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Altnordisch-Kurzskript Felix Knuth July 13, 2016 Contents 1 Formalia 3 2 Überblick Altnordisch 3 3 Phonologie 4 ⒊1 Vokale ........................................ 4 ⒊2 Konsonanten ..................................... 4 4 Flexionsmorphologie 6 ⒋1 Allgemeines zur Verbflexion (Synkretismus u.ä.! Vereinfacht das Lernen!) ...... 6 ⒋2 Ind. Präsens und Prät. der ō-Verben und Personalpron. im Nom. Sg. ....... 6 ⒋3 Ablautreihen der starken Verben ........................... 7 ⒋⒊1 Präsenskonjugation von vera ......................... 9 ⒋4 Allgemeines zur Nominalflexion (Synkretismus u.ä.) ................. 10 ⒋5 Konjunktiv ...................................... 10 ⒋6 j - und ja-Verben ................................... 11 ⒋7 ē - und ija-Verben .................................. 12 ⒋8 Partizip Präteritum .................................. 12 ⒋9 Präteritopräsentia .................................. 13 ⒋10 Maskuline und neutrale a-Stämme ......................... 14 ⒋11 Feminine ō- und i-Stämme ............................. 14 ⒋12 Personalpronomina der ⒊ Person Singular ...................... 15 ⒋13 Personalpronomina der ⒈ und ⒉ Person sowie Reflexivpronomen der ⒊ Person .. 16 ⒋14 Demonstrativpronomen sá, sú, þat und Personalpronomen ⒊ Person Plural ..... 16 ⒋15 Deklination von maðr ................................ 16 ⒋16 Schwache Deklination der Substantive (n-Stämme) ................. 16 ⒋17 Flexion der Adjektive ................................ 17 5 Lautgesetze 19 ⒌1 u-Umlaut ...................................... 19 ⒌2 i-Umlaut (j -Umlaut) ................................. 19 ⒌3 a-Umlaut ...................................... 20 6 Kurzüberblick proportionale Analogiegleichungen 21 1

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Page 1: Altnordisch-Kurzskript - notendur.hi.isfek1/Altnordisch/kurzskript.pdf · ⒉ Synkope des i in der Endung -in- eintritt, wenn das Kasus-/Numerus-/Genus- Kon- gruenzsuffixmitVokalbeginnt,alsodekliniertbspw.tenn

Altnordisch-Kurzskript

Felix Knuth

July 13, 2016

Contents1 Formalia 3

2 Überblick Altnordisch 3

3 Phonologie 4⒊1 Vokale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4⒊2 Konsonanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

4 Flexionsmorphologie 6⒋1 Allgemeines zur Verbflexion (Synkretismus u.ä.! Vereinfacht das Lernen!) . . . . . . 6⒋2 Ind. Präsens und Prät. der ō-Verben und Personalpron. im Nom. Sg. . . . . . . . 6⒋3 Ablautreihen der starken Verben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

⒋⒊1 Präsenskonjugation von vera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9⒋4 Allgemeines zur Nominalflexion (Synkretismus u.ä.) . . . . . . . . . . . . . . . . . 10⒋5 Konjunktiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10⒋6 j- und ja-Verben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11⒋7 ē- und ija-Verben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12⒋8 Partizip Präteritum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12⒋9 Präteritopräsentia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13⒋10 Maskuline und neutrale a-Stämme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14⒋11 Feminine ō- und i-Stämme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14⒋12 Personalpronomina der ⒊ Person Singular . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15⒋13 Personalpronomina der ⒈ und ⒉ Person sowie Reflexivpronomen der ⒊ Person . . 16⒋14 Demonstrativpronomen sá, sú, þat und Personalpronomen ⒊ Person Plural . . . . . 16⒋15 Deklination von maðr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16⒋16 Schwache Deklination der Substantive (n-Stämme) . . . . . . . . . . . . . . . . . 16⒋17 Flexion der Adjektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

5 Lautgesetze 19⒌1 u-Umlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19⒌2 i-Umlaut (j-Umlaut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19⒌3 a-Umlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

6 Kurzüberblick proportionale Analogiegleichungen 21

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7 Vokabelliste 22⒎1 2⒏0⒋2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22⒎2 2⒊0⒌2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23⒎3 0⒐0⒍2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23⒎4 ⒖0⒍2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24⒎5 2⒋0⒍2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25⒎6 2⒎0⒍2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

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1 Formalia• BN: 6 Hausaufgaben. Die Häl e der Punkte muss r den Erhalt des BN erreicht werden.

• AP: Klausur, vermutlich in der ersten Woche der vorlesungs eien Zeit. Für KlausurzulassungBN-Leistung.

• Wer eine Klausur wünscht, melde sich bitte bis Ende Mai bei mir!

2 Überblick Altnordisch• Das Altnordische ist eine Sprache, die in Norwegen, Schweden und Dänemark von etwa 850bis 1350 und auf Island seit seiner Besiedelung (ca. 871) bis ca. 1550 gesprochen wurde.

• Darüber hinaus gab es einige kleinere Sprachgebiete wie Grönland, die Färöer sowie Orkneyund Shetland (heute zu Schottland gehörig).

• Das Altnordische teilt sich in zwei Hauptdialekte, nämlich das Altostnordische (Schwedischund Dänisch) und das Altwestnordische (Norwegisch und von Norwegen ausgehend in derFolge auch Isländisch).

• Der isländische Dialekt des ⒔/⒕ Jhdt. liegt dem Standardaltnordischen zugrunde, welchesin diesem Kurs behandelt wird.

• Somit basiert das Standardaltnordische auf der Varietät des Altnordischen, in welcher die Is-ländersagas verfasst sind.

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3 Phonologie3.1 Vokale

• Im klassischen Altnordischen gibt es in betonter Position 16 Monophthongphoneme.

• Mit der Ausnahme von /æ/, welches im klassischen Altnordischen nur als Langvokal vorkommtund deswegen o ohne Akzentzeichen verbleibt, werden Langvokale orthographisch durchAkut markiert.

• Kurzvokale: a, e, i, o, u, y, ø, ǫ

• Langvokale: á, é, í, ó, ú, ý, ǿ, æ

• Der Lautwert der Vokale entspricht mit Ausnahme von ǫ [ɔ] und á [ɔː] jeweils dem desentsprechenden IPA-Symbols.

• Statt ǿ wird häufig œ geschrieben (oe-Ligatur! Nicht zu verwechseln mit der in einigen Schrif-tarten sehr ähnlich aussehenden ae-Ligatur æ)

• Neben den Monophthongen gibt es drei Diphthonge: ei, au, ey ([œy] oder [ey] gesprochen)

• In unbetonten Silben gibt es drei unterschiedliche Vokalphoneme: a [a], i [ɪ], u [ʊ]

3.2 Konsonanten

Tabelle 1: Plosivphoneme des Altnordischen und ihre Allophonelabial dental velar

<p> /p/ [p] <t> /t/ [t] <k> /k/ [k]biskup ‘Bischof ’ hata ‘hassen’ taka ‘nehmen’<pp> /pː/ [pː] <tt> /tː/ [tː] <kk> /kː/ [kː] Geminaten nicht im Anlaut

heppinn ‘Glück habend’ hitta ‘treffen’ þakka ‘danken’<b> /b/ [b] <d> /d/ [d] <g> /g/ [g] im Anlautbæði ‘beide’ dagr ‘Tag’ góðr ‘gut’

[ɣ] im Inlaut nach a, o, u, ǫsaga ‘Geschichte’

[ʝ] im Inlautdegi ‘Tag (Dat.)’

[x] im Auslaut nach a, o, u, ǫdag ‘Tag (Akk.)’

[ç] im Auslautseg ‘sag!’

<bb> /bː/ [bː] <dd> /dː/ [dː] <gg> /gː/ [gː] Geminaten nicht im Anlautstubbi ‘Stumpf ’ kvaddi ‘grüßte’ byggva ‘besiedeln’

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Tabelle 2: Frikativphoneme des Altnordischen und ihre Allophone<s> /s/ [s]sól ‘Sonne’<f> /f/ [f ] <þ> /þ/ [þ] im Anlaut, bei <f> ggf. auch im Auslaut (Auslautverhärtung)

fara ‘fahren, reisen’ þat ‘das, es’<f> /f/ [v] <ð> /þ/ [ð]

hafa eða ‘oder’<h> /h/ [h] vor Vokal (Phonem nur im Anlaut!)hús ‘Haus’<h> /h/ [x] vor Konsonant (l, r, n, v)

hreinn ‘rein, sauber’

Tabelle 3: Sonstige Konsonantphoneme des Altnordischen und ihre Allophone<r> /r/ [r] <l> /l/ [l]

maðr ‘Mensch, Mann’ ljúga ‘lügen’<m> /m/ [m] <n> /n/ [n]

maðr ‘Mensch, Mann’ nei ‘nein’<j> /j/ [j] <v> /w/ [w] [w] fällt im Laufe des klassischen Anord. in nicht-

já ‘ja’ vera ‘sein (Verb)’ init. Position mit [v], Allophon von /f/, zusammen

• <x> steht r Verbindung von /k/+/s/

• <z> steht r Verbindung von Dentalobstruent (/t/, /d/, /þ/) + /s/

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4 Flexionsmorphologie4.1 Allgemeines zur Verbflexion (Synkretismus u.ä.! Vereinfacht das Lernen!)

• Altnordische Verben teilen sich in zwei Hauptgruppen:

⒈ Starke Verben, deren Präteritumsformen sich durch einen Vokalwechsel auszeichnen undsich ( je nach Vokalalternation) in 6/7 sog. Ablautklassen unterteilen (z.B. bíta ‘beißen’mit Präteritum beit ‘biss’)

⒉ Schwache Verben, die ihr Präteritum mithilfe eines dentalen Suffixes bilden und in 3/4Unterklassen einzuteilen sind (z.B. kalla ‘rufen, nennen’ mit dem Präteritum kallaði ‘rief,nannte’)

• Infinitiv von Verben endet in den meisten Fällen auf -a

• Die ⒉ und ⒊ Sg. Präs. Ind. Akt. der allermeisten Verben ist wie die ⒈ Sg. +r, z.B. kasta‘werfe’, kastar ‘wirfst, wir ’.

• Die Endungen im Präs. Ind. Akt. Pl. sind bei den allermeisten Verben (schwachen undstarken) wie folgt:

⒈ -um⒉ -ið⒊ -a (=Infinitiv)

• Die Endungen im Prät. Ind. Akt. Pl. sind bei den allermeisten Verben (schwachen undstarken) wie folgt:

⒈ -um⒉ -uð⒊ -u

4.2 Ind. Präsens und Prät. der ō-Verben und Personalpron. im Nom. Sg.

Tabelle 4: Ind. Präs. ō-Verben (a-Verben, schwach) und Personalpron. im NSgSg. Du. Pl.

⒈ ek kall-a vit vér kǫll-um⒉ þú kall-a-r (þ)it (þ)ér kall-ið⒊ hann/hon/þat kall-a-r þeir/þær/þau kall-a

• Mit den Dualpronomina werden die Pluralformen des Verbs verwendet.

• Die Formen þit, þér der ⒉ Person sind jünger als die þ-losen Formen, treten aber häufiger auf.

• Bei Verbformen der ⒈ Pl. muss der u-Umlaut beachtet werden (s. Lautgesetze)!

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Tabelle 5: Ind. Prät. ō-Verben (a-Verben, schwach)Sg. Du. Pl.

⒈ ek kall-a-ð-a vit vér kǫll-u-ð-um⒉ þú kall-a-ð-ir (þ)it (þ)ér kǫll-u-ð-uð⒊ hann/hon/þat kall-a-ð-i þeir/þær/þau kǫll-u-ð-u

• Eine Form wie kall-a-ð-a besteht aus vier Morphemen:

⒈ kall- Wurzel⒉ -a- Themavokal (d.h. “stammbildendes” Suffix)⒊ -ð- Präteritalsuffix⒋ -a Person-/Numeruskongruenz

• Man beachte die doppelte Anwendung des u-Umlauts in den Pluralformen:Das u der Kongruenzendung lautet den Themavokal von a zu u um, welches wiederum (wennder Wurzelvokal a ist) u-Umlaut auslöst.

4.3 Ablautreihen der starken Verben• Die sogenannten starken Verben, die ihr Präteritum mithilfe von Vokaländerungen bilden,teilen sich in 6 sogenannte Ablautreihen (Ablautklassen) ein, die (beinahe) komplementärverteilt sind.

• Hinzu kommen die ehemals reduplizierenden Verben, die bisweilen einer ⒎ Gruppe von starkenVerben zugerechnet werden, im Altnordischen aber am besten als unregelmäßig zu betrachtensind.

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Tabelle 6: Beispiele r Ablautreihen und der Entwicklung des Vokalismus seit dem Uridg.Form Infinitiv urgerm. V uridg. V Übersetzung

Ablautklasse 1Infinitiv bít-a < *í < *ei beißen

Prät. Ind. ⒈ Sg. beit < *ai < *oiPrät. Ind. ⒈ Pl. bit-um < *i < *i(Part. Prät. bit-it)

Ablautklasse 2Infinitiv skjót-a < *eu < *eu schießen

Prät. Ind. ⒈ Sg. skaut < *au < *ouPrät. Ind. ⒈ Pl. skut-um < *u < *u(Part. Prät. skot-it)

Ablautklasse 3Infinitiv verð-a < *eRC < *eRC werden

Prät. Ind. ⒈ Sg. varð < *aRC < *oRCPrät. Ind. ⒈ Pl. ⒱urð-um < *uRC < *ṚC(Part. Prät. ⒱orð-it)

Ablautklasse 4Infinitiv ber-a < *eR(V) < *eR(V) tragen (vgl. ge-bären)

Prät. Ind. ⒈ Sg. bar < *aR < *oRPrät. Ind. ⒈ Pl. bár-um < *ēR < *ēR

Part. Prät. bor-it < *uR <*Ṛ

Ablautklasse 5Infinitiv les-a < *eK < *eK lesen

Prät. Ind. ⒈ Sg. las < *aK < *oKPrät. Ind. ⒈ Pl. lás-um < *ēK < *ēK

Part. Prät. les-it < -eK < -eK

Ablautklasse 6Infinitiv far-a fahren

Prät. Ind. ⒈ Sg. fórPrät. Ind. ⒈ Pl. fór-um

Part. Prät. far-it

• R steht r {/r/, /l/, /m/, /n/}

• K steht r C \ {/r/, /l/, /m/, /n/}

• In Ablautklasse 3 gilt, dass ein i anstelle des e im Präsensstamm vor Nasalen (insbesondere /n/)vorkommt.

• Die Singularendungen der starken Verben sind im Präsens Indikativ:

⒈ -0⒉ -r

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⒊ -r

• Die Singularendungen der starken Verben sind im Präteritum Indikativ:

⒈ -0⒉ -t⒊ -0

• Die Pluralendungen sind zu denen der schwachen Verben identisch.

• Wenn kein e im Präsensstamm vorliegt, gilt es, wenn möglich, im Präsens Singular i-Umlautdurchzu hren (besonders bei Ablautreihen 2 und 6, aber auch bei einigen anderen unregelmäßi-gen starken Verben wie z.B. koma).

Tabelle 7: Präs. Ind. des starken Verbs fljúga ‘fliegen’Sg. Du. Pl.

⒈ ek flýg vit vér fljúg-um⒉ þú flýg-r (þ)it (þ)ér fljúg-ið⒊ hann/hon/þat flýg-r þeir/þær/þau fljúg-a

Tabelle 8: Prät. Ind. des starken Verbs fljúga ‘fliegen’Sg. Du. Pl.

⒈ ek flaug vit vér flug-um⒉ þú flaug-t (þ)it (þ)ér flug-uð⒊ hann/hon/þat flaug þeir/þær/þau flug-u

4.3.1 Präsenskonjugation von vera

• Das Verb vera ‘sein’, ansonsten zur ⒌ Ablautklasse gehörig, hat ein unregelmäßiges Präsens:

Tabelle 9: Präs. Ind. von vera ‘sein’Sg. Du. Pl.

⒈ ek em vit vér er-um⒉ þú er-t (älter est) (þ)it (þ)ér er-uð⒊ hann/hon/þat er (älter es) þeir/þær/þau er-u

• Mit der Ausnahme von em gleichen die klassisch-altnordischen Formen einem Stamm er- mitangehängten starken Präteritumsendungen.

• Im Infinitiv und im Präteritum Singular gibt es ebenfalls die altertümlichen Formen vesa, vasund vast anstelle von vera, var und vart

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4.4 Allgemeines zur Nominalflexion (Synkretismus u.ä.)• Nominativ und Akkusativ sind jeweils in folgenden Fällen identisch (gilt bei allen dekliniertenWörtern):

⒈ Femininum Plural⒉ Neutrum Singular⒊ Neutrum Plural

• Bei Substantiven (und bei Adjektiven) ist in (so gut wie) allen Klassen die Endung des Dat. Pl.-um

• Bei Substantiven ist in (so gut wie) allen Klassen die Endung des Gen. Pl. -a

4.5 Konjunktiv• Der Konjunktiv (Präsens und Präteritum) wird im Altnordischen mit den Folgenden Person-alendungen gebildet: -a, -ir, -i, -im, -ið, -i

• Im Präsens werden diese an den unumgelauteten Präsensstamm gehängt.

• Im Präteritum werden diese bei schwachen Verben an den, wenn möglich (d.h. bei einsilbigen)i-umgelauteten, Präteritalstamm (d.h. mit dentalem Tempusmarker) gehängt.

• Bei starken Verben hängt man die Endungen an den i-umgelauteten Präteritum-Plural-Stamm.

Beispiele:

Tabelle 10: Präs. Konj. des schwachen Verbs kallaSg. Du. Pl.

⒈ ek kall-a vit vér kall-im⒉ þú kall-ir (þ)it (þ)ér kall-ið⒊ hann/hon/þat kall-i þeir/þær/þau kall-i

Tabelle 11: Prät. Konj. des schwachen Verbs kallaSg. Du. Pl.

⒈ ek kallað-a vit vér kallað-im⒉ þú kallað-ir (þ)it (þ)ér kallað-ið⒊ hann/hon/þat kallað-i þeir/þær/þau kallað-i

Tabelle 12: Präs. Konj. des starken Verbs bjóðaSg. Du. Pl.

⒈ ek bjóð-a vit vér bjóð-im⒉ þú bjóð-ir (þ)it (þ)ér bjóð-ið⒊ hann/hon/þat bjóð-i þeir/þær/þau bjóð-i

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Tabelle 13: Prät. Konj. des starken Verbs bjóðaSg. Du. Pl.

⒈ ek byð-a vit vér byð-im⒉ þú byð-ir (þ)it (þ)ér byð-ið⒊ hann/hon/þat byð-i þeir/þær/þau byð-i

4.6 j- und ja-Verben• j-Verben haben einen Präsensstamm, der ursprünglich mit -j- zwischen Wurzel und Personal-endung gebildet war.

• Synchron tritt j nur noch vor denjenigen Endungen im Präsens (und Infinitiv) auf, welche mita oder u beginnen.

• j-Verben können starke und schwache Verben sein (Beispiel r starkes Verb sitja ‘sitzen’, welcheszur Ablautkasse 5 gehört).

• Eine wichtige schwache Kategorie von j-Verben sind die ja-Verben.

• Die ja-Verben zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Präsens stets j-umgelautet sind, im Prä-teritum aber o nicht (es gibt jedoch auch ja-Verben wie setja ‘setzen’, in deren Präteritumanalog zum Präsens der j-Umlaut durchge hrt ist.

• Im Präsens haben die ja-Verben dieselben Endungen wie starke Verben.

• Im Präteritum der ja-Verben tritt das Präteritalsuffix direkt an den Stamm.

• Die Personen-/Numeruskongruenzendungen sind die der schwachen Verben.

• Im Folgenden Beispiele r Präs. Ind. und Prät. Ind. von spyrja

Tabelle 14: Präs. Ind. von spyrja ‘ agen’Sg. Du. Pl.

⒈ ek spyr- vit vér spyr-j-um⒉ þú spyr-r (þ)it (þ)ér spyr-ið⒊ hann/hon/þat spyr-r þeir/þær/þau spyr-j-a

Tabelle 15: Prät. Ind. von spyrja ‘ agen’Sg. Du. Pl.

⒈ ek spur-ð-a vit vér spur-ð-um⒉ þú spur-ð-ir (þ)it (þ)ér spur-ð-uð⒊ hann/hon/þat spur-ð-i þeir/þær/þau spur-ð-u

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4.7 ē- und ija-Verben• ē- und ija-Verben sind historisch gesehen zwei verschiedene Flexionsklassen schwacher Verben,die im Altnordischen aber so gut wie identisch flektieren.

• Sie zeichnen sich dadurch aus, dass die Endungen des Indikativs Präsens auf -i, -ir, -ir ausgehen.

• Wie bei den ja-Verben wird das Präteritalsuffix direkt an den Stamm des Verbs gehängt.

Tabelle 16: Präs. Ind. von fǿra ‘bewegen’

:

Sg. Du. Pl.⒈ ek fǿr-i vit vér fǿr-um⒉ þú før-i-r (þ)it (þ)ér fǿr-ið⒊ hann/hon/þat fǿr-i-r þeir/þær/þau fǿr-a

Tabelle 17: Prät. Ind. von fǿra ‘bewegen’Sg. Du. Pl.

⒈ ek fǿr-ð-a vit vér fǿr-ð-um⒉ þú fǿr-ð-ir (þ)it (þ)ér fǿr-ð-uð⒊ hann/hon/þat fǿr-ð-i þeir/þær/þau fǿr-ð-u

4.8 Partizip Präteritum• Das Partizip Präteritum ist (wie Partizipien generell) eigentlich eine adjektivische Form desVerbs.

• Es entspricht sowohl morphologisch (vom im Deutschen häufigen ge-Präfix abgesehen) alsauch weitgehend semantisch dem deutschen Partizip Präteritum (alternative Namen Partizip II/ Partizip Perfekt), z.B. gemacht, genommen.

• Die Form des Nom./Akk. Sg. Neut. wird zusammen mit dem Hilfsverb hafa zur Bildungzusammengesetzter Tempus-/Aspektformen (Perfekt, Plusquamperfekt) gebildet.

• Bei den starken Verben wird es durch ein Suffix -in- gebildet, dessen Formen beinahe vollständigwie die von hinn gebildet werden.

• Die einzigen beiden Unterschiede bestehen darin, dass

⒈ Im Nom./Akk. Sg. Neutrum die Form auf -it und nicht auf -itt mit geminiertem Kon-sonanten ausgeht, weil die Suffixsilbe eine Nebensilbe darstellt.

⒉ Synkope des i in der Endung -in- eintritt, wenn das Kasus-/Numerus-/Genus- Kon-gruenzsuffix mit Vokal beginnt, also dekliniert bspw. te nn ‘genommen’ im MSg. te nn,te nn, teknum, te ns.

• Zweierlei Dinge gilt es bei starken Verben zu beachten, nämlich 1) an welche Ablautstufe dasSuffix angehängt wird und 2) ob a-Umlaut au ritt oder nicht:

⒈ Ablautstufe:

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⒜ Bei den Ablautreihen 1 bis 3 werden die Formen wie beim Präteritum Plural an dieSchwundstufe ange gt (bitinn, skotinn, funninn).

⒝ Bei Ablautreihe 4 werden die Formen im Gegensatz zum Präteritum Plural an dieSchwundstufe ange gt (borinn).

⒞ Bei Ablautreihe 5 werden die Formen mit der e-Vollstufe gebildet (lesinn).⒟ Bei Ablautreihe 6 werden die Formen meist mit a gebildet (farinn).

⒉ a-Umlaut:⒜ In Ablautreihe 1 ist das Part. Prät. eines einzigen Verbes (bíða) betroffen, das somit

beðinn lautet.⒝ Ablautreihe 2 ist durchgehend vom a-Umlaut betroffen betroffen (z.B. skotinn)⒞ Die Ablautreihen 3 und 4 sind dann vom a-Umlaut betroffen, wenn der Konsonant,

der auf den Wurzelvokal folgt, kein Nasal ist (also borinn, aber numinn)

• Bei schwachen Verben wird das Partizip Präteritum o gebildet, indem die Adjektiv-Kongruenzendungendirekt an den Präteritalstamm angehängt werden, z.B. nefn-d-r von nefna und kalla-ð-r vonkalla.

• Auch hier wird das potenzielle Cluster von zwei Dentalen im Nom./Akk. Sg. Neut. zu tvereinfacht, also nefnt, kallat.

4.9 Präteritopräsentia• Präteritopräsentia sind eine kleine, aber wichtige Klasse von Verben, deren Name darauf zurück-geht, dass ihre Flexion im Präsens an das Präteritum starker Verben erinnert:

– Singular- und Pluralvokal sind o unterschiedlich.– Die Personalendungen sind dieselben wie beim Präteritum starker Verben.

• Die meisten Präteritopräsentia lassen sich entsprechenden Ablautreihen zuordnen.

• Als Beispiel r das Präsens eines Präteritopräsens diene skulu ‘sollen’:

Tabelle 18: Prät. Ind. von skulu ‘sollen, werden’Sg. Du. Pl.

⒈ ek skal vit vér skul-um⒉ þú skal-t (þ)it (þ)ér skul-uð⒊ hann/hon/þat skal þeir/þær/þau skul-u

• Der Infinitiv der meisten Präteritopräsentia geht auf a aus, manchmal jedoch auf u.

• Das Präteritum wird schwach gebildet, wobei bei manchen Wörtern das dentale Präteritalsuffixaufgrund von Lautentwicklungen scheinbar fehlen kann.

• Die Stammformen der sieben r diesen Kurs relevanten Präteritopräsentia lauten wie folgt:

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Tabelle 19: Stammformen von PräteritopräsentiaInfinitiv 1. Sg. Präs. 1. Pl. Präs. 1. Sg. Prät. Part. Prät. Übersetzungeiga á eigum átta átt besitzen, sollenkunna kann kunnum kunna kunnat könnenmega má mega mátta mátt dürfenmunu mun munum munda - (sein) werdenskulu skal skulum skylda - sollen, werdenvita veit vitum vissa vitat wissenþurfa þarf þurfum þur a þur bedürfen, müssen

4.10 Maskuline und neutrale a-Stämme

hestr ‘Pferd’ (mask.) barn ‘Kind’ (neut.)N Sg. hest-r barn-A hest- barn-D hest-i barn-iG hest-s barn-s

N Pl. hest-ar bǫrn (+u-Uml.)A hest-a bǫrn (+u-Uml.)D hest-um bǫrn-umG hest-a barn-a

• Die definiten Formen der Substantive werden durch Anhängen eines Suffixes gebildet.

• Dieses Suffix geht zurück auf das Demonstrativpronomen hinn, welches ursprünglich dem Sub-stantiv nachgestellt wurde.

• Das Suffix wird agglutinativ an die entsprechende Form des Substantivs gehängt; nur im DativPlural wird das m der eigentlichen Substantivendung der Aussprache wegen elidiert.

hestr ‘Pferd’ (mask.) barn ‘Kind’ (neut.)N Sg. hestr-inn barn-itA hest-inn barn-itD hesti-num barni-nuG hests-ins barns-ins

N Pl. hestar-nir bǫrn-in (+u-Uml.)A hesta-nna bǫrn-in (+u-Uml.)D hestu-num bǫrnu-numG hesta-nna barna-nna

4.11 Feminine ō- und i-Stämme• Ursprünglich gehören den femininen i-Stämmen nur etwa 40 Wörter an.

• Mit der Zeit treten viele Wörter der ō-Stämme zu den i-Stämmen über.

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• Sowohl einige ō- als auch einige i-Stämme haben im Dativ Singular ursprünglich eine Endung-u, welche aber im Laufe der Zeit immer häufiger entfällt.

• Ausnahmen hiervon sind ō-Stämme, die mit den Derivationssuffixen -ing und -ung gebildetworden sind und fast immer ein -u im Dat. Sg. aufweisen.

• Die in der Tabelle in grauer Schri notierten Formen sind entweder durch die Synkretismus-regeln gegeben oder identisch in allen vier angegebenen Paradigmen.

• Nominativ, Akkusativ undDativ Sg. sind stets durch u-Umlaut gekennzeichnet, wennmöglich.

mǫn ‘Mähne’ (ō) dróttning ‘Königin’ (ō) bǿn ‘Gebet’ (i) hurð ‘Tür’ (i)N Sg. mǫn- dróttning- bǿn- hurðA mǫn- dróttning- bǿn- hurð-D mǫn- dróttning-u bǿn- hurð-uG man-ar dróttning-ar bǿn-ar hurð-ar

N Pl. man-ar dróttning-ar bǿn-ir hurð-irA man-ar dróttning-ar bǿn-ir hurð-irD mǫn-um dróttning-um bǿn-um hurð-umG man-a dróttning-a bǿn-a hurð-a

• Das Paradigma der definiten Formen von mǫn sieht wie folgt aus:

mǫn ‘Mähne’N Sg. mǫn-inA mǫn-inaD mǫn-inniG manar-innar

N Pl. manar-narA manar-narD mǫnu-numG mana-nna

• Man beachte, dass der Artikel in ADG Singular zweisilbig ist.

• Das erste i des Artikels entfällt im Dat. Sg., wenn die Dativform ohne Artikel auf -u endet,also DSg dróttningunni von dróttning.

4.12 Personalpronomina der 3. Person Singular

Mask. Fem. Neut.N Sg. han-n hon þatA han-n han-a þatD hon-um hen-ni þvíG han-s hen-nar þess

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• Man beachte, dass die Endungen der maskulinen und der femininen Formen identisch zu denendes bestimmten Artikels sind.

• Im DSg. Mask. und im NSg. Fem. sieht man einen abweichenden u-Umlaut, nämlich oanstelle von ǫ.

• Im DSg. Fem. und im GSg. Fem. sieht man i-Umlaut.

4.13 Personalpronomina der 1. und 2. Person sowie Reflexivpronomen der 3. Person

1 Sg. 1 Du. 1 Pl. ⒉ Sg. ⒉ Du. ⒉ Pl. Refl.N ek vit vér þú it/þit ér/þér -A mik okkr oss þik ykkr yðr sikD mér okkr oss þér ykkr yðr sérG mín okkar vár þín ykkar yð⒱ar sín

4.14 Demonstrativpronomen sá, sú, þat und Personalpronomen 3. Person Plural• Die Pluralformen des Personalpronomens sowie die Neutrum-Singular-Formen des Personal-pronomens stammen vom Demonstrativpronomen sá, sú, þat an, mit dessen Formen sie iden-tisch sind.

Mask Sg. Fem Sg. Neut. Sg. Mask. Pl. Fem. Pl. Neut. Pl.N sá sú þat þeir þær þauA þann þá þat þá ” ”D þeim þeirri því <- þeim ->G þess þeirrar þess <- þeirra ->

4.15 Deklination von maðrmað-r ‘Mensch, Mann’ mit dem Stamm mann- dekliniert meistens wie folgt:

indefinit definitN Sg. mað-r mað-r-innA mann- man-innD mann-i mann-i-numG mann-s mann-s-ins

N Pl. menn menn-ir-nirA menn menn-inaD mǫnn-um mǫnn-u-numG mann-a mann-a-nna

4.16 Schwache Deklination der Substantive (n-Stämme)• Schwache Substantive haben im Akkusativ, Dativ und Genitiv stets identische Formen.

• Alle Endungen schwacher Substantive im Genitiv Singular sind vokalisch.

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• Beispiel mask. granni ‘Nachbar’, fem. saga ‘Geschichte, Saga’, neut. hjarta ‘Herz’:

mask. (an-Stamm) fem. (ōn-Stamm) neut. (an-Stamm)N Sg. grann-i sag-a hjart-aADG grann-a sǫg-u hjart-aN Pl. grann-ar sǫg-ur hjǫrt-uA grann-a sǫg-ur hjǫrt-uD grǫnn-um sǫg-um hjǫrt-umG grann-a sag-na hjart-na

• Bei vokalisch auslautenden Endungen muss beachtet werden, dass der suffigierte Artikel sein iverliert, d.h. saga, definit sagan etc.

4.17 Flexion der Adjektive• Starke Deklination des Positivs und des Superlativs (überwiegend in indefiniten Nominalphrasenverwendet):

mask. fem. neut.N Sg. spak-r spǫk spak-tA spak-an spak-a spak-tD spǫk-um spak-ri spǫk-uG spak-s spak-rar spak-s

N Pl. spak-ir spak-ar spǫkA spak-a spak-ar spǫkD <= spǫk-um =>G <= spak-ra =>

• Die Endungen der starken Formen sind abgesehen von Assimilationserscheinungen (nr > nn,nt > tt) und dem Akk. Sg. M. hinn anstelle von *hinan im Artikel identisch.

• Schwache Deklination es Positivs und des Superlativs (überwiegend in definiten Nominalphrasenverwendet):

mask. fem. neut.N Sg. spak-i spak-a spak-aADG spak-a spǫk-u spak-aN Pl. <= spǫk-u =>A <= spǫk-u =>D <= spǫk-um =>G <= spǫk-u =>

• Die Singularendungen der schwachen Formen sind identisch zu den entsprechenden Endungender schwachen Substantive.

• Der Superlativ wird meist durch ein Suffix -ast- gebildet, woran dieselben Kasus-/Numerus-/Genus-Kongruenzendungen ange gt werden wie r den Positiv, allerdings muss ggf. derdoppelte u-Umlaut beachtet werden, also bspw. Nom. Sg. Fem. spǫkust.

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• Der Komparativ, der meist durch ein Suffix -ar- gebildet wird, besitzt nur die folgendenschwachen Endungen:

mask. fem. neut.N Sg. spak-ar-i spak-ar-i spak-ar-aADG spak-ar-a spak-ar-i spak-ar-a

NAG Pl. <- spak-ar-i ->D <- spǫk-ur-um ->

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5 Lautgesetze• Der Begriff Umlaut bezeichnet regressive, partielle Fernassimilationen, die einen Vokal betref-fen und in der Regel von einem (Halb-)vokal ausgelöst werden.

5.1 u-Umlaut⒈ ⒜ (Unbetontes) u verursacht den Übergang eines in unmittelbar vorausgehender Silbe ste-

henden betonten a zu ǫ:/a/ [+betont] → [ǫ] / _ C0 uBsp. kasta ‘werfe’, kǫstum ‘(wir) werfen’

⒝ Das auslösende u kann in altnordischer Zeit geschwunden sein, bspw. bǫrn ‘Kinder’ (<urnord. *barnu), aber barn ‘Kind’ (< urnord. *barną)

⒉ ⒜ (Unbetontes) u verursacht den Übergang eines in unmittelbar vorausgehender Silbe ste-henden unbetonten a zu u:/a/ [-betont] → [u] / _ C0 uBsp. kastaða ‘(ich) warf ’, kǫstuðum ‘(wir) warfen’

⒝ Das unter a) entstandene u löst, wenn in der vorausgehenden Silbe ein /a/ steht, wiederumu-Umlaut aus.

⒊ ǫ ist hauptsächlich durch u-Umlaut von a entstanden.

5.2 i-Umlaut (j-Umlaut)⒈ Urnordisches j, i und ı̄ in unbetonter Silbe können die partielle Assimilation vieler in unmit-

telbar vorausgehender Silbe stehender betnoter Vokale verursachen:V¹[+betont] -> V² / _ C0 {i, ı,̄ j}

⒉ Hierbei stehen V¹ und V² u.a. r folgende Vokale:

⒜ V¹: a, V²: e (urnord. gasti > anord. gestr ‘Gast’)⒝ V¹: á, V²: ǽ (láta ‘lassen’, lǽtr ‘lässt’)⒞ V¹: o, V²: ø (hnot ‘Nuss’, hnøtr ‘Nüsse’)⒟ V¹: ó, V²: ǿ ( óðr ‘weise’, ǿðr ‘Kunde, Wissen’⒠ V¹: u, V²: y (fullr ‘voll’, lli ‘Völle’)⒡ V¹: ú, V²: ý (mús ‘Maus’, mýss ‘Mäuse’)⒢ V¹: au, V²: ey (hlaupa ‘laufen’, hleypr ‘läu ’)⒣ V¹: jú, V²: ý (djúpr ‘tief ’, dýpri ‘tiefer’)

⒊ Da o häufig aus urnordischem *u hervorgegangen ist (via a-Umlaut, sieht es häufig so aus, alssei das Ergebnis i-Umlauts von o nicht ø, sondern y, z.B. sonr ‘Sohn’ ggü. synir ‘Söhne’.

⒋ Ähnlich verhält es sich mit jó, das mit ý wechselt, wenn es aus jú (< *iu) hervorgegangen ist.

⒌ i-Umlaut tritt

⒜ immer ein, wenn j das potenziell auslösende Element ist: velja ‘wählen’ vs. valda ‘wählte’.⒝ fast immer ein, wenn i im Anord. erhalten ist: vǽri ‘wäre’ ggü. várum ‘waren’.⒞ meist ein, wenn die Stammsilbe eines Wortes lang (entweder langen Vokal tragend oder

auf mindestens zwei Konsonanten endend) ist: gestr < gasti

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⒟ selten ein, wenn die Stammsilbe eines Wortes kurz ist: staðr < *staði

⒍ Insbesondere zu ⒞ und ⒟ gibt es etliche Ausnahmen.

⒎ Der i-Umlaut ist in anord. Zeit nicht mehr produktiv, weswegen sekundäre i, die aus Kürzungeines anderen urnordischen langen Vokals entstanden sind, keinen i-Umlaut auslösen: barni <*barnē ‘Kinde’, mit a als Wurzelvokal

5.3 a-Umlaut• Unbetontes /a/ verursacht in urnordischer Zeit den Übergang eines in unmittelbar vorausge-hender Silbe stehenden i zu e sowie den Übergang eines in unmittelbar vorausgehender Silbestehenden u zu o.

• Dieser Wandel erscheint, o durch analogische Erscheinungen zum Teil wieder ausgeglichenoder vollständig in einem Paradigma durchge hrt, im Altnordischen unregelmäßig.

• Er ist besonders r das Verständnis der Wahl des Vokals der Partizipien Präteritum bei starkenVerben wichtig.

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6 Kurzüberblick proportionale Analogiegleichungen• Neben der Akzeptanz von Lautwandel als ausnahmslosen Lautgesetzen spielt in der junggram-matischen Tradition die morphologische Analogie eine wichtige Rolle.

• Ein großer Teil, aber nicht der gesamte morphologische Wandel, kann mithilfe von propor-tionalen Analogiegleichungen beschrieben werden.

• Eine Analogiegleichung zeigt auf, wie eine neue Flexionsform auf der Basis eines anderenParadigmas neu gebildet wird.

• Beispiel: Zum deutschen Verb flechten wird eine ⒊ Sg. Präs. Ind. flechtet neu gebildet (anstelledes traditionellen flicht). Dies kann durch Analogie zu rechnen erklärt werden:Inf. rechnen : ⒊ Sg. Ind. Präs. rechnetInf. flechten : ⒊ Sg. Ind. Präs. X ; X = flechtet

• Das Wort, das zur Analogie auslösenden Klasse gehört, steht oben.

• Wenn man genau die Änderungen, die man in der oberen Zeile von der linken zur rechten Formdurch hrt (in diesem Fall Ersetzen des n durch t), bei den entsprechenden Flexionsformenauch in der unteren Zeile durch hrt, ist die Gleichung wohlgeformt.

• Um deutlich zu machen, welche Form die neuzubildende Form darstellt, wird sie zuerst durchein X dargestellt.

• In der Folge wird das Ergebnis in der Form “X = neueform” daneben geschrieben.

• Analogiegleichungen brauchen nicht von der Grund-/Wörterbuchform auszugehen.

• Weiteres Beispiel: Im Englischen wird bisweilen shook als Partizip Präteritum verwendet (anstelledes standardsprachlichen shaken). Dies kann durch folgende Analogiegleichung beschriebenwerden:Präteritum made : Partizip Präteritum madePräteritum shook : Partizip Präteritum X; X = shook

• Dies ist eine Möglichkeit, darzulegen, dass der Synkretismus von Präteritum und Partizip Prä-teritum, der im Englischen bei schwachen Verben üblich ist, auf das starke Verb shake übertragenwird.

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7 Vokabelliste7.1 28.04.2016

ō-Verbenkalla (+ Akk. / dopp. Akk.) rufen, nennen

svara (+ Dat. (wem) + Akk. (was) antwortenkasta (+ Dat.) werfenelska (+ Akk.) liebenhata (+Akk.) hassenætla (+Akk.) meinen, vorhaben, planen

leita (+e ir + Dat.) suchenleita (+til + Gen.) jemanden aufsuchen

líka (+Dat. (wem) +Nom. (was)) gefallen, mögensakna (+Nom. (wer) + Gen. (was)) vermissen, fehlen

borða (+Akk.) an der Tafel sitzen, (ver-)speisentala sprechen

mask. a-Stämmekonungr=kóngr König

guð christlicher Gottbiskup Bischofjarl Jarl (hoher Adliger)

heimr Welthestr Pferdprestr Priester

dagr (D. Sg. degi) Tagvegr Wegdómr Urteil

steinn (Stamm stein-) Steineldr Feuer

neut. a-Stämmeguð heidnische Gottheitorð Wortland Landlið Mannscha , Gefolgschalíf Lebenríki Reich, Herrschahús Haus

folk/fólk Menschen, Volksverð Schwertbarn Kindvatn Wasser, Gewässer

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Indeklinabiliaok undat zu (Inf.-Mark.), dassí iná aufen aber, undnú nun, jetzteigi nichteða oder

7.2 23.05.2016fem. ō-Stämme

mǫn Mähnelaug Bad, heiße Quelleg ǫf Geschenk Gabeleið Reiseþjóð Volkþǫrf Bedürfnisfǫr Reise, Fahrt

dróttning (Dat. -u) Königin, Herrscherinvirðing (Dat. -u) Würde, Einschätzung

Die Wörter g ǫf, leið, þjóð, þǫrf und fǫr werden mit der Zeit auch als i-Stämme flektiert.

fem. i-Stämmebǿn Gebetást Liebeferð Reise, Fahrttíð Zeithurð Türborg Burg, Stadthǫll Hallesól Sonne

Der Dativ Sg. der Wörter hurð, borg, hǫll und sól endet besonders in üher Zeit häufig auf -u.

Indeklinabiliaer (es) Relativpartikelþá dann, dasvá so

til (+ Gen.) zu (… hin)með (+ Akk./Dat.) mit

af (+ Dat.) von (nicht im Richtungssinne)þar da, dortsem wie, im Spätanord. auch Rel.-Partikel

7.3 09.06.2016Verben

⒈ Ablautreihe

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bíða (+Gen.) wartenbíta beißen

líða (+Dat) ergehenlíta (+á +Akk.) betrachtenríða (+Dat.) reiten

stíga steigen

⒉ Ablautreihe

bjóða (an-)bietenbrjóta brechen

ljúka (+Dat.) (ab-)schließennjóta (+Gen.) genießenþjóna (+Dat.) dienen

⒊ Ablautreihe

finna (Prät. Pl. fundum) findenhverfa (Prät. Pl. hurfum) verschwinden, sich wendenverða (Prät. Pl. urðum) werden

vinna arbeiten, gewinnen, erlangen

⒋ Ablautreihe

bera tragenvera (unreg. Präsens) sein

⒌ Ablautreihe

gefa gebenlesa (auf-)lesen

⒍ Ablautreihe

fara fahren, gehen, reisentaka nehmen

7.4 15.06.2016(af ) því (at) weil

áðr zuvoram voran, vorwärts

rir því at weilhér hierhvat washver wer

kveða (Abl. 5) sagen, sprechenminn mein

nafn (neut. a-Stamm) Namesinn sein/ihr (nur Reflexiv)þinn dein

þótt (+Konj.) obwohl

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7.5 24.06.2016Schwache Substantive

andi Geistdauði Todgranni Nachbarlíkami Körpertími Zeitkirkja Kirche

kona (Gen. Pl. kvenna) Frausaga Saga, Geschichtetunga Sprache, Zungevísa Strophe, Liedauga Augehjarta Herz

Adjektive

dauðr toteilí unsterblichfullr voll

góðr (neut. gott, betri, bestr) gutillr (verri, verstr) schlecht, böse

langr (lengri, lengstr) langréttr richtigríkr reichsamr gleichsannr wahrspakr klugungr jung (yngri, yngstr)

Die folgenden Wörter sind pronominaler oder numeraler Natur und deklinieren ausschließlichstark:

allr jeder, ganz, allesmargr (meiri, mestr) viel

nǫkkurr einige⒮sjal selbstslíkr solch, derartigsumr manch

7.6 27.06.2016Verben:

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fagna (ō-Verb) + Dat. begrüßenfá (fæ, fekk, fengum, fengit) bekommen, erhalten

ganga (geng, gekk, gengum, gengit) gehengøra/gera (ē/ija-Verb, PP gǫrt, gert) tun, machen

hafa (hef⒤, hafða, ha ) habenheita (heiti, hét, hétum, heitit) heißen

koma (køm/kem, kom, kvámum, komit) kommennefna (ē/ija-Verb) nennenseg a (ja-Verb) sagen

setja (ja-Verb, aber setta) setzensitja (Abl. 5) sitzen

spyrja (ja-Verb) agen

einn (wie hinn) ein⒮um um, über

vel (Adv.) gut, wohlvið⒭ (+Dat./Akk.) bei, gegen

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