das geheimnis • von velbert

20
DAS GEHEIMNIS VON VELBERT Prof. Dr. Klara-Marie Faßbinder, Bonn Schriftenreihe Nr. 1 WESTDEUTSCHE FRAUEN FRIEDENSBEWEGUNG

Upload: others

Post on 24-Nov-2021

7 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

D A S G E H E I M N I S

• V O N V E L B E R T

Prof. Dr. Klara-Marie Faßbinder, Bonn

Schriftenreihe Nr. 1

WESTDEUTSCHE FRAUEN FRIEDENSBEWEGUNG

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Page 2: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Page 3: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

D A S G E H E I M N I S

V O N V E L B E R T

Prof. Dr. Klara-Marie Faßbinder, Bonn

WESTDEUTSCHE FRAUEN FRIEDENSBEWEGUNG

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Page 4: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

Herausgeber: Westdeutsdie Frauenfriedensbewegung Verantwortlich: Prof, Dr. Klara-Marie Faßbinder, Bonn

Bestellungen und Zuschriften an: E l ly Steinmann, Wattenscheid, Postfach 42

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Page 5: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

1.

Wie es begann Lange genug hat es herumgegeistert, dieses Geheimnis, bald hier, bald dort auftauchend, Verwirrung stiftend. Die einen sahen in dem Frauenfriedenstag in Velbert etwas Großes, Unvergeßliches, die anderen sahen darin die finsterste Machenschaft, bei der man sich über eins ganz klar war: über die „Drahtzieher", aber nicht ganz darüber, ob die „Puppen", die an dem Draht tanzten, ganz nach dem Wunsch des Drahtziehers getanzt hatten und auch nidit darüber, inwieweit sie es freiwillig oder in ahnungsloser Unschuld getan hatten.

Diese armen Puppen erfuhren natürl idi audi von all diesem Geraune und Geflüster. Sie wollen jetzt den „Faden der Ariadne" vom Ende an aufrollen, bis sie aus al l den verschlungenen Wegen des Labyrinths heraus — bis — nun eben bis zu dem geheimnisvollen Urheber stoßen, der die Fäden in der Hand hielt.

Wir dürfen annehmen, daß sich viele für diese spannende Gesdiidite inter­essieren und wollen sie ihnen darum nicht vorenthalten. W i r wollen das Knäuel aufrollen — auf u n s e r e Weise aufrollen! So wie w i r , die Akteure von Velbert, es gesponnen haben,

November 1950 Sie sehen, es ist eine „uralte" Geschlditel

Von einer sehr beachtlichen Stelle war mir, der Unterzeichneten, die Idee nahegebracht worden, einen Aufruf zum Frieden an verschiedene Frauen­vereine zu leiten, u. a. an die „Wettbewegung der Mütter", deren deutsdies Mitglied im Internationalen Vorstand ich bin. Gesagt, getan! Der von unserer „Bundesstelle" gemeinsam verfaßte „Aufruf christlicher Frauen und Mütter" sollte den Wil len dieser Frauenkreise bekunden, sich öffentlich zur Sache des Friedens zu bekennen und zu warnen vor der Gefahr, in neuer Rüstung sein Heil zu versuchen, Die großen Frauenorganisationen stellten sich leider aus verschiedenen Gründen nicht dahinter. Daher wollten wir

1. diesen Aufruf von bekannten katholischen und evangelisdien Frauen namentlich unterzeichnen lassen,

2. einen Frauenfriedenstag veranstalten, der allen offen stehen, aber von uns getragen werden sollte.

3

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Page 6: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

Wir betonten „diristl idi", wei l wir fanden, es ginge nidit an, daß diristlidie Frauen im Gebet für den Frieden allein das Hei l erwarteten. Dieser Tag sollte nadi Weihnaditen, im Januar oder Februar 1951 sein. Das Protokollbudi der Bonner Bundesstello der „Weltbewegung der Mütter" hat dies im Dezember 1950 festgehalten.

Meine beruflidie Inansprudinahme ließ uns den Tag erst auf den M a r z 1951, dann auf A p r i l , nadi Ostern, versdiieben. Das genaue Datum wurde von dem Freisein eines geeigneten Saales abhängig gemadit. Audi diese Be-sprediungen liegen mit Tag und Stunde protokollarisdi fest.

Dann „platzte" die erste Bombe, wie man so sagt: Am 18. Marz war idi in Vertretung von Helene Wessel in Frankfurt auf einer Versammlung, aus der sidi später der „Deutsdie Kongreß" entwidtelte, Hier beging ich das unverzeihliche Verbrechen zu sagen: „Ich spreche hier als Frau und Christin, denn idi finde es unerträglich, daß in der Öffentlichkeit nur die Kommunisten vom Frieden reden. Damit wi l l ich aber keineswegs behaupten, daß eine kommunistisdie Mutter nicht ebenso von Herzen den Frieden wünschen kann, wie eine christliche, denn sie hat j a auch ihren Sohn hinzugeben."

Man kennt die schamlose Art, in der die „Mündiener Illustrierte" den gan­zen Kongreß mit Photos ä la Volksgerichtshof hitlerischen Angedenkens, mit entstellenden und lügnerischen Bemerkungen im Keime zu vernichten suchte. („Stürzt die Regierung!", „Agenten, Narren, Träumer" usw.) Aus meinen Worten madite sie: „Frau Prof. F . erklärte, es bestehe kein Gegen­satz zwischen den Friedensabsiditen des Kongresses und denen der Kom­munisten. D e r K r i e g l ö s e d i e P r o b l e m e n i c h t . Offenbar glaubt sie an den Friedenswillen der Volkspolizei Grotewohls."

Den gesperrten Satz hatte ich dem Inhalt nach auch gesagt, dagegen ver­gleiche man meine wirklichen Ausführungen mit den übrigen Worten der „Münchener Illustrierten"! Die ganze Berichterstattung ärger te mich, aber meine „Verunglimpfung" nahm ich ziemlich auf die leichte Schulter, bis ich zu meiner Bestürzung in meinem Arbeitskreis merkte, wie unglücklich ein Te i l meiner Mitarbeiterinnen darüber und über die ebenso unobjektive Berichterstattung der anderen lizensierten Presse war, Sie hielten es für unmöglidi, jetzt einen Frauenfriedenstag unter der Flagge der „Welt­bewegung der Mütter zu madien. Ich selbst war genau der entgegengesetzten Meinung: wir sollten das als Reklame benutzen. Ich drang nicht durch. Da keimte in mir der Gedanke, einen soldien Tag nur gestützt auf einige Frauen zu riskieren, die sich wie es in Paul Claudels von mir übersetztem Kreuzweg heißt, an das Wort halten: „Lehre uns, Veronika, der Menschenfurdit die Stirn zu bieten!"

4

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Page 7: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

Frau Maria D e k u , Frau Maria E h l e n , die Frau des bekannten „Siedlungs­vaters" Dr. Nikolaus Ehlen, die Vikar in Erica Küppers aus Frankfurt, einige von meinen evangelischen Mitarbeiterinnen in Bonn, gedachte ich zunächst zü gewinnen. Bei einer Rüdtsprache mit unserer damaligen ersten Vor­sitzenden, der Bundestagsabgeordneten Maria Dietz, stellte ich mit Freude fest, daß sie mir den gleidien Vorschlag machte. Diese Frauen stimmten mir zu. W i r dachten, a l l e mit uns zusammenarbeitenden Frauenorganisationen offiziell einzuladen, dazu alle weiblichen Abgeordneten, führenden Beamtin­nen in Bund und Ländern, Frau Heuß, die Frauen der Hohen Kommissare (soweit vorhanden), kurz eine „illustre" Gesellschaft. Der Besudi sollte aber audi allen anderen Frauen offen stehen. Gutes Programm, vorher ent­sprechende Gottesdienste mit Predigten für beide Konfessionen, künstlerische Umrahmung der guten Referate, als Sdiluß geraeinsames Singen des Liedes „O ew'ger Gott, wir bitten Dich, gib Frieden unsern Tagen", ein Lutherscher Text, etwas umgeändert , ein in katholisdien Kirchen sehr beliebtes Lied. Kurz, wer auch hinkommen würde — der Charakter des Tages sollte eindeutig sein! A l s solides Mittelstück der Referate eine Übersicht über die politische Lage durch Frau Wessel.

Ich habe vor mir noch einen Brief an die „Woman" in Hamburg liegen vom 14. Juni 1931: „Ich wi l l versuchen, ob wir nicht doch noch im Jul i einen kleinen Frauenfriedenstag zustande bringen." „Klein" im Gegensatz zu den vie l weitergespannten Frauenfriedenstagen, die Vilma Mönkeberg geplant hatte. Ausländer wären höchstens vereinzelt heranzuziehen, und ohne finanzielle Unterstützung wollten wir unser Hei l versuchen! Aber immer wieder war mein Mangel an Zeit der Hemmschuh, der es zu keiner Aktion kommen ließ.

Inzwischen war ich Pfingsten auf der Jahrestagung des „Versöhnungsbundes" in Wuppertal gewesen, die sein 1, Vorsitzender, Prof. Siegmund-Schultze, leitete und auf dem u. a. Frau Wessel, Pfarrer Wenzel, MdB., Professor Iwand-Göttingen sprachen, und ich unerwartet am Jugendabend an Stelle des verhinderten Viktor de Kowa eingesetzt wurde.

Unter den Teilnehmern war auch Henriette R ü h l e aus Opladen. Sie faßte damals, wie sie mir später erzählte, ebenfalls den Plan zu einem Frauen­friedenskongreß, aber sofort als Tag für alle organisierten und unorganisier­ten Frauen aller Schichten und Weltanschauungen, die sich in diesem e i n e n Ziel : Vermeidung des 3. Weltkrieges, träfen. Da sie beruflich nicht so gebunden war wie ich, nahm sie jede Gelegenheit wahr, mit allen mög­lichen Frauen zu sprechen: Tagung der Internationalen Kriegsdienstgegner in Braunschweig, eine Fahrt nach dem Süden usw. Sie schrieb an eben jenem

5

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Page 8: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

14. Juni , als ich an die Woman sdirieb, an Frau Deku, die durdi ihren Brief an Helene Weber weit bekannt geworden war. Sie sandte dann ein erstes Schreiben hinaus an eine gute Anzahl von Frauen, deren Adressen sie von dem oder jenem hatte, was sie zu dem Plan meinten? — Nicht nur be­geisterte Zustimmung, sondern auch Spenden, kleinere und größere Scheine von 50 Pfg. bis zu zweistelligen Zahlen, Briefmarken usw., kamen. So konnte sie ein zweites Rundschreiben mit Auszügen aus diesen Briefen in 700 Stück hinausschicken. Ich hatte inzwischen Gelegenheit, am 6. August, am „Welt­friedenstag", dem Gedächtnis von Hiroshima, im Kölner Rathaus zu sprechen. A n diesem Abend redete mich eine Anhänger in der Weltfriedensbewegung an, ob ich nicht einmal einen Friedenstag nur für Frauen einberufen könnte? Ich antwortete, das sei lange geplant, aber am Mangel an Zeit bisher gescheitert. Es würde ein ausgesprochen christlicher Tag sein, aber ein­laden würden wir allgemein, nur die Gestaltung des Tages müsse in unseren Händen sein! Zeitpunkt? Vielleicht Mitte September, wenn die Schulen wieder angefangen hät ten und ich von England zurück sei, ich war für Anfang September dorthin zu einem religiösen Friedenskongreß eingeladen.

Als mich aber wieder neue Arbeit überfiel, und ich jener Dame schon schrieb, es würde aus meinem Plan nichts, erreichte mich jenes zweite Rund­schreiben von F r l . Rühle mit Auszügen aus den ersten Antworten. Begei­sterte Zustimmung meinerseits! Angebot zu sprechen. Hinweis auf Frau Deku und Frau Ehlen usw. Ich würde versuchen, die Zusagen von evange­lischen Frauen einzuholen.

Erste Besprechung in Düsseldorf, Frau Ehlen und Deku anwesend. Ich nicht, auch nicht bei der nächsten Sitzung in Velbert, da ich wegen einer deutsch­französischen Besprechung in Dortmund verhindert war. Am folgenden Tag trägt mir F r l . Rühle auf einstimmigen Beschluß des „vorläufigen Arbeits­ausschusses" die „Präsidentschaft" des geplanten Frauenfriedenstages an. Ich schlage Frau Maria Ehlen vor, einmal weil man sich aus praktischen Gründen auf Velbert als Tagungsort geeinigt hat (großer Saal mit 790 Plätzen für 80 DM, billige Verpflegungsmöglichkeit, gute örtliche Verhält­nisse, eine interessierte Arbeiterschaft). Noch mehr: Frau Ehlen ist Frau und Mutter von acht Kindern. Man würde sie nicht so leicht verdächtigen wie „unsereinen"! Sie ruft mich an dem Tag an, daß wir am 14. Oktober bis 19.45 Uhr den Saal haben könnten, aber nicht mehr an einem anderen Tag im Oktober. Ich sage zu und verspreche, am Sonntag, dem 23. September, anläßlich einer Friedenswallfahrt der katholischen Frauen zur Frauen­friedenskirche in Frankfurt dort noch zwei prominente Frauen zur Unter­zeichnung des Einladungsaufrufs zu gewinnen. Mein Plan war, nur g a n z wenige, ganz bekannte Frauen unterzeichnen zu lassen. Es sind nachher

6

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Page 9: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

viele Namen unter den Aufruf der Einladung gekommen, damit möglichst viele Gegenden Deutschlands und möglichst viele Schichten vertreten waren. Die Auswahl geschah z . T . auf Grund der eingegangenen Briefe, z . T . auf Empfehlungen der ersten Mitarbeiterinnen. Darunter waren e i n i g e w e n i g e Mitglieder der KPD und des DFD. In der ersten Woche kamen 250 Meldungen, am Donnerstag vor dem 14. waren es rund 400, so daß wir beschlossen. Tische stellen zu lassen, auf die wir dann aber Gott sei Dank verzichtet haben, denn fast 1000 Frauen füllten dicht gedrängt die Stuhl­reihen. Frau Ehlen hatte sich leider einer Kur unterziehen müssen, die sie zu ihrem größten Leidwesen in Trier festhielt, Dr. Nikolaus Ehlen übernahm ihr Referat „Frieden als Voraussetzung sozialer Wohlfahrt", aber Maria Ehlen fehlte doch sehr an dem Tag als diejenige, die eröffnete und beschloß. Durch eine Eigenwilligkeit des Druckers — ein bürgerlicher bekannter Verlag übernahm es umsonst, wollte aber in Ahnung des womöglich Kom­menden nicht, daß er genannt wurde —• wurde der Name von Frau Gerda Weber dicker als der aller Referentinnen gedruckt, obgleich von vorne-herein nur geplant war, daß sie das Schlußwort bei dem Programmpunkt „Meinungsbei träge" sprechen sollte. Zu diesem Punkt äußerten sich Ver­treterinnen der verschiedenen Frauengruppen, Jugend, Arbeiterin, Bäuerin, Flüchtlingsfrau, die Mutter eines in Rußland Gefangenen, eines Gefallenen, der bekennenden und orthodoxen Kirchen u. a., wie auch eine Vertreterin der bei uns lebenden ostdeutschen Frauen, der am unmittelbarsten an der Vereinigung Deutschlands gelegen war,

Hät ten wir geahnt, was dies und die blaue Farbe des uns gestifteten Kar­tons für die Eintrittskarten anrichten, welchen Verdruß uns der Umstand bereiten würde, daß sich der Arbeitsausschuß bei einer Sitzung, an der id i nicht teilnehmen konnte, auf „freiwillige Spenden" am Tage selbst, statt auf einen aufgedruckten Unkostenbeitrag einigte, nachdem durch vor­hergehende persönlich eingeholte Spenden schon einiges zusammen­gekommen war, — wir hät ten uns mit schäbigstem Abziehpapier begnügt! Denn es geht ja aus dem Gesagten hervor, daß die eigentlichen Unkosten des Tages gar nicht so besonders hoch waren. Wir haben alle folgenden Landesfrauenfriedenstage so finanziert und sind immer rund gekommen. In Velbert wäre es natürlich auch gegangen.

Ich betone: die e i g e n t l i c h e n Kongreßkosten waren verhäl tnismäßig gering. Wenn ein Verein oder sonst ein Kreis von interessierten Menschen s e i n e n M i t g l i e d e r n einen Autobus stiftete, um nach Velbert zu fahren, wenn die Linkskreise sich freuten, daß endlich einmal auch andere Kreise von der Notwendigkeit überzeugt wurden, gegen die Wiederaufrüstung und für die baldige Wiedervereinigung Deutschlands öffentlich zu sprechen,

7

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Page 10: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

wenn sie auch noch andere dazu einluden, damit ihr Bus vol l würde (der j a den gleichen Preis kostet, ob er halb leer oder vol l ist), dann ist das nichts, was den Kongreß a l s s o l c h e n angeht. Hier hat die Stadtverwaltung in Frankfurt/Main das richtige Wort gesprochen, als sie am 13. Januar dem hessischen Frauenfriedenstag die P a u l s k i r c h e gegen Erstattung der Unkosten überließ mit der Erklärung:

„ U n s i n t e r e s s i e r t , w e r e i n l ä d t u n d w e r d i e R e f e r a t e h ä l t . W e r k o m m t , i s t u n s g l e i c h g ü l t i g . "

Das ist die Regel, die sonst überall gilt, Oder würden wir, wenn in irgend eine politische Versammlung die Gegner der Veranstalter Scharen dorthin schickten (meinetwegen um die Versammlung zu sprengen), behaupten, das sei d e r e n Versammlung? Was aber behauptet man von unserem Tag?

Um diese finanzielle Seite noch etwas mehr zu beleuchten: das Haus Ehlen stand uns jederzeit kostenlos zur Verfügung. W i r haben zu vieren dort übernachtet und zu noch vie l mehreren dort am Vortag und am Abend des Tags gegessen und auch das Telefon dort benutzt. Jede Referentin hat nicht nur ohne Honorar gesprochen, sondern alle Fahrten zu den Besprechungen und zu dem Tag selbst bezahlt, ja, noch für andere Teilnehmerinnen die Kosten übernommen.

W i r haben an dem Tag in Velbert eine Sammlung gemacht, die bei den rund 960 Frauen über 1400 DM eingebracht hat (abgesehen voii dem Erlös von Flugblät tern und Broschüren). K e i n Plakat ist gedruckt worden, k e i n e Anzeige aufgegeben. Kurz: selten ist so billig gearbeitet worden.

Und der Tag selbst? Da ich so maßgeblich daran beteiligt war, habe ich fast Scheu, davon zu sprechen: Ein Madrigalchor leitete ihn ein mit dem ursprünglich als Schluß gedachten lutherischen Friedenschoral. Ich eröffnete mit einer kurzen Erklärung, was wir mit dem Tag wollten: sehen, ob wir den Geist des Gebetes für den Frieden, das Stehen unter Gott in dieser Frage auf Leben und Tod vereinigen könnten mit der nüchternen Betracli-tung der politischen Wirklichkeit, und ob wir dann zu Entschließungen kämen, was wir gemeinsam und was jeder für sich tun könne und müsse. Diese Entschließung, das V e l b e r t e r M a n i f e s t , ist am Vorabend gemeinsam von F r l . Rühle, Frau Carla Marcour (KDF) und mir zusammen­gestellt und Dr. Ehlen zur Begutachtung vorgelegt worden. Die Vorschläge für die anderen Entschließungen wegen der Kriegsgefangenen an die vier Besatzungsmächte an die Außenminister, bzw. den russischen Höchst­kommandierenden in Ostberlin, an den Bundestag, an die UNO wogen der koreanischen Kinder, sind erst am Tage selbst geplant, von der Versamm-

8

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Page 11: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

lung im Inhalt gutgeheißen und uns zur Formulierung über t ragen worden. Eine sehr wichtige Feststellung, wie man gleich sehen wird. —

Zurück zum Verlauf des Tages. Es folgte meinen Worten das Referat von Henriette Rühle, das uns damals etwas scharf in den Formulierungen vorkam, aber nicht schärfer ist, als etwa der Vortrag von Dr. Heinemann bei der Gründung der Notgemein­schaft, Nur ihre Auffassung, daß die Bonner Regierung und ihr Chef auf den Krieg hinarbeiteten, konnte ich, was den Bundeskanzler selbst betrifft, aus genauer Kenntnis nachher berichtigen.

Referat von Maria Deku; „Unsere verfassungsmäßigen Rechte im Kampf für den Frieden", Als Mitarbeiterin bei der Bayrischen Landesverfassung war sie für diese juristischen Fragen besonders befähigt, hat zudem noch einen bekannt tüchtigen Juristen zum Manne und ist vol l sprühenden Tem­peraments! Dr, Ehlen sprach, in weitem Bogen ausholend, von der Gott­ebenbildlichkeit des Menschen und was daraus an Pflichten und Rechten folge. Es war schade, daß wir ihm im Drang der Zeit nicht mehr Raum lassen konnten, alles so ausführlich zu begründen, wie es dieses Thema verlangt hät te . Inzwischen hatte ich noch die angenehme Aufgabe, einige Wort des Dankes zu sagen an den Bürgermeister (CDU), der uns so gastlich bei sich aufge­nommen hatte (wir wissen heute erst ganz diese Gastlichkeit zu schätzen!), an den evangelischen Pastor, der im Morgengottesdienst eine klare, zu Herzen gehende Friedenspredigt gehalten hatte, so daß nachher eine Kommunistin zu ihrer Nachbarin sagte; „Wenn ich solche Predigten immer hörte, ginge ich wieder zur Kirche." Die Ansprache des Bürgermeisters war kurz, aber zu Herz und Verstand gehend. Er nannte Velbert „Heiliges Land", weil hier der erste große deutsche Frauenfriedenstag stattfindet. Nach der kurzen Mittagspause, in der es Erbsen mit Wurst gab, folgte mein eigenes Referat über „Erziehung zum Frieden", in gewissem Sinne aus dem Rahmen fallend, da es j a nicht für die Stunde, sondern für eine lange Zeit des Menschenlebens bestimmt war. Aber es hat anscheinend den An­wesenden doch etwas gegeben. Daß bei den aktuellen Fragen der beiden ersten Referate der Beifall lauter, leidenschaftlicher war, ist selbstverständ­lich. Auch, daß bei den „Meinungsbeiträgen", die von vielen als eine Diskussion aufgefaßt worden waren, in der jeder seine Meinung äußern und Vorschläge madien solle, die Wogen manchmal etwas hoch gingen, besonders weil wir bei dem reichen Programm und der Kürze der uns noch zur Verfügung stehenden Zeit uns auf die festgesetzten Beiträge beschränken mußten, ist verständlich. Aber im allgemeinen war die Disziplin — ohne Präsidentenglocke und Präsidentenglöcklein! — zu bewundern. (Frau Mar-

9

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Page 12: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

cour hatte den Nadimittag eingeleitet.) Es kam in diesen kurzen Beiträgen im Gegensatz zu den trotz aller Gegenwar tsnähe doch in der Struktur abstrakten Ausführungen das unmittelbare Erleben der einzelnen Frau in oft packender, oft tief ergreifender Weise zum Ausdruck und rührte unmittelbar an die Herzen der anwesenden Frauen. Wievie l eigenes Schicksal wurde bei den Hörenden lebendig!

Nach dem Verlesen des Manifestes faßte Gerda Weber die Eindrücke dahin zusammen, daß dieser Tag gezeigt habe, wie sich Frauen der verschiedensten Haltung und Lebensstellung in diesem e i n e n Ziel, dem Frieden zu dienen, zusammenfinden könnten und daß alle diesen Geist mit hinausnehmen und ihn weitertragen sollten.

Wir hatten schon am Abend vorher in unserm kleinen Kreis überlegt, was nun weiter gesechehen solle, welche Anregungen wir mit auf den Weg geben wollten. Ich weiß nicht mehr, wer von uns sagte, wir wollten noch nichts festlegen. Wenn alles gut ginge, wenn wir spürten, daß wir die Frauen „gepackt" hät ten im Herzen und Verstand, wollten wir sie auf­fordern, sie möchten in ihre Länder zurückgehen und dort zusehen, ob sie ähnliche Tage gestalten könnten.

So taten wir, und man spürte, hörte und sah, wie die Frauen mit einigen Ausnahmen diese Anregung aufgenommen haben in Entschlossenheit. Dann wurde alles in eine letzte Stille geführt in dem F r i e d e n s g e b e t d e s H l . F r a n z v o n A s s i s i , das Pastor Beckers, Düsseldorf, selbst eine asketische Gestalt, nicht unähnlich diesem Heiligen, in ein lautloses Schwei­gen hineinsprach.

Dieses Schweigen hielt noch die Hinausgehenden umfangen, als sie in einer knappen Viertelstunde den großen Saal geräumt hatten.

J a und? — fragen Sie. Wieso — Ja und ?

W o b l e i b t d a s G e h e i m n i s v o n V e l b e r t ? Davon wollten Sie doch reden! Ach, verzeihen Sie. Ich war im Geiste in Velbert und sah diese Gesichter vor mir, noch vor einigen Augenblicken vielleicht aufgewühlt und erregt und nun ganz in Frieden getaucht. Ich dachte daran, wie uns „Verant­wortlichen" zumute war, als ob wir ein Samenkorn gesät hätten, aus dem vielleicht die zarte Pflanze Frieden wirklich aufkeimen würde . Nicht nur das N e i n zur Aufrüstung, sondern ein J a zum echten Frieden der Herzen, der auch die Gewaltigen und Großen schließlich erfassen würde!

Ja, liebe Leser — und das war alles eine Täuschung! —•, w i r hatten die guten Gedanken gar nicht gehabt! W i r hatten nicht aus unseren Herzen, aus

10

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Page 13: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

unserm Verstand (und idi darf wohl sagen, aus einem immer erneuten Beten, daß Gott uns den rediten Weg weise!) gesprodien und gehandelt, sondern der Antreiber, der eigentlidie Leiter war die S E D ! Nidit wahr, da staunen Sie? Ich staunte zuerst auch. Aber ich habe es jetzt endlich Schwarz auf Weiß! In einer „öffentlichen Warnung" an die Teilnehmerinnen des Münchener Frauenfriedenstages am 3. Februar 1952 steht es gedruckt zu lesen. Welch ein Glück, daß ich dort war! Welch ein Kummer, daß ich dort ansdieinend wieder nicht aus meinem Herzen gesprochen, sondern nur „ein tönendes Erz" war, durch das ein anderer hindurchgesprochen hat! In dem Blatt steht nämlich klar und deutlich, daß wir nur „ferngesteuert" sind. E n d e S e p t e m b e r 1951 (also gut zwei Wochen vor dem Velberter Tag), beschloß die SED, daß sie ihre Friedensaktion in Westdeutschland „nur noch durch Frauen- und Neutralistenkreise beteiben wolle", die natürlich nichts davon wissen durften!

Aber ich wi l l lieber nicht ironisch werden, es könnte mißvers tanden werden und dadurch die Verwirrung noch größer machen.

Darum in ganz schlichten Worten: es ist nicht möglich, daß ein Entschluß, der Ende September 1951 in der Ostzone gefaßt wurde, irgend einen Einfluß auf die Einberufung, Gestaltung und Finanzierung eines Kongresses haben konnte, dessen Ursprünge bis in den D e z e m b e r 1 9 5 0 zurückreichen und dessen Finanzicrungsplan A n f a n g S e p t e m b e r völlig klar vorlag. Größere und kleinere westdeutsche Spenden haben uns geholfen, denn selbst­verständlich haben wir nichts ins Blaue hinein unternommen — aber ich kann mich nicht erinnern, daß es bei derartigen Veranstaltungen üblich ist, von den Besuchern Ausweise zu verlangen, wie sie ihre Reise bezahlt haben und ihren Aufenthalt zu bezahlen gedächten! Wir verweisen auf die oben e rwähnte diesbezügliche Entscheidung der Stadt Frankfurt. Bisher hat nodi niemand beanstandet, daß Männer und Frauen von den Vereinigten Staaten eingeladen und ihre Reisen von dort finanziert wurden.

Wir müssen auch den Vorwurf ablehnen, daß wir nachträglich durch einen Einfluß, der von dieser Seite gekommen wäre, die Aufforderung zu weiteren regionalen Frauenfriedenstagen gegeben hätten. Wie wir oben sagten, ist dieser Gedanke im k l e i n e n Kreise von Personen gefaßt worden, die keinerlei Beziehungen zur SED haben. Daß später der erste Adventssonntag für alle Länder gleichmäßig vorgeschlagen wurde, geschah aus dem Ge­danken heraus, man wolle noch vor Weihnaditen diese Kundgebungen veranstalten, da dieser Zeitpunkt psychologisch besonders geeignet sei. Ich

11

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Page 14: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

selbst war damals in Jugoslawien, sonst hät te ich gleich auf die Schwierig­keit aufmerksam gemacht, daß der Termin zu kurz sei, und daß wir nicht so viel Rednerinnen hätten, um die Tage wirklich gut zu beschicken. Die Praxis hat ergeben, daß auch sonst noch Hinderungsgründe vorliegen konnten, z. B, Abende mit der Notgemeinschaft für den Frieden Europas (zu deren eingeschriebenem kleinen Mitgliederkreise ich gehöre), Mangel an ge­eigneten Räumen usw. Das Ergebnis war, daß ein ganz kleiner Tei l der Länder am 2. Dezember, einige am 9, und der Rest, darunter die großen Tage von Frankfurt und München, erst im Januar und Februar waren, j a daß sie fortgesetzt wurden bis in den März hinein und darüber hinaus.

Wir müssen es also rundweg ablehnen, wenn eine ministerielle Stelle über andere Organe hinweg ( l e i d e r auch über Frauenorganisationen!) die Behauptung verbreitete, es sei die Parole irgend einer ostzonalen Stelle, zwischen 2. und 14. Dezember solche Tage zu veranstalten, befolgt worden. Es müßte denn sein, daß jene ostzonale Stelle über unsichtbare Strahlen verfügte, die Menschen in der Deutschen Bundesrepublik ohne deren Wissen beeinflußt. In diesem Falle wären wir arm dran! Wir hier im Westen!

Wir wollen also nicht mehr auf diese Dinge eingehen, die sich bei einer ruhigen Betrachtung von selbst erledigen. Wir wollen daran festhalten, daß der Tag von Velbert dem freien Entschluß westdeutscher Frauen ent­sprang und durch sie durchgeführt worden ist.

12

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Page 15: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

Wie ging es weiter - Und was soll werden Kennen Sie das Spiel der Kinder mit dem Blütenstand des Löwenzahns? Sie nehmen den Stengel mit dem federzarten Bällchen in die Hand und blasen, Dann fliegen die Fäden mit den Samenkörnern in alle Winde und wohin sie kommen und wo sie Nährboden finden, sdilagen sie Wurzeln und auf einmal ist ein neues Pflänzchen da!

So ähnlich ging es mit der Aufforderung des Velberter Tages, in die Heimat zurückzugehen und zu versuchen, dort Ahnliches zu tun. Jeder von den Haupt­beteiligten erklär te sich gerne bereit, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Aus Tübingen kam die erste Anfrage, dann aus München, aus Frankfurt, aus den nordischen Städten. Bald war der Kreis der Länder geschlossen. Nicht immer in der Hauptstadt, nicht immer in der größten Stadt bildete sich ein Ausschuß. Der Anstoß ging aus von einer der „Velberter Frauen". Sie hatten, jede in ihrem Kreis, davon erzählt . Eine schrieb mir, sie habe es erst am Dienstag gekonnt, da sie von einer solchen Ergriffenheit gewesen sei, wie sie sich es nicht hät te t räumen lassen. Das war aus dem Hessischen.

Aus Niedersachsen schrieb eine junge Frau, sie habe die ganze Nacht mit ihrem Mann gesprochen, daß sie sich dieser Arbeit widmen m ü s s e , bis er endlich eingewilligt habe, — Bei einigen hät te man beim ersten Anblick wohl sagen mögen, daß sie den Stoff in sich trügen, „begeistert" zu werden (Thyrsosschwinger, wie der griechische Philosoph Piaton es ausgedrückt hätte). Bei andern hät te man ganz im Gegenteil gedacht, sie seien eher hausbacken und würden sich nach dem unerwarteten Aufschwung von Velbert gern wieder zur Ruhe setzen. Aber nein, auch in solchen war etwas aufgebrochen, das sich nicht mehr dämmen ließ.

Und der Dämpfer kamen bald viele! — Sorglos und vol l Stolz hatte man auf dem Velberter Tag bekannt gegeben, wie die Zusammensetzung des Kreises war. Daß unter rund 900 Frauen 4? Kommunistinnen waren, bedeutete j a an sich nicht viel . Aber da von den andern Parteien nicht viele eingeschrie­bene Mitglieder sich in die Listen eingetragen hatten — dafür umso mehr Mitglieder kirchlicher Vereine: allein 127 vom Kath. Frauenbund, 94 vom evangelischen, 200 von Pax Christis usw. — so war es den Feindseligen leicht, aus dem Tag eine „kommunistische Tarnorganisation" zu machen. Es war umso leichter, als einige der Mitarbeiterinnen in Versammlungen für Volksbefragung einen gewissen Stil für Massenversammlungen kennen gelernt hatten, der ihnen für die äußere Saalgestaltung als Modell diente.

13

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Page 16: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

Inzwisdien haben sich einige interessante Dinge in dieser Beziehung ereignet: Einmal haben wir unseren eigenen Stil gefunden. — Zweitens: Viele Gerichte haben das Verbot der Volksbefragung als unzulässig erklärt , es sei gegen das Grundgesetz. Endlich haben Befragungen, die Mr. McCloy veranstaltet hat, zu ähnlichen Ergebnissen geführt: Nur 16 Vo der Befragten waren — und auch nur unter Bedingungen — für eine Aufrüstung, 84 "/o dagegen. — (Oder sollte Mr. McCloy auch unter die Kommunisten geraten sein?) — Also, mit einem Wort: wir waren alle Kommunisten!!! Am schlimm­sten war dies bei den katholischen Frauen, denn die bekamen gleich gesagt, sie seien exkommuniziert, d. h. aus der Gemeinschaft der Kirche ausgeschlos­sen. Noch heute kann es ihnen passieren, daß sie von irgend einer ihnen unbekannten Stelle teilnahmsvolle Fragen in dieser Richtung bekommen!

Genau so ging es den Frauen, die in deutschen Städten Landesfrauenfriedens­tage veranstalten wollten! — Eine von dem weiterführenden Zentral-Arbeitsausschuß hatte vorgeschlagen, den ersten Adventssonntag zu einer vielfachen Kundgebung in allen deutschen Ländern zu benutzen. Einige Frauen hatten die Anregung aufgegriffen. So war z. B. in Tübingen und Oberhausen dieser Tag gewählt worden. Andere sahen den Tag als zu früh an und nahmen den 9. Dezember, z. B. Stuttgart und München und einige im Norden, Andere schoben ihn noch weiter hinaus, wie Frankfurt, weil im Dezember dort eine Kundgebung mit Helene Wessel war. — Und das war schlimm!!! Solch ein Ungehorsam; denn — man höre und staune: eine sehr amtliche Stelle in unserer Bundesrepublik, die wir vorläufig noch verschweigen wollen, hatte an die Behörden dieser Städte geschrieben, doch nur j a keine solchen Friedenskundgebungen zuzulassen, denn —• sie seien von der SED befohlen worden!!!

Es ist bisher zwar noch nicht gelungen, den Weg aufzuzeigen, der von der SED im Ostsektor Berlins zu einem dieser Ausschüsse hinführt. Immer ver­sandete die Spur irgendwo, übera l l waren die Veranstalterinnen sehr ver­blüfft, was da für Drähte liefen; sie faßten sich an den Rücken, ob sie da vielleicht ein Schräubchen entdeckten, wohinein ein Bösewicht das Draht­ende geführt haben könnte . Vergeblich! Hier hatte die hohe Polizei (teil­weise mit den Mitteln, die jetzt bei der O r d n u n g s m a c h t üblich zu werden scheinen!), da der Landrat oder die Stadt die Veranstaltungen verboten. Natürlich immer im letzten Augenblicke, wenn man dachte, nun könne nichts mehr geschehen. (Einmal gingen die Frauen flugs auf die andere Rheinseite und tagten dort!) Oder, als das Hamburger Landgericht solche Verbote für ungesetzlich erklär te , entzog die Stadt in

14

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Page 17: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

letzter Minute den schon lange fest gemieteten Saal. Das Radio, bezahlt von den Groschen aller Bürger, gab sich dazu her, vor den Frauenfriedenstagen als „kommunistische Veranstaltungen" zu warnen und lehnte es bisher ab, Berichtigungen zu bringen, auch wenn ihm ganz unzweideutig bewiesen wurde, daß s e i n e Voraussetzungen ganz falsch waren. Daß sich in den mei­sten Fällen der Frauenfunk entweder selbst zu diesen Behauptungen hergab oder dazu das „Material" lieferte, ist besonders schmerzlich! - Der Traum, daß „die" Frauen es einmal besser madien würden, wenn sie das entscheidende Wort zu sagen hätten, ist zerronnen. Es kommt auch hier auf den persönl idien Einsatz an, auf die klare Erkenntnis und den reinen und starken Willen, auf die Bereitschaft zum Opfer. Denn, daß solche Verleumdungen nicht so einfach sind, besonders wenn es sich um Ehefrauen handelte, ist klar.

Dennoch haben sich immer wieder tapfere Frauen gefunden. Nicht nur, um den Versammlungen beizuwohnen, um ihren „Opferpfennig" zu bringen (mandimal hatte er ein ganz nettes Gewicht!), sondern auch, um auf das Rednerpult zu steigen. Frauen, die sich früher nie hät ten t räumen lassen, in einer öffentlichen Versammlung das Wort zu nehmen, haben es dann gewagt. Manchmal war es unvollkommen. Manchmal versagte der Mut mitten im Wort. Aber es kamen auch solche Beiträge in kleinem oder großem Umfang, die man bei ungeschulten Frauen nie für möglich gehalten hät te . Die Liste unserer „Rednerinnen" hat sich ver länger t und ist noch keineswegs abgeschlossen. Auch der Umfang unserer Themen hat sich gewandelt. Han­delte es sidi im Anfang nur um Stellungnahmen zu der unmittelbar als drohend empfundenen Gefahr einer separaten Aufrüstung in Ost und West, so wuchs die Erkenntnis, daß dies nur ein Ausschnitt aus dem ganzen großen Gebiet ist: an Stelle der Gewalt das Recht, an Stelle des Hasses die Liebe, an Stelle des blutigen Krieges den Frieden, den echten Frieden zu setzen. Daß damit Freiheit und Gerechtigkeit verbunden sein müssen, ist uns immer klarer geworden. Aber, auch, daß man nicht, weil solche Um­wandlungen der Herzen und der allgemeinen Verhäl tnisse nicht von heute auf morgen zu erreichen sind, auf die nächstl iegenden Aufgaben: Ver­hütung eines dritten Weltkriegs, Wiedervereinigung des zerspaltenen Deutschland, verzichten darf.

Sicher kommen zu uns Frauen aus verschiedenen „Lagern", verschiedener Auffassungen zu den ewigen Dingen. Dennoch gehen wir wohl nicht fehl in der Annahme, daß die meisten von uns Chritistinnen sind, die wohl wissen, daß wir ohne Gottes Hilfe, ohne Gebet nichts erreichen können. Aber wir wissen auch, daß wir in den acht Seligkeiten aufgefordert worden sind, „Friedenstäter", pazifici, zu sein, nicht die Hände in den Schoß zu

15

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Page 18: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT

legen und abzuwarten, was nun kommt. Darum werden wir uns durch nidits und niemand abhalten lassen, unsern Weg weiterzugehen; ohne Über­heblichkeit, ohne Zaghaftigkeit, gemäß dem alten Wort: Bete u n d arbeite; bete für den Frieden, aber arbeite auch für ihn! Es gilt deiner Kinder, es gilt unseres Volkes, es gilt Europas und der ganzen Menschheit Zukunft!

Darum rufen wir noch einmal wie in Velbert alle Frauen auf, die in Ver­einen oder die Einsamen, die Verheirateten und Unverheirateten, die Mütter und die Kinderlosen, die Akademikerin und die Frau aus dem Volk, die Hausfrau und die Berufstätige: kommt zu uns und helft uns, die neue Welt, die Welt des Friedens und der Liebe gestalten.

16

Nähere Auskunft: Frau E l ly Steinmann, Wattenscheid, Postfach 42

Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Page 19: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel
Page 20: DAS GEHEIMNIS • VON VELBERT
Mehrwald
Schreibmaschinentext
Bestand AddF, Kassel