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ÖFFENTLICHE AUFTRÄGE RECHTSSICHER VERGEBEN – FACHINFORMATIONEN FÜR DIE VERGABESTELLEN Postvertriebsstück – Entgelt bezahlt – G 70516 ISSN 1861-6658 Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postf. 100534, 50445 Köln Mit Beiträgen von Dr. Angela Dageförde, Katja Gnittke, Oliver Hattig, Ronny Herholz, Martin Krämer, Prof. Dr. Ralf Leinemann, Malte Müller-Wrede, Norbert Portz, Ulrich Welter und Prof. Dr. Christopher Zeiss www.betrifft-vergabe.de R V E R G A m b e r 2 0 1 1 3 es HERAUSGEBER Rechtsanwalt Norbert Dippel Ltd. städt. Rechtsdirektor Martin Krämer Rechtsanwalt Prof. Dr. Ralf Leinemann Rechtsanwalt Dr. Rainer Noch Stadtrechtsdirektor Dr. Kay-Uwe Rhein Dipl.-Ing. Ulrich Welter 2 . K Ö L N E R V E R G A B E T R E F F · 1 9 . N o v e m b e r 2 0 1 3 i n K ö l n · 2. KÖLNER VERGABETREFF SONDERAUSGABE dtvp.de Deutsches Vergabeportal IN KOOPERATION MIT

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ÖFFENTLICHE AUFTRÄGE RECHTSSICHER VERGEBEN – FACHINFORMATIONEN FÜR DIE VERGABESTELLEN

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Mit Beiträgen von

Dr. Angela Dageförde, Katja Gnittke, Oliver Hattig, Ronny Herholz, Martin

Krämer, Prof. Dr. Ralf Leinemann, Malte Müller-Wrede, Norbert Portz, Ulrich

Welter und Prof. Dr. Christopher Zeiss

www.betrifft-vergabe.de

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H E R A U S G E B E R

RechtsanwaltNorbert Dippel

Ltd. städt. RechtsdirektorMartin Krämer

RechtsanwaltProf. Dr. Ralf Leinemann

RechtsanwaltDr. Rainer Noch

StadtrechtsdirektorDr. Kay-Uwe Rhein

Dipl.-Ing.Ulrich Welter

2. K

ÖLN

ER VERGABETREFF · 19. November 2013 in Köln

·

2. KÖLNER VERGABETREFF

SONDERAUSGABE

dtvp.de

DeutschesVergabeportal

I N K O O P E R AT I O N M I T

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E D I T O R I A L

nach dem großen Erfolg der Auftaktver-anstaltung „1. Kölner Vergabetreff“ im letzten Jahr freuen wir uns, dass die dies-jährige Veranstaltung im Komed-Haus im Media-Park mit rund 240 Teilneh-mern auf noch deutlicheren Zuspruch gestoßen ist.Für den Bundesanzeiger Verlag ein Zei-chen, dass das bewährte Konzept bei den Teilnehmern ankommt. So hörten wir vielfach aus dem Auditorium, dass durch die hervorragenden und etablierten Refe-renten ein aktuelles sowie absolut praxis-nahes Wissensupdate stattfand. Daneben nahmen sich die Referenten genügend Zeit für intensive Diskussionen sowohl mit Einzelnen als auch dem Plenum.Kennzeichnend für den Kölner Vergabe-treff ist aber auch der Meinungs- und Erfahrungsaustausch sowie das Kennen-lernen vor und auf der Veranstaltung.Neben der geführten Brauhaustour durch die Kölner Altstadt am Vorabend wurden auch die Pausen für intensives Networ-king genutzt.Unser Fazit zum „2.Kölner Vergabetreff“ ist schnell gezogen: Auch im Herbst 2014 wird der Bundesanzeiger Verlag wieder eine Neuauflage der Veranstal-tung anbieten, zu der wir Sie schon jetzt einladen wollen.Einer der erfolgreichsten Verlagsberei-che des Bundesanzeiger Verlages widmet sich dem Thema Vergaberecht. Unsere Kompetenz bauen wir stetig durch ent-sprechende Fachzeitschriften, Handbü-cher und Kommentare aus. Eine beson-dere Stärkung erfahren dabei unsere On-lineaktivitäten.Dies ist u.a. auch deshalb notwendig, da durch die für Anfang 2014 erwartete neue EU-Vergaberichtlinie die E-Vergabe zukünftig auch für Deutschland ver-pflichtend sein wird.Vor diesem Hintergrund hat der Bundes-anzeiger Verlag sich mit einem der Pio-niere im Bereich E-Vergabe-Software, der cosinex aus Bochum, zusammenge-tan und gemeinsam als Joint-Venture DTVP, das Deutsche Vergabeportal, ge-gründet.Das Deutsche Vergabeportal hat sich zum Ziel gesetzt, eine zentrale und trans-parente Anlaufstelle für das öffentliche Auftragswesen in Deutschland zu wer-den.

Für Vergabestellen bietet DTVP eine komfortable, umfängliche und kosten-günstige elektronische Vergabeplattform. Ohne den Kauf von Software oder den Betrieb komplexer Lösungen können Be-hörden und Vergabestellen eine moderne Vergabeplattform als Cloud-Dienst ein-fach mit nutzen. Hierbei ergeben sich viele weitere praktische Vorteile, z.B. die automatisierte Veröffentlichung auf allen relevanten Vergabeportalen oder die par-allele Nutzung durch mehrere Mitarbei-ter an einem Projekt.

Auf der Bieterseite ist die Nutzung voll-ständig kostenfrei. Unternehmen können nach vorheriger Registrierung einfach nach Aufträgen recherchieren und an eVergabe-Verfahren teilnehmen. Weitere Informationen und einen kostenlosen Testzugang finden Sie unter www.DTVP.de.

Das vorliegende Heft ist eine Sonderaus-gabe unserer zweimonatlich erscheinen-den Zeitschrift „Vergabenavigator“ (www.vergabenavigator.de). Hier finden Sie noch einmal für Sie und Ihre Kolle-gen alle Vorträge des „2.Kölner Vergabe-treffs“ als Artikel aufbereitet. Ergänzt wird dies um weitere thematisch passen-de Beiträge. Wir hoffen, dass Sie mit dieser Zusammenstellung auch langfris-tig von den Inhalten der Veranstaltung in Ihrem Arbeitsalltag profitieren können.

In diesem Sinne freuen wir uns auf Ihr Kommen zum „3. Kölner Vergabetreff“ im Herbst 2014!

Liebe Leserin, lieber Leser,

Edi

tori

alUwe Mähren

Leiter Fachverlag

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2 Vergabe Navigator Sonderausgabe · 2013

Dieser Ausgabe liegt eine Beilage des Bundesanzeiger Verlags bei. Wir bitten unsere Leser um Beachtung.

BEITRÄGE

Norbert PortzEine Reform mit Widersprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3

Prof. Dr. Christopher ZeissPopuläre Rechtsirrtümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6

Dipl.-Ing. Ulrich WelterDer Bauch entscheidet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11

Katja GnittkeDen Aufwand im Rahmen halten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13

Dr. Angela Dageförde, Oliver HattigEs kann nur einen geben? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16

Prof. Dr. Ralf LeinemannWas geht noch in der Wertungspraxis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21

Malte Müller-WredeDer Wechsel des Auftragnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .23

Martin KrämerKirchturmpolitik oder Konjunkturmotor? . . . . . . . . . . . . . . . . . .25

Ronny HerholzEin Honorarmodell mit Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .27

Veranstaltungsrückblick Impressionen des 2. Kölner Vergabetreffs . . . . . . . . . . . . . . . . .30

FIRMENEINTRÄGE

Online-Portale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Verlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

I N H A LT

IMPRESSUM

Vergabe NavigatorÖffentliche Aufträge rechtssicher vergeben – Fachinformatio-nen für die Vergabestelle – herausgegeben in Verbindung mit RA Norbert Dippel, Abteilungsleiter Vergabe bei der HIL Heeresinstandsetzungslogistik GmbH, BonnStadtrechtsdirektor Dr. Kay-Uwe Rhein, Leiter Vergaberecht der Stadt MönchengladbachLtd. St. Rechtsdirektor Martin Krämer, ehemaliger Leiter Zentrales Vergabeamt, Bundesstadt BonnRA Prof. Dr. Ralf Leinemann, Kanzlei Leinemann & Partner, BerlinRA Dr. Rainer Noch, B.L.F. Böck, Oppler Hering, MünchenDipl.-Ing. Ulrich Welter, Berater, Ingside, Berlin

RedaktionRA Oliver Hattig Hattig und Dr. Leupolt Rechtsanwälte Ebertplatz 14.6, 50668 Köln Telefon: 0221/7 89 55-01, Telefax: 0221/7 89 55-06 E-Mail: [email protected]

Redaktion Bundesanzeiger VerlagFritz Koenigs Telefon: 0221/9 76 68-320, Telefax: 0221/9 76 68-271 E-Mail: [email protected]

Verantwortlich für den InhaltFred Schuld, Köln

ManuskripteManuskripte sind unmittelbar an die Redaktion im Verlag zu senden. Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann keine Haftung übernommen werden. Der Verlag behält sich das Recht zur redaktionellen Bearbeitung der angenommenen Manuskripte vor.

Erscheinungsweisezweimonatlich, jeweils zum 10. der ungeraden Monate

Bezugspreise/Bestellungen/KündigungenEinzelheft 32,30 inkl. MwSt. und Versandkosten (Inland 1,50 pro Ausgabe/Ausland 3,– pro Ausgabe). Der Jahres-abopreis beträgt 183,50 inkl. MwSt. und Versandkosten (In-land 0,75 pro Ausgabe/Ausland 3,– pro Ausgabe) (für Mit-glieder des Forum Vergabe e.V., VBI und Studenten beträgt der Jahresabopreis 153,20 inkl. MwSt. und Versandkosten [Inland 0,75 pro Ausgabe/Ausland 3,– pro Ausgabe]). Bestellungen über jede Buchhandlung oder beim Verlag. Der Bezugszeitraum beträgt jeweils 12 Monate. Kündigungen müssen schriftlich erfolgen und spätestens am 15. des Vormonats, in dem das Abonnement endet, beim Verlag eingegangen sein.

Verlag: Bundesanzeiger Verlag GmbHPostfach 10 05 34, 50445 Köln Geschäftsführung: Dr. Matthias Schulenberg, Fred Schuld Leitung Service/Vertrieb: Birgit Drehsen Telefon: 0221/9 76 68-121

Abo-ServiceHartmut Wintrich Telefon: 0221/9 76 68-358, Telefax: 0221/9 76 68-271 E-Mail: [email protected]

Urheber- und VerlagsrechteAlle in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheber-rechtlich geschützt. Jegliche Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Mit der Annahme des Manu-skriptes zur Veröffentlichung überträgt der Autor dem Verlag das ausschließliche Vervielfältigungsrecht bis zum Ablauf des Urheberrechts. Das Nutzungsrecht umfasst auch die Befugnis zur Einspeicherung in eine Datenbank sowie das Recht zur weiteren Vervielfältigung zu gewerblichen Zwecken, insbeson-dere im Wege elektronischer Verfahren einschließlich CD-ROM und Online-Dienste.

HaftungsausschlussDie in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge wurden nach bestem Wissen und Gewissen geprüft. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Eine Haftung für etwaige mittelbare oder unmittelbare Folgeschäden oder Ansprüche Dritter ist ebenfalls ausge-schlossen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

AnzeigenleitungHans Stender, [email protected] Verlag GmbH Amsterdamer Str. 192, 50735 Köln Telefon: 0221/9 76 68-343, Telefax: 0221/9 76 68-288

Anzeigenpreise Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 7 vom 1.1.2013

HerstellungGünter Fabritius, Telefon: 0221/9 76 68-182

SatzTGK Wienpahl, Köln

DruckGriebsch & Rochol Druck & Co. KG, Hamm/Westf.

ISSN:1861-6658

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Vergabe Navigator Sonderausgabe · 2013 3

Eine Reform mit Widersprüchen Macht das neue EU-Vergaberecht alles einfacher? Eine kritische Würdigung.

Norbert Portz, Beigeordneter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund, Bonn

Voraussichtlich im Februar/März 2014 wird das neue EU-Richtlinienpaket zum Vergaberecht in Kraft treten. Die

Umsetzungsfrist der Richtlinien in nationales Recht beträgt zwei Jahre. Auftraggeber und Unternehmen müssen also spätestens Anfang 2016 in Deutschland ein neues Vergaberecht anwenden. Aber auch bereits nach dem Inkrafttreten der Richtlinien sind deren neue Inhalte im Rahmen von Vergabeverfahren zu beachten. Eine entscheidende Frage ist, ob das neue EU-Vergaberecht seine Ziele nach Vereinfachung und einem Bürokratieabbau erfüllt. Eine kritische Würdigung.

Ziele des neuen EU-VergaberechtsDie aktuelle Reform der EU-Vergabe-richtlinien ist die größte Reform des EU-Vergaberechts seit 2004. Nach einem zweijährigen Diskussionsprozess werden die erstmalig am 20.12.2011 von der EU-Kommission vorgeschlagenen drei EU-Vergaberichtlinien voraussichtlich im ersten Quartal des Jahres 2014 verbindli-ches Recht. Das Richtlinienpaket um-fasst drei separate Inhalte: Die Neufas-sung der Richtlinie über die klassische öffentliche Auftragsvergabe und damit die Modernisierung der Richtlinie 2004/18/EG, die Richtlinie über die Sek-torenauftragsvergabe und somit die Mo-dernisierung der Richtlinie 2004/17/EG und – gänzlich neu – eine eigenständige Richtlinie über die Vergabe von Konzes-sionen. Nicht betroffen von der Neurege-lung sind die Vergaben im Bereich der Verteidigung und Sicherheit sowie die zuletzt 2007 geänderte EU-Rechtsmittel-richtlinie.Die Ziele des neuen EU-Richtlinienpa-kets, über dessen Inhalte am 25.06.2013 eine Einigung im Trilog-Verfahren zwi-schen Europäischem Parlament, dem Rat und der EU-Kommission stattgefunden hat, und dessen formale Verabschiedung durch das Europäische Parlament und den Rat für den Januar 2014 vorgesehen ist, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Einfachere und flexiblere Vergabe-• verfahren und damit ein Mehr an Verfahrenseffizienz

Bürokratieabbau• Mehr Rechtssicherheit, insbeson-• dere durch die Kodifizierung der EuGH-RechtsprechungMöglichkeit zur stärkeren Berück-• sichtigung strategischer Ziele (ins-besondere: Umwelt und Soziales) bei öffentlichen AuftragsvergabenFörderung von kleinen und mittle-• ren Unternehmen (KMU).

Bereits die Unterschiedlichkeit die-ser Ziele macht deren Spannungs-verhältnis untereinander deutlich. So ist es kaum vorstellbar, dass sich ein Bürokratieabbau und einfachere so-wie flexiblere Vergabeverfahren mit dem weiteren Ziel einer stärkeren Be-rücksichtigung strategischer Belange vereinbaren lässt. Die bezweckten Vereinfachungen sind im Übrigen nur schwer mit dem Umfang des Richtli-nienpakets von immerhin insgesamt knapp 750 Seiten (einschließlich der Erwägungsgründe und der Anhänge) kompatibel.

Die klassischen öffentlichen Auftragge-ber sind bei den Neuregelungen insbe-sondere von der allgemeinen EU-Verga-berichtlinie sowie von der Konzessions-richtlinie betroffen. Im Folgenden wer-den die Inhalte der neuen allgemeinen (klassischen) Vergaberichtlinie und der neuen Konzessionsrichtlinie sowie ihre Auswirkungen auf das künftige Vergabe-recht schwerpunktmäßig dargestellt:

Erstmalige Regelung von In-House-Vergabe und horizontaler VergabeErstmals nimmt die klassische EU-Ver-gaberichtlinie (Art. 11) sowie die Kon-zessionsrichtlinie (Art. 15) eine vergabe-rechtliche Kodifizierung der EuGH-Rechtsprechung zur Inhouse-Vergabe und zur horizontalen Zusammenarbeit vor. Die Neuregelungen gehen dabei in einigen Punkten über die bisherige Eu-GH-Rechtsprechung hinaus:Die Richtlinie hält hinsichtlich der vergaberechtsfreien In-House-Vergabe grundsätzlich an den EuGH-Vorausset-zungen des ersten („Teckal-Kontroll“-)Kriteriums fest. Danach muss bzw. müs-sen zur Gewährleistung eines nicht dem Vergaberecht unterliegenden Vertrags etwa zwischen Städten und Gemeinden und einer anderen juristischen Person die jeweilige Kommune bzw. die Kommunen über diese Einrichtung eine Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausüben. Üben mehrere öffentliche Auftraggeber gemeinsam die Kontrolle über eine ande-re juristische Person aus, so müssen ins-besondere die Beschlussfassungsgremien dieser juristischen Person sich aus Vertre-tern aller beteiligten öffentlichen Auftrag-geber zusammensetzen.Auch müssen alle Auftraggeber gemein-sam – und zwar auch bei einer Minder-heitsbeteiligung einzelner Mitglieder – einen entscheidenden Einfluss auf die strategischen Ziele und auf die wesentli-chen Entscheidungen der von ihnen kon-trollierten juristischen Person ausüben. Das „Wesentlichkeitskriterium“ und da-mit die kumulativ erforderliche zweite EuGH-Voraussetzung für eine Vergabe-rechtsfreiheit bei einem In-House-Ge-schäft setzt künftig nach den Richtlinien voraus, dass die von der Kommune bzw. den Kommunen beherrschte juristische Person mehr als 80 % ihrer Tätigkeit bzw. des Umsatzes für diese Kommune ausübt bzw. ausüben. Als neue Möglichkeit im Vergleich zu bisher ist vorgesehen, dass für die Verga-berechtsfreiheit zwar grundsätzlich auch weiterhin keine private Beteiligung an der „auftragsausführenden“ juristischen Person gegeben sein darf. Eine Ausnah-me besteht aber künftig dann, wenn eine private Beteiligung – wie etwa bei be-stimmten Wasserverbänden in Deutsch-land – gesetzlich ausdrücklich gefordert ist. Eine horizontale Vergaberechtsfreiheit der innerstaatlichen und damit auch in-terkommunalen Kooperation setzt nach dem neuen EU-Vergaberecht voraus, dass

B E I T R Ä G E

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4 Vergabe Navigator Sonderausgabe · 2013

B E I T R Ä G E

al-, Gesundheits- oder Bildungswesen zuzuordnen sind, unterfallen künftig ab einem Schwellenwert von 750.000,– € nur eingeschränkt dem EU-Vergabe-recht. Hintergrund hierfür ist insbesondere, den öffentlichen Auftraggebern in diesem Bereich einen größeren Spielraum bei der Auswahl der Auftragnehmer einzu-räumen. Hinzu kommt, dass der grenz-überschreitende Charakter dieser sozia-len Leistungen nach Auffassung der Kommission als gering einzuschätzen ist (Erwägungsgrund Nr. 11 RL-E KOM (2011) 896 endg. und Erwägungsgrund Nr. 17 RL-E KOM (2011) 895 endg.). Dennoch ist zu kritisieren, dass ange-sichts des grundsätzlichen Wegfalls der Unterscheidung zwischen A- und B-Dienstleistungen noch weiter ein Sonder-regime für die sozialen Dienstleistungen aufrecht erhalten wird.

Lockerung für subzentrale VergabestellenSubzentrale Auftraggeber und damit in Deutschland alle Beschaffungsstellen au-ßerhalb der zentralen Beschaffungsstel-len des Bundes (Bundesregierung und ihre Ministerien etc.) haben künftig bei Teilnahmewettbewerben und damit bei Nicht Offenen sowie Verhandlungsver-fahren mit vorheriger Bekanntmachung die Möglichkeit zur reinen Vorinformati-on. Folge ist, dass im Anschluss an den erfolgten Aufruf zum Wettbewerb (Vor-information) und damit vor den eigentli-chen Angebotsverfahren keine separate Auftragsbekanntmachung mehr nötig ist.Ob eine derartige Unterscheidung zwi-schen „zentralen und subzentralen Auf-traggebern“ Sinn macht, ist zweifelhaft. Zudem ist zu hinterfragen, ob eine reine Vorinformation ohne spätere separate Bekanntmachung durch den Auftragge-ber tatsächlich die notwendige Anstoß-wirkung für die sich um den Auftrag be-werbenden Unternehmen darstellt.

Verbindliche Einführung der elektronischen KommunikationDie verbindliche Einführung der elektro-nischen Kommunikation und damit auch der e-Vergabe (Art. 19 der allgemeinen Vergaberichtlinie) soll mit einer Umset-zungsfrist von 54 Monaten nach Inkraft-setzung der Richtlinie erfolgen. Zwar ist im Hinblick auf eine Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung beim Vergabever-fahren die flächendeckende Einführung elektronischer Vergabeverfahren zu be-grüßen. Fraglich ist jedoch, ob die Um-setzung einer rein elektronischen Kom-munikation, deren Anwendung bisher

weit von einer Flächendeckung entfernt ist, durch stringente Richtlinienvorgaben der Kommission tatsächlich zum Erfolg geführt werden kann.

Stärkung strategischer ZieleDie Ziele der Richtlinien sehen die Möglichkeit der Mitgliedstaaten vor, bestimmte soziale, umwelt- und arbeits-rechtliche Verpflichtungen in Ausfüh-rung des Vertrages bei der Beschaffung von Leistungen vorzugeben (Art. 15 Abs. 2 der allgemeinen Vergaberichtli-nie, Art. 26a Abs. 2 Konzessionsrichtli-nie). Die damit vorgesehene Option („Kann“), etwa zur Berücksichtigung so-zialer Verpflichtungen bei der Auftrags-vergabe, setzt nach wie vor einen Auf-tragsbezug voraus. Dies ist zu begrüßen. Positiv ist auch die Neuregelung im Zu-sammenhang mit der Möglichkeit zur Verwendung von Gütezeichen als techni-sche Spezifikation (Art. 41 der allgemei-nen EU-Vergaberichtlinie). Dabei ist aber von Bedeutung, dass nach der Eu-GH-Entscheidung „Max Havelaar“ vom 10.05.2012 der Hinweis auf ein Siegel alleine vergaberechtlich nicht reicht. Vielmehr sind aus Gründen der erforder-lichen Transparenz die Inhalte der Sie-gel- und Gütezeichen vom Auftraggeber als inhaltliche Anforderungen in seine Vergabeunterlagen aufzunehmen.

Insgesamt bleibt festzustellen, dass eine weitere Berücksichtigung von sozial-, umwelt- und arbeitsrechtli-chen Verpflichtungen die Anwendung des Vergaberechts nicht einfacher, sondern komplexer, schwieriger und rechtsanfälliger macht. Dies zeigt nicht zuletzt die Erfahrung mit der Umsetzung der vielfältigen Landes-vergabegesetze (vergaberechtliches Nebenrecht). Besonders eklatant ist dies beim Vollzug des Tariftreue- und Vergabegesetzes (TVgG) in Nord-rhein-Westfalen.

Die Vorgabe von Sekundärzielen in Ver-gabeverfahren beinhaltet keine Vereinfa-chung, sondern im Gegenteil eine zusätz-liche Bürokratisierung sowohl zulasten der Auftraggeber als auch zulasten der Unternehmen. Dies gilt auf Unterneh-merseite gerade für mittelständische Un-ternehmen, die nach den EU-Vergabe-richtlinien besonders geschützt werden sollen.

Erweiterung des VerhandlungsverfahrensDer Handlungsspielraum des Auftragge-bers soll durch eine Erweiterung des Verhandlungsverfahrens (Art. 24 der all-

a) die Vereinbarung ausschließlich zwischen öffentlichen Auftragge-bern geschlossen wird;

b) die Zusammenarbeit zur Ausführung öffentlicher Dienste erfolgt;

c) die Umsetzung der Vereinbarung nur durch Überlegungen im Zusammen-hang mit dem öffentlichen Interesse bestimmt wird;

d) die beteiligten öffentlichen Auftrag-geber weniger als 20 % ihrer Tätig-keit auf dem offenen Markt ausüben und

e) keine privaten Dritte beteiligt sind.Mit diesen Begrenzungen schließen es die Richtlinien aus, dass – wie in der EuGH-Entscheidung vom 13.06.2013 („Gebäudereinigung Kreis Düren“) – eine Kommune durch eine andere Kom-mune vergaberechtsfrei die Gebäuderei-nigung durchführen lässt. Im konkreten Fall durfte sich die „beauftragte Stadt“ nach dem Vertrag zwischen ihr und dem Kreis auch noch privater Dritter zur Durchführung der Gebäudereinigung be-dienen. Bei einer derartigen Vertragsge-staltung handelt es sich weder nach dem EuGH noch nach der neuen Richtlinie um eine gemeinsame und damit im öf-fentlichen Interesse durchzuführende Gemeinwohlaufgabe. Folge ist eine Aus-schreibungspflicht.

Zwischen Ausweitung und Differenzierung des VergaberechtsIn den Richtlinien wird die bisherige Unterscheidung zwischen sog. A- und B-Dienstleistungen aufgegeben. Grund ist nach Auffassung der Kommission, dass selbst bislang als nicht-prioritär ein-gestufte Dienstleistungen – wie zum Bei-spiel Rechts- oder Hoteldienstleistungen – einen besonders hohen Prozentsatz an grenzüberschreitenden Geschäften aus-macht (Erwägungsgrund Nr. 10 des Richtlinienentwurfs der Kommission, RL-E KOM (2011) 896 endg., Erwä-gungsgrund Nr. 16 RL-E KOM (2011) 895 endg.). Folge ist, dass zum Beispiel künftig die Vergabe von Rechtsanwaltsleistungen grundsätzlich dem vollen Vergaberechts-regime unterliegt. Demgegenüber ist der Bereich der Not-fallrettungsdienste – anders als der reine Krankentransport – aus dem Vergabe-rechtsregime ebenso ausgenommen wie der Bereich der – kommunalen – Kredit-aufnahme. Auch für die sozialen Dienstleistungen wird es künftig nur eine reduzierte An-wendung des Vergabeverfahrensrechts geben. Derartige besondere Dienstleis-tungen, die im Wesentlichen dem Sozi-

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Vergabe Navigator Sonderausgabe · 2013 5

B E I T R Ä G E

gemeinen EU-Vergaberichtlinie) vergrö-ßert werden. Das Verhandlungsverfahren kann danach künftig auch bei der gleich-zeitigen Planung und Ausführung von Bauarbeiten sowie dann angewandt wer-den, wenn die „Wesensart, Komplexität und die Risiken“ der Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen es erfordern. Obwohl hiermit die Möglichkeiten des Auftraggebers bei der Wahl der Vergabe-art erweitert werden, lassen die unbe-stimmten Rechtsbegriffe („Wesensart, Komplexität, Risiken“) befürchten, dass eine Rechtssicherheit bei den konkreten Anwendungsvoraussetzungen für das Verhandlungsverfahren erst durch die Rechtsprechung geschaffen werden kann. Inwieweit in diesem Zusammenhang die neu eingeführte „Innovationspartner-schaft“ (Art. 29 der klassischen EU-Vergaberichtlinie) als kleiner Bruder des „Wettbewerblichen Dialogs“ für die Pra-xis in breiterer Form angewandt werden wird, bleibt abzuwarten.

Erleichterte Prüfung von Eignungs- und ZuschlagskriterienIm bestehenden deutschen Recht und hier insbesondere in der VOL/A hat die jetzt auch in den EU-Richtlinien vorge-nommene Stärkung von Eigenerklärun-gen als Ersatz von Eignungsnachweisen (s. Art. 57 der allgemeinen EU-Vergabe-richtlinie) bereits weitestgehend stattge-funden. Daneben sieht das neue EU-Vergaberecht in positiver Hinsicht vor (s. Art. 54 Abs. 3 der allgemeinen Vergaberichtli-nie), dass der Auftraggeber bei Offenen Verfahren die Reihenfolge insbesondere bei der Prüfung der Eignungs- und Zu-schlagskriterien nach näherer Maßgabe der Mitgliedstaaten selbst bestimmen kann.

Die hoffentlich auch in Deutschland künftig rechtlich zulässige Möglich-keit, im Rahmen der Prüfung und Wertung der Angebote, die Zuschlags-kriterien (bisher 4. Stufe) zeitlich vor den Eignungskriterien (bisher 2. Stu-fe) zu prüfen, ist zu begrüßen. Dies trägt den Gegebenheiten in der Praxis Rechnung und knüpft an die bereits vorhandenen Möglichkeiten in eini-gen Vergabehandbüchern (VHB) an.

In Art. 66 Abs. 2 der neuen EU-Vergabe-richtlinie ist bestimmt, dass bei der Ver-gabe von Dienstleistungen und der Kon-zeption von Bauarbeiten die Organisati-on, Qualität und Erfahrung des Personals als Zuschlagskriterium dann Berücksich-tigung findet, wenn die Qualität des Per-sonals erheblichen Einfluss auf das Ni-

veau der Auftragsausführung haben kann. Diese teilweise bereits in der Neufassung der am 25.10.2013 in Deutschland in Kraft getretenen Vergabeverordnung vorweggenommene Klarstellung ist zu unterstützen. Sie entspricht der Tatsache, dass derartige konzeptionelle Qualitäts-kriterien als Zuschlagskriterium im Rah-men der Wertungsentscheidung ganz entscheidend sind.Zu unflexibel ist demgegenüber die Vor-gabe in Art. 56 der EU-Vergaberichtlinie, wonach als Auswahlkriterium für einen Wirtschaftsteilnehmer der Mindestjah-resumsatz, dessen Angabe vom Auftrag-geber im Rahmen der Eignungsanforde-rung verlangt wird, den geschätzten Auf-tragswert nicht um mehr als das höchs-tens Zweifache des geschätzten Auf-tragswerts übersteigen darf. Diese Vorgabe wird den vielen Fallge-staltungen auch komplexer Aufträge und damit der wirtschaftlichen Eignungsprü-fung nicht gerecht. Sie engt vielmehr den Handlungsspielraum des Auftraggebers über Gebühr ein.

Klarstellung bei der „Selbstreinigung“In erfreulicher Klarheit geben Art. 55 Abs. 4 der EU-Vergaberichtlinie und Art. 36 Abs. 7 der Konzessionsrichtlinie die Voraussetzungen für eine von einem Wirtschaftsteilnehmer zur Wiedererlan-gung seiner Zuverlässigkeit notwendigen „Selbstreinigung“ vor. Danach muss der Wirtschaftsteilnehmer zum Nachweis seiner „Selbstreinigung“ darlegen, dass er einen Ausgleich für jeglichen durch eine Straftat oder Verfeh-lung begangenen Schaden gezahlt oder sich zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet hat. Zusätzlich ist der Unternehmer verpflich-tet, die Tatsachen und Umstände seiner Verfehlung umfassend durch eine aktive Zusammenarbeit mit den Behörden auf-zuklären. Schließlich ist der jeweilige Wirtschafts-teilnehmer zu seiner „Selbstreinigung“ gehalten, konkrete technische, organisa-torische und personelle Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, weitere Straftaten oder Verfehlungen zu vermei-den. Mit der Vorgabe, einen Schadensaus-gleich als Teil der „Selbstreinigung“ zu erwirken, wird eine derzeit im deutschen Recht umstrittene Frage mit Recht im Sinne einer notwendigen Bringschuld durch den ehemals unzuverlässigen Wirt-schaftsteilnehmer beantwortet.

Regelung der „wesentlichen Vertragsänderung“Erstmals in konkreter und fortentwickel-ter Umsetzung der EuGH-Rechtspre-chung (EuGH vom 19.06.2008 „Presse-text“ und EuGH vom 13.04.2010 „Wall“) kodifiziert wurden die Voraussetzungen der „wesentlichen Vertragsänderung“ und damit die Grenzziehung zwischen Ausschreibungspflicht und Ausschrei-bungsfreiheit. Keine Ausschreibung ist nach Art. 72 der neuen EU-Vergabe-richtlinie u.a. erforderlich, wenn ein Ver-trag geändert wird und die Änderungen in den ursprünglichen Auftragsunterla-gen in Form klarer, präziser und eindeu-tig formulierter Klauseln vorgesehen sind. Das Gleiche gilt bei bestimmten zusätz-lichen Leistungen, die an den ursprüngli-chen Auftragnehmer vergeben werden, die aber erforderlich sind, weil ein Wech-sel des Vertragspartners aus technischen oder ökonomischen Gründen nicht mög-lich ist und erhebliche Nachteile bzw. Mehrkosten mit sich bringt, soweit die Preiserhöhung nicht höher als 50 % des ursprünglichen Auftragswertes beträgt. Weitergehend ist auch eine unvorherseh-bare und notwendige Vertragsänderung grundsätzlich ausschreibungsfrei, wenn sie den Gesamtcharakter des Vertrages nicht beeinträchtigt. Zusätzlich wird im positiven Sinne festgestellt, dass bei ei-nem bloßen Auftragnehmerwechsel in Form einer Gesamt- oder Teilrechtsnach-folge nach einer Übernahme, nach einer Fusion oder auch infolge einer Insolvenz grundsätzlich keine Ausschreibungs-pflicht besteht.

Zu begrüßen ist schließlich die Ein-führung einer „De-Minimis-Regel“ in Art. 72, wonach immer dann keine Ausschreibungspflicht besteht, wenn der Wert der Vertragsänderung un-terhalb des EU-Schwellenwerts liegt und bei Dienstleistungen und Lie-ferleistungen weniger als 10 % bzw. bei Bauleistungen weniger als 15 % des ursprünglichen Auftragswerts ausmacht. Dabei darf sich der Ge-samtcharakter des Auftrags aber nicht verändern.

Bei diesen komplexen und zum Teil über die EuGH-Rechtsprechung hinausgehen-den Vorgaben bleibt abzuwarten, wie deren Voraussetzungen im Einzelfall durch die Praxis ausgelegt und durch die Rechtsprechung beurteilt werden. Ent-warnung und Rechtssicherheit besteht daher bei der Frage der Abgrenzung zwi-schen wesentlichen und nicht wesentli-chen Vertragsänderungen trotz der Kodi-fizierung noch nicht.

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Neue KonzessionsrichtlinieDie gänzlich neue Konzessionsrichtlinie der EU-Kommission dient dem Ziel, für Wettbewerber aus anderen EU-Mitglied-staaten besseren Zugang zu den soge-nannten „Konzessionsmärkten“ zu erlan-gen. Diese Märkte machen nach Auffas-sung der Kommission, etwa im Bereich der öffentlich-privaten Partnerschaften, einen erheblichen Teil des gesamten EU-Marktes aus. Konzessionen sind begriff-lich dadurch gekennzeichnet, dass bei diesen nicht der Auftraggeber ein Entgelt für eine zu erbringende Leistung an den Auftragnehmer (Konzessionär) zahlt, sondern der Konzessionär selbst das wirtschaftliche Risiko der Konzession trägt. Im Gegenzug hat er aber das Recht zur Nutzung des Werks und damit zur Refinanzierung der von ihm erbrachten Leistung durch die jeweiligen Nutzer. Konzessionen sind künftig unabhängig vom Dienstleistungs- oder Baubereich ab einem Schwellenwert von 5 Mio. € EU-weit ausschreibungspflichtig. Zwar ist in der Konzessionsrichtlinie kein spezifi-sches Vergabeverfahren vorgegeben, je-doch wird die Einhaltung gewisser Ver-fahrensgarantien in der neuen Richtlinie geregelt. Die Vergabe von Konzessionen im Kom-munalbereich reicht über die Stadtmöbi-lierung, die Betreibung von Parkplätzen durch private Dritte, die Schulspeisung bei Ganztagsschulen durch sogenannte Caterer über die Alttextilsammlung durch Dritte bis hin zur Breitband- und Wasser-versorgung. Allerdings ist der besondere Bereich der Wasserversorgung („Wasser ist als Lebensmittel ein hohes Gut“) nach Protesten der kommunalen Spitzenver-bände und des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) sowie einer in ins-gesamt acht EU-Staaten erfolgreichen EU-Bürgerinitiative am 26.06.2013 durch EU-Kommissar Barnier aus der EU-Richtlinie ausgenommen worden. Bereits vorher war der Notfallrettungs-dienst (anders: reiner Krankentransport) ebenfalls ausgenommen worden. Insgesamt werden aber künftig die von der Richtlinie erfassten Konzessionen dem EU-Vergaberecht (EU-Sekundär-recht) und damit auch dem GWB-Rechts-schutz unterstellt. Vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren nach §§ 102 ff. GWB sind daher im Bereich der Konzes-sionsvergaben zukünftig möglich.

FazitDie EU-Richtlinien wollen das Vergabe-recht vereinfachen und rechtssicher ma-chen. Die Erweiterung und Nutzung von Gestaltungsspielräumen, wie die umfas-sende Einführung der elektronischen Kommunikation, die vermehrte Mög-

lichkeit zur Anwendung von Verhand-lungsverfahren, die flexiblere Prüfungs-reihenfolge bei den Eignungs- und Zu-schlagskriterien, die Klarstellung zur „Selbstreinigung“ und die Grenzziehung bei den wesentlichen Vertragsänderun-gen sind vor diesem Hintergrund grund-sätzlich zielführend.

Allerdings gehen die Richtlinien mit der vermehrten Kodifizierung der EuGH-Rechtsprechung einen frag-würdigen Weg. Denn eine in vielen Fällen erfolgte „Status-quo-Kodifi-zierung“ von EuGH-Entscheidungen beinhaltet für die Anwender des Ver-gaberechts ein Weniger an Flexibilität als ein dynamisches Recht. Das Ziel nach mehr Rechtssicherheit kann hie-rüber nicht hinwegtäuschen.

Nicht in Einklang mit dem Ziel einer Vereinfachung des Vergaberechts steht

die verstärkte Berücksichtigung strategi-scher Ziele, insbesondere im Sozial- und Arbeitsrecht. Die vorgesehenen Instru-mente führen nach allen Erfahrungen im nationalen Recht, insbesondere mit den Landesvergabegesetzen, zur Überforde-rung der Auftraggeber und insbesondere der mittelständischen Unternehmen im Beschaffungsprozess. Spannend bleibt in den nächsten zwei Jahren, in welcher rechtlichen Form die vergaberechtlichen Neuregelungen in das deutsche Recht umgesetzt werden. Anzuraten bleibt den Anwendern des Vergaberechts jedenfalls, die neuen EU-Vergaberichtlinien bereits nach deren Inkraftsetzung zu beachten und zu be-rücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die Normen, die – wie bei der In-House-Vergabe – klar und eindeutig bestimmt sind und die damit erstmalig eine kon-krete Kodifizierung vornehmen.

Populäre RechtsirrtümerWas Sie schon immer über Vergaben unter der Schwelle wissen wollten…

Prof. Dr. Christopher Zeiss, Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW, Bielefeld

„Unterhalb der EU-Schwellenwerte ist alles etwas leichter“ – Auf dieser Annahme basieren viele Beschaf-fungsverfahren unterhalb der Schwellenwerte. Leider

wohl auch die Personalschlüssel und die Fortbildungsetats vieler Vergabestellen. Aber, ist diese Annahme überhaupt richtig? Oder beruht sie auf Rechtsirrtümern? Licht ins Dunkel bringt der folgende Beitrag, der sich mit den populärsten Fragen und Irrtümern bei Auftragsvergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte beschäftigt.

„Ich habe den Auftragswert ordnungsge-mäß geschätzt und bin dabei unterhalb des EU-Schwellenwerts geblieben – jetzt geben die Bieter Angebote zu Preisen oberhalb des Schwellenwerts ab: Muss ich jetzt das Verfahren wechseln und nach dem Vierten Teil des Gesetzes ge-gen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), der Vergabeverordnung (VgV) usw. ober-halb der Schwellenwerte vergeben?“Ein ganz klares Nein! Maßgeblich ist allein die korrekte Kostenschätzung vor Beginn der Beschaffung, also die korrek-te ex ante-Beurteilung. Dass ggf. die Bieter Angebote oberhalb der Schwel-lenwerte abgeben, macht die Beschaf-

fung nicht nachträglich zu einem Be-schaffungsverfahren oberhalb der Schwellenwerte. Daher braucht auch die anwendbare Vergabeordnung und das Verfahren nicht gewechselt zu werden. Auch werden nicht etwa die Vergabe-kammern zuständig. Ausgeschlossen ist ein Nachprüfungsantrag aber nicht, weil Bieter natürlich die korrekte Schätzung des Auftragswertes überprüfen können.

Praxistipp: Schätzen Sie den Auf-tragswert korrekt, dokumentieren Sie diese Schätzung. Dies dient nicht nur der Absicherung gegen ein Nachprü-fungsverfahren, das sich ggf. gegen

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die Ermittlung des Auftragswertes richtet, sondern auch der Prüfung der Angemessenheit des Preises (3. Wer-tungsstufe) sowie ggf. der Vorberei-tung einer Aufhebung des Vergabe-verfahrens, falls die Angebote den durch die Haushaltsmittel gesetzten Rahmen verlassen.

„Sind die Auftragswerte aller Lose zu-sammenzurechnen?“

Wenn Sie sich einprägen, dass die Auf-tragswerte aller Lose zusammenzurech-nen sind, machen Sie bei Dienstleistun-gen nichts verkehrt. So lautet die Grund-regel für die Berechnung des Auftrags-wertes bei der losweisen Vergabe (§ 3 Abs. 7 Satz 1 VgV): „Besteht die beabsichtigte Beschaffung aus mehreren Losen, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben wird, ist der Wert aller Lose zugrunde zu legen.“

Der Gemeinde Niedernhausen hätte die Beachtung dieser Berechnungsregel viel Ärger erspart (vgl. EuGH, Urteil vom 15.03.2012, C-574/10 – Gemeinde Nie-dernhausen, Architektenleistungen). Be-treffend Dienstleistungsaufträgen wird also bei der Addition der Teilauftrags-werte auf den funktionalen bzw. wirt-schaftlichen Zusammenhang der Leis-tungen abgestellt. Ob sich der Leistungs-inhalt unterscheidet, ist unerheblich. Daher ist beispielsweise bei einer IT-Beschaffung der Wert der Programmie-rung der Individualsoftware und der Wert der Schulungsleistungen zu addieren.Für Lieferleistungen bietet Ihnen das Vergaberecht mehr Spielraum. Bei der losweisen Vergabe von Lieferleistungen müssen nämlich Lose nur für gleicharti-ge Leistungen zusammengerechnet wer-den (§ 3 Abs. 7 Satz 2 VgV: „Bei Liefer-aufträgen gilt dies nur für Lose über gleichartige Lieferungen“).

Praxistipp: Die Werte nicht gleichar-tiger Lieferleistungen brauchen also nicht zusammengerechnet zu werden. Hier haben Sie einen Argumentati-onsspielraum im Vergabevermerk. Sie können Lose „verklammern“ (= zu einem einheitlichen Beschaffungs-vorgang machen), z.B. indem Sie „Arbeitsplatzsysteme“ mit den Losen „Bildschirm“ und „PC“ beschaffen. In derartigen Konstellationen wären die Lose zusammenzurechnen, da Sie durch die Verwendung des Ober-begriffs „Arbeitsplatzsystem“ in den Vergabeunterlagen funktional zusam-mengefasst sind. Alternativ haben Sie auch die Mög-lichkeit die Beschaffung von PC und

Bildschirmen als im wirtschaftlichen Sinne getrennte Beschaffungsvorgän-ge darzustellen. Zu diesem Zweck können Sie beispielsweise mit unter-schiedlich langen Produktzyklen und Abschreibungszeiträumen argumen-tieren.

„Aber für freiberufliche Leistungen brau-che ich doch den Wert verschiedener Leistungsarten nicht zusammenzurech-nen – oder?“Bei einem oberflächlichen Blick auf das Vergaberecht scheint es tatsächlich so zu sein, dass bei freiberuflichen Leistungen verschiedene Leistungsarten nicht zusam-mengerechnet zu werden brauchen. Schließlich lautet § 3 Abs. 7 Satz 3 VgV: „Soweit eine zu vergebende freiberufliche Leistung nach § 5 in mehrere Teilaufträ-ge derselben freiberuflichen Leistung auf-geteilt wird, müssen die Werte der Teil-aufträge zur Berechnung des geschätzten Auftragswertes addiert werden.“ Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass es zulässig ist, auf eine Addition der Teil-aufträge zu verzichten, wenn es sich nicht um dieselbe Leistungsart handelt. Unerheblich ist es dabei sogar, dass die Leistungen ggf. in einem funktionalen oder wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, also beispielsweise ein Gebäude betreffen.Beispiel: Wird für die Errichtung eines Gebäudes die Objektplanung (§ 33 der Honorarordnung für Architekten und In-genieure, HOAI), Tragwerksplanung (§ 49 HOAI) und die Planung der tech-nischen Ausrüstung (§ 53 HOAI) in ver-schiedene Lose gefasst, so wäre der Auf-tragswert für die verschiedenen Leis-tungsarten nicht zu addieren, wenn der Auftrag tatsachlich losweise von ver-schiedenen Architekten- bzw. Ingenieur-büros erbracht werden soll (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.05.2012 – 11 Verg 2/12 – Organisationsuntersu-chung). Einer näheren Überprüfung hält diese Bewertung aber nicht Stand: Die Sonder-regel des § 3 Abs. 7 Satz 3 VgV für die Berechnung des Auftragswertes für frei-berufliche Leistungen findet keine Grundlage in den EU-Vergaberichtlinien (vgl. Art. 9 Abs. 8 VKR, Neufassung: Art. 5 Abs. 12). Daher sprechen schon gute Gründe dafür, § 3 Abs. 7 Satz 3 VgV als nicht rechtlinienkonform einzu-ordnen (vgl. Webeler, in: Heiermann/Zeiss, jurisPK-VergR, 4. Aufl. 2013, § 1 VOF Rn. 38). Der Europäische Ge-richtshof (EuGH) jedenfalls urteilte in der Entscheidung „Niedernhausen“, dass verschiedene Architektenleistungen zu-sammenzurechnen sind, wenn ein funkti-

onaler Zusammenhang besteht, weil es sich um das gleiche Gebäude handelt (EuGH, Urt. v. 15.03.12 – C-574/10 – Gemeinde Niedernhausen – Architekten-leistungen).

Praxistipp: Behandeln Sie bei der Berechnung des Auftragswertes frei-berufliche Leistungen genau wie alle anderen Dienstleistungen: Rechnen Sie die Auftragswerte aller Lose zu-sammen! Eine Differenzierung nach Leistungsarten, also z.B. Objektpla-nung (§ 33 HOAI), Tragwerkspla-nung (§ 49 HOAI) und die Planung der technischen Ausrüstung (§ 53 HOAI) ist nicht rechtssicher.

„Unterhalb der Schwellenwerte gibt es für die Vergabe von freiberuflichen Leis-tungen keine Regelungen – oder?“

Falsch! Allerdings ist der Irrtum, unter-halb der Schwellenwerte könnten freibe-rufliche Leistungen ohne verfahrens-rechtliche Bindungen vergeben werden, weit verbreitet. Richtig daran ist, dass die VOF unterhalb der Schwellenwerte nicht gilt (§ 1 Abs. 2 VOF). Aber es gilt das Haushaltsrecht – und hier wartet eine Überraschung: Nach den haushaltsrecht-lichen Bestimmungen muss dem Ab-schluss von Verträgen – auch über die Vergabe von freiberuflichen Leistungen – eine öffentliche Ausschreibung voraus-gehen, „sofern nicht die Natur des Ge-schäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen“ (vgl. § 55 der Bundeshaushaltsordnung, BHO). Es stellt sich also die Frage, ob bei der Ver-gabe von freiberuflichen Leistungen be-sondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, vom Grundsatz der öffent-lichen Ausschreibung abzuweichen. Die Beantwortung dieser Frage ist von be-sonderer Tragweite, weil hier ein ana-chronistisches Ergebnis droht: Die Ver-gabe freiberuflicher Leistungen wäre unterhalb der Schwellenwerte strengeren vergaberechtlichen Bindungen unterwor-fen als oberhalb der Schwellenwerte.Gibt es also besondere Umstände, die es rechtfertigen, vom Grundsatz der öffent-lichen Ausschreibung abzuweichen? Für die Beantwortung dieser Frage lohnt ein Blick in die Allgemeinen Verwal-tungsvorschriften zu den Haushaltsord-nungen. Beispielsweise heißt es ab Zif-fer 2.1.2 der VV-BHO zur Bundeshaus-haltsordnung zu § 55 BHO:„In welchen Fällen von einer öffentli-chen Ausschreibung nach der Natur des Geschäfts oder wegen besonderer Um-stände abgesehen werden kann, ist in den nachfolgend genannten Vorschriften ge-regelt.

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2.2 Bei der Vergabe von Lieferungen und Leistungen sind anzuwenden:2.2.1 die VOB/A, Abschnitt 1,2.2.2 die VOL/A, Abschnitt 1.“Im Klartext heißt dies, dass für freiberuf-liche Leistungen unterhalb der Schwel-lenwerte zwar nicht die VOF, sehr wohl aber die VOL/A gilt. Damit gilt gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 VOL/A auch der Grundsatz der öffentlichen Ausschrei-bung. Auf die öffentliche Ausschreibung darf rechtssicher nur verzichtet werden, wenn ein Ausnahmetatbestand gemäß § 3 Abs. 3–5 VOL/A anwendbar ist.Praxistipp: Diese Problematik stellt sich nur bei solchen Auftraggebern, die dem Haushaltsrecht unterworfen sind, d.h. insbesondere Bund, Ländern und Kom-munen. Diese über die Brücke des Haus-haltsrechts an das Vergaberecht gebunde-nen Auftraggeber können den Verzicht auf eine öffentliche Ausschreibung – je nach den Umständen des Einzelfalls – durch § 3 Abs. 5 lit. h VOL/A rechtferti-gen (Zeiss, Sichere Vergabe unterhalb der Schwellenwerte, 2. Aufl. 2012, S. 59). § 3 Abs. 5 lit. h VOL/A lautet: „Eine Freihändige Vergabe ist zulässig, wenn die Leistung nach Art und Umfang vor der Vergabe nicht so eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann, dass hinreichend vergleichbare Angebote erwartet werden können“. Dieser Ausnahmetatbestand erfasst re-gelmäßig Konstellationen, die oberhalb der Schwellenwerte im Anwendungsbe-reich der VOF lägen. Für Fälle, in denen Prozessvertretungen (= Rechtsberatung als typische freiberufliche Dienstleis-tung) beauftragt werden sollen, kommen auch § 3 Abs. 5 lit. f VOL/A (Geheim-haltung) und § 3 Abs. 5 lit. g VOL/A (Dringlichkeit) in Betracht.Mit der Anwendbarkeit spezieller Ge-bührenordnungen (HOAI, RVG, GOÄ etc.) für die betreffende freiberufliche Leistung vermag der Verzicht auf eine öffentliche Ausschreibung nicht gerecht-fertigt zu werden. Insbesondere liegt kein Fall des § 3 Abs. 4 lit. b VOL/A („unver-hältnismäßiger Aufwand“) vor. Die öf-fentliche Ausschreibung ist der vom Ge-setzgeber gewollte Regelfall, weil eine gesetzliche Vermutung besteht, dass so wirtschaftliche Preise erzielt werden (vgl. die Verwaltungsvorschriften, VV, zu § 55 BHO).

Zumindest auf die Durchführung eines Teilnahmewettbewerbs sollte jedoch keinesfalls leichtfertig ver-zichtet werden. Grund hierfür ist, dass Wettbewerbs-, Gleichbehandlungs- und Transparenzprinzip auch für freiberufliche Leistungen unterhalb

der Schwellenwerte gelten (vgl. Eu-ropäische Kommission, Unterschwel-lenwertmitteilung, 2006/C 179/02, http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2006:179:0002:0007:DE:PDF).

In diesem Zusammenhang ist auch an besondere Transparenzvorschriften der Landesvergabegesetze, wie z.B. § 3 Abs. 3 Nr. 1 des nordrhein-westfälischen Tarifteue- und Vergabegesetzes (TVgG NRW), zu erinnern: „Die öffentlichen Auftraggeber haben das gesamte Vergabeverfahren nach dem Grundsatz der Transparenz auszugestal-ten. Soweit nicht eine öffentliche Auffor-derung zur Abgabe von Angeboten oder zur Teilnahme erfolgt, bedeutet dies, dass eine Veröffentlichung der Beschaffungs-absicht in deutscher Sprache unter An-gabe der wesentlichen Punkte des Auf-trages und des Vergabeverfahrens in ei-nem geeigneten Medium, insbesondere dem Vergabeportal des Landes (www.vergabe.nrw.de), mit einer angemesse-nen Frist vor Absendung der Vergabeun-terlagen zu erfolgen hat.“

Wegen § 3 Abs. 3 Nr. 1 TVgG-NRW muss auch für freiberufliche Leistungen unterhalb der Schwellenwerte zumindest eine vorherige Bekanntmachung nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 TVgG-NRW erfolgen. „Jedenfalls für nachrangige Dienstleis-tungen bestehen unterhalb der Schwel-lenwerte keine Bindungen – oder?“

Nein! Im Haushaltsrecht ist die Unter-scheidung zwischen vorrangigen und nachrangigen Dienstleistungen ohnehin irrelevant. Es besteht immer die Verpflich-tung zur Anwendung des ersten Abschnitts der VOL/A. Die besonderen Bedingungen unter denen ggf. Rechtsberatungsleistun-gen (als typisches Beispiel der nachrangi-gen Dienstleistungen) benötigt werden, müssen – je nach den Umständen des konkreten Einzelfalls – über die Ausnah-metatbestände des § 3 Abs. 5 VOL/A, insbesondere Geheimhaltung, Dringlich-keit, nicht eindeutig beschreibbare Leis-tung (vgl. § 3 Abs. 5 Buchstaben f–h VOL/A), berücksichtigt werden. Auch die besonderen Transparenzvor-schriften der Landesvergabegesetze (wie § 3 Abs. 3 Nr. 1 TVgG-NRW), gelten gleichermaßen für vorrangige (Teil A Anlage 1 zur VgV) und nachrangige (Teil B Anlage 1 zur VgV) Dienstleistungen.„Die Angabe der Gewichtung der Zu-schlagskriterien oder eine Wertungsmat-rix ist unterhalb der Schwellenwerte nicht notwendig – oder?“

Falsch! Verständlich ist allerdings woher diese Einschätzung kommt: Hinweise auf

die Verpflichtung zur Angabe der Ge-wichtung der Wertungskriterien enthalten die Vergabeordnungen nur oberhalb der Schwellenwerte (Hervorhebungen durch den Verfasser – siehe Tabelle unten S. 9):Der Eindruck, eine Verpflichtung zur Angabe der Wertungskriterien und deren Gewichtung (also zur Transparenz der Wertungsmatrix) bestehe nur oberhalb der Schwellenwerte, ist jedoch falsch – auch unterhalb der Schwellenwerte muss eine Wertungsmatrix angegeben werden, wenn über den niedrigsten Preis hinaus weitere Kriterien in der Wertung berück-sichtigt werden sollen (Zeiss, Sichere Vergabe unterhalb der Schwellenwerte, 2. Aufl. 2012, S. 293 ff.). Schon während der sog. haushaltsrechtli-chen Lösung, also in der „Steinzeit“ des Vergaberechts, entschied der Bundesge-richtshof (BGH), dass die Wertungskrite-rien (und damit auch deren Gewichtung) transparent gemacht werden müssen (BGH, Urteil vom 8.9.1998 – X ZR 109/96 – „Rohbauarbeiten Klärwerk“): „Es liegt auf der Hand, dass die Bieter der Willkür der Vergabestelle ausgelie-fert wären, wenn diese nach Abgabe der Angebote im Wertungsverfahren die Zu-schlagskriterien beliebig wählen könnte. Schon aus Gründen der Rechtsstaatlich-keit, zu denen auch die Vorhersehbarkeit, Messbarkeit und Transparenz staatlichen Handelns gehören, ist es deshalb unab-dingbar, dass die Zuschlagskriterien vor-her (…) bekannt gemacht werden, damit sich interessierte Unternehmen hierauf einstellen können.“

Die Argumente des BGH überzeugten schon zu Zeiten der haushaltsrechtlichen Lösung und lassen sich daher 1:1 auf unseren heutigen Unterschwellenbereich übertragen.

Praxistipp: Geben Sie den Bietern auch unterhalb der Schwellenwerte Wertungskriterien und deren Gewich-tung an, wann immer Sie nicht nur nach dem geringsten Preis bewer-ten! Dies gebietet schon der gesunde Menschenverstand. Erst die Angabe der Zuschlagskriterien und deren Ge-wichtung zeigen den Bietern die Prio-ritätensetzung des Auftraggebers:Will der Auftraggeber beispielswei-se Geld sparen? Das wird deutlich, wenn der Preis bei der Wertung hoch gewichtet wird. Soll zum Beispiel die qualitativ hochwertige Leistung be-schafft werden? Dann ist es ratsam die Qualität hoch zu gewichten.

„Unterhalb der Schwellenwerte gelten die komplexen Anforderungen an energie-effiziente Beschaffungen nicht – oder?“

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Leistungsart unterhalb der Schwellenwerte oberhalb der Schwellenwerte

Bau- leistungen

§ 16 Abs. 6 Nr. 3 VOB/A„(…) Unter diesen Angeboten soll der Zuschlag auf das An-gebot erteilt werden, das unter Berücksichtigung aller Gesichts-punkte (…) als das wirtschaft-lichste erscheint. (…)“

§ 16 EG Abs. 7 VOB/A„Bei der Wertung der Angebote dürfen nur Kriterien und deren Gewichtung berücksichtigt werden, die in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen genannt sind.“

Liefer- und Dienstleis-tungen

§ 16 Abs. 7 VOL/A„Bei der Wertung der An-gebote berücksichtigen die Auftraggeber vollständig und ausschließlich die Kriterien, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen genannt sind.“

§ 19 EG Abs. 8 VOL/A„Bei der Wertung der Angebote berücksichtigen die Auftragge-ber entsprechend der bekannt gegebenen Gewichtung vollständig und ausschließlich die Kriterien, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen genannt sind.“

Beispiel – Wertungsmatrix mit Gewichtung

lfd.Nr. Wertungskriterien

1. Preis

Lfd.Nr.

Unterkriterien erreichte Leis-tungspunkte (L)

Gewichtung (G)

L x G

1.1. Preis Einmalzahlung 8 15 120

1.2. Preis wiederkehrende Zahlungen

7 15 105

2. Qualität

2.1. Korrosionsbeständigkeit 8 10 80

2.2. Reinigungsfreundlichkeit 8 5 40

… …

3. Service

... ...

Summe 100 795Legende: Im hier gewählten Beispiel gibt es zum Wertungskriterium Preis zwei Unterkriterien (Einmalzahlung, wiederkehrende Zahlung); addiert erreichen diese die Mindestgewichtung für den Preis i.H.v. 30 %. Zugleich ist die Summe der Multiplikatoren hier gleich 100. Die Multiplikatoren geben also zugleich die Gewichtung der Kriterien in % wieder. Je besser ein Bieter die geforderten Leistungen erfüllt, desto mehr Leistungspunkte (L) erhält er. Die erreichten Leistungspunkte je Kriterium werden mit der Gewichtung (G) multipliziert. Dabei wird deutlich, dass der Multiplikator (G) bereits bei der Wertung pro Einzelkriterium (L x G) zu einer deutlichen Spreizung zwischen den erreichbaren Punkten – und damit zu einer guten Differenzierung zwischen den Angeboten – führen kann.

Nein! Jedenfalls für NRW gelten die An-forderungen aus § 4 Abs. 4 ff. VgV, § 6 Abs. 2 ff. VgV ausdrücklich auch unter-halb der Schwellenwerte, wie § 6 Abs. 1 Satz 2 RVO TVgG-NRW klarstellt:

„Hinsichtlich der Anforderungen an Energieeffizienz bedeutet dies, dass die für Beschaffungen oberhalb der EU-Schwellenwerte geltenden Vorgaben der Vergabeverordnung grundsätzlich auch unterhalb der EU-Schwellenwerte zu be-achten sind; Ausnahmen sind entspre-chend zu begründen.“

Aber auch in anderen Bundesländern und im Bund wird man sich unterhalb der Schwellenwerte an den Maßstäben der VgV orientieren, dies ist schon wegen des Ziels der Vereinfachung der Verwal-tungsabläufe sinnvoll und zudem poli-tisch geboten. Ergänzend ergeben sich Verpflichtungen zur Beachtung der Ener-gieeffizienz auch aus Regelwerken wie

der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung energieeffizienter Pro-dukte und Dienstleistungen (AVV-EnEff, Zeiss, Sichere Vergabe unterhalb der Schwellenwerte, 2. Aufl. 2012, S. 152 f.). „Stadtwerke GmbHs und andere kommu-nale Unternehmen in Privatrechtsform sind unterhalb der Schwellenwerte nicht an das Vergaberecht gebunden – oder?“

Falsch! Zwar ergibt sich die Bindung an das Vergaberecht für Stadtwerke GmbHs und andere kommunale Unternehmen in Privatrechtsform regelmäßig nicht aus dem Haushaltsrecht. Bei Binnenmarktre-levanz des Auftrags sind aber auch derar-tige Unternehmen in Privatrechtsform an das Vergaberecht gebunden – es gilt nämlich der Grundsatz „keine Flucht in das Privatrecht“.Binnenmarktrelevanz kann – in Abhän-gigkeit vom Auftragsgegenstand, dem Ort der Leistungserbringung und dem

Auftragswert – immer auch unterhalb der EU-Schwellenwerte vorliegen. Praktisch bedeutet dies, dass auch unter-halb der Schwellenwerte die Maßstäbe des § 98 Nr. 2 GWB („funktionaler Auf-traggeberbegriff“) entsprechend ange-wendet werden können (Zeiss, Sichere Vergabe unterhalb der Schwellenwerte, 2. Aufl. 2012, S. 39 ff.). Diese Rechtsla-ge ergibt sich unmittelbar aus dem EU-Primärrecht, wird im deutschen Recht aber beispielsweise auch in § 2 Abs. 4 TVgG-NRW („Öffentliche Auftraggeber im Sinne dieses Gesetzes sind die öffent-lichen Auftraggeber im Land Nordrhein-Westfalen gemäß § 98 des Gesetzes ge-gen Wettbewerbsbeschränkungen […]“ oder durch § 2 Abs. 4 des Landestarif-treue- und Mindestlohngesetzes Baden-Württemberg („Öffentliche Auftraggeber im Sinne dieses Gesetzes sind die öffent-lichen Auftraggeber in Baden-Württem-berg gemäß § 98 Nummern 1 bis 5 GWB“) klargestellt. Besonders deutlich formulieren dies bei-spielsweise auch § 2 Abs. 1 des Tarif-treuegesetzes Schleswig-Holstein (TTG SH) und § 2 des Landestariftreuegeset-zes Rheinland-Pfalz (LTTG RP): „Dieses Gesetz gilt für: das Land, die Kreise, Gemeinden und die Gemeindever-bände, die übrigen öffentlichen Auftrag-geber i.S.d. § 98 Nr. 1 bis 5 GWB (…)“.Entsprechend stellen auch § 2 Abs. 2 des Niedersächsischen Landesvergabegeset-zes (LVergabeG) und § 2 Abs. 3 des Thüringer Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge (ThürVgG) klar, dass auch unterhalb der Schwellenwerte juristische Personen des Privatrechts in entsprechender Anwendung des § 98 Nr. 2 GWB den Bindungen des Vergabe-rechts unterliegen. Eine Differenzierung nach der Über- oder Unterschreitung der EU-Schwellen-werte oder nach der haushaltsrechtlichen Bindung an das Vergaberecht ist nicht vorgesehen. Im Gegenteil, die besonde-ren Verpflichtungen der Landestariftreue- und Vergabegesetze gelten „unabhängig von der Höhe des jeweiligen Auftrags-wertes“ (§ 2 Abs. 5 Satz 1 TVgG-NRW, § 2 Abs. 6 TTG SH).Der Zusammenhang wird in der Begrün-dung zu § 5 der Rechtsverordnung (RVO) zum TVgG NRW treffend zusam-mengefasst (www.vergabe.nrw.de/wirt-schaft/Tariftreue-_und_Vergabegesetz_des_Landes_NRW_-_Wirtschaft/TVgG_RVO_08_05_13.pdf, S. 31): „Das Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen gilt für alle öffentli-chen Auftraggeber im Sinne des § 98 GWB. (…) Vom Geltungsbereich des Ta-riftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-

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Westfalen werden deshalb unter anderem auch kommunale Unternehmen und Ein-richtungen in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Rechtsform sowie Zweckverbände erfasst. Dies soll nach dem Willen des Gesetzgebers selbst dann gelten, wenn diese Erscheinungsformen entweder – wie bei kommunalen Gesell-schaften – gar nicht an das Vergabehaus-haltsrecht gebunden sind oder wenn sie durch verwaltungsinterne Ausführungs-vorschriften zu den Haushaltsordnungen von der Anwendung der Vergabeordnun-gen freigestellt sind.“

Praxistipp: Sind Stadtwerke GmbHs und andere staatliche und kommunale Unter-nehmen in Privatrechtsform unterhalb der Schwellenwerte nicht mittels des Haus-haltsrechts oder durch verwaltungsinterne Richtlinien ausdrücklich an VOL/A und VOB/A gebunden, sind sie bei der Durch-führung der Vergabeverfahren nicht in das enge Korsett der Vergabeordnung gepresst, sondern im Rahmen der Beach-tung der allgemeinen Verfahrensgrund-sätze (Wettbewerb, Nichtdiskriminierung, Transparenz) frei in der Ausgestaltung des Beschaffungsverfahrens (vgl. § 5 Satz 2 RVO-TVgG NRW). Ganz eigene Regelungen gelten dabei allerdings in Schleswig-Holstein. Hier sind – unabhängig von der Höhe des Auftragswerts (also auch unterhalb der Schwellenwerte!) – VOL/A, VOB/A oder sogar die SektVO (!) anzuwenden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 TTG SH).„Unterhalb der Schwellenwerte gibt es keinen Rechtsschutz – oder?“

Der Rechtsschutz unterhalb der Schwel-lenwerte bleibt ein wunder Punkt des Vergaberechts. Im Koalitionsvertrag der vergangenen Legislaturperiode war die Einführung eines Regelwerks für Verga-berechtsschutz unterhalb der Schwellen-werte vorgesehen. Es kam nicht dazu. Auch wenn ein ausdrückliches Regel-werk fehlt, heißt dies jedoch nicht, dass es unterhalb der EU-Schwellenwerte kei-nen Rechtsschutz gäbe. Unzweifelhaft gibt es auch unterhalb der Schwellenwer-te die Möglichkeit für Bieter, fehlerhafte Vergabeentscheidungen anzugreifen. Da-bei wird der Rechtsschutz vor den Zivil-gerichten geleistet und fußt dogmatisch vor allem auf dem Gedanken, dass die Bieter unterhalb der Schwellenwerte un-ter dem Stichwort „vorvertragliches Ver-trauensverhältnis“ (§§ 280, 311 Abs. 2, 241 des Bürgerlichen Gesetzbuches, BGB) einen Anspruch darauf haben, dass der Auftraggeber die Verfahrensregelun-gen des Vergaberechts einhält (eingehend dazu Zeiss, Sichere Vergabe unterhalb der Schwellenwerte, 2. Aufl. 2012, S. 346 ff.).

Leider variiert derzeit die Qualität und Reichweite des vergaberechtlichen Rechtsschutzes unterhalb der Schwellen-werte in der Praxis von Gerichtsbezirk zu Gerichtsbezirk. Für einige Gerichte reicht es aus, wenn die Regeln der Vergabeord-nungen (objektiv) verletzt wurden (OLG Düsseldorf Urteil vom 13.01.2010 – 27 U 1/09 – Neubau Mehrzweckgebäude Hafen Xanten; OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.06.2012 – 1 U 357/11 – 107, 1 U 357/11 – Lichtsignalanlagen). Andere Gerichte fordern ein vorsätzlich rechtswidriges Handeln (OLG Hamm, Urteil vom 12.02.2008 – 4 U 190/07 – Rathausneubau; OLG Brandenburg, Be-schluss vom 02.10.2008 – 12 U 91/08 – Ausbau der L 26).

Praxistipp: Thüringen und Sachsen-Anhalt haben sich für ausdrückliche Regelungen zum Rechtsschutz unter-halb der Schwellenwerte entschieden (vgl. § 19 ThürVgG, § 19 LVG LSA) und dabei explizit die Vergabekam-mer für zuständig erklärt (§ 19 Abs. 3 ThürVgG, § 19 Abs. 3 LVG LSA). In Sachsen gibt es für Beschaffungen unterhalb der Schwellenwerte ein verwaltungsinternes „Nachprüfungs-verfahren“ (§ 8 Abs. 2 SächsVergG), wobei es allerdings ausdrücklich kei-nen Anspruch auf ein Tätigwerden der „Nachprüfungsbehörde“ gibt (§ 8 Abs. 2 Satz 3 SächsVergG).

„Sind die Landestariftreue- und Verga-begesetze drittschützend?“Möglicherweise wird die Diskussion über den Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte durch die Tariftreue- und Vergabegesetze der Länder neue Im-pulse erhalten. Nach hiesiger Einschät-zung haben insbesondere auch die Trans-parenzverpflichtungen (vgl. § 3 Abs. 1 TVgG-NRW, § 5 Abs. 1 des Hessischen Vergabegesetzes,) bzw. Verweise auf VOL/A, VOB/A und SektVO (vgl. § 3 Abs. 1 TTG-SH) sowie die Verpflichtun-gen zur Gleichbehandlung (vgl. § 3 Abs. 2 TVGG-NRW, § 3 Abs. 2 TTG-SH, § 2 Abs. 4 Hessisches Vergabege-setz) auch unterhalb der EU-Schwellen-werte drittschützende bzw. bieterschüt-zende Wirkung (Zeiss in: Heiermann/Zeiss, jurisPK-VergR, 4. Aufl. 2013, Ein-leitung VergR Rn. 87 f.).Ob eine Norm drittschützende Wirkung hat, bestimmt sich nach der sog. Schutz-normtheorie. Danach liegt ein subjekti-ves Recht vor, wenn die in Rede stehende Norm zumindest auch Individualinteres-sen zu dienen bestimmt ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Verwaltungs-gericht Düsseldorf, Urteil vom 15.05.2013 – 15 K 3742/11 – Schonzeitaufhebung betreffend Wildgänse, juris Rn. 39 ff.).

Auf die drittschützende Wirkung der Lan-destariftreue- und Vergabegesetze lässt sich schon aus den Regelungen über den Zweck dieser Gesetze schließen, die aus-drücklich auch den fairen Wettbewerb in Bezug nehmen. Vgl. § 1 TVgG-NRW/§ 1 TTG-SH (Zweck des Gesetzes):„Zweck dieses Gesetzes ist es, einen fai-ren Wettbewerb um das wirtschaftlichste Angebot bei der Vergabe öffentlicher Aufträge unter gleichzeitiger Berück-sichtigung von Sozialverträglichkeit, Umweltschutz und Energieeffizienz sowie Qualität und Innovation der Angebote zu fördern und zu unterstützen [Hervorhe-bung durch den Verfasser].“ Der Schutz des „fairen Wettbewerbs“ macht keinen Sinn, wenn nicht auch die Wettbewerber geschützt werden; jede an-dere Interpretation würde dem Norm-zweck entgegenlaufen (vgl. OLG Düs-seldorf, Beschluss vom 01.08.2012 – VII-Verg 105/11 – juris Rn. 40 – zur drittschützenden Wirkung der Energieef-fizienzregelungen nach VgV). Entsprechend hat die VK Detmold die Regelungen zur Tariftreuepflicht im öf-fentlichen Personennahverkehr in den Landestariftreue- und Vergabegesetzen (§ 4 Abs. 2 TVgG-NRW) unproblema-tisch als bieterschützend eingeordnet (VK Detmold, Beschluss vom 08.08.2013 – VK.2-07/13 – ÖPNV OWL).

Praxistipp: Die Argumentation mit den drittschützenden Regelungen der Landestariftreue- und Vergabegeset-ze bietet sich insbesondere dort an, wo bisher der Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte durch die Zivil-gerichte restriktiv ausgelegt wird und – anders als in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen – ausdrückliche Regelungen fehlen.

FazitVon wegen „unterhalb der Schwellenwer-te ist alles etwas einfacher“: Gerade unter-halb der Schwellenwerte bestehen erheb-liche Unsicherheiten. Verschärft wird die Situation noch dadurch, dass es zur Verga-be unterhalb der Schwellenwerte kaum Rechtsprechung gibt – und die Literatur die damit verbundenen Problemfelder meist stiefmütterlich behandelt. Also: Bil-den Sie sich und Ihre Mitarbeiter gezielt zur Vergabe unterhalb der Schwellenwer-te fort (Literaturempfehlung: Zeiss, Siche-re Vergabe unterhalb der Schwellenwerte, 2. Aufl. 2012, 394 Seiten, 49,80 €).Planen Sie ausreichende Vorbereitungs-zeiten ein und halten Sie die notwendi-gen Ressourcen für die Durchführung des Verfahrens bereit. Auch eine Vergabe unterhalb der Schwellenwerte erledigt man nicht einfach so nebenbei.

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Vergabe Navigator Sonderausgabe · 2013 11

B E I T R Ä G E

Der Bauch entscheidet„Weiche“ Vergabekriterien führen zu subjektiver Wertung bei VOF-Verfahren

Dipl.-Ing. Ulrich Welter, ingside, Büsum

Auch bei der Vergabe von Planungsleistungen nach VOF sind die Vergabekriterien und die Unterkriterien vorher anzugeben. Die „weichen“ Kriterien spielen dabei eine

immer größer werdende Rolle, weil die zähl- und messbaren „harten“ Kriterien von den Bietern gleichermaßen erfüllt werden. Das subjektive Empfinden des Auslobers wird damit vergabeentscheidend. Damit ist trotz aller engen und engsten Vergabevorschriften letztlich wieder der Zustand erreicht, der vor Inkrafttreten dieser Vorschriften schon herrschte: der Bauch entscheidet.

Will ein öffentlicher Auftraggeber Pla-nungs- und/oder Überwachungsleistun-gen oberhalb des Schwellenwertes ver-geben, so muss er dafür ein Verfahren nach der VOF durchführen. Für Verga-ben unterhalb der Schwelle gilt dies nicht. Im Gegensatz zu einem Verfahren nach VOB, in dem er die ausgeschriebe-nen Leistungen eindeutig und erschöp-fend beschreiben muss, kann er dies bei den geistig-schöpferischen Leistungen der Ingenieure und Architekten nicht und kann es auch gar nicht. Deshalb gibt es ja die VOF. Damit scheidet der Preis als alleiniges Wertungsmerkmal praktisch aus. Der Auslober benötigt deshalb ande-re, zusätzliche Kriterien, um den best-möglichen Bieter identifizieren zu kön-nen. Er bedient sich dabei regelmäßig folgender Hauptkriterien:

1. technischer Teil: hier wird die He-rangehensweise des Bieters zur Lö-sung der Aufgabe abgefragt

2. Team: hier muss der Bieter detaillier-te Angaben zu seinen Mitarbeitern machen

3. Referenzen: Angaben zu vergleich-baren Maßnahmen in den letzten drei oder fünf Jahren

4. Preis

5. Präsentation: Vorstellung des Ange-botes und des Projektteams und Be-antwortung von Fragen

Zur Prüfung der wirtschaftlichen Leis-tungsfähigkeit werden zusätzliche Unter-lagen angefordert wie Bankauskünfte,

Jahresabschlüsse, Versicherungsnach-weise u.v.m. Alle diese Kriterien werden durch Unterkriterien vervollständigt de-ren Vielfalt kaum darzustellen ist.

Beispiel vom Juli 2013Aus der Angebotsaufforderung: Maßgebende Kriterien für die Angebots-wertung:

Preis/Honorar (30 %), • Qualität (40 %) • fachlicher oder technischer Wert • (30 %).

Es wurden folgende Unterkriterien ange-geben: Kriterium Qualität:

Personaleinsatzplan• Vertretungsregelung• Personalressourcen• Qualitätssicherung •

Kriterium fachlicher oder technischer Wert:

Fachliche Präsentation in der Auf-• tragsverhandlung, Fachliche Fragen zu den vorgesehe-• nen Leistungen.

Für jedes Unterkriterium wurden Punkte vergeben, und zwar wenn jeweils aus Sicht des Auftraggebers folgende Erfül-lung erwartet wurde:

5 Punkte: optimale Erfüllung• 4 Punkte: überdurchschnittliche Er-• füllung

3 Punkte: durchschnittliche Erfül-• lung2 Punkte: unterdurchschnittliche Er-• füllung1 Punkt: Mindesterfüllung• 0 Punkte: keine Mindesterfüllung•

Keines dieser Unterkriterien kann objek-tiv bewertet werden. Es handelt sich vollständig um rein subjektive Maßstäbe. Was ist „durchschnittlich“ und was ist mit „Mindesterfüllung“ gemeint? Wie soll das Kriterium „Vertretungsregelung“ bewertet werden? Wann bitte lässt eine Vertretungsregelung eine „überdurch-schnittliche Erfüllung“ erwarten? Und wie grenzt man dies ab zu einer „optima-len Erfüllung“? Wie wird die „fachliche Präsentation“ in der Auftragsverhandlung bewertet? Ge-winnt die „schönere“ Präsentation? Was ist denn „schön“? „Mir hat aber die Prä-sentation des Bieters B am besten gefal-len, und mir die von C“ usw. Wie viele Punkte erhält ein Bieter, dem gar keine Frage gestellt wurde?Ungeklärt ist auch, ob ein Bieter, der nicht einmal die Mindesterfüllung erwar-ten lässt, durch Kompensation in anderen Kriterien dennoch den Auftrag erhalten kann.

Beispiel vom September 2013Aus der Mitteilung zur Absage (siehe Tabelle auf S. 12)Der Bieter erhielt diese Tabelle aus der die Bewertung seines Angebotes entneh-men konnte. Er hatte 485 von 500 mög-lichen Punkte erreicht. Wegen eines Punktabzuges beim Gesamtumsatz der letzten drei Jahre und eines Punktabzu-ges bei der technischen Ausstattung ließ sein Angebot nicht die bestmögliche Leistung erwarten.Da hatte ein anderer Bieter möglicher-weise in drei Jahren 10.000,– € mehr Umsatz gemacht und einen vierten Scan-ner im Büro. Das ist zwar objektiv fest-stellbar aber für die Vergabe eines Auf-trages ebenso absurd wie vorgeschoben.Ein schönes Beispiel liefert das Oberlan-desgericht (OLG) Düsseldorf mit Be-schluss vom 12.06.2013, VII-Verg 7/13. Für die Vergabe von Planungsleistungen für ein Schwimmbad waren in dem kon-kreten Fall folgende Zuschlagskriterien benannt:1. Fachliche und soziale Kompe -

tenz des Projektverantwortlichen: 55 Punkte

2. Nachweis der wirtschaftlichen und termingerechten Abwicklung von Projekten: 35 Punkte

3. Honorar/Preis: 10 Punkte

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12 Vergabe Navigator Sonderausgabe · 2013

B E I T R Ä G E

Als Unterkriterien zu 1 waren angege-ben:a) Fachliche Kompetenz des Projekt-

verantwortlichen, insbesondere Er-fahrung bei der Planung von Schwimmbädern

b) Erfahrung des Projektverantwortli-chen bei der Zusammenarbeit mit den benannten Subunternehmern

c) Bewertung der Einschätzung zur Re-alisierbarkeit des Projekts im Rah-men der vorgesehenen Kosten und der gegebenenfalls vorgestellten Idee für den Neubau eines Stadtbads

Die „soziale Kompetenz“ aus dem Hauptkriterium 1 findet sich in den Un-terkriterien nicht mehr wieder. Sie muss also im Rahmen des Hauptkriteriums gewertet werden. Wie macht man das? Auf welcher Grundlage?Wie wird das Unterkriterium b) bei einer Planungsgesellschaft bewertet, die gar keine Subunternehmer benennt? Gibt es da die höchste Punktzahl? Auf welcher Grundlage?Wie soll die Einschätzung der Realisier-barkeit eines Schwimmbades bewertet werden? Die Planungsleistungen sollen doch erst beauftragt werden. Was ist

überhaupt gemeint? Soll der Bieter die Einschätzung bewerten oder bewertet der Auftraggeber die Einschätzung des Bie-ters?

Wie weist man nach, dass die zuletzt verwirklichten Projekte wirtschaftlich abgewickelt wurden? Was ist denn „wirt-schaftlich“? Und termingerecht? Welcher Termin? Bauen ist ein komplexer und komplizierter Prozess der stetig Ände-rungen unterworfen ist. Schon allein des-halb ist der Begriff „termingerecht“ schwierig. Wenn ein Bau ein Jahr länger braucht als zunächst geplant, ist das dann immer dem Planer anzulasten? Wohl nicht. Wie aber weist der Planer nach, dass er termingerecht liefert?

Alle in den genannten Beispielen darge-stellten Kriterien unterliegen der subjek-tiven Bewertung. Sie überhaupt zu Krite-rien zu machen die über eine Auftrags-vergabe entscheiden, ist letztlich der verzweifelte Versuch subjektives Emp-finden objektivieren zu wollen. Nur Ob-jektivität, gepaart mit Transparenz, ist unangreifbar, das ist der springende Punkt. Und dennoch gelingt es nicht und kann auch nicht gelingen. Der Auftrag-geber hat bei der Festlegung der Kriteri-en einen Ermessensspielraum.

VOF: Keine überzogenen Anforderungen an Umsatz und Mitarbeiterzahl!

„1. Es unterliegt grundsätzlich dem Ermessen der Vergabestelle, welche quantitativen Anforderungen sie an zulässige Eignungskriterien stellt. Dieses Ermessen ist aber im Lichte der §§ 2 Abs. 4 und 5 Abs. 1 VOF auszuüben. Stark überzogene Forde-rungen sind vom Ermessensspielraum der Vergabestelle nicht mehr gedeckt.

2. Haben die zu vergebenden Pla-nungsleistungen ein Honorarvolumen von 125.000 Euro pro Jahr und kön-nen durch zwei Mitarbeiter bewältigt werden, überschreitet der Auftragge-ber sein Ermessen, wenn die maximal erreichbaren Punkte für einen Umsatz von 2 Millionen Euro jährlich und 15 Mitarbeiter vergeben werden.“

VK Südbayern, Beschluss vom 07.02.2013 – Z3-3-3194-1-67-12/12; IBR 2013, 433.

Schraubt der Auftraggeber die Schwelle für diesen Spielraum nun herunter bzw. setzt sie nicht von vornherein zu hoch an, dann erreichen alle Bieter die maximale Punktzahl. Als einziges Vergabekriteri-um verbleibt dann der Preis. Genau dies aber ist ja nicht gewollt bei VOF-Verfah-ren. Diesem Teufelskreis kann man kaum entrinnen.

In der Vergangenheit wurde oft eine Lö-sung darin gefunden, dass ein Mehr an Nachweis auch ein Mehr an Punkten zur Folge haben müsse. Mehr-Referenzen z.B. gaben dann den Ausschlag für die Auftragsvergabe. Diese Phase ist vorü-ber.

Die Planer haben gelernt, mit der VOF umzugehen und gestalten ihre Angebote so, dass den Auftraggebern die Vergabe-entscheidung immer schwerer fällt. Im-mer wieder hört man hinter vorgehalte-ner Hand: „Der Planer A ist der Planer des Vertrauens“. Das wäre dann ein Grund für die Vielzahl der weichen Kri-terien. Man hat so viele Schrauben an denen „objektiv“ gedreht werden kann, bis derjenige, der den Auftrag erhalten soll, als Sieger aus der Wertungsmatrix emporsteigt.

Ein anderer Grund ist schlicht der mög-lichst niedrige Preis. Wichtet man den Preis/das Honorar nur mit 10/20/30 %, benötigt man Stellschrauben dafür, den niedrigsten Preis auch tatsächlich als „Gewinner“ hervorgehen zu lassen. Was ist da besser als möglichst viele „weiche“ Kriterien.

Auswahlverfahren nach § 10 VOF

Auswahlkriterien gemäßVergabebekanntmachung

Wichtungin %

Ort

Pkt.0 – 5

Bewertungnach Pkt.

1. Finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähig-keit nach § 12 (1) a) und c)

VOF

Nachweis der Berufshaftpflicht 5 5 25

Gesamtumsatz der letzten drei Jahre 5 4 20

Umsatz der in den letzten drei Jahren erbrachten ver-gleichbaren Leistungen

10 5 50

Zwischensumme Wichtung zu 1.: 20

2. Fachliche

Eignung nach § 13 (2) VOF

Referenzen des Bewerbers über vergleichbare Leistungen aus den letzten drei Jahren § 13 (2) VOF

30 5 150

Vorliegen von Qualifikations-nachweisen und Referenzen der für die Dienstleistung vorgese-henen Personen § 13 (2) VOF

25 5 125

Technische Ausstattung § 13 (2) VOF 10 4 40

Jährliches Mittel der vom Bewerber Beschäftigten in den letzten drei Jahren § 13 (2) VOF

5 5 25

Maßnahmen zur Qualitätssiche-rung § 13 (2) VOF 5 5 25

Auftragsanteil für Unteraufträ-ge § 13 (2) VOF 5 5 25

Zwischensumme Wichtung zu 2.: 80 485

Summe 100

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Vergabe Navigator Sonderausgabe · 2013 13

B E I T R Ä G E

Aber es gibt auch diejenigen Fälle, bei denen der Auftraggeber den Auftragneh-mer aus den Bewerbern auswählen muss auf der Grundlage der von ihm selbst definierten Kriterien und Unterkriterien. Selbst wenn er keinerlei Präferenzen hat und der niedrigste Preis nicht sein Ober-ziel ist, wird er den Besten objektiv nicht finden können. So sehr sich dieser Auf-traggeber auch um Objektivität bemühen wird, bei der Bewertung der Kriterien und der Unterkriterien wird sein Bauch ihm sagen, wer der Beste ist, wem er den ein oder anderen entscheidenden Punkt mehr geben soll. So erhält er am Ende denjenigen Auftragnehmer, dem er das meiste Vertrauen entgegenbringt. Dage-gen ist nichts einzuwenden, gar nichts. Wir müssen lediglich akzeptieren, dass subjektiv nicht gleich falsch ist.

Verschließen wir nicht die Augen vor der Wirklichkeit. Wer den Planer will, den er vorher ausgeguckt hat, wird die weichen Kriterien so nutzen, dass er sein Ziel erreicht. Wer den niedrigsten Preis will, der tut dasselbe, nur eben mit einem anderen Ziel. Wer tatsäch-lich neutral bzgl. des Planers und des Preises ist, der wird seine Zuneigung, seine Empfindung, seine Überzeu-gung nicht ausblenden und die Verga-beentscheidung maßgeblich von sei-nem Bauch treffen lassen. Es braucht nur etwas Mut dies zuzulassen und ich wünsche uns allen, dass wir nicht stetig versuchen das Vergaberecht durch frei interpretierbare Kriterien und Unterkriterien nur oberflächlich einzuhalten.

Wie schon dargelegt, bleibt andernfalls am Ende nur noch der Preis als Vergabe-kriterium übrig. Der Auftraggeber kann dann allenfalls noch auswählen zwischen Bietern mit 12.500 Referenzen und 14 Weiterbildungsmaßnahmen je Mitarbei-ter oder mit 13.000 Referenzen und 12 Weiterbildungsmaßnahmen je Mitarbei-ter. Ein „weiter so!“ wie bisher führt unweigerlich zu den Großen der Branche die sich dann einen noch härteren Wett-bewerb liefern werden als dies bislang schon der Fall ist. Am Ende bleiben dann Dumping und Nachtragsmanagement. Beides sind keine guten Voraussetzungen für ein gelungenes Bauprojekt.Den Auftraggebern ist daher zu wün-schen, dass sie einen Weg zurück zur wirklichen Entscheidung finden, weg von zwei- oder dreidimensionalen Be-wertungsmatrizen, hin zu einer Entschei-dung die geprägt ist durch Sachlichkeit, Vertrauen und Kompetenz. Das ist kein Widerspruch zu Objektivität und Trans-parenz und ließe sich trefflich üben bei Maßnahmen unterhalb des Schwellen-wertes.

Rahmenvereinbarung: Der BegriffRahmenvereinbarungen werden als Inst-rument angesehen, mit dem sich der öf-fentliche Auftraggeber den Aufwand ei-ner Vielzahl von wiederkehrenden Aus-schreibungen über einen längeren Zeit-raum sparen kann und das ein hohes Maß an Flexibilität bezogen auf Qualität und Quantität der zu beschaffenden Leistun-gen bietet (Haak/Degen, Rahmenverein-barungen nach dem neuen Vergaberecht, VergabeR 2005, S. 164 ff., S. 164; Ro-senkötter/Seidler, Praxisprobleme bei Rahmenvereinbarungen, NZ Bau 2007, S. 684 ff., S. 684; Laumann, Ausschrei-bung zur Lieferung von Tausalzen, Ver-gabeR 2011, S. 52 ff., S. 55). Auch der Zweck, für wiederkehrende Beschaffun-gen vorzusorgen, wird teilweise als kennzeichnendes Merkmal der Rahmen-vereinbarung angesehen (Machwirth, Rahmenvereinbarungen nach der neuen VOL/A, VergabeR 2007, S. 385 ff., S. 387). „Rahmenvereinbarungen sind Aufträge, die ein oder mehrere Auftraggeber an ein oder mehrere Unternehmen vergeben können, um die Bedingungen für Einzel-aufträge, die während eines bestimmten Zeitraumes vergeben werden sollen, fest-zulegen, insbesondere über den in Aus-sicht genommenen Preis.“ So definieren § 4 VOL/A und § 4 EG VOL/A die Rahmenvereinbarung. Die Besonderheit einer Rahmenvereinbarung

liegt darin, dass eine konkrete Beauftra-gung erst durch nachfolgende Einzelauf-träge erfolgt.

Die Vergabekammer (VK) Berlin cha-rakterisiert die Rahmenvereinbarung als ein Instrument, das dazu dient, für die Fälle, bei denen in der Regel Ort und Zeit ihres Eintritts vorher nicht genau abseh-bar sind, so gut wie möglich vorbereitet zu sein und handeln zu können (VK Ber-lin, Beschluss vom 10.02.2005, VK-B- 2-74/04).

Typischerweise liegen dem Abschluss einer Rahmenvereinbarung Situationen zugrunde, in denen die Vergabestelle ih-ren Bedarf über die Laufzeit der Rah-menvereinbarung nicht sicher einschät-zen kann (vgl. OLG Düsseldorf, Be-schluss v. 18.04.2012, VII Verg 93/11; v. Gehlen/Hirsch, Verbindliche Abnahme-mengen auch bei Rahmenvereinbarun-gen?, NZ Bau 2011, S. 736 ff., S. 736; Laumann, a.a.O., S. 54) oder in denen Leistungen angesichts des technischen Fortschritts regelmäßig angepasst wer-den müssen (Haak/Degen, a.a.O., S. 165).

Verschiedene Modelle stehen zur AuswahlRahmenvereinbarungen gibt es in ver-schiedenen Ausformungen. Es gibt Rah-menvereinbarungen, bei denen bereits in der Rahmenvereinbarung alle Bedingun-gen festgelegt sind, und solche, bei de-nen die Bedingungen für die Einzelauf-

Den Aufwand im Rahmen haltenMehr Flexibilität durch Rahmenvereinbarungen

Rechtsanwältin Katja Gnittke, WMRC Rechtsanwälte, Berlin

Die Festlegung von Leistungsinhalten und die Prognose des Umfangs von Leistungen für Vergabeverfahren sind nicht immer ganz einfach. Vergabeverfahren unterliegen zudem einer Vielzahl von formellen Anforderungen. Sie

werden als fehleranfällig und zeitaufwändig empfunden. Da verspricht die Vergabe einer Rahmenvereinbarung Flexibilität und eine Verrin-gerung des Aufwandes. Der Beschaffungsbedarf lässt sich bündeln und Einzelausschreibungen können vermieden werden. Doch welche Vorteile bietet eine Rahmenvereinbarung wirklich und wo liegen ihre Grenzen? Eine Aufklärung.

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14 Vergabe Navigator Sonderausgabe · 2013

B E I T R Ä G E

Der Vertragsgegenstand muss aber so genau festgelegt werden, dass er ohne wesentliche Änderung als Grundlage für den Abruf der Einzelaufträge dienen kann (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.11.2012, 11 Verg 9/12).

Abnahmepflichten und Kontrahierungszwang

Der Wunsch nach Flexibilität auf Seiten der Auftraggeber geht häufig einher mit dem Wunsch, dass die Rahmenvereinba-rung für den Auftraggeber unverbindlich bleibt. D.h. der Auftraggeber kann aus der Rahmenvereinbarung beschaffen, muss es aber nicht.

Die überwiegende Rechtsprechung gestattet es, Rahmenvereinbarun-gen so auszugestalten, dass keine Abnahmeverpflichtungen begründet werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.03.2012, VII Verg 91/11; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.11.2012, 15 Verg 9/12; OLG Jena, Beschluss vom 22.08.2011, 9 Verg 2/11; VK Bund, Beschluss vom 21.06.2010, VK 2-53/10, so auch von Gehlen/Hirsch, a.a.O., S. 739; Graef, Rahmenvereinbarungen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträ-gen de lege lata und de lege ferenda, NZBau 2005, S. 561 ff., S. 565; a.A. wohl OLG Dresden, Beschluss vom 02.08.2011, WVerg 4/11 – allerdings für einen Sonderfall).

Rahmenvereinbarungen können so abge-schlossen werden, dass sich der Auftrag-geber vorbehält, ob er überhaupt Leis-tungen aus der Rahmenvereinbarung abruft.

Im Einzelfall ist diese Frage aber anhand der konkret vorgesehenen vertraglichen Regelungen differenzierter zu beurtei-len:

Unter dem Gesichtspunkt der Zumutbar-keit dürfte eine Rahmenvereinbarung, die auch den/die Rahmenvertragspartner nicht bindet (sog. beidseitig unverbindli-che Rahmenvereinbarung) nicht zu bean-standen sein.

In der Regel wünschen Auftraggeber aber gleichwohl eine Verbindlichkeit auf Seiten der Auftragnehmer. Der Auftrag-geber behält sich vor, Leistungen abzuru-fen. Der Auftragnehmer und Rahmenver-tragspartner soll während der Laufzeit der Rahmenvereinbarung aber verpflich-tet sein, Leistungen zu den Konditionen der Rahmenvereinbarung – gegebenen-falls konkretisiert in den Einzelaufträgen – zu erbringen.

Solche einseitig verbindlichen Rahmen-vereinbarungen sind nicht unbegrenzt zulässig. Die Beurteilung hängt davon ab, welche Kosten und Risiken dem Rah-menvertragspartner durch die Vorhaltung während der Dauer der Rahmenvereinba-rung entstehen.

Wenn Standardprodukte beschafft wer-den, für die es eine Vielzahl von Kunden gibt, ist die einseitig verbindliche Ausge-staltung in der Regel nicht zu beanstan-den.

Bei speziellen Leistungen wird sich dies anders verhalten. Die Bieter haben weni-ger Möglichkeiten ihre Ware an andere Abnehmer zu verkaufen und tragen ein größeres finanzielles Risiko. Besonders wirkt sich dies bei der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen aus. Hier muss der Unternehmer Personal und Ressour-cen vorhalten, ohne zu wissen, ob diese tatsächlich zum Einsatz kommen (Ro-senkötter/ Seidler, a.a.O., 687).

Aus dem Missbrauchsverbot wird herge-leitet, dass im Fall einer Rahmenverein-barung mit Kontrahierungszwang auf Seiten des Auftragnehmers strenge Maß-stäbe an die Schätzung des Auftragsvolu-mens zu stellen sind (Laumann/Scharf, Liefer- und Abnahmepflichten bei Lie-ferverträgen und Rahmenvereinbarun-gen, VergabeR 2012, 156, 161).

Das OLG Dresden (Beschluss vom 02.08.2011, Verg 4/11) hat eine Rahmen-vereinbarung über die Lieferung von Streusalz beanstandet, bei der die gesam-te Leistung als Bedarfsposition ausge-wiesen war. Zumindest ein Durch-schnittswert unter Bezugnahme auf den Bedarf der vergangenen Jahre hätte an-gegeben werden können und müssen.

Es ist im Rahmen der Zumutbarkeitsprü-fung darauf zu achten, dass Vorhaltungs-pflicht und damit das Verwendungs- und Auslastungsrisiko auf dem Niveau der tatsächlichen Inanspruchnahme liegen und die durch Zuschlagserteilung auf-grund der vereinbarten Rechte und Pflichten beim Auftragnehmer entstehen-den Fixkosten des Auftragnehmers ge-deckt werden (Laumann/Scharf, a.a.O., 162).

Eine ausgewogene Gestaltung kann z.B. durch Mindestabnahmepflichten erreicht werden. In Betracht kommen aber auch eine separate Vergütung der Vorhalteleistungen oder lange Zeit-räume zur Vorbereitung der Einzel-aufträge, um Vorhaltekosten zu mini-mieren.

träge erst mit den Einzelaufträgen festge-legt werden. Es gibt Einpartner- und Mehrpartnermodelle. Bei Mehrpartner-modellen kommt die Durchführung von sog. Mini-Wettbewerben zwischen den Rahmenvertragspartnern bei der Aus-wahl des Vertragspartners für den Einzel-auftrag in Betracht.

Flexibilität bei der Leistungsbeschreibung

Gemäß § 7 VOL/A/ § 8 EG VOL/A ist die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben. Dies setzt dem Auftrag-geber Grenzen. Bieter sollen auf einheit-licher Grundlage vergleichbare Angebo-te kalkulieren. Unter dem Stichwort „un-gewöhnliches Wagnis“ bzw. „Zumutbar-keit“ gibt es differenzierte Rechtspre-chung, welche Risiken der Auftraggeber im Vergabeverfahren auf den Bieter ver-lagern darf und welche Gesichtspunkte bei der Leistungsbeschreibung offen bleiben dürfen.

Ein wesentliches Ziel für den Abschluss einer Rahmenvereinbarung ist der die-sem Grundsatz zuwiderlaufende Wunsch nach möglichst großer Flexibilität. Auch nach § 4 Abs 1 S. 2 VOL/A und § 4 EG Abs. 1 S. 2 VOL/A ist das in Aussicht genommene Auftragsvolumen der ausge-schriebenen Rahmenvereinbarung aber so genau wie möglich zu ermitteln. Denn: Es wäre mit Sinn und Zweck des Verga-berechts nicht zu vereinbaren, wenn man den Auftraggeber bei der Vergabe der Einzelaufträge für völlig frei und unge-bunden hielte (OLG Düsseldorf, Be-schluss vom 24.11.2011, Verg 62/11).

Dennoch herrscht Einigkeit darüber, dass der Grundsatz der eindeutigen und er-schöpfenden Leistungsbeschreibung bei Rahmenvereinbarungen nicht gleicher-maßen streng angewandt wird wie bei herkömmlichen Dienstleistungs- und Lieferverträgen.

Das OLG Düsseldorf stellt im Beschluss vom 20.02.2013, VII Verg 44/12 klar, dass der in Aussicht genommene Ver-tragsumfang in einer Rahmenvereinba-rung nicht abschließend festgelegt wer-den muss.

Angeboten für Rahmenvereinbarun-gen wohnen nach Auffassung des OLG Düsseldorf in der Natur der Sa-che liegend und abhängig von dem in der Regel ungeklärten und nicht abschließend klärbaren Auftragsvo-lumen erhebliche Kalkulationsrisiken inne, die typischerweise vom Bieter zu tragen sind.

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Vergabe Navigator Sonderausgabe · 2013 15

B E I T R Ä G E

Mitmachen darf, wer seinen Bedarf vorher angemeldet hat

Nach § 4 EG Abs. 2 VOL/A bzw. § 4 Abs. 2 VOL/A sind Einzelaufträge nur zulässig zwischen Auftraggebern, die ih-ren voraussichtlichen Bedarf für das Ver-gabeverfahren „angemeldet haben“, und den Unternehmen, mit denen die Rah-menvereinbarung geschlossen wurde. Diese Formulierung ist so zu verstehen, dass nur diejenigen Auftraggeber Leis-tungen aus der Rahmenvereinbarung ab-rufen dürfen, die die Rahmenvereinba-rung abgeschlossen haben (Poschmann in Müller-Wrede, Kommentar zur VOL/A, 3. Auflage, § 4 EG, Rn. 46). Diese müssen bereits in der Bekanntma-chung angegeben sein (Poschmann, a.a.O.).

Eine Kommune kann deshalb nicht über eine Rahmenvereinbarung der Nachbar-kommune beschaffen, wenn dies nicht bereits bei der Vergabe der Rahmenver-einbarung so festgelegt wurde.

Wie aber ist es zu beurteilen, wenn bei einem öffentlichen Auftraggeber z.B. eine Zentrale Vergabestelle eine Rah-menvereinbarung abschließt aber offen ist welche Fachstellen/Verwaltungen sich der Rahmenvereinbarung bedienen?

Das Kammergericht (Beschluss vom 19.04.2000, KartVerg 6/00) hatte folgen-de Gestaltung zu beurteilen: Der Landes-betrieb für Informationstechnik hatte für das Land Berlin Rahmenverträge über IT-Hardware und Dienstleistungen aus-geschrieben. Diese enthielten keinerlei Abnahmeverpflichtung des Landes Ber-lin.

Es war beabsichtigt, die Angebote der Unternehmen, die den Zuschlag erhalten, in einen elektronischen Katalog aufzu-nehmen und den Verwaltungsstellen des Landes Berlin diese Bezugsquelle anzu-bieten. Die ausschreibende Stelle hatte keinen Einfluss auf die Entscheidung der einzelnen Verwaltungsstellen, auf wel-che Weise sie ihren Bedarf decken – ob durch Einzelbeauftragung nach der Rah-menvereinbarung oder durch Beauftra-gung eines Dritten.

Das Kammergericht ging davon aus, dass das Vergabeverfahren an einem schwe-ren Mangel leide, weil es unter Verstoß gegen § 16 VOL/A (jetzt § 2 EG Abs. 3 VOL/A bzw. § 2 Abs. 3 VOL/A) zu ver-gabefremden Zwecken durchgeführt worden sei. Für den Gewinner der Aus-schreibung stehe in keiner Weise fest, ob er in Ausfüllung des abgeschlossenen Rahmenvertrags auch nur einen einzel-nen der von ihm vorzuhaltenden Artikel tatsächlich würde veräußern können; die

ausschreibende Stelle habe hierauf auch keinen Einfluss. Die Entscheidung falle allein bei den einzelnen Verwaltungsstel-len, für die der vom Landesbetrieb er-stellte Katalog nicht mehr als ein Mittel zur Erkundung des Marktes sei (so auch Graef, a.a.O., S. 568): Hätten sie Be-schaffungen vor, würden sie sich zu-nächst an den im Katalog befindlichen Angeboten orientieren und anhand der hier gefundenen Maßstäbe nach Einho-lung von Vergleichsangeboten die Ent-scheidung treffen, ob sie die Artikel über den Katalog beziehen oder sie bei Dritten erwerben.

Das Bayerische Oberste Landesgericht (Beschluss vom 17.02.2005, Verg 27/04) hätte eine Rahmenvereinbarung des Frei-staats Bayern, über die Leitstellen für Rettungsdienste und Feuerwehr IT-Leis-tungen beschaffen können sollten, eben-falls wegen der Ausschreibung zu verga-befremden Zwecken, insbesondere einer unverbindlichen Marktforschung, für be-denklich gehalten, wenn sie nur als An-gebot an die einzelnen Stellen ausgestal-tet worden wäre:

„Bedenklich wäre allenfalls, wenn den begünstigten Dritten das Angebot zu Ti-tel 5 nur als unverbindliche Informati-onsquelle dienen sollte […]. Eine solche Fallgestaltung ist jedoch vorliegend nicht gegeben. Mit der Vergabeentschei-dung ist nicht nur der Auftragnehmer verpflichtet, auch die künftigen Leitstel-lenbetreiber sind weitgehend gebun-den.“

In einem vom OLG Karlsruhe (Beschluss vom 16.11.2012, 11 Verg 9/12) entschie-denen Fall hatte eine Einkaufsgemein-schaft für Vertragskliniken einen Rah-menvertrag zur Lieferung mobiler bild-gebender Geräte ausgeschrieben. Der Vergabesenat hielt die Ausschreibung für unzulässig, weil die Einkaufsgemein-schaft keinen „auch nur im Ansatz kon-kretisierten Beschaffungsbedarf“ be-stimmt habe.

Auch hier sollte im konkreten Fall offen-bleiben, wer im Ergebnis überhaupt Ein-zelaufträge erteilt. Die Einkaufsgemein-schaft hatte sich darauf berufen, dass der konkrete Investitionsbedarf der einzel-nen Kliniken sehr kurzfristig entstünde und von deren jeweiligem situations- und budgetbezogenen Beschaffungsbedarf abhängen würde.

Dem OLG Karlsruhe zufolge hatte das Vergabeverfahren damit allein das Ziel, einen Preis für die ausgeschriebenen Pro-dukte zu ermitteln; der Ausschreibung lag kein konkreter Beschaffungsbedarf, sondern es lagen allgemeine Marktüber-legungen zugrunde.

Sofern das Landessozialgericht NRW es demgegenüber billigte, dass Kranken-kassen sog. Rabattverträge als Rahmen-verträge ausschreiben, ohne Einfluss da-rauf nehmen zu können, ob die Vertrags-ärzte die entsprechenden Medikamente auch verordnen, dürfte dies wesentlich in den sozialrechtlichen Besonderheiten der Medikamentenversorgung begründet lie-gen und daher nicht als von der oben dargestellten Rechtsprechung abwei-chende Auffassung verstanden werden können (Beschlüsse vom 08.10.2009, L 21 KR 39/09 SFB und vom 26.03.2009, L 21 KR 26/09 SFB).

Der Preis

Nach § 4 und § 4 EG VOL/A sind in Rahmenvereinbarungen die Bedingun-gen für die Einzelaufträge insbesondere über den in Aussicht genommenen Preis zu regeln.

Die VOL/A scheint eine Vereinbarung über den in Aussicht genommen Preis der Einzelaufträge bereits in der Rah-menvereinbarung zugrunde zu legen.

Daraus folgt aber nicht, dass in der Rah-menvereinbarung bereits abschließend ein Preis vereinbart werden muss. Ein-zelne Bedingungen für die Einzelaufträ-ge können auch später festgelegt werden. Der Preis gehört sogar zu den Parame-tern, die typischerweise zunächst offen-gelassen werden (so Gröning, VergabeR 2005, 156, 158).

Eine grundsätzliche Abweichung von den Bedingungen der Rahmenvereinba-rung ist bei Vergabe des Einzelauftrags allerdings nicht mehr möglich. Daher wird in der Regel bereits in der Rahmen-vereinbarung festgelegt, wie der Preis für die Einzelaufträge ermittelt wird.

Das bedeutet nicht, dass der Preis zwangsläufig als fester Betrag angegeben sein muss. Es ist durchaus möglich, ihn anhand eines Indexes festzulegen, wenn das angewandte Verfahren eine objektive Preisermittlung für die einzelnen Aufträ-ge ermöglicht (Erläuterungen Rahmen-vereinbarungen klassische Richtlinie EU-Kommission Dokument CC/2005/03).

Für Rahmenvereinbarungen werden sich häufig Staffelpreise und Preisanpas-sungsklausel empfehlen (vgl. Gräf, Rah-menvereinbarung, NZBau 2010, 561, 565).

Rein rechtlich betrachtet, muss der Preis als solcher in der Rahmenverein-barung folglich noch nicht bestimmt werden, es muss aber feststehen, wie der Preis später bestimmt wird.

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Bei der Frage, inwieweit der Preis in der Rahmenvereinbarung vereinbart wird oder ob die Preisvereinbarung den Ein-zelaufträgen vorbehalten bleibt, sollten folgende Gesichtspunkte Berücksichti-gung finden:

Bei der Durchführung eines Vergabe-• verfahrens zur Auswahl des bzw. der Rahmenvertragspartner(s) ist eine Auswahl zwischen mehreren Unter-nehmen zu treffen. In aller Regel ist ein Kriterium für die Beurteilung, welches Angebot das wirtschaftlichs-te Angebot ist, der Preis. Ist der vo-raussichtliche Preis für den Einzel-auftrag Wertungskriterium für die Auswahl des bzw. der Rahmenver-trags partner(s), ist es konsequent, ihn verbindlich zu vereinbaren.Wird eine Rahmenvereinbarung mit • nur einem Unternehmen geschlossen, sollte der Preis bei der Auswahl des Vertragspartners für die Rahmenver-einbarung in der Regel auch deshalb nicht unberücksichtigt bleiben, weil bei der Vergabe der Einzelaufträge kein wirtschaftlicher Druck mehr be-steht.Findet bei der Vergabe der Einzelauf-• träge ein Mini-Wettbewerb statt, kann es sich anbieten, bereits in der Rahmenvereinbarung Höchstpreise zu vereinbaren. Im Miniwettbewerb kann für den konkreten Einzelauftrag abgefragt werden, ob ein niedrigerer Preis angeboten wird. In die Auswahl des Unternehmens, das den Einzel-auftrag durchführt, kann der konkrete Preis für den Einzelauftrag einbezo-gen werden.

FazitRahmenvereinbarungen bieten Chancen für den Beschaffer. Es gibt viele Gründe, Rahmenvereinbarungen zu vergeben. Die Vergabe von Rahmenvereinbarungen entbindet den Auftraggeber aber nicht davon, seinen Beschaffungsbedarf zu be-stimmen.

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Es kann nur einen geben Ein besonderer Fall des Verhandlungs-verfahrens ohne Bekanntmachung

Rechtsanwältin Dr. Angela Dageförde, DAGEFÖRDE Öffentliches Wirtschaftsrecht, Hannover und Rechtsanwalt Oliver Hattig, Hattig und Dr. Leupolt Rechtsanwälte, Köln

In der Praxis möchten Vergabestellen häufig auf die Möglichkeit zurückgreifen, auf die EU-weite Bekanntmachung eines Vergabeverfahrens zu verzichten. Zur Begründung wird gerne darauf verwiesen, dass es nur ein Unternehmen gebe, welches die technischen Anforderungen des Auftrags erfüllen könne. Allerdings ist hierbei Vorsicht geboten. Denn im Streitfalle ist es der Auftraggeber, der den Nachweis dafür erbringen muss, dass die Voraussetzungen für den Verzicht auf Bekanntmachung und Teilnahmewettbewerb wirklich vorlagen. Eine gute Dokumentation ist hierbei unverzichtbar. Die aktuelle Rechtsprechung verleiht dem Tatbestand weitere Konturen – eine Bestandsaufnahme.

Ausgangslage

Gemäß § 3 EG Abs. 4 Buchstabe c) VOL/A ist ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb (also ohne vorherige EU-weite Bekanntmachung) zulässig, wenn der Auftrag wegen seiner technischen oder künstlerischen Beson-derheiten oder aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten (z.B. Pa-tent- oder Urheberrecht) nur von einem bestimmten Unternehmen durchgeführt werden kann. Die VOB/A enthält eine ähnliche Vorschrift in § 3 EG Abs. 5 Nr. 3 VOB/A. Bei den genannten Be-stimmungen handelt es sich um – eng auszulegende – Ausnahmevorschriften. Denn grundsätzlich muss der öffentliche Auftraggeber bei Überschreiten der je-weils einschlägigen Schwellenwerte ein offenes Verfahren durchführen, § 101 Abs. 7 Satz 1 des Gesetzes gegen Wett-bewerbsbeschränkungen (GWB).

Ein Verhandlungsverfahren ohne Teil-nahmewettbewerb mit einem einzigen Anbieter setzt voraus, dass aufgrund des Ausschließlichkeitsrechts nur dieser An-bieter als einziges Unternehmen in der gesamten EU den fraglichen Auftrag durchführen kann. Aus technischen Gründen kann von einer Bekanntma-chung (was gleichbedeutend ist mit dem Verzicht auf den Teilnahmewettbewerb)

nur abgesehen werden, wenn in der ge-samten EU nur ein bestimmter Dienst-leistungserbringer die zur Ausführung erforderliche besondere Befähigung oder die geeignete Ausstattung besitzt (so die Kommentierung von Kulartz, in: Ku-lartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Aufl. 2011). Das Unternehmen, das im Wege des Verhandlungsverfahrens ohne vorhe-rigen Teilnahmewettbewerb beauftragt werden soll, muss also EU-weit das ein-zige Unternehmen i.S. einer faktischen Monopolstellung sein, das den Auftrag erfüllen kann. Auf die wirtschaftlichere oder bessere Durchführung des Auftrags kommt es – entgegen einem in der Praxis häufig anzutreffenden – Missverständnis gerade nicht an.

Die Rechtsprechung des EuGHDie Ausnahmevorschriften des § 3 EG Abs. 4 Buchstabe c) VOL/A und des § 3 EG Abs. 5 Nr. 3 VOB/A sind – wie ge-sagt – eng auszulegen. Der Beweis dafür, dass die erforderlichen außergewöhnli-chen Umstände vorliegen, ist von demje-nigen zu erbringen, der sich auf sie be-ruft, also im Regelfall vom öffentlichen Auftraggeber. Dieser Beweislast kom-men die Auftraggeber nicht bereits da-durch nach, indem sie beweisen, dass ein bestimmter Anbieter den Auftrag am bes-ten ausführen kann, sondern er muss be-

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weisen, dass alleine dieser Anbieter für die Ausführung des Auftrages in Betracht kommt (EuGH, Urteil vom 15.10.2009 – C-275/08; Urteil vom 02.06.2005 – C-394/02).

Dass ausschließlich nur ein Unterneh-men zur Auftragsdurchführung in der Lage ist, muss der Auftraggeber vorab mittels einer sorgfältigen Markterfor-schung feststellen. Der Auftraggeber ist insbesondere verpflichtet, sich eine europaweite Marktübersicht zu ver-schaffen. Die Markterforschung muss zu dem Ergebnis kommen, dass ein Unternehmen gleichsam Monopolist für die Erbringung der nachgefragten Leistung ist.

Es reicht demnach gerade nicht aus, wenn der Auftraggeber lediglich subjek-tiv zu der Auffassung gelangt, dass nur ein bestimmtes Unternehmen die wirt-schaftlichste Leistungserbringung erwar-ten lässt (EuGH, Urteil vom 15.10.2009 – C-275/08).Wie die geforderte EU-weite Markter-kundung konkret durchzuführen ist, dazu schweigt der EuGH. In der Praxis macht das Erfordernis der Markterkundung häufig Probleme. Soweit bekannt, kön-nen die einzelnen Marktteilnehmer selbstverständlich explizit angeschrieben werden, um herauszufinden, ob sie zur Erbringung des konkreten Auftrags wil-lens und in der Lage sind; dies dürfte in der Praxis nicht immer durchführbar sein. Eine Marktübersicht kann sich ggf. auch mit Hilfe der Auftragsberatungs-stellen oder durch das Gutachten eines Sachverständigen verschafft werden; eine reine Internetrecherche ist demge-genüber nicht in jedem Fall ausrei-chend.

Unzulässige De facto-Vergabe?Öffentliche Auftraggeber, die auf ein Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Teilnahmewettbewerb i.S. des § 3 EG Abs. 4 Buchst. c) VOL/A bzw. § 3 EG Abs. 5 Nr. 3 VOB/A zurückgreifen wol-len, müssen sich auch über die etwaigen rechtlichen Konsequenzen im Klaren sein. § 101 Abs. 1 Nr. 2 GWB sieht vor, dass ein Vertrag von Anfang an unwirksam ist, wenn ein Auftraggeber einen öffent-lichen Auftrag unmittelbar an ein Unter-nehmen erteilt, ohne andere Unterneh-men am Vergabeverfahren zu beteiligen und ohne dass dies aufgrund des Verga-berechts gestattet ist. Auf eine solche „Gestattung“ können sich Auftraggeber zum Beispiel in den – hier interessieren-den – Fällen des § 3 EG Abs. 4 Buchst. c) VOL/A oder § 3 EG Abs. 5 Nr. 3 VOB/A

berufen – wenn die Voraussetzungen die-ser Ausnahmetatbestände tatsächlich vorliegen.

Ein Auftraggeber, der nicht sorgfältig prüft, ob die Voraussetzungen für das Verhandlungsverfahren ohne Teilnah-mewettbewerb tatsächlich vorliegen oder die Gründe für die Anwendung dieses Ausnahmetatbestandes nicht sorgfältig dokumentiert, läuft mithin Gefahr, auf den entsprechenden Nach-prüfungsantrag eines Wettbewerbers des beauftragten Unternehmens hin seinen Vertrag zu „verlieren“. Es drohen nicht zuletzt Schadensersatz-ansprüche des enttäuschten Vertrags-partners.

Hinzuweisen ist darauf, dass für einen Nachprüfungsantrag eines Konkurrenten des beauftragten Unternehmens Fristen bestehen: Gemäß § 101 b Abs. 2 GWB kann die Unwirksamkeit des de facto geschlossenen Vertrages von der Verga-bekammer nur festgestellt werden, wenn sie im Nachprüfungsverfahren binnen 30 Kalendertagen ab Kenntnis des Versto-ßes (also der freihändigen Beauftragung), spätestens jedoch innerhalb von sechs Monaten nach Vertragsschluss geltend gemacht wurde. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf ist „Kenntnis“ in die-sem Sinne frühestens mit Vertragsschluss anzunehmen. Zudem muss die Kenntnis auf einer Information des Auftraggebers beruhen. Dies kann entweder eine Bekanntmachung des vergebenen Auf-trags oder eine Information nach § 101a Abs. 1 Sätze 1 und 2 GWB sein (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 – Verg 15/12; ausdrücklich offengelassen von OLG München, Beschluss vom 21.02.2013 – Verg 21/12). Eine Kennt-niserlangung aufgrund eigener Recher-chen des Antragstellers oder ihm von dritter Seite zugetragener Informationen genügt demnach nicht. Hat der Auftrag-geber den Vertragsschluss im Amtsblatt der EU (TED) bekannt gegeben, redu-ziert sich diese Ausschlussfrist ohnehin auf 30 Kalendertage.

Die nationale Rechtsprechung

Die nationale Rechtsprechung zieht den Rahmen bisweilen sehr eng, in dem § 3 EG Abs. 4 Buchstabe c) VOL/A und § 3 EG Abs. 5 Nr. 3 VOB/A anzuwenden sind. Sehr weit geht etwa das OLG Karls-ruhe. Im Beschluss vom 21.07.2010 (15 Verg 6/10) weist das Gericht darauf hin, dass der Auftrag – wenn auf die Ausnahmebestimmungen wegen der technischen Besonderheiten des Auftrags zurückgegriffen werden soll – mit be-

sonderen Schwierigkeiten verbunden sein muss, die einer fachlich ungewöhn-lichen Lösung bedarf. Diese Voraussetzung liegt nach Auffas-sung des Senats schon dann nicht vor, wenn ein Lieferant sich die erforderli-chen besonderen Fähigkeiten oder Aus-stattungen bis zur Ausschreibung bzw. zum Zuschlagstermin aneignen bzw. er-werben kann. Für die Beantwortung der Frage nach den technischen Fähigkeiten des Auftragnehmers kann auch nicht da-rauf abgestellt werden, dass die Antrag-stellerin möglicherweise die nachgefrag-te Leistung nicht öffentlich als Serien-produkt anbietet. Es sei vielmehr auf die (zukünftig) er-werbbaren Fähigkeiten des Unterneh-mens abzustellen, nicht auf die von die-sem hergestellten Produkte. In der Verga-beakte müsse daher dokumentiert sein, dass lediglich ein Lieferant auf dem EU-weiten Markt in technischer Hinsicht die zur Auftragsausführung erforderliche be-sondere Befähigung oder geeignete Aus-stattung besitze.

Diese Voraussetzungen liegen nach Auffassung des OLG Karlsruhe erst dann nicht vor, wenn der Lieferant sich die besonderen Fähigkeiten oder Ausstattungen bis zur Ausschreibung bzw. zum Zuschlagstermin nicht an-eignen bzw. erwerben könne. Es sei zu berücksichtigen, dass auch an-dere Anbieter grundsätzlich in der Lage seien, die von der Vergabestel-le nachgefragten Leistungen noch zu entwickeln und letztlich zu liefern. Entscheidend sei letztlich nicht, ob lediglich ein Hersteller ein bestimm-tes technisches Produkt als Serien-produkt anbiete, sondern einzig, ob auch andere Unternehmen die tech-nische Fähigkeit aufweisen könnten, die nachgefragte Leistung ggf. als Sonderanfertigung herzustellen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2010 – 15 Verg 6/10).

Die Auffassung des OLG Karlsruhe dürf-te die Anforderungen des § 3 EG Abs. 4 Buchstabe c) VOL/A und des § 3 EG Abs. 5 Nr. 3 VOB/A überdehnen. Rein tatsächlich führt die Ansicht des OLG Karlsruhe letztlich dazu, dass die Durch-führung eines Verhandlungsverfahrens wegen der technischen Besonderheiten des Auftrags öffentlichen Auftraggebern nahezu unmöglich gemacht wird. Die von dem Gericht sehr hoch geschraubten Anforderungen an die Dokumentation bedingen, dass eine Vergabestelle vor Durchführung eines Verhandlungsver-fahrens alle auf dem europäischen Markt verfügbaren Unternehmen berücksichti-

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gen müsste, die potenziell in der Lage wären, durch Beschaffung entsprechen-der technischer Fähigkeiten bzw. Aus-stattung innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine spezielle Technik zu ent-wickeln. Das dürfte in der Praxis kaum zu leisten sein und die personellen und sachlichen Ressourcen der Vergabestel-len überfordern. Mit zumutbarem Auf-wand kann auf das Verhandlungsverfah-ren ohne Teilnahmewettbewerb in diesen Fällen überhaupt nicht mehr zurückge-griffen werden, sollte sich die Auffas-sung des OLG Karlsruhe durchsetzen (im Beschluss vom 30.07.2013 (VK-B1-13/13) ist die VK Berlin der Auffassung des OLG Karlsruhe gefolgt). Auch unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßig-keitsprinzips ist die Ansicht des OLG Karlsruhe daher abzulehnen. Die Verga-bestellen verfügen im Normalfall nicht über Kenntnis unternehmensinterner Entwicklungsvorgänge oder sonstiger Betriebsgeheimnisse einzelner (poten-zieller) Marktteilnehmer.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.05.2013 – Verg 16/12Mit dem – von ihm in mittlerweile stän-diger Rechtsprechung hervorgehobenen – Selbstbestimmungsrecht des Auftrag-gebers bei der Festlegung des Gegen-standes der Beschaffung bringt das OLG Düsseldorf in einer aktuellen Entschei-dung einen weiteren Aspekt ein, der in diesem Zusammenhang beachtet werden muss.

Das OLG Düsseldorf hat im Beschluss vom 22.05.2013 (Verg 16/12) ent-schieden, dass es bei der Beschaffung neuer Software zulässig sein kann, dass ein Auftraggeber den Entwick-ler der von ihm bislang verwendeten Software „direkt“ im Wege des Ver-handlungsverfahrens ohne Teilnah-mewettbewerb beauftragt. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Risiken u.a. von Fehlfunktionen, Kompatibilitäts-problemen und hohem Umstellungs-aufwand bei der Umstellung auf die neue Software dieses Entwicklers we-sentlich geringer sind als bei der Um-stellung auf die neue Software eines anderen Entwicklers.

In dem konkreten Fall beabsichtigte eine Fachhochschule (FH), eine neue aktuelle Verwaltungssoftware zu beschaffen. Sie führte dazu ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb durch, an dem sie ausschließlich den Entwickler ihrer bisher verwendeten Software betei-ligte. In der anschließenden „Bekannt-machung über vergebene Aufträge, Lie-ferauftrag“ bezeichnete die FH den Auf-

trag als „Upgrade der Hochschulverwal-tungssoftware HIS auf HISinOne, die dazugehörige Wartung und die dazu nö-tigen Unterstützungsleistungen“ und be-nannte den bisherigen Software-Ent-wickler als Vertragspartnerin.

Ein anderer Softwareentwickler bean-standete die Auftragsvergabe als recht-lich unzulässig. Die FH berief sich zum einen auf § 3 Abs. 4 c) und e) VOL/A-EG. Ein Softwarewechsel führe u.a. dazu, dass die komplette Softwareinfra-struktur ausgetauscht bzw. migriert und an eine neue Softwareinfrastruktur ange-passt werden müsste. Zum anderen be-rief sich die FH auf die generelle Verga-berechtsfreiheit des Auftraggebers bei der Bestimmung des Beschaffungsge-genstandes.

Der Softwarentwickler strengte darauf-hin ein Nachprüfungsverfahren an: Es sei nicht ersichtlich, weshalb der Migrati-onsaufwand geringer sei als bei der Im-plementierung eines Drittsystems. Eine Markterkundung sei nicht durchgeführt worden. Die Vergabekammer gab dem Antrag statt. Gegen diesen Beschluss wehrten sich die FH und ihr Vertrags-partner mit einer sofortigen Beschwerde zum OLG Düsseldorf.

„Beschaffungsentscheidung ist Vergabeverfahren vorgelagert und hier nicht zu beanstanden!“

Mit Erfolg. Das von der FH durchgeführ-te Verhandlungsverfahren ohne Teilnah-mewettbewerb ist nach Ansicht des OLG nicht zu beanstanden. Die FH habe dies u.a. mit dem erheblichen Mehraufwand begründet, der für eine Umstellung der bislang genutzten Software anfiele. Die-ser sei durch den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem OLG bestätigt worden. Der Sachverständige habe den Mehraufwand überzeugend da-mit begründet, dass bei einer Nutzung der bisherigen Software die vorhandene Basisinfrastruktur der bisher genutzten Software erhalten bleibe. Es könne daher eine „sanfte Migration“ erfolgen, wäh-rend eine Umstellung auf CampusNet einen „massiven Übergang“ („big bang“) mit den damit verbundenen Risiken wie Fehlfunktionen und Kompatibilitätspro-blemen darstellen würde.

Darüber hinaus ergäben sich weitere, u.a. erhebliche technische, Vorteile für die FH durch die Beibehaltung der bisheri-gen Software. Diese habe die FH, nach-dem sie im Rahmen von Markterkundun-gen in den Jahren 2006, 2009, 2010 und 2011 viermal ein Angebot bei der An-tragstellerin eingeholt habe, bei ihrer Entscheidung berücksichtigt.

Die dokumentierte Beschaffungsent-scheidung der Vergabestelle sei daher nicht zu beanstanden. Sie sei dem Verga-beverfahren vorgelagert und müsse allein folgende „vergaberechtlichen Grenzen“ einhalten: Erstens muss die Entschei-dung für ein bestimmtes Produkt durch den Auftragsgegenstand sachlich ge-rechtfertigt sein; zweitens muss der Auf-traggeber dafür nachvollziehbare objek-tive und auftragsbezogene Gründe ange-ben, die auch tatsächlich vorliegen. Und drittens dürfen durch die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht dis-kriminiert werden. Die Entscheidung der FH bewege sich innerhalb dieser Grenzen. Sie könne sich auf objektiv schwerwiegende personelle, wirtschaftliche und technische Gründe für die von ihr getroffene Wahl berufen. Die FH habe zudem jedwede Risikopo-tenziale ausschließen und den sichersten Weg wählen dürfen.

Es bleibt abzuwarten, ob diese Ent-scheidung des OLG Düsseldorf vor allem den Besonderheiten des Ein-zelfalls geschuldet ist oder sich aus ihr verallgemeinerbare Schlussfol-gerungen ableiten lassen. Letztlich überzeugt die Entscheidung nicht. Ihr rechtlicher Ausgangspunkt – das Selbstbestimmungsrecht des Auftrag-gebers – ist zwar zutreffend, letztlich vermischt die Entscheidung aber die Frage nach dem Gegenstand („was“?) der Beschaffung mit der Entschei-dung über das anzuwendende Verfah-ren („wie“?).

Das OLG Düsseldorf bleibt jedenfalls seiner Linie treu, dem Auftraggeber bei der Bestimmung des Beschaffungsge-genstandes sehr große Freiheiten einzu-räumen. Aus der Entscheidung lässt sich einmal mehr ablesen, dass es für die Be-gründung des Ausnahmetatbestandes des § 3 EG Abs. 4 Buchstabe c VOL/A eine Markterkundung und eine sorgfältige Dokumentation entscheidend sind. Denk-bar ist, dass sich die in der Entscheidung genannten Aspekte (hoher Umstellungs-aufwand etc.) auch auf andere Beschaf-fungen übertragen und als Begründung fruchtbar machen lassen.

VK Bund, Beschluss vom 24.07.2013 (VK 3 – 49/13) Die Vergabekammer des Bundes hat ent-schieden, dass es bei der Prüfung nach § 3 EG Abs. 4 c) VOL/A, ob ein Auftrag „nur von einem Unternehmen“ erfüllt werden kann und daher ein Verhand-lungsverfahren ohne Teilnahmewettbe-werb durchgeführt werden darf, nicht auf die tatsächliche Frage ankommt, ob an-dere Unternehmen hinsichtlich der ver-

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langten Mengen lieferfähig sind, solange sie rechtlich dazu in der Lage sind. Die konkrete Lieferfähigkeit eines Bieters sei erst im Rahmen der Eignungsprüfung zu prüfen. In dem konkreten Fall erklärte die VK Bund den zwischen der gesetzlichen Krankenkasse und einem pharmazeuti-schen Unternehmen geschlossene Ver-trag über einen Wirkstoff für unwirksam. Der Krankenkasse wurde aufgegeben, vor Abschluss eines solchen Vertrages ein EU-weites offenes Verfahren durch-zuführen.Die Krankenkasse hatte in einer EU-weiten Bekanntmachung vergebener Aufträge im Supplement zum Amtsblatt der EU bekannt gegeben, dass sie einen Rabattvertrag nach § 130 a Abs. 8 SGB V für den Wirkstoff Betaferon mit einem pharmazeutischen Unternehmen für die Laufzeit vom 01.05.2013 bis 30.04.2015 abgeschlossen habe. Als Begründung für die Wahl des Ver-handlungsverfahrens ohne vorherige Be-kanntmachung gab die Krankenkasse in der Bekanntmachung an, dass die Liefer-leistung aufgrund des Schutzes von Aus-schließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Bieter ausgeführt werden könne. Im Vergabevermerk hatte sie dazu dargelegt, dass der Vertrag nicht exklusiv sei, d.h. dass sie – die Krankenkasse – nicht gehindert sei, weitere Verträge über das vertragsgegenständliche oder wirk-stoffgleiche Arzneimittel abzuschließen. Die Reimportquote für den ausgeschrie-benen Wirkstoff bezogen auf den Bedarf der ausschreibenden Krankenkasse habe im Jahr 2012 unter 4 % gelegen. Zum Beschaffungsbedarf gehöre es aber, dass der Hersteller für die Dauer des Vertra-ges die Lieferfähigkeit der Arzneimittel an die Apotheken bzw. an den Großhan-del sicherzustellen habe, weil eine Ra-battvereinbarung ohne Lieferverpflich-tung wertlos sei. Die pharmazeutischen Unternehmen könnten eine Rabattverein-barung also leerlaufen lassen. Ein sol-ches Risiko könne die Krankenkasse, aufgrund der Bedeutung der Finanzie-rung der sozialen Sicherungssysteme als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut, nicht eingehen.

§ 3 EG Abs. 4 lit. c) VOL/A eröffne die Möglichkeit des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung. Der Wirkstoff Betaferon werde zwar von ver-schiedenen Herstellern hergestellt und von dem beauftragten Unternehmen ver-trieben. Diese beiden Medikamente seien zwar auf der Wirkstoffebene austausch-fähig. Eine Substitution, und damit ver-bunden eine Therapieumstellung, sei aber von der Kasse nicht gewünscht.

Diese Alleinstellungsmerkmale des be-auftragten Unternehmens rechtfertigten die Durchführung des Verhandlungsver-fahrens. Aus arzneifachlicher Sicht kön-ne den Bedarf an dem Medikament gera-de nur das beauftragte Unternehmen mit der geforderten Lieferfähigkeit decken. Als einzige Wettbewerber kämen demge-genüber Importeure in Betracht. Diese seien aber gerade nicht im Stande, diesel-be Leistung zu erbringen wie die Origi-nalherstellerin. Die Krankenkasse habe die konkrete Erfahrung gemacht, dass Importeure die zwingend zu verlangende und verlangte kontinuierliche Lieferver-pflichtung über die gesamte Vertragslauf-zeit scheuten bzw. sich nicht darauf ein-ließen. Den im Rahmen der Beschaf-fungsautonomie der Krankenkasse als öffentlicher Auftraggeberin festgelegten Bedarf, der auch nicht in einzelne Leis-tungspakete zerlegt werden könne, kön-ne i.S. des § 3 EG Abs. 4 lit. c) VOL/A nur ein pharmazeutischer Unternehmer, nämlich der Originalhersteller selbst, be-friedigen.Ein Importunternehmen hatte den Ver-tragsabschluss ohne vorherige Durchfüh-rung eines offenen Verfahrens gerügt. Auch patentgeschützte Arzneimittel dürf-ten nicht außerhalb eines vergaberechtli-chen Wettbewerbs vergeben werden, denn es sei durchaus ein Wettbewerb zwischen Herstellern und Importeuren möglich. Die Krankenkasse hatte es je-doch mit Hinweis auf ihren Beschaf-fungsbedarf abgelehnt, den Rügen abzu-helfen. Zu ihrem Beschaffungsbedarf gehöre auch die durchgängige Lieferfä-higkeit. Diese sei bei dem Importunter-nehmen nicht gewährleistet.Daraufhin hatte das Importunternehmen einen Nachprüfungsantrag bei der VK Bund gestellt.Die VK Bund hat dem Nachprüfungsan-trag stattgegeben. Die Ausnahmevoraus-setzungen für die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnah-mewettbewerb nach § 3 EG Abs. 4 lit. c) VOL/A lägen nicht vor. Unbestritten sei es zwar, dass das beauftrage Unterneh-men ein Patent auf dieses Medikament habe. Es sei auch völlig unstreitig, dass das Importunternehmen, das den Nach-prüfungsantrag gestellt hatte, das Pro-dukt der Originalherstellerin – eventuell unter deren ausländischer Markenbe-zeichnung – grundsätzlich in Deutsch-land in Verkehr bringe. Der Rechtsstreit hat sich ausschließlich um die Frage ge-dreht, ob die Mengen an Wirkstoff, wel-che die Importeure über ihre ausländi-schen Bezugsquellen bereitstellen kön-nen, für die Versorgung der Versicherten der Krankenkasse ausreichen können

und damit gewährleistet ist, dass der Rabattvertrag mangels Vorhandensein von Rabattvertragsprodukten nicht ins Leere läuft. Auf diese Fragestellung komme es indes überhaupt nicht an.

Die Bestimmung des § 3 EG Abs. 4 lit. c) VOL/A meine mit dem Tatbe-standsmerkmal „wenn der Auftrag nur von einem Unternehmen durch-geführt werden kann“ nämlich nur, ob es generell auch noch andere Un-ternehmen gibt, welche die Leistung grundsätzlich anbieten. Nicht dagegen komme es darauf an, ob diese anderen Unternehmen auch tatsächlich liefer-fähig seien. Diese Frage bleibe der Eignungsprüfung im Rahmen eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens vorbehalten.

Die Leistung, um die es in dem konkre-ten Fall gehe, betreffe die Belieferung mit einem Arzneimittel im Rahmen eines Rabattvertrages nach § 130 a SGB V. Nicht zum Beschaffungsbedarf gehört dagegen die kontinuierliche und umfas-sende Lieferfähigkeit. Zwar müsse die Lieferfähigkeit in Bezug auf die zu er-wartenden Mengen selbstverständlich in der Sache geprüft werden und gegeben sein, bevor der Auftrag erteilt werden könne. Bei der Lieferfähigkeit handele es sich aber nicht – wie die Krankenkasse meinte – um die Definition von Beschaf-fungsbedarf, sondern um ein klassisches Eignungskriterium, das beim Abschluss eines jeden Liefervertrages auf der Eig-nungsebene zu prüfen sei.

Wenn ein Unternehmen voraussichtlich nicht in der Lage ist, die nachgefragten Mengen zu liefern, so ist es nicht leis-tungsfähig i. S. von § 97 Abs. 4 S. 1 GWB und damit nicht geeignet. Aus ei-nem bieterbezogenen Eignungskriterium werde aber nicht deswegen ein Aspekt des Beschaffungsbedarfs, weil der Auf-traggeber das Eignungskriterium anders bezeichnet, um sich in der Folge auf die große Freiheit des Auftraggebers bei der Definition des Beschaffungsbedarfs be-rufen zu können und mit dem unter Ein-bezug eines Eignungsaspekts definierten Bedarf festzustellen, dass kein anderes Unternehmen in Lage sei, den so defi-nierten Bedarf zu decken. Die kontinu-ierliche Lieferfähigkeit bleibe Eignungs-aspekt, auch wenn der Auftraggeber sie als Beschaffungsbedarf deklariere.

„Markterkundung darf nicht auf vorweggenommene Eignungsprüfung hinauslaufen“Diese Überlegungen machten deutlich, welche Zielrichtung eine Markterkun-

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dung im Zusammenhang mit § 3 EG Abs. 4 lit. c) VOL/A nur haben könne, nämlich ausschließlich die Fragestellung, ob es auch andere Unternehmen gebe, die grundsätzlich in der Lage sind, die nachgefragte Leistung zu erbringen. Zur Bejahung dieser Frage hätte es jedoch in dem zum entscheidenden Fall keiner Markterkundung bedurft, da das Vorhan-densein von Wettbewerb durch den Im-port bekannt sei. Nicht dagegen dürfe die sog. „Markter-kundung“ auf eine vorweg genommene Eignungsprüfung hinauslaufen, da diese bei § 3 EG Abs. 4 lit. c) VOL/A nichts zu suchen habe.Abschließend hielt die Vergabekammer des Bundes fest, dass nachteilige Folgen für den Auftraggeber – die Krankenkasse – infolge eines offenen Verfahrens nicht erkennbar seien. Wenn die These der Krankenkasse zutreffe, dass das Import-unternehmen ohnehin nicht leistungsfä-hig genug sei, um eine zweijährige Lie-ferverpflichtung bezüglich eines Rabatt-vertrages für die Versicherten der Kran-kenkasse zu schultern, so werde sie sich nicht am Wettbewerb beteiligen. Der Auftraggeberin bleibe es im Übrigen un-benommen, Nachweise in Bezug auf die Lieferfähigkeit zu verlangen, die der von der Auftraggeberin zu Recht betonten Bedeutung der Rabattverträge entspre-chen, und Bieter, die diese Voraussetzun-gen nicht zu erfüllen in der Lage seien, mangels Eignung auszuschließen.Der Beschluss der VK Bund zu der Be-gründung des Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb ist richtig. Trotz des Patentschutzes für das Origi-nalpräparat gibt es andere Anbieter, näm-lich Re-Importeure, die im Ausland auf-kaufen, umetikettieren etc. Dass der Auf-traggeber nicht die (unterstellte) man-gelnde Leistungsfähigkeit von Re-Im-porteuren bei der Definition des Beschaf-fungsgegenstandes dergestalt einfließen lassen kann, dass er diesen auf den Her-steller des Originalpräparats begrenzt, wird von dem OLG Düsseldorf in der Beschwerdeinstanz wohl bestätigt wer-den (Hinweis: mündliche Verhandlung am 06.11.2013). Die Begründung, dass kein anderer Bieter in der geforderten Menge leistungsfähig sei, ist – wie die VK Bund in ihrer Entscheidung bestätigt hat – nicht ausreichend und zielführend.

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.08.2013 (1 VK 20/13, 21/13 und 22/13)Die Vergabekammer Baden-Württem-berg beim Regierungspräsidium Karlsru-

he hat einen vergleichbaren Sachverhalt in einem Nachprüfungsantrag desselben Importunternehmens anders entschieden: Im Beschluss vom 08.08.2013 hat die Vergabekammer die Nachprüfungsanträ-ge dieses Importunternehmens zurück-gewiesen (VK Baden-Württemberg, Be-schluss vom 08.08.2013 – 1 VK 20/13, 21/13 und 22/13).

Auch die VK Baden-Württemberg hat zwar entschieden, dass die Voraus-setzungen für ein Verhandlungsver-fahren ohne vorherigen Teilnahme-wettbewerb nach § 3 EG Abs. 4 lit. c) VOL/A nicht vorlagen und deshalb grundsätzlich ein offenes Verfahren hätte durchgeführt werden müssen. Die VK Baden-Württemberg hat den Nachprüfungsantrag des Importun-ternehmens aber letztlich deshalb zurückgewiesen, weil dieses ohnehin keine Chance auf die Zuschlagsertei-lung besitze.

Wenn sich Verfahrensfehler des öffentli-chen Auftraggebers im Ergebnis nicht nachteilig für den Antragssteller im Nachprüfungsverfahren auswirken, fehlt es an einer Rechtsverletzung. Dann ist ein Nachprüfungsantrag unbegründet. Die Krankenkasse habe dargelegt, dass die Importeure nicht in der Lage seien, eine Verpflichtung des Inhalts abzuge-ben, dass sie bereit sind, das Medikament jederzeit zu liefern. Es bestehe keine entsprechende Lieferfähigkeit. Weiterge-hend hat die Krankenkasse dargelegt, dass ihr Bedarf für ihre Versicherten durch Importeure nicht gedeckt werden könne. Angesichts dieser Argumente hät-te die Antragstellerin – so die VK Baden-Württemberg – aussagekräftig darstellen müssen, dass sie leistungsfähig ist. Statt-dessen sei die Antragstellerin jedoch in der mündlichen Verhandlung der allge-meinen Diskussion mit der Begründung ausgewichen, dass sie den Bedarf der Krankenkassen nicht kenne. Eine belastbare, substantiierte Erklärung, ein Konzept oder ein Nachweis, den Auftrag ganz oder wenigstens in Losen – sofern eine Losbildung überhaupt in Betracht kommt – ausführen zu können, sei das Importunternehmen auch in der mündlichen Verhandlung schuldig ge-blieben. Die Vergabekammer sei daher davon überzeugt, dass das Importunter-nehmen offenkundig nicht in der Lage sei, eine Lieferverpflichtung einzugehen. Sie hätte somit bei Durchführung eines offenen Verfahrens keine Chance auf Erteilung eines Zuschlags. Damit sei sie aufgrund des durchgeführten Verhand-lungsverfahrens ohne Teilnahmewettbe-

werb auch nicht in ihren Rechten i.S. des § 114 Abs. 1 S. 1 GWB verletzt und ihr Nachprüfungsantrag sei deshalb unbe-gründet.

Wie zuvor die VK Bund in der zitierten Entscheidung hat auch die VK Baden-Württemberg die Voraussetzungen des § 3 EG Abs. 4 lit. c) VOL/A im Hinblick auf einen anderen Wirkstoff bejaht. Die Krankenkasse hatte insoweit zugleich mit dem Arzneimittel ein Patientenbe-treuungsprogramm beauftragt, das nur von dem Originalhersteller erbracht wer-den konnte, wie die Vergabekammer feststellte. Denn nur der Originalherstel-ler könne auf interne Daten, Studien und Auswertungen zurückgreifen, um die Schulungen und Informationen von Ärz-ten und Pflegediensten durch den onko-logischen Außendienst erfolgreich durch-zuführen. Eine Trennung der Leistungen in die Lieferung und Rabattgewährung einerseits und die Betreuung anderseits sei nicht möglich. Das Patientenbetreu-ungsprogramm stehe vielmehr nur den MS-Patienten zur Verfügung, die mit dem Originalprodukt des beauftragten Unternehmens behandelt werden.

Fazit

Die in § 3 EG Abs. 4 Buchstabe c VOL/A und § 3 EG Abs. 5 Nr. 3 VOB/A bzw. § 3 Abs. 4 Buchst. a) VOF geregelten Aus-nahmen für ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb sind eng auszulegen. Die Beweislast für das Vor-liegen der Voraussetzungen der Ausnah-me liegt beim Auftraggeber. Hierauf kann nicht oft genug hingewiesen wer-den. Die bloße Behauptung à la „das kann kein anderer in der EU“ reicht nicht aus, um auf eine EU-weite Bekanntma-chung zu verzichten. Denn: Häufig wird dieses Ergebnis gerade erst durch ein offenes oder nichtoffenes Verfahren er-bracht. Der Auftraggeber muss sich also schon sehr sicher sein, dass es wirklich nur Einen gibt, der den Auftrag erfüllen kann. Diese Kenntnis muss das Ergebnis einer EU-weiten Markterkundung sein, die entsprechend in der Vergabeakte dokumentiert werden muss. Ob sich die zu weitgehende Auffassung durchsetzt, dass dabei – wie das OLG Karlsruhe und die VK Berlin annehmen – auch Anbieter berücksichtigt werden müssen, die das nachgefragte Produkt erst noch entwi-ckeln müssen, bleibt abzuwarten. Das gilt auch für die Frage, ob der zitierte Beschluss des OLG Düsseldorf eine Ein-zelfallentscheidung bleibt. Immerhin zeigt sie den öffentlichen Auftraggebern jedoch Wege zur Begründung der Aus-nahmetatbestände auf.

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Was geht noch in der Wertungspraxis?Spielräume der Vergabestelle bei der Berücksichtigung von Nebenangeboten

Rechtsanwalt Prof. Dr. Ralf Leinemann, Leinemann & Partner Rechtsanwälte, Berlin

Nebenangebote haben den Ruf, Probleme sowohl bei der Ausschreibung, wie auch bei der Wertung zu verur-sachen. Viele Vergabestellen verzichten deshalb ganz

auf die Zulassung von Nebenangeboten, die nach § 9 EG Abs. 5 VOL/A bzw. § 8 EG Abs. 2 Nr. 3 VOB/A in der Bekanntmachung ausdrücklich erwähnt sein muss. Ist hier nichts vermerkt, sind Nebenangebote grundsätzlich nicht zugelassen. Nebenangebote sind jedoch häufig ein sinnvolles Instrument, um vom Know-how der Bieter zu profitieren. Welche Spielräume die Vergabestelle bei der Wertung von Nebenangeboten (noch) besitzt, zeigt der nachfolgende Beitrag.

Die zwingende Vorgabe von MindestanforderungenSchon im Jahr 2003 hatte der Europäi-sche Gerichtshof (EuGH) in der bekann-ten „Traunfellner“-Entscheidung (EuGH, Urteil vom 16.10.2003, C-421/01) den Anstoß zu der dann von allen deutschen Oberlandesgerichten übernommenen Rechtsprechung gegeben, dass Nebenan-gebote nur dann – selbst bei förmlicher Zulassung – wertbar sind, wenn die Ver-gabeunterlagen Mindestanforderungen für die Wertung von Nebenangeboten enthalten. Diese Vorgabe ist inzwischen auch in § 9 EG Abs. 5 S. 2 VOL/A und § 8 EG Abs. 2 Nr. 3 b VOB/A aufgenom-men worden. Ungeklärt ist allerdings noch die Frage, in welcher Regelungstiefe solche Min-destanforderungen aufgestellt werden müssen. Wird der Auftraggeber gar ver-pflichtet sein, praktisch alle denkbaren Nebenangebote zu antizipieren, um an-hand dessen passgenaue Wertungsmaß-stäbe aufzustellen?Wer Mindestanforderungen für Neben-angebote niederlegt, kann nicht einfach vorgeben, dass sich diese „an den Ver-dingungsunterlagen bzw. den Allgemein Technischen Vertragsbedingungen“ ori-entieren müssten. Eine Orientierung al-lein am Leistungsverzeichnis ist als sachlich-technischer Orientierungsmaß-stab ungeeignet (Leinemann, Die Verga-be öffentlicher Aufträge, 5. Aufl.,

Rn. 1101), denn Sinn eines Nebenange-botes ist es gerade, eine vom Leistungs-verzeichnis abweichende Leistung vor-zuschlagen (BayObLG, NZBau 2006, 626, 627; OLG Koblenz, Beschluss vom 31.05.2006, 1 Verg 3/06).

Nach der Rechtsprechung sind Min-destbedingungen dann ausreichend festgelegt, wenn die Leistungsbe-schreibung auf konkret anzuwenden-de Richtlinien und Erlasse verweist, die sachlich-technische Anforde-rungen enthalten (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.01.2005, Verg 106/04; OLG München, Beschluss vom 10.12.2009, Verg 16/09).

Dies reicht jedenfalls dann aus, wenn es sich nicht um abstrakte, für die konkrete Ausgestaltung eines Nebenangebotes in-haltsleere Bestimmungen handelt, son-dern der Inhalt eines Nebenangebotes sich konkret an einer Norm oder einem Erlass (DIN-Normen, ZTV´s) beurteilen lässt (OLG München, Beschluss vom 10.12.2009, Verg 16/09).

Die Grundvorstellung hinter diesen Vor-gaben ist darin zu sehen, dass auch ein nicht mit den deutschen Gepflogenheiten vertrauter ausländischer Bieter in die Lage versetzt werden muss, ohne über-großen Rechercheaufwand festzustellen, ob ein von ihm beabsichtigtes Nebenan-gebot von der Vergabestelle voraussicht-

lich akzeptiert werden wird (Stichwort: Transparenz). Mindestanforderungen werden – ähnlich wie Eignungsnachweise – letztlich hin-sichtlich ihrer Erfüllung „abgehakt“, ohne dass ein Wertungsspielraum be-stünde. Ob ein Bieter mit dem die Min-destanforderungen einhaltenden Neben-angebot besser abschneidet als andere Angebote anderer Bieter, ist nicht am Maßstab der Einhaltung von Mindestan-forderungen zu entscheiden, sondern un-ter Anwendung der übrigen Wertungskri-terien.

Rügepflichten der Bieter bei fehlenden Mindestbedingungen Versäumt eine Vergabestelle, Mindestan-forderungen aufzustellen, obwohl sie nach der Bekanntmachung Nebenange-bote werten will, kann sich bei europa-weiten Vergaben die Frage aufwerfen, ob Bieter diesen Fehler rügen müssen. Nach § 107 Abs. 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ist nämlich ein Nachprüfungsantrag nur zu-lässig, wenn ein Bieter den angegriffenen Verfahrensverstoß rechtzeitig – also grundsätzlich unverzüglich – gerügt hat. Diese Fallkonstellation kann auftreten, wenn ein Bieter kein Nebenangebot un-terbreitet hat, die Vergabestelle aber nun ein Nebenangebot eines anderen Bieters werten will, obwohl keine Mindestbedin-gungen aufgestellt wurden. Hierzu hat das OLG Koblenz (Beschluss vom 31.05.2006, 1 Verg 3/06; vgl. dazu auch OLG Celle, Beschluss vom 11.02.2010, 13 Verg 16/09) – schon im Jahre 2006 – entschieden, dass ein Bie-ter, der selbst kein Nebenangebot abge-geben hat, nicht verpflichtet ist, spätes-tens bei Angebotsabgabe zu rügen, dass Mindestbedingungen fehlen, obwohl Ne-benangebote zugelassen sind. Bei einem Bieter hingegen, der selbst ein Nebenan-gebot abgegeben hat, dürfte dies wohl grundsätzlich anders zu beurteilen sein (OLG Jena, Beschluss vom 16.09.2013, 9 Verg 3/13; OLG Celle, Beschluss vom 11.02.2010, 13 Verg 16/09). Jedenfalls bei erfahrenen Bietern müsste sich herumgesprochen haben, dass zur Wertbarkeit von Nebenangeboten Min-destanforderungen in den Vergabeunter-lagen existieren müssen. Ist dies nicht der Fall, müsste dieser Bieter wohl den Rückschluss ziehen, dass eine Nebenan-gebotswertung unzulässig wäre. Größere Bauunternehmen haben sicher bessere vergaberechtliche Kenntnisse als (kleine-re) Lieferanten im Bereich der VOL/A, insbesondere dann, wenn es um nicht allzu große Lieferaufträge geht. Das OLG Jena, hat im Beschluss vom 16.09.2013 (9 Verg 3/13) zu einer Bau-

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vergabe etwa entschieden, dass ein Ver-gaberechtsverstoß dann erkennbar sei, wenn er sich durch bloßes Lesen der einschlägigen Normen und einen Ver-gleich mit den Vergabeunterlagen ohne Weiteres feststellen lasse. Im Bereich der VOL/A ist durch den re-lativ niedrigen Schwellenwert von 200.000,– € durchaus auch bei EU-wei-ten Ausschreibungen davon auszugehen, dass vergaberechtlich wenig erfahrene kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) am Wettbewerb teilnehmen, bei denen es häufig an Rechtskenntnissen im Vergaberecht fehlt. Hier wird erst eine anwaltliche Beratung zur Erkenntnis von Vergabeverstößen führen. Eine differen-zierende Betrachtung ist daher ange-zeigt.

Muss die „Gleichwertigkeit“ nach wie vor geprüft werden? Nach dem hergebrachten vergaberechtli-chen Verständnis können Nebenangebote nur dann bei der Wertung berücksichtigt werden, wenn sie zur ausgeschriebenen Lösung „gleichwertig“ sind. Stimmen in der Literatur und auch erste gerichtliche Entscheidungen weisen da-hingehende Tendenzen auf, dass Neben-angebote, die die vorgegebenen Mindest-bedingungen erfüllen, nicht noch einer Gleichwertigkeitsprüfung zu unterziehen sind (Frister, VergabeR 2011, 295; Dicks, VergabeR 2012, 318, 325 ff.; OLG Mün-chen, Beschluss vom 07.04.2011, Verg 5/11). Nach bisher überwiegender Auffassung wird die Gleichwertigkeitsprüfung von Nebenangeboten allgemein für notwen-dig gehalten, auch wenn sie in den verga-berechtlichen Normen nicht ausdrücklich vorgesehen ist (Kulartz/Marx/Portz/Prieß-Dittmann, VOL/A, 2. Aufl., § 16, Rn. 54; Leinemann, Die Vergabe öffent-licher Aufträge, 5. Aufl., Rn. 623; Leine-mann/Kirch-Kirch, VSVgV, § 16 VOB/A-VS, Rn. 96; OLG Brandenburg, Be-schluss vom 17.05.2011, Verg W 16/10; Beschluss vom 29.07.2008, Verg W 10/08; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.06.2012, 11 Verg 12/11). Das Problem liegt darin, dass die Erfül-lung der Mindestanforderungen kein Äquivalent zur Gleichwertigkeit ist. Es ist für die Praxis wenig erstrebenswert, wenn nur noch auf die Erfüllung von Mindestanforderungen abzustellen wäre. Eine Vergabestelle, die lediglich einige von ihr als besonders unerlässlich gehal-tene Anforderungen aufzählt, könne so zur Beauftragung eines „Abmagerungs-Nebenangebots“ gezwungen sein, wenn ein Bieter zwar die wenigen Mindestan-forderungen einhält, bei allen übrigen im LV enthaltenen Merkmalen der Leistung

jedoch kurzerhand die Qualität oder die Menge abmindert.

Würde beispielsweise ein Bauwerk mit einer etwas größeren Wandstärke ausge-schrieben, als es die DIN-Norm als Min-deststandard für erforderlich hält, stellt sich gerade die Frage, ob eine dünnere Wand, die zwar noch DIN-gerecht, aber dünner als ausgeschrieben ist, von der Vergabestelle akzeptiert werden muss, weil die DIN als Mindestanforderung eingehalten wird und lediglich die Vorga-ben des LV mit einer größeren Wandstär-ke unterschritten werden. Die Auffas-sung, dass ein Auftraggeber in Anbe-tracht solcher Ausschreibungstechnik gezwungen sein soll, auch die dünnere Wand zu beauftragen, weil sie noch im-mer die DIN als Mindestanforderung beachtet, obwohl doch der Auftraggeber eine dickere Wand ausgeschrieben hat, führt zu praktisch nicht akzeptablen Er-gebnissen (so aber Dicks, VergabeR 2012, 318, 327).

Die Auffassung, dass allein schon die Erfüllung der Mindestanforderung zur Wertbarkeit eines Nebenangebotes führt und eine Gleichwertigkeitsprü-fung zu unterbleiben hat, läuft dann ins Leere, wenn die Vergabeunterla-gen selbst eine Gleichwertigkeitsprü-fung vorschreiben.

Dann stellt sich nur noch die Frage, ob ein bloßer Hinweis auf eine abstrakte Gleichwertigkeit ausreicht oder ob nicht auch hier die Vergabestelle konkretere Hinweise geben muss – was wohl zu empfehlen ist.

So könnte bei Bauwerken beispielsweise darauf hingewiesen werden, dass die Di-mensionierung der einzelnen Bauteile erhalten bleiben muss, diese dieselben statischen Anforderungen erfüllen müs-sen, etc.

Keine Nebenangebote bei reiner Preiswertung?Ein aktuell stark in Bewegung befindli-ches Thema ist die ebenfalls vom OLG Düsseldorf begründete Rechtsprechung, dass Nebenangebote grundsätzlich nicht gewertet werden können, wenn der Preis das alleinige Zuschlagskriterium ist (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 07.01.2010, Verg 61/09; zuletzt bekräf-tigt durch Beschluss vom 02.12.2011, VII Verg 22/11; kritisch nun BGH, Be-schluss vom 23.01.2013, X ZB 8/11).

Das Gericht stützt seine Auffassung auf Art. 24 der Richtlinie 2004/18/EG (VKR) woraus sich ergebe, dass Nebenangebote nur dann zulässig seien, wenn das wirt-schaftlich günstigste Angebot zu beauf-

tragen ist, während bei der Zuschlagser-teilung des Billigstbieters die Richtlinie Nebenangebote offenbar nicht für zuläs-sig erachte. Im Kern geht es daher um die Frage, ob es sich bei den in Art. 53 Abs. 1 VKR genannten Zuschlagskriteri-en „wirtschaftlich günstigste Angebot“ oder „niedrigster Preis“ um Alternativen handelt oder das erstgenannte Kriterium den Oberbegriff bildet. Nimmt man – wie das OLG Düsseldorf – an, es hande-le sich um Alternativen, ergibt sich dann aus Art. 24 VKR, dass bei Varianten (also Nebenangeboten) der Zuschlag nur auf das wirtschaftlich günstigste Angebot er-folgen darf.

Seitdem haben sich mehrere Gerichte mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Zu-lassung und Wertung von Nebenangebo-ten in Betracht kommt, wenn Zuschlags-kriterium allein der niedrigste Preis ist. Der vom OLG Düsseldorf wiederholt vertretenen Ansicht ist vor allem das OLG Schleswig entgegengetreten (OLG Schleswig, Beschluss vom 15.04.2011, 1 Verg 10/10).

Dieses legt nicht nur Art. 24 Abs. 1 VKR anders als das OLG Düsseldorf aus, son-dern weist auch darauf hin, dass es im deutschen Vergaberecht maßgeblich auf das „wirtschaftlichste Angebot“ i.S.d. § 97 Abs. 5 GWB ankomme (ebenso Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rn. 609). Entscheidend sei somit das beste Preis-/Leistungsverhält-nis. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mittlerweile in einer Kostenent-scheidung kritisch zur Ansicht des OLG Düsseldorf geäußert (BGH, Beschluss vom 23.01.2013, X ZB 8/11).

Das OLG Jena hat im Beschluss vom 16.09.2013 (9 Verg 3/13) die Frage jüngst nach § 124 Abs. 2 GWB dem BGH zur Entscheidung vorgelegt, will aber dem OLG Düsseldorf folgen. Bald wird es daher wohl eine klärende Aussage geben. Möglicherweise wird der BGH aber sei-nerseits den EuGH um eine Vorabent-scheidung zur Frage bitten. Bis dahin kann öffentlichen Auftraggebern aus Gründen der Rechtssicherheit nur gera-ten werden, im Falle der Zulassung von Nebenangeboten neben dem Preis weite-re Zuschlagskriterien zu benennen.

99 % Preis, 1 % technischer Wert – keine reine Preiswertung mehr?

Wenig erfolgversprechend scheint aller-dings eine Linie, die das BMVBS im Bereich des Straßen- und Brückenbaus durch das Allgemeine Rundschreiben Straßenbau Nr. 07/2013 des BMVBS vom 07.05.2013. (ARS Nr. 07/2013) ein-geschlagen hat.

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Dort hofft man offenkundig, Nebenange-bote in Konformität zur Rechtsprechung des OLG Düsseldorf dadurch zulas-sungsfähig zu machen, dass man 99 % der Wichtung dem Preis und 1 % dem technischen Wert zumisst, der sich an einer Verkürzung der Vertragsfrist fest-macht (ARS 07/2013, S. 2/3). Mit einem solchen „Scheinkriterium“ von lediglich 1 % Wichtung wird man das OLG Düs-seldorf kaum überzeugen können, sodass vor dieser Methodik gewarnt werden muss (kritisch auch Büdenbender, Verga-beNavigator 2013, Heft 6, S. 24).

Wenn der Preis 99 % zählt, dürfte dies de facto wie eine reine Preiswertung anzu-sehen sein, auch wenn das BMVBS meint, auf diese Weise nicht mehr den Billigstbieter, sondern das wirtschaftlich günstigste Angebot im Sinne von Art. 24 VKR zu ermitteln.

Das 1 %-Kriterium ist als bloßer Um-gehungsversuch der OLG Rechtspre-chung zur Unzulässigkeit von Neben-angeboten bei reiner Preiswertung einzustufen.

Wer Nebenangebote rechtssicher werten will, sollte besser nur 90 %, maximal jedoch 95 % Wichtung dem Preis zumes-sen und die anderen Anteile mit sinnvol-len, anderen Kriterien hegen. Dann dürf-te auch im Zuständigkeitsbereich des OLG Düsseldorf eine Nebenangebots-wertung nicht mehr scheitern.

Mehrere Hauptangebote sind zulässigMan kann darüber spekulieren, ob die strikte Spruchpraxis des OLG Düsseldorf zur Zulässigkeit von Nebenangeboten oder andere Erwägungen die Ursache einer Entwicklung waren, die seit 2010 festzustellen ist: Nun sollen nämlich von einem Bieter auch mehrere Hauptange-bote abgegeben werden können (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2010, Verg 61/09, und Beschluss vom 01.10.2012, Verg 34/12, VergabeNews 2012, 144).In den entschiedenen Fällen hatten Bieter die eingeräumte Möglichkeit ergriffen, neben den ausgeschriebenen Fabrikaten als Alternative andere, gleichwertige Produkte anzubieten, was die Vergabeun-terlagen ermöglichten. Wegen der eben-falls vorgegebenen reinen Preiswertung hielt das OLG Nebenangebote nicht für zulässig, kam aber dennoch zu einer Bil-ligung des Angebots abweichender Fab-rikate, indem dieses nicht als Nebenan-gebot, sondern als weiteres Hauptange-bot gewertet wurden. Das OLG Düsseldorf scheint weiterge-hend dahin zu tendieren, grundsätzlich

mehrere Hauptangebote von Bietern zu-zulassen, jedenfalls dann, wenn dies in den Vergabeunterlagen nicht ausdrück-lich ausgeschlossen ist. Vorerst könnte seitens der Vergabestellen daran gedacht werden, für den Fall nicht zugelassener Nebenangebote diese zu einem weiteren Hauptangebot „umzudeklarieren“ und somit doch bei der Wertung zu berück-sichtigen.

FazitIn der Zusammenschau ist erkennbar, dass noch eine Menge Bewegung in der vergaberechtlichen Entwicklung zur Zu-lassung und Wertung von Nebenangebo-ten festzustellen ist. Jede Vergabestelle ist gut beraten, hier die aktuellen Tenden-zen der Rechtsprechung zu beobachten, gerade wenn man Nebenangebote zu er-halten wünscht.

Der Wechsel des Auftragnehmers Über die Pflicht zur Neuausschreibung

Rechtsanwalt Malte Müller-Wrede, Müller-Wrede und Partner Rechtsanwälte, Berlin

Wird ein laufender Vertrag über einen öffentlichen Auftrag wesentlich geändert, stellt dies grundsätzlich die Neuver -

gabe eines öffentlichen Auftrags dar. Der Wechsel bzw. die Ersetzung des Auftragnehmers ist eine solche wesentliche Vertragsänderung. Diese Grundsätze sind dem „pressetext“-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19.06.2008 (C-454/06) zu entnehmen. Sie bilden den Rahmen für den Umgang mit Änderungen in der Person des Auftragnehmers während der Laufzeit eines Vertrages. In der Praxis ist dieser Rahmen im Einzelfall anhand der Vorgaben des EuGH und verein-zelter Entscheidungen nationaler Nachprüfungsinstanzen auszufüllen.

Auftragnehmerwechsel als vergaberechtlich wesentliche VertragsänderungAusgangspunkt für die Bewertung eines Wechsels des Auftragnehmers ist folgen-de Regel: „Im Allgemeinen ist die Ersetzung des Vertragspartners, dem der öffentliche Auftraggeber den Auftrag ursprünglich erteilt hatte, durch einen neuen als Ände-rung einer wesentlichen Vertragsbestim-mung des betreffenden öffentlichen Dienstleistungsauftrags anzusehen, wenn sie nicht in den Bedingungen des ur-sprünglichen Auftrags (…) vorgesehen war.“ („pressetext“, Rn. 40)Diese Regel beruht entscheidend auf dem das Vergaberecht beherrschenden Wettbe-werbsgrundsatz (vgl. EuGH, Urteil vom 29.04.2004 – C-496/99 „CAS Succhi di Frutta“, Rn. 110; „pressetext“, Rn. 35 f.). Die notwendige Transparenz des Verga-beverfahrens und die Gleichbehandlung der Bieter können nur sichergestellt wer-den – und so eine Wettbewerbsverzer-

rung umgangen werden – wenn eine Vertragsänderung auch wieder in den Wettbewerb gegeben wird. Im Zuge der vergaberechtsfreien Auswechslung eines Auftragnehmers würde der neue Auftrag-nehmer jedoch gerade nicht im Wettbe-werb ermittelt, sondern von den Ver-tragsparteien autonom bestimmt.

Eine Auswechslung der Person des Auf-tragnehmers bewirkt zudem keine ledig-lich nebensächliche Vertragsänderung. Die Person des Vertragspartners ist viel-mehr unabdingbarer Bestandteil des ur-sprünglichen Angebotes (vgl. nur OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.08.2013 – VII-Verg 16/11). Zu der vorgestellten Regel bestehen – wie so häufig – auch hier Ausnahmen. In einem ersten Schritt ist daher zunächst zu prüfen, ob der zwischen Auftraggeber und bisherigen Auftragnehmer geschlos-sene Vertrag einen Auftragnehmerwech-sel vorsieht. Enthält der ursprünglich geschlossene Vertrag eine entsprechende Vertragsklausel, die eine spätere Anpas-sung vorsieht und erlaubt, bleibt für eine

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wesentliche Vertragsänderung kein Raum. Der Auftrag muss dann nicht er-neut ausgeschrieben werden.

Interne Neuorganisation und RechtsprechungsansätzeWurde eine entsprechende Vertragsan-passungsklausel im ursprünglichen Ver-trag nicht aufgenommen, ist für den kon-kreten Einzelfall zu untersuchen, ob die Veränderung auf Seiten des Auftragneh-mers eine wesentliche Vertragsänderung begründet. Tatsächlich lässt auch der EuGH von der durch ihn formulierten Regel Ausnahmen zu. Eine solche Aus-nahme kann der Fall der Übertragung des Auftrags auf eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des eigentlichen Auf-tragnehmers bilden: „Eine solche Vereinbarung stellt im We-sentlichen eine interne Neuorganisation des Vertragspartners dar, die die Ver-tragsbedingungen des ursprünglichen Auftrags nicht wesentlich ändert.“ („pressetext“, Rn. 45)In dem vom EuGH entschiedenen Fall behielt der ursprüngliche Auftragnehmer ein Weisungsrecht gegenüber dem neuen Vertragspartner. Darüber hinaus war si-chergestellt, dass der ursprüngliche Auf-tragnehmer neben seiner Tochtergesell-schaft gemeinsam haftet und etwaige Verluste ausgleicht. Die Entscheidung des EuGH hat auf na-tionaler Ebene die Vergabekammer (VK) Münster (VK Münster, Beschluss vom 26.06.2009 – VK 7/09) aufgegriffen. „Nach Zuschlagserteilung hat eine ge-sellschaftsrechtliche Umstrukturierung beim Vertragspartner des öffentlichen Auftraggebers nur noch insoweit eine wettbewerbliche Relevanz, als sie Be-schaffungsmaßnahmen der öffentlichen Hand unzulässig dem Wettbewerb ent-zieht (…). Das kann man sicher anneh-men, wenn der bisherige Vertragspartner ausgetauscht wird oder noch ein anderer Vertragspartner hinzukommt. Liegt hin-gegen eine interne Neuorganisation des (bisherigen) Vertragspartners vor, dann stellt dies keine wesentliche Änderung dar.“ (VK Münster, Beschluss vom 26.06.2009 – VK 7/09)Die VK Münster betonte, dass öffentli-che Aufträge nicht durch Umorganisati-on und gesellschaftsrechtliche Verände-rung beim Vertragspartner an andere nicht am Wettbewerb beteiligte Unter-nehmen weitergereicht werden dürfen. Die Verschmelzung zweier zuvor vor-handener Komplementäre einer beste-henden GmbH & Co. KG erachtete die VK Münster aber als zulässig, da im Zuge der Verschmelzung weder ein neu-er Vertragspartner hinzukam noch ausge-wechselt worden war.

Ungeachtet der Möglichkeit einer internen Übertragung des Auftrags auf eine Tochtergesellschaft hat-te sich der EuGH anlässlich seiner pressetext-Entscheidung auch mit den Auswirkungen einer veränderten Gesellschafterstruktur des ursprüngli-chen Auftragnehmers zu befassen (im konkreten Fall ging es um eine öster-reichische Genossenschaft).

Die Veränderung der Gesellschafter-struktur einer juristischen Person begrün-det keine Auswechslung des Vertrags-partners. Letzterer bleibt dem Auftragge-ber auch dann unverändert erhalten, wenn einzelne Gesellschafter der Auf-tragnehmerin während der Vertragslauf-zeit wechseln. Hieraus lässt sich für ju-ristische Personen schlussfolgern, dass ein späterer Wechsel der Anteilseigner keine wesentliche Vertragsänderung her-beiführt (so etwa Schlussantrag der Ge-neralanwältin Kokott vom 13.03.2008, C-454/06 „Pressetext“).

Leider zog der EuGH keinen derart kla-ren Schluss. Er unterschied nicht per se zwischen juristischen und natürlichen Personen, sondern stellte auf das Bei-spiel der börsennotierten Aktiengesell-schaft ab.

„Öffentliche Aufträge werden in der Re-gel an juristische Personen vergeben. Wurde eine juristische Person in Form einer börsennotierten Aktiengesellschaft gegründet, ergibt sich aus ihrem Wesen selbst, dass sich die Besitzverhältnisse jederzeit ändern können. Dies stellt die Gültigkeit der Vergabe eines öffentlichen Auftrags an eine solche Gesellschaft nicht in Frage. Etwas anderes könnte in Ausnahmefällen wie etwa bei Manipula-tion zur Umgehung vergaberechtli - cher Gemeinschaftsvorschriften gelten.“ („pressetext“, Rn. 51)

Auf nationaler Ebene hat seither – soweit ersichtlich – lediglich das Oberlandesge-richt (OLG) Naumburg in diesem Zu-sammenhang über den Gesellschafter-wechsel einer juristischen Person ent-schieden (vgl. Beschluss vom 29.04.2010 – 1 Verg 3/10). Das Gericht bewertete den Verkauf von Geschäftsanteilen an einer GmbH als grundsätzlich vergabe-rechtlich neutral.

„Es ist kein sachlich gerechtfertigter Grund ersichtlich, warum (…) zwischen dem Wechsel eines Anteilseigners an ei-ner börsennotierten Aktiengesellschaft einerseits und der Zusammensetzung von Personen und Kapitalgesellschaften an-dererseits differenziert werden sollte. Eine börsennotierte Aktiengesellschaft (…) [mag] zwar nach ihrer Gesellschaf-

terstruktur stärker auf eine Veränderung im Bestand der Gesellschafter angelegt sein (…). Die GmbH ist als Kapitalge-sellschaft aber gleichfalls körperschaft-lich organisiert und damit vom Mitglie-derbestand grundsätzlich unabhängig, ihre Geschäftsanteile sind frei veräußer-bar.“ (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 29.04.2010 – 1 Verg 3/10)

Ähnlich wie zuvor die Generalanwältin Kokott mit ihrem Schlussantrag betonte auch das OLG Naumburg, dass infolge der Veräußerung der Geschäftsanteile zwar die Gesellschafterstruktur verändert wird, der verpflichtete Vertragspartner jedoch erhalten bleibt. Entscheidend ist für das OLG Naumburg die rechtliche Möglichkeit einer Änderung der Gesell-schaftsanteile. Ob dieses Ergebnis der Intention des EuGH entspricht, die er mit der beispielhaften Nennung der börsen-notierten Aktiengesellschaft verfolgte, lässt sich aus der in Bezug genommenen Urteilspassage nicht mit letzter Sicher-heit ableiten. Immerhin hob der EuGH nicht die rechtliche Möglichkeit des An-teilswechsels, sondern das Wesen der börsennotierten Aktiengesellschaft her-vor, deren Besitzverhältnisse sich jeder-zeit ändern können. Eine vergleichbare Fluktuation der Anteilseigner ist für eine GmbH eher untypisch und im Unter-schied zur börsennotierten Aktiengesell-schaft sind Veränderungen der Gesell-schafterstruktur der GmbH stets publizi-tätspflichtig.

Trotz dieser Bedenken, bleibt für die Praxis die – bisher vereinzelt gebliebene – Entscheidung des OLG Naumburg zur Orientierung maßgebend. Sofern ein an-derer nationaler Vergabesenat von der Entscheidung des OLG Naumburg ab-weichen wollte, müsste er die Frage zu-vor dem Bundesgerichtshof vorlegen.

Veränderungen in der Person von Arbeitsgemeinschaften und SubunternehmernDie Vorgaben der vorstehenden Entschei-dungen sind grundsätzlich auch auf als juristische Person organisierte Arbeitsge-meinschaften übertragbar. Formal keine Frage des Auftragnehmer-wechsels, gleichwohl von praktischer Bedeutung sind die Fälle des nachträgli-chen Nachunternehmeraustauschs. Der-artige Wechsel in der Person des Subun-ternehmers sind grundsätzlich vergabe-rechtlich neutral, da sie die Identität des Auftragnehmers und seine Verantwor-tung für die Vertragserfüllung unberührt lassen.Im Fall eines nachträglichen Nachunter-nehmeraustauschs stellte der EuGH in seiner „Wall-AG“-Entscheidung jedoch

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einschränkend klar, dass ausnahmsweise nicht allein auf eine im Ursprungsvertrag angelegte Änderung abgestellt werden kann, wenn der ursprüngliche Nachun-ternehmer aufgrund besonderer Leis-tungsmerkmale ausschlaggebendes Ele-ment für den Vertragsabschluss war (vgl. EuGH, Urteil vom 13.04.2010 – C-91/08 „Wall-AG“; vgl. auch OLG Frankfurt/M., Urteil v. 29.01.2013 – 11 U 33/12).

Exkurs: Veränderungen in der Person des Bieters/Bewerbers vor ZuschlagserteilungIm Umgang mit gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen muss zwischen sol-chen vor und nach Zuschlagserteilung unterschieden werden (vgl. auch VK Münster, Beschluss vom 26.06.2009 – VK 7/09). Hier wurde schon der Umgang mit Um-strukturierungen des Auftragnehmers aufgezeigt, dem der Zuschlag bereits er-teilt worden ist. Für Wechsel in der Per-son des Bieters vor der Zuschlagsertei-lung gelten aufgrund des unmittelbaren Wettbewerbsbezugs ungleich strengere Anforderungen. So darf der Wechsel in der Person des Bieters nach Ablauf der Angebotsfrist grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt werden. Das Angebot des betroffenen Bieters ist in der Regel von der weiteren Wertung auszunehmen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.08.2011 – VII-Verg 16/11, Beschluss vom 25.05.2005 – VII-Verg 8/05). Dies folgt unmittelbar aus dem in den Verga-beordnungen für das offene und nichtof-fene Verfahren festgeschriebenen Nach-verhandlungsverbot (vgl. § 15 Abs. 3 VOB/A, § 15 EG Abs. 3 VOB/A, § 15 VOL/A, § 18 EG VOL/A). Besonderheiten bestehen lediglich bei Durchführung eines Verhandlungsver-fahrens, in dem mangels Nachverhand-lungsverbotes grundsätzlich die Gele-genheit besteht, auch Änderungen in der Person des Bieters, die noch während der Verhandlungsphase eintreten, transparent vorzunehmen (so OLG Düsseldorf, Be-schluss vom 03.08.2011 – VII Verg 16/11). Eine hinreichende Transparenz sah das OLG Düsseldorf im Fall der Verschmelzung einer GmbH als gegeben an; der betroffene Bieter hatte bereits mit seinem Teilnahmeantrag auf die bevor-stehende Umwandlung hingewiesen und im Rahmen der Verhandlung klargestellt, an alle Erklärungen des ursprünglichen Angebotes gebunden zu sein.

Fazit und Prüfungsschritte für die Praxis im Falle des AuftragnehmerwechselsZusammenfassend können für die Praxis aus den Vorgaben zur Bewertung der

Pflicht zur Neuvergabe öffentlicher Auf-träge allgemein drei Prüfungsschritte ab-geleitet werden:

In einem ersten Schritt ist zu prüfen, • ob der Wechsel des Auftragnehmers auf eine Anpassungsklausel des mit dem bisherigen Auftragnehmer ge-schlossenen Vertrag gestützt werden kann. Als Faustregel kann gelten, dass eine Änderung umso eher verga-berechtsfrei möglich ist, je genauer die Voraussetzungen und der Inhalt im ursprünglichen Vertrag festgelegt sind. Für neu zu schließende Verträge empfiehlt es sich, etwaige Fälle des Wechsels in der Person des Vertrags-partners vorab vertraglich zu regeln.

Ist eine Änderung auf Seiten des • Auftragnehmers im Ursprungsver-trag nicht vorgesehen, muss unter-sucht werden, ob diese wesentlich und somit wettbewerbsrelevant ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein neuer Vertragspartner hinzu-kommt, der zuvor nicht im Wettbe-werb ermittelt wurde.

Stellt sich die Vertragsänderung als • wesentlich heraus, verbleibt es in ei-nem letzten Schritt ergänzend noch zu prüfen, ob die Vertragsänderung von einem Ausnahmetatbestand der Vergabeordnungen umfasst ist und die Pflicht zur Neuausschreibung ausnahmsweise entfällt.

Der Regelfall ist also die öffentliche Ausschreibung als diejenige Vergabeart, die aufgrund des größtmöglichen Wett-bewerbs das für den Haushalt wirtschaft-lichste und sparsamste Ergebnis einer Beschaffung gewährleistet.

Betrachtet man die vergaberechtlichen Bestimmungen im engeren Sinne, findet man in der VOB/A neben den allgemei-nen Ausnahmetatbeständen für das Abse-hen von einer öffentlichen Ausschrei-bung Wertgrenzenregelungen: Danach kann eine beschränkte Ausschreibung (ohne vorangegangenen Teilnahmewett-bewerb) bis zu folgenden Netto-Auf-tragswerten der Bauleistung erfolgen (siehe § 3 Abs. 3 1. VOB/A):

50.000,– € für Ausbaugewerke (ohne • Energie- und Gebäudetechnik),

Kirchturmpolitik oder Konjunkturmotor?Gelockerte Vergaberegeln auf dem Prüfstand

Von Ltd. Städt. Rechtsdirektor Martin Krämer, Hürth

Wer hätte kein Verständnis für das Bestreben von Bürger-meistern und kommunalen Mandatsträgern, öffentliche (Bau-)Aufträge möglichst in der Region zu halten? Gerade

heimische Unternehmen sind es ja, die der Kommune Gewerbesteuern einbringen, Arbeitsplätze schaffen und erhalten, Ausbildungsstellen anbieten oder auch als Sponsoren für kommunale Veranstaltungen auftreten. Muss das Vergaberecht dieser kommunalen Wirtschaftsför-derung also Rechnung tragen mit möglichst hohen Wertgrenzen für beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben? Eine Kritik.

Rechtliche Rahmenbedingungen für die Vergabe öffentlicher AufträgeEin Blick in die für Gemeinden gelten-den haushaltsrechtlichen Vorgaben zeigt zunächst das Postulat der Wirtschaftlich-keit, Effizienz und Sparsamkeit (vgl. z.B. § 75 Abs. 1 Satz 2 der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung, GO NRW). Dieses Prinzip wiederum kon-kretisiert § 25 der nordrhein-westfäli-schen Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO NRW): hiernach muss der Vergabe von Aufträgen eine öffentliche Ausschreibung vorangehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine beschränkte Ausschrei-bung oder eine freihändige Vergabe rechtfertigen.

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Landschaftsbau und Straßenausstat-tung),150.000,– € für Tief-, Verkehrswege- • und Ingenieurbau, und100.000,– € für alle übrigen Gewer-• ke.Freihändige Vergaben können bis • zu einem Netto-Auftragswert von 10.000,– € erfolgen (s. § 3 Abs. 5, letzter Satz VOB/A).

Die VOL/A kennt derartige allgemeine Wertgrenzenbestimmungen nicht, sieht man einmal von der Möglichkeit des „Direktkaufs“ bis zu einem Netto-Auf-tragswert von 500,– € ab (s. § 3 Abs. 6 VOL/A).Darüber hinaus ist festzustellen, dass zumindest die VOB/A das ausdrückliche Verbot kennt, den Wettbewerb auf Unter-nehmen zu beschränken, die in bestimm-ten Regionen oder Orten ansässig sind (vgl. § 6 Abs. 1 1. VOB/A).Auf der Grundlage gemeindehausrechtli-cher Regelungen sind – landesrechtlich in Deutschland unterschiedlich – durch Regierungserlasse Bestimmungen für Kommunen geschaffen worden, die bis zu dort definierten Wertgrenzen be-schränkte Ausschreibungen und freihän-dige Vergaben ermöglichen.

Eine Zusammenstellung der aktuellen „Wertgrenzenerlasse“ nebst Fund-stellen im Bund und in den einzelnen Bundesländern findet sich bei der Ständigen Konferenz der Auftrags-beratungsstellen unter www.abst.de (Stand. 30.05.2013).

Dabei fällt zweierlei auf:Das Spektrum, bis zu dem beschränkte Ausschreibungen und freihändige Verga-ben ermöglicht werden, ist außerordent-lich breit: So werden beispielsweise für alle öffentlichen Auftraggeber des Lan-des Sachsen-Anhalt für Bauleistungen die Wertgrenzen der VOB/A übernom-men und für den Bereich der VOL/A beschränkte Ausschreibungen bis 50.000,– € und freihändige Vergaben bis 25.000,– € ermöglicht. In anderen Bun-desländern (z.B. Mecklenburg-Vorpom-mern, Brandenburg, Nordrhein-Westfa-len) gelten die hohen Grenzwerte der seinerzeitigen Erlasse zum Konjunktur-paket II noch heute, obgleich die Ge-schäftsgrundlage für Vergabeerleichte-rungen – wenn es sie denn überhaupt gegeben haben sollte – aus konjunkturel-len Gründen heute erkennbar weggefal-len ist. So werden z.B. in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Nord-rhein-Westfalen Bauleistungsvergaben bis 100.000,– € freihändig und 1.000.000,– € beschränkt, Vergaben im

Anwendungsbereich der VOL/A bis 100.000,– € (wahlweise freihändig oder beschränkt) ermöglicht.Innerhalb der Erlasse wird teilweise da-nach differenziert, um welchen öffentli-chen Auftraggeber es sich handelt. So normiert etwa Nordrhein-Westfalen für Auftraggeber des Landes in einem ge-sonderten Erlass für den Baubereich die Grenzwerte der VOB/A für beschränkte Ausschreibungen (mit Teilnahmewett-bewerb) und für den Bereich der VOL/A 15.000,– € für freihändige sowie 50.000,– € für Vergaben ohne und 100.000,– € mit voran gegangenem Teil-nahmewettbewerb.Dem gegenüber werden für Kommunen im Bereich der VOB/A freihändige Ver-gaben bis 100.000,– € und beschränkte Ausschreibungen bis 1.000.000,– € so-wie für den Bereich der VOL/A wahl-weise freihändige Vergaben und be-schränkte Ausschreibungen bis 100.000,– € ermöglicht (s. „Kommunale Vergabe-grundsätze“, Runderlass des Ministeri-ums für Inneres und Kommunales vom 06.12.2012 – 34-48.07.10/01-169/12).Ein Grund für eine derartige Differenzie-rung neben der heimischen Wirtschafts-förderung ist auf Anhieb kaum erkenn-bar, wie sich überhaupt z.B. der nord-rhein-westfälische Erlass in vorsichtigen Formulierungen verhält. So heißt es bei-spielsweise in Nr. 7 des Runderlasses:„… halte ich nachfolgende vereinfachte Möglichkeit zur Wahl der Vergabeart für vertretbar. Die (…) Grundsätze der Wirt-schaftlichkeit und Sparsamkeit (…) blei-ben dabei unberührt“.

Das bedeutet im Grunde nichts anderes als die Wiedergabe einer lediglich inter-pretatorischen Auffassung des Landes, die es bei der Letztverantwortlichkeit des kommunalen Vergabesachbearbeiters – übrigens auch in der Beurteilung einer möglichen Binnnenmarktrelevanz des konkreten Auftrags – belässt.Gestützt auf die Landeserlasslage haben viele Kommunen – wenn auch beileibe nicht alle – den ministeriellen Interpreta-tionsrahmen ausgeschöpft, gelegentlich freilich nicht aus haushalterischer und vergaberechtlicher Überzeugung, als viel-mehr unter kommunalpolitischem und Drängen regionaler Handwerkskammern.

Die Prüfergebnisse des Bundesrechnungshofes: Verteuerungen um bis zu 13 %Während schon früh Stimmen laut wur-den, die im Zusammenhang mit den vergaberechtlichen Lockerungen des „Konjunkturpaketes II“ Wettbewerbsein-schränkungen und Transparenzbeein-

trächtigungen befürchteten, denen – wenn überhaupt – nur wenige Vorteile gegenüber stünden, liegen bereits seit Anfang des Jahres 2012 die Dinge klar auf dem Tisch.Der Bundesrechnungshof hatte auf Bitte des Rechnungsprüfungsausschusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages die Auswirkungen der Ver-gaberechtserleichterungen aufgrund des Konjunkturpaketes II anhand von über 16.000 Vergabeverfahren des Bundes be-treffend Bau- und freiberufliche Leistun-gen breit angelegt untersucht, und zwar u. a. in der Frage, ob die nachgefragten Leistungen weiterhin zu wirtschaftlichen Preisen eingekauft wurden.

Das Ergebnis des Prüfberichts des Bundesrechnungshofs spricht eine eindeutige und deutliche Sprache: die durch die Vergabeerleichterungen begünstigten nicht öffentlichen Ver-gabearten führten im Durchschnitt zu Mehrausgaben von bis zu 13 %, die – konkret messbar – den Bundeshaus-halt mit Mehrausgaben belasteten, üb-rigens ohne Beschleunigungswirkung für investive Vorhaben, jedoch er-heblicher Einschränkung von Trans-parenz und Wettbewerb. Dies ist für jedermann nachzulesen im Bericht des Bundesrechnungshofes (BT-Drs. 17/8671 vom 09.02.2012).

Gut ein halbes Jahr zuvor war bereits ein nicht veröffentlichter Bericht des Bun-desrechnungshofes über die Auswirkun-gen der vergaberechtlichen Erleichterun-gen des Konjunkturpaketes II – bezogen auf den Liefer- und Dienstleistungsbe-reich der Bundesverwaltung – bekannt geworden. In dem Schreiben des Bun-desrechnungshofes an den Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages (Eingangsdatum: 24.08.2011) wird u.a. ausgeführt, dass „die Vergaberechtslockerungen zu Ein-schränkungen des Wettbewerbs und der Transparenz geführt haben, die in kei-nem Verhältnis zu ihren wenigen Vortei-len stehen“ – eine deutliche Aussage.

Bedeutung und Folgerungen für die VergabepraxisKein Vergabepraktiker, dem letztlich auch eine Haushaltsverantwortung zu-kommt, wird das veröffentlichte und all-gemein zugängliche Untersuchungser-gebnis des Bundesrechnungshofes igno-rieren können.Nutzt er die weiten Grenzwertregelungen für freihändige Vergaben und beschränk-te Ausschreibungen der dies noch ermög-

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lichenden Landeserlasse ohne Weiteres aus, verzichtet er also auf öffentliche Ausschreibungen, nimmt er Verteuerun-gen für seine Beschaffungsvorhaben zu-mindest billigend in Kauf.Sind Zuwendungsmaßnahmen betroffen, ist eine noch größere Vorsicht geboten. Müssen ohnehin die Nebenbestimmun-gen des Zuwendungsbescheides für die Vergabe öffentlicher Aufträge sorgfältig studiert werden (gelten die Vergabebe-stimmungen des Bundes oder des Lan-des?), würde eine globale Berufung auf die pauschalen Grenzwertregelungen der Landeserlasse nicht zwingend eine evtl. Rückforderungsdiskussion mit dem Zu-wendungsgeber schon im Keim ersti-cken, werden die Erlassregelungen selbst ja nach ihrem eigenen Wortlaut unter den Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeits-vorbehalt gestellt.Strafrechtlich besteht das Risiko der Ver-wirklichung des Straftatbestandes der Untreue gem. § 266 StGB (vgl. hierzu auch: Krämer: Strafbarkeitsrisiko Haus-haltsuntreue? Zu den strafrechtlichen Folgen einer unterlassenen Ausschrei-bung, in: VergabeNavigator 6/2012, 10 f.). Die Auftragsvergabe ist als Spezi-alfall der Verwendung öffentlicher Mittel als die Wahrnehmung vermögensrechtli-cher Aufgaben seitens der Vergabestelle zu werten, deren Verletzung als „Haus-haltsuntreue“ angesehen werden kann.

Wird die Möglichkeit einer wirt-schaftlich und finanziell vorteilhafte-ren Beschaffung durch Verzicht auf eine öffentliche Ausschreibung nicht genutzt, kann man mit guten Grün-den den Tatbestand des „Treubruchs“ als verwirklicht ansehen, wenn ohne Weiteres die hohen Grenzwertrege-lungen der betreffenden Landeserlas-se hierfür als genügende Begründung herangezogen werden.

Abgesehen davon, dass die Berufung auf einen Landeserlass ohnehin kaum geeig-net erscheint, von der eigenen Verant-wortung gegenüber dem kommunalen Haushalt, also der eigenen gemeindli-chen Vermögensbetreuungspflicht des Vergabesachbearbeiters, zu befreien, wäre ohnehin bei Würdigung der Prü-fungsergebnisse des Bundesrechnungs-hofes ein Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit festzustellen. Dies bedeutet im Grunde letztlich, dass die hohen pauschalen Wertgrenzen der betreffenden Landeser-lasse überhaupt keine Geltung mehr für sich in Anspruch nehmen können.Eines konkreten Schadensnachweises bedarf es letztlich ebenfalls nicht, da anerkanntermaßen bereits die konkrete

Gefährdung des öffentlichen Vermögens für die Annahme eines Vermögensnach-teils i.S.v. § 266 StGB ausreicht.Nicht unerwähnt bleiben soll schließlich, dass öffentliche Ausschreibungen die beste Gewähr für die Vermeidung von Manipulation und Korruption im öffent-lichen Auftragswesen bieten. Auch hier-zu sei auf den bereits zitierten Bericht des Bundesrechnungshofes vom 09.02.2012 verwiesen, in dem es zur In-anspruchnahme der „Vergabeerleichte-rungen“ durch die hohen Wertgrenzen und Verzicht auf öffentliche Ausschrei-bungen hierzu heißt: „Stattdessen muss-ten deutliche Nachteile beim Wettbe-werb, bei der Wirtschaftlichkeit sowie eine erhöhte Korruptions- und Manipula-tionsgefahr in Kauf genommen wer-den“.

Fazit und EmpfehlungenDie dargestellten Überlungen zeigen: es gibt mehr als gute Gründe, das grund-sätzliche Gebot der öffentlichen Aus-schreibung ernst zu nehmen, strikt zu beachten und die noch geltenden Landes-erlasse betreffend hoher Wertgrenzener-möglichungen für freihändige Vergaben und beschränkte Ausschreibungen ohne

vorherigen Teilnahmewettbewerb nicht als „Freibrief“ für kommunale Vergaber-egelwerke und den Vergabesachbearbei-ter zu verstehen. Um es noch einmal zu wiederholen: § 6 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A lautet: „Der Wettbewerb darf nicht auf Unternehmen beschränkt werden, die in bestimmten Regionen ansässig sind“.

Kirchturmpolitik und heimische Wirt-schaftsförderung soll es im Rahmen der Vergabe kommunaler (Bau-)Aufträge da-nach also nicht geben. Erst recht gilt dies, wenn es bei der pauschalen Inan-spruchnahme hoher Wertgrenzen nach Landeserlassen im Rahmen freihändiger Vergaben überhaupt keinen Wettbewerb mehr gibt.

Und schließlich bliebe – bei anderer Sichtweise – die Frage im Raum stehen: welchem sich auch um auswärtige Auf-träge bemühenden Unternehmen ist ei-gentlich damit wirklich gedient, wenn sich alle Kommunen – wie auch die „Heimatgemeinde“ – durch größtmögli-chen Verzicht auf öffentliche Ausschrei-bungen bei der Vergabe von Aufträgen vom Markt abzuschotten versuchten? Ein Bärendienst, wie ich meine, für die heimische Wirtschaftsförderung!

Ein Honorarmodell mit Zukunft Die HOAI 2013 trägt dem aktuellen Planungsgeschehen Rechnung

Rechtsanwalt Ronny Herholz, Geschäftsführer AHO – Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V.

In seiner 910. Sitzung hat der Bundesrat am 07.06.2013 der von der Bundesregierung vorgelegten Novellierung der

Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) mit einer denkbar knappen Mehrheit von nur einer Stimme zugestimmt und damit den Weg für die HOAI 2013 freigemacht. Die HOAI 2013 ist am 17.07.2013 in Kraft getreten. Der AHO, der die Novelle maßgeblich begleitet hat, skizziert im Folgenden die wesentlichen Ergebnisse und zeigt die zukünftigen Entwicklungen auf.

Mit der umfassenden Überarbeitung und Aktualisierung der Leistungsbilder sowie der Überprüfung der Honorarstruktur liegt nun eine moderne und zukunftsfähi-ge Honorarordnung vor, die mit einer Vielzahl von Neuerungen dem aktuellen

Planungsgeschehen umfassend Rech-nung trägt.

Intensiver Novellierungsprozess Die aktuelle Novellierung der HOAI muss im Kontext der Reform 2009 gese-

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28 Vergabe Navigator Sonderausgabe · 2013

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§ Bereich Gesamt (Mittelwert)

wirtschaftliche Anpassung

Leistungs-erhöhung

35 Objektplanung Gebäude 19,8 % 11,1 % 8,7 %

40 Objektplanung Freianlagen 23,7 % 14,6 % 9,1 %

44 Objektplanung Ingenieurbauwerke 17,9 % 11,4 % 6,5 %

48 Objektplanung Verkehrsanlagen 20,5 % 13,0 % 7,5 %

52 Tragwerksplanung 14,4 % 9,7 % 4,7 %

56 Technische Ausrüstung 14,9 % 9,3 % 5,6 %

hen werden. Diese war seinerzeit durch die Notwendigkeit der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG) vom 12.12.2006 im Wesentlichen europarechtlich geprägt. Im Ergebnis hatte der Verordnungsgeber den Anwen-dungsbereich der HOAI auf Büros mit Sitz im Inland und damit auf rein inner-staatliche Sachverhalte begrenzt („Inlän-der-HOAI“), um der Niederlassungsfrei-heit für Dienstleistungserbringer in der EU Rechnung zu tragen. Die notwendige Überarbeitung der Leis-tungsbilder ist 2009 nicht erfolgt. Folge-richtig hatte der Bundesrat mit der 6. No-velle der HOAI gleichzeitig die Moder-nisierung der Leistungsbilder, die Prü-fung Wiederaufnahme der unverbindli-chen Leistungen, der Örtlichen Bauüber-wachung für Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen sowie die Überprüfung der Honorarstruktur als Maßgaben für eine weitere Novellierung benannt. Für die Anpassung hat das Bundesminis-terium für Verkehr Bau- und Stadtent-wicklung (BMVBS) in Abstimmung mit dem federführenden Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) auf das Anwender- und Erfahrungswis-sen von Experten von Auftraggeberseite und Vertretern der Auftragnehmerseite (AHO, Bundesingenieurkammer und Bundesarchitektenkammer) zurückge-griffen.

Honorarsätze steigen im Durchschnitt um 17 %Auf der Grundlage des Abschlussberich-tes des BMVBS zur Evaluierung der Leistungsbilder vom 02.09.2011 wurde im Auftrag des BMWi eine gutachterli-che Überprüfung der Honorarstruktur durchgeführt. Aus dieser ergab sich ein den einzelnen Leistungsbildern spezifi-scher Honorarerhöhungsbedarf. Dabei wurden Kostenentwicklung, Rationali-sierungseffekte sowie der Mehr- oder Minderaufwand in den Planungsbüros durch die aktualisierten Leistungsbilder aber auch die Entwicklung der Technik und Normung sowie rechtliche Rahmen-bedingungen im Zeitraum von 1996 bis 2013 rechnerisch berücksichtigt.Die daraus für die HOAI 2013 resultie-rende Erhöhung der Honorarsätze von durchschnittlich 17 % bezogen auf die HOAI 2009 setzt sich aus einem Anteil der wirtschaftlichen Anpassung sowie einem Mehraufwand für Architekten und Ingenieure durch die Veränderung der Leistungsbilder zusammen. Bei den Flä-chenplanungen wurde ein weitergehen-der Erhöhungsbedarf bis zu 50 % festge-stellt, da in diesem Bereich die planungs-rechtlichen Anforderungen im Bau-,

Umwelt- und Naturschutzrecht beson-ders gestiegen sind. Die AHO-Fachkommissionen haben die-se Anteile differenziert untersucht und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass der Anteil der wirtschaftlichen Anpas-sung im Durchschnitt 10,2 % beträgt, während der Mehraufwand durch Verän-derung der Leistungsbilder etwa 6,8 % ausmacht.

Übergreifende Änderungen in der Objekt- und FachplanungFür eine leichtere Anwendbarkeit der Verordnung in der Praxis wurden die Leistungsbilder jeweils mit allen zugehö-rigen Regelungen (Besondere Leistun-gen, Objektlisten) konzentriert darge-stellt. In den Leistungsbildern der Ob-jekt- und Fachplanungen wurden Grund-leistungen und besondere Leistungen nebeneinander abgebildet.

Die Leistungsbilder wurden umfas-send aktualisiert und überarbeitet und pauschalierte Regelungen unter Berücksichtigung der spezifischen Randbedingungen in den Leistungs-bereichen den einzelnen Leistungsbil-dern zugeordnet.

Eine vom AHO erstellte Synopse HOAI 2009/HOAI 2013 unter farbiger Hervor-hebung der Änderungen kann unter www.aho.de abgerufen werden.Von der Grundlagenermittlung bis zur abgeschlossenen Entwurfsplanung (Leis-tungsphasen 1 bis 3) ist nun eine enge Abstimmung der Ergebnisse der Grund-lagenermittlung und der Planung mit dem Auftraggeber verordnet. Dement-sprechend wurde die Grundleistung „Zu-sammenstellen der Ergebnisse/Unterla-gen“ um eine Erläuterungs- und Doku-mentationspflicht der Planer („Zusam-menfassen, Erläutern und Dokumentie-ren der Ergebnisse“) ergänzt. Die in § 3 Abs. 8 HOAI 2009 enthaltene allgemeine Verpflichtung, das Ergebnis jeder Leistungsphase mit dem Auftragge-ber zu erörtern, wurde in der HOAI 2013 in den dafür in Frage kommenden Leis-tungsphasen verankert.

Auch die Leistungen der Leistungspha-se 9 wurden neu gefasst. Die bisher dort angesiedelte Dokumentationspflicht wur-de als natürlicher Abschluss der eigentli-chen Planungs- und Bautätigkeit in die Leistungsphase 8 verschoben. Da der Aufwand in Bezug auf die in der HOAI 2009 formulierte Grundleistung „Über-wachung der Beseitigung von Mängeln, die innerhalb der Verjährungsfristen auf-treten“ in den Einzelfällen derart unter-schiedlich und damit wenig geeignet war, mit einem pauschalen Prozentsatz vergü-tet zu werden, wurde diese Leistung jetzt als Besondere Leistung ausgewiesen.

Neu eingeführt wurde dafür die „Fachliche Bewertung der innerhalb der Verjährungsfristen festgestellten Mängel“, die den Auftraggeber bei der Beurteilung zur Durchsetzung seiner Ansprüche gegenüber Ausführenden oder Planern unterstützt. Damit soll gewährleistet werden, dass der beauf-tragte Architekt oder Ingenieur dem Bauherrn auch nach der Abschluss des Projekts zur Seite steht.

Die Objektlisten wurden aktualisiert, er-gänzt und neu – z.B. nach Gebäudetypen, Anlagengruppen und nicht wie bisher nach den Honorarzonen – sortiert. Diese Darstellungsform ermöglicht dem An-wender einen schnelleren Überblick und eine bessere Zuordnung der Bauwerke in die einzelnen Honorarzonen. Die Objekt-listen sind in Tabellen gefasst und die Zuordnung zu den Honorarzonen erfolgt über vorgegebene Kreuze. In Folge der Änderung der Leistungsbil-der wurden die Leistungsphasen prozen-tual neu gewichtet.

Kosten- und Terminsicherheit ge winnen an BedeutungDie Leistungsbilder wurden unter dem Aspekt der Kosten- und Terminsicherheit verdeutlicht und ergänzt. Das Erfordernis der planungsbegleitenden Terminplanung eines Objekts wurde in die Leistungsbil-der integriert. So wird nun bereits in Leistungsphase 2 das Aufstellen eines groben Terminplans genannt, der in den Leistungsphasen 3 und 5 mit zunehmen-

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B E I T R Ä G E

Daraus folgt, dass laufende Vergabever-fahren, die noch auf der Grundlage der HOAI 2009 gestartet sind, auf die HOAI 2013 „umgestellt“ werden müssen. Im Einzelfall bietet sich eine Nachverhand-lung mit den in Betracht kommenden Bietern unter Beachtung des Gleichbe-handlungsgrundsatzes an. Nach wie vor ist der Leistungswettbewerb und nicht der Preiswettbewerb maßgeblich.

Fazit und Ausblick: Nach der Reform ist vor der ReformBei all den positiven Entwicklungen ist mit großem Unverständnis zu konstatie-ren, dass die Leistungen für Umweltver-träglichkeitsstudien, Bauphysik, Geo-technik sowie Ingenieurvermessung er-neut in der unverbindlichen Anlage 1 der HOAI als sogenannte „Beratungsleistun-gen“ belassen wurden. Nicht nachvoll-ziehbar ist dies gerade vor dem Hinter-grund, dass auch auf Auftraggeberseite völlige Übereinstimmung besteht, dass es sich bei diesen Leistungen um originä-re Planungsleistungen handelt, die integ-raler Bestandteil eines interdisziplinären Gesamtplanungsprozesses sind, wie dies der AHO durch mehrere Gutachten nach-gewiesen hat. Diese Planungsleistungen setzen grundlegende öffentlich-rechtli-che Anforderungen um und tragen insbe-sondere in erheblichem Maße zur Umset-zung der energetischen Erfordernisse bei der Objektplanung bei. Gleiches gilt für die Örtliche Bauüber-wachung für Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen. Diese dient der Quali-tätssicherung des gesamten Projekts, da hier die Umsetzung der Planungsanfor-derungen sowie der bauordnungsrechtli-chen Vorgaben überwacht und sicherge-stellt wird. Der Bundesrat hat in seiner Entschließung vom 07.06.2013 (BR-Drs. 334/13 (B)) unmissverständlich betont, dass diese Fragen in der neuen Legisla-turperiode erneut intensiv geprüft wer-den müssen. Die Bundesregierung wurde gebeten innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der HOAI 2013 zu berich-ten.Somit lautet das Fazit: Nach der Reform ist vor der Reform. Die 7. Novelle stellt mit aktualisierten Leistungsbildern und überwiegend auskömmlichen Honorarta-bellen die Zukunftsfähigkeit der HOAI sicher. Gleichzeitig haben die Bundes-länder mit einer Reihe von Prüfungsauf-trägen für die nächste Legislaturperiode den Weg für weitere Novellierungsschrit-te geebnet. Wichtigster Punkt ist dabei die Rückführung der derzeit unverbindli-chen Planungsleistungen und der Örtli-chen Bauüberwachung für Ingenieurbau-werke und Verkehrsanlagen in den ver-bindlichen Teil der HOAI.

der Planungstiefe und Informationsdich-te fortzuschreiben und in Leistungspha-se 6 um einen Vergabeterminplan zu er-gänzen ist. Die Terminplanung wird dann in Leis-tungsphase 8 wieder aufgegriffen und um notwendige Aussagen für die Bau-stellenabwicklung ergänzt. Auch die Kostenplanung wird breiter an-gelegt. Neben der Kostenschätzung in Leistungsphase 2 und der weiterhin für die Honorarermittlung bestimmenden Kostenberechnung in Leistungsphase 3 wurde statt des bisher geforderten Kos-tenanschlags in Leistungsphase 6 ein „be-preistes Leistungsverzeichnis“ als neue Grundleistung eingeführt. Damit soll vor Versand der Ausschreibungen kontrolliert werden, ob die möglichen Vergabesum-men innerhalb des aus der Kostenberech-nung gesetzten Budgets liegen. In Leistungsphase 7 erfolgt schließlich der Vergleich der Ausschreibungsergeb-nisse mit den vom Planer bepreisten Leistungsverzeichnissen oder der Kos-tenberechnung.

Rolle rückwärts bei Leistungen im BestandIn Anwendung der HOAI 2009 hatte sich gezeigt, dass eine angemessene Honorie-rung des Planens und Bauens im Bestand durch den Umbauzuschlag alleine nicht erreicht werden kann, da Zuschläge über 40 % (nach § 35 HOAI 2009 waren bis zu 80 % möglich) in der Praxis nicht durchsetzbar waren.Mit § 4 Abs. 3 HOAI 2013 ist die vor-handene Bausubstanz wieder Teil der anrechenbaren Kosten, wodurch eine wesentliche Forderung für Ingenieure und Architekten dem Grunde nach erfüllt wurde. Die Vorschrift orientiert sich an § 10 Abs. 3a HOAI 1996.

Die Chance einer nachhaltigen Mo-dernisierung des zunehmend an Be-deutung gewinnenden Bereichs des Planens im Bestand wurde allerdings vertan.

Das im BMVBS-Abschlussbericht im Konsens zwischen Auftragnehmern und Auftraggebern formulierte Honorie-rungsmodell, das mittels der Vorgabe von zuverlässigen Parametern eine trans-parente einheitliche Regelung für alle Objekte/Fachplanungen mit dem Ziel er-möglicht hätte, einen praktikablen und deutlich weniger streitanfälligen Hono-rierungstatbestand zu schaffen, wurde nicht aufgegriffen.Der Begriff „mitzuverarbeitende Bau-substanz“ wird nunmehr erstmals in § 2 Abs. 7 HOAI 2013 als Teil des zu pla-

nenden Objekts, der bereits durch Bau-leistungen hergestellt ist und durch Pla-nungs- oder Überwachungsleistungen technisch oder gestalterisch mitverarbei-tet wird, erläutert. Die mitzuverarbeiten-de Bausubstanz ist nach § 4 Abs. 3 HOAI 2013 „angemessen“ zu berücksichtigen. Umfang und Wert der mitzuverarbeiten-den Bausubstanz sind objektbezogen zum Zeitpunkt der Kostenberechnung, sofern diese nicht vorliegt, zum Zeit-punkt der Kostenschätzung zu ermitteln und schriftlich zu vereinbaren. § 6 Abs. 2 Satz 3 HOAI 2013 bestimmt für Umbauten und Modernisierungen eine sogenannte unwiderlegliche Vermu-tung dahingehend, dass ein Zuschlag von 20 % ab einem durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad vereinbart ist, sofern keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde. Die Regelung gleicht sich damit wieder ihrer Vor-Vorgänger-Version an (§ 24 HOAI 1996).Als weitere Komponente leben die Zu-schlagsregelungen ebenfalls in Anleh-nung an die HOAI 1996 wieder auf. § 6 HOAI 2013 führt den Anspruch auf ei-nen Umbau- oder Modernisierungszu-schlag als Honorargrundlage ausdrück-lich an. Er verweist bezüglich der Höhe des Zuschlags auf die Teile 3 und 4 HOAI 2013 und legt dort folgende Ober-grenzen bei einem durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad fest: für Gebäude, Freianlagen, Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen bis 33 % und für Innen-räume, Tragwerksplanung und Techni-sche Ausrüstung bis 50 %.

Fälligkeit des Honorars hängt auch von der Abnahme ab § 15 HOAI 2013 stellt in Anlehnung an § 641 BGB klar, dass die Fälligkeit des Honorars neben der bisher schon erfor-derlichen Erbringung der Leistung und dem Überreichen der prüffähigen Schlussrechnung zusätzlich von der rechtsgeschäftlichen Abnahme der Ar-chitekten- oder Ingenieurleistungen ab-hängt, wenn nichts anderes schriftlich vereinbart wurde. Diese Neuerung hat allerdings nicht nur Auswirkungen auf die Fälligkeit des Ho-norars, sondern auch auf die Verjährung der Planungsleistungen, deren Lauf mit der Abnahme beginnt.

ÜbergangsregelungFür die Anwendung der HOAI 2013 ist gemäß § 57 auf den Zeitpunkt des Ver-tragsabschlusses und nicht auf den Zeit-punkt der Leistungserbringung abzustel-len. Der Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist auch dann maßgeblich, wenn diesem eine Ausschreibung vorangegangen ist.

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30 Vergabe Navigator Sonderausgabe · 2013

B E I T R Ä G E

Mit rund 240 Teilnehmern war der „Köl-ner Vergabetreff“ in diesem Jahr wieder eine der großen Veranstaltungen in der deutschen Vergabelandschaft. Aus dem ganzen Bundesgebiet kamen die Teilneh-merin die rheinische Metropole, um die fundierten, sehr praxisnahen Vorträge der Referenten für ein Wissensupdate im Bereich „Vergabe“ zu nutzen. So gab Norbert Portz in seinem Eingangsvortrag „Wie geht es weiter? Aktuelles aus dem Vergaberecht“ einen Überblick über das neue EU-Richtlinienpaket zum Vergabe-recht, das voraussichtlich Anfang 2014 in Kraft treten wird. Rechtsanwältin Kat-ja Gnittke erläuterte in ihrem Referat „Den Aufwand im Rahmen halten – Mehr Flexibilität durch Rahmenvereinbarun-gen“ Möglichkeiten und Grenzen von Rahmenverträgen. Prof. Dr. Christopher Zeiss gab in seinem Vortrag „Was Sie schon immer über Vergaben unterhalb

Impressionen des 2. Kölner Vergabetreffs

der Schwellenwerte wissen wollten“ zu Bedenken, dass unterhalb der Schwelle die Vergaben nur vermeintlich leichter erscheinen und ergänzte dabei seine Aus-führungen immer wieder um zahlreiche Hinweise und Praxistipps für das Ple-num. Ulrich Welter polarisierte in seinem spannenden Referat „Die freihändige Vergabe – Es entscheidet sowieso der Bauch“ das Publikum und gab Anlass für zahlreiche Wortmeldungen und Dis-kussionen. Die Rechtsanwälte Dr. Ange-la Dageförde und Oliver Hattig referier-ten über das Thema „Es kann nur einen geben? Ein besonderer Fall des Ver-handlungsverfahrens ohne Bekanntma-chung im Spiegel der aktuellen Recht-sprechung“. Zum Abschluss der Veran-staltung stellte Martin Krämer die Frage „Kirchturmpolitik oder Konjunkturmo-tor? Die heimische Wirtschaftsförderung auf dem Prüfstand“.

Alle Vorträge des Tages waren geprägt von ihrem starken Praxisbezug, so dass die Teilnehmer im Anschluss an die Re-ferate stets die Möglichkeit nutzen, über eigene Erfahrungen aus dem Vergabeall-tag zu berichten und individuelle Fragen zu Problemen, die sie aktuell beschäfti-gen, zu stellen. Der Erfahrungsaustausch fand aber nicht nur zwischen den Refe-renten und dem Publikum statt, sondern die Teilnehmer nutzen auch die anderen zahlreichen Möglichkeiten des Networ-kings. Vor allem die Vorabendveranstal-tung, eine geführte Brauhaus-Tour durch die Kölner Altstadt, bot eine sehr gute Gelegenheit, sich auf unkomplizierte Art Kennenzulernen und auszutauschen. Für Herbst 2014 ist der „3. Kölner Ver-gabetreff“ geplant – der Bundesanzeiger Verlag freut sich schon heute auf Ihr Kommen!

(Red.)

Mit rund 240 Teilnehmer wieder ein voller Erfolg: Der 2. Kölner Vergabetreff

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Vergabe Navigator Sonderausgabe · 2013 31

B E I T R Ä G E

Verlagsleitung und Referenten: Uwe Mähren, Dr. Angela Dageförde, Prof. Dr. Christopher Zeiss, Katja Gnittke, Martin Krämer, Oliver Hattig, Norbert Portz, Ulrich Welter

Vorabendprogramm: Gemütlicher Ausklang der BrauhaustourMartin Krämer

Oliver Hattig und Dr. Angela Dageförde Prof. Dr. Christopher Zeiss

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32 Vergabe Navigator Sonderausgabe · 2013

O N L I N E - P O R TA L E

DTVP Deutsches Vergabeportal GmbH

Konrad-Zuse-Str.1044801 Bochum

Tel.: +49 (0) 234 / 298796-0Fax: +49 (0) 234 / 298796-55

www.dtvp.de

Bei Fragen wenden Sie sich an:

[email protected] oder rufen Sie uns an unter:für VergabestellenTel.: +49 (0) 234 / 298796-46bzw. für Bieter Tel.: +49 (0) 221/ 97668-240

Firmenprofi l

Die DTVP Deutsches Vergabeportal GmbH ist ein Gemeinschaftsunternehmen des Bun-desanzeiger Verlags und der cosinex.

Das Portal bietet umfassende E-Vergabe-Funktionalitäten für Vergabestellen und unterstützt diese bei der elektronischen Durchführung von Vergabeverfahren. Unternehmen werden Funktionen geboten, sich an den über das Portal abgewickelten Vergabeverfahren vollelektronisch zu betei-ligen.

Neben einem breiten Funktionsumfang und offenen Schnittstellen liegen die Beson-derheiten des Portals zum einen in der intuitiven Benutzerführung, die insbe-sondere Vergabestellen ohne Einführungs-projekte oder Schulungen den raschen Einstieg in die elektronische Vergabe erlaubt. Zum anderen - in dem transparen-ten und vergaberechtskonformen Modell für die Nutzungsentgelte: geringe monatli-che Nutzungspauschale für Vergabestellen, Möglichkeit der kostenfreien Teilnahme an

E-Vergabeverfahren für Unternehmen und optionale Mehrwertdienste.Zur Realisierung und den weiteren Ausbau des Deutschen Vergabeportals haben sich mit dem Bundesanzeiger Verlag und der cosinex zwei starke Partner zusammenge-tan und bündeln ihre Expertise: Einer der führenden Fachverlage im Bereich Verga-berecht und amtlicher Publikationen sowie einer der führenden E-Vergabe-Technologie Anbieter in Deutschland.

Leistungsspektrum/Produktangebote/Referenzen

DTVP – Ihr verlässlicher PartnerOb als Vergabestelle oder Bieter, im Ver-gabeprozess müssen Sie diverse Rechts-vorschriften beachten und sich nach bestimmten Abläufen richten. Den dahinter stehenden Personal- und Zeitaufwand kön-nen Sie jetzt reduzieren!Das Deutsche Vergabeportal bietet Ihnen eine einfache und kostengünstige Lösung an, mit der Sie den gesamten Vergabepro-zess auf einer Plattform abwickeln können.Alle Grundfunktionen wie die Bekanntma-chung oder Recherche von Ausschreibun-gen sind 100% kostenlos!Viele Vergabestellen und Unternehmen in ganz Deutschland nutzen bereits erfolgreich diese Möglichkeit der Durchführung von Vergaben bzw. der Recherche nach neuen Aufträgen.

Ihre Vorteile:Keine Softwareinstallation notwendigDirekte und intuitive Nutzung – ohnezusätzlichen SchulungsaufwandKeine Transaktionskosten für Vergabe-stellen und BieterParalleles Arbeiten an einem Projekt mit mehreren Kollegen

Für Vergabestellen Machen Sie Ihre Bekanntmachung mit nur einem Klick Bietern auf nahezu allen Portalen zugänglich:Auf Wunsch werden Ihre Daten an alle relevanten Portale weitergeleitet!

Vergabestellen zahlen für die Durch-führung der kompletten E-Vergabe eine günstige monatliche Flatrate: für nur 49,– € im Monat, unabhängig von der Anzahl der Vergabeverfahren!Auch für Beschränkte & Freihändige Vergabeverfahren:Recherchieren Sie Unternehmen in der Bewerberdatenbank oder laden Sie bekannte Unternehmen direkt ein.

Für BieterAlle Grundfunktionen komplett kostenlos:Von der Ausschreibungs-Recherche bis zur kompletten Teilnahme an Vergabe-verfahren!Sie zahlen nur für optionale Komfort-funktionen, die Ihnen die Suche nach neuen Aufträgen noch einfacher machen!Zum Beispiel der individuell konfigurier-bare E-Mail-Benachrichtigungsdienst für neue Ausschreibungen, die Ihrem persönlichen Suchprofil entsprechen – für nur 19,– € im Monat!

Kunden und Referenzen (Auszug)Einige Vergabestellen, die DTVP bereits umfassender nutzen (E-Vergabe) sowie eine Auswahl aus den weit über 5.500 registrier-ten Unternehmen im Überblick:

Landkreis GießenGSI Helmholtzzentrum für Schwerionen-forschung GmbHNord-West Kavernengesellschaft mbH

Stadt RottweilVolkswohnung GmbHZukunftswerkstatt Düsseldorf GmbHIMST GmbHKlinikum der Stadt Ludwigshafen gGmbHStadt KoblenzVerbandsgemeinde RodalbenWohnbau Wörth am Rhein GmbHSiemens AGTelekom Deutschland GmbHu.v.m.

Weitere ausführliche Informationen und Anmeldung unter www.dtvp.de

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34 Vergabe Navigator Sonderausgabe · 2013

O N L I N E - P O R TA L E

Deutsche eVergabe

Wilhelmstraße 20-2265185 Wiesbaden

Tel: +49 (0) 611 / 949 106-0Fax: +49 (0) 611 / 949 106-99www.deutsche-evergabe.de

Ihr direkter Kontakt zu uns:

Daniel ZielkeReferent Marketing &Unternehmenskommunikation

Tel: +49 (0) 611 /949 106- 62E-Mail: [email protected]

Firmenprofil

Die Healy Hudson GmbH mit ihrer Marke „Deutsche eVergabe“ ist einer der führen-den Software- und Dienstleistungsanbieter im Bereich Ausschreibungen und der elekt-ronischen Vergabe. Ihre Expertise reicht bis in das Jahr 1999 zurück. Damit kann sich die Healy Hudson GmbH zu den Pionieren des elektronischen Beschaffungs-/ Verga-bewesens zählen. Viele Tausend ausschrei-bende und beschaffende Kunden vertrauen bereits auf Systeme von Healy Hudson. Mit

der Deutschen eVergabe bietet Healy Hud-son eine Fachanwendung, mit der ausschrei-bende Stellen und Bieter elektronische Ver-gaben komplett webbasiert abwickeln können. Die Deutsche eVergabe unterstützt den gesamten Ausschreibungsprozess: von der Vorbereitung über die Bekanntmachung, die Kommunikation mit Bietern bis hin zur Bewertung und Zuschlagserteilung. Dabei können die Vergabeunterlagen natürlich elektronisch zur Verfügung gestellt werden.

Die Vergabelösungen der Healy Hudson GmbH wurden in der Vergangenheit bereits mit zahlreichen Preisen, wie beispielsweise dem Good Practice Label der EU-Kommis-sion ausgezeichnet und dem Innovations-preis des Bundesverbandes Materialwirt-schaft, Einkauf und Logistik (BME) und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWI) versehen.

Leistungsspektrum/Produktangebote/Referenzen

LeitmotiveUnser Ziel ist es, das Ausschreibungswesen in Deutschland zu vereinfachen und zu ver-bessern. Unser Produkt erhöht langfristig die Effizienz wirtschaftlicher Abläufe und erleichtert somit den täglichen Vergabeall-tag.

Leistungsangebot/Leistungs- spektrumAusschreibungen suchen – Ausschreibungen finden!Mit der Marke „Deutsche eVergabe“ bie-tet Healy Hudson ein webbasiertes, stan-dardisiertes Bekanntmachungs- und Ver-gabeportal für regionale und bundesweite öffentliche Ausschreibungen an, das spezi-ell auf Auftraggeber und interessierte Bie-ter zugeschnitten ist. Elektronische Ver-gabe ist weit mehr als einfaches Publizieren von Bekanntmachungstexten auf Portalen. Die „Deutsche eVergabe“ bietet hierzu die Funktionalität, welche ein modernes Verga-bemanagementsystem erfordert gepaart mit der Möglichkeit, schnell und unkompliziert Bekanntmachungen zu publizieren.Übersichtliche Suchfunktionen stellen für die Interessenten eine hilfreiche Unterstüt-zung bei der Recherche nach Ausschreibun-gen dar.

Kein AboDamit die Forderung der Vergabe- und Ver-tragsordnungen nach größtmöglichem Wett-bewerb erfüllt werden, ist der vollständige

Bekanntmachungstext für Bieter komplett kostenfrei recherchierbar und es gibt keine Beschränkungen der Lesbarkeit. Kein Bie-ter muss ein etwa ein Abonnement abschlie-ßen, um von Ausschreibungen zu erfahren.

Referenzen Auszug:Freie und Hansestadt Hamburg, Region Ostwestfalen-Lippe, Finanzbehörde des Freistaates Bayern, Deutsche Bahn, Wirt-schaftsregion Freiburg, Einkaufsgemein-schaft Kommunaler Krankenhäuser, Stadt Rietberg, Landkreis Neustadt a.d. Wald-naab, Hansestadt Wismar, diverse katho-lische Kirchenstiftungen, Stadt Nürnberg, Stadt Solingen.

Keine Software installierenEinfach über den Webbrowser und ohne zusätzliche Installationen von Software kann das Portal sofort genutzt werden. Die Wahlmöglichkeit zwischen elektronischer Signatur und Mantelbogenverfahren ermög-licht jedem Bieter, ein Angebot abzugeben. Vergabestellen können nach der Registrie-rung schnell und einfach eine Bekanntma-chung erfassen und die Vergabeunterlagen für Bieter elektronisch in einem geschütz-ten Bereich zur Verfügung stellen. Kosten-intensive Vervielfältigung und manueller Versand der Unterlagen entfallen somit. Da der gesamte Vergabeprozess automatisch dokumentiert wird, entfallen auch hierdurch Arbeitsschritte für die Vergabestelle.

XVergabeUnser Ziel ist es, das Ausschreibungswe-sen in Deutschland zu vereinfachen und zu verbessern. Daher setzen wir uns nicht nur national, sondern gerade auch auf euorpä-ischer Ebene für die technische Standardi-sierung der eVergabe ein.

eVergabe wird PflichtDie neue EU-Vergaberichtlinie schreibt die verpflichtende Nutzung der eVergabe vor. Beschäftigen Sie sich daher rechtzeitig mit der eVergabe und starten Sie lieber heute als morgen!

Weitere Informationen, Leitfäden und Podcasts sind unter: http://deutsche-evergabe.de/training/einstieg abrufbar.

Sprechen Sie uns auch gerne an unter 0611 949 106 0 oder per E-Mail an [email protected].

Eine Marke der Healy Hudson GmbH

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Schweitzer Fachinformationen Goethe Buchhandlung Teubig GmbH

Willstätterstraße 15 40549 Düsseldorf

Telefon: +49 (0) 211 / 52704-176Internet: www.schweitzer-online.deFirmenprofil

Als Partner anspruchsvoller Kunden der rechts-, steuer- und wirtschafts-beratenden Berufe, von Unterneh-men, Verwaltungen und Bibliotheken übernehmen wir für Sie die Beschaf-fung Ihres gesamten Literatur-, Medien- und Informationsbedarfs. Seit dem Jahr 2005 gehört die Goe-the Buchhandlung zu Schweitzer Fachinformationen. Wir versorgen Experten schnell und bequem mit genau der Fachliteratur, die relevant für ihren Erfolg ist – gedruckt oder in Form von E-Medien.

Das Besondere: Als einer der füh-renden Anbieter für Fachinformati-onen verbinden wir fachliche Bera-tung mit durchdachten Lösungen und flexibler Logistik. Das macht Schweitzer zum starken Partner für Anwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sowie Unterneh-men, Behörden und Bibliotheken. In unseren Fachbuchhandlungen in 24 Städten empfehlen und beraten wir ganz persönlich und mit Zeit für individuelle Fragen.

Gleichzeitig bieten unser Web-shop und die Schweitzer App rund um die Uhr Zugriff auf über 18 Millionen nationale und internatio-nale Titel. Die Schweitzer Konzepte für E-Procurement, Intranet und Fulfillment erfüllen genau die Anfor-derungen von Einrichtungen und Bibliotheken an die Wissensbeschaf-fung: Für alle Fachmedien ist nur ein Beschaffungsprozess notwendig – abrufbar über ein einziges System.

Leistungsspektrum/Produktangebote/Referenzen

Unser Arbeitsstil:Leistungsfähig und kundenori-entiert bieten wir Ihnen alles aus einer Hand- maßgeschneidert für Ihre Bedürfnisse und Ihre betriebli-chen Anforderungen. So gewinnen Sie wertvolle Zeit, um sich auf Ihre Kernkompetenzen zu konzen-trieren. Bei uns steht Ihnen ein zentraler Ansprechpartner für alle Anliegen zur Verfügung.

Selbstverständlich können Sie sämtliche Kommunikations- und Bestellwege nutzen, sei es E-Mail, unser Onlineportal Schweitzer Connect, Telefon oder Fax. Auch Ihre betriebliche Einkaufs-plattform können wir via E-Procu-rement anbinden.

Als Spezialist im Bereich Fach-medien beraten wir Sie umfas-send und verlagsunabhängig. Wir schöpfen für Sie das gesamte Einsparpotenzial Ihres durch Beschaffungsbündelung, Reduk-tion der Bestellung und Bestands-optimierung aus. Durch die Möglichkeit der elektro-nischen, dezentralen Integration in Ihre Prozesse bleibt der positive Effekt über die Dauer der Zusam-menarbeit bestehen

Bücher + Monografien Beschaffung aller Bücher und Monografien weltweit Beschaffung von Forschungs-berichten DissertatIonen, Doku-mentationen, DIN-Normen etc. Beschaffung grauer Literatur und buchhandelsnaher Produkte

Ergänzungslieferungen: Beschaffung aller Loseblatt-sammlungen und Reihenwerke Portofreie Zustellung von Ergänzungslieferungen Austausch nicht mehr aktueller Loseblattwerke

Zentrale Abonnementsver-waltung Beschaffung aller Zeitschrif-tenabonnements weltweit Beschaffung von Einzelheften und kompletten Jahrgangs-bänden Rechtzeitige Aboerneuerung, auf Wunsch nach vorheriger AnfrageOnlinezugänge zu Zeitschriften

E-Procurement – Transparenz und Kos tenkontrolle:

Unser kostenfreies Webtool Schweitzer.Connect ermöglicht es Ihnen Einkaufsprozesse, Kosten-entwicklungen und Bestands-verwaltung online einzusehen und selber zu verwalten. Dies sorgt für kontrollierbare Beschaffungs-abläufe und Kostentransparenz: Bestellung, Kündigung, Adressma-nagement, Änderung von Kosten-stellen oder Umlaufverteilern.

Profitieren Sie durch: Personifizierte Anmeldung und Rechtediferenzierung Individuelle Anpassung an verschiedene Nutzer Zentrale und dezentrale Bestellmöglichkeiten Ständig aktualisierter Katalog mit über 18 Millionen TitelnDetaillierte Trefferlisten Anfragemöglichkeiten für nicht gelistete Artikel Individuelle Optionsfelder (z.B. für Kostenstellenabfragen)

Ihr direkter Kontakt zu uns:

Lisa GebauerKundenbetreuungTelefon: +49 (0) 211 / 52704-108Fax: +49 (0) 211 / 52704-466E-Mail: [email protected]

V E R L A G E

Vergabe Navigator Sonderausgabe · 2013 35

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Vergabe

Kostenlose Bestell-Hotline: 0 800 / 1234-339 (gebührenfrei aus dem deutschen Festnetz)

Fax: 0221/ 9 76 68-271 · in jeder Fachbuchhandlung

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Bau · Immobilien · Vergabe

Müller-Wrede (Hrsg.)

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gemeinnützig - neutral - interessenübergreifend Sie wollen sich über die aktuellen Entwicklungen des Vergaberechts auf dem Laufenden halten, sich fortbilden oder sich mit anderen Anwendern des Vergaberechts interessenübergreifend über Erfahrungen und Meinungen austauschen? forum vergabe e.V. macht Ihnen dies möglich und bietet – nicht nur seinen Mitgliedern – einen einmaligen Service! Was wird mir geboten? Ein Informationsfluss, der Sie vergaberechtlich stets auf dem neuesten Stand hält. Wie? Wir bieten tagaktuelle Informationen auf unserer Homepage mit Dokumenten und Arbeitsmaterialien aus Gesetzge-bung und Rechtsprechung, eine monatliche Informationsschrift, eine Online-Literaturrecherche und anderes mehr. Dem lebendigen Informations-, Meinungs- und Erfahrungsaustausch dienen unsere kostengünstigen Informationsveranstaltun-gen, unsere Gesprächskreise Bauvergaben und Vergaben im Sozialwesen sowie unsere Regionalgruppentreffen. Was macht den Service so besonders? Wir sind gemeinnützig und nicht gewinnorientiert tätig und arbeiten ohne staatliche Zuschüsse. Bei uns treffen Sie auf Experten aus allen Bereichen des Vergaberechts – Vertreter der Gesetzge-bung, Wissenschaftler, Auftraggeber und Auftragnehmer, Richter, Berater. Was ist noch wichtig für mich? Unseren Service können Sie unentgeltlich 3 Monate lang testen. Kontakt: [email protected]

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Für BieterAlle Grundfunktionen komplett kostenlos:Von der Ausschreibungs-Recherche bis zur kompletten Teilnahme an Vergabeverfahren!Sie zahlen nur für optionale Komfortfunktionen, die Ihnen die Suche nach neuen Aufträgen noch einfacher machen!Zum Beispiel der E-Mail-Benachrichtigungsdienst für neue Ausschreibungen, die Ihrem persönlichen

Für VergabestellenMachen Sie Ihre Bekanntmachung mit nur einem Klick Bietern auf nahezu allen Portalen zugänglich: Auf Wunsch werden Ihre Daten an alle relevanten Portale weitergeleitet!

Vergabestellen zahlen nur für die Durchführung der kompletten eVergabe eine günstige monatliche Flatrate: für nur 49,– € im Monat, unabhängig von der Anzahl der Vergabeverfahren!

Auch für Beschränkte & Freihändige Vergabe-verfahren: Recherchieren Sie Unternehmen in der Bewerberdatenbank oder laden Sie bekannte Unternehmen direkt ein.

Bei Fragen wenden Sie sich jederzeit an [email protected] oder rufen Sie uns an unter:Telefon (02 21) 9 76 68-240 (Bieter) bzw. (02 34) 29 87 96-46 (Vergabestellen)

Ihre Vorteile

Keine Softwareinstallation notwendig

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Keine Transaktionskosten für Vergabestellen und Bieter

Paralleles Arbeiten an einem Projekt mit mehreren Kollegen

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