entwicklungspsychologie für lehrer die sozial-emotionale entwicklung

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Entwicklungspsychologie für Lehrer

Die sozial-emotionale Entwicklung

Inhalt der Veranstaltung

Die Entwicklung der Emotions- und Handlungsregulation

vom Säuglings- bis zum Schulkindalter

Literaturhinweise

Friedlmeier, Wolfgang, Holodynski, Manfred (1999): Emotionale Entwicklung. Funktion, Regulation und soziokultureller Kontext von Emotionen. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.

Salisch von, Maria (2000): Wenn Kinder sich ärgern. Emotionsregulation in der Entwicklung. Göttingen: Hogrefe Verlag.

BegriffsklärungEmotionsregulation

Nach Frijda: Regulierung von Emotionen:

Alle Strategien zur Umformung des Gefühlsimpulses

Intensivierung, Abschwächung des Gefühls im Ausdruck, Erleben oder Physiologie

Emotionsregulation = psychische & physiologische Prozesse, zur Zielerreichung unter gegebenen Umweltbedingungen

BegriffsklärungBewältigung (Coping)

Nach Lazarus und Folkman: Bemühungen kognitiver & verhaltensmäßiger Art, um mit spezifischen externen bzw. internen Anforderungen, welche die Ressourcen der Person beanspruchen / übersteigen, fertig zu werden

BegriffsklärungBewältigung (Coping)

Bewältigungsformen:

Intrapsychische BewältigungInterpsychische Bewältigung

BegriffsklärungBewältigung (Coping)

Intrapsychische Bewältigungsformen Person führt erforderliche

Bewältigungshandlung selber aus Kognitive Prozesse (Wahrnehmungs-, Denk-,

Vorstellungs-, und Interpretationsmuster)

BegriffsklärungBewältigung (Coping)

Hierzu zählen: Defensive Formen der Bewältigung =

Vermeidung, Bagatellisierung, wirklichkeitsfliehende Phantasien, Rachephantasien.

Umdeutung durch positives Denken Humor Selbstabwertende Gedanken (grüblerische

Selbstbeschuldigungen)

BegriffsklärungBewältigung (Coping)

Interpsychische (aktionale) Bewältigungsformen

Regulation emotionaler Zustände im sozialen Kontext

Person veranlasst andere, motivdienliche Handlungen auszuführen

Selbständiges aktives Handeln

BegriffsklärungBewältigung (Coping)

Hierzu zählen: Angriff, Konfrontation mit dem

belastenden Ereignis Soziale Zuwendung, Rückzug, Flucht Expressive Formen der Bewältigung

(Ausdruck von Gefühlen)

Begriffsklärung Bewältigung (Coping)

Beide Regulationsfunktionen in allen Altersstufen mit unterschiedlichen Anteilen beobachtbar

Säuglinge / Kleinkinder = Überwiegend Verwendung interpsychischer Regulation

Erwachsene = Häufige Verwendung intrapsychischer Strategien

Unterscheidung Emotionsregulation & Coping

Beide Forschungsbereiche zeigen große Überschneidungen bzgl. beobachtbarer Strategien:

= Aufmerksamkeitslenkung / Vermeidung / Ablenkung / Selbstberuhigung / problemorientierte Strategien / Suche nach Unterstützung

Unterscheidung Emotionsregulation & Coping

Coping = Reaktion auf besonders negative, stressvolle Anlässe

Emotionsregulation erfolgt auch innerhalb alltäglicher Anlässe

(Synonyme Verwendung beider Begriffe im Folgenden)

Formen der Regulation

Unterscheidung versch. Regulierungs-prozesse in den Komponenten:

Wahrnehmung & Bewertung von Sachverhalten

Art des Erlebens & Ausdruckverhaltens

Formen der Regulation

Regeln der Bewertung Zu Beginn eines Emotionsprozesses =

Einschätzung der Bedingungen (Legitimität des Gefühls)

Regeln der Bewertung = gesellschaftliche Übereinkünfte bzgl. angemessener Situationsbewertung & Verbalisierung von Gefühlen

Formen der Regulation

Regeln der Bewertung Bewertung für Verlauf des

Emotionsprozesses entscheidend Entschuldigungen, Rechtfertigungen,

Umdeutungen, Ursachenzuschreibung

Einfluss auf Dauer & Qualität des Erlebens

Formen der Regulation

Regeln des Verhaltens Körpereigene physiologische

Veränderungen Regeln beziehen sich auf physiologische

Aktivierung (z.B. physiologische Erregung bei Ärger)

Formen der Regulation

Regulierungsprozesse beim Ausdruck Ausdruckverhalten = Signal für Kommunikation

über Gefühle & zwischenmenschliche Beziehung

Beeinflussung des Ausdrucks durch soziale Bedingungen

Intensität des Ausdrucks abhängig vom sozialen Kontext

Formen der Regulation

Regulierungsprozesse beim Ausdruck Regulierungsbemühungen bezogen auf: Sprachliche Mitteilungen &

paralinguistische Merkmale

(Lautstärke, Sprechgeschwindigkeit, Mimik, Gestik, Körperhaltung & motorische Reaktionen)

Formen der Regulation

Strategien zur Regulierung des Ausdruckverhaltens:

Konzept der Darbietungs- oder Vorzeigeregeln

(kulturvergleichende Forschung von Ekman und Friesen 1988)

„Wer darf wem wann welches Gefühl zeigen & in welcher Intensität“

Formen der Regulation

Techniken zur Umsetzung der Darbietungsregeln Neutralisierung Vergrößerung (Intensivierung des

Gefühlsausdrucks) Verkleinerung (Abschwächung des

Gefühlsausdrucks) Maskierung (Überdeckung des

Gefühlsausdrucks z.B. durch Lächeln) Simulation (Vortäuschen eines Gefühls)

Formen der Regulation

Regulierungsprozesse auf physiologischer Ebene

Beeinflussung des Wohlbefindens auf körperlicher Ebene

Strategien: Bsp. Schlafen, Jogging, Yoga, Meditation Negative Formen: Nahrungsaufnahme,

Alkoholkonsum, Rauchen

Entwicklung Emotionsregulation - Säuglingsalter

Ausdruckverhalten bei Säuglingen:

zielt auf Beeinflussung der BezugspersonAusführung gewünschter Bewältigungs-

handlung durch Bezugsperson

Emotionsregulation bezieht sich auf Interaktion zwischen Bezugsperson & Kind 

Entwicklung Emotionsregulation - Säuglingsalter

Emotionale Reaktivität bei Säuglingen Große Unterschiede bei Neugeborenen bzgl.

Auslösbarkeit, Intensität & Abklingdauer emotionaler Zustände

Gesamtheit der Unterschiede = emotionale Reaktivität

Ursache = unterschiedliche physiologische Ausstattung der Individuen

Entwicklung Emotionsregulation - Säuglingsalter

Emotionale Reaktionen an Erregungsauf- und Abbau gebunden

Emotionsintensität bestimmt durch physikalische & quantitative Reizmerkmale

(Laut-, Lichtstärke, Hunger)Überschreiten eines kritischen Schwellenwertsundifferenzierte Distress-Reaktion (Schreien)

Entwicklung Emotionsregulation - Säuglingsalter

Fähigkeit zur Selbstregulation bereits bei Säuglingen = Verfügen über basale Fähigkeiten zur RegulationOrientierungsfähigkeit:

Ausrichten des Verhaltens auf soziale / nicht-soziale StimuliHabituationsfähigkeit:

Ausblenden störender taktiler, visueller, akustischer Reize

Entwicklung Emotionsregulation - Säuglingsalter

Regulationsfähigkeit Neugeborener noch sehr eingeschränkt

Selbstberuhigung nicht jederzeit möglich Wesentliche Regulierungsvorgänge

zunächst durch Betreuungspersonen = Nahrungszufuhr, Wärmeregulation, Nähe & Sicherheit 

Intrapsychische Regulationsstrategien im Säuglingsalter

Intrapsychische Mechanismen: Bewegung, Ablenkung vom Stimulus,

Vermeidung Kontrolle der Blickbewegung Nähesuchen bei Bedrohungen Intensives Objektspiel Selbsttröstung & -beruhigung

(Daumenlutschen, Haare drehen) ab 4. Monat zweckgerichtet einsetzbar

Interpsychische Regulationsstrategien im Säuglingsalter

Interpsychische Mechanismen

Fordern von Unterstützung der Bezugsperson

Dialogische Ketten (Säugling lacht auf Stimulation durch Erwachsenen = hohe Wahrscheinlichkeit der Wiederholung der Stimulation)

Übergang Säuglingsalter – Kleinkindalter

Entwicklungsverlauf von interpsychischer zur intrapsychischer Regulation:

Skizzierung in 3 Schritten: Dominanz interpsychischer Regulation Entwicklung der Ausdruckfähigkeit Entwicklung der intrapsychischen Regulation

1. Dominanz interpsychischer Regulation als ontogenetischer Ausgangspunkt

Mensch = physiologische Frühgeburt Auf kompensatorische Unterstützung &

Fürsorge angewiesen

emotionale Ausdruckszeichen signalisieren Bedürfnislage = veranlassen Bezugsperson zur Bewältigungshandlungen

Übergang Säuglingsalter – Kleinkindalter

Übergang Säuglingsalter – Kleinkindalter

2. Entwicklung emotionaler Ausdrucks- und Eindrucksfähigkeit

Durch Reaktion der Bezugsperson

Säugling entdeckt Wirkung seiner Ausdrucksgebärden

Lernt diese als intentionale Ausdruckszeichen einzusetzen

Übergang Säuglingsalter – Kleinkindalter

Entwicklung der Ausdruckfähigkeit: Ausdruckszeichen werden vielfältiger,

kontextspezifischer Ausdruckszeichen zunehmend

konventioneller Verwendung von Symbolen zur

Darstellung von Emotionen

Übergang Säuglingsalter – Kleinkindalter

3. Differenzierung der intrapsychischen aus der interpsychischen Regulation

Trennung beider Regulationsfunktionen Unterstützung durch andere Personen nicht

unbedingt erforderlich Interpsychische Regulation = Erfahrungs -

hintergrund Kind führt angemessene Handlung selbständig

aus

Entwicklung Emotionsregulation - Kleinkindalter - Vorschulalter

Ursachen negativer Emotionen im Kleinkindalter:

Wutanfälle meist von kurzer Dauer Spitze der Wutanfälle zwischen dem 12. und 24.

MonatGründe:

Schlechter Gesundheitszustand Lange Wartezeiten zwischen den Mahlzeiten Müdigkeit, Geschwister

Entwicklung Emotionsregulation - Kleinkindalter - Vorschulalter

Gesteigerte Wutanfälle größerer Heftigkeit durch:

Hinderung des Erkundungsverhaltens Blockierung der Eigeninitiative ( Stufe des

objektiven Selbstbewusstsein) Bewusstsein ermöglicht psychische Kränkung Schamgefühle (narzisstische Kränkung) Lernen am Erfolg = Wutanfälle als Strategie

Entwicklung Emotionsregulation - Kleinkindalter - Vorschulalter

Bedeutung des Spracherwerbs (Gefühlsäußerungen)

Mit erhöhter Kränkbarkeit & Ärgeranfälligkeit

neue Möglichkeiten des Ärgerausdrucks Ende des 2. Lebensjahres = verbale

Mitteilungen eigener Gefühlszustände Gesteigertes emotionales Ausdruckverhalten

(Weinen, Lachen)

Entwicklung Emotionsregulation - Kleinkindalter - Vorschulalter

Rückgang der Wutanfälle ab Ende des 2. Lebensjahres

durch Sprache neue Wege der Regulation

statt körperlicher Gewalt/Widerstand = Einsatz der Sprache möglich

Sprache ermöglicht Perspektivenübernahme (Sprechen über Gefühle)

Interpsychische EmotionsregulationKleinkind-Vorschulalter

Bedeutung des Rollenspiels für die Emotionsregulierung 

Kind spielt verschiedene Rollen / Gestaltung der Situation

„Herrscher der Situation“, Selbstermächtigung

Interpsychische EmotionsregulationKleinkind-Vorschulalter

Positive Aspekte des Rollenspiels: Kompensation unbefriedigender Realität Ordnen von Gefühlen durch wiederholte

Gestaltung Erfüllen eigener Wünsche mit Hilfe einer Rolle

(besonders groß, stark sein, Happy End) Erproben verschiedener Regulationsformen

Interpsychische EmotionsregulationKleinkind-Vorschulalter

Lernmöglichkeiten im kooperativen Rollenspiel: Gefühle durch inszenierte Spielhandlung

mitteilen Nachstellen gefühlsgeladener Situationen =

Kennenlernen verschiedener Gefühls-Skripte Verständnis für Ursachen & Konsequenzen

von Gefühlen

Intrapsychische Emotionsregulation Kleinkind-Vorschulalter

Rolle der Perspektivendifferenzierung: Wissen wie andere in emotionsgeladenen

Situationen denken & fühlen= Einfluss auf Entstehung & Regulierung der Gefühle 

Perspektivenübernahme / Perspektivendifferenzierung eng verbunden mit Entwicklung von Empathie & Schuldgefühlen

Intrapsychische Emotionsregulation Kleinkind-Vorschulalter

Deutung emotionaler Anlässe:(2. Hälfte des 1. Lebensjahres)

Steigerung der Flexibilität & Qualität von Bewertungsprozessen

Heranziehen versch. Deutungen möglich Umdeutung von Anlässen =

Abwehmechanismen (Leugnung, Rationalisierung, Projektion) zur Reduktion negativer Erlebnisse

Intrapsychische Emotionsregulation Kleinkind-Vorschulalter

Wissen über Gefühle -  Theory of mind Zunehmende Kenntnis über Funktionsweise

der Psyche Je entwickelter das Verständnis, desto besser

die Fähigkeit, sich in Wünsche, Vorstellungen anderer hineinzuversetzen

zunehmende Unterstützungsfähigkeit Umkehrseite: bessere Fähigkeiten andere zu

provozieren, treffsicher zu kränken

Intrapsychische Emotionsregulation Kleinkind-Vorschulalter

Entwicklung der Modulation des Ausdrucks von Gefühlen:

Wissen um Verstellbarkeit des Ausdruckverhaltens

Möglichkeit der Täuschung

Unterscheidung zwischen innerlich erlebten Gefühlen & Ausdruckverhalten

Intrapsychische Emotionsregulation Kleinkind-Vorschulalter

Entwicklung der Darbietungsregeln:(Ab 3. Lebensjahr)

Kinder können falsche Tatsachen überzeugend vorspielen

Experiment von Saarnis / Cole: Maskierung von Enttäuschung bei Erhalt

eines unattraktiven Geschenks

Intrapsychische Emotionsregulation Kleinkind-Vorschulalter

Verinnerlichung moralischer Regeln & Verhaltenserwartungen:

Wissen über moralische Regeln ab 2. Lebensjahr:

Verinnerlichung moralischer Regeln = Prozess der Gewissensbildung

Übernahme von Werten, Normen & moralischen Standards, auch in Abwesenheit äußerer Strafen

Entwicklung Emotionsregulation - Schulkindalter

Emotionsregulation selbständig ohne soziale Rückversicherung möglich

Kind benötigt dennoch in emotional belastenden Situationen Unterstützung der Eltern

Unterstützungssuche jedoch aktiv & eigenständig

Entwicklung Emotionsregulation - Schulkindalter

Wissen über Gefühle = Fähigkeit eigene & andere Emotionen zu verstehen nimmt zu

Bewältigungsstrategien werden vielfältiger Regulationsstrategien werden angemessener

ausgewählt Ausweitung der Strategien

von konkreten Verhaltensstrategien zu überwiegend mentalen Strategien

Entwicklung Emotionsregulation - Schulkindalter

Emotionsregulation & soziale Kompetenz:

Zunehmende Ausrichtung der Regulationsstrategien auf Sozialverhalten, Akzeptanz bzw. Ablehnung Gleichaltriger

Auswahl der Regulationsstrategien im Dienste der Zielerreichung

Intrapsychische Emotionsregulation im Schulkindalter

Bewertungsprozesse: Mit Beginn des Schulkindalters Attributionen

(verursachende Bedingungen) für Emotionen größtenteils entwickelt

Auslösende Faktoren werden erkannt Beurteilung einer Situation nach

Handlungsabsicht & Motiv – nicht nach Ausmaß

Intrapsychische Emotionsregulation im Schulkindalter

Verarbeitung sozialer Hinweisreize:

interindividuelle Unterschiede bei Wahrnehmung & Bewertung der gleichen Situation 

Hinweisreiz (Bsp. Kind wird von einem anderen angerempelt) – wird in verschiedenen Schritten verarbeitet

Intrapsychische Emotionsregulation im Schulkindalter

Modell zur Verarbeitung sozialer Hinweisreize von Keneth Dodge (1986)

1. Wahrnehmung & Enkodierung sozialer Hinweisreize 

2. Mentale Repräsentation & Interpretation Überwiegend erlernte Interpretation Je nach Interpretation unterschiedliche

Handlung

Emotionsregulation im Schulkindalter

Verschiedene Strategien der

Emotionsregulation im Schulkindalter Konfrontieren und schädigen (konfrontierendes

Verhalten, Intrigen, Rachegedanken) Sich distanzieren

= Distanzierung & Ablenkung vom Verursacher, Suche nach Hilfe & Unterstützung bei unbeteiligten Kindern)

Emotionsregulation im Schulkindalter

Verschiedene Strategien der Emotionsregulation im Schulkindalter

Sich erklären und zurücknehmen = Erklären des eigenen Ärgers, Zurücknehmen des eigenen Anspruchs

Humor

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