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Anaerobe und aerobe Schlammstabilisierung - ein Verfahrensvergleich Dr. RICHARD HELM ER, EA W AG, Dübendorf In den vergangenen Jahren wurden an verschiedenen wis- senschaftlichen Instituten Versuche und auf mehreren Kläranlagen Betriebsuntersuchungen zur aeroben Behand- lung von Abwasserschlämmen durchgeführt. Die EAW AG unternahm zunächst auf ihrer Versuchsstation Tüffenwies [ 1 ] ui:id anschliessend auf der Kläranlage J ona [ 2] um- fangreiche Forschungsarbeiten für die getrennte aerobe Stabilisierung von Kommunalschlämmen. Die Entwick- lung dieses Verfahrens bis zur praktischen Einsatzfähigkeit sowie die_ Abklärung der massgebenden Dimensionierungs- u~d Betriebsparameter erlaubt nun einen Bezug zum be- reits bekannten und bewährten Verfahren der Schlamm- faulung, d. h. der anaeroben Stabilisation. Die verfahrens- technische und kostenmässige Gegenüberstellung dieser beiden Alternativen zur biologischen Schlammbehandlung soll Gegenstand der nachfolgenden Abhandlung sein. 1. Problemstellung Bei der mechanisch-biologischen Reinigung von Abwäs- sern fallen aus beiden Behandlungsstufen Feststoffe an die als Schlamm vom gereinigten Ablauf abgetrennt wer~ den und einer unmittelbarenWeiterverarbeitung bedürfen. Der gemischte Schlamm mit einem Feststoffgehalt zwi- schen 2 und 4 % besteht zum überwiegenden Teil aus organischen Substanzen, die mikrobiell gut angreifbar sind und deshalb rasch in stinkende Fäulnis übergehen würden. Durch ihren Anteil an Fäkalstoffen menschlicher und tierischer Herkunft sind sie ausserdem stark mit pa- thogenen Keimen durchsetzt, die besondere hygienische Massnahmen erforderlich machen. In der Kläranlagentechnik hat es sich daher als praktisch und wirtschaftlich sinnvoll erwiesen, den anfallenden Schlamm direkt einer mikrobiellen Behandlungsstufe zuzu- führen, wo die leicht abbaubaren organischen Feststoffe unter kontrollierbaren Bedingungen metabolisiert werden können. Als Endprodukt erhält man einen «stabilisierten» Schlamm. Die Kriterien für ausreichende Stabilisation sind zahlreich, sie versuchen den absoluten oder techni- schen Endpunkt quantitativ zu definieren. Für die anaero- be und die aerobe Behandlung sind verschiedene Para- meter massgebend, die in den zugehörigen Abschnitten kurz angeführt werden sollen. Als gemeinsame Basis lassen sich aufgrund rein empirischer Beobachtungen und Ueber- legungen zwei massgebende Bedingungen angeben, die in jedem Fall von einem stabilisierten Schlamm erfüllt sein müssen [3]: a) Der Schlamm muss für längere Zeit unter natürlichen Bedingungen lagerfähig sein, ohne irgendwelche unan- genehmen Geruchsstoffe abzugeben, d. h. es dürfen keine leicht zersetzbaren organischen Feststoffe mehr enthalten sein. Diese sollten durch die vorausgegange- nen Abbauprozesse entweder zu anorganischen Reak- tionsprodukten oder zu relativ stabilen organischen Verbindungen umgewandelt worden sein. b) Der Schlamm muss unter natürlichen Bedingungen (Schwerkraft) gut entwässerbar sein. Dies wird durch den vorangehenden Abbau insbesondere der hydro- philen organischen Kolloidsubstanzen erreicht, die durch ihre grosse spezifische Oberfläche die Trennung des Schlammwassers von den Feststoffen sehr stark behindern. ~ähr~nd das Trübwasser aus der Schlammfaulung noch mit emem hohen Anteil an gelösten organischen Sub- stanzen belastet ist, weist das Ueberstandswasser aus der Aerob-Stabilisierung relativ geringe Verunreinigungen auf, so dass seine Qualität als Betriebsparameter zur Ver- fahrensbeurteilung und -kontrolle mit herangezogen wer- den kann [2]. Da mit beiden biologischen Behandlungsmethoden etwa dieselbe Qualität des stabilisierten Endprodukts erreicht we~den kann, ist ein y ergleich auf dieser Basis als ge- memsames Verfahrensziel angemessen. Durch die in bei- den Fällen mehrtägige Verweilzeit in einem biologischen Reaktionsbehälter wird auch eine starke Reduktion der Keimzahlen für pathogene Organismen erreicht [ 4]. Die verbleibenden Mengen sind jedoch für den Nassaustrag auf Grünflächen noch zu gross, so dass ein weiterer Schritt zur hygienischen Stabilisierung des Schlammes mittels Pasteurisierung erforderlich ist. Die späteren Wirtschaft- lichkeitsberechnungen sollen daher neben der Gegenüber- stellung von getrennter aerober und anaerober Stabili- sation auch die Pasteurisierung als Verfahren im biolo- gisch-hygienischen Bereich der Schlammbehandlung mit einschliessen. Kombinierte Verfahren wie Emscherbrun- nen oder Oxidationsgraben zur gemeinsamen Stabilisation werden hierbei ausser Betracht gelassen. Damit ergeben sich für die überwiegende Zahl schweizeri- scher Kläranlagen drei Alternativen zur Schlammbehand- lung: Schlamm- anfall biolo- _.,,.,r' gische Stabili- -i,,- . sierung natürliche Entwässerung auf Trockenbeeten Konditio- nierung Pasteuri- sierung -i,,- -i,,- Deponie mechan. En twäs- -i,,- Deponie serung Nassaustrag auf landwirtschaft- liche Flächen Aufgrund der klimatischen Verhältnisse in der Schweiz ist die Wirksamkeit der natürlichen Entwässerung sehr beschränkt, weshalb hauptsächlich die beiden anderen Systeme vorgezogen werden müssen. Unter Beachtung besonderer arbeitstechnischer und hygienischer Vorkeh- rungen kann bei hochthermischer Konditionierung evtl. auf die biologische Stabilisierung als Zwischenschritt verzichtet werden [5], während dies bei chemischer Kon- ditionierung nicht em::,fohlen werden kann. Die Pasreu- risierung bei der dritten Alternative soll in die Ueberle- gungen mit einbezogen werden, da eine Kombination mit der anaeroben Stabilisierung über das Faulgas als gemein- sam nutzbarer Heizenergie möglich ist. In allen anderen ,Fällen ist die Beurteilung der Stabilisationsstufe vom nachfolgenden Behandlungsschema unabhängig. Als Zufuhr zu dieser biologischen Einheit wird der übli- cherweise aus dem Schlammtrichter des Vorklärbeckens abgezogene Frischschlamm betrachtet, der sich aus einem Anteil Primärschlamm der eigentlichen Vorklärung und dem rückgeführten Ueberschussschlamm der biologischen 1

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Anaerobe und aerobe Schlammstabilisierung - ein Verfahrensvergleich Dr. RICHARD HELM ER, EA W AG, Dübendorf

In den vergangenen Jahren wurden an verschiedenen wis-senschaftlichen Instituten Versuche und auf mehreren Kläranlagen Betriebsuntersuchungen zur aeroben Behand-lung von Abwasserschlämmen durchgeführt. Die EA W AG unternahm zunächst auf ihrer Versuchsstation Tüffenwies [ 1 ] ui:id anschliessend auf der Kläranlage J ona [ 2] um-fangreiche Forschungsarbeiten für die getrennte aerobe Stabilisierung von Kommunalschlämmen. Die Entwick-lung dieses Verfahrens bis zur praktischen Einsatzfähigkeit sowie die_ Abklärung der massgebenden Dimensionierungs-u~d Betriebsparameter erlaubt nun einen Bezug zum be-reits bekannten und bewährten Verfahren der Schlamm-faulung, d. h. der anaeroben Stabilisation. Die verfahrens-technische und kostenmässige Gegenüberstellung dieser beiden Alternativen zur biologischen Schlammbehandlung soll Gegenstand der nachfolgenden Abhandlung sein.

1. Problemstellung

Bei der mechanisch-biologischen Reinigung von Abwäs-sern fallen aus beiden Behandlungsstufen Feststoffe an die als Schlamm vom gereinigten Ablauf abgetrennt wer~ den und einer unmittelbaren Weiterverarbeitung bedürfen. Der gemischte Schlamm mit einem Feststoffgehalt zwi-schen 2 und 4 % besteht zum überwiegenden Teil aus organischen Substanzen, die mikrobiell gut angreifbar sind und deshalb rasch in stinkende Fäulnis übergehen würden. Durch ihren Anteil an Fäkalstoffen menschlicher und tierischer Herkunft sind sie ausserdem stark mit pa-thogenen Keimen durchsetzt, die besondere hygienische Massnahmen erforderlich machen. In der Kläranlagentechnik hat es sich daher als praktisch und wirtschaftlich sinnvoll erwiesen, den anfallenden Schlamm direkt einer mikrobiellen Behandlungsstufe zuzu-führen, wo die leicht abbaubaren organischen Feststoffe unter kontrollierbaren Bedingungen metabolisiert werden können. Als Endprodukt erhält man einen «stabilisierten» Schlamm. Die Kriterien für ausreichende Stabilisation sind zahlreich, sie versuchen den absoluten oder techni-schen Endpunkt quantitativ zu definieren. Für die anaero-be und die aerobe Behandlung sind verschiedene Para-meter massgebend, die in den zugehörigen Abschnitten kurz angeführt werden sollen. Als gemeinsame Basis lassen sich aufgrund rein empirischer Beobachtungen und Ueber-legungen zwei massgebende Bedingungen angeben, die in jedem Fall von einem stabilisierten Schlamm erfüllt sein müssen [3]: a) Der Schlamm muss für längere Zeit unter natürlichen

Bedingungen lagerfähig sein, ohne irgendwelche unan-genehmen Geruchsstoffe abzugeben, d. h. es dürfen keine leicht zersetzbaren organischen Feststoffe mehr enthalten sein. Diese sollten durch die vorausgegange-nen Abbauprozesse entweder zu anorganischen Reak-tionsprodukten oder zu relativ stabilen organischen Verbindungen umgewandelt worden sein.

b) Der Schlamm muss unter natürlichen Bedingungen (Schwerkraft) gut entwässerbar sein. Dies wird durch den vorangehenden Abbau insbesondere der hydro-philen organischen Kolloidsubstanzen erreicht, die

durch ihre grosse spezifische Oberfläche die Trennung des Schlammwassers von den Feststoffen sehr stark behindern.

~ähr~nd das Trübwasser aus der Schlammfaulung noch mit emem hohen Anteil an gelösten organischen Sub-stanzen belastet ist, weist das Ueberstandswasser aus der Aerob-Stabilisierung relativ geringe Verunreinigungen auf, so dass seine Qualität als Betriebsparameter zur Ver-fahrensbeurteilung und -kontrolle mit herangezogen wer-den kann [2]. Da mit beiden biologischen Behandlungsmethoden etwa dieselbe Qualität des stabilisierten Endprodukts erreicht we~den kann, ist ein y ergleich auf dieser Basis als ge-memsames Verfahrensziel angemessen. Durch die in bei-den Fällen mehrtägige Verweilzeit in einem biologischen Reaktionsbehälter wird auch eine starke Reduktion der Keimzahlen für pathogene Organismen erreicht [ 4]. Die verbleibenden Mengen sind jedoch für den Nassaustrag auf Grünflächen noch zu gross, so dass ein weiterer Schritt zur hygienischen Stabilisierung des Schlammes mittels Pasteurisierung erforderlich ist. Die späteren Wirtschaft-lichkeitsberechnungen sollen daher neben der Gegenüber-stellung von getrennter aerober und anaerober Stabili-sation auch die Pasteurisierung als Verfahren im biolo-gisch-hygienischen Bereich der Schlammbehandlung mit einschliessen. Kombinierte Verfahren wie Emscherbrun-nen oder Oxidationsgraben zur gemeinsamen Stabilisation werden hierbei ausser Betracht gelassen. Damit ergeben sich für die überwiegende Zahl schweizeri-scher Kläranlagen drei Alternativen zur Schlammbehand-lung:

Schlamm-anfall

biolo- _.,,.,r' gische Stabili- -i,,-

. sierung

natürliche Entwässerung auf Trockenbeeten Konditio-nierung

Pasteuri-sierung

-i,,-

-i,,- Deponie

mechan. En twäs- -i,,-Deponie serung Nassaustrag auf landwirtschaft-liche Flächen

Aufgrund der klimatischen Verhältnisse in der Schweiz ist die Wirksamkeit der natürlichen Entwässerung sehr beschränkt, weshalb hauptsächlich die beiden anderen Systeme vorgezogen werden müssen. Unter Beachtung besonderer arbeitstechnischer und hygienischer Vorkeh-rungen kann bei hochthermischer Konditionierung evtl. auf die biologische Stabilisierung als Zwischenschritt verzichtet werden [5], während dies bei chemischer Kon-ditionierung nicht em::,fohlen werden kann. Die Pasreu-risierung bei der dritten Alternative soll in die Ueberle-gungen mit einbezogen werden, da eine Kombination mit der anaeroben Stabilisierung über das Faulgas als gemein-sam nutzbarer Heizenergie möglich ist. In allen anderen ,Fällen ist die Beurteilung der Stabilisationsstufe vom nachfolgenden Behandlungsschema unabhängig. Als Zufuhr zu dieser biologischen Einheit wird der übli-cherweise aus dem Schlammtrichter des Vorklärbeckens abgezogene Frischschlamm betrachtet, der sich aus einem Anteil Primärschlamm der eigentlichen Vorklärung und dem rückgeführten Ueberschussschlamm der biologischen

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Stufe ( meist Belebtschlammverfahren) zusammensetzt. Für schweizerische Verhältnisse kann durchschnittlich mit einer spezifischen täglichen Feststoffmenge von 105 g TS/ E · d gerechnet werden [ 6]. Der organische Anteil mit 70 g oTS/E · d beträgt im Mittel % der gesamten Frisch-schlammenge. Bei Simultanfällung der Phosphate sind 115 g TS/E · d im Frischschlamm zu erwarten, während bei Nachfällung eine Tertiärschlammenge von etwa 70 g TS/E · d zusätzlich anfällt [ 6]. Die biologische Sta-bilisierung wird in beiden Fällen prinzipiell nicht verän-dert, so dass erst bei der nachfolgenden Entwässerungs-stufe eine Berücksichtigung erfolgen muss. Ziel der Untersuchung ist es, einen qualitativen und quan-titativen Vergleich der aeroben mit der anaeroben bio-logischen Stabilisation aufgrund ihres mikrobiologischen Reaktionsschemas und ihres technischen Ablaufs mittels bekannter Gesetzmässigkeiten und empirischer Zahlen-werte sowie der durchschnittlich anfallenden Schlammen-gen anzustellen. Die Gegenüberstellung verfahrenstechni-scher Notwendigkeiten und bautechnischer Gewohnhei-ten soll eine dem jeweiligen Prozess gerecht werdende Bewertung beim nachfolgenden Kostenvergleich ermög-lichen und die oft sehr stark variierenden Ergebnisse [ 7] [ 8] erklärbar machen.

2. Anaerobe Stabilisation von Schlämmen

2 .1 Verfahrenstechnische Grundlagen

Die anaerobe Behandlung von Schlämmen, traditionell als Faulung bezeichnet, beruht auf mikrobiologischen Um-setzungs- und Abbauvorgängen unter Abwesenheit mole-kular gelösten Sauerstoffs, d. h. unter Luftabschluss. In zwei Reaktionsschritten werden dabei die organischen Schlamminhaltsstoffe in verschiedene stabile Produkte umgewandelt: zunächst werden die partikulären Stoffe von fakultativ und obligat anaeroben Bakterien hydrolysiert, resorbiert und in niedermolekulare Verbindungen umge-wandelt; diese können unmittelbar anschliessend von den Methanbakterien aufgenommen und zu Methan und Kohlendioxid als gasförmige Reaktionsendprodukte meta-bolisiert werden. Die beiden Prozesse müssen so aufeinan-der abgestimmt sein, dass keine Anreicherung der Reak-tionszwischenprodukte eintritt, die eine die Methanbak-terien schädigende pH-Wert-Absenkung herbeiführen würden. Unter optimalen Bedingungen lassen sich bis zu 600 1 Faulgas je zugeführtes kg oTS erzielen, das etwa zu 2/3 aus CH4 und zu 1/3 aus C02 besteht. Dieses Gas wird zur Erwärmung des Faulraums verwendet, da die anaerobe Stabilisation vorteilhaft bei Temperaturen von 30 bis 35° C durchgeführt werden sollte. Während früher die Schlammfaulung häufig in nicht durchmischten Becken bei niedriger Temperatur (Emscherbrunnen) stattfand, werden heute separate Faulbehälter als kontinuierlich durchmischte Durchflussfermenter mit gleichförmiger Beschickung betrieben [ 8]. Der für die Reaktionskinetik, und damit für die Dimensio-nierung, massgebende Parameter ist die mittlere D_urch-flusszeit im Faulbehälter, die sich nach der germgen Wachstumsrate der prozessbestimmenden Methanbakte-rien richtet. Mit der spezifischen Gasproduktion als Kon-trollgrösse lässt sich aus praktischen Versuchen eine rech-nerische Aufenthaltszeit ermitteln, bei der noch keine Auswaschung der Methanbakterien zu befürchten ist. Wie Abb. 1 zeigt, liegt die kritische Zeit bei 12 Tagen. Unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages beim prak-

2

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• T= 35 °C nach Torpey [91

o T = 30 °C nach Noack [10]

15 20

Theoretische Faulzeit t [d]

Abbildung 1: Entwicklung von Faulgas bei anaerober Stabilisie-rung in Abh. von der Durchflusszeit, nach [8]

tischen Betrieb kann für die Auslegung von technischen Faulbehältern von einer Durchflusszeit von etwa 15 Ta-gen (bei 30 bis 35° C) ausgegangen werden. Die organi-schen Schlammstoffe werden dabei zu etwa 40 bis 70% (Mittel: 50%) abgebaut [11]. Die anaerobe Schlammstabilisierung ist aufgrund der mi-krobiellen Reaktionsprodukte sehr gut über den Gasanfall, die Gaszusammensetzung und den Abbaugrad bezüglich organischer Substanzen zu kontrollieren. Die Entwässer-barkeit als Stabilisationskriterium ist bei der Nachein-dickung als zweiter Verfahrensstufe unter Abtrennung von Faulwasser direkt erfassbar. Die geforderte Geruchs-freiheit ist bei störungsfreier Methanproduktion ( 2. Pha-se im Reaktionsschema) gewährleistet, da keine Anrei-cherung von übelriechenden Produkten aus der 1. Phase ( z. B. niedere Fettsäuren, Alkohole, Aminosäuren, etc.) erfolgen kann.

2.2 Dimensionierung und Betriebsparameter

Der Schlamm wird aus dem Vorklärbecken direkt - oder über eine Voreindickung - in den beheizten Faulbehälter gepumpt, wo die eigentliche Stabilisation unter entspre-chender Gasentwicklung stattfindet. Der stabilisierte, resp. ausgefaulte Schlamm wird anschliessend in einem Nacheindicker, oft als identischer zweiter Faulbehälter ausgeführt, in Faulwasser und eingedickten Faulschlamm aufgetrennt. Der Faulbehälter wird auf der Basis einer vorgegebenen Durchflusszeit dimensioniert, so dass sich bei zunehmen-der Feststoffkonzentration im Frischschlamm das erfor-derliche Behältervolumen verkleinert. Als Ausgangswert für die in Tab. 1 durchgeführten Berechnungen dient ein spezifischer Schlammanfall von 105 g TS/E · d mit 70 g oTS/E · d organischem Anteil.

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Tabelle 1: Spezifische Faulraumgrössen bei unterschiedlicher Faul-zeit und Frischschlammkonzentration

mittlere Durchflusszeit d 15 20 Voreindickung ohne mit ohne mit Frischschlamm-Konzentration °/o 4 6 4 6 Schlammvolumenanfall //E·d 2,63 1,75 2,63 1,75 erforderliches Faulraumvolumen l/E 39,5 26,2 52,6 35,0 organische Belastung kg oTS/m3·d 1,77 2,67 1,33 2,00

In der schweizerischen Bautechnik von Kläranlagen hat sich die Ausführung des Nacheindickers in Form eines unbeheizten zweiten Faulraums eingebürgert. Damit kann die kürzere Faulzeit von 15 Tagen für die eigentliche Faulungsstufe angesetzt werden, da der weit überdimen-sionierte Nacheindicker eine Reserve für ungünstige Be-triebsphasen bietet. Zieht man den Schlamm direkt aus dem Vorklärbecken ab, so kann mit einem Feststoffgehalt von etwa 4 % gerechnet werden. Nach Tabelle 1 ergibt sich damit ein spezifisches Behältervolumen von 40 l/E, d. h. es sind zwei Faulräume mit je 40 l/E zu erstellen. Schaltet man jedoch eine Voreindickung dazwischen, so kann eine Beschickungskonzentration von mindestens 6 % im Frischschlamm erreicht werden. Wird der verfahrenstechnisch nicht notwendige zweite Faulraum durch einen wesentlich kleineren Nacheindicker ersetzt, so sollte sicherheitshalber eine etwas längere Faul-zeit gewählt werden. So muss bei Faulzeiten von 15 bis 20 Tagen mit einem Behältervolumen von 26-35 l/E, im Mittel von 30 l/E, gerechnet werden. Als organische Belastung ergeben sich 1.7 kg oTS/m3

• d im ersten und 2.0 bis 2.7 kg oTS/m3

• d im zweiten Fall. Diese Werte liegen im Bereich der von verschiedenen Autoren ange-gebenen Dimensionierungsparameter [ 12] [ 13]. Das Weglassen des zweiten Faulraums erfordert strenge Ein-haltung der Fermenterbedingungen:

Konstante Temperatur ( Vorerwärmung des Frisch-schlamms) Kontinuierliche Schlammrezirkulation (Mischung) Kontinuierlicher Durchfluss ( Frischschlammzufuhr und Faulschlammverdrängung) Betriebsüberwachung und -kontrolle

Für grössere Anlagen kann durch verschiedene Intensi-vierungsmassnahmen die Faulzeit auf 10 bis 15 Tage re-duziert werden, was bei guter Voreindickung zu organi-schen Belastungen von 3 bis 5 kg oTS/m3

• d führen kann [13][14]. Der Voreindicker kann überschlägig mit einer Oberflä-chenbelastung von 50 kg TS/m2 • d dimensioniert werden. Damit ergibt sich je Einwohner eine Oberfläche von

0.105 kg TS/E · d = 0.002l m2/E. 50 kg TS/m2

• d Mit einer Gesamthöhe nach [23] aus Sedimentations-, Konsolidations- und Schlammräumzone von 3 m errechnet sich das spezifische Volumen zu 0.0021 x 3 = 0.0063 m3

oder ca. 6 l/E. Der Nacheindicker könnte aufgrund der von 70 g oTS/ E · d infolge 50% Abbau der organischen Stoffe auf 35 g oTS/E · d, also 70 g TS/E · d, verringe~ten Fests~offm.e~-ge mit 4 l/E ausgelegt werden. Da er Jedoch gle1chze1t1g als Zwischenspeicher vor weiteren Behandlungsstufen dient ist von einer Mindestaufenthaltszeit von 3 Tagen auszdgehen, was bei einem mittleren Schlammvolumen-

anfall von ca.2 l/E · d ebenfalls eine Baugrösse von 6 l/E ergibt. Der Faulgasbehälter kann aufgrund eines rraktisch zu er-wartenden Gasanfalls von etwa 450 l/kg öTS oder 300 !/kg TS ausgelegt werden [16]. Die spezifische Gasent-wicklung beträgt demnach 300 !/kg TS · 0.105 kg TS/ E · d = 31.5 l/E · d. Die Gasglocke sollte 25 bis 50% einer Tagesproduktion speichern können, was zu einem Volumen von etwa 10 l/E führt. Die Ausführung kann als separates Bauwerk mit Stahlglocke und Betonwanne, als Nacheindicker mit aufgesetzter Stahlglocke, als Trok-kengasbehälter mit Kunststoffmembrane oder bei grösse-ren Anlagen als Kugelgasbehälter erfolgen. Der intensivierte Faulungsbetrieb erfordert neben der Heizung des Faulrauminhalts auch eine Vorerwärmung und Vormischung der Frischschlammzufuhr. Für die nach-folgenden Energieberechnungen kann von einer vollstän-digen Wärmebedarfsdeckung durch das im Prozess selbst entstehende Faulgas mit einem Heizwert von 5000 bis 6000 kcal/ m3 ausgegangen werden [ 13] [ 15]. Als Heiz-systeme kommen innen- oder aussenliegende Wärmeaus-tauscher oder Heizzylinder für kleinere bis mittlere An-lagen in Frage. Durch eine aussen liegende Umwälzpumpe kann ein langsamer Schlammkreislauf mit gleichzeitiger Zufuhr des eingemischten Frischschlamms im kontinuier-lichen Betrieb erfolgen. Zur intensiven Durchmischung des Faulrauminhalts ist jedoch ein interner Schrauben-schaufler oder eine Faulgaseinpressung und -rezirkulation erforderlich. Aus Firmenangaben ergibt sich die in Abb. 2 dargestellte lineare Abhängigkeit der volumenspezifisch installierten Leistung ( W /m3

) von der Umwälzrate in m3/m3

• h oder m3/m3 • d.

Für die Faulgaseinpressung ergibt sich analog ein An-schlusswert von ca. 5 W / m3Becken bei einer Kompressor-leistung von 0.1 m3Gas/m3Becken · h. Aus der Förderleistung der gewählten Mischapparate und ihrer Einschaltdauer ergibt sich die Anzahl der täglichen Umwälzungen des Faulrauminhalts, die insgesamt nicht unter 6 bis 8 d ·1 liegen sollte. Sinnvoll kombiniert wer-den können externe Umwälzung ( 1.5 W / m3

) mit Schrau-benschaufler (4 W/m3

) bzw. mit Faulgaseinpressung (5 W/m3

).

5

Schrauben-schaufler

"' 4 {intern l E ' 3:

:ll> externe 3 Umwälz=

.c () pumpe :,

/ ~ l;; / > 2 Q) / ·e Q) s! Jj ~

/ Q) ' •1 Firmen-.c

o angaben () / "' ;;: /, ·;;;; Q) C.

00 (f) 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 [h-1]

1 1 1 1 0 4 8 12 16 18 24 Cd-1l

Spezifische Umwälzleistung % [ m3 /m3 · Zeit]

Abbildung 2: Umwälzung des Faulrauminha!ts in Abh. vom Energieeintrag

3

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3. Aerobe Stabilisation von Schlämmen

3 .1 Ver/ ahrenstechnische Grundlagen

Die aerobe Behandlung von Schlämmen beruht auf mikro-biellen Umsetzungs- und Respirationsvorgängen, bei de-nen mittels molekular gelösten Sauerstoffs die leicht ab-baubaren organischen Schlammsubstanzen metabolisiert werden. Während ein Teil davon bis zu Kohlendioxid und Wasser oxidiert wird, machen andere Stoffe nur einen Teilabbau bis zu relativ stabilen Verbindungen durch, oder sie werden zu Zellmasse assimiliert. Für den Prozess selbst, wie auch für die Stabilität des Endprodukts ( Ge-ruchsfreiheit, Entwässerbarkeit), ist die Aufrechterhal-tung aerober Verhältnisse auch im Innern der Schlamm-flocken erforderlich. Daher darf die Partikelkonzentration im Stabilisationsbecken nicht zu hoch gewählt werden und ferner muss eine ausreichende Sauerstoffkonzentration im gesamten Reaktionsbecken messbar vorhanden sein. Da bei steigender Schlammkonzentration die erforderliche Umwälzleistung zu- und die Sauerstoffeintragsleistung ( o. -Wert) abnimmt, muss die Belüftungseinrichtung grosszügig ausgelegt werden. Verfahrenstechnisch wird der Aerob-Stabilisator analog zum Faulbehälter als kontinuierlich durchmischter und be-schickter Durchflussfermenter ohne Schlammrezirkulation betrieben [ 8]. Damit ist das Schlammalter ( Durchfluss-zeit der Feststoffe) identisch mit der Stabilisierungszeit ( hydraulische Durchflusszeit) [ 3]. In einer anschliessen-den Eindickstufe findet dann die Trennung des Schlamm-wassers von den konsolidierten Schlammfeststoffen statt. Eine Voreindickung vor dem Aerob-Stabilisator ist nicht sinnvoll, da die maximal zulässige Beschickungskonzen-tration bereits unterhalb der im Schlammtrichter eines Vorklärbeckens erreichbaren Feststoffkonzentration liegt. Der Temperatureinfluss liegt analog zur anaeroben Sta-bilisation bei einem E>io von etwa 2 .0 [ 7] [ 8]. Während der anaerobe Stabilisator künstlich auf 30-35° C gehalten wird, muss der aerobe Reaktor unter natürlichen Bedin-gungen betrieben werden. Der Wärmehaushalt wird dah~r entscheidend durch die Verdampfungswärme des an d1e Atmosphäre abgegebenen Verdunstun~~wassers bee~n-flusst. Durch eine Abdeckung des Stabilisators kann Je-doch auch unter winterlichen Bedingungen dieser Ein-fluss so minimiert werden, dass eine Wassertemperatur von 10° C nicht unterschritten wird [ 2]. Für die Beurteilung des Stabilisationserfolgs bzw. -grads wurden verschiedene Parameter wieAtmungsaktivität [ 3], Gasentwicklung im Nachfaulversuch [ 17], Fettgehalt [18), Kohlenstoff- und Wasserstoffgehalt [19), der. Ab-bau organischer Stoffe und verschiedene Schlammeigen-schaften herangezogen [ 7] [ 20]. Alle derartigen Kriterien haben sich entweder als nicht signifikant, nicht reprodu-zierbar und übertragbar oder als nicht praktikabel er-wiesen. Die beiden eingangs festgelegten ~o~derungen nach gu.:er Entwässerbarkeit und Geruchsfre1he1t des Schlamms kon-nen aufgrund der Erfahrungen auf der Klär~nl~ge Jona [2] noch durch die Qualität des aus dem Emd1cker ab-gezogenen Schlammwassers ergänzt werden (BSBs < 60 mg/l, COD <200 mg/l, org. C <50 mg/1, org. N < 20 mg/l). Ferner ergaben sich als Betriebsparameter fol~ende Grenz-bzw. Mittelwerte für schweizerische Verhältmsse [ 8 J: _ Feststoffkonzentration im Stabilisator von 15 bis

20 g TS/l

4

- Messbare Sauerstoffkonzentration im Stabilisator von 2 bis 3 mg 02/l

- Bei Betriebstemperatur 10° C eine organische Bela-stung von 1.5 bis 2 kg oTS/ m3 : d

- Bei Betriebstemperatur 13 bis 16° C eine organische Belastung von 2 bis 3 kg oTS/m3 · d

- Die Feststoffmenge wird unter diesen Bedingungen im Mittel um 1/4 reduziert.

In der Literatur werden häufig sehr viel höhere Feststoff-konzentrationen im Stabilisator angegeben, wodurch sich die Stabilisierungszeit entsprechend verlängert [ 21] [ 22]. Da jedoch der Sauerstofftransport innerhalb der Schlamm-partikel der verfahrensbestimmende Vorgang ist, sollte mit einem feststoffärmeren Schlamm bei kürzerer Durch-flusszeit eine Intensivierung der aeroben Abbauvorgänge möglich sein. Aus diesem Grund erfolgt die Auslegung von Aerob-Stabilisatoren über die Feststoffe und nicht über die Durchflusszeit wie bei der Faulung.

3.2 Dimensionierung und Betriebsparameter

Der Schlamm wird aus dem Vorklärbecken ohne V orein-dickung direkt und kontinuierlich in Intervallschüben alle 1 bis 2 Stunden in das Stabilisationsbecken gefördert [ 2]. Anschliessend wird in einem Nacheindicker das Schlammwasser abgetrennt und vor die biologische Stufe ( Belebtschlammbecken) wieder rückgeleitet, während der Dickschlamm der nächsten Schlammbehandlungsstufe ( Entwässerung oder Pasteurisierung) zugeführt wird. Der Stabilisator sollte aufgrund der klimatischen Verhält-nisse für eine kritische Betriebstemperatur von 10° C und damit eine organische Belastung von 1.5 bis 2.0 kg oTS/ m3 · d ausgelegt werden. Bei einem organischen Anteil im Schlamm von % der Feststoffe ergibt sich als Trocken-substanzbelastung ( 1.5 bis 2) ·f = 2.25 bis 3.0 kgTS/m3·d. Die erforderliche Durchflusszeit errechnet sich nach [ 3] zu: Stabilisierungszeit [ d] =

Organische Substanz im Becken [kg oTS/m3] Zufuhr an organischer Substanz [kg oTS/m3 · d]

Vernachlässigt man das durch Abbauvorgänge leicht re-duzierte Verhältnis von oTS/TS, so kann ersatzweise auch berechnet werden: Stabilisierungszeit [ d] =

Feststoffe im Becken [kg TS/m3] Zufuhr an Feststoffen [kg TS/m3 · d]

Während für die Sauerstoffzehrung ausschliesslich die respiratorischen Vorgänge im Bereich der orga?isc?en Stoffe ( oTS) massgebend ist, müssen für den kmet1sch massgebenden Schritt des Sauerstofftranspo~ts in den Schlammflocken die gesamten Feststoffe ( TS) m Betracht gezogen werden. Für eine mittlere Stabilisatorkonzentration von 15 g TS/ l ergibt sich eine Stabilisierungszeit von

t = 15 kg TS/m3 =5.0-6.7 d 2.25-3 kg TS/m3 · d

und bei einer maximalen Konzentration von 20 g TS/1 eine Stabilisierungszeit von

t= 20 kg TS/m3 6.7-8.9 d 2.25-3 kg TS/m3 · d

Damit lässt sich eine mittlere Stabilisierungszeit von 7 Tagen fixieren, die bei 15 g TS/1 im Becken eine organi-

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40

30

20

15

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~@ N U) o, 4 C ::::, ... Q)

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Winter: t = 7d

Sommer : t = 5 d

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Organische Belastung [kg oTS/m3•d]

Abbildung 3: Betriebsdiagramm zur Auslegung eines aeroben Stabilisators, nach [3 J

sehe Belastung von 1.5 kg oTS/m3 • d zulässt und analog

bei 20 g TS!l eine solche von 2.0 kg oTS/m3 • d. Diese Werte stimmen mit den Angaben nach [2] und [ 3] überein, wo eine Mindest-Stabilisierungszeit von 6 Tagen als ausreichend angesehen wird. Die auf der Klär-anlage J ona gefundenen Ergebnisse [ 2] lassen sich recht gut als optimaler Betriebsbereich in das von Mudrack [ 3] aufgestellte Bemessungsdiagramm ( Abb. 3) eintragen. Die relativ robuste Biocoenose im aeroben Stabilisator macht keine besonderen Sicherheitszuschläge wie bei der Methan-gärung erforderlich. Die einwohnerspezifische Dimensio-nierung des Stabilisationsbeckens erfolgt auf der Basis eines Feststoffanfalls von 105 g TS/E · d. Da die Fest-stoffmenge beim Prozess um etwa '/4 verringert wird, kann die Zufuhrkonzentration etwa um 5 g/l über der Beckenkonzentration gewählt werden: Bei 15 g TS/l im Becken mit 20 g TS/l im Zulauf ergibt . . 105 g TS/E · d sich eme Schlammenge von 20 g/l - 5.25 l/E · d

und bei 20 g TS/l ein Zulauf mit 25 g TS/l und damit ein

Volumen von 105 g TS~~ · d 4.20 1/E · d. Das Stabili-25 g

satorvolumen errechnet sich aus V= Q · t zu: Vs,ab. = ( 4.20 bis 5.25) x 7 = 29 bis 37 l/E Für den mittleren Betriebsfall von 15 ( max. 20) g TS/l ergibt sich ein spezifisches Beckenvolumen von 35 l/E.

Die Anschlussleistung des erforderlichen Oberflächenbe-lüfters für ausreichende Umwälzung und Aufrechterhal-tung von 2-3 mg Odl im Becken kann aus den Betriebs-ergebnissen der Kläranlage Jona mit 30 W /m3Becken an-gegeben werden. Der Nacheindicker hat nach Verlust von '/4 der Feststoffe im Stabilisator } · 105 = 80 g TS/E · d aufzunehmen. Für eine Feststoff-Oberflächenbelastung von 40 bis 50 kg TS/m2

• d ergibt sich eine Eindicket-Oberfläche von 0.080 kg TS/E · d _ 2

40_ 50 kg TS/m2 • d - 0.0016-0.0020 m /E,

was bei einer Höhe von 3 m zu einem spezifischen Volu-men von 0.0048-0.0060 m3/E führt. Da dieser Nach-eindicket wie beim anaeroben Verfahren gleichzeitig als Zwischenspeicher vor weiteren Behandlungsstufen dient, wird analog eine Baugrösse von 6 l/E gewählt. Der Ener-gieverbrauch für Schlammräumung und Krälwerk kann mit maximal 0.5 W /m3Becken angesetzt werden [23]. Für den Betrieb einer Aerob-Stabilisation ausschlaggebend ist der Aufwand für die Belüftungseinrichtung. Da das Sauerstoffeintragsvermögen ( a -Wert) bei sehr hohen Schlammkonzentrationen rasch abnimmt [ 24], wird der Sauerstoffertrag nur mit 1.5 bzw. 2.0 kg 02/kWh ange-nommen [ 22] [ 25]. In Abb. 4 sind verschiedene Litera-turangaben zusammengestellt, die ausnahmslos eine line-are Abhängigkeit der spezifischen Leistungsaufnahme vom Feststoffgehalt im Stabilisatorbecken erkennen lassen. Die EPA-Linien [ 26] beruhen auf einem erforderlichen Sauer-stoffeintrag von 3 mg 02/l · h je g TS/l während die Linie

110

100

90

80 ~

'1 70 ' ~ ~I> 60

{i :, e 50 t > .. 40 ·e .. t.5 1i;

30 .s;;; u "' .: 20 ·;:; .. C.

Cf)

10

0

Linie 1 2 3 4 5 6

Bereich kg Oz/kWh

A 1.5 B 2.0 C 2.0

%GV

67 67 50

Kloronlogen - Messwerte

G = Greven [25 J N • Nordhorn [25] V = Velbert [22] W • Wödenswil [ 1 J J • Jono [2J

m~w ~ ~ ~ w ro oo oo ~

Feststoffkonzentration im Stabilisator [gTS/l]

Autor Quelle kg02/kWh 0/oGV EPA [26] 1,5 67 Mudrack [3] 1,5 67 Eickhoff [25] 2,0 67 EPA [26] 2,0 67 Eickhoff [25] 2,0 50 Mudrack [3] 2,0 50

Abbildung 4: Betriebsdiagramm zum Energieeintrag bei aerober Stabilisierung in Abh. vom Feststoffgehalt

5

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nach Mudrack [ 3] aus einer Atmungsintensität von 0.1 kg 02/kg oTS · d berechnet wurde. Die Linien nach Eickhoff [ 25] sind Empfehlungen aufgrund von Betriebs-untersuchungen. Diese und weitere Betriebsangaben sind als Einzelpunkte oder Bereiche ebenfalls eingetragen. Um einen Schlamm mit 15 g TS/l noch in Suspension zu halten, sind nach Pflanz [ 27] mindestens 25 W / m3 und für eine Feststoffkonzentration von 30 bis 40 g TS/l etwa 26 bis 3 3 W / m3 nach EPA [ 26] erforderlich. Fasst man die dokumentierten Werte zusammen, so lässt sich für die als optimal erkannte Betriebskonzentration von 15 bis 20 g TS/l der aus Abb. 4 ablesbare Bereich als erforderlicher Energieeintrag in W / m3Becken angeben. Höhere Feststoffkonzentrationen führen bei gleichem Beckenvolumen nur zu längeren Stabilisationszeiten und einem wesentlich höheren Energieaufwand, wie die Litera-turwerte zeigen, bringen aber infolge ungünstiger Sauer-stoffausnutzung keine besseren Stabilisationsergebnisse. Die auf der Kläranlage Jona gefundene Feststoffreduktion von im Mittel 25% für TS, GV, org. C und org. N [2] entspricht der Stabilisierungszeit von 5-6 Tagen bei 10 bis 15° C, wie die Abhängigkeit der Substanzabnahme ( als Glühverlust gemessen) von Zeit und Temperatur in Tabelle 2 zeigt.

Tabelle 2: Abbau organischer Schlammstoffe während der aeroben Stabilisation, nach [28]

Temperatur im Stabilisator 0/o GV 15 °C 20 °c 35 °C

' 5d 21 24 26 <!).., ·-·-~ <!J 10 d 32 41 45 2~ .ri bI) 30 d 40.5 44 "'i:: 60 d 46 46 .., ;:l

Cf) ...

Demnach ist bei ausreichend langer Stabilisationszeit nahe-zu die Hälfte der organischen Substanzen aerob abbaubar, während bei anaerober Behandlung ein etwas höherer An-teil vergast werden kann. Das Ziel der Schlammstabili-sation liegt jedoch nicht im Erreichen .möglichst hoher Abbaugrade, da bereits eine Umwandlung der leicht zer-setzbaren organischen Substanzen in stabile anorganische oder auch organische Reaktionsprodukte ausreichend ist.

4. Kostenermittlung vergleichbarer Modell-Entwürfe

Nachdem in den vorangehenden Abschnitten die Verfah-renstechnik und die Entwurfsparameter für beide Stabili-sierungsmethoden zusammengestellt und für den spezifi-schen schweizerischen Schlammanfall ermittelt wurden, sollen nun schematische Entwürfe für eine Baugrösse von 20 000 EGW entwickelt werden. Durch Kombination mit aus der Bau- und Betriebspraxis bekannten Einheits-preisen soll ferner eine Kostenbasis für den nachfolgenden Vergleich der anaeroben mit der aeroben Stabilisation ge-schaffen werden. Als repräsentative Entwürfe wurden drei Verfahrens-schemen gewählt, wie sie in Abb. 5 skizziert sind: F2: Faulungsanlage entsprechend der schweizerischen

Bauweise mit zwei identischen Faultürmen, die res-pektive als erste beheizte ( eigentlicher Stabilisator) und zweite unbeheizte ( funktional als Eindicker und

6

Stapelraum wirksam) Stufe betrieben werden. Der Gasbehälter steht hierbei separat.

Fl: Faulungsanlage mit den verfahrenstechnisch erforder-lichen und optimalen Prozesseinrichtungen, d. h. Vor-eindicker mit einstufigem beheiztem Stabilisator und Nacheindicker. Der Gasbehälter ist getrennt aufge-stellt. Dieses Verfahrensschema wird häufig bei gros-sen Faulungsanlagen in Deutschland angewandt [29].

AS: Aerob-Stabilisation mit einem Belüftungsbecken und einem Nacheindicker. Diese Anordnung hat sich als verfahrenstechnisch optimal erwiesen [ 8].

Die Dimensionierung der Einzelbauwerke erfolgt tabella-risch gemeinsam mit der Kostenermittlung, wofür Ein-heitspreise auf der Basis des Jahres 1969 herangezogen wurden (Tab. 3 ). Zur Faulung wurden Werte aus ver-schiedenen Anlagen vergleichbarer Grösse gemittelt so-wie Angaben von Installationsfirmen herangezogen, wäh-rend für die Aerob-Stabilisierung die Endabrechnung der Kläranlage Jona [2] zur Verfügung stand. Bei der Faulungsanlage ist ausserdem ein Teil des Betriebs-gebäudes für die Unterbringung der Installationen ( Heiz-kessel, Umwälz- und Beschickungspumpen, Schaltwarte etc.) erforderlich. Hierfür sollte anteilig 1 / 3 des Betriebs-gebäudes der Faulung zugeschlagen werden; bei 20 000 EGW sind dies ca. f x 300 000 sfr = 100 000.- sfr.

@

Vorklär-becken

@

Faulraum I Faulraum ][ Gasglocke

V1 = 40 L/E V,= 40 L/E V6 • 10 L/E

Vor-Eindicker Faulraum Nach-Eindicker Gasglocke

Veo =61/E V,•30L/E Ve0 •6L/E V0 =101/E

Belüftungsbecken

NK =30W/m3 t

Nach- Eindicker

NK =0.5W/m3

ACZ X ,C k A ,(!v);.w'

frs=1.5%

VSt = 35L/E Veo =6 L/E

Abbildung 5: Verfahrensführungen zur biologischen Stabilisation unter anaeroben und aeroben Bedingungen

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Tabelle 3: Baukosten je Volumeneinheit für eme Anlage von 20 000 EGW zur Schlammstabilisierung

Bauwerk Einheits-

Baukosten für Faulbehälter aus Beton (isoliert) Installationen bei zwei identischen Faulbehältern (Heizung, Umwälzung) Installationen bei einstufiger intensivierter Faulung (Heizung, Umwälzung) Erstellung von zwei identischen Faultürmen Erstellung von einem intensivierten Faulturm Gasglocke aus Stahl Wasserbecken aus Beton Separater Gasbehälter Stabilisierungsbecken mit Oberflächenbelüfter Eindicker mit Krälwerk und Schlammräumer

sfr/m3

450.-

150.-

200.-

150.-250.-

preis sfr/m3

600.-650.-

400.-490.-500.-

Auf der Betriebskostenseite ist die Faulraumheizung voll durch den Faulgasanfall gedeckt, wie mehrfach dokumen-tiert wurde [ 11] [ 29]. Der elektrische Energiebedarf ist für alle 3 Verfahrensschemen auf der Basis von -.10 sfr/ kWh errechnet worden. Dimensionierung und Kostenermittlung für Bauwerke und Betriebseinrichtungen sind tabellarisch ausgeführt, wobei die einwohnerspezifischen Angaben aus Abb. 5 mit den Kosten der Tab. 3 für 20 000 EGW kombiniert und be-rechnet wurden.

Spezifisches Bauvo1umen Einheitskosten Gesamtbaukosten Behältervolumen Behältervolumen für 20 000 EG! nach Tab, 3

und Baukosten 1/E 3 sfr/m3 sfr m

für 20 000 EG! <D (D-(D, 20 0) ©-(?),(!)

,:: Faulraum ! 40 800 600.- 480 000.-

j Faulraum II 40 800 600.- 480 000.-

Gasbehälter 10 200 400.- 80 000.-' 1/3 Betriebsgebäude - - - 100000.-

~ Total für F2 90 1800 - 1 1 140 000.-1

Voreindicker 6 120 500.- 60000.-C: Fau1behälter 30 600 650.- 390000.-

j lfachelndicker 6 120 500.- 60000.-

' Gasbehälter 10 zoo 400.- 80000.-1/3Betriebsgebäude - - - 100000.-

~

Total für F1 52 1040 -1

690000.- 1

Belüftungsbecken 35 700 490.- 343000.-

~achei ndi cker 6 120 500.- 60000.-1.:= H Total für AS 41 820 -

1 403000.-

1

Tabelle 4: Dimensionierung der Bauwerke und Ermittlung der Investitionskosten für eine Schlammstabilisierung von 20 000 EGW

In Abwandlung von Schema Fl kann nach Pöpel [ 29] der Nacheindicker mit einer unmittelbar aufgesetzten Gas-glocke kombiniert werden. Der Eindickbehälter muss da-bei auf 10 l/E vergrössert werden und das Wasserbecken entfällt. Mit den Einheitspreisen von Tab. 3 kann damit eine Baukosteneinsparung von 10 000 .- sfr bei gleich-zeitiger Vergrösserung des Schlammspeichervolumens um 2 h erzielt werden. Die Energiekostenberechnung für die Aerob-Stabilisierung kann auch direkt einwohnerspezifisch durchgeführt wer-den. Der Anschlusswert beträgt demnach 35 l/E x 10-3

x 30 W /m3 = 1.05 W /E und die Jahreskosten 1.05 W /E

Spezifische Beckenvolumen Anschluss- Tägliche Jährlicher Jährltche Betriebseinrichtungen Leistung Tab. 4 lelstung Betr1ebszeit Energieverbrauch Energiekosten

und Energiekosten W/m3 m3 kW h/d kWh/a sfr/a

für2000DEGW

Umwälz- und Deschickungspumpe

Schraubenschauf1er

CD

1.5

4.0

([J

800

800

1.1

3.2

(j) (§) •@x(J)x365 •@x0.10 ©

11 9640 964

7000 100

Total fürF2 5.5 800 16640~

c::- Limwälz-und

J Beschickungspumpe

Faulgaseinpressung (Kompressor)

u.. Total fürFl

§ Belüftungsrotor

·~ Schlammräumung

1.5

5.0

6.5

30.0

0.5

600

600

600

700

120

0.9

3.0

3.9

21.0

0.06

11

24

24

7230

5570

13800

184000

500

113.-

657.-

18400.-

50.-~~t-~~~~t-~-t~~~t-~-t-~~-t-~~~+=====~ J~ TotalfürAS 21.1 184 500 118 450.- J

Tabelle 5: Anschlussleistungen der Betriebsaggregate und Ermitt-lung der jährlichen Energiekosten für 20 000 EGW

x 87 600 h/a x 10-3 x 0.10 sfr/kWh=0.92 sfr/E · a, was 18 450.- sfr/a .

20 000 EGW entspricht (vgl. Tab. 5).

Der Personalaufwand (Arbeitsstunden/Jahr) ist zwar für die Faulung mit ihren komplizierten Installationen etwas höher, doch in allen drei Fällen ist der Klärwärter nur zu einem geringen Teil seiner Arbeitszeit mit der Schlamm-stabilisierung beschäftigt. Daher wurden die Personal-kosten in der Modellkalkulation einheitlich vernachlässigt. Für den kostenmässigen Verfahrensvergleich fallen sie ohnehin nicht ins Gewicht.

5. Kostenvergleich zwischen anaerober und aerober Stabilisierung

Um vergleichbare Gesamtkosten verschiedener Projekt-varianten angeben zu können, müssen zwei verschiedene Kostenarten miteinander kombiniert werden: Baukosten, die einmalig aufzubringen sind, und Betriebskosten, die jährlich anfallen. Als gemeinsame Basis kann die Kapitali-sierung der jährlichen Kosten oder aber die Ermittlung der jährlichen Abschreibungshöhe dienen. Je nach dem Verhältnis von Bau- zu Betriebskosten und den gewählten Amortisierungsparametern können sehr unterschiedliche Vergleichszahlen ermittelt werden.

n"20Jahre p-61 Kapitalisierte Kosten Jahreskosten Annuität a ~ 0.0872 sfrbzw. sfr/E sfr/abz111. sfr/E,a

Verfahrensschema f2 fl AS FZ fl AS

Gesamtanlage Beo 1140000.- 690000.- 403000.- 99500.- 60100.- 35100.-

bei 20000EGW Energie 19100.- 15800.- 111000.- 1660:- 1380.- 18450.-

sfrbz11.sfr/a Total 1159100.- 705800.- 614000.- 101160.- 61580.- 53650.-

Einwohnerspezi- Beo 51.00 34.50 20.15 4.98 3.01 1.16 fische Kosten Energie 0.92 0.80 10.55 0.08 0.01 0.92

sfr/Ebzw. sfr/E,a Total 51.92 35.30 30.10 ~ EJ 11,68 _j

Kostenrelation 1 189 115 100 189 115 100

Tabelle 6: Gesamtkostenvergleich zur anaeroben und aeroben Schlammstabilisation

7

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Für den vorliegenden Fall wurde eine einheitliche mittlere Abschreibungsdauer von 20 Jahren und eine Abschrei-bungsrate von 6% als praxisnahe Werte angenommen. Da-mit ergibt sich nach den Berechnungen von Tab. 6, dass die optimierte Faulung nur 15% teurer als die Aerob-Sta-bilisierung ist, was evtl. noch im Rahmen baupraktischer Variationsbreiten liegt. Die Anlage mit zwei Faultürmen hingegen ist nahezu doppelt so teuer wie die Aerob-Sta-bilisierung und liegt auch 65 % über dem System Fl. Die Betriebskosten der Faulung betragen nur rund 2% der Ge-samtanlage, während die Belüftung etwa 1

/ 3 der gesamten Aerob-Stabilisierung ausmacht.

n=20Jahre ,-01 Kapitalisierte Kosten Jahreskosten Annuität a„Q.0500 sfrbzw. sfr/E sfr/abzw.sfr/E·a

Verfahrensschema F1 FI AS ~ FI AS

Gesamtanlage Bau 1140000.- 690000.- 403000.- 57000.- 34500.- 10150.-

für20000EGW Energie 33100.- 17500.- 369000.- 1660.- l 3BO.- IB450.-

sfr bzw. sfr/a Total 1173100.- 717 600.- 771000.- 58660.- 35880.- 38600.-

Ein11ohnerspeziM Bau 57.00 34.50 10.15 1.85 1.73 1.01 fische Kosten Energie 1.50 1.40 18.40 0,08 0.07 0.91

sfr/Ebzw.sfr/E•a Total 58.60 35.90 38,55 1 1.93 / 1~ ~! Kostenrelation ! 151 93 100 151 93 100

Tabelle 7: Gesamtkostenvergleich zur Schlammstabilisation unter Berücksichtigung der Teuerung

Da die Betriebskosten somit wesentlich unter den In-vestitionskosten liegen, gibt die Kapitalisierungsmethode die stabileren Vergleichszahlen, da nur der kleinere Anteil (Energiekosten) mit den wirtschaftstechnischen Faktoren variiert. Dies wird besonders deutlich, wenn die ( nicht zu leug-nende) Teuerung in die Modalitäten mit einbezogen wird. Rechnet man nach Munz [ 34] mit einer mittleren Teue-rungsrate, die gleich dem Zinssatz ist, so wird .der ~ai:i-talisierungsansatz 6-6 = 0 % . Damit ergeben sich die m Tab. 7 angegebenen Werte, die als kapitalisier~e Koste~ nur wenig von den Resultaten der Tab. 6 abweichen, bei den Jahreskosten jedoch grosse Differenzen aufweisen. Das Verhältnis der Verfahren zueinander verschiebt sich zugunsten der kapitalinte?siven Fa~lung (.Fl), die jetzt 7 % billiger kommt als die stark mlt Betriebskosten be-lastete Aerob-Stabilisierung, während die Doppelanlage ( F2) immer noch 50 % teurer ist. Die wirtschaftliche Entscheidung zwischen den beiden Stabilisationsverfahren ( AS und Fl ) hängt demnach auch von den kredit- und finanzpolitischen Umständen ab, die jeweils ein kapital- oder betriebskostenintensiveres Ver-fahren als vorteilhafter erscheinen lassen.

6. Kostenvergleich unter Einschluss der Schlamm-Pasteurisierung

Auf sehr vielen schweizerischen Kläranlagen wird der biologisch stabilisierte Abwasserschlamm durch ::\ustrag auf landwirtschaftliche Flächen ( Acker- und Grunland) endgültig untergebracht. Nach de~ J:iilchlieferungsregula-tiv ist die Pasteurisierung als hygiemsche Massnahme vor-geschrieben. Hierfür kommt nur die thermfsche. Behand-lung, d. h. Erhitzen des ~c~~ammes auf .70 C, m Frage, was vorteilhaft durch Emdusen von Niederdruckdampf

8

erreicht wird [ 30]. Bei der Kombination mit anaerober Stabilisierung reicht das überschüssige Faulgas zur Dek-kung des Wärmebedarfs für diese Erhitzung voll aus [ 31] [ 32], während bei aerober Stabilisierung mit einem Heiz-ölbedarf von i. M. 6.6 kg/m3 Schlamm gerechnet werden muss [33]. Für den Modell-Entwurf mit 20 000 EGW kommt eine Anlage mit 2 Einwirkbehältern ( Duplex II) in Frage, die Investitionskosten von 184 000 .- sfr verursacht [3 3]. Die zugehörigen Betriebskosten sind nachfolgend ein-wohnerspezifisch ermittelt ( 1 kWh=0.10 sfr und 1 kg Heizöl=0.16 sfr1'):

Stabilisierungsverfahren anaerob aerob Schlamm-F eststof fanf all 105 105 g/E·d Abbau im Stabilisator 1/3 1/4

Feststoffmenge nach Stabilisierung 70 80 g/E·d Schlammkonzentration ab N acheindicker 70 70 g/l Täglicher Schlammvolumenanfall 1,00 1,14 1/E·d Jährlicher Schlammvolumenanfall 0,365 0,417 m3/E·a Speisewasserkosten (90 l/m3) 0,08 0,08 sfr/m3

Elektrische Energie (1,76 kWh/m3) 0,18 0,18 sfr/m3

Heizölkosten (6,56 kg/m3) 1,05 sfr/m3

Gesamte Betriebskosten [33 J 0,26 1,31 sfr/m3

Jährliche Betriebskosten je EGW 0,10 0,55 sfr/E·a Jährliche Abschreibung der Investi-tionskosten je EGW (184 000 sfr/20 000 EGW über n = 15 Jahre mit p = 6 °/o) Jährliche Gesamtkosten für die

0,95 0,95 sfr/E·a

Pasteurisierung je EGW 1,05 1,50 sfr/E·a

Im Falle der Aerob-Stabilisierung sind demnach ca. 50% Mehrkosten infolge Heizölverbrauchs zu erwarten. In Tab. 8 sind die Gesamtkosten für eine kombinierte Schlammbehandlungsanlage mit Stabilisation und Pasteu-risierung zusammengestellt. Mit den Werten aus Tab. 6 und 7 lassen sich somit Gesamtkosten mit und ohne Be-rücksichtigung der Teuerung errechnen. Während die ka-pitalisierten Kosten ( sfr/E) nur wenig von der Teuerung beeinflusst werden, variieren die Jahreskosten ( sfr/E · a) sehr stark in Abhängigkeit von der Verzinsungsrate.

Kapitalisierte Kosten Ohne Teuerung Mit Teuerung Einwohnerspezi fisch n • 20/15 Jahre, p,6 Z n. 20/15 Jahre,p • 0 $

sfr/E a • 0. 0872/0.1033 a • 0.0500/0.0667

Verfahrensschema F2 Fl AS f2 fl AS --

Stabilisierung Bau 57,00 34.50 20.15 57.00 34.50 20.15

Energie 0.92 0,80 10.55 1.60 1.40 18.40

sfr/E Total 57.92 35.30 30.70 58.60 35.90 38.55

Pasteurisierung Investition 9,20 9.20 9.20 9.20 9.20 9.20

Betrieb 0.97 0.97 5.34 1.50 1.50 8.25

sfr/E Total 10.17 10.17 14.54 10. 70 10. 70 17.45

Gesamtan I age sfr/E Stabilisierung + Pasteurisierung 68.09 45.47 45.24 69.30 46.60 56.00

Jahres kosten sfr/E •a Gesamtanlage 6.11 4.13 4.18 3.64 2.51 3.09

Kostenrelation $ 146 99 100 118 81 100

Tabelle 8: Gesamtkostenvergleich bei Kombination von biolo-gischer Stabilisation mit anschliessender Pasteurisierung

,,. Anmerkung der Redaktion: Bis zur D_rucklegung dieser Arbeit infolge Nahostkrieg auf 0.40 sfr angestiegen.

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Bei einer Kapitalisierungsrate von 6 % ergibt sich Kosten-gleichheit zwischen den Systemen Faulung ( Fl) + Pasteu-risierung und Aerob-Stabilisierung+ Pasteurisierung, wäh-rend die aufwendige Faulung ( F2) immer noch 46 % dar-über liegt. Berücksichtigt man die Teuerung (p = 6-6 = 0%) nach Munz [34], so wird das System mit optimierter Faulung (Fl) etwa 20% billiger als bei der Aerob-Sta-bilisierung, während das Doppelschema ( F2) noch immer etwa 20% darüberliegt. Damit ist bei kleineren Verzin-sungsraten die Kombination Faulung-Pasteurisierung wirtschaftlicher als die Aerob-Stabilisierung mit Pasteuri-sierung, d. h. die Kapitalmarktbedingungen werden für den rein kostenmässigen Verfahrens-Vergleich ausschlag-gebend.

7. Schlussbetrachtung

Mit der vorliegenden technischen und kostenmässigen Gegenüberstellung verschiedener Stabilisationsverfahren wurde versucht, repräsentative praktische sowie prozess-orientierte Modell-Entwürfe als Vergleichsbasis heranzu-ziehen. Dabei zeigte sich, dass die schweizerische Bau-praxis bei Faulungsanlagen ( F2) ein Uebervolumen pro-duziert, das verfahrenstechnisch und wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen ist. Der bautechnische Sicherheitsfaktor ( Nacheindicker 40 l/E statt 6 l/E) könnte leicht durch entsprechende betriebliche Massnahmen kompensiert werden. Der Ver-gleich mit der Aerob-Stabilisierung muss daher zwangs-läufig sehr ungünstig ausfallen. Um einen verfahrenstechnisch korrekten und fairen Ver-gleich anaerob-aerob zu erreichen, musste auf der Fau-lungsseite ein dem Prozess gerecht werdendes Entwurfs-schema zugrunde gelegt werden, das nicht durch einseitige Reservekapazitäten zu einem verzerrten Kostenbild führt. Für diesen Fall sind nachfolgend die beiden Stabilisie-rungsverfahren ( Fl und AS) einander in qualitativer Wei-se gegenübergestellt:

a) Mikrobielle anaerobe aerobe Grundlagen [8] Stabilisierung Stabilisierung

Mikrobiologisches komplexe, 2stufige einheitliche, lstufige System Biocoenose Biocoenose

Reaktion auf sehr empfindlich, relativ robust, analog wachstumshemmende insbesondere gegen zum Belebtschlamm-Einflüsse Schwermetalle verfahren

Prozesstemperatur 30-35 °c 10-15 °C

Externe Energiezufuhr Faulgas deckt Sauerstoffeintrag Eigenbedarf an (Belüftung) und Wärmeenergie Umwälzung

b) Technische Durchführung

Erstellung von Mehrere verschie- Einfache offene Bauwerken dene Einheiten Becken

Installationsaufwand kompliziert sehr einfach

Betriebssteuerung Kontrollierung erforderlich

einfache Ueber-wachungsarbeiten

Personaleinsatz (nur etwas höher gering teilzeitig erforderlich)

Kombination mit wirtschaftliche zusätzliche Pasteurisierungsanlage Nutzung des Heizölzufuhr

Fa ulgasü bersch usses erforderlich

c) Kostenanf all Fl AS Investitionskosten überwiegend ca. 2/a Betriebskosten vernachlässigbar ca. 1/a Gesamtkosten (p = 60/o) 3.08 sfr/E·a 2.68 sfr/E·a - inkl. Teuerung (p = 00/o) 1.80 sfr/E·a 1.93 sfr/E·a Gesamtkosten einschl. Pa>teurisierung (p = 60/o) 4.13 sfr/E·a 4.18 sfr/E·a - inkl. Teuerung (p = 00/o) 2.51 sfr/E·a 3.09 sfr/E·a

Die Vorteile der Aerob-Stabilisierung liegen eindeutig im einfacheren Betrieb und in der geringeren Störanfälligkeit der Anlage, wobei sich die beiden stabilisierten Schlämme etwa gleichwertig sind. Wirtschaftlich günstiger wird die Schlammfaulung bei niedrigen Abschreibungssätzen ( in-vestitionsorientiert) und bei Anschluss einer Pasteurisie-rungseinhei t. Für die Entscheidung zwischen den beiden Verfahren ist daher neben den betrieblichen Ueberlegungen der kapital-marktpolitische Aspekt ausschlaggebend, d. h. Verzin-sungsmodus, Teuerungsrate, Finanzierungsmöglichkeiten usw. Die Energiekosten können als relativ konstant ange-nommen werden. Damit ist in jedem Fall eine sorgfältige Abwägung der einzelnen Entscheidungskriterien erforder-lich, die durch den angestellten Verfahrensvergleich etwas transparenter gemacht werden sollten.

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Page 10: Anaerobe und aerobe Schlammstabilisierung - ein ...2047/datastream... · Anaerobe und aerobe Schlammstabilisierung - ein Verfahrensvergleich Dr. RICHARD HELM ER, EA W AG, Dübendorf

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