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Aufhebungsverträge sachgerecht und rechtssicher gestalten Dr. Reinhard Künzl Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht München

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Page 1: Aufhebungsverträge sachgerecht und rechtssicher gestalten Dr. Reinhard Künzl Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht München

Aufhebungsverträge sachgerechtund rechtssicher gestalten

Dr. Reinhard KünzlVorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht München

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Übersicht

I. Abschluss eines Aufhebungsvertrages

1. Begriff des Aufhebungsvertrages2. Angebot und Schriftform3. Beratungspflichten des AGeb4. Gesetzliches/tarifliches Widerrufsrecht5. Anfechtung6. Aufhebungsvertrag und Betriebsübergang7. (Auflösend) bedingte Aufhebungsverträge

II. Inhalt des Aufhebungsvertrages

1. Abgrenzung des Aufhebungsvertrag von der Kündigung gegen Abfindung und dem Abwicklungsvertrag

2. Leistungsstörungen3. Typische Abwicklungsklauseln, insbesondere Klageverzichts- und Ausgleichsklauseln

III. Steuer- und sozialrechtliche Konsequenzen1. Versteuerung der Abfindungssumme2. Anrechnung der Abfindung auf Arbeitslosengeld3. Sperrzeit

R. Künzl Aufhebungsvertrag

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I. 1. Begriff des Aufhebungsvertrages

a. Einvernehmliche (vertragliche) Beendigung des Arbeitsverhältnisses

• Grundsatz der Vertragsfreiheit (§ 311 BGB)

• Gleichbehandlung bei individueller Aushandlung nicht geboten

b. Aufhebungs- und Abwicklungsvereinbarung

Aufhebungsvertrag: einvernehmliche Aufhebung des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses (mit evtl. Gegenleistung)

Weitere Regelungen (zB über eine Freistellung, Urlaubsabgeltung, etc., stellen eine Abwicklungsvereinbarung dar, die ggf. anderen (Form-)Vorschriften unterfällt.

R. Künzl Aufhebungsvertrag

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R. Künzl Aufhebungsvertrag

I. 1. Begriff des Aufhebungsvertrages

c. Wirksamkeit

- allg. Voraussetzungen eines Rechtsgeschäfts (§§ 105 ff. BGB)

- kein Verstoß gegen gesetzliche Verbote (§ 134 BGB) keine Umgehung gesetzlicher Verbote, etwa von § 613a IV 1 BGB

- kein Verstoß gegen gute Sitten (§ 138 I BGB) zB grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung (Kündigungsverzicht ohne angemessene Gegenleistung)

- Keine Altersdiskriminierung, wenn nur AN´n bis zu einem bestimmten Höchstalter Aufhebungsverträge angeboten werden.

BAG v. 25.2.2010 – 6 ÁZR 911/08 (weitere Teilnahme älterer AN am Erwerbsleben als legitimes beschäftigungspolitisches Ziel)

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R. Künzl Aufhebungsvertrag

I. 1. Begriff des Aufhebungsvertrages

d. Überprüfung des Vertragsschlusses

- AGB-Kontrolle (§§ 307 ff. BGB) nur sehr eingeschränkt: Hauptleistungspflichten (Beendigung; Restlaufzeit; Abfindung) kontrollfreiBAG 8.5.2008 – 6 AZR 517/07BAG 12.3.2015 – 6 AZR 82/14

sonstige Vereinbarungen inhaltlich kontrollierbar, wenn vorformuliert (§ 310 III Nr. 2 BGB) Transparenzkontrolle möglich (§ 307 I 2, III 2 BGB)

Nebenbestimmungen: bei Vorformulierung uneingeschränkt inhaltlich überprüfbar

- Benachteiligung (§§ 2, 3, 7 AGG) zB bei Ausnahme älterer AN aus einem PersonalabbauprogrammBAG 25.2.2010 – 6 AZR 911/08

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I.2. Angebot und Schriftform

a. Angebot

(1) mündlich oder schriftlich(2) durch AGeb oder AN(3) Kündigung kann ein Angebot darstellen, wenn

- sich der Kündigende in jedem Fall trennen möchte,- der Annehmende die Unwirksamkeit der Kündigung erkennt, aber - dennoch der Beendigung zustimmt.

BAG 13.4.1972 – 2 AZR 273/71

R. Künzl Aufhebungsvertrag

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I. 2. Angebot und Schriftform

b. Schriftform (§ 623 BGB)

(1) nur Aufhebungsvereinbarung

(2) eigenhändige Unterschrift beider Vertragspartner als Wirksamkeitsvoraussetzung

LAG Düsseldorf 27.5.2003 – 16 Sa 1453/02Telefax-Schreiben wahrt die Schriftform nicht

BAG 17.12.2009 – 6 AZR 242/09 Schriftformerfordernis erfasst auch Vorverträge, da dieses

Warnfunktion, nicht lediglich Klarstellungsfunktion besitzt.

R. Künzl Aufhebungsvertrag

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I. 2. Angebot und Schriftform

(3) Gerichtliche Protokollierung wahrt Schriftform,

• mit erfolgender Protokollierung (§ 154 II BGB)BAG 16.1.1997 – 2 AZR 35/96

• wenn ein gerichtlicher Vergleich nach § 278 VI ZPO festgestellt wird (§ 127a BGB analog)BAG 23.11.2006 – 6 AZR 394/06anders für einen von den Parteien vorgeschlagenen Vergleich:BAG 15.2.2012 – 7 AZR 734/10

(4)Abschluss eines neuen schriftlichen Vertrages (Geschäftsführerdienstvertrag) beendet ein vorher bestandenes Arbeitsverhältnis formgerecht

z.B. BAG 3.2.2009 – 5 AZB 100/08

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I. 3. Beratungspflichten des Arbeitgebers

a. Grundsatz: AN müssen sich vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages selbst über die Folgen informieren.

b. Ausnahmen:Erhöhte Aufklärungspflichten des AGeb (§ 242 BGB) bei

- Vorschlag der Aufhebungsvereinbarung- Erwecken des Eindrucks, er werde auch die Interessen des AN wahren.

BAG 22.2.2004 – 2 AZR 281/03

(freiwillige) Auskunftserteilung muss richtig seinBAG 23.5.1989 – 3 AZR 257/88

R. Künzl Aufhebungsvertrag

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I. 3. Beratungspflichten des Arbeitgebers

c. Aufklärungs-/Beratungspflichten sind abdingbar

klare und eindeutige Formulierung

zB. „Herr/Frau … bestätigt, umfassend über die möglichen rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen dieses Aufhebungs- und

Abwicklungsvertrages informiert zu sein. Er/Sie verzichtet auf weitere Hinweise auf eventuelle Folgen, die sich für ihn/sie aus dieser Vereinbarung ergeben können.“

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I. 4. Gesetzliches/tarifliches Widerrufsrecht

a. AGeb muss weder Bedenkzeit noch Rücktritts- oder Widerrufsmöglichkeit einräumenBAG 30.9.1993 – 2 AZR 268/93

b. Kein Widerrufsrecht nach § 355 BGB bei Abschluss des Vertrages im BetriebBAG 27.11.2003 – 2 AZR 195/03BAG 22.4.2004 – 6 AZR 517/07streitig bei Vertrag an der „Haustür des AN“(wirksam: ErfK/Müller-Glöge, 15. Aufl., § 620 BGB Rz. 14,unwirksam: Däubler/Bonin/Deinert, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Aufl., Einl. Rz. 135 f.

c. Tarifverträge enthalten teilweise ein (verzichtbares) Widerrufsrecht etwa § 11 X MTV Einzelhandel NRW

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I. 4. Gesetzliches/tarifliches Widerrufsrecht

d. Vertragliches Widerrufs-/Rücktrittsrecht

– Rücktritt bei Nichtzahlung einer vereinbarten Abfindung (§ 323 BGB)

– Voraussetzung: Durchsetzbarkeit der ForderungBAG 11.7.2012 – 2 AZR 42/11 BAG 10.11.2011 – 6 AZR 342/10 (z.B. zwischenzeitliche Insolvenz)anders: Aufhebungsvereinbarung mit InsV

– Rücktrittsfolge (ohne vorangegangene Kündigung) => ex nunc Rückabwicklungsverhältnis

LAG Düsseldorf 19.3.2010 – 9 Sa 1138/09LAG Niedersachsen 15.12.2010 – 2 Sa 742/10 (ggf. Wiedereinstellungsanspruch)a.M. etwa Reinfelder NZA 2013, 62, 66 (Einverständnis mit Vertragsbeendigung, entfällt)

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I. 4. Gesetzliches/tarifliches Widerrufsrecht

e. Rücktritt/Widerruf nach vorangegangenem Kündigungsausspruch

– mit Widerruf eines Prozessvergleiches oder einer Abwicklungsvereinbarung nach Kündigungsausspruch:Kündigungswirkung bleibt bestehen (§ 7 KSchG)

keine Verpflichtung des AGeb ein neues Arbeitsverhältnis zu begründenso aber Reinfelder NZA 2013, 62, 66LAG Baden-Württemberg 17.6.2011 – 12 Sa 1/10

AN steht nicht besser, als ohne Abwicklungsvereinbarung, selbst wenn er deswegen keine Kündigungsschutzklage erhoben hatte (status quo ante)ggf.: Schadenersatz (§ 325 BGB) nachträgliche Klagezulassung (§ 5 KSchG)

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I. 5. Anfechtung

a. Aufhebungs-/Abwicklungsvertrag kann nach den allgemeinen Grundsätzen angefochten werden:

– Irrtumsanfechtung (§ 119 BGB), sofern kein bloßer unbeachtlicher Rechtsfolgenirrtum (zB. über sozialversicherungsrechtliche Folgen)

– Widerrechtliche Drohung (§ 123 BGB) zB. mit einer (außer-)ordentlichen Kündigung, an die ein verständig denkender AGeb nicht dächte oder

mit einer Strafanzeige– Täuschung (§ 123 BGB)

Vorspiegeln falscher Tatsachen oder Unterdrücken wahrer Umstände (bei bestehender Aufklärungspflicht)

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R. Künzl Aufhebungsvertrag

I. 5. Anfechtung

b. Keine BR-Beteiligung und keine Beteiligung „zuständiger Behörden“

- § 102 BetrVG greift nur bei Kündigungen ein.- § 9 MuSchG, §§ 85 ff. SGB IX, etc. gelten nur bei

beabsichtigtem Kündigungsausspruch

c. Darlegungs- und Beweislast im Prozess beim Anfechtenden - Anfechtender muss nicht nur die Rechtzeitigkeit der

Anfechtung, sondern auch- den Anfechtungsgrund darlegen und beweisen.- ggf. amtswegige Parteieinvernahme oder amtswegige Parteibefragung (§ 141 ZPO) bei einem 4-Augen-Gespräch

BAG 19.11.2008 – 10 AZR 671/07BAG 22.5.2007 – 3 AZN 1155/06

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I. 6. Aufhebungsvertrag und Betriebsübergang

a. Aufhebungsvertrag im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang- grds. abschließbarBAG 25.10.2012 – 8 AZR 572/11 [zB Ausscheiden in Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft]- keine Umgehung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses BAG 19.3.2009 – 8 AZR 722/07 [Vertragsaufhebung, damit Erwerber einen neuen Arbeitsvertrag schließen kann]BAG 25.10.2012 – 8 AZR 572/11 [unwirksam: Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses, bei gleichzeitigem Erhalt des Arbeitsplatzes]

b. Aufhebungsvertrages nach Übergang des Arbeitsverhältnisses: Ggf. eine Disposition über das Arbeitsverhältnis, die einen ansonsten noch möglichen Widerspruch hindert.BAG 23.7.2009 – 8 AZR 357/08 krit. zu Recht Reinecke, DB 2012, 50

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I. 7. (Auflösend) bedingte Aufhebungsverträge

a. bedingte Aufhebungsverträge sind grundsätzlich unwirksam, wie etwa

- wenn AN nicht rechtzeitig aus dem Urlaub zurückkehrt,BAG 25.6. 1987 – 2 AZR 541/86

- wenn AN erneut Alkohol/Drogen zu sich nimmtLAG München 29.10.1987 – 4 Sa 783/87

b. Zulässig: auflösend bedingte Aufhebungsverträge

- Aufhebungsvertrag ersetzt eine nicht auf Sozialwidrigkeit zu überprüfende Kündigung (Probezeitkündigung)

BAG 7.3.2002 – 2 AZR 93/01

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II. 1 Aufhebungsvertrag, Kündigung gegen Abfindung, Abwicklungsvertrag

a. Aufhebungsvertrag:einvernehmliche (vertragliche) Beendigung des Arbeitsvertrages

b. Kündigung gegen Abfindungu.U. Aufhebungsvertrag mit Abwicklungsvereinbarung, oder

bloßes „Abkaufen“ des Risikos, mit einer Klage überzogen zu werden und ggf. das Arbeitsverhältnis fortsetzen zu müssen (vgl. § 1a KSchG).

c. AbwicklungsvereinbarungRegelung der Beendigungsmodalitäten

LAG Bremen 17.9.2001 – 4 Sa 43/01 [selbstständig kündbar]

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II. 2. Leistungsstörungen

a. Grundsätzlicher Übergang einer Abfindungsvereinbarung auf Erben (Prozessvergleich)BAG 22.5.2003 – 2 AZR 250/02

b. Kündigung des AN´s vor vereinbarter Vertragsbeendigung: Abfindung entsteht nicht bereits mit Aufhebungsvertragsschluss: => keine Vererblichkeit ohne entsprechende VereinbarungBAG 26.8.1997 – 9 AZR 227/96

c. Wegfall der Geschäftsgrundlagenicht bei Ausspruch einer (verhaltensbedingten) Kündigung zum gleichen EndzeitpunktBAG 29.1.1997 – 2 AZR 292/96

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II. 3. Typische Abwicklungsklauseln

a. Aufhebungsvertrag

- „Das (mit Arbeitsvertrag vom … begründete) Arbeitsverhältnis zwischen … und Fa. … endet im beiderseitigen Einvernehmen zum … .“

- „Das (mit Arbeitsvertrag vom … begründete) Arbeitsverhältnis zwischen … und Fa. … endet auf Veranlassung der Arbeitgeberseite zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung im beiderseitigen Einvernehmen zum … .“

- „Das (mit Arbeitsvertrag vom … begründete) Arbeitsverhältnis zwischen … und Fa. … endet auf Veranlassung der Arbeitgeberseite zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung und unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist von … im beiderseitigen Einvernehmen zum … .“

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II. 3. Typische Abwicklungsklauseln

• AGB-Kontrolle:

- die Beendigungsvereinbarung und die dafür ggf. erbrachte Gegenleistung (Abfindung) unterliegen keiner Angemessenheitskontrolle (nur Transparenzkontrolle nach § 307 III 2 BGB)

BAG 8.5.2008 – 6 AZR 517/09, Rz. 22BAG 12.3.2015 – 6 AZR 82/14, Rz. 23

- formularmäßige (§ 305 I BGB) Nebenabreden sind allerdings kontrollfähig

BAG 12.3.2015 – 6 AZR 82/14, Rz. 24 [Klageverzicht; an sich statthafter Verzicht auf tarifliche Widerrufsmöglichkeit]

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II. 3. Typische Abwicklungsklauseln

b. Gegenleistung(1) Abfindung

- „Die Fa. … zahlt Herrn/Frau … € … als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes .“

- „Die Fa. … zahlt Herrn/Frau … € … netto als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes.“

Versteuerung der Abfindung erfolgt dann durch den AGeb

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II. 3. Typische Abwicklungsklauseln

(2) Freistellung- „Herr/Frau … ist bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich (widerruflich) (unter Fortzahlung der Vergütung) von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt.

Alternativ:- „Herr/Frau … ist bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. Offener Urlaub (iHv … Tagen) und eventuelle Zeitguthaben werden in dieser Zeit eingebracht.“

Ungeeignet:- „Herr/Frau … ist bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses widerruflich von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. Offener Urlaub wird in dieser Zeit eingebracht.“

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II. 3. Typische Abwicklungsklauseln

c. Beispiele für Abwicklungsvereinbarungen(1) Urlaub und Urlaubsabgeltung

Statthafter Tatsachenvergleich:- „Urlaub ist vollständig in natura eingebracht.“

Aber: AN ist seit Längerem dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt:- „Herr/Frau … erhält den offenen Urlaub (von … Tagen) bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten.“

oder- „Herr/Frau … verzichten auf die Abgeltung des bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht eingebrachten Urlaubs.“zB LAG Köln 8.11.2012 – 7 Sa 767/12 [Urlaubsabgeltung ist nach Aufgabe der Surrogationstheorie verzichtbar]

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II. 3. Typische Abwicklungsklauseln

(2) Überstunden

- „Die geleisteten Überstunden (Freizeitguthaben) im Umfang von … Stunden werden mit der Vergütung für den Monat … (mit einem Betrag von € …) ausbezahlt.“

- „Die geleisteten Überstunden (Freizeitguthaben), die während der Freistellung nicht hatten eingebracht werden können, werden mit der Vergütung für den Monat … ausbezahlt.“

- „Überstunden- und Freizeitguthaben bestehen nicht.“

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II. 3. Typische Abwicklungsklauseln

(3) Sonderzuwendungen

- „Die Jahressonderzahlung/das 13. Monatsentgelt wird mit dem Monat … in voller Höhe/anteilig im Umfang von … ausbezahlt.“

- „Die bereits ausbezahlte Sonderzahlung wird nicht zurückgefordert.“

- „Die bereits bezahlte Sonderzuwendung wird mit der Vergütung für den Monat …/mit der vereinbarten Abfindungssumme verrechnet.“

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II. 3. Typische Abwicklungsklauseln

(4) Dienstwagen

- „Herr/Frau … gibt den zur Verfügung gestellten Dienstwagen Marke … [inklusive Schlüssel und Fahrzeugpapiere] mit dem Monat (vor Ende des Beschäftigungsverhältnisses) zurück. Dafür erhöht sich die vertragliche Vergütung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses um mtl. € … .“

- „Herrn/Frau … wird der zur Verfügung gestellte Dienstwagen (Marke …) ab … zum Preis von … zum Kauf angeboten. Diese/-r nimmt das Angebot an. Die Übereignung (Aushändigung des Fahrzeugbriefes) und die Zahlung des Kaufpreises erfolgen am … .“

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II. 3. Typische Abwicklungsklauseln

(5) Ausgleichsklauseln

- Privatautonom mögliche Gestaltung des Vertrages erlaubt auch, das beendete oder zu beendende Arbeitsverhältnis sachlich klar und rasch zu „bereinigen“.

- Ausgleichsklauseln kommen in Betracht als

– Schulderlass– Vergleich– Schuldanerkenntnis – (Klage-)Verzicht

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II. 3. Typische Abwicklungsklauseln

Aber:- Auslegung zur Ermittlung der Reichweite der Vereinbarungen.

- Einbeziehungskontrolle (Überrumpelungseffekt)BAG 15.2.2007 – 6 AZR 286/06BGH 10.11.1989 – V ZR 201/88

- Inhaltskontrolle (§§ 307 ff BGB)- gesetzliches Verbot und gute Sitten (§§ 134, 138 BGB)- Verstoß gegen zwingende AN-Schutzvorschriften- Angemessenheitskontrolle (zB Klageverzicht)

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II. 3. Typische Abwicklungsklauseln

Mögliche Klausel:

- „Mit Erfüllung der vorstehenden Verpflichtungen bestehen keine wechselseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung mehr, gleich aus welchem Rechtsgrund, gleich ob bekannt oder unbekannt. Ausgenommen hiervon sind Ansprüche des Arbeitnehmers auf betriebliche Altersversorgung und Abgeltung offenen (gesetzlichen/tariflichen) Urlaubs in Höhe von . . .“

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III. Steuer- und sozialrechtliche Konsequenzen

a. Versteuerung

- Abfindung ist zu versteuern (§§ 34, 24 Nr. 1 EStG, außerordentliche Einkünfte)

- Fünftelungsregelung: rechnerische Verteilung auf 5 Jahre, aber

nur wenn im Veranlagungszeitraum ein höheres Einkommen erzielt wird, als bei normalem Lauf der Dinge erzielt worden wäre (Zusammenballung von Einkünften).

BFH 11.5.2010 – IX R 39/09

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III. Steuer- und sozialrechtliche Konsequenzen

b. Anrechnung der Abfindung auf Arbeitslosengeld

- Wahl einer Abfindung nach § 1a KSchG: keine Anrechnungsgefahr

BSG 12.7.2006 – B 11a AL 47/05

- Vereinbarte Abfindung: Keine Anrechnung, wenn

- zwischen Abschluss des Vertrags und Ende des Arbeitsverhältnisses die einzuhaltende Kündigungsfrist liegt und

- die Aufhebung nicht auf Wunsch des AN´s und nicht aus verhaltensbedingten Gründen erfolgt.

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III. Steuer- und sozialrechtliche Konsequenzen

c. Sperrzeit (§ 159 SGB III)

- vom AN schuldhaft herbeigeführte Vertragsbeendigung

pro-forma-Kündigung in einer Abwicklungsvereinbarung kann dies nicht ändern.

BSG 18.12.2003 – B 11 AL 35/03

- krankheitsbedingte Umstände sind nicht von § 159 Nr. 1 SGB III erfasst

R. Künzl Aufhebungsvertrag