-lagentechnik bei Gebäuden (Energie-einsparverordnung – EnEV) vom 24. Juli 2007, BGBl. I S. 1519.

[5] RL 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, ABl. EG 2009 Nr. L 153 S. 131.

Nachhaltigkeitsbewertungssys-teme im Wohnungsbau haben sich mit Hilfe von Entwicklungen im Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau ebenfalls etabliert. Zur bundesweiten Umsetzung haben die Verbände der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft den Verein zur Förderung der Nach-haltigkeit im Wohnungsbau gegründet (s. auch http://www.nawoh.de). Das dort bisher etablierte System für den Neubau im Mehrfamilienhaussektor soll noch 2014 um ein System im Kleinhausbau ergänzt werden.

Literatur

[1] Zukunft Bauen – Magazin der For-schungsinitiative Zukunft Bau. Heraus-geber: Bundesministerium für Umwelt,